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Gesellschaftsordnung unter Druck - Die neue Rolle von Religion in Deutschland

Feb 20, 20251 hr
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Ein Vortrag der Soziologin Annette Schnabel
Moderation: Katrin Ohlendorf

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Immer weniger Menschen in Deutschland wollen Teil einer Glaubensgemeinschaft sein. Religiosität verschwindet deswegen aber nicht, sagt die Soziologin Annette Schnabel. Religiöse Vielfalt nehme zu. Das fordere auch die Gesellschaftsordnung heraus.

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Annette Schnabel ist Soziologin. Sie lehrt an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Ihren Vortrag mit dem Titel: "Die veränderte Rolle von Religion in Deutschland" hat sie am 9. Januar 2025 im Rahmen der interdisziplinären Vorlesungsreihe "Die Macht von Überzeugungen. Weltanschauungen, Ideologien, Glaubenssysteme" gehalten, eine Veranstaltung im Rahmen des Studiums Generale der Universität Mainz.

+++ Deutschlandfunk Nova +++ Hörsaal +++ Vortrag +++ Religion +++ Religiosität +++ Glauben +++ Kirche +++ Evangelisch +++ Katholisch +++ Christlich +++ Mitgliederschwund +++ Gemeinschaft +++ Gemeinde +++ Gesellschaft +++ Christentum +++ Volkskirche +++ Islam +++ Judentum +++ Hinduismus +++ Buddhismus +++ Spiritualität +++ Beten +++ Gebet +++ Achtsamkeit +++ Weltanschauung +++ Pluralität +++ Diversität +++ Säkularität +++ Entkirchlichung +++ Atheismus +++ Agnostik +++ Grundgesetz +++ Verfassung +++ Freiheitsrechte +++ Religionsfreiheit +++ Weltanschauungsfreiheit +++ Religiöse Praxis +++ Religionssmonitor +++

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Ihr hört in diesem Hörsaal:

00:00:00 - Einführung

00:03:02 - Vortragsbeginnn

00:19:29 - Theorie: Was ist eigentlich Religion?

00:21:43 - Empirie: Wie steht es um Religion und Religiosität in Deutschland

00:32:52 - Sozialisation: Ursachen für Religiosität in Deutschland

00:36:06 - Einstellungen gegenüber Religion und religiöser Pluralisierung 

00:40:19 - Schlussfolgerungen: Gesellschaftliche Konsequenzen

00:54:38 - Fazit

00:58:11 - Vorschau auf die nächste Hörsaal-Folge: Verschwörungsmythen als (Ersatz-)Religionen

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Quellen aus der Folge:

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Mehr zum Thema bei Deutschlandfunk Nova:

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Den Artikel zum Stück findet ihr hier.

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Transcript

Deutschlandfunk Nova. Deine Podcasts. Hörsaal. Und diesmal bin wieder ich für euch im Hörsaal, Katrin Ohlendorf. Willkommen. Und ich stelle euch direkt mal ein paar ganz persönliche Fragen. Wie ist das mit der Religion bei euch? Also glaubt ihr, seid ihr religiös? Seid ihr Mitglied in einer Kirche oder religiösen Gemeinschaft? Und praktiziert ihr euren Glauben?

Wenn man diese Fragen in Deutschland stellt, dann bekommt man sehr, sehr viele unterschiedliche Antworten und mit den Jahren sind die auch immer unterschiedlicher geworden. Die einen finden das auch gut, dass unsere Gesellschaft viel bunter geworden ist, auch was Glauben angeht. Ja, andere eher nicht. Überraschung. Das hat sich auch mal wieder in den Debatten im Kontext des Wahlkampfs gezeigt. Bleiben wir aber bei der Religion.

Der Anteil derjenigen unter uns, die sich keiner Religionsgemeinschaft zugehörig fühlen, der nimmt immer weiter zu. Die beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland, die evangelische und die katholische, verlieren immer mehr Schäfchen. Das alles bedeutet aber nicht, lernen wir gleich, dass Religion und Religiosität aus unserer Gesellschaft verschwinden. Wir werden nur vielfältiger.

Aber so richtig gut vorbereitet auf mehr religiöse Vielfalt sind unsere Gesellschaft und unsere Gesellschaftsordnung offenbar nicht. Religion ist nicht nur Überzeugung, Religion hat auch was mit Tun zu tun. Dazu kommt, Religion ist auch nicht nur Überzeugung, sondern Identität. dass wir jetzt nicht mehr in einem religiös homogenen Land leben, sondern es viele verschiedene religiöse Überzeugungssysteme gibt. Daraus entstehen neue Konflikte.

Natürlich müssen wir auch als Gesellschaft entscheiden. Geht es um Religion? Um die Toleranz? Oder ist es ein politisches Moment? Ist das eine Bedrohung? Was bedeutet das eigentlich, wenn wir in einer religionspluralen Gesellschaft leben? Ja, diese Frage beantwortet gleich Annette Schnabel für uns. Sie ist Professorin für Soziologie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Und sie stellt uns gleich empirische Untersuchungen zur Religionszugehörigkeit vor und stellt dann Überlegungen unter anderem dazu an, was es für unser soziales und politisches Zusammenleben heißt, wenn Menschen in Deutschland Glaubensvielfalt nicht als Bereicherung sondern als Bedrohung wahrnehmen. Und welche Folgen es hat, dass die beiden traditionell großen Kirchen, die ja mitgedacht waren, als Deutschland sich 1949 eine neue Ordnung gab, an Bedeutung verlieren.

Ihr Vortrag heißt Die veränderte Rolle von Religion in Deutschland. Aufgenommen wurde er am 9. Januar 2025 im Rahmen der interdisziplinären Vorlesungsreihe Die Macht von Überzeugungen. Weltanschauungen, Ideologien, Glaubenssysteme. Eine Veranstaltung im Rahmen des Studiums Generale der Uni Mainz war das. So, und jetzt also zur Gretchenfrage im ganz ursprünglichen Sinne. Wie halten wir es mit der Religion?

Ich werde Sie heute mit ein paar Zahlen aus dem aktuellen Religionsmonitor, jetzt hätte ich beinahe gesagt, quälen. Ich hoffe nicht, dass es eine Qual ist, aber es geht natürlich auch ein bisschen darum, Daten und Fakten. mal zusammenzutragen und gegen Eindrücke und Meinungen zu setzen.

Und da möchte ich gleich beginnen mit der Beobachtung. Im Jahr 2022 ist erstmals in der Kirchengeschichte, in der gesamten Kirchengeschichte Deutschlands weniger... als 50 Prozent der Bevölkerung in einer der beiden Volkskirchen Mitglied gewesen. Das ist das Ergebnis eines längeren, andauernden Trends, den wir schon seit einiger Zeit beobachten können, einem Trend der Entkirchlichung. Daraus erwächst natürlich die Frage, ist Deutschland auf dem Weg?

ein säkularisiertes Land zu werden? Wie verhält es sich genau? Und ich kann natürlich schon ein kleines bisschen spoilern an dieser Ecke, ein Blick auf die empirische Zusammensetzung der religiösen Landschaft Deutschlands zeigt. dass Entkirchlichung nur ein Teil der Geschichte, nur ein Teil der Wahrheit ist. Und jetzt kommen auch schon die ersten Daten. Er hat Daten erhoben im Jahr 2022. 2023 ist er dann erschienen. Und hier zeigt sich folgende Verteilung.

