LdN421 Oval Office Massaker, Europa plant Selbstverteidigung, Merz will Sondervermögen und Reform der Schuldenbremse, Werden die Grünen zustimmen? (Jamila Schäfer, MdB Die Grünen), Hürden für die Merz-Reformen - podcast episode cover

LdN421 Oval Office Massaker, Europa plant Selbstverteidigung, Merz will Sondervermögen und Reform der Schuldenbremse, Werden die Grünen zustimmen? (Jamila Schäfer, MdB Die Grünen), Hürden für die Merz-Reformen

Mar 05, 20251 hr 26 minEp. 421
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LdN421 Oval Office Massaker, Europa plant Selbstverteidigung, Merz will Sondervermögen und Reform der Schuldenbremse, Werden die Grünen zustimmen? (Jamila Schäfer, MdB Die Grünen), Hürden für die Merz-Reformen

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Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Herzlich willkommen zur Lage der Nation Ausgabe Nummer 421 vom 5. März 2025. Und an den Headsets begrüßen euch wie fast in jeder Woche Ulf Buermeyer. Das bin ich, Jurist aus Berlin und:

Philip BansePhilip Banse

Philip Banse, Journalist. Ganz herzlich willkommen! Ja, der 5. März ist heute. Und weil die Welt sich ja quasi im Sekundentakt verändert und auf den Kopf stellt, hier auch noch die Lage Universal Time: 9:40 ist es jetzt und wir beginnen unsere Aufnahme. Bevor es losgeht noch ein kurzer Hinweis: Wir sind ja am Wochenende unterwegs.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

So sieht es aus. Wir haben am Freitagabend eine Lage live in Stuttgart und am Sonntag eine in Köln. Wir freuen uns sehr auf die Shows. Aber weil wir eben jetzt am Wochenende noch mal eine Liveshow aufnehmen, gibt es am Montag eine weitere Lage. Deswegen in dieser Woche die Lage schon am Mittwoch, damit wir einfach so ein bisschen Abstand haben zwischen den Aufnahmen und damit wir euch einfach jeweils aktuell auf dem Laufenden halten können, was so geschieht draußen in der Welt,

Philip. Denn das ist eine ganze Menge.

Philip BansePhilip Banse

Ja, die Welt ist in Unruhe. Aber wie immer in Ruhe analysiert von uns hier in der Lage der Nation. Auf geht's.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Blicken wir über den großen Teich. Auch in den letzten Tagen gab es wieder historische Situationen. Wir verwenden dieses Wort fast schon ein bisschen inflationär, aber ich glaube, da ist was dran, Philip, denn was da in der vergangenen Woche, ich glaube am Freitag passiert ist, im Oval Office, im Arbeitszimmer des amerikanischen Präsidenten, das war wirklich einzigartig. Das hat es, soweit wir das überblicken, so noch nie gegeben.

Philip BansePhilip Banse

Nein. Der amerikanische Präsident demontiert live im Fernsehen den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und schmeißt ihn danach aus dem Weißen Haus und stoppt dann auch noch die Ukrainehilfe. Wir versuchen das zu ordnen und beginnen, wie wir das genannt haben, mit dem Oval Office Massaker am 28. Februar 2025.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, was ist geschehen? Wolodymyr Selenskyj war nach Washington gekommen. Er wollte eigentlich mit dem amerikanischen Präsidenten ein Abkommen über sogenannte Seltene Erden abschließen. Das sind bestimmte Rohstoffe, die in der Ukraine, vor allem im Osten des Landes vermutet werden. Es ist ziemlich offen, wie viele es überhaupt gibt und welche ganz genau. Aber Donald Trump jedenfalls ist scharf auf das, was es da geben könnte. Er wollte, das ist so die Kurzformel, quasi "Waren für Waffen".

Also er wollte quasi eine Gegenleistung für die bisher von den Vereinigten Staaten an die Ukraine geleistete Militärhilfe bekommen.

Philip BansePhilip Banse

Ja, er sollte die Hälfte der Erträge - oder die USA sollten - die Hälfte der Erträge bekommen als Gegenleistung für ihre Militärhilfe. Selenskyj war im Prinzip bereit für den Deal, obwohl es keine Sicherheitsgarantien geben sollte, also keine Garantien der USA für den Fall, dass es einen Waffenstillstand gibt und Russland dann trotzdem wieder angreift. Aber trotzdem ist es zu diesem Deal, zu dieser Unterschrift unter dieses Abkommen nicht gekommen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Nein, denn es gab einen Showdown, und zwar vor den Augen der Weltöffentlichkeit, vor der versammelten Presse in diesem Oval Office. Wir nehmen euch jetzt mal so ein bisschen mit in diese Situation im Arbeitszimmer des amerikanischen Präsidenten. Einfach, weil sie unter ganz vielerlei Gesichtspunkten, glauben wir, sehr, sehr spannend ist. Weil man einfach ganz gut versteht, wie das System Donald Trump

funktioniert. Also wir stellen uns vor, Szene im Oval Office: links sitzt Wolodymyr Selenskyj, in der Mitte sitzt Donald Trump, rechts von ihm sein Vizepräsident JD Vance.

Und wie soll ich sagen, schon von Anfang an lag so eine gewisse Aggressivität in der Luft, denn Wolodymyr Selenskyj, kommt ja nicht in Schlips und Kragen normalerweise, sondern er kommt immer in irgendeine Art von Militärlook, manchmal wirklich Flecktarn, meistens aber einfach irgendwie schwarzer Hoodie oder schwarzes T Shirt mit ukrainischem Militärwappen auf

der Brust. Und so war das auch hier und da hat sich Donald Trump gleich am Anfang mal so ein bisschen lustig gemacht, indem er nämlich sagte, sie haben sich ja hübsch gemacht für ihren Besuch.

Philip BansePhilip Banse

Aber man muss halt wissen, das ist jetzt kein einfacher Besuch gewesen. Es gibt halt diesen wichtigen Hintergrund, Trump kann mit Selenskyj und der Ukraine eigentlich nichts anfangen. Der verbindet mit der Ukraine und vor allen Dingen Selenskyj nichts Gutes. Man muss sich erinnern, Trump hatte Selenskyj in seiner ersten Amtszeit angerufen, weil er ihn zu Ermittlungen zwingen, überreden wollte gegen den Sohn von Joe Biden.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also den Hunter Biden.

Philip BansePhilip Banse

Richtig. Hunter Biden. Und dieses Telefonat wurde öffentlich. Und aufgrund dieses Telefonat Donald Trumps mit Selenskyj wurde dann das erste Amtsenthebungsverfahren gegen Trump eingeleitet.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und zwar, weil nämlich Donald Trump damals schon versucht hat, die Ukraine schlicht zu erpressen. Also Trump hat monatelang bestimmte Ukrainehilfen im Kongress blockiert und wie man dann eben später rausgefunden hat, weil er Selenskyj nötigen wollte, diese Ermittlungen gegen Hunter Biden einzuleiten, die wiederum Trump dann als dirt quasi, also als Belastungsmaterial im Wahlkampf gegen Joe Biden einsetzen wollte.

Also hat quasi die Ukraine benötigen wollen, ihm Material für seinen amerikanischen Wahlkampf zu liefern. Also schon auch eine Räuberpistole. Deswegen gab es dieses erste Impeachment.

Philip BansePhilip Banse

Ja, und dazu kommt ja auch dann, in der Amtszeit von Joe Biden hat ja auch Trump im Kongress über die Republikaner monatelang Hilfe an die Ukraine blockiert. Trump hat Selenskyj als Diktator bezeichnet, hat ihn zuletzt die Schuld für diesen Krieg komplett in die Schuhe geschoben, obwohl Russland offensichtlich der Aggressor ist. Also das ist der Hintergrund vor diesem Treffen gewesen. Dennoch war es erstmal ein Routinetermin

im Oval Office. Die Weltpresse war dabei und es beginnt alles recht freundlich. Selenskyj zeigt so ein paar Bilder von ukrainischen Soldaten, die aus russischer Kriegsgefangenschaft heimkehren und ganz furchtbar aussehen. Und Trump sagt auch, die sehen ja wirklich nicht gut aus. Aber dann eskaliert die Szene doch schnell zu einem eigentlich nie dagewesenen Schauspiel.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und ich glaube, damit man das verstehen kann, muss man noch zwei Sätze zum Hintergrund sagen. Der Hintergrund ist eine ganz grundsätzliche Meinungsverschiedenheit zwischen Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj rund um die Frage, wie man denn jetzt diesen Konflikt in der Ukraine befrieden könne. Donald Trump, das haben wir schon mehrfach angedeutet, will möglichst schnell einen Waffenstillstand, und zwar fast zu allen Bedingungen. Hauptsache, die Waffen schweigen irgendwie.

Zum einen hat er nämlich gar keine Lust mehr zu investieren in die Rüstung der Ukraine. Da waren die USA ja bisher relativ aktiv mit Waffenlieferungen. Und vor allem aber will er natürlich ein PR Erfolg. Er hatte ja im Wahlkampf immer wieder versprochen, dass er diesen Konflikt schnell beenden könne und diesen PR Erfolg möchte er jetzt gerne landen. Das ist so die Sicht von Trump. Wolodymyr Selenskyj will natürlich auch, dass der Kampf endet. Aber der hat noch ein paar andere Gedanken im Kopf.

Philip BansePhilip Banse

Richtig. Er verlangt halt nicht nur jetzt ein Ende der Kämpfe, sondern er verlangt darüber hinaus robuste Garantien für die Sicherheit der Ukraine. Also seine Sorge ist, wenn wir einen Waffenstillstand haben, aber es keine Garantien gibt, dann wird Russland diesen Waffenstillstand als Atempause nutzen und dann neue Panzer bauen und dann wieder angreifen.

Wenn es Garantien gäbe im Sinne von Russland bricht den Waffenstillstand und die USA greifen ein oder westliche Truppen greifen ein, dann könnte Russland von so einer Wiederaufnahme des Krieges abgeschreckt werden. Das ist die Idee hinter diesen sogenannten Sicherheitsgarantien.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und ich meine, Wolodymyr Selenskyj hat die, wie ich persönlich finde, sehr nachvollziehbare Sorge, wenn sie jetzt einfach so einen Waffenstillstand schließen, Russland nicht abgeschreckt wird, Russland weiter rüsten kann, dann ist einfach in ein paar Monaten die Ukraine schlicht Geschichte. Und Selenskyj weist deswegen in diesem Gespräch im Oval Office auch darauf hin.

Nach der Okkupation der Krim 2014 und nach den sogenannten Minsker Verträgen, also, wo dann der Konflikt befriedet werden sollte, gab es auch einen Waffenstillstand. Aber, so Selenskyj, Putin, habe ihn 25 Mal gebrochen.

Wolodymyr Selenskyj

That's why we will never accept just cease fire. It will not work without security guarantees.

Philip BansePhilip Banse

Und deswegen, sagt er, werde er, Selenskyj, nie einen Waffenstillstand akzeptieren ohne Sicherheitsgarantien. Denn das, sagt er, werde niemals funktionieren. Wie gesagt, Sicherheitsgarantien meint: Putin bricht den Waffenstillstand. Muss dann aber mit Vergeltung rechnen. Darauf wiederum hat Donald Trump, um es mal platt zu sagen, überhaupt keinen Bock. Und das wurde auch in dem Treffen deutlich.

Donald TrumpDonald Trump

I don't think you're gonna need my security. Once this deal get's done it's over. Russia is not gonna want to go back and nobody is going to want to go back. When this deal ends, I really believe this deal is gonna be over.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also er sagt sinngemäß. Sie brauchen keine Sicherheitsgarantien. Wenn dieser Deal erst mal eingetütet ist, dann ist es vorbei. Russland will nicht zurückkehren zu der militärischen Konfrontation. Und Vizepräsident JD Vance ergänzt dann, jetzt sei die Zeit für Diplomatie. Worauf Selenskyi wiederholt:

Philip BansePhilip Banse

"Putin, sagt er, hat sich in der Vergangenheit an kein diplomatischen Deal gehalten und wird das auch in Zukunft nicht tun, wenn es denn keine Sicherheitsgarantien gibt. Und dann geht JD Vance in die Offensive.

JD Vance

Mr. President, Mr. President, with respect. I think it is disrespectul for you to come to the oval office try to litigate this in front of the american media. Right now, you guys are going around and forcing conscripts to the frontlines because you have manpower problems. You should be thanking the present for trying to bring an end to this conflict.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Sinngemäß sagt er, also bei allem Respekt, Herr Präsident, es ist respektlos, das vor den Medien verhandeln zu wollen. Sie sollten dankbar sein, dass der Präsident, also Trump, sich des Problems annimmt. Selenskyj soll sich also nach Vorstellung von Trump und Vance bedanken bei den beiden Männern, die ihm bisher nie geholfen haben oder jedenfalls seit langem nicht mehr.

Trump weist in dem Gespräch auch darauf hin, dass er in seiner allerersten Amtszeit mal Javelins, also Panzerabwehrraketen, die man von der Schulter starten kann, geliefert habe und so. Das ist aber lange her, jedenfalls in letzter Zeit waren Trump und Vance eher ein Problem für die Ukraine und Vance hat mal gesagt, mir ist völlig egal, was mit der Ukraine passiert. Trump hat monatelang jetzt die Hilfen für die Ukraine blockiert, die Joe Biden noch liefern

wollte. Trump hat gesagt, zwischen uns und der Ukraine liegt ein schöner Ozean, sprich, was geht uns die Ukraine an? Und das greift Selenskyj dann auf.

Philip BansePhilip Banse

Ja, Selenskyi sagt in dem Treffen, also im Krieg haben alle Probleme, sagt er, auch sie und guckt dabei Trump an. Sie mögen jetzt einen schönen Ozean zwischen uns und ihnen haben, sagt er und fühlen den Krieg zwar jetzt noch nicht, aber sie werden es bald fühlen. Und das provoziert nun wiederum Trump. Er sagt, Sie sind nicht in der Position, uns zu diktieren, was wir fühlen.

