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Systemische Methoden zur Zusammenarbeit - Vera Hofheinz, Christoph Jung

Aug 06, 202422 minEp. 87
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Episode description

Wie können systemische Ansätze in Beratung und Coaching Teams und Unternehmen transformieren? Vera Hofheinz und Christoph Jung erklären die Bedeutung von systemischem Denken zur Bewältigung von Konflikten und Veränderungen in der Softwareentwicklung. Systemische Interventionen setzen oft auf der Beziehungsebene an und fördern langfristige, positive Veränderungen. Durch systemisches Coaching und gezielte Impulse können Teams effektiver kommunizieren und arbeiten. Anhand praktischer Beispiele zeigen Vera und Christoph, wie diese Ansätze im eigenen Umfeld angewendet werden können. Systemische Arbeit hat das Potenzial, die Softwareentwicklung auf allen Ebenen effizienter zu gestalten.

Transcript

Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge vom Podcast Software Testing. Ich bin euer Host Richie und hier live vor Ort auf der OOP 2024 in München. Das heutige Thema ist mal ein ganz anderes und zwar geht es um die Systemika, um systemische Ansätze in Beratung und Coaching und darüber habe ich mit Vera Hofheinz und Christoph Jung gesprochen, die mit uns ihren systemischen Blick auf Teams, auf Unternehmen teilen und uns mal in die Welt reinbringen,

was Systemika eigentlich so anders machen und wie sie die Welt sehen. Ich hoffe, da ist wieder was für euch dabei und wünsche euch viel Spaß bei der Folge. Hallo Vera, hallo Christoph, schön, dass ihr da seid. Hallo Richie, herzlichen Dank für die Einladung. Ja, sehr gerne. Ich freue mich sehr, dass ihr es hierher geschafft habt. Es war jetzt

vom einen Stand zum anderen nicht so weit, aber es waren schon 20 Meter. Genau, wir sind ja hier auf der OOP 2024 in München und ich habe so vorneweg die Speakerliste mit durchgesehen und die Themen und dann ist es bei euch hängengeblieben, da ging es so um systemische Ansätze, systemische Beratung, Coaching und so und ich habe selber da so ein bisschen einen Hintergrund und habe mir gedacht, ach, das passt doch mal gut auch hier in den Podcast, mal zu schauen, was heißt denn das

eigentlich, was heißt das vielleicht in der Softwareentwicklung, Softwareengineering. Da haben wir immer so mit Konflikten, Veränderungen und so diesen ganzen Zeug zu tun und mit Unmengen

vielen Leuten, die alle was anderes wollen und wie kommt denn das eigentlich zusammen. Ja, also vielleicht ist das, was wir sagen, dass wir heute auch tatsächlich mal dieses Thema Future Skills aufgegriffen haben und das betrifft uns ja auch als Softwareengineers, you have to deal with people always und diese Veränderung, rasante Veränderungsgeschwindigkeit durch KI, durch Digitalisierung und wenn man, wir haben uns ein bisschen Future Trends angeguckt,

Zukunftsforscher auch uns durch gehört, auch Podcast gehört und da gibt es halt wirklich viele Kompetenzen und die sagen, es ist ganz gut, heute schon sich Kompetenzen anzueignen, die wir morgen brauchen, um mit der zunehmenden Komplexität, mit der hohen Veränderungsgeschwindigkeit

besser zurechtzukommen. Genau, wir haben dann mal so ein bisschen geguckt, was sind das für Kompetenzen und sehen da auch ganz viel aus der systemischen Welt wieder und unsere Hypothese war dann, wenn wir uns heute schon mit der systemischen Haltung auseinandersetzen und das Lernen und Erfahrungen damit sammeln, dann sind wir auch gut für die Zukunft aufgestellt. Wir haben da ganz viel Unterstützung auch, um diese Kompetenzen, diese Future Skills zu entwickeln.

Jetzt gibt es ja natürlich viele Hörerinnen und Hörer, die sind keine Organisationsberater, Coaches oder sonst was, die hören systemisch und denken wahrscheinlich nur an ihre Applikationssysteme oder sowas. Was heißt denn das eigentlich in dem Kontext?