Etwa 50 Prozent der Befragten bezeichnen sich als einer christlichen Religionsgemeinschaft zugehörig. 8,5 Prozent sagen, sie seien muslimisch. Damit ist der Islam die drittgrößte Religionsgemeinschaft in Deutschland. Wir haben etwa 0,3 Prozent Jüdinnen und Juden. Ein Prozent der Personen sagen, sie seien... dem Buddhismus zugehörig oder anhängig. Und der Hinduismus macht in Deutschland 1,3 Prozent aus. Nur 35 oder schon 35 Prozent, je nachdem von welcher Seite aus man es betrachtet.

bezeichnen sich als nicht-konfessionell, nicht-religionsgemeinschaftlich gebundene Personen. Der Religionsmonitor, um das einzuordnen, ist hier ein Spiegel dessen, was wir auch aus anderen Quellen der Erhebung von religionsgemeinschaftlicher Zugehörigkeit wissen. Es ist nicht ganz einfach, die religionsgemeinschaftliche Zugehörigkeit von Menschen zu erfassen, weil nur die christlichen Kirchen tatsächlich darüber Buch führen, nämlich Kirchenbücher.

Alle anderen Religionsgemeinschaften führen keine eigenen Statistiken über ihre Mitglieder. Das heißt also, wir kommen an die religionsgemeinschaftliche Zugehörigkeit nur und allein über Befragungen. Und nicht alle Menschen lassen sich, das können Sie sich vorstellen, gerne befragen, schon gar nicht. von Statistikerinnen oder Sozialwissenschaftlern. Aber das, was wir wissen, stimmt so wie mal Daumen mit dem überein, was wir auch im Religionsmonitor beobachtet und erfasst haben.

Was ist jetzt Erklärung für diese doch sehr gemischte Zusammensetzung der religionsgemeinschaftlichen Zugehörigkeit? Die Religionssoziologie kennt hier zwei größere Erklärungswege. Nämlich einmal eine zunehmende Pluralisierung. Wo kommt die her? Die kommt zum einen durch eine anteilige Zunahme von Menschen, die weder römisch-katholisch noch lutherisch-protestantisch orientiert sind.

Durch Zuwanderung, aber auch durch Geburt hier der zweiten Generation. Und natürlich nimmt auch die Zahl derjenigen zu, die von sich aus sagen, sie sind keiner Religionsgemeinschaft zugehört. Zweitens, und das ist tatsächlich auch eine wichtige Triebkraft dieser Entwicklung, ist Religion Schauplatz der zunehmenden Individualisierung.

Genauso wie wir die bei Parteien, Sportvereinen und Ähnlichem finden. Menschen stellen die Antworten auf ihre Lebensfragen, ihre Bedürfnisse nach Anerkennung und Zugehörigkeit aus verschiedenen. religiösen, aber auch nicht-religiösen Angeboten individuell zusammen. Ein Religionssoziologe, der Peter L. Berger, hat das mal als Shopping-Card, also als Einkaufswagen bezeichnet.

Nur man sucht sich raus aus den unterschiedlichen Sinnangeboten, was gerade zur eigenen Lebensführung, zu den eigenen Lebensproblemen zu passen scheint. Also Pluralisierung auf der einen Seite, Individualisierung auf der anderen Seite. mich hier heute interessierenden Fragekomplexe, zu denen ich Sie gerne einladen würde, mit mir zu denken und zu diskutieren. Nämlich einmal, wie sieht eigentlich die religiöse Landschaft

jenseits religionsgemeinschaftlicher Zugehörigkeit aus? Wie flacken sich religiose Überzeugungen in der Empirie in Deutschland aus, jenseits der Mitgliedschaft? Und die zweite Frage ist, was bedeutet das eigentlich, wenn wir in einer religionspluralen, weltanschaulich pluralen Gesellschaft leben? Was bedeutet das für den religiösen Zusammenhalt? Es gibt sehr unterschiedliche Ideen darüber.

Polarisierung könnte Gesellschaft auseinanderreißen. Möglicherweise kann aber auch das Gespräch mit verschiedenen, unterschiedlichen Perspektiven dazu führen, dass man so etwas wie Toleranz oder ein neues Miteinander entwickeln kann. sehr verschiedene Ideen darüber, was die Konsequenzen sind. Und ich habe ein paar Ideen mitgebracht, wie man diese Frage diskutieren kann.

Daraus ergibt sich zwangsläufig eine an einem wissenschaftlichen Vortrag angelehnte Gliederung dessen, was ich gleich versuche abzuliefern, nämlich einmal die Frage, was ist eigentlich Religion? Ist Religion eine Ideologie, kann man sie als Ideologie bezeichnen. Unter welchen Bedingungen ist dem der Fall? Das ist der Theorie-Teil, den man aus wissenschaftlichen Vorträgen immer kennt.

Und der wird dann gekontert mit einer zweiten, im zweiten Teil, nämlich mit den Daten und Fakten, also der Empirie. Und die möchte ich gerne aufziehen entlang der Dimension der gemeinsamen religiösen Praktiken. und der privaten Praktiker. Religion ist nicht nur Überzeugung, Religion hat auch was mit Tun zu tun. Dazu kommt, Religion ist auch nicht nur Überzeugung, sondern Identität.

Welche religiösen Identitäten finden wir in Deutschland? Dann möchte ich mich der Frage widmen, wie sieht es eigentlich mit der Sozialisation aus? Wer ist verantwortlich für die Religiosität? religiöse Identitäten, religiöse Mitgliedschaften? Und welche Einstellung bringen Menschen der Religion, vor allen Dingen aber der Pluralisierung von Religion, entgegen? Das wiederum drittens wird mit Schlussfolgerungen und gesellschaftlichen Konsequenzen.

Das ist also das, was ich vorhabe, Ihnen heute zu präsentieren. Und ich hoffe, dass Sie mich auf dem Weg begleiten. Jetzt erst mal tief in die Theorie. Was ist eigentlich Religion? Es gibt nicht die Religion, die Religiosität, das Religiöse. Wenn man sich umschaut, stellt man fest, es gibt eine große Vielzahl konkreter Sozialformen mit unterschiedlichen Ausgestaltungen.

Es gibt unterschiedliche religiöse Organisationen, Kirchen, religiöse Sondergemeinschaften, gemeinnützige Stiftungen. Es gibt verschiedene religiöse Überzeugungen, die sich historisch ausdifferenziert haben, unterschiedliche. Konfession. Wir finden religiöse Wertsysteme, die sich in unterschiedlichen Übersetzungen in Regel- und Rechtssystemen und gubermentalen Arrangements wiederfinden. Und wir haben eine ganze Menge religiöser Wissensbestände.

Wissensformen, die sich unter anderem in verschiedenen förmigen religiösen Soziallehren manifestieren. Deshalb ist Religion sehr schwer zu definieren, denn Formvielfalt bedeutet zum einen mehrdimensionalität glock ein amerikanischer sozialwissenschaftler hat 1967 mehrere dimensionen von religion und religiosität aufgeschlüsselt nämlich religion als erfahrung und emotionalität

Religion als rituelle Praxis, als ideologische Glaubenssätze, als das Wissen um die Inhalte der Glaubenslehre sowie um die Konsequenzen für die alltägliche Lebensführung. Das alles umfasst Religion, Religiosität. Zweitens bedeutet Formvielfalt auch, dass Religion relevant ist für sehr viele Ebenen des Sozialen.

