Marvel-Fusion-COO Freund: „Ich dachte, jetzt muss ich all meinen Mut zusammennehmen und springen“ - podcast episode cover

Marvel-Fusion-COO Freund: „Ich dachte, jetzt muss ich all meinen Mut zusammennehmen und springen“

Sep 20, 202447 minEp. 280
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Heike Freund hat sich nicht weniger vorgenommen, als die Sonne auf die Erde zu holen. Sie verantwortet das Tagesgeschäft bei Marvel Fusion: Das Start-up wurde 2019 gegründet, hat 70 Mitarbeiter und bislang etwa 60 Millionen Euro bei Investoren eingesammelt, um Kernfusionsanlagen zu bauen – oder derzeit noch: zu entwickeln. Die Idee, den Prozess, der die Sonne zum Strahlen bringt, auf unserem Planeten nachzubilden, ist mehr als 50 Jahre alt. Nur wahr geworden ist er bislang nicht. Warum Heike Freund dennoch daran glaubt – und warum sie dafür einen ebenso sicheren wie gut bezahlten Posten als McKinsey-Partnerin aufgegeben hat, erzählt sie Varinia Bernau in dieser Folge. Mitarbeit: Johannes Grote, Anna Hönscheid *** Das exklusive Abo-Angebot für alle Hörerinnen und Hörer vom WirtschaftsWoche Chefgespräch: wiwo.de/chef-abo Helfen Sie uns, unsere Podcasts weiter zu verbessern. Ihre Meinung ist uns wichtig: www.wiwo.de/zufriedenheit [Mehr über die Angebote unserer Werbepartnerinnen und -partner finden Sie HIER](http://cmk.wiwo.de/cms/articles/15602/anzeige/podcast-werbepartnerinnen/hier-gibt-s-weitere-infos-zu-den-angeboten-unserer-werbepartner-innen)

Transcript

Mein heutiger Gast hat sich nicht weniger vorgenommen, als die Sonne auf die Erde zu holen. Schön, dass Sie da sind, Heike Freund. Ich freue mich riesig heute auf das Gespräch hier. Frau Freund, Sie verantworten das Tagesgeschäft bei Marvel Fusion. Das Startup wurde 2019 gegründet, hat 70 Mitarbeiter in etwa und bislang so grob 60 Millionen Euro bei Investoren eingesammelt, um Kernfusionsanlagen zu bauen oder derzeit noch zu entwickeln.

Denn der Traum, den Prozess, der die Sonne zum Strahlen bringt, auf unserem Planeten nachzubilden, ist mehr als 50 Jahre alt. Nur wahr geworden ist er bislang nicht. Warum Sie, Frau Freund, dennoch daran glauben, wofür Sie selbst die Energie für dieses Abenteuer hernehmen und warum Sie dafür einen ebenso sicheren wie gut bezahlten Posten als McKinsey-Partnerin aufgegeben haben, um all dies und noch einiges mehr soll es in den nächsten etwa 45 Minuten gehen.

Mein Name ist Varinia Bernau, ich leite bei der WirtschaftsWoche das Ressort Management und Karriere und ich würde sagen, los geht's. Mein Kollege Andreas Menn schreibt bei uns bei der WiWoüber die Zukunftstechnologien. Und da hat auch Sie, Frau Freund, schon getroffen. Und ich würde sagen, hören wir mal rein, was ihm als erstes zu Ihnen in den Sinn gekommen ist. Ja, Heike Freund kommt ja aus der Welt der Strategies und Shareholders.

Sie kann aber auch Kilowatt und Kernphysik. Im Gespräch erklärt sie anschaulich, wie das funktionieren soll mit der Kernfusion. Vielleicht macht das Sie auch zu einer der führenden Figuren in Deutschland zu dem Thema. Sie ist gut vernetzt, viel unterwegs, auch auf Veranstaltungen. Zuletzt traf ich Sie im ITER-Reaktor in Südfrankreich und immer wieder kann sie authentisch ihre Begeisterung rüberbringen für eine möglicherweise unerschöpfliche CO2-freie Energiequelle.

Jetzt geht es darum, diese Vision auch zur Wirklichkeit zu machen. Fühlen Sie sich getroffen? Also es freut mich, dass ich Ihrem Kollegen, den ich tatsächlich schon etliche Male treffen durfte und schon mit ihm ein paar Gespräche hatte, anscheinend ja sehr anschaulich erklären konnte, was wir machen und auch meine Begeisterung für das Thema rüberbringen konnte. Von dem her, ja, dem würde ich zustimmen.