Donald TrumpDonald Trump

You are in no position to dictate what we are gonna feel. We're gonna feel very good. We're gonna feel very good and very strong. You don't have the cards right now. With us you start having cards. Right now you're not having the cards.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Dann geht Trump richtig steil. Er sagt ihm immer wieder, Sie haben keine guten Karten. Mit uns haben Sie gute Karten. Und Selenskyj weist darauf hin, ich spiele hier kein Kartenspiel. Das muss man sich vorstellen. Donald Trump verwendet da diese Pokertischrhetorik. Trump geht da noch einen Schritt weiter und sagt Selenskyj, er spiele mit dem Leben von Millionen Menschen. Sie, Selenskyj, riskieren den dritten Weltkrieg .

Donald TrumpDonald Trump

You're gambling with the lives of millions of people. You're gambling with world war three. You're gambling with world war three.

Philip BansePhilip Banse

Daraufhin sagt Selenskyj, wir haben von Anfang an alleine gekämpft. Seit 2014, also seit Russland die Krim besetzt hat. Worauf Trump sagt, sie waren nicht allein. Unser dummer Präsident hat Ihnen Milliarden gegeben. Dann nennt er eine falsche Zahl, aber die wiederholen wir jetzt hier nicht. Milliarden gegeben, Ausrüstung gegeben. Ohne diese Ausrüstung wäre der Krieg nach zwei Wochen vorbei gewesen. Woraufhin Selenskyj sagt:

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Nach drei Tagen, das habe ich von Putin auch gehört. In drei Tagen.

Wolodymyr Selenskyj

We have been alone and we are thankful. I said thanks in this cabinet.

Donald TrumpDonald Trump

You haven't been alone. You haven't been alone. We gave you through this stupid president 350 billion dollars. We gave you military equipment and you're men are brave but they had to use our military. If you didn't have our military equipment, if you didn't have our military equipment this war would've been over in two weeks.

Wolodymyr Selenskyj

In three days. I've heard it from Putin. In three days.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und dann äfft er sogar Selenskyjs Akzent nach.

Donald TrumpDonald Trump

I don't wanna cease fire. I don't wanna cease fire. I wanna go and I want this.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Er sagt, ich will keinen Waffenstillstand. Ich will keinen Waffenstillstand mit so einem merkwürdigen ukrainischen Akzent. Ich meine, auch das ist natürlich einfach nur eine totale Blutgrätsche. Man muss das mal so sehen. Selenskyj verzichtet, kann man mutig nennen, kann man fahrlässig nennen, auf einen Dolmetscher und spricht quasi Englisch und er spricht halt wirklich nicht wahnsinnig gut. Aber ich finde, in der Sache wird schon klar, was er sagen möchte.

Philip BansePhilip Banse

So, und Trump sagt dann, wenn sie einen Waffenstillstand bekommen, dann sage ich Ihnen, nehmen sie den an, damit keine Kugeln mehr fliegen und ihre Leute nicht mehr getötet werden.

Donald TrumpDonald Trump

If you can get a cease fire right now I tel you, you take it so the bullets stop flying and your men stop getting killed.

Wolodymyr Selenskyj

Of course we want to stop the war.

Donald TrumpDonald Trump

But you're saying you don't wanna cease fire.

Wolodymyr Selenskyj

But I said to you, with guarantees.

Donald TrumpDonald Trump

I wanna cease fire. Because you're gonna get a cease fire faster than an agreement.

Wolodymyr Selenskyj

Ask our people about it.

Philip BansePhilip Banse

Zu unterbrechen. Ich will ja auch ein Waffenstillstand, aber eben mit Sicherheitsgarantien.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Weil es sonst nicht funktioniert.

Philip BansePhilip Banse

Genau. Und darauf sagt dann Trump, diese alten Waffenstillstände, damals von 2014/15, das war nicht mit mir, deswegen haben die nicht gehalten. Sie müssen dankbarer sein, denn sie haben nicht die Karten. Mit uns haben sie die Karten. Ohne uns haben sie die nicht.

Donald TrumpDonald Trump

You've gotta be more thankful. Because let me tell you, you don't have the cards. With us, you have the cards but without us you don't have any cards.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und nachdem also Trump und Vance Selenskyj öffentlich gedemütigt haben, wie gesagt vor den Augen der Weltpresse, setzt Donald Trump dann zum Todesstoß an, indem er sinngemäß sagt:

Donald TrumpDonald Trump

The problem is, i've empowered you to be a tough guy.

Philip BansePhilip Banse

Ich habe dich hier zum starken Mann gemacht, aber entweder machst du den Deal oder wir sind raus.

Donald TrumpDonald Trump

But you either gotta make a deal or we're out.

Philip BansePhilip Banse

Und wenn wir raus sind, wirst du alleine kämpfen. Das wird nicht schön, Aber du wirst das alleine auskämpfen.

Donald TrumpDonald Trump

And if we're out, you'll fight it out. I don't think it's gonna be pretty but you'll fight it out.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Mit anderen Worten, der Präsident der Vereinigten Staaten sagt einem demokratisch gewählten Verbündeten, dessen Land überfallen wurde, unter Bruch aller Regeln des Völkerrechts, sagt er, du machst, was ich sage. Wenn ich sage, du machst einen Waffenstillstand, dann machst du einen Waffenstillstand. Mir egal, was du für ein Preis bezahlt. Mir egal, wenn du 1/5 deines Landes verlierst. Mir egal, was danach passiert.

Wenn ich sage, Waffenstillstand ist Waffenstillstand, oder ich werfe dich vor den Bus. Das wird nicht schön. Aber du wolltest es ja nicht anders. Und dann hat Trump diese Situation beendet. Trump schien sehr zufrieden mit der Show und sagte:

Philip BansePhilip Banse

Wir haben genug gesehen, sagt er. Ich glaube auch, das war tolles Fernsehen.

Donald TrumpDonald Trump

Alright. I think we've seen enough. What do you think? This is going to be great television I will say that.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und dann ließ Trump von seinen Leuten den ukrainischen Präsidenten aus dem Weißen Haus werfen. Der ist dann so durch einen Seitenausgang am west wing irgendwie rausgelaufen. Selenskyj wollte nämlich eigentlich trotz dieses Eklats noch den Vertrag über die seltenen Erden unterschreiben, aber Trumps Leute sagen eben "Time to go!" Und essen dann in aller Seelenruhe das vorbereitete Mittagessen auf. Man hört, es gab Roasted Chicken und Crème brûlée .

Philip BansePhilip Banse

Und dann ist Selenskyj also abgereist. Abkommen über seltene Erden wurden nicht unterzeichnet. Trump ließ dann verlautbaren, Selenskyj kann gern wiederkommen, wenn er für Frieden bereit ist, sprich Waffenstillstand ohne Sicherheitsgarantien.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und da muss man halt immer wieder sagen, das ist halt einfach unfair. Also Trump tut immer die ganze Zeit so, als wolle Selenskyj weiterkämpfen, weil er halt ein Kriegstreiber ist. Aber das stimmt natürlich nicht. Selenskyj hat nur die völlig nachvollziehbare Idee im Kopf, dass ein Waffenstillstand ohne Sicherheitsgarantien im Prinzip nur so eine Art Aufrüstungspause für Putin ist. Na gut, jedenfalls die Welt sah diesem Drama staunend zu.

Und man muss schon ehrlich sagen, sowas hat es einfach noch nie gegeben. Eine mutmaßlich geplante mediale Hinrichtung eines ausländischen Regierungschefs?

Philip BansePhilip Banse

Ja, wahrscheinlich nicht. Also es kann sich zumindest keiner, der lebt, dran erinnern. Man muss natürlich auch sagen Selenskyj hat sich provozieren lassen. Er hätte an bestimmten Positionen, an bestimmten Stellen im Gespräch wahrscheinlich einfach besser die Klappe gehalten, auch wenn das natürlich aus unserem kleinen Lage Office einfacher gesagt als getan ist.

Wenn du seit drei Jahren im Krieg bist gegen Aggressor und du sitzt mit deinem größten Unterstützer am Tisch und der sagt dir, du musst dankbar sein, das ist jetzt hier vorbei. Und da natürlich die Klappe zu halten, das ist natürlich schwierig.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das ist schwer, Philip, aber ich glaube ehrlich gesagt, es hätte auch gar keinen Unterschied gemacht. Denn diese ganze Inszenierung verfolgte ja vor allem einen innenpolitischen Zweck. Es ging quasi darum, jedenfalls genügend Amerikanerinnen und Amerikaner davon zu überzeugen, warum Donald Trump die Ukraine nicht weiter unterstützen will. Es geht letztlich um ein blame game. Es geht letztlich darum, Selenskyj verantwortlich zu machen für einen möglichen Stopp der Waffenlieferungen.

Und ganz ehrlich, wenn das stimmt, diese Hypothese, die ich gerade formuliert habe, dass das alles inszeniert war und dass es Donald Trump um eine innenpolitische Rechtfertigung seiner Aktionen ging, insbesondere auch darum ging, die letzten quasi Republikaner, die seine Außenpolitik bisher kritisch gesehen haben, auf seine Seite zu ziehen, dann würde ich sagen, Selenskyj hätte sagen können, was er will. Sie hätten einfach so lange weitergemacht, bis er irgendwann einen Fehler macht.

Also mal ganz ehrlich, das ist ja dann irgendwann auch kaum noch möglich, da immer zu schweigen, wenn die Leute einen derartigen Unsinn erzählen.

Philip BansePhilip Banse

Absolut klar. In dieser Szene ist halt klar geworden, die USA stehen nicht mehr auf Seite der Ukraine, sondern die USA wollen Ruhe, auch wenn die Ukraine große Teile ihres Staatsgebiets verliert oder vielleicht gar das Ganze mit der Existenz, mit ihrer eigenen Existenz

bezahlt. Hauptsache, es Ruhe. Da natürlich jetzt Selenskyj abgereist ist und nach diesem Eklat und Donald Trump das ja auch angedroht hatte, wenn du hier keinen Waffenstillstand zustimmst, keinen Frieden in Anführungszeichen, dann wirst du alleine dastehen. Und dieser Drohung ließ er in der Nacht von Montag auf Dienstag Taten folgen und stellte die Hilfe der USA an die Ukraine, wie es hieß, zumindest vorerst ein. Das heißt, Waffen werden nicht ausgeliefert, Geld wird nicht überwiesen.

Und dieser Lieferstopp, der galt dann eben ab sofort und betrifft eben alle amerikanischen Rüstungsgüter. Rüstungsgüter, die noch nicht sich im Land befinden. Und die New York Times sagt, dass es sich dabei um Waffen und Munition im Wert von rund einer Milliarde Dollar handelt. Und, das muss man auch wissen, nach ukrainischen Angaben liefern die USA ungefähr 30 % der Waffen, die die Ukraine hat und braucht und die da zum Einsatz kommen. 30 %. Es sind eben ganz zentrale Waffen.

Es sind eben die wichtigsten Waffen. Insofern ist dieser Stopp ein ganz herber Schlag mit ungewissen Folgen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, fragt sich natürlich, wie reagiert jetzt die Ukraine? Mittlerweile, so sehen es jedenfalls einige, sei Selenskyj eingeknickt. Was soll er auch anderes machen? Er hat angeblich einen Brief an Trump geschrieben, wonach er zu Friedensverhandlungen unter US Führung bereit sei. Er sei auch bereit, das Rohstoffabkommen zu unterschreiben. Die Frage ist, ob das tatsächlich ohne Sicherheitsgarantien laufen soll. Das jedenfalls berichten Medien.

Ich muss ganz ehrlich sagen, ich kann es mir nicht so richtig vorstellen. Denn das würde ja bedeuten, dass Selenskyj tatsächlich ohne taktische Überlegungen nach Washington gereist ist. Denn die Verhandlungsposition von Trump war vorher klar. Was jedenfalls richtig klar ist, ist, dass Trump inzwischen nicht mehr auf der Seite der Ukraine steht, sondern auf der Seite Russlands. Und ich würde mal sagen, Putin hat Trump ganz gut im Griff.

Philip BansePhilip Banse

Putin, würde ich sagen, spielt Trump wie eine Balaleika. Also da hat quasi dieser eine Anruf gereicht, um Trump dazu zu bewegen, öffentlich Russland quasi alles zu geben, was sie jemals verlangt haben. Der Westen ist gespalten. Selenskyj steht kurz vorm Rauswurf. Weiß ich jetzt nicht genau, sagen einige. Hängt damit zusammen, dass wichtige Senatoren ihm quasi den Rücktritt nahegelegt haben. Auch in der Ukraine wird ein bisschen darüber spekuliert.

Also der sitzt zumindest nicht fester im Sattel als vor diesem Washingtonbesuch. Dazu kommt noch, ein bisschen runtergegangen, aber der US Verteidigungsminister Pete Hegseth hat auch angeordnet, dass das US Cyber Kommando alle Aktionen gegen Russland einstellen soll. Es ist nicht nur so, dass sie der Ukraine die Hilfe kürzen und die Hilfe einfrieren, sondern auch noch Operationen gegen Russland einstellen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, wobei, das ist ein bisschen umstritten, ob es diese Order tatsächlich gibt. Es wurde erst gemeldet und dann gab es jetzt in amerikanischen Medien aber auch Leute, die sagen, na, wir können das zumindest nicht verifizieren. Es scheint wohl so zu sein, dass einige Leute aus diesem Cyber Command das sagen.

Und es ist auch nicht ganz klar, um welche Cyberaktionen es geht, also ob es wirklich um quasi Angriffe in Russland geht oder ob sie auch quasi die Verteidigung amerikanischer IT Infrastruktur gegen russische Cyberangriffe einstellen sollen. Was man sich irgendwie nicht so richtig vorstellen kann. Mit anderen Worten, das ist unklar. Aber man sieht jedenfalls eine doch grundsätzlich andere Haltung Trumps zu Russland.

Das sieht man auch am Stimmverhalten der Vereinigten Staaten im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Da haben die USA nämlich vor kurzem einer Resolution zugestimmt, und zwar zusammen mit China, Russland und Nordkorea. Auch interessante Partner, die zum Jahrestag der russischen Invasion in der Ukraine ganz maßgeblich der Ukraine die Schuld in die Schuhe schieben, insbesondere eine ausdrückliche Verurteilung Russlands nicht enthält.