Es geht dabei um sozial geteilte Normvorstellungen. Was ist das gute Leben? Was ist gute Handlung? Es geht um gemeindliche Organisationen. Wie finden wir uns zusammen? Welche Feiertage wollen wir feiern? Es geht um gemeinschaftliche und individuelle Praktiken des Singens, des Betens, des Meditierens und natürlich last not least um individuelle Überzeugungen und Vorstellungen.

Sie sehen, Religion umfasst wahnsinnig viel. Als Sozialwissenschaftlerin freue ich mich immer über sowas, weil das bedeutet, es gibt keine einfachen Antworten auf einfache Fragen. Der Versuch, Religion zu definieren, ist so alt wie die Theologie. In den Sozialwissenschaften lassen sich sehr unterschiedliche Formen von Definitionen finden. seit Beginn der Soziologie, man versucht hat, Religion zu definieren. Wir finden essentialistische Definitionen, dabei geht es darum, die Essenz.

von Religion herauszukitzeln. Beispielsweise Religion ist etwas, was mit Göttlichem oder mit einem Gott zu tun hat. Essentialistische Definitionen wissen wir mittlerweile, klammern manches aus, was zur Religion gehört und was wir eigentlich in die Definition mit einschließen wollen. Beispielsweise den Buddhismus, für den es typischerweise etwas, was wir als westliches, göttliches oder Gott kennen, nicht kennt.

Folglich, weil das etwas schwierig ist, auszuklammern, was wir eigentlich drin haben wollen, gibt es eine alternative Idee, nämlich die der funktionalen Definition. Dabei geht es darum, die Funktionen von Religion für Gesellschaft zu ergründen. Religion schweißt zusammen, ermöglicht... Egoistische Perspektiven zugunsten einer Gemeinorientierung beiseite zu legen, ist aber auch ein Spiegel von Gesellschaft. Sie sehen bei den Funktionen, die Religion übernimmt.

Da gibt es eine ganze Reihe funktionale Äquivalente. Fußballereignisse können eine ähnliche Spiritualität entwickeln wie kirchliches Zusammenkommen. Funktionale Definitionen klammern also ein, was man eigentlich nicht im Rahmen der Religion diskutieren möchte. Eine dritte Möglichkeit ist einfach Leute zu fragen, was versteht ihr unter Religion?

Das ist ein ganz pragmatischer und guter Weg, herauszufinden, was Menschen unter Religion verstehen. Das Problem dabei ist aber, man findet keine eindeutige oder trennscharfe Definition. wie mich, die ganz gerne Daten erheben wollen, immer ein kleines Problem, wenn zu viel, zu unscharf unter eine Definition fällt.

Ich stelle mich jetzt auf die Schultern von Riesen in der Religionssoziologie, vor allen Dingen derer, die empirisch arbeiten, und habe einen pragmatischen Vorschlag, der sich mittlerweile einigermaßen durchsetzt in der Religionssoziologie. Religion, sagen die empirischen Religionsforscher, besteht aus sozial geteilten, zusammenhängenden Überzeugungen. Nicht Einzelüberzeugungen, sondern Überzeugungssysteme.

Und mit diesen Überzeugungssystemen möchten Gemeinschaften Kontingenz bearbeiten, also Komplexität des Lebens reduzieren. Und das tun sie, indem zwischen Immanenz und Transzendenz unterschieden wird. Also zwischen dem Diesseitigen und dem Jenseitigen. indem das Jenseitige in das Diesseitige wieder zu integrieren versucht wird. Entweder durch rituelle Praktiken oder durch Personen.

die genau das übernehmen, nämlich das Diesseitige wieder ins Jenseitige zu integrieren. Last but not least wird zur Religion aber auch die kommunikative Anschlussfähigkeit in Form individueller und sozialer Praktiken. Religion wird getan. Religion wird nicht nur geglaubt, Religion wird getan. Da kommen wir auch gleich nochmal drauf zurück.

Und wenn man sich das anguckt, dann schrammt das sehr nah an Ideen entlang, die man auch findet, wenn man sich Ideologien anguckt. Und auch da bin ich nicht originell. Karl Marx war einer der Ersten, die Religion und Ideologie in seinen Feuerbach-Thesen bereits zusammen gedacht haben. Er schreibt dazu in der eigenen Art die Kritik der Religion. ist also im Keim die Kritik des Jammertals, dessen heiligen Schein die Religion ist. Man sieht...

Marx sehr kritisch der Religion gegenüber und er nutzt den Begriff der Ideologie, um auf bestehende Machtverhältnisse aufmerksam zu machen und deren Legitimationsmechanismen zu entschleiern. Für Marx ist Ideologie also nichts anderes als das falsche Bewusstsein oder der Schleier, der die wahren Verhältnisse zu verbergen vermag.

Das ist natürlich etwas, womit man als Soziologin oder Soziologe nur begrenzt gut arbeiten kann. Und natürlich ist der Begriff der Ideologie, und da erzähle ich Ihnen als Zuhörer und Zuhörerinnen dieser Reihe, ganz bestimmt gar nichts Neues. 19. Jahrhundert und zu Beginn des 20. Jahrhunderts immer wieder redefiniert und rekonzeptionalisiert worden.

Den Begriff der Ideologie haben sich sehr viele abgearbeitet, aber in den Sozialwissenschaften, vor allen Dingen in der Soziologie, hat sich mittlerweile ein wissenschaftlich-analytischer Begriff den man sehr gut nutzbar machen kann an dieser Stelle und gegen den politischen Begriff von Marx stark machen kann.

das sehen Sie jetzt gleich, hängt sehr eng mit der Definition zusammen, die wir gerade für Religion schon gesehen haben. Denn in sozialwissenschaftlichen Sinne gelten Ideologien als sozial geteilte Überzeugungssysteme mit sozialem Geltungsanspruch? als eine Reihe miteinander verbundener Überzeugungen und damit verbundener Einstellungen, die von Mitgliedern einer Gruppe oder Bevölkerung

und verwendet werden und die sich auf problematische Aspekte von sozialen, politischen Themen beziehen. Diese Überzeugungssysteme haben einen wertenden und eine verhaltensbesteuernde Komponente. Das ist ein bisschen neu, das hatten wir vorhin in der Definition nicht. Aber wenn man jetzt diese Definition von Ideologie und die Definition von Religion zusammenbringt, wenig überraschend.

kommt man dazu festzustellen, Religionen konstituieren solche ideologischen Überzeugungssysteme oder Weltzugriffe. Warum? Weil sie sich auszeichnen durch ein System verbundener Überzeugung, Interpretation, Geschichten. Und sie bieten Geschichten für das kollektive Erinnern. Weihnachten ist gar nicht so lange her und Sie haben vielleicht noch im Kopf oder im Gehör das Bibelmoment der Volkszählung der Allerersten, wo da steht und angegeben wird.

Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot vom Kaiser Augustus ausging, das alle Welt sich schätzen ließe. Erinnerung an ein historisches Ereignis, Teil einer biblischen Erzählung. die für das kollektive Erinnern genutzt wird. Diese Überzeugungssysteme, diese Geschichten werden von einer Glaubensgemeinschaft. geteilt, bestätigt und mittels ritueller Praktiken reproduziert und ab und an auch durchaus konfliktär verhandelt. Sie beziehen sich auf letzte Fragen des Lebens.

und geben damit Antworten auf Fragen, die ein großes Maß an Kontingenz haben. Es geht darum, wo kommen wir her? Gibt es ein Leben nach dem Tod? Haben wir eine unsterbliche Seele? Religion bietet Antwort auf genau diese letzten Fragen. Religion bewerten Weltzustände, liefern Ethiken. nach denen Handlungen bewertet werden können und aus denen sich ableitet, was eine gute Handlung ist. Denken Sie an das Gleichnis vom barmherzigen Samariter, wo es um eine gute, eine

als gut bewertete Handlung geht. Nämlich die Aufforderung zur Nächstenliebe unabhängig von der Person, die da in Not geraten ist. Das bedeutet nicht... Wenn wir jetzt hier feststellen, Religionen konstituieren ideologische Überzeugungssysteme. Das bedeutet nicht, dass nur Religionen ideologische Qualitäten hatten, auch nicht religiöse Überzeugungssysteme wie Wissenschaft, Parawissenschaft.