Wunderbar. Und fühlen Sie manchmal dann doch etwas Bammel vor dieser wichtigen Prüfung, die mein Kollege Andreas Mender ja auch angesprochen hat, aus der Vision jetzt eben die Wirklichkeit zu machen? Ich glaube tatsächlich, das Thema Fusionsenergie umzusetzen, ist wahrscheinlich eine der größten Herausforderungen, die wir im aktuellen Jahrzehnt oder vielleicht sogar Jahrhundert haben.

Aber ich glaube auch, es gibt jetzt die Chance, tatsächlich Fusionskraftwerke in naher Zukunft zu sehen und die, wie Sie ja auch schon genannt haben, die Sonne auf Erden zu holen und damit eine CO2-freie, saubere, sichere Energiequelle zu haben. Und ich glaube, insbesondere Deutschland bräuchte so dringend CO2-freien, sauberen, sicheren Strom. Und da könnten wir die Lösung sein.

Ehe wir noch etwas genauer über die Kernfusion sprechen und über das, was Marvel Fusion macht, um diesen Traum eben zu ermöglichen, bleiben wir mal noch ein bisschen bei Ihnen. Machen wir mal ein Gedankenexperiment. Stellen wir uns vor, die, sagen wir mal, zehnjährige Heike Freund würde jetzt hier zu uns in den Raum kommen. Wäre die überrascht, was für verrückte Sachen sie als Erwachsene mal macht?

Tatsächlich glaube ich nicht, weil tatsächlich, ich bin in der Pfalz aufgewachsen und bei uns war nicht weit entfernt, des Kernspaltungskraftwerks in Philipsburg. Und schon als Kind hat mich dieses Kernspaltungskraftwerk fasziniert.

Ich war dort dann auch zu Besuch gewesen mit meiner Familie, habe mit meiner Mama zusammen sogar damals an die Deutsche Physikalische Gesellschaft einen Brief geschrieben, dass ich mich sehr für diese Technologie interessiere und habe dann auch tatsächlich sehr viel Informationsmaterial dazu zugesendet bekommen.

Habe mich auch in der Schule immer sehr für das Thema Physik interessiert, habe dann später zwar Wirtschaftsingenieurwesen studiert, Aber von dem her glaube ich, ganz überraschend wäre es wahrscheinlich doch nicht. Obwohl ich natürlich heutzutage sagen muss, dass die Fusionsenergie natürlich deutlich besser ist als die Kernspaltung, weil wir bei der Fusion ja keinen langlebigen radioaktiven Abfall produzieren, kein Kettenreaktionsrisiko haben.

Das wusste die zehnjährige Heike nicht, aber ich habe mich schon immer für das Thema Energie interessiert. Okay, das klingt sehr zielstrebig. Wussten Sie auch schon früh, vielleicht noch nicht mit 10, aber dann spätestens mit 11, wohin die Reise beruflich gehen soll? Das wusste ich tatsächlich nicht, da ich schon immer, ich habe immer sehr viele Themen interessiert. Mich hat interessiert, wie ein Auto angetrieben wird, woher die Energie kommt, warum Raketen in den Weltraum fliegen und so weiter.

Von dem her würde ich sagen, war ich schon immer sehr vielfältig interessiert. Und daher dann vielleicht auch das Wirtschaftsingenieurstudium, weil das ja auch wieder ein sehr breites Studium ist, was von Thermodynamik über Elektrotechnik über Maschinenbau sehr, sehr viel abdeckt. Und vielleicht auch deswegen danach dann der Einstieg bei McKinsey, weil ich ja auch bei McKinsey weiterhin sehr breit unterwegs sein konnte.

Ich habe damals viele Projekte in der Autoindustrie gemacht, im Maschinenbau gemacht, von dem her schon, ich würde sagen, immer in den technischen Bereichen, technischen Funktionen, aber da war ich immer sehr vielfältig interessiert. Und warum, Sie haben es eben gesagt, Sie haben dann Wirtschaftsingenieurwesen studiert, also schon ein technisches Fach, aber eben auch nicht nur, sondern so an der Schnittstelle eben auch zu den Wirtschaftswissenschaften, an der Uni Karlsruhe.

Warum noch zusätzlich dieses wirtschaftliche Interesse? Sie hätten ja auch direkt im Reaktor arbeiten können oder in die Autoproduktion gehen können, Ingenieurin werden können.