Also es kommt so ein bisschen von dieser Idee Kommunikationssysteme, also wie organisiert sich im Sozialen, wie organisieren sich die Menschen, wie setzen die sich miteinander auseinander und da gibt es vor allen Dingen, also im Bereich der soziologischen Systemtheorie, das ist auch was, was wir im Vortrag ein bisschen aufgreifen, da gibt es viele Arbeiten zum Beispiel aus der zweiten Hälfte der letzten Jahrhundert, wo man sich Gedanken darüber gemacht hat, wie entstehen

denn Systeme, wie grenzen die sich voneinander ab, wie verändern sich, wie halten die sich am Leben. Also wenn Menschen miteinander kommunizieren, sich auseinandersetzen, welche Eigenschaften haben diese Systeme und was kann man tun, um die zu verändern und was muss man da berücksichtigen.

Und das ist eigentlich eine, auch eine wichtige Grundlage von dem, was wir heute so als Coaches, Berater, aber auch Therapeuten, die nutzen dieses ganze Wissen, um eben anders mit Gruppen, mit Menschen umzugehen und damit erfolgreich auch zum Beispiel Veränderungen zu begleiten.

Wir haben ja jetzt in der Softwareentwicklung ja ganz viele Menschen und ich finde, das System beschreibt das ja ganz schön, wie gesagt, das kennt glaube ich jeder, der da auch so irgendwo arbeitet in seinem Team, es gibt einfach so ein System, das irgendwo festgefahren ist oder so was und dann will man irgendwas verändern, dann tut sich ein bisschen was, aber auch nicht wirklich so und man kriegt dann keinen Hebel ran. Genau, dieses Thema, was du gerade sagst, man kriegt

keinen Hebel ran, die Systemiker sagen dazu, da fehlt die Anschlussfähigkeit. Also Anschlussfähigkeit ist wirklich ein systemischer Begriff, der signalisiert, dass ich, erstens mal, das System ist erst mal geschlossen, ja, also wenn du so ein Software-Team hast, das ist, die haben eine eigene Dynamik, eine eigene Kommunikation innerhalb des Teams und die Systemiker sagen, die sind auch so ein bisschen immun, die entwickeln so eine Immunität nach draußen, die mögen das nicht,

dass von draußen irgendwie jemand reinmischt, das kann man auch nicht, das könnte man nur sehr direktiv und das ist ja etwas, was so ein Systemiker nicht machen würde, das heißt, wir sprechen von Interventionen, die wir in ein System geben, das heißt, dieses System hat natürlich nach außen, ist da porös, ja, das heißt, da gibt es natürlich Austausch mit der Außenwelt und wir als Systemiker suchen, wenn wir sagen, wir wollen da eine Intervention reinbringen, um einen Veränderungsimpuls

in das System zu bekommen, dann suchen wir genau nach diesen Lücken und wir versuchen sozusagen, wie so ein Schlüssel, der ins Schloss passt, irgendwas im System zu finden, wo dieser Schlüssel oder diese Intervention andocken kann, ja, also das heißt, diese Anschlussfähigkeit, das ist ein wichtiges Kriterium, ob eine Intervention, die du dir vornimmst oder wo du Hypothesen gebildet hast, wo du sagst, die könnten was werden, Anschlussfähigkeit ist ein wichtiges Kriterium.

Was wäre denn vielleicht so eine Intervention, oder was wäre so ein Anschluss, der Schlüssel, mit dem man in so ein Team reinkommt?

Also, wenn man jetzt wieder mit der Idee dieser Kommunikationssysteme anfängt, dann würde man natürlich versuchen, so ein bisschen mit dem Erfahrungshorizont, mit der Landkarte der Leute zu arbeiten, mit deren Sprache, man würde gucken, was machen die denn schon, womit machen sie gute Erfahrungen, was haben sie für Ressourcen, vielleicht auch diese in anderen Kontexten nutzen, die ihnen aber

noch nicht helfen, ihr Problem zu lösen, also da könnte man zum Beispiel drauf gucken. Und es ist aber auch immer ein, wie sagt man, ein iteratives Vorgehen, ähnlich wie in der agilen Welt, wo wir im Komplexen navigieren, indem wir einen Schritt gehen, gucken dann, wo sind wir gelandet,

und orientieren uns dann neu, auch die systemische Herangehensweise macht das ähnlich. Wir arbeiten halt eben immer mit unserer Beobachtungsgabe, also wir gucken, hören zu, und dann überlegen wir, bilden uns Hypothesen, was könnte denn da vor sich gehen, also wenn wir zum Beispiel jetzt mit so einem Team zusammenarbeiten, was sind da für Dynamiken, und dann mit vielen Hypothesen kommt man dann auf den einen oder anderen Trichter, was man ausprobieren könnte, und landet dann auch