Verschwörungserzählungen, Kommunismus, Sozialismus, Liberalismus sind Ideologien oder auch Weltanschauungen. Sie sehen, der Ideologiebegriff hier sehr, sehr weit verwendet. Okay, jetzt haben wir etabliert, worum es geht, wenn wir über Religion sprechen. Da geht es um sehr viel. Und jetzt müssen wir mal ein bisschen hineinschauen, wie sieht das denn eigentlich mit den Daten?

Zur Mitgliedschaft haben wir ja jetzt schon etwas erfahren, aber wie verhält es sich mit den Praktiken, mit den Einstellungen, mit den Erzählungen? Wie sieht es da aus? Es geht um Daten vom Religionsmonitor 2023 für die... empirischen Datenbuffs unter Ihnen ausgewertet, habe ich das zusammen mit dem Kollegen Dr. Ulf Trano und mit dem Kollegen Marcel Mücke. Kann man im Internet runterladen bei der Bertelsmann Stiftung. Werbeblock beendet. Es geht um den Befragungszeitpunkt Juni, Juli 2022.

Als Daten stehen uns Daten von insgesamt 4.363 Befragten in Deutschland zur Verfügung. Erhoben wurden die Daten über eine Einwohnermeldestichprobe und über ein Online-Access-Panel. Warum zwei verschiedene Erhebungswege? Die beiden Erhebungswege ergeben sich daraus, dass die Bertelsmann Stiftung sehr viel Wert darauf legt, ein Oversampling muslimischer Befragter zur Verfügung zu stellen.

Das hat damit zu tun, dass es relativ wenig oder vergleichsweise wenig Muslime in Deutschland gibt, 8 Prozent, 8,5 Prozent. Das ist nicht wirklich viel und dass man die sehr, sehr schlecht sieht. in Zufallsstichproben erreicht. Und wenn man sie erreicht, sind sehr viele nicht wirklich begeistert davon, Fragebögen vor allen Dingen zur Religion auszufüllen. Das heißt also, wenn man ein Oversampling macht, mehr Befragte versucht zu erreichen, man eine größere Chance entsprechend.

Antworten und antwortwillige Personen zu finden. Und dafür ist der Religionsmonitor tatsächlich sehr gut. Das macht der Religionsmonitor bereits seit einigen Jahren damit sehr gute Erfahrungen gemacht und man kann tatsächlich auch sehr interessante Ergebnisse daraus bekommen. Ich stelle Ihnen hier gewichtete Daten vor. Wenn Sie was zur Gewichtung wissen wollen, können wir das sicherlich gleich noch ein bisschen genauer in der Diskussion besprechen. Das ist dann für die...

Statistik-Cracks bestimmt sehr interessant. So, erstes Ergebnis. Während wir seit den 90er Jahren noch sehr starke Unterschiede in Bezug auf Religiosität, Religion zwischen Ost- und Westdeutschland beobachten können, fängt es langsam an, dass ich diese Unterschiede nivelliere. Und das liegt nicht daran, dass Ostdeutschland möglicherweise irgendwie jetzt religiös geworden sei, sondern im Gegenteil, in Westdeutschland nimmt der Anteil der nicht religionsgemeinschaftlich gebundenen Personen zu.

Also an der Stelle nivellieren sich die Unterschiede allmählich. Ob das gut ist oder schlecht ist, das ist eine sehr offene Frage. Das ist die allererste Beobachtung, die auffällt. Das bisher in den bisherigen Befragungen immer noch so ein ganz harter Punkt ist. Ostdeutschland funktioniert anders als Westdeutschland. So ganz stimmt das nicht mehr. Schauen wir uns mal gemeinschaftliche Praktiken an.

Worum geht es bei gemeinschaftlichen Praktiken? Dabei geht es natürlich um den Besuch von Gottesdiensten, Freitagsgebeten oder von Tempeln und Synagogen. Und das Gemeinsame, was man da macht. Man feiert gemeinsam, man singt gemeinsam, man betet und meditiert gemeinsam. Und von allen Befragten in dieser Stichprobe, die wir hier vorliegen haben, sagen immerhin 36 Prozent so gut ein Drittel, dass sie mehrmals im Jahr, also nicht nur zu Weihnachten, Gottesdienste besuchen.

Sie besuchen häufig Freitagsgebete, einen Tempel oder eine Synagoge. Und das Interessante hier ist, dass der Anteil der Muslime, die nie eine Moschee besuchen, größer ist. als der Anteil der Christinnen und Christen, die nie in die Kirche gehen. Also wir haben im muslimischen Kontext mehr Personen, die nicht religionsgemeinschaftlich gebunden sind, aber an Gemeinschaftspraktiken eben nicht teilnehmen als im christlichen Kontext.

Von allen Befragten engagieren sich immerhin 17 Prozent im religiösen oder kirchlichen Bereich. Und das ist ein bisschen mehr als Engagement in anderen Bereichen, wie beispielsweise im politischen Bereich. Also 17 Prozent ist schon relativ viel. Kirche, Religion, Religionsgemeinschaften ist immer noch was, wo sich Menschen engagieren, solidarisch engagieren.

Und es hat vielleicht auch ein bisschen was damit zu tun, dass gemeinsames Engagement natürlich auch bedeutet, gemeinsam zu feiern, Menschen zu treffen, Menschen zu helfen, Kontakt zu bekommen. Religionsgemeinschaften bieten hier das, was wir als Soziologinnen und Soziologen als Opportunitätsstrukturen bezeichnen. Man weiß, wo man hingehen kann. Es gibt Orte, es gibt Zeiten, wo man sich treffen kann.

Das ist natürlich ein Organisationsvorteil und der zeigt sich hier ganz deutlich. So, gemeinschaftliche Praktiken. Wie sieht es jetzt mit den privaten Praktiken aus? Was ist darunter zu verstehen? Darunter ist zu verstehen, dass Menschen nicht nur in Gemeinschaft, sondern auch privat beten. Das Stoßgebet, das Dankesgebet, das Angstgebet, das Trostgebet. Häufig, privat, alleine.

In Notsituationen, aber auch in Freudesituationen. Und natürlich gehört da auch zu das individuelle Meditieren. Und ein Drittel der Befragten sagt, öfter zu beten. Also nicht nur einmal oder zweimal im Jahr, sondern öfter zu beten. Und ein Viertel der Befragten meditiert regelmäßig. Wenn man jetzt nochmal zusammendenkt, die privaten gemeinschaftlichen Praxen und die Mitgliedschaft in Religionsgemeinschaften, dann stellt sich heraus, dass knapp die Hälfte

der religionsgemeinschaftlich gebundenen Befragten regelmäßig individuelle oder kollektive religiöse Rituale praktiziert. Und gleichzeitig existieren etliche Befragte, die sich keiner Religionsgemeinschaft zugehörig fühlen, aber dennoch beten und meditieren. Wenn es um religiöse Praktiken geht, findet sich also eine vielfältige Mischung von Doing und Belonging in Deutschland. Die Kombination ist tatsächlich sehr, sehr variabel.