Tatsächlich war ich an der Uni Karlsruhe bei einem Tag der offenen Tür am Ende, nachdem ich mit dem Abi fertig war und dort haben sich die verschiedenen Studiengänge vorgestellt und was ich bei Wirtschaftsingenieurwesen spannend fand, war wirklich diese Kombination aus der einen Seite Ingenieurswissenschaften, das ist auch relativ breit, aber dazu zusätzlich auch BWL,

VWL, Informatik, einfach auch diese Themen zusätzlich dazu. zu. Und dann muss ich sagen, war das am Ende auch, also neben diesem ganzen rationalen, analytischen, auch ein bisschen eine Bauchentscheidung.

Ich hatte bei dem Tag der offenen Tür, ich bin da relativ offen hingegangen, hatte mich sowohl für Maschinenbau interessiert, auch für Wirtschaftsingenieurin studiert und andere Studiengänge und hatte dort einfach andere Studenten getroffen, mit denen ich mir auch gut vorstellen konnte, zusammen zu studieren, habe mir die Informationsvorlesungen angeschaut und so und hatte da einfach ein sehr,

sehr gutes Bauchgefühl gehabt. Und das, würde ich sagen, ist auch ein Thema, was sich bei mir auch mein Leben lang durchgezogen hat, was mir immer wichtig war, auch mit guten Menschen zusammenzuarbeiten. Und was für Menschen waren das dann, die Sie in Ihrem Studium getroffen haben? Sie haben später dann auch noch ein MBA draufgesattelt an der INSEAD, einer der führenden Business Schools mit Sitz in Frankreich. Was nehmen Sie aus dieser Zeit, aus dieser Studienzeit menschlich mit?

Also was hat Sie da geprägt? Es waren jeweils sehr, sehr unterschiedliche Umfelder. Also Karlsruhe, Wirtschafts- und Ingenieurstudium, war damals ja auch noch nicht Bachelor und Master, sondern war noch Vordiplom, Hauptdiplom, war würde ich sagen noch ein sehr deutsches Studienumfeld. Viele Karohemden, stelle ich mir da jetzt vor. Viele Karohemden, in der Tat. Und aber auch per se sehr viel Frontalunterricht.

Aber trotzdem sehr, sehr spannende und ich muss sagen, viele meiner heutigen Freundschaften stammen auch aus der Zeit im Studium in Karlsruhe, weil Karlsruhe tatsächlich auch ein Ort ist, an den viele Leute hingezogen sind, um das Studium dort zu machen. Und das hat dann, glaube ich, einen auch als Gemeinschaft sehr zusammengeschweißt.

Und danach dann das Studium, dann hatte ich ja bei McKinsey gestartet und im Rahmen meiner McKinsey-Tätigkeit dann auch eine Freistellung bekommen, um ein MBA zu machen an der INSEAD. Und das war dann ein ganz, ganz anderes Umfeld, weil das war eine Business School mit sehr, sehr internationalen Studenten, die von überall von der Welt her kamen. Man hatte sehr bunt gemischte Studiengruppen. In meiner Studiengruppe war eine Inderin, ein Koreaner, der in den USA aufgewachsen ist.

In meiner Studentengruppe war jemand aus Litauen, der in Singapur aufgewachsen ist. Ein Russe, der in Frankreich aufgewachsen ist. Also ich könnte da immer weitermachen. Sehr Multikulti. Sehr Multikulti und das hat mir einfach nochmal, glaube ich, einfach ein sehr starkes Gefühl auch gegeben für dieses ganze Thema, wie unterschiedliche Kulturen auch arbeiten, zusammenarbeiten.

Und es war da tatsächlich auch weniger ein Frontalunterricht, sondern viel auch die Arbeit in den kleinen Gruppen, viel Case Studies lesen, sich viel in den Case Studies ja auch mit den Strategien der großen Konzerne beschäftigen, sehr viel diskutieren. Und deswegen war das für mich auch nochmal eine ganz, ganz wichtige Erfahrung, die ich da in dem internationalen Kontext hatte. Und sie hat sich ausgezahlt, denn mit Mitte 30 waren Sie bereits Partnerin bei McKinsey.

Das ist eine ziemlich steile Karriere. Wie haben Sie das denn angestellt? Also tatsächlich war ich ja zehn Jahre lang bei McKinsey gewesen und war dann auch Partnerin. Ich glaube, bei McKinsey habe ich ein Umfeld gefunden, was für mich sehr gut funktioniert hat. Viele Kollegen, die, glaube ich, ähnlich wie