Dass Friedrich Nietzsche Georges Bizets Oper Carmen einmal als beste Oper aller Zeiten pries, hatte vor allem einen sehr persönlichen Grund: Er wollte seinem einstigen Hausgott und nunmehrigen Lieblingsfeind Richard Wagner einen mitgeben. Das breite Publikum indes kam in den vergangenen 150 Jahren per Abstimmung mit den Füßen zu einem durchaus ähnlichen Ergebnis und katapultierte Carmen bis heute weit an die Spitze der meistgespielten Werke des Opernrepertoires. Kein Wunder, dass gleich mehrere Hamburger Zeitungen auch schon vor einhundert Jahren zum 50. Jahrestag der Pariser Uraufführung vom 3. März 1875 an diese erinnerten. Die Harburger Anzeigen und Nachrichten hatten dafür einen besonders prominenten Zeitzeugen befragt, den ersten Interpreten der männlichen Hauptrolle des Don José. In heutigen Augen problematische misogyne Züge und antiziganistische Klischees im Libretto, wie sie jüngst etwa das Berliner Maxim-Gorki-Theater in seiner Neuinszenierung in den Mittelpunkt rückte, spielen in dessen Rückblick auf die Probenzeit erwartungsgemäß keine Rolle; vielmehr geht es um die moralische Brisanz, die Carmen für die Zeitgenossen besaß. Mehr dazu von Rosa Leu.
(1)50 Jahre Carmen | Auf den Tag genau podcast - Listen or read transcript on Metacast