Pluralisierung findet sich auch in einer Pluralisierung der Mischung unterschiedlicher religiöser Praktiken, die teils weiterhin religiös aufgeladen bleiben, teils säkularisiert werden. Denken Sie an Yoga. Eine religiöse Praktik, die sehr häufig sehr stark säkularisiert ist. Also hier finden wir tatsächlich richtig Individualisierung und pluralisierung, die ineinander greifen.

Wie ist das jetzt mit den religiösen Identitäten? Worum geht es dabei? Dabei geht es um die Selbstverortung als religiöser oder arreligiöser Mensch. Und diese Selbstverortung hat verschiedene Dimensionen. Dabei geht es um die Frage, glaube ich an Gott oder etwas Göttliches? Bezeichne ich mich selber als religiös in einem theologischen und institutionellen Rahmen gebunden?

Oder bezeichne ich mich als Mensch, der eher spirituell ist und sich eher auf das Erleben bezieht, als auf Theologien, Institutionen vorgegebener Rahmenbedingungen. Wie sieht es aus empirisch? Und empirisch ist das sehr spannend. Immerhin 75 Prozent der Befragten schließen nicht aus, dass es einen Gott oder etwas Göttliches geben könnte. Trotz steigender Anzahl.

nicht religionsgemeinschaftlicher Personen immer noch 75 Prozent, die von sich sagen, ich weiß nicht so recht, was Göttliches, was Überindividuelles, was Transzendentes. Ist nicht unwahrscheinlich. 67 Prozent bezeichnen sich als religiös, 60 Prozent als spirituell. Spiritualität ist dabei besonders attraktiv.

für besser gebildete Menschen und für junge Menschen. Vor allen Dingen junge Menschen finden Spiritualität interessant, weil die ohne Kirchenbindung einhergeht. Kirchenbindung ist etwas, was junge Menschen in der Tendenz unattraktiver oder unattraktiver finden. Man kann feststellen, empirisch, wenn man das jetzt zusammendenkt mit den Identitäten, je ausgeprägter die religiösen Praktiken sind.

desto ausgeprägter ist auch die religionsbezogene Identität. Das überrascht uns Soziologinnen und Soziologen nicht wirklich, weil wir kennen die Idee, Wer kniet, der glaubt. Es gibt einen engen Zusammenhang, einen sehr engen Zusammenhang zwischen dem, was man tut, und den Überzeugungen, den Identitäten, die man lebt. Umgekehrt.

führen Identitäten und Überzeugungen auch immer zu Praktiken. Also der Körper, der körperliche Einsatz im Tuen ist ganz eng verbunden mit dem, was ich über mich und über die Welt glaube. Und wie gesagt, uns Soziologinnen und Soziologen überrascht das nicht wirklich, aber man sieht es hier nochmal, religiöse Praktiken, religionsbezogene Identitäten sind sehr eng miteinander verflochten.

So, und jetzt gibt es etwas, das ist tatsächlich sehr spannend, weil hier wird aus der religionspluralen Geschichte eine religionspolarisierende Geschichte. Auch bei religiösen Identitäten lässt sich eine sehr große Varianz beobachten. Jedoch kommt es zur Fragmentierung in Befragte, die sich als sehr religiös, als hochspirituell betrachten.

und die Menschen, die keinerlei Bezugspunkte zur Religiosität sehen. Und das hat Konsequenzen, weil sehr häufig diejenigen, die keinerlei Bezugspunkte zur Religion haben, mit Religion nicht nur nichts anfangen können, sondern häufig auch sehr skeptisch sind. Angst haben, Fragen zu stellen, Angst haben, sich mit Religion oder religiösen Menschen auseinanderzusetzen, religiöse Orte aufzusuchen, sich auseinanderzusetzen. Und das ist etwas, was tatsächlich trennt. Das trennt Weltzugriffe.

Weltinterpretationen und führt häufig dazu, dass nicht mehr oder nur schwer kommuniziert werden kann. Dritter Punkt. Wo kommt das eigentlich her mit der Religion? Religion, wenig überraschend, fällt natürlich nicht vom Himmel. Auch Religiosität fällt nicht vom Himmel, wo man das vielleicht vermuten könnte. Sondern Religiosität ist etwas, was man lernt. Nämlich in der Sozialisation.

Religiosität wird in der kindlichen Sozialisation vermittelt und hat dann sehr starke Effekte. Personen, die nicht religiös erzogen wurden, glauben sehr viel seltener an die Existenz von etwas Göttlichem, nehmen sehr viel seltener. An religiösen Ritualenteilen unterhalten sich selbst für wenig, religiös oder seltener, für religiös.

Dazu kommt, dass es nicht unbedingt sein muss, dass man religiös sozialisiert ist und die Mitgliedschaft in der Religionsgemeinschaft aufrechterhalten muss. Die Sozialisation wirkt auch jenseits. der Mitgliedschaft in Überzeugungen, in Tätigkeiten hinein. Vor allen Dingen bei solidarischem Verhalten sehen wir das, dass das sehr stark gesteuert wird über religiöse Sozialisation. Und zwar unabhängig.

von der Mitgliedschaft in einer religionsbezogenen Gemeinschaft. Wenn Familien hier eine wichtige Sozialisationsinstanz sind und Religiosität abnimmt, wird in Zukunft mit einer sich beschleunigenden Rückgang von Religiosität, vor allen Dingen der Kirchenbindung, zu rechnen sein. Wir haben es hier nicht mit einem linearen Trend zu tun, sondern wir haben es mit einem exzellierenden Trend zu tun.

Und der wird sich beschleunigen. Die bisherigen Transmissionsriemen der Mehrheitsreligionen verlieren ihre Wirkung. Die sozialen Medien sind hier definitiv. Kein Ersatz. Die Daten deuten nicht darauf hin, dass soziale Medien hier ein funktionales Äquivalent bilden können. Es zeigt sich, dass Religion, wenn sie als Gruppendistinktion, Gruppendistinktion dient. Ich bin anders als ihr und damit eine Identität markiert wird, die anders ist, als sie der Mehrheit.

dann kann eine Peer-Verbindung oder die Verbindung mit Peers, die Gruppenverbindung mit anderen Menschen, die gleich... geartet oder gleichdenkend sind, eine sehr starke Verankerung zu einer sehr starken Verankerung führen. Das finden wir in bestimmten Bereichen der evangelikalen Bewegungen, in denen Menschen sich sozusagen innerhalb einer Peergroup stark abgrenzen und dann gegenseitig sozialisiere.

Und wir finden es mittlerweile ein bisschen auf den deutschen Pausenhöfen, wenn gefragt wird, ist ein Pausenbrot eigentlich Halland? Da geht es dann weniger darum, ist das jetzt eine religiöse Frage, sondern es geht darum, eine Gruppenidentität. Und da sind Peers für die Sozialisation extremst wichtig. So, jetzt haben wir festgestellt, Deutschland ist tatsächlich ein religiös plurales Land.

wenn es um Mitgliedschaften, um Praktiken, um Identitäten geht. Jetzt ist die Frage, wie sieht das eigentlich aus? Finden Menschen das gut? Finden Menschen das nicht so gut? Ist das eine Bedrohung, dass wir jetzt nicht mehr in einem religiös homogenen Land leben, sondern es viele verschiedene religiöse Überzeugungssysteme gibt? Interessanterweise.