Philip BansePhilip Banse

Die Frage ist natürlich mal wieder, was treibt eigentlich Trump? Auch das leuchtete, finde ich, kurz auf bei dieser historischen Pressekonferenz im Oval Office. Trump kam wie aus dem Nichts dann nämlich auf diese Russland Ermittlungen zu sprechen, von 2017 bis 19 gegen ihn. Da hat dieser Sonderermittler Mueller, ihr erinnert euch vielleicht, untersucht, ob das Trump Team damals mit Putin, mit Russland paktiert hat, um diese Wahl 2016 zu

gewinnen. Damals konnte da eine Verschwörung nicht nachgewiesen werden, aber Dutzende von Trumps Leuten landeten trotzdem im Knast. Jedenfalls kam Trump auf diese Ermittlung im Oval Office mit einem wirklich interessanten Spin zu sprechen.

Donald TrumpDonald Trump

Let me tell you. Putin went through hell of a lot with me. He went through a phony witch hunt where they used him and Russia, Russia, Russia, Russia, you ever hear of that deal? There was a phony, a phony Hunter Biden, Joe Biden scam.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Mit anderen Worten hat er sinngemäß gesagt, Putin und ich haben viel durchgemacht. Er musste mit mir durch diese Hexenjagd, in der sie ihn und Russland benutzt haben. Und ich meine, wenn man sich das mal vor Augen führt, er sieht sich mit Putin in einem Boot, bei diesem, wie er das immer so schön nennt, Witch Hunt, bei dieser Hexenjagd. Er identifiziert sich mit Putin. Die haben quasi eine gemeinsame harte Zeit durchgemacht. Wie so zwei so, keine Ahnung, so, Army Kumpels.

Und daraus kann man erkennen, er identifiziert sich mit Putin. Und ich glaube, das geht auch über diese einmalige Erfahrung mit den Ermittlungen hinaus. Da steckt noch eine ganze Menge mehr dahinter.

Philip BansePhilip Banse

Richtig. Er sieht sich mit Putin so ein bisschen als wesensverwandt, auch in ihrer Machtversessenheit. Das sieht man jetzt. Trump entdeckt eigentlich die Macht der USA. Diese Macht hatte die USA schon immer, aber sie war irgendwie gezähmt, eingehegt in Bündnisse und Bündnisverpflichtungen und international.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und internationales Recht vor. Die Vereinigten Staaten haben sich auch schon immer nicht perfekt an das Völkerrecht gehalten. Aber jedenfalls im Grundsatz wurde die Geltung des Völkerrechts als verbindlich von einem US Präsidenten bisher jedenfalls nicht ernsthaft in Zweifel gezogen. Und das ändert sich jetzt. Donald Trump ist bereit, die militärische und wirtschaftliche Macht der Vereinigten Staaten gerade ungezügelt, ungefesselt einzusetzen.

Und dazu gab es in dieser Woche ein ganz spannendes Interview, in dem, sagen wir mal sehr einflussreichen amerikanischen Podcast von Ezra Klein. Ezra Klein ist quasi ein Meinungsredakteur der New York Times. Und er hat eben einen eigenen Podcast: die Ezra Klein Show. Und da hatte er in dieser Woche den CNN Journalisten und Autor Fareed Zakaria zu Gast. Also quasi ein Außenpolitikexperte eines anderen amerikanischen Leitmediums.

Und der sagte, ein Zeichen dieser Macht sei eben jedenfalls historisch, klassisch, insbesondere im 19. Jahrhundert und früher gewesen, Landgewinn, also die Landfläche eines Staates zu erweitern. Und das, so Zakaria, verbinde Trump mit Putin.

Fareed Zakaria

And the idea that we are powerful and we should be unconstrained - obviously it is the way Putin views the world. That's why I think he has a much more benign view of Putin's desire to have a sphere of influence, a kind of a group of satellite states around him, including Ukraine. He has a much more benign view, I think, of Chinese expansionism. He very rarely criticizes it. I can't remember him ever doing it. So then he looks at it and says: Well, the United States should similarly have that

kind of sense of the Monroe Doctrine, the Western hemisphere. It feels to me like a kind of bizarre, anachronistic way to look at the world. But I agree with you, that is the way he is thinking about it.

Philip BansePhilip Banse

Was er halt argumentiert, ist, Trump will wie Putin sein Reich die USA vergrößern. Trump will sich auch ein Denkmal setzen. Trump versteht letztlich Putin. Der kann diesen Imperialismus, dieses Großmachtstreben, dieses Ansammeln der Länder nachvollziehen. Beide wollen deshalb Europa schwächen. Und bei sowas nervt jemand wie Selenskyj einfach nur noch.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Der nämlich auf das Existenzrecht seines Staates pocht, der letztlich das Völkerrecht hochhalten will. Und deswegen üben die USA einseitig Druck auf die Ukraine aus. Aber null Druck auf Putin. Also was nun, wie gesagt, mit rechtlichen Verpflichtungen, mit der völkerrechtlichen Situation nichts

mehr zu tun hat. Umso mehr aber zu tun hat mit dieser Bromance zwischen Trump und Putin, aber auch zwischen dieser ideologischen Gemeinsamkeit, dass Imperialismus und quasi andere Länder unterwerfen irgendwie schon okay ist. Wenn man das ein bisschen weiter noch interpretieren will, könnte man sagen, Trump versucht im Grunde mit der Ukraine auch ein Präzedenzfall zu schaffen für seine eigenen Landnahmen. Kanada, Grönland, Panama. Mal schauen, was da jetzt wirklich draus wird.

Aber man könnte argumentieren, Trump versuche jetzt in der Ukraine ein Beispiel zu schaffen dafür, dass es schon irgendwie okay ist, sich als stärkerer Staat einen schwächeren Nachbarn gefügig zu machen.

Philip BansePhilip Banse

Also nun ist also Stand heute die Lage so, Donald Trump hat letztlich Selenskyj gebrochen, Selenskyj kriecht zu Kreuze, ist also-

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ist das so weit. Kann man das wirklich so sagen? Ist das gesichert?

Philip BansePhilip Banse

Na ja, also-

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das ist eine sehr weitgehende Interpretation.

Philip BansePhilip Banse

Also Selenskyj sagt, ich bin zu Friedensverhandlungen unter US Führung unter der starken Führung von Trump bereit. Und von Sicherheitsgarantien war da jetzt erst mal nicht die Rede. Er ist bereit, dieses Rohstoffabkommen zu unterzeichnen und bisher gibt es keinerlei Aussicht darauf, dass er irgendwie Land zurückkriegt, dass Russland sich zurückziehen muss. Nichts dergleichen. Bisher hat Trump alles bekommen von ihm, was er wollte. Gleichzeitig null Druck auf Putin.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Nein, null Druck auf Putin ist natürlich richtig. Auf der anderen Seite ist nicht klar, welche Rolle letztlich die Europäer bei diesen Verhandlungen spielen können. Also ich würde, ich würde sagen, es ist jetzt einfach noch zu früh, um wirklich das zu interpretieren, wie Selenskyj sich jetzt verhält. Letztlich, letztlich glaube ich, ist der Lackmustest, wie werden die Verhandlungen zwischen Putin und Trump fortgesetzt oder zwischen den USA und Russland?

Die beiden Staatschefs haben ja letzten Endes noch nicht miteinander am Tisch gesessen. Bislang war das auf Außenministerebene. Ich glaube, das ist der Lackmustest. Wie werden diese Verhandlungen fortgesetzt? Wer sitzt da mit am Tisch? Sitzt Europa mit am Tisch? Die Europäische Union oder europäische Natostaaten, vertreten durch wen auch immer? Sitzt Selenskyj mit am Tisch? Ich glaube, das ist die entscheidende Frage.

Denn mal ganz ehrlich, Selenskyj wäre ja extrem schlecht beraten, wenn er in Washington eskaliert, weil er auf Sicherheitsgarantien beharrt und dann drei Tage später einen kompletten Kurswechsel hinlegt. Ich glaube, damit wäre seinem Land nicht gedient. Denn mal ganz ehrlich, das würde den Krieg ja nicht beenden, sondern nur verlängern. Also muss ich sagen, das kann ich mir noch nicht vorstellen, dass Selenskyi das tut.

Zumal ihm ja die Europäer, dazu kommen wir gleich, nach dem Eklat in Washington den Rücken gestärkt haben.

Philip BansePhilip Banse

Wozu jetzt Selenskyj im Einzelnen sich auch bereit erklärt hat, klar ist, auf ihn wird maximaler Druck ausgeübt. Putin hat bisher alles bekommen, was er wollte und viele denken jetzt, also so ist zumindest die amerikanische Lesart, glaube ich, oder Trumps Lesart, jetzt haben wir Selenskyj gebrochen, jetzt kommt bald der Frieden. Und da, glaube ich, muss man sehr vorsichtig sein, weil auf Putins Seite gibt es ja überhaupt keine Anzeichen, dass er zu irgendeinem Waffenstillstand bereit ist.

Im Gegenteil, sagen einige. Er hat jetzt eigentlich nur noch mehr Anreiz bekommen, weitere Forderungen aufzustellen. Weil alles, was er bisher gefordert hat, hat er mehr oder weniger schon bekommen. Und die Wahrscheinlichkeit ist ziemlich hoch, dass er einfach erst mal weiter kämpft. Und dann kommt es zu der Frage Welchen Druck ist Trump bereit auszuüben auf Putin? Und wie soll das aussehen? Das ist, finde ich, jetzt gerade die große Frage.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und wird er überhaupt diesen Druck ausüben? Denn ich meine, da gibt es dann auch quasi auf Trumps Seite durchaus widerstreitende Interessen. Wenn quasi das Wichtigste ist aus Trumps Sicht, diesen PR Erfolg zu erzielen, dann müsste er Druck auf Putin machen. Wenn er auf der anderen Seite aber quasi ein engeres Bündnis mit Putin schließen will, dann kann er ihn natürlich nicht gleichzeitig unter Druck setzen.

Also insofern ist das auch ein ganz guter Test dafür, was Trump eigentlich wirklich motiviert. Steht im Vordergrund die Annäherung an Russland oder steht im Vordergrund, dass er sich inszenieren will als großer Dealmaker? Aber ich finde, deswegen, glaube ich, sollten wir an der Stelle uns ein bisschen bedeckt halten, was da jetzt weitergeht, ist letzten Endes alles nicht vorherzusehen.

Das nicht zuletzt deswegen, weil Donald Trump einfach gerade auf der außenpolitischen Bühne einfach völlig erratisch agiert. Zakaria macht das auch sehr schön deutlich, dass da einfach unglaublich viel Narzissmus im Spiel ist auf Trumps Seite. Also diese Eskalation im Oval Office hatte sicher auch ein bisschen damit zu tun, dass Selenskyj überhaupt gewagt hat, ihm oder JD Vance ins Wort zu fallen.

Also insofern, ich glaube, da sollten wir uns, da sollten wir uns jetzt darauf beschränken zu sagen, wie jetzt quasi die Schlagordnung ist. Aber wie es weitergeht, können wir, glaube ich, nicht sagen. Ganz sicher ist aber Philip, dass dieses Oval Office Massaker auch für die Staaten Europas eine weitere Zeitenwende darstellt.

Philip BansePhilip Banse

Richtig. Europa, denke ich, ist klar geworden, wir stehen im Prinzip alleine da. Also noch haben sich die USA nicht offiziell aus der NATO zurückgezogen. Sie haben auch ihre 90.000 Soldaten noch nicht aus Europa abgezogen oder haben das noch nicht erklärt. Aber es ist halt klar, man kann sich auf Trump nicht verlassen, der ist in der Lage und schmeißt einen Verbündeten, einen angegriffenen Staat, dessen Präsidenten, vor laufender Kamera einfach vor den Bus und lässt ihn alleine im Regen stehen.

Und darauf kann man natürlich, darauf kann Europa seine Sicherheit einfach nicht mehr gründen. Sie können nicht mehr davon ausgehen, na ja, wenn die Russen mal so einen Test starten in Estland oder Lettland, dann werden die USA schon dastehen. Davon kann man einfach nicht mehr ausgehen. Und ich glaube, das ist jetzt auch dem letzten und der letzten in Europa klar geworden.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Schauen wir auf Europa. Wenn man das nämlich von ganz weit oben betrachtet, dann erinnert der alte Kontinent so ein bisschen an Deutschland vor 1871, also vor der Reichsgründung. Ganz viele Kleinststaaten, lose vereint im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, umzingelt von imperialen Großmächten. Vor allem Frankreich, Österreich muss man damals nennen. Und so ähnlich steht Europa heute da.

Philip BansePhilip Banse

Ja, genau, das Gefühl hatte ich schon. Das Bild taucht schon zwangsläufig auf, wenn ich so wie Deutschland damals so ein bisschen kleinstaaterisch wehrlos daherkam und vor einer großen Einigung erstand, so wirkt das heute in Europa. Ja, natürlich hat Europa heute viel, viel mehr Geld und auch viel mehr Industriepower.

Und auch die politische Integration der europäischen Staaten ist natürlich viel, viel, viel, viel, viel weiter als das irgendwie in diesem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation der Fall war. Und theoretisch gibt es auch kaum noch Grenzen, aber die zieht ausgerechnet Deutschland gerade wieder hoch. Und im Bereich Verteidigung ist Europa einfach noch so zerfleddert wie diese Kleinstaaten des 18. Jahrhunderts. Da hat Europa einfach diese Integration noch nicht

vollzogen. Europa ist de facto für Verteidigung nicht zuständig. Das machen alles noch die Nationalstaaten und entsprechend unkoordiniert steht Europa gerade da und droht jetzt zerrieben zu werden zwischen imperialen Mächten Russland, China und eben jetzt neuerdings auch den USA.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und wie stellt sich nun also Europa auf in diesen historischen Tagen? Europa, muss man ja immer so ein bisschen differenzieren, zum einen die Europäische Union, aber natürlich auch Europa als Kontinent. Der große Unterschied zwischen beiden, der zentrale Unterschied, die Rolle des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland, wie man weiß, natürlich quasi geographisch Europa, Mitglied der NATO, aber seit einigen Jahren eben nicht mehr Mitglied der Europäischen Union.