häufig zum Beispiel bei Interventionen, die nicht so offensichtlich sind auf den ersten Blick. Häufig kommt man auf die Beziehungsebene, wer mit wem gut kann, wer sich vielleicht ein bisschen ausgegrenzt fühlt, und hin und her, und fängt dann an, dort auch oft mit kleinen Dingen zu intervenieren, die

vielleicht am Anfang nicht so offensichtlich wären. Da auch wieder so eine, diese, was Vera gesagt hat, diese Anschlussfähigkeit zu finden, auch wenn man eine Umwelt für das System ist, als Berater und als Führungskraft. Was wäre denn so eine Beziehungsintervention? Also ich glaube, viele Hörerinnen und Hörer finden das eine neue Welt. Was wäre denn so etwas, wo man exemplarisch, was man

machen könnte? Wenn es dabei zwei knatscht irgendwo, kriegt man also eure Arbeitshypothese vielleicht überhaupt? Ja genau, ich sage es mal ganz konkret, vielleicht auch so für Software-Engineers, die hier zuhören, oder die die Hörer sind von dem Podcast. Ein Thema, was wir mal hatten in einem Projekt, wo wir

reingegangen sind, das Thema Softwarequalität. Und da war ein Software-Engineer von uns, und er hat gesagt, ich möchte hier unbedingt Metriken einführen in diesem Team, weil ich glaube, es ist total wichtig, dass wir das machen, damit unsere Softwarequalität besser wird. Er hat es angesprochen in den Retros, er hat es selber immer wieder versucht und es kam keine Resonanz.

Er hat einfach da kein Fuß reinbekommen, er hatte die Anschlussfähigkeit nicht so. Und dann war die Intervention, dass er einfach nochmal beobachtet hat, wie entwickeln die denn Software, worüber sprechen die denn, was ist es denen wichtig? Und dann war ganz schnell klar, dass so ein Bewusstsein für die Qualität der Software im Inneren, Testgetrieben zu entwickeln, Testautomatisierung,

das war einfach noch nicht da. So eine Intervention war dann Einzelgespräche. Er hat mit den Teams, also nicht mehr in der Retro das angesprochen, sondern hat mit einzelnen Leuten das Gespräch gesucht, hat dann mal angefangen, zum Beispiel mit einem, okay, wir zählen mal unsere Bugs, wir gucken mal, wie viel Zeit uns das kostet, wenn wir die Bugs ein, zwei Monate später erst wieder auf den Tisch kriegen und dann suchen müssen, was haben wir da falsch gemacht. Und es hat eine

ganze Weile gedauert, aber das ist genau das Punkt. Die Intervention ist, Einzelgespräche muss er dann führen, die Retro hat nicht ausgereicht. Und erst nach den Einzelgesprächen, erst nachdem so ein Bewusstsein da war, ey, was wir hier machen, das kostet uns später unglaublich viel mehr Zeit, dann war es möglich, anders damit umzugehen. Und das ist so das, was die Systemiker sagen und dann auch nicht sagen, ihr müsst jetzt Testgetrieben entwickeln. Direktiv. Und wo wir sagen, das ist

dann nicht nachhaltig. Das ist etwas, was von außen aufoktroyiert wird direktiv und in aller Regel verpufft es irgendwann. Das ist die Erfahrung. Und diese Nachhaltigkeit, Einbindung der Leute, das ist schon etwas, was Systemiker oder wenn man systemisch arbeitet, auch als HI-Coach, den Unterschied macht. Ich glaube, die Nachhaltigkeit ist da ein ganz wichtiger Punkt, weil es gibt ja, früher wurde ja häufig so beraten, da kam man ins Team und gesagt,

ey, ihr müsst das jetzt so machen. Dann haben die vielleicht gesagt, ja, dann machen wir das jetzt halt so. Dann ist man rausgegangen, dann wurde es wieder so gemacht wie immer. Ganz genau. So hat der Ursprungszustand wieder zurückgegangen, weil es einfach funktioniert irgendwie. Und ich glaube, das ist schon wichtig, dass man dann auch wirklich den Samen sät im Team oder im System, um dann diese Veränderung auch langfristig zu haben und nachhaltig zu haben.