Interessanterweise sagen 80 Prozent der Befragten, die stimmen prinzipiell und explizit bejahend der Aussage zu, dass man gegenüber anderen Religionen offen sein sollte. 80 Prozent finden religiöse Toleranz wichtig und notwendig. Ein noch höherer Anteil, nicht 92 Prozent, bejaht die Aussage, dass jede Person die Freiheit haben sollte, die eigene Religion zu wechseln, abzulegen, zu behalten, über Religion zu entscheiden. Toleranz ist also ein nach wie vor weitgehend akzeptierter

genauso wie die Annahme, Religion ist etwas Privates und das soll dem Privaten bleiben und die Menschen haben ein Recht auf ihre private Religion. Diese Einstellungen zeigen also eine hohe Zustimmung.

zu den sehr abstrakten Prinzipien des individuellen Glaubens, Bekenntnis und Religionsübungsfreiheit. Dieser gesellschaftliche Kontext ist ein bisschen schwächer, Wenn es um die Frage nach der Haltung gegenüber unterschiedlichen religiösen Wahrheiten und der Einschätzung der Relevanz von Religion geht, weniger als 60 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu,

dass alle Religionen einen wahren Kern hätten. Toleranz ja, aber nicht alle sind gleich wahr. Befragte, die keiner Religionsgemeinschaft zugehörig fühlen, stimmen der Aussage nur zu 38 Prozent zu. Also hier sieht man tatsächlich eine sehr starke Differenz. Immerhin 60 Prozent der Befragten vertritt aber die Auffassung, dass Religion in der Moderne noch angemessen sei. Religion passt noch in die Moderne.

Vor allem Antworten auf diese Frage zeigen, dass die Vorstellung der Moderne als säkular nicht mal von der Hälfte der Befragten tatsächlich bejaht wird. So, und wie sieht das jetzt aus? wenn es um religiöse Vielfalt geht. Die Bewertung, ob religiöse Vielfalt Bereicherung oder Bedrohung ist, hängt von der eigenen religionsgemeinschaftlichen Verortung ab.

Ist man in keiner Religionsgemeinschaft, ist eher die Überzeugung, religiöse Vielfalt ist eine Bedrohung. Bei Minoritätsreligionen wie Hinduismus, Buddhismus ist ebenfalls überwiegend die Meinung, religiöse Vielfalt sind eine Bedrohung. Dass das aber nicht mit der Diaspora oder Minderheitenposition alleine zu tun hat, zeigt der Islam.

Im Islam oder die muslimischen Befragten von uns sagen zu einem überwiegenden Teil, zu fast 40 Prozent, religiöse Vielfalt ist eine tolle Sache. Das ist eher eine Bereicherung als eine Bedrohung. Und für Christinnen und Christen gilt, das ist so ein bisschen Pari-Pari. Wenn man noch ein bisschen weiter schaut, dann macht das für Befragten einen Unterschied.

welche religiösen und nicht-religiösen Weltzugriffe bewertet werden. Der Großteil der Befragten charakterisiert die meisten Religionen weder als bedrohlich noch als bereichernd. Auch Nichtreligiosität wird zumindest in Deutschland nicht als Bedrohung gesehen. Das ist aber anders, wenn es um den Islam geht. 52 Prozent aller Befragten sehen ganz klar den Islam.

als Bedrohung. Es kommt darauf an, welcher Religionsgemeinschaft man angehört, wie man religiöse Vielfalt beurteilt und es hängt von der Religionsgemeinschaft ab, die angeschaut wird. ob sie als Bedrohung oder als Bereicherung angesehen wird. Soviel zunächst mal zu den Daten. Jetzt wollen wir mal schauen, was sagt uns das eigentlich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Ideologien verbinden Menschen, indem sie sozial teilbare Narrative

moralische Bewertungsmaßstäbe und erwartbare Handlungsmöglichkeiten anbieten. Das leisten auch Religionen, selbstverständlich. Aber wir sprechen hier jetzt nicht mehr von einer, Konfession einer Religion, sondern von verschiedenen Religionen. Und da finden wir möglicherweise widersprüchliche Erzählungen und normative Bewertungen.

Und vor allem in weltanschaulich pluralen Gesellschaften braucht es deshalb ganz besonders einen von allen als legitim und gerecht angesehenen Ordnungsrahmen des Religiösen. plurale Gesellschaften funktionieren können. Und jetzt erzähle ich Ihnen etwas, was gar nicht neu ist, geht natürlich um Fragen der Menschenrechte und der Verfassung, die solche Rahmen zur Verfügung zu stellen vermögen.

In Deutschland ist es der Rahmen des Grundgesetzes und hier vor allen Dingen Artikel 3 und 4 des Grundgesetzes. ist der Artikel der Antidiskriminierung, niemand darf wegen seines Geschlechts, Abstammung, Rasses, Sprache, Heimat, Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauung, benachteiligt oder bevorzugt werden. Im Nachgang, niemand darf aufgrund seiner Behinderung benachteiligt werden. Artikel 4 wiederum formuliert,

Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen, weltanschaulichen Bekenntnisses ist unverletzlich. Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. Niemand darf wegen seines Gewissen zum Kriegsdienst an der Waffe gezwungen werden. Das ist eine doppelte Absicherung religiöser Freiheit. Das Grundgesetz macht es sich da nicht einfach, sondern es gibt eine doppelte Absicherung.

Es gibt nämlich mit Artikel 3 Absatz 3 Antidiskriminierung als individuelles Recht, als individuelle und staatliche Verpflichtung. Artikel 4 in Absatz 1 und 3 formuliert Gewissensfreiheit als extrem hohes Gut, als etwas, was es zu schützen gibt. Und in Absatz 1 und 2 zusammengenommen geht es um die innere Freiheit zu glauben und die Freiheit der äußeren.

Manifestation des Glaubens. Bin also nicht nur frei von und zur Religion, sondern ich bin auch noch frei in der Manifestation meiner Überzeugung. Warum Verfassungen? Warum ziehe ich die an dieser Stelle heran? Nicht nur, weil ich dazu mal geforscht habe und das ganz spannend finde, sondern Verfassungen sind komplexe Rechtsvorschriften. Sie haben ein besonderes Verfahren der Erlassung.

und ein erschwertes Verfahren der Veränderung. Verfassungen, vor allen Dingen die ersten 20 Artikel des Grundgesetzes, können nicht einfach so mit einfacher Mehrheit verändert werden, sondern... Sie legen die grundlegende Ordnung des Gemeinwesens fest. Sie legen die grundlegenden Werte und Ordnungsmechanismen des Gemeinwesens da offen und fest. Es geht um die Festlegung von Gewaltenteilung.

administrative Arrangements, aber eben auch um Wertsetzung, um die Frage danach, wie wollen wir miteinander umgehen. Und damit geht es um die Basale. normative Verortung der sie verabschiedenden Gesellschaften. Und das macht sie zu einem besonderen rechtlichen Rahmen. Jetzt wollen wir mal anschauen oder mal schauen, wie die Daten, die ich gerade präsentiert habe, mit diesen Ansprüchen zusammenkommen oder vielleicht auch nicht zusammenkommen und welche Probleme oder

Diskussionen sich daraus ergeben. In einer bikonfessionellen Gesellschaft, wie sie die Bonner Republik nach dem Zweiten Weltkrieg darstellte, war Religion selbstverständlich christlich. Und sie war in gewisser Hinsicht stillgestellt. Und das merkt man, weil der Textbestand des Religionsverfassungsrechtes bis heute unverändert ist.