Gleichwohl kann man, glaube ich, sagen, Philip, strebt die Regierung in London, strebt der Premierminister Keir Starmer, zurzeit eine Führungsrolle an. Er lud nämlich ein zu einem Gipfel in London. Der Gipfel als solcher war schon länger geplant, aber er hat natürlich jetzt eine ganz andere Bedeutung bekommen durch den Eklat im Weißen Haus und durch die de facto Absage der Vereinigten Staaten an eine weitere Unterstützung der Ukraine.

Philip BansePhilip Banse

Richtig. Wolodymyr Selenskyj ist direkt aus Washington vom Oval Office Massaker nach London gefahren, wurde da mit offenen Armen begrüßt, ganz demonstrativ haben sich auch auf Social Media viele Staats- und Regierungschefs aus Europa hinter ihn gestellt und ihm ihrer Unterstützung versichert. So, und dann gab es halt diesen Gipfel in London, um eben Einigkeit zu demonstrieren, um eben auch einen Plan zu entwickeln, wie gehen wir denn jetzt weiter?

Was machen wir denn jetzt in der aktuellen Situation in der Ukraine? Großbritannien hat erst mal gesagt, wir werden da ein paar Milliarden noch der Ukraine überweisen und wir werden sie weiter unterstützen. Und dann gab es so diesen Plan angeblich, der auch an die USA geschickt wurde, um eben zum Frieden in der Ukraine zu kommen. Und dessen Kernelement soll sein ein einmonatiger Waffenstillstand für Luft und

Energie. Also nicht direkt an der Frontlinie im Osten, sondern Luftangriffe sollen pausieren und Angriffe auf Energieinfrastruktur sollen pausieren. Das sagt zumindest Frankreich. Dann hieß es aus UK aber Waffenstillstand also, ganz so sehen wir das nicht. Da sind noch ein paar Details offen. Also das mit der Einigkeit, das glaube ich, müssen sie, müssen Sie noch üben. Das hat da noch nicht so richtig funktioniert.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, ich würde auch sagen, der Wille ist da, Führung zu übernehmen. Der Wille ist da, mit einer Stimme zu sprechen. Aber das ist eben tatsächlich nicht so einfach. Es ist nicht so einfach, nur Dinge zu sagen, die abgesprochen sind. Und für die anderen ist es offensichtlich auch nicht so einfach, einfach mal den Mund zu halten, um gerade das öffentliche Bild von Einigkeit nicht wieder zu

stören. Selbst wenn da jemand anders mal was gesagt haben sollte, was nicht 150 Prozentig mit der eigenen Linie übereinstimmt. Und wie gesagt, der Wille ist da, aber in der Praxis klappt es noch nicht. Und dementsprechend unzufrieden ist etwa Stefanie Babst mit dem Ergebnis des Londoner Gipfels. Sie ist Politologin, hat lange im NATO Hauptquartier in Brüssel gearbeitet. Und im Deutschlandfunk äußerte sie sich ziemlich verwundert.

Philip BansePhilip Banse

Ja, sie hat sich zum Ersten gewundert, warum in London nun ausgerechnet die baltischen Staaten gefehlt haben. Das sind immerhin potenzielle Frontstaaten. Das sind Staaten, die seit Jahren vor Putin warnen, die gemessen an ihrer Wirtschaftsleistung mit am meisten investieren in Rüstung und Verteidigung. Und ausgerechnet die waren nun in London nicht zugegen. Das kritisiert Frau Babst.

Zweitens, warum werden denn nicht zum Beispiel andere große Demokratien, Südkorea, Japan intensiver mit eingebunden in diese neu aufzustellende Ukrainehilfe. Das war ihr zweiter Kritikpunkt. Und sie hat sich vor allen Dingen gewundert, warum sich Europa denn nun hinstellt und nur, sage ich mal, einen einmonatigen Waffenstillstand fordert und nicht zum Beispiel selbstbewusst sagt:

Stefanie Babst

Wir sind bereit, der Ukraine zu helfen, Russland zu besiegen. Zu besiegen. Nicht irgendwie eine Art von zweideutigen und wahrscheinlich gar nicht auch haltenden Waffenstillstand auf die Reihe zu kriegen und Präsident Trump dann noch in irgendeiner Form einzubinden. Das meine ich mit Quadratur des Kreises. Das wird in meinen Augen nicht funktionieren.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also ich muss ganz ehrlich sagen, das ist eigentlich eine konsequente Position. Denn selbst wenn es einen Waffenstillstand geben sollte, bei dem Russland nicht die derzeit besetzten Gebiete räumt, dann müsste man ja immer noch sagen, hat Putin große Erfolge erzielt. Und genau das wäre wiederum das Signal, dass es sich lohnt, Grenzen mit Waffengewalt

zu verschieben. Oder andersherum, wenn die Europäische Union oder wenn die Staaten Europas tatsächlich versuchen wollen, die internationale Ordnung, die Geltung des Völkerrechts, das Angriffsverbot oder das Verbot von Angriffskriegen, wenn Sie das alles hochhalten wollen, dann können Sie natürlich eigentlich keiner Regelung zustimmen, die de facto Putin für seine Ukraineinvasion 2022 noch belohnt. Auf der anderen Seite muss man sagen, ein Sieg über Putin, ein Zurückschlagen dieser russischen

Invasion. Das würde natürlich eine Menge Geld kosten.

Philip BansePhilip Banse

Richtig. Und die EU Staaten geben aktuell so pro Jahr 320 Milliarden Euro für Verteidigung aus. Das sind im Schnitt über alle Staaten nur 1,8 % ihrer Wirtschaftsleistung. Die USA zum Vergleich geben für Verteidigung ungefähr 3,5 % ihrer Wirtschaftsleistung aus. Russland liegt aktuell bei 10 %. Wie gesagt, europäische Staaten, Europa 1,8 plusminus. Also da ist eindeutig Luft nach oben. Und dagegen muss man ja auch halten in dieser ganzen öffentlichen Debatte, die Kosten des Nichtstuns.

Also wenn wir jetzt einfach sagen, ja, das betrifft uns alles nicht, wir verlassen uns trotz allem auf die USA, und wenn es in die Binsen geht, na ja, dann handeln wir erst dann. Da weisen halt auch führende Ökonomen zum Beispiel vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel darauf hin, dann könnten die Kosten zehnmal höher liegen, als es jetzt kosten würde, Europa verteidigungs- oder kriegsfähig zu machen. Zum Beispiel wenn Russland gewinnt.

Dann werden natürlich Millionen von Flüchtlingen aus der Ukraine nach Europa kommen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Um das vielleicht ganz kurz so ein bisschen mit Fleisch zu versehen. Was bedeutet das, wenn Russland gewinnt? Das würde bedeuten, dass die Regierung in Kiew die demokratische Regierung würde gestürzt. Es würde irgendso ein Marionettenregime eingesetzt, wie wir das zum Beispiel aus Belarus kennen. Und Russland würde da so eine mehr oder weniger abhängige Diktatur einrichten oder jedenfalls mal einen autokratischen Staat.

Und das würden sich natürlich die Menschen in der Ukraine nicht so einfach gefallen lassen. Die sind ja nun 20, 30 Jahre Demokratie gewöhnt. Mit anderen Worten, da gäbe es eine massive Flüchtlingsbewegung, gegen die die derzeitigen Fluchtbewegungen nach Europa mit pro Jahr so na ja, irgendwie 250.000 Geflüchteten einfach ein Witz wären. Da reden wir eher von Faktor zehn allein in Deutschland.

Insofern muss man ganz ehrlich sagen, wenn heute schon angeblich Deutschland überlastet ist mit Fluchtbewegungen, dann entstehen da völlig andere Herausforderungen. Wenn es nicht gelingt, quasi so ein Kippen der Ukraine zu verhindern.

Philip BansePhilip Banse

Und Ökonomen weisen auch darauf hin, dass viele dieser jetzt anstehenden Investitionen in Rüstung in Europa und in Deutschland auch hängenbleiben. Das sind ja europäische Rüstungsunternehmen, die da gestützt werden soll. Man will sich halt nicht nur von den USA abhängig machen. Wenn man dann, weiß ich nicht, F-35 in den USA kauft und dann Trump irgendwann in drei, vier Jahren sagt, ja, Ersatzteile, die gibt es leider nicht oder nur gegen die Hälfte eurer Rohstoffe.

Das will man ja alles vermeiden. Also wird sehr, sehr viel von diesen Milliarden in Deutschland, in Europa hängen bleiben. Und Ökonomen argumentieren eben, auch sowas kann Wachstum auslösen. Und so hat also jetzt in Europa die Suche nach dem Geld natürlich längst begonnen. Ursula von der Leyen hat gestern, glaube ich, war es, ein Plan für die Wiederaufrüstung Europas vorgelegt.

Im Kern läuft es darauf hinaus, dass sie sagt, also liebe Staaten, ihr dürft anstehende Ausgaben für eure Verteidigung ausnehmen von dieser europäischen Schuldenregel. Die sagt ja eigentlich, eigentlich dürfen die Staaten nicht mehr als 60 % ihrer Wirtschaftskraft als Schulden anhäufen. Und die Kommission sagt jetzt, na gut, davon nehmen wir halt mal Verteidigungsausgaben aus. Für die dürft ihr trotzdem Kredite aufnehmen.

Und Ursula von der Leyen schlägt eben vor, dass die Union, dass Europa Schulden aufnimmt, damit die Mitgliedsländer dann günstige Kredite von der Kommission, von Europa bekommen können in Höhe von 150 Milliarden Euro. Also alles in allem, sagt Ursula von der Leyen, könnte Europa über die nächsten vier Jahre 800 Milliarden Euro mobilisieren. Da muss man sagen, 150, wie gesagt, kämen davon aus Europa, 650, müssten irgendwie diese Staaten, diese europäischen Mitgliedsstaaten mobilisieren.

Das ist natürlich eine Menge Geld, und damit könnte man schon viel bewegen. Aber die Mitgliedsstaaten müssen das eben größtenteils berappen. Und das klappt eben auch nicht in allen. Und man könnte darüber hinaus argumentieren, okay, ist das denn wirklich alles? Hat Europa da wirklich alles mobilisiert, was zu mobilisieren ist? Und man könnte argumentieren, da gibt es doch noch 300 Milliarden von eingefrorenen russischen Vermögen. Warum nehmen wir die eigentlich nicht? Da gibt es dann rechtliche

Vorbehalte. Aber ich finde, ich weiß es nicht, irgendwann ist der Zeitpunkt auch mal gekommen, wo man sagt, das nehmen wir jetzt einfach, um die Ukraine zu unterstützen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also ich finde schon, dass man das rechtlich sauber machen sollte. Also man sollte sich aus meiner Sicht jetzt auch nicht quasi Donald Trump zum Vorbild nehmen, der sagt, legal, illegal, scheißegal. Das kann ja irgendwie nicht das Motto für die Europäische Union sein, wenn man eben gerade auf internationalem Terrain versuchen möchte, eine Art Rechtsstaatlichkeit im übernationalen Raum irgendwie aufrechtzuerhalten. Insofern, da bin ich noch so ein kleines bisschen

skeptisch. Ich würde dann eher sagen, man muss halt einen rechtlich sauberen Weg finden, um dieses Vermögen zu mobilisieren. Auf jeden Fall kommt es am Donnerstag zum Schwur. Da findet nämlich ein weiterer Gipfel statt, diesmal ein EU Gipfel zur Ukraine. Und da würde ich denken, Philip, da müssen einfach konkrete Beschlüsse auf den Tisch. Es muss einfach ganz konkret gesagt werden, wo soll das Geld für die Aufrüstung von Europa und für die Unterstützung der Ukraine eigentlich herkommen?

Wie gesagt, ganz konkret und nicht nur irgendwie. Wir wollen und wünschen uns und das wäre doch nice, sondern konkret. Insofern, Ursula von der Leyen hat da einen Plan vorgelegt. Das ist alles ganz interessant. Aber der hat natürlich auch durchaus noch ein paar Fragezeichen. Also insbesondere kann man sich die Frage stellen, wie eigentlich genau soll die Europäische Union diese 150 Milliarden Schulden aufnehmen?

Also zum Beispiel europäische Staatsanleihen in Anführungsstrichen, also Eurobonds, sind in der CDU zum Beispiel in der CDU/CSU bislang mindestens umstritten, wenn nicht generell abgelehnt.

Philip BansePhilip Banse

Ja, würde ich einwerfen, aber die hat es ja nun schon mal gegeben in Corona Zeiten. Da hat ja die EU genau das gemacht. Die hat als EU Schulden aufgenommen. Das war eine Premiere und Ursula von der Leyen wird jetzt argumentieren, das können wir auch noch mal machen, vielleicht nicht in derselben Höhe, wie wir das zu Corona Zeiten gemacht haben. Aber im Prinzip ginge das.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Natürlich geht das. Nur, wie gesagt, das ist also politisch auch kein Selbstläufer. Das wollte ich nur gesagt haben. Da müsste sich jetzt gerade die Union noch mal bewegen. Und auch in anderen europäischen Mitgliedsstaaten wird halt sehr genau darauf geachtet, dass die Europäische Union eben eigentlich keine eigenen Schulden machen soll. Insofern, also da ist eine ganze

Menge unklar. Und auf der anderen Seite richten sich aber natürlich jetzt alle Augen, also die europäischen Augen, aber natürlich vor allem auch die Augen des Kreml auf diesen Gipfel am Donnerstag. Wird die Europäische Union wirklich in der Lage sein, adäquat zu reagieren? Und vor allem ist natürlich die große Frage neben dem Geld, was ist denn konkret auch militärisch betrachtet der Plan B?

Wenn die früheren Sicherheitsgarantien aus den USA, Stichwort Artikel fünf des NATO Vertrags, die Beistandsgarantie, wenn die de facto möglicherweise nicht mehr belastbar sind? Was ist der Plan B? Wie soll Europa dann eigentlich geschützt werden?

Philip BansePhilip Banse

Ich glaube, das sind die zentralen Punkte. Wie du sagst, Finanzierung. Da muss am Donnerstag konkret was hingelegt werden und es braucht einen irgendwie gearteten Plan B, wo Europa sagt, wir unterstützen die Ukraine mit eigener Technik, mit eigenen Truppen, und zwar auch im Notfall, ohne dass uns die USA helfen. Das sagen natürlich ganz viele, das geht gar nicht. Hat ja Claudia Major auch gesagt. Mindestens Aufklärung, Satelliten, Luftüberwachung, das müssen die USA leisten.