Genau, genau. Und was ich daran noch sehr spannend finde, ist als derjenige oder diejenige, die so eine Intervention plant und auch reingibt ins Team, das habe ich gelernt, dass es mich weniger frustriert, wenn es nicht gleich funktioniert. Weil ich dann sage, okay, da habe ich noch irgendwas nicht gesehen, da habe ich noch irgendwas nicht beobachtet und nicht sofort an mir zweifle. Und ich bin ja schon lange in dieser agilen Beratung auch.

Und ich kenne das so gerade von den Anfängen Anfang 2000er-Jahre, wo man echt unheimlich viel mit Frustration zu kämpfen hatte, weil die Dinge, die man eigentlich in der besten Absicht beraten wollte, einfach nicht angreifen konnten, sich nicht einbringen konnten. Und das ist natürlich schon etwas, wo ich denke, dass diese systemische Beratung hat in den letzten Jahren wirklich auch nochmal so richtig Fahrt aufgenommen, in Kombination auch mit Agile Coaching.

Gibt es denn irgendwelche Grenzen, wo ihr sagt, also da kann man einfach nichts machen, wenn ihr da so in ein System schaut und sagt, da ist es so festgefahren oder da kommt so ein Gegenwind oder sowas, dass ihr sagt, nee, da kann man selbst mit gutem Willen nichts mehr machen? Also wann man an dem Punkt ist, da muss man sehr vorsichtig sein. Also ich glaube, man sollte immer erst mal

seine Hypothesen bilden und gucken, ob man noch blinde Flecken hat. Aber das, was wir tun, ist auch kein Allheilmittel oder keine Zauberei. Also man kann jetzt nicht irgendwo hingehen und dann macht man systemisch und dann kann man alle Probleme lösen. Es ist aber, glaube ich, auch etwas, wo man vielleicht

gar nicht erst so stark in die Probleme kommt. Wenn die Leute so denken, wenn die Leute so auf die Sachen gucken, dass man vielleicht auch das vermeidet oder dass man gar nicht erst in festgefahrene Situationen kommt, weil man eben die Dinge immer in verschiedenen Perspektiven betrachtet, die die Organisation in der Reflexion hat oder ihr die Fähigkeit gibt oder wenn die Leute das einfach können, dann kommt man nicht so schnell

in so festgefahrene Situationen. Also davon wäre ich überzeugt. Aber es gibt natürlich auch immer wieder Grenzen, wo man dann sagt, dann muss man sich halt von jemanden trennen oder dann passt das nicht. Und da gibt es auch immer ein Repertoire jenseits unserer systemischen Haltung, systemischen Vorgehensweise. Aber ich muss sagen, mir hilft es immer, erst mal so auf die Dinge zu gucken.

Und es hat auch immer sehr viel mit Selbstreflexion zu tun. Wenn man jetzt systemisch anfängt, dann heißt es nicht nur, wie ich auf die anderen gucke, sondern ich bin auch immer der Beobachter und muss mich dann wieder selbst beobachten und muss dann auch immer wieder überlegen und fange auch an, mich selbst dann zu verändern. Und dadurch habe ich wieder einen anderen Zugang zu Herausforderungen oder Problemsituationen und kann dann wieder manchmal das eine oder andere

ein bisschen anders machen. Und es sind oft auch die kleinen Dinge, wo man dann sagt, vermeintlich, ja, das ist ja nur so eine Kleinigkeit oder jetzt redest du halt mal wieder mit dem. Und ja, klar, da könnte man ja drauf kommen, aber manchmal kommt man dann doch nicht drauf im Alltag. Und wenn man aber mit dieser Haltung arbeitet, dann findet man diese Verknüpfungen wieder. Und dann kann man an der einen oder anderen Stelle vielleicht doch einen anderen Weg einschlagen.

Aber es ist trotzdem keine Zauberei oder keine Magie. Ja, genau. Und ich würde schon sagen, Konflikte, die, wenn man jetzt nach Grasel zum Beispiel so auf einen Konflikt schaut und man ist auf der siebten, achten Stufe, wo ein Konflikt lange eben nicht bearbeitet worden ist und das erlebe ich schon häufig. Also ganz viele Menschen tun sich schwer mit Konflikten, sehen da nicht ein Potenzial für Weiterentwicklung drin, sondern es ist lästig.

Und wenn man dann so ein Konflikt schwelen lässt, dann hat man ja oft mal so eine Situation bis sieben, acht, wo beide sozusagen wirklich sagen, egal, was mir passiert, Hauptsache, der gewinnt nicht. Und es ist so eine Situation, wo ich sage, da bist du als systemischer Coach nicht mehr die Richtige oder der Richtige, der da irgendwas tun kann. Dann musst du mit einer Mediation ran oder wenn überhaupt, oder dann wirklich darüber sprechen, wie man sich da trennen kann.