Da sind sehr viele Ideen, die als selbstverständlich mitlaufen, die gar nicht ausformuliert sind. Dennoch, die Religionsempirie hat sich sehr verändert. Haben wir gesehen, Pluralisierung. Vielfältigkeit, Individualisierung und daraus entstehen neue Konflikte. Konflikte kennen Sie sicherlich aus den Medien, Diskussionen um Kopftuch- und Burka-Verbote.

Die Debatte um die Beschneidung von Jungen, bei denen die Frage ist, ob religiöses Recht und körperliche Unversehrtheit nicht möglicherweise in einem Widerspruch stehen. Die Verbotsdebatte um religiöse Symbole im öffentlichen Raum. Söder, der sich hinstellt und sagen muss, das Kreuz ist nicht religiös, das kulturell.

Schwierige Diskussionen und die Diskussion um die Einführung von staatlich reglementierten Islamunterricht an deutschen Schulen, die allgemeinen Problematisierung der kirchlichen Träger von Lehreinrichtungen. wie Kindergärten oder Schulen. Alles Konfliktpunkte, die selbstverständlich im Grundgesetz erstmal nicht geregelt waren. Denn als das Grundgesetz verabschiedet war, gab es einige dieser Konfliktlinien überhaupt gar nicht. Musste also auch nicht geregelt werden.

Und jetzt ergibt sich auf der Basis dieser Konflikte eine Situation, die schwierig für den Staat, aber auch für das Gemeinwesen ist. Der Staat muss nämlich jetzt etwas schützen. Das individuelle Gewissen, die Religionsfreiheit, die Freiheit von, zur Religion und zur Manifestation, was der Staat und das Gemeinwesen gar nicht entscheiden kann. Was als Freiheit von und zur Religion gelten soll.

Und was eben nicht mehr unter Religion fallen sollen darf. Das Kopftuch. Ist das religiös oder ein politisches Symbol? Wer entscheidet das? Der Staat muss es tun. um seine Pflicht des Schutzes, der nachzukommen. Und natürlich müssen wir auch als Gesellschaft entscheiden, worum geht es. Geht es um Religion, um die Toleranz oder ist es ein politisches?

Moment, müssen wir das anders bewerten? Hieraus entstehen neue, schwierige Konflikte. Unsere Befunde zeigen, In Deutschland gibt es nach wie vor eine breite Zustimmung zu den allgemeinen Werten von Religionsfreiheit, wie sie im Grundgesetz verankert sind. Ausdifferenzierung dieses Konsenses ist zu beobachten, wenn es um konkrete Werte wie den Wahrheitsgehalt oder die Säkularität geht. Und der Konsens wird richtig brüchig, wenn nach dem Bedrohungs...

und Bereicherungspotenzial einzelner Religionsgemeinschaften gefragt wird. Wie ich das schon angedeutet habe, das ist gesellschaftlich problematisch. Und zwar deswegen, weil aus Artikel 3 und 4 des Grundgesetzes sich eine Verpflichtung der Bürgerinnen und Bürger ableitet, die individuellen Glaubensüberzeugungen und Bekundungen nicht nur selber zu leben, sondern auch bei Minderheiten zu tolerieren.

und den eigenen Glauben oder Nichtglauben im Rahmen der verfassten gesellschaftlichen Grundordnung zu realisieren und nicht darüber hinaus. Das Grundgesetz ist nicht nur eine Freiheit, sondern auch eine Verpflichtung. Und daran macht sich etwas fest, wird sie als Soziologin und Soziologen, als Good Citizenship bezeichnen. Ein guter Bürger, eine gute Bürgerin hat nicht nur Rechte, sondern ist durch das Grundgesetz verpflichtet.

Wenn einzelne Religionsgemeinschaften kritisch beäugt werden, stellt dies der Forderung nach gegenseitiger Anerkennung im Gegen. Frage danach, ob der Islam zu Deutschland gehört, ist im Grunde genommen keine Frage. Jedenfalls nicht aus grundgesetzlicher Perspektive. Die Verpflichtungen zur Toleranz werden im Rahmen der Ordnungsfunktion des Staates umgesetzt. Sie erfordern und begründen

aber auch manchmal Einschränkung individueller Freiheiten. Nämlich dann, wenn diese individuellen Freiheiten genutzt werden, um die in Artikel 3 und 4 festgelegten Verpflichtungen der Bürger zu konterkarieren. An der Schnittstelle zwischen der Ausübung staatlicher Souveränität und der rechtlich garantierten Autonomie der Bürgerinnen und Bürger entstehen solche Paradoxien der Religionsfreiheit. Der Schutz des Staates

vor der Religiosität der Weltanschauung der Bürger und vor allen Dingen der Schutz der Bürger vor der Weltanschauung und der Religiosität anderer Bürger. Das ist ein starkes Paradox der Religionsfreiheit. dass hier ein Schutzmoment zur Einschränkung individueller Freiheiten herangezogen werden muss. Religion ist jedoch nicht nur auf der individuellen Ebene der Religiosität gesellschaftlich relevant.

Religiöse Pluralisierung macht sich selbstverständlich auch sichtbar an Orten, materiell in Architektur oder akustisch klanglich. Religiöse Orte wie Moscheen. Tempelsynagogen verändern Stadtbilder und architektonisch und akustisch bereichern sie. Sie sorgen aber auch öfter für Konfliktstoff.

Ich erinnere nur an die öffentlichen Debatten um den Muzeinruf zum Freitagsgebet oder an die Debatten um das Glockengeläut morgens am Sonntag um 9 Uhr, von dem sich einige Bürgerinnen und Bürger gestört fühlen. Religion ist auch Teil des institutionellen Gefüges, das im Nachkriegsdeutschland etabliert wurde. Das Grundgesetz regelt das Staat-Kirchen-Verhältnis in Artikel 140.

Macht Sinn, da nochmal reinzugucken, wenn es Sie interessiert. Ist übernommen aus der Weimarer Verfassung. Worum geht es dabei? Dabei geht es um die Gefahrenabwehr durch die Verpflichtung auf bürgerliche, staatsbürgerliche Pflichten. Also unabhängig von meiner Gewissensfreiheit bin ich auf staatsbürgerliche und bürgerliche Pflichten verpflichtet. Und die werden genutzt, damit das Gemeinwesen aufrechterhalten werden kann.

Und darum geht es zweitens um die Verankerung einer kooperativen Zusammenarbeit mit Religionsgemeinschaften, weil Seelsorge, Religionsunterricht, Kirchensteuer erheben. Es geht aber auch um das Selbstbestimmungsrecht von Religionsgemeinschaften. Der Staat hat in den Religionsgemeinschaften, der Organisation, in dem inneren Aufbau von Religionsgemeinschaften nichts zu suchen. Religionsgemeinschaften dürfen, sollen sich selbst organisieren.

Und ganz, ganz wichtig, das Neutralitätsgebot. Dabei geht es um die institutionelle Nicht-Identifikation des Staates und keine Staatskirche. Der Staat ist nicht religiös aufgestellt. Und es geht aber auch darum, dass der Staat sachlich neutral bleibt, also niemanden zu religiösen Handlungen Überzeugungen zwingen darf. Und last not least geht es darum, dass der Staat...

verpflichtet es zu jeder Religionsgemeinschaft, eine Äquidistanz, die gleiche Distanz zu wahren. Das hat Konsequenzen, denn religiöse Pluralisierung Die schwindende Wichtigkeit und Legitimation vor allen Dingen der Volkskirchen erschweren die Umsetzung dieser für aufklärerisch-demokratische Gemeinwesen relevanten Vorgaben.