Aber ich würde schon sagen, dass am Donnerstag auch klar werden muss, na ja, aber was, wenn eigentlich nicht? Was ist da Europas Plan B? Und jetzt kann man sich natürlich vor diesem ganzen Hintergrund fragen, was ist denn jetzt das Glas? Ist das Glas halb voll oder halb leer? Bewegt sich Europa? Wacht es auf? Oder passiert zu wenig? Was denkst du?

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Na ja, ich habe ja schon in der letzten Woche gesagt, dass ich das in der Tendenz als riesengroße Chance für Europa sehen. Klar, du hast es gesagt, Europa muss jetzt liefern.

Aber auf der anderen Seite scheint mir das der entscheidende Impuls zu sein, um zu einer weiteren europäischen Integration zu kommen, und zwar sowohl innerhalb der EU als auch unter Einbeziehung Großbritanniens in die Europäische Verteidigungsgemeinschaft, war ja in den 50er Jahren schon mal geplant, ist damals am Veto des französischen Parlaments, der Assemblée Nationale, gescheitert. Das liegt jetzt de facto wieder auf

dem Tisch. Also eine europäische gemeinsame Verteidigung, wie die dann auch immer im Detail organisiert wird. Es liegt auf dem Tisch, tatsächlich das nötige Geld zu mobilisieren. Es liegt vor allem auch auf dem Tisch, das UK wieder vernünftig zu integrieren in die europäische Staatengemeinschaft. Ob das mittelfristig dann wieder eine EU Mitgliedschaft ist, ob das enge Partnerschaftsverträge sind, vielleicht zuerst auf militärischem Gebiet, das wird man sehen.

Aber ich sehe das gerade als eine riesengroße Chance, weil im Grunde glaube ich, alle in Europa verstanden haben, dass sie in ihren kleinen nationalen Hauptstädten nicht mehr ganz viel zu melden haben. Wenn Europa auf der Weltbühne irgendwie mitspielen will, wirtschaftlich, aber auch diplomatisch und militärisch, dann geht das nur gemeinsam. Und da spüre ich gerade einfach eine enorme Dynamik, eine große Bereitschaft. Aber letztlich muss auch geliefert werden. Worte werden nicht reichen.

Philip BansePhilip Banse

Wo du sagst, Europäische Verteidigungsgemeinschaft. Meine Hoffnung wäre jetzt aber, dass sie sich nicht in so Strukturdebatten verheddern und sagen, wir machen jetzt hier eine Kommission und da einen großen Plan für eine gemeinsame Armee, und in 15 Jahren reden wir dann noch mal darüber. Sondern es muss jetzt eher geklärt werden, was brauchen wir eigentlich, was sind die Lücken, wie das so schön heißt, bei den Fähigkeiten, also Kampfflugzeuge, Luftabwehr, solche Sachen. Wo sind die Lücken?

Wer kauft was? Wie verteilen wir das sinnvoll in Europa? Das ist das eine. Und das andere ist, was man ja auch ganz klar sagen muss, das, was Donald Trump jetzt angestoßen hat hier in Europa, das haben natürlich auch schon andere US Präsidenten verlangt. Auch Barack Obama wollte, dass Europa da selbstständiger wird. Das ist halt nie passiert. Jetzt kann man über Donald Trump und seine Methoden alles sagen, was wir hier auch schon gesagt haben.

Aber es gehört eben auch dazu, dass er bisher der einzige ist, der Europa hier auf Trab bringt.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Europa muss also aufwachen und das heißt in erster Linie, auch Deutschland muss aufwachen, denn Deutschland ist einfach der größte Mitgliedsstaat, der Staat mit der größten Wirtschaftsleistung in der Europäischen Union. Deswegen muss Deutschland aufwachen und das bezieht sich auf Wirtschaft und Infrastruktur, aber vor allem auch auf den Bereich der Verteidigung. Und so sind sich die Mehrheit der politischen Parteien in Deutschland auch völlig einig.

Deutschland muss mehr für Verteidigung ausgeben. Die bisherigen 52 Milliarden pro Jahr zuzüglich Sondervermögen sind einfach zu wenig, wenn die Bundeswehr angepasst werden soll an neue Herausforderungen. 100 Milliarden Sondervermögen über fünf Jahre, kann man sagen, das stopft die Lücke. Aber eben auch nur teilweise, weil das Sondervermögen zum Beispiel nur für Material, nur für Hardware ausgegeben werden durfte, aber nicht für Personalkosten zum Beispiel.

Insofern war das ohnehin in gewisser Hinsicht defizitär. Und vor allem ist das Geld auch Anfang 2027 einfach verbraucht. Und da fragt es sich natürlich, woher soll denn das Geld kommen für 100 Milliarden im Jahr? Oder manche sagen auch 150 Milliarden pro Jahr?

Philip BansePhilip Banse

Und da braucht es, und da sind sich auch alle einig, ein schnelles, deutliches Signal aus Deutschland, um in Europa für Bewegung zu sorgen, um Europa voranzubringen, aber eben auch, um hier in Deutschland für Klarheit und Dynamik zu sorgen. Und Ulf, was soll man sagen. Dieses Signal kam gestern, Dienstagabend, tatsächlich aus Berlin.

Friedrich Merz

Ich will es sehr deutlich sagen. Angesichts der Bedrohungen unserer Freiheit und des Friedens auf unserem Kontinent muss jetzt auch für unsere Verteidigung gelten: whatever it takes.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Gestern Abend kam eben die Überraschung aus den Sondierungsverhandlungen, es sind noch nicht mal richtige Koalitionsverhandlungen, zwischen den beiden Unionsparteien und der SPD. Die haben sich geeinigt. Noch nicht auf einen Koalitionsvertrag, aber auf ein ganz wesentliches Element. Sie haben nämlich die Frage der Finanzierung der neuen Bundesregierung, insbesondere auch der Finanzierung der höheren Verteidigungsausgaben, vor die Klammer gezogen.

Und Sie haben dabei zwei ganz zentrale Pläne geschmiedet.

Philip BansePhilip Banse

Die drei, CSU, CDU und SPD, potenziellen Parteien der nächsten Regierung wollen ein Sondervermögen einrichten, als erstes über 500 Milliarden Euro, und zwar für Infrastrukturinvestitionen und für Bildung.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Zugleich soll die Schuldenbremse gelockert werden. Ihr hört richtig. Die Schuldenbremse soll tatsächlich gelockert werden. Worüber seit Jahren gestritten wurde, was Friedrich Merz im Wahlkampf eigentlich immer abgelehnt hatte mit ganz kleinen Ausnahmen. Die soll jetzt tatsächlich gelockert werden, aber nur auf einem ganz schmalen Gebiet, nämlich nur für Verteidigungsausgaben, soweit sie 1 % des Bruttoinlandsprodukts übersteigen. Also bis 1 % soll es aus dem Haushalt finanziert werden.

Darüber hinaus kann es mit Schulden finanziert werden. Und zum Zweiten soll die Schuldenbremse auch ein kleines bisschen für die Länder gelockert werden. Aber ansonsten bleibt die Schuldenbremse unangetastet. Aber ich denke, Philip, schon diese Lockerung, auf die sich jetzt Union und SPD so als Ziel geeinigt haben, schon diese Lockerung wäre, wenn sie denn so käme, geradezu revolutionär.

Philip BansePhilip Banse

Ja, ich finde, deswegen wird das ja auch als dreifach Wumms bezeichnet. Also Sondervermögen, Schuldenbremse lockern für Militär und Schuldenbremse lockern für die Länder, also diese Schuldenbremse lockern für die Verteidigung, das wäre schon ein Riesenschritt. Was heißt das konkret? Das bedeutet oder würde bedeuten, dass in Zukunft nur noch das erste Prozent für die Verteidigung aus dem normalen Haushalt finanziert werden müsste. Das sind zurzeit so rund 45-50 Milliarden Euro.

Der Rest, also was darüber hinaus für die Verteidigung ausgegeben werden würde, könnte über Schulden finanziert werden, und zwar in unbegrenzter Höhe, wie Friedrich Merz das sagt. Whatever it takes.

Also da knüpft er ja an dieses legendäre Zitat von Mario Draghi, damals Präsident der Europäischen Zentralbank, an, der mit diesem Zitat alleine mehr oder weniger die europäische Schuldenkrise beendet hat, weil klar wurde, die Europäische Zentralbank wird einfach alles Geld, was sie drucken kann, in die Hand nehmen, um den Euro zu retten. Und dieses Zitat benutzt nun auch Friedrich Merz, um zu sagen, wir werden einfach alles tun, um Deutschland verteidigungsfähig zu machen.

Das bedeutet, es können theoretisch, wenn das so durchgeht, Schulden in unbegrenzter Höhe aufgenommen werden, um die Bundeswehr, um Deutschland verteidigungsfähig zu machen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und ich meine, die Zahlen sind schon enorm. Bisher hatte Boris Pistorius, der Bundesverteidigungsminister, einen Haushalt von 52 Milliarden Euro zuzüglich rund 20 Milliarden, also 1/5 aus dem bisherigen 100 Milliarden Sondervermögen. Und diese Summe kann jetzt fast beliebig über Schulden gesteigert werden. Und die Summen, um die es hier gehen soll, sind schon enorm.

In Unionskreisen heißt es laut Spiegel, vermutlich werde man bei den Verteidigungsausgaben schon 2029 Beträge von 130 oder gar 150 Milliarden Euro erreichen müssen, um die NATO Fähigkeitsziele zu erreichen. Mit anderen Worten, etwa eine Verdreifachung des Verteidigungshaushalts. Muss man sich überlegen. Und davon würden alleine um die 100 Milliarden pro Jahr über Schulden finanziert. Das sind gigantische Summen, schlicht und ergreifend.

Aber ich denke, das ist vor allem auch eine ganz klare Botschaft an Russland und an andere potenzielle Gegner. Am Geld jedenfalls wird Rüstung in Deutschland nicht mehr scheitern.

Philip BansePhilip Banse

Andererseits kann man sich natürlich die Frage stellen, warum das bei Verteidigung nun plötzlich geht, während es der Union während der Ampeljahre unmöglich war, genau das mitzutragen. Und während es offenbar nicht möglich ist, Investitionen in Zukunftsthemen wie Bildung, Infrastruktur, Klimaschutz von der Schuldenbremse auszunehmen, sondern halt in den Sondervermögen zu stecken.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und das ist, glaube ich, schon ein zentraler Unterschied. Bestimmte Dinge sollen von der Schuldenbremse ausgenommen werden, insbesondere Verteidigung. Während andere Dinge nur über ein Sondervermögen finanziert werden sollen. Kann man natürlich sagen, auch ein Sondervermögen für Infrastruktur und Bildung, 500 Milliarden, klingt erst mal gut, denn damit wären diese Herausforderungen ja auch für ein paar Jahre finanziert, auch wenn das sehr knapp kalkuliert

sein dürfte. Allein bei der Infrastruktur beträgt die Lücke ja mindestens 600 Milliarden. Aber gut, kann man sagen, das klingt erst mal gut. Aber auf der anderen Seite sind eben Sondervermögen begrenzt. Ich glaube, das ist so der zentrale Unterschied. Während in Zukunft für Verteidigungsausgaben unbegrenzt Schulden gemacht werden dürfen, jedenfalls nach Vorstellung von Union und SPD, wären die Ausgaben für Infrastruktur und andere Zukunftsinvestitionen weiterhin begrenzt.

Aber wir haben es jetzt mehrfach angedeutet, die Frage ist, ob das überhaupt so kommt. Denn die Pläne von SPD und Union erfordern immerhin drei Grundgesetzänderungen.

Philip BansePhilip Banse

Ja, also es braucht ein neues Sondervermögen, erstens. Es muss eine Ausnahme von der Schuldenregel für die Verteidigungsausgaben her. Und es gibt eine leichte Lockerung dieser Nullschuldenregel für die Bundesländer. Hier soll eben gelten, was bisher schon für den Bund gilt. Also Neuverschuldung pro Jahr, nicht über 0,35 % der Wirtschaftsleistung. Das sind also so diese drei Sachen, die sich da die potenziellen Regierungsparteien ausgedacht haben, und die haben das natürlich gestern so verkündet.

So nach dem Motto, das machen wir jetzt einfach so! Aber so einfach ist es nun bei weitem nicht.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Nein, denn eine Änderung des Grundgesetzes braucht eine Mehrheit von Zweidrittel sowohl der Abstimmenden im Deutschen Bundestag als auch der Länderstimmen im Bundesrat. Insbesondere aus Sicht der Union ist das natürlich sehr attraktiv, dass man diese Pläne im derzeitigen, noch gerade so sitzenden Bundestag wohl auch ohne die Linke beschließen könnte. Zumindest im Bundestag reichen die Stimmen der Parteien der kommenden Koalition, sofern die Grünen noch mitstimmen.

Aber im Bundesrat muss dann mindestens eine andere Partei noch mitstimmen. Und diese Zustimmung sowohl der Grünen als auch einer weiteren Partei im Bundesrat sind eben alles andere als sicher. Denn der Teufel bei diesen Reformvorstellungen von Union und SPD steckt im Detail. Wir haben es eben schon gesagt. Die Schuldenbremse bliebe im Prinzip erhalten, außer für Verteidigung. Mit anderen Worten, der Geldmangel im Bundeshaushalt würde nur auf dem Feld der Verteidigung dauerhaft entspannt.

Und die Entspannung des Bundeshaushalts auf den anderen Gebieten wäre nur vorübergehend. Denn irgendwann ist so ein Sondervermögen halt einfach alle. Kann man sich fragen, was ist denn dann, wenn diese 500 Milliarden verbraucht sind? Was ist denn dann mit der Infrastruktur? Muss sie nicht genauso dauerhaft finanziert werden wie Verteidigung? Ist sie nicht vielleicht sogar ein bisschen teurer? Und man kann auch argumentieren mindestens genauso wichtig?

Philip BansePhilip Banse

Lass uns doch mal kurz auf diese Summen blicken. Wenn es 500 Milliarden Euro über zehn Jahre sind, die so ein Sondervermögen brächte. Das wären irgendwie 50 Milliarden pro Jahr. Das Deutsche Institut der Wirtschaft und auch gewerkschaftsnahe Forschungsinstitute haben ja gesagt, wir bräuchten 600 Milliarden über zehn Jahre, um die Infrastruktur wieder in einen guten Zustand zu bringen. Dann könnte man ja argumentieren, na gut, das passt ungefähr.

Nach zehn Jahren hätten wir unsere Infrastruktur, diese Infrastrukturschulden, die wir über die letzten Jahre aufgebaut haben, die hätten wir wieder getilgt. Und ab dann würden moderate jährliche Investitionen in diese Infrastruktur aus dem normalen Haushalt auch ausreichen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das ist eben genau die Frage. Also jedenfalls in den letzten Jahren haben die Investitionen in die Infrastruktur ja gerade nicht ausgereicht. Da kommen ja die 600 Milliarden Infrastrukturschulden her. Und das ist der Grund, wieso ich so skeptisch darauf blicke, zu sagen Verteidigung, dann nehmen wir den Deckel vom Topf quasi. Aber bei der Infrastruktur nicht, denn ja, Verteidigung, auch die Bundeswehr ist in schlechtem Zustand. Da haben wir, wenn man so will, auch große Infrastrukturschulden.

Aber wir haben sie eben nicht nur bei der Bundeswehr. Und deswegen, muss ich ganz ehrlich sagen, finde ich diese Differenzierung höchst problematisch. Ich verstehe das außenpolitische Signal, das offensichtlich Union und SPD senden wollen. Deutschland rüstet auf. Whatever it takes. Macht Sinn. Auf der anderen Seite aber hilft das natürlich den Menschen in Deutschland nicht weiter, deren Turnhallen weiter tropfen werden.

Also insofern, ich bin da bei dieser Differenzierung noch nicht überzeugt, ob das genau die richtige Lösung ist. Und dann gibt es ja auch noch Aufgaben des Bundes, die bisher gar nicht erfasst sind, weder von der Ausnahme von der Schuldenbremse noch von dem Sondervermögen für Infrastruktur. Beispiel: was ist mit dem ökologischen Umbau der Wirtschaft? Also Umstellung auf Wasserstoffwirtschaft, Umstellung auf Solarenergie usw. usw?

Was ist eigentlich mit der energetischen Sanierung von Wohngebäuden? Subventionen, damit die Leute sich endlich mal eine Wärmepumpe einbauen und so? Da ist eine ganze Menge nicht erfasst. Insofern weiß ich nicht. Und dann ist ja auch noch die Frage, Philip, Sondervermögen oder Ausnahme von der Schuldenbremse, die es gäbe, muss ja auch irgendwann mal zurückgezahlt werden.

Philip BansePhilip Banse

Also alleine durch Wirtschaftswachstum wird das wahrscheinlich nicht zu finanzieren sein. 500 Milliarden, die wollen zurückgezahlt werden, zuzüglich Zinsen und 1 % Wirtschaftswachstum bringt so plusminus 10 Milliarden Euro. Ich habe heute Morgen auch im Deutschlandfunk den Vorsitzenden der Jungen Union gehört, der den ganzen Deal kritisiert hat mit diesem Argument Generationengerechtigkeit.

Sein Argument ist, na ja, da werden jetzt enorme Schulden aufgenommen und die Zinsen dafür müssen die nächsten Generationen zahlen. Mein Argument wäre, na, was willst du denn den nächsten Generationen kaputte Schulen, kaputte Brücken, eine marode Bahn und eine scheiß Bundeswehr übergeben? Gerecht ist das doch auch nicht.

Aber sein Argument ist halt, na ja, wenn denn jetzt schon für die nächsten Generationen diese Schulden aufgenommen werden und diese Schulden aufgenommen werden müssen, weil die vergangenen Generationen zu wenig in diese Infrastruktur investiert haben, dann müsste doch mindestens auch die aktuelle Generation sich an diesen Investitionen stärker beteiligen. Und ich finde, da hat er einen Punkt. Und dann fragt man sich, wie kann das aussehen?

Und da würde ich argumentieren, na ja, das kann natürlich zum Beispiel so aussehen, dass die aktuelle Generation sich zum Beispiel über höhere Steuern an diesen Zinslasten beteiligt.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, ich denke auch, wenn man das halbwegs seriös finanzieren will, dann braucht man Steuererhöhungen, die halbwegs belastbar 500 Milliarden, plus natürlich die weiteren Schulden für die Bundeswehr, in den nächsten Jahren in die Kasse bringen. Auf der einen Seite wird dann natürlich dem wieder entgegengehalten, also in der gegenwärtigen konjunkturellen Situation seien Steuererhöhungen absoluter Killer.

Und da würde ich sagen, ja, das ist natürlich absolut richtig, wenn man, keine Ahnung, die Einkommenssteuer erhöhen würde für gering- und mittelverdienende Menschen. Denn damit würde das Geld, das der Staat da abzieht, natürlich unmittelbar bei den Konsumausgaben fehlen. Ärmere und mittelgut finanzierte Menschen natürlich Geld mehr oder weniger komplett ausgeben. Das heißt also, da hätte man dann tatsächlich einen negativen Konjunktureffekt.

Es gibt aber natürlich auch andere Möglichkeiten, Steuern zu erhöhen, die überhaupt keinen negativen Konjunktureffekt haben, sondern ganz im Gegenteil einen positiven Konjunktureffekt, nämlich wenn man quasi an Assets, an Vermögenswerte rangeht, die ansonsten eben gerade nicht in den Konjunkturkreislauf fließen, sondern die im Prinzip in irgendwelchen Depots oder sonst wo vor sich hin wachsen.

Wenn man zum Beispiel die Erbschaftssteuer so reformieren würde, dass sie im Jahr 40 Milliarden Euro einbringt, also was nach Berechnungen des Netzwerks Steuergerechtigkeit relativ einfach möglich wäre, dann würde der Staat dieses Geld einnehmen, könnte damit Schulden tilgen, ohne dass damit irgendwie Geld im Wirtschaftskreislauf fehlen würde.

Und umso mehr gilt das für eine Vermögenssteuer, wenn man sie beschränkt auf große Vermögen, denn das ist ja gerade Geld, das sonst in Depots vor sich hin wächst.

Und wenn der Staat da, keine Ahnung, von großen Vermögen ab meinetwegen 5 Millionen Euro ein oder zwei Prozent mobilisieren würde zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben, dann würde dieses Geld in den Wirtschaftskreislauf fließen und die Konjunktur befeuern und insofern, das wäre also gerade kein negativer Konjunktureffekt, sondern eher ein positiver Konjunktureffekt. Deswegen gibt es harte Kritik an den Plänen von Union und SPD.

Die fehlende Steuerfinanzierung ist nach meiner Meinung in der Diskussion bisher nicht so laut, aber vor allem, dass eben differenziert werden soll zwischen Ausnahme von der Schuldenbremse und Sondervermögen. Das finden viele Kritiker:innen keine gute Idee.

Philip BansePhilip Banse

Die finden halt, dass es ein taktischer Fehler wäre von SPD und Grünen, dem einfach so zuzustimmen. Also einfach zu sagen, na gut, dann machen wir halten ein Sondervermögen und nehmen nicht alles andere auch von der Schuldenbremse aus, weil man damit quasi einen Pfund aus der Hand geben würde, um die Union zu zwingen, wenigstens ein paar Steuererhöhungen dann auch zuzustimmen. Und wir haben es jetzt ja auch

gesagt. Das sind halt jetzt Pläne von Union und SPD, und die wurden so vorgestellt nach dem Motto, wir haben uns geeinigt und so wird das jetzt kommen und die Resonanz ist ja auch tatsächlich da. 500 Milliarden, das ist ja mal eine Hausmarke und Verteidigung von der Schuldenbremse. Außerdem, da geht ja dann auch was. Da ist schon so die allgemeine Auffassung, habe ich so das Gefühl, okay, das ist ein richtiger Wumms, das ist ein Signal, das ist ein

Zeichen. Das ging schnell, die haben sich schnell geeinigt. Dabei wird aber vergessen in meiner Wahrnehmung, dass das alles andere als in trockenen Tüchern ist. Denn auf die Grünen kommt es jetzt an! Natürlich könnte auch die FDP im aktuellen Bundestag noch der Lockerung der Schuldenbremse zustimmen. Da haben aber viele von der FDP schon gesagt, das wird mit uns nicht passieren, wir sind da raus. Wir werden nie einer Lockerung der Schuldenbremse zustimmen. Also läuft es auf die Grünen zu.

Ohne die Grünen können diese Pläne im aktuellen Bundestag nicht umgesetzt werden.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also ohne sie Friedrich Merz keine Mehrheit, keine Zweidrittelmehrheit. Aber das scheint irgendwie nicht in seinen Kopf zu wollen. Jedenfalls hat Friedrich Merz zwar tagelang mit der SPD verhandelt, die Grünen aber bei diesen Überlegungen völlig ignoriert. Gerade so, als hätte er die Stimmen der Grünen im Sack. Weswegen viele an der Spitze der Grünen jetzt total verärgert sind über inhaltliche Fragen, aber vor allem über diesen Verhandlungsstil von Friedrich Merz.

Und da kann man sich die Frage stellen, werden die Grünen diesen Plänen von Union und SPD einfach so zustimmen? Und darüber sprechen wir jetzt mit Jamila Schäfer. Sie ist Mitglied des Deutschen Bundestages aus München, dort bisher Mitglied im Haushaltsausschuss und außerdem Vorsitzende des Bundesfinanzierungsgremiums. Was es damit auf sich hat, klären wir gleich. Bisher ist sie direkt gewählt gewesen. Im Bundestagswahlkreis München Süd.

Im Neuen Deutschen Bundestag wird sie über die Landesliste Bayern für die Grünen wieder drin sein. Ganz herzlich willkommen bei der Lage der Nation, Jamila Schäfer.

Jamila Schäfer

Ja, hallo.

Philip BansePhilip Banse

Frau Schäfer, bevor wir über die Pläne für Sondervermögen und Schuldenbremse sprechen. Sie waren und sind ja noch aktuell Vorsitzende des Bundesfinanzierungsgremiums im Bundestag. Was macht dieses Gremium?

Jamila Schäfer

Ja, das ist ein Unterausschuss des Haushaltsausschusses. Und der beschäftigt sich damit, die Bundesregierung zu kontrollieren beim Thema Schuldenwesen, also bei der Aufnahme von Krediten, aber auch den Auswirkungen auf die Finanzmärkte.

Und wir beschäftigen uns zum Beispiel auch mit den Wirtschaftsstabilisierungsmaßnahmen, die im Rahmen der Corona-Pandemie gemacht worden sind und gucken wir uns auch an, wenn wir Bundesbeteiligung haben, also quasi als Beteiligte, als Bund, in Unternehmen drin sind, welche Auswirkungen das hat und mit welchen Strategien die Bundesregierung da unterwegs ist.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Sie sind also quasi Expertin für die Schulden des Bundes und auch die praktische Anwendung der Schuldenbremse und der Sondervermögen. Kommen wir zu den Plänen der Union und der SPD. Hat Friedrich Merz eigentlich schon bei den Grünen angerufen, um Sie um eine Zustimmung zu seinem Sondierungsdeal mit der SPD zu bitten? Denn ohne die Grünen geht ja nichts im Deutschen Bundestag, wenn man das Grundgesetz ändern will.

Jamila Schäfer

Ja, ohne die Grünen geht nichts. Und deswegen ist es auch ziemlich überraschend, dass wir gestern eigentlich hauptsächlich aus der Presse erfahren haben, was jetzt von den Sondierern aus SPD und Union geplant wird. Es wurde ja auch in der Pressekonferenz überhaupt nicht erwähnt, dass die Grünen auch gebraucht werden, um diese Pläne, die vorgestellt worden sind, überhaupt umzusetzen. Und das finde ich ehrlich gesagt schon eine ziemliche Unverschämtheit.

Es gab einen kurzen Anruf bei unseren Fraktionsvorsitzenden, aber mehr nicht. Und das finde ich schon krass. Finde ich keinen guten Politikstil. Man müsste sich das mal umgekehrt vorstellen. Die Ampel hat ja auch teilweise mit der Union verhandelt in den letzten Jahren, und da haben wir eigentlich immer viel früher das Gespräch gesucht. Und ich finde, das, ehrlich gesagt, reiht sich ein in ein paar unnötige Dinge, die wir auch im Wahlkampf erlebt haben.

Da haben sich ja Merz und Alexander Dobrindt, mit dem ich jetzt als bayerische Spitzenkandidatin immer wieder in den Talkshows saß, ja immer wieder darauf berufen, dass alle notwendigen Investitionen sich mit Kürzungen bei Bürgergeld oder bei Geflüchteten oder im Gebäudeenergiegesetz stemmen ließen. Und jetzt auf einmal kommen sie mit derartigen Plänen um die Ecke. Das ist schon ziemlich

unehrlich. Und da würde ich mir schon einen ehrlicheren Umgang auch mit den Wählerinnen und Wählern wünschen, aber natürlich auch mit uns Grünen in diesen Verhandlungen.

Philip BansePhilip Banse

So, und nun liegt das also auf dem Tisch. Wir hätten es gern per Telefon erfahren und gerne was dazu gesagt. Jetzt haben Sie es aus der Presse erfahren und im Fernsehen sich anschauen können. Was sagen Sie denn nun zu diesen Vorschlägen, zu diesem Deal zwischen Union und SPD?

Jamila Schäfer

Ja, also inhaltlich finde ich erst mal problematisch, dass die militärische Verteidigung alleine aus der Schuldenbremse herausgenommen werden soll, also der Einzelplan 14, das sind sozusagen die Ausgaben für die Bundeswehr. Aber Sicherheit ist ja noch viel mehr als militärische Verteidigung. Sicherheit ist zum Beispiel auch Zivilschutz, also zum Beispiel die Investitionen ins Technische Hilfswerk oder in das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.