Ja, also das sind schon Situationen, würde ich sagen, nee, geht nicht. Wie geht ihr denn damit durch? Ich habe gerade einen Kunden vor Augen. Da gibt es auch HR-Coaches, die auch sehr systemisch, lösungsorientiert abbiegen seit Jahren. Und eigentlich, wie ich so reingekommen bin, habe ich gemerkt, die gehören ja eigentlich schon selber sehr dazu, also sind eigentlich schon Teil des ganzen Problems, will ich nicht sagen, aber des Systems. Wie geht ihr damit um?

Habt ihr da, sagt ihr, legt ihr euch da manchmal zeitliche Limits, sagt ihr mal ein Jahr und nicht länger? Nicht, dass ich da zu sehr verwachsen bin? Oder reflektiert ihr euch da selber, wie geht ihr da mit sowas um? Das ist wirklich eine gute und gleichzeitig eine schwierige Frage, weil letztendlich sagen wir ja, wir sind, wenn wir als HR-Coach irgendwie zu einem Kunden gehen, sind wir eine Umwelt für dieses System.

Also wir gehören noch nicht zum System und haben da natürlich immer wieder eine bessere Möglichkeit, auf so eine Meta-Ebene zu gehen und von außen auf dieses System zu gucken. Und wir haben natürlich keinerlei Folgen zu befürchten, wenn wir da intervenieren. Das heißt, wir können in aller Regel sehr offen agieren.

Trotzdem, wenn man zu lange bei einem Kunden ist, dann ist ja immer die Frage, sind wir jetzt schon Teil eines Systems und sind wir dann noch in der Lage, auf diese Meta-Ebene zu gehen und genügend Impulse zu geben? Die dürfen ja auch irritieren, so ein Impuls darf ja wirklich irritieren, das darf ja schon mal brodeln. Und wenn ich zu sehr Teil des Systems bin, ist so für mich die Frage, bin ich dann noch bereit, das System zum Brodeln zu bringen, wenn ich so ein bisschen Teil bin?

Schwierige Frage. Ja. Müsste man. Und das Allerletzte dazu, ich würde tatsächlich da immer auch sagen, ich würde erwarten, dass so erfahrene HR-Coaches selber sich supervidieren lassen. Ja? Und das wäre für mich so ein Kriterium, dass ich die mal frage, sagt mal, macht ihr eigentlich so eine Supervision, wo ihr nochmal guckt, was sind da eigentlich eure Themen, seid ihr da klar, vermischt ihr da nichts?

Wäre mal so ein Ansatzpunkt, wo du da einfach mal so ins Gespräch gehen könntest, um mal rauszufinden, weil das finde ich schon auch nochmal ein wichtiges Kriterium, dass ich jemand habe, der da drauf guckt.

Man muss dazu sagen, wir sind auch häufig nicht im reinen Organisationsentwicklungsauftrag, Prozessbegleitungsauftrag, wir haben häufig auch so Agile Coach, wenn wir Scrum Master wollen oder Beratungsrollen, wo dann die Leute auf uns zukommen und nicht sagen, ja, wie läuft mit dem Prozess, sondern ist das Team auf Spur, performen die und wir haben klare Performanceziele in unserer Rolle, dann können wir natürlich unsere Haltung und alles nutzen,

aber wir haben trotzdem auch irgendwas, was der Kunde von uns erwartet und dann müssen wir halt immer so ein bisschen jonglieren und da ist es dann eben aber manchmal, ist es schwierig, das dann voneinander zu trennen, man muss dann auch selber immer wieder aufpassen, Moment, was mache ich jetzt gerade, kann ich denen gerade helfen, mache ich da jetzt selber Druck, weil ich selbst mit meinem Auftraggeber von dem Druck bekomme sozusagen, wie kann

ich da nochmal eine Auftragsklärung machen, wie kann ich dem auch erklären, was ich da mache und zu was das führt, also das ist was, womit ich zum Beispiel in der Praxis auch immer wieder konfrontiert werde, wo man gar nicht so einen reinen systemischen Organisationsentwicklungsprozessbegleitungsauftrag eigentlich hat. Ja, verstehe.