Das Grundgesetz hat die Vorgaben nicht zufällig. Es gibt sehr gute Gründe dafür. Aber religiöse Pluralität und vor allen Dingen das Schwinden der Legitimation der Volkskirchen macht diese Umsetzung schwierig. Warum? Denn diese Umsetzung setzt institutionalisierte Ansprechpartner voraus. Bei den christlichen Kirchen ist es relativ klar, in der Nachkriegszeit war es gar keine Frage, mit wem der Staat verhandelt. Mit der römisch-katholischen.

und mit der evangelischen Kirche. Religionen, die nicht kirchliche Formen organisiert sind, und davon haben wir jetzt mehr, haben es schwer, dem Staat entsprechende Ansprechpartner anzubieten. Die Diskussion darum, welcher Verein für welche religiöse Ausprägung sprechen kann, ist eine Diskussion, die sich hier manifestiert. Und das wiederum erschwert die Äquidistanz.

Für staatliche Akteure ist es einfacher, mit Kirchen zu verhandeln als mit Moscheegemeinden oder mit den Vorstehern von Synagogen, weil unklar ist, für wen diese sprechen. Zweitens, die Vorgaben des Grundgesetzes erfordern Beobachtbarkeit, sowohl des Staates durch die Religion als auch der Religion durch den Staat. Damit ist mit diesen Vorgaben, die im Artikel 140 festgelegt und manifestiert sind, eine beiderseitige Sichtbarkeit garantiert. Die staatliche Politik muss sich...

religiösen Moralen gegenüber verantworten können. Religion darf staatliche Politiken Testen infrage stellen. Gleichzeitig. muss dieses Arrangement aber sicherstellen können, dass Religionen sichtbarer Teil der aufklärerisch-demokratischen Systems bleiben und nicht zu gesellschaftlichen Sondertatbeständen werden. Die unbeobachtete Freiräume

für Fundamentalisierung, Radikalisierung außerhalb der grundgesetzlich verankerten Menschenrechte ermöglichen. Also der Staat muss sich legitimieren, die Religionsgemeinschaften müssen sich auch legitimieren. Das erfordert gegenseitige Sichtbarkeit. So, jetzt kommen wir zum Fazit. Die aktuelle religiöse und nicht-religiöse Weltanschauungslandschaft in Deutschland stellt damit die Gesellschaft vor zwei.

aus meiner Perspektive zentrale Herausforderung. Nämlich einmal die Garantie einer friedlichen Koexistenz der individuellen weltanschaulichen Pluralität. Und zwar in Form der Durchsetzung der Idee, dass alle Religionen und alle Weltanschauungsgemeinschaften das gleiche Freiheitsrecht haben und vom Staat gleich behandelt werden müssen. Das ist aber unter Umständen unpopulär.

Und wie wir gesehen haben, entspricht das nicht unbedingt den Einstellungen von Bürgerinnen und Bürgern. Das ist aber, wenn es um die Freiheitsrechte geht, grundgesetzlich erstmal egal. Aber die Vermittlung... zwischen diesen grundgesetzlichen Werten und dem, was populär ist, ist tatsächlich eine sehr, sehr harte Herausforderung. Zweitens geht es natürlich um die Anpassung institutioneller Arrangements.

In dem Nachkriegsdeutschland war das sehr klar. Das Arrangement ist ausgelegt auf zwei große Volkskirchen. Das passt jetzt aber in die aktuelle Zeit mit sich pluralisierenden und pluralisierten religiösen Landschaften nicht mehr. Die Durchsetzung der Äquidistanz muss gewährleistet werden durch gleiche institutionelle Angebote für alle Religions.

und Weltanschauungsgemeinschaften. Und Seelsorge, vor allen Dingen in Gefängnissen, ist da nur ein Beispiel. Es macht Sinn, Seelsorger, Seelsorgerinnen auszubilden, die nicht nur eine Religionsgemeinschaft oder zwei Religionsgemeinschaften ansprechen können. Und dass diese institutionellen Angebote müssen auch gegen religiöse Abschottungsversuche, beispielsweise in Form von religiösem Privatunterricht.

durchgesetzt werden. Da es weder ein Recht noch Anrecht gibt, das moralisch letztbegründbar ist, mit keine moralische Letztbegründung für Rechte, müssen Lösungen dieser Herausforderungen gesellschaftlich verhandelt werden. Diese Verhandlungen müssen in einer aufklärerisch-demokratischen Gesellschaftsordnung möglichst viele Parteien einbeziehen, damit viele Interessen auch tatsächlich berücksichtigt werden können.

Und sie können nie konfliktfrei sein. Wir haben keine Möglichkeit, religiöse Vielfalt völlig konfliktfrei zu verhandeln. Da es hier nicht um prinzipielle Werthaltungen geht, sondern es geht um konkrete Umsetzungen. Und bei konkreten Umsetzungen, was genau ist jetzt Toleranz? Was genau machen wir, wenn wir tolerant sind? Haben wir gesehen, da spielen verschiedene weltanschauliche Ideologien eine zentrale.

möglicherweise auch konfliktierende Rolle als Bereicherung, aber auch als Bedrohung. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich freue mich jetzt auf Fragen und Kommentare von Ihnen. Unsere Gesellschaft wird also religiös diverser und das ist eine Herausforderung. Und ich sage das öfters an dieser Stelle nach einem Vortrag. Wir beobachten hier mal wieder Demokratie und gesellschaftliche Weiterentwicklung in Progress.

Ja, das liegt an uns allen, dafür gemeinsam gute Lösungen zu finden. Und das ist auch mal anstrengend, ja, aber das ist ja auch gut so und das gehört halt eben dazu. Die Soziologin Annette Schnabel hatten wir heute im Vortrag zum Thema die veränderte Rolle von Religion in Deutschland.

So, und als wäre das nicht schon alles kompliziert genug mit dem Glauben, bringen wir in der nächsten Hörsaalfolge noch einen neuen Aspekt mit rein, der eben bei Annette Schnabel ja auch schon mal so ein bisschen angeklungen ist. Verschwörungstheorien sind durchaus plausibel als Form von Ersatzreligionen zu konzeptionalisieren.

Das kann man sich vorstellen, dass das attraktiv ist, subjektiv hilft, Orientierung, Identität zu finden, Ohnmachtsgefühle zu überwinden. Politisch treten aber vor allem natürlich Probleme auf. Was Verschwörungstheorien fast verunmöglichen, ist das, was eine demokratische Gesellschaft tatsächlich braucht, nämlich so etwas wie ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Wir sehen einen Vertrauensverlust in politische Institutionen.

Eine Verschwörungstheorie kann überhaupt nicht anders als das Lager einteilen in gut, böse, in Freund und Feind. Politisch eine massive Herausforderung. Noch mehr Beef und noch mehr Herausforderungen für unsere Gesellschaft. Es bleibt spannend. Negativer Glaube? Ideologien und Verschwörungstheorien als Ersatzreligionen. So heißt der Vortrag des Politikwissenschaftlers Oliver Hidalgo, den ihr in der nächsten Hörsaal-Episode hört. Ich freue mich drauf. Bis dann.

Dann Katrin Ohlendorf am Mikro. Ja, Agnostikerin übrigens, um auch mal die Eingangsfrage zu beantworten. Ich sage bis zum nächsten Mal und schön, dass ihr dabei wart. Jeden Donnerstag und Freitag neu in der Deutschlandfunk-App.

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