Cybersicherheit ist auch ganz wichtig, auch gerade in dieser ehrlicherweise hybriden Kriegsführung, in der wir schon längst drinstecken. Da haben wir massive Investitionsbedarfe, die sind gar nicht berücksichtigt. Und auch bei der Frage Satelliten. Wir sind sehr abhängig momentan von Satelliten, die auch Elon Musk stellt. Und deswegen müssen wir da auch uns unabhängiger machen. Und das bedeutet, ziemlich viel Geld in die Hand nehmen zu müssen. Also das kommt mir viel zu kurz.

Und dann natürlich Klimaschutz. Klimaschutz gehört auch zu einem sicheren Staat dazu. Die Klimakrise ist eine enorme Sicherheitsbedrohung. Und deshalb würde ich schon richtig finden, wenn wir die Schuldenbremse schon reformieren, dass wir die Ausgaben in diesem Bereich auch ausnehmen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Aber was ist denn jetzt der entscheidende Unterschied zwischen einer Änderung an der Schuldenbremse und einem Sondervermögen? Immerhin sollen jetzt ja 500 Milliarden ausgegeben werden für Infrastrukturmaßnahmen. Reicht das nicht?

Jamila Schäfer

Nein. Also das Sondervermögen soll ja jetzt angelegt sein auf zehn Jahre mit diesen 500 Milliarden Euro ausgestattet. Das Problem ist natürlich, klar ist das erst mal viel Geld und da sind auch wichtige Dinge drin. Klimaschutz ist übrigens nicht mit berücksichtigt, was auch einigermaßen fahrlässig ist. Aber selbst wenn man das jetzt da noch mit reinpacken würde, hätte man trotzdem eine sehr zeitlich begrenzte Budgetierung des Ganzen.

Und meine Sorge ist eben, wenn wir jetzt einmal die Möglichkeit haben, die Schuldenbremse zu reformieren, warum sollten wir es nicht dann mit einem umfassenden Sicherheitsbegriff machen, der eben auch mit einkalkuliert, dass die Klimakrise eine Sicherheitsbedrohung ist? Und genau deshalb wäre das der bessere Weg, um eben auch nach diesen zehn Jahren, wo die Klimakrise ja ehrlich gesagt noch da sein wird, leider, eben auch noch zu beantworten ist.

Und wenn man das jetzt nicht macht, macht man sich eben dauerhaft abhängig davon, verfassungsändernde Mehrheiten für eine immer Wiederaufladung dieser Sondervermögen hinzubekommen und macht sich eben auch abhängig von Populisten. Und wir wissen ja, dass die nicht nur die Bedrohung durch den Kreml teilweise leugnen, sondern auch die Klimakrise.

Philip BansePhilip Banse

Also um das jetzt auf den Punkt zu bringen. Das, was jetzt auf dem Tisch liegt, die Zeit drängt ja. Da ist ja jetzt nicht so viel Zeit. Werden Sie dem zustimmen?

Jamila Schäfer

Nein, so, so nicht. Wir werden jetzt natürlich aber in Verhandlungen gehen müssen, weil die Sicherheitslage ist einfach sehr bedrohlich und wir müssen etwas tun. Aber aus meiner Sicht ist es eben wichtig, eine sinnvolle Lösung zu finden, die auch nachhaltig ist. Und jetzt nicht schnell, schnell einfach mal was für den Einzelplan

14 zu machen. Ich habe da auch ehrlich gesagt schon Kritik von den anderen Sicherheitsbehörden gehört, dass dieser eng geführte Sicherheitsbegriff wirklich nicht dazu beiträgt, unser Land wirklich dauerhaft krisenfest zu machen. Und genau darum wird es jetzt natürlich in den Verhandlungen auch für uns gehen, eine Lösung zu finden, die das deutlich macht.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, Stichwort Lösung, die das deutlich macht. Wie würden Sie sich das vorstellen? Würden Sie weitere Ausnahmen von der Schuldenbremse analog zu diesen Vorschlägen jetzt zur Finanzierung von Verteidigungsausgaben vorschlagen?

Jamila Schäfer

Genau. Also man könnte eben zum Beispiel darauf hinwirken, dass auch Themen wie Cybersicherheit und Zivilschutz mit in die Definition von Sicherheit aufgenommen wird und nicht nur der Einzelplan 14 plus eben Klimaschutz auszunehmen, weil das eben auch eine Sicherheitsbedrohung ist, die massive Investitionsbedarfe mit sich bringt und eben Investitionen in dem Bereich, um zum Beispiel energieunabhängiger zu werden, ja auch direkt mit dieser Bedrohung durch Putin zu tun hat und

noch dazu dazu beiträgt, dass wir uns wirtschaftlich stabilisieren können, wenn wir zum Beispiel durch Investitionen in unsere Energienetze, die dann auch kreditfinanziert möglich sind, die Strompreise senken und auch wettbewerbsfähiger werden. Und wir werden natürlich auch eine starke Wirtschaft brauchen, um die Schulden dann wieder zurückzuzahlen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, Ich frage mich gerade, was ist denn dann mittelfristig mit der Infrastruktur? Die wäre ja bislang nur insoweit erfasst von der Ausnahme aus der Schuldenbremse, als sie sich als Verteidigungsinfrastruktur definieren ließe. Sie haben gerade schon Cybersicherheit und Zivilschutz diskutiert. Aber was ist denn beispielsweise mit der Verkehrswende? Also wir gehen ja davon aus, dass der Investitionsbedarf in die Infrastruktur in Deutschland heute schon etwa 600 Milliarden beträgt.

Und das ist eine Zahl, die auch von wirtschaftsnahen Instituten geäußert wird. Das heißt also, die 500 Milliarden reichen im Grunde schon nicht, um das auszugleichen, was jetzt kaputt ist. Und deswegen frage ich mich, müsste denn nicht auch Infrastruktur da zukunftssicher ausgenommen werden von der Schuldenbremse?

Jamila Schäfer

Ja, also eigentlich wäre es natürlich sinnvoll, die Dinge, die jetzt in diesem Sondervermögen vorgeschlagen werden, auch bei einer Schuldenbremsenreform mitzudenken. Also da hat die Koalition, die jetzt gerade am Entstehen ist, ja aufgeschrieben Zivil- und Bevölkerungsschutz, Krankenhausinvestition, Investitionen in Bildungs-, Betreuungs- und Wissenschaftsinfrastruktur.

Das wäre natürlich die ideale Lösung, das auszunehmen, weil man ja auch endlich mal eine Unterscheidung braucht, was sind eigentlich Investitionen und was sind wirklich konsumtive Ausgaben, die eben nicht dazu beitragen, dass direkt die Konjunktur stärker wird. Aber gerade Bildungsausgaben oder Infrastrukturausgaben tragen ja dazu bei und sollten deswegen auch immer möglich sein, auch über kreditfinanzierte Maßnahmen. Die Frage ist natürlich am Ende, kriegen wir das hin und sind da alle an Bord?

Die SPD und die Union haben sich ja darauf geeinigt, dass man Ende des Jahres noch mal zu einer umfassenderen Schuldenbremsenreform kommt. Es wäre natürlich gut, das auch da zu besprechen. Ich befürchte aber auch ehrlich gesagt, dass wenn man jetzt erst mal an manchen Stellen den Druck rausnimmt, dann vielleicht so eine Reform, wo man ja auch noch mal auch die Linke mit dabei haben muss, auch die CSU mit dabei

haben muss. Also von CSU bis Linke einen demokratischen Konsens finden muss, dass je mehr Bereiche man vorher schon in einer Minireform rausnimmt, desto unwahrscheinlicher wird der große Wurf. Die Frage ist aber natürlich auch, ob wir den großen Wurf jetzt in dieser kurzen Zeit hinbekommen. Und genau das muss jetzt natürlich diskutiert werden.

Philip BansePhilip Banse

Okay, prima. Jamila Schäfer von den Grünen, Mitglied im Haushaltsausschuss, zur Frage, ob die Grünen diesem Deal zustimmen können zwischen SPD und Union. Vielen Dank für Ihre Zeit.

Jamila Schäfer

Dankeschön.

Philip BansePhilip Banse

Also so wie ich sie verstehe, läuft es, glaube ich, darauf hinaus, die Grünen werden dem, was da jetzt vorgelegt wird, einfach so nicht zustimmen. Sie werden darauf hinwirken wollen und darauf hinarbeiten, dass mehr von der Schuldenbremse ausgenommen wird als dieser Einzelplan 14, also als der Haushalt des Bundesverteidigungsministeriums.

Sie wollen rein verhandeln in die Aufnahme der Schuldenbremse etwas, was sie unter so einem größeren Begriff von Sicherheit subsumieren, also auch Infrastruktur, also auch Cybersicherheit, also auch bestimmte Klimaschutzmaßnahmen, Ausbau, Umbau der Energienetze etc., weil sie sagen, auch das zahlt auf die Sicherheit ein. Auch das muss von der Schuldenbremse ausgenommen werden. Ich glaube aber, sie können sich am Ende nicht wehren.

Sie werden sich am Ende nicht hinstellen können und sagen, wir stimmen dem nicht zu, weil da, weiß ich nicht, der Ausbau der Stromnetze nicht von der Schuldenbremse ausgenommen ist. Sie werden irgendwas kriegen müssen. Aber wenn sie irgendwas kriegen, dann stimmen sie dem zu, oder was denkst du?

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, ich glaube, das wird so ähnlich laufen. Es bleibt natürlich spannend, wie sich die Grünen jetzt genau positionieren werden, auch welche Gegenleistungen da noch geliefert wird, quasi von Union und SPD, insbesondere von der Union, also mit der SPD kriegen die Grünen da glaube ich wenig Stress. Aber in der Union, muss man sagen, rumort es ja schon angesichts der bisherigen Zugeständnisse, die Friedrich Merz quasi den Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen gewährt hat.

Da finden schon einige, das sei viel zu wenig schwarze Handschrift. Und jetzt wird aber noch mehr geliefert werden müssen, damit die Grünen an Bord sind. Also auch das war vielleicht nicht so geschickt von Friedrich Merz, das quasi in zwei Etappen zu verhandeln. Jetzt muss er nämlich quasi zweimal Zugeständnisse machen. Erst den Roten, dann den Grünen. Gut, aber auf der anderen Seite, du hast es gesagt, die Grünen stehen natürlich auch enorm unter Druck.

Infrastruktur ist natürlich auch für die Verkehrswende zentral. Und wenn da jetzt so 500 Milliarden für Infrastruktur quasi auf dem Tisch liegen, da einfach zu sagen, nehmen wir nicht, ist schwierig. Und sicherlich wollen die Grünen auch nicht in den Verdacht geraten, sie würden Deutschlands Sicherheit gefährden. Das muss man ja auch

immer sehen. Andererseits geben sie eben mit einer Zustimmung zu diesem Paket jetzt das Druckmittel aus der Hand, um so quasi eine grundsätzliche Reform der Schuldenbremse zu erreichen, insbesondere auch für Investitionen in Infrastruktur. Also an diesem Punkt, finde ich, hat die Union schon taktisch sehr geschickt verhandelt, jetzt quasi so ein etwas vergiftetes Angebot zu machen. Sie bieten ein riesiges Paket für Infrastruktur, aber mit hartem Deckel.

Im Gegenzug würde die Union, wenn das so durchkommt, einen völlig unbegrenzten Scheck für Verteidigungsausgaben in die Hand bekommen.

Philip BansePhilip Banse

Ja, aber nun muss man auch sagen. Nun sind die Grünen halt demnächst auch in der Opposition und sie haben es halt in der Ampel nicht hingekriegt. Auch natürlich durch den Widerstand von FDP und auch der Union nicht hingekriegt, die Schuldenbremse wirklich nach ihren Vorstellungen zu reformieren.

Und ich würde sagen, wenn sie das jetzt so hinkriegen und wenn sie da noch ein bisschen reinverhandelt kriegen, dass die Schuldenbremse gelockert wird und sie doch ein relativ große Sondervermögen von 500 Milliarden immerhin bekommen. Ich glaube, damit lässt sich in Deutschland schon einiges bewegen. Das darf man ja auch nicht aus dem Auge verlieren, oder? Ich meine, das ist schon ein-

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Aber ich glaube, Philip, das ist echt die Frage der Perspektive. In den nächsten 5 bis 10 Jahren lässt sich mit den 500 Milliarden natürlich der Teufel tanzen lassen. Aber die Frage ist ja, wird danach dann wieder alles verrotten, so wie bisher die letzten 20 Jahre? Also das ist, glaube ich, wirklich die Frage, welchen Horizont hat man

vor Augen? Und wir haben ja in unserem Infrastrukturkapitel in unserem Buch "Baustellen der Nation" genau dieses Problem deutlich gemacht, dass politisch verantwortliche Personen eben ein großes Interesse haben, kurzfristig was zu reißen und dabei die langfristigen Aufgaben häufig so ein bisschen aus dem Blick geraten.

Also insofern, ich persönlich hoffe sehr, dass also zum einen die Grünen es schaffen werden, wichtige Teile der Infrastruktur, sage ich jetzt mal, noch unterzubringen, in der Ausnahme von der Schuldenbremse. Aber dass sie vor allem auch mal den Gedanken von Steuererhöhungen wirklich stark machen. Denn wie gesagt, die Gegenfinanzierung war ja bislang überhaupt gar nicht Thema zwischen Union und SPD. Sie ist aber aus meiner Sicht für eine seriöse Reform absolut zwingend.

Wir können jetzt nicht nur 500 Milliarden plus die Verteidigungsausgaben, also keine Ahnung, irgendwann 1000 Milliarden Schulden anhäufen. Und auf der anderen Seite aber überhaupt nicht drüber nachdenken, wie das Geld wieder reinkommen soll. Denn über eine positive Konjunkturentwicklung kann man nur ein Bruchteil davon refinanzieren.

Philip BansePhilip Banse

Aber jetzt muss man auch sagen, jetzt haben die gerade angefangen. Das ist noch nicht mal richtig offiziell Koalitionsgespräch. Das ist ein Anfang der Sondierungsgespräche. Sie haben die Finanzierung und die Ausgaben jetzt mal vor die Klammer gezogen, um so ein Zeichen zu setzen, um ein Signal zu setzen. Ich finde, das ist ihnen gelungen. Und jetzt muss man halt mal abwarten, was der Rest so bringt.