Da grenzt jetzt so eine zweite Frage an und ich habe schon eine Vermutung, jetzt der eine oder die eine oder andere hört jetzt gerade dazu und denkt sich, ja, ach cool, da wäre bei uns auch mal was zu tun. Kann man das aus einem System heraus selbst initiieren, auch da noch so einen Impuls reinzugeben oder geht das jetzt nur von extern?

Nö, ich würde tatsächlich sagen, man hat da Möglichkeiten, Impulse zu geben, also als Führungskraft allemal, aber auch innerhalb eines Teams kann ich sagen, du kannst ja auch, Impuls kann ja auch sein, dass ich sage, lass uns doch einmal für das nächste Meeting einen externen Moderator, Moderatorin kommen, die einfach mal mit uns da drauf schaut oder du kannst einfach mal eine Methode einsetzen, du kannst sagen, lass uns mal eine soziometrische

Aufstellung machen, lass uns mal im Raum verteilen, wo wir das Thema Softwarequalität miteinander diskutieren, wie wichtig ist es denn für uns und dann musst du dich positionieren als Teammitglied und dann sind auf einmal Dinge besprechbar, die vorher dieser berühmte rosa Elefant, alle wissen, dass der da steht, keiner spricht ihn an und sowas kann man wirklich durchaus aus dem System heraus zumindest besprechbar machen, ja.

Nochmal diese Irritation ins System bringen, wenn ich Teil des Systems bin, wie stark das dann, wie stark so eine Disruption sein könnte, da muss man abwägen, ja, da muss man abwägen, aber ich würde nicht per se sagen, das geht nicht aus dem System heraus, meine Erfahrung, ja.

Also wir gucken auch eigentlich immer auf die Kunden drauf mit der Haltung, da sind eigentlich die Ressourcen da, dass das Team sich entwickeln kann, dass das Team seine oder hat die Möglichkeit, seine Probleme zu lösen, sonst würden wir da gar nicht hingehen und trotzdem braucht es manchmal dann einfach so jemand, der einen Blick reinbringt oder der wieder einen Unterschied reinbringt in die Wahrnehmung des Teams und sagt, jetzt

habt ihr das und habt ihr das, da seid ihr, da wollt ihr hin, was bedeutet das für euch, dieser Unterschied?

Und das, diese Reflexion zu ermöglichen, das ist, das sehe ich immer als unsere Hauptaufgabe, also das zu entwickeln in der Organisation und selbst wenn wir lange da sind und dann zwei Jahre schon drin, Teil des Systems sind, können wir trotzdem helfen, das Handwerk des Sich-Bewusstseins, was wir da tun und immer wieder die Außenposition anzunehmen, das kann man auch üben und das kann man dann aber auch irgendwann ohne uns machen, oder kann man... Genau, genau.

Also es gibt tatsächlich Unternehmen, die haben uns auch schon angesprochen, die lassen für alle ihre Führungskräfte durchlaufen, so eine systemische Basisausbildung, dass die wissen, was ist systemisch, wie kann ich auf ein System gucken, wie kann ich da auf die Organisation gucken, wie kann ich Entscheidungen herbeiführen, wie kann ich sie nachhaltig gestalten, da sind so ein paar Sachen drin, die echt hilfreich sind, wie kann ich, wenn

ich einen Mitarbeiter, eine Mitarbeiterin begleiten will, wie kann ich die wirklich auch in so einem Einzelgespräch wirklich coachen, wie kann ich ein Entwicklungsgespräch führen, das kannst du alles sozusagen lernen und dann als Führungskraft-HR-Coach, wie auch immer, auch reinbringen.

Ja, sehr schön, ich danke euch sehr für diesen Einblick, ich glaube, da ist für viele auch ein bisschen eine neue Welt aufgegangen, so ist es eine andere Sichtweise drauf, mit der man sich mal beschäftigen kann, wie tickt so mein Team, wo hängen Dinge zusammen und da mal zu schauen, was kann ich auch noch mal, ich fand es super, das Beispiel auch mit der soziometrischen Aufstellung, mal so einfach Dinge sichtbar zu machen, den Rosaelefanten

anzusprechen, ich glaube, das kann ganz viel Klarheit bringen und dann auch vielleicht auch eine Irritation, einen Impuls, dann auch was zu verändern. Ja, würden wir uns freuen, herzlichen Dank, Ritschi, für diese Einladung, war sehr schön, uns mit dir zu unterhalten. Fand ich auch schön, viel Spaß noch auf der Konferenz. Dir auch, danke. Ciao. Ciao.

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