Natürlich wird die SPD der Union da jetzt auch entgegenkommen müssen, weil in meinen Augen die Union sich hier schon sehr weit bewegt hat. Also ja, die Schuldenbremse existiert weiter. Aber es gibt doch eine ziemlich große Lücke. Außerdem gibt es ein sehr großes Sondervermögen, fünfmal so groß wie das für die Bundeswehr, für Infrastruktur. Also da haben sich die Sozis, glaube ich, schon erst mal durchgesetzt.

Und im Sinne einer vertrauensvollen Zusammenarbeit, glaube ich, wäre es jetzt halt schon wichtig, ob man das jetzt inhaltlich gut findet oder nicht, dass die Sozialdemokraten auch sagen okay, Union Merz, du hast dich da bewegt, jetzt bewegen wir uns ohne lange Debatten in bestimmten anderen Punkten, um eben Merz auch innerhalb der Union den Rücken zu stärken. Ich glaube, das ist jetzt schon im Sinne einer vertrauensvollen Zusammenarbeit der nächste Schritt.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, das kann man auf jeden Fall so sagen. Und generell, du hast es jetzt schon mehrfach angedeutet, ist ja letztlich auch die Performance von Merz absolut entscheidend dafür, wie das jetzt weitergeht. Also er muss die kommende Bundesregierung zusammenhalten, er muss aber auch Mehrheiten im Bundesrat organisieren. Das muss man ja auch noch mal sagen, da kommen wir gleich noch ausführlicher dazu. Er muss auch in Europa Führungsstärke beweisen, einen starken und deutschen Beitrag leisten.

Und dazu braucht es Wissen, taktisches Geschick, Flexibilität, Prinzipientreue, kommunikatives Können. Also wirklich, ehrlich gesagt auch ganz viele Dinge, die bei Olaf Scholz gefehlt haben. Insofern liegt die Latte quasi im unmittelbaren Vergleich zu seinem Vorgänger nicht so wahnsinnig hoch. Auf der anderen Seite, die objektiven Anforderungen sind extrem hoch und Philip, wie blickst du da jetzt auf seinen, auf seinen Start nach der Bundestagswahl?

Philip BansePhilip Banse

Also, wie sagt man. Zwei Gedanken, glaube ich, kann man dazu haben. Das eine ist, offensichtlich hat Friedrich Merz eine 180 Grad Wende durchgeführt. Er hat vor der Bundestagswahl mehr oder weniger klar gesagt, nein, Reform der Schuldenbremse wird es nicht geben. Er hat schon immer wieder angedeutet. Man kann drüber reden. Aber so richtig reinen Wein hat er den Leuten einfach nicht

eingeschenkt. Ich glaube, die meisten haben die Union in dem Glauben gewählt, dass die Schuldenbremse von der Union verteidigt werden wird. Auch die Union, auch Friedrich Merz muss vor der Bundestagswahl gewusst haben, wir werden diese ganzen Finanzierungen nicht stemmen können, ohne diese Schuldenbremse aufzubohren.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das war nun wirklich jedem klar. Ganz ehrlich. Es war allen klar, dass Friedrich Merz keine Bundesregierung gründen kann, ohne substanziell die Einnahmensituation zu verbessern. Haben wir in der Lage quasi jede Woche gesagt. Und es wussten auch wirklich alle, dass die Schuldenbremse nach der Bundestagswahl Geschichte sein wird.

Also für mich wirkt es, oder auf mich wirkt es ehrlich gesagt so, als komme jetzt diese außenpolitische Eskalation der letzten Tage Friedrich Merz eigentlich ganz gelegen, weil sie halt ein guter Grund ist. Man kann schon fast sagen, jedenfalls partiell auch ein guter Vorwand ist, um diese Schuldenbremse sofort jedenfalls im Bereich Verteidigung abzuräumen. In vielen, vielen anderen Bereichen bleibt sie ja formal in Kraft.

Dafür haben wir dort aber ein Mega Sondervermögen, was sicherlich jetzt auch nicht die reine Unionslehre vor der Bundestagswahl war.

Philip BansePhilip Banse

Richtig. Und jetzt kann man natürlich argumentieren, Friedrich Merz ist halt ein Realist. Er schaut sich die Realität an und ist bereit umzusteuern, ist ein Pragmatiker und findet mit der SPD Lösung. Würde ich sagen, ja, so kann man das sehen, aber gerade auch mit Hinblick auf die Anforderungen an ihn in den nächsten vier Jahren, ist natürlich auch so was wie Rückgrat und Prinzipientreue und Verlässlichkeit gefragt.

Und da habe ich schon so ein bisschen meine, hab ich schon so ein bisschen Bedenken. Also wenn der schon wissend vor der Bundestagswahl, das muss man einfach unterstellen, wissend vor der Bundestagswahl, dass nach der Bundestagswahl die Schuldenbremse aufgebohrt wird, in den Wahlkampf geht und sagt, na ja, Schuldenbremse also das wollen wir eigentlich eher nicht anfassen, dann weckt das schon so ein bisschen Zweifel, was seine Aussagen jetzt für die nächsten Jahre angeht.

Stärkung der Bundeswehr, Integration in Europa usw. und Unterstützung für die Ukraine.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ich weiß nicht.

Philip BansePhilip Banse

Wie sehr kann man sich darauf verlassen?

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also ich würde ich würde sagen, also ich halte das für einen etwas unfairen Vergleich. Ich nehme ihm ab, dass er ernst meint, was er sagt zum Thema europäische Integration, Ukraine, Bundeswehr. Das glaube ich ihm hundertprozentig. Ich glaube eigentlich eher, dass diese offensichtliche Wahlkampflüge zum Thema Schuldenbremse taktisch motiviert war, um einfach Menschen davon abzuhalten, FDP zu wählen. Hat ja auch geklappt. FDP unter der 5 % Grenze.

Die Union hat offensichtlich diese Stimmen weitgehend auf sich vereinen können. Und jetzt räumt er das halt ab. Da würde ich, da finde ich persönlich die Beschreibung als nicht prinzipientreu problematisch. Es ist halt einfach unehrlich. Er hat die Leute halt angelogen. Aber es war eigentlich von vornherein klar, dass die Position der Union auf diesem Feld einfach nicht mehr von dieser Welt ist.

Ich finde eigentlich heikler als die Frage Prinzipientreue die Frage, wie steht es denn um sein taktisches Geschick?

Philip BansePhilip Banse

Und Kommunikationsfähigkeiten und so.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Taktisches Geschick, kommunikative Fähigkeiten. Genau. Also er hat sich mit der SPD Spitze jetzt relativ smooth geeinigt. Es hat fünf Tage gedauert, jetzt gibt es erst mal eine Einigung. Das ist eine große, ein großer Sieg der SPD Spitze. Denn natürlich hat die Union ja auch eine Menge Konzessionen gemacht. Lars Klingbeil und Saskia Esken dürften gestärkt aus diesen Verhandlungen gehen, dürften jetzt insbesondere parteiintern fest im Sattel sitzen.

Also Lars Klingbeil hat sich ja eh schon den Fraktionsvorsitz im Bundestag gesichert. Aber Saskia Esken galt vielen noch so ein bisschen als zum Abschuss freigegeben. Das, denke ich, dürfte jetzt wohl vorbei sein, nachdem ja auch sie diesen Verhandlungserfolg mit erzielt hat. Aber es war von Friedrich Merz, denke ich, ein schwerer taktischer Fehler, nur mit der SPD zu verhandeln und dann schon vor die Presse zu treten. Also ihr habt eben gehört, wie das bei den Grünen

angekommen ist. Jamila Schäfer war ja offensichtlich sauer und da wird sie nicht die einzige sein bei den Grünen. Man kann sich einfach nicht vor die Presse stellen, so tun, als sei ein Ergebnis quasi schon beschlossene Sache. Das ist eine maximale Provokation der Grünen. Da sieht man aus meiner Sicht sehr deutlich, dass Friedrich Merz einfach noch nicht in der Realität der bundesdeutschen Konsensrepublik angekommen

ist. Und was ja sowohl Friedrich Merz als auch soweit ich sehen kann, der Rest der Presselandschaft völlig übersehen hat, ist natürlich mal wieder die Situation im Bundesrat. Denn da wird es ja noch komplizierter.

Philip BansePhilip Banse

Denn selbst wenn er jetzt irgendwie die Grünen im Bundestag an Bord kriegt, weil er ihnen irgendwie ein paar Konzessionen macht und ein paar mehr Aspekte von der Schuldenbremse ausnimmt, dann reicht es im Bundesrat trotzdem nicht für eine Zweidrittelmehrheit. Die FDP wird auf gar keinen Fall mitmachen, das ist einfach mal klar. Die sind jetzt schon auf 180. Das BSW, weiß sie nicht. Also sicher ist es auf keinen Fall.

Eher ein Fragezeichen, weil die natürlich gegen eine Unterstützung der Ukraine sind und gegen Aufrüstung und gegen mehr Waffen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also die sind Team Putin, ist doch klar. Ist doch klar, die sind so klar Team Putin. Also ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass das BSW irgendwas mitträgt, was nach Waffen riecht.

Philip BansePhilip Banse

So also bleibt im Bundesrat eigentlich nur Zustimmung der Linken oder die Freien Wähler. Eine von diesen beiden Parteien muss Friedrich Merz in den Ländern gewinnen, damit die sich dort nicht enthalten, sondern einer Grundgesetzänderung oder mehrerer Grundgesetzänderungen im Bundesrat über ihre Landesregierung zustimmen. Und da ist die Frage: hat er mit denen gesprochen? Es ist nicht bekannt.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Es sieht jedenfalls nicht so aus. Und es ist natürlich ganz schwer zu prognostizieren, was Linke und Freie Wähler letztlich machen werden. Was die Linkspartei angeht, hören wir so im Hintergrund, wie das so schön heißt, aus Berliner Kreisen, Spitzenkreisen. Da gibt es eine grundsätzliche Bereitschaft, auch eine Grundgesetzänderung mitzutragen, selbst wenn da dann unterm Strich mehr Geld für Waffen ausgegeben wird. Sofern, sofern tatsächlich eine substantielle Lockerung der Schuldenbremse dabei

herauskommt. Ob diese Lockerung nur für Verteidigungsausgaben reicht, um die Linken zu bezirzen, da habe ich große Zweifel. Und ansonsten blieben nur noch die Freien Wähler, damit das Bundesland Bayern zustimmen kann im Bundesrat. Und die haben bislang auch immer ganz dogmatisch an der Schuldenbremse festgehalten. Aber das könnte vielleicht noch so eine Hintertür sein. Insbesondere nämlich mit dem Argument, dass ja viele der dann möglichen Rüstungsinvestitionen auch ins Bundesland Bayern fließen

würden. Also man könnte sich vorstellen, dass die Freien Wähler zustimmen mit dem Argument, dann stärkt das die bayerische Rüstungswirtschaft. Und dann hätte Friedrich Merz im Bundesrat seine Zweidrittel beisammen, auch ohne die Linkspartei. Also es sind spannende Zeiten. Aber ich finde einfach so, ich finde einfach so spannend, dass Friedrich Merz das ganz offensichtlich nicht auf dem Zettel hat und dass er diese Leute nicht einbindet.

Und deswegen ist so die Diskussion hier um diese schnelle Einigung zwischen Union und SPD auch ein Stück weit heiße Luft, solange keine Mehrheit im Bundesrat steht.

Philip BansePhilip Banse

Ich meine, auch eine irgendwie interessante Fußnote. Diese, die wie du das nennst, diese Konsensrepublik Deutschland ist ja, selbst wenn es mit dieser Änderung des Grundgesetzes in dem aktuellen Bundestag nicht klappen sollte und diese Grundgesetzänderung dann irgendwie von dem neu gewählten Bundestag gemacht werden sollte. Auch dann müsste sich Friedrich Merz ja mit den Linken auseinandersetzen. Dann braucht er sie nicht nur im Bundesrat, dann braucht er sie auch im Bundestag.

Aber so oder so muss er sich irgendwie auf die Linken zubewegen. Trotzdem glaube ich, wäre es unterm Strich auch so als Symbol, als Signal der schnellen Reaktion und Handlungsfähigkeit, schon gut, wenn das noch jetzt irgendwie im März, bis zum 25. März durch den noch bestehenden alten Bundestag durch ginge. Wir sind gespannt und bleiben dran.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und damit ist die Lage der Nation für diese Woche abschließend und umfassend erörtert. Wir danken für euer Interesse. Wir sind ganz bald schon wieder da. Wie gesagt, Freitag und Sonntag nehmen wir eine Lage live auf. Die erscheint dann Montag. Da habt ihr sie dann in euren Hörgeräten. Aber bevor wir euch entlassen in den Rest der Woche, ins Wochenende, brauchen wir mal wieder eure Hilfe.

Philip BansePhilip Banse

Ja, wir haben leider wieder eine Reihe von schlechten Bewertungen aus der ganz rechten Ecke bekommen. Also Menschen, die sich über unsere Berichterstattung zu den Anschlägen in Aschaffenburg und München aufregen. Und da wären wir natürlich sehr dankbar, wenn ihr da etwas gegenhalten und gegensteuern könntet. Also wenn euch die Lage gefällt, schreibt einfach mal einen netten Satz in der App eures Vertrauens, also da, wo ihr vielleicht diesen Podcast hört.

Und wenn ihr das in der Vergangenheit vielleicht schon mal gemacht habt, dann nehmt doch einfach euren Kommentar und schickt ihn nochmal ab, denn ältere Kommentare rutschen da sehr schnell sehr weit nach unten und sind dann kaum noch zu sehen und tragen nicht mehr zur Ausgewogenheit bei. Also bitte, wenn ihr uns einen Gefallen tut und die Lage mögt, dann äußert euch doch mal in diesen Apps.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und damit macht es gut. Einen schönen Rest der Woche. Ein schönes Wochenende. Viele von euch sehen wir in Stuttgart und Köln. Alles Liebe, alles Gute. Bis bald.

Philip BansePhilip Banse

Bis dahin alles Gute. Tschüss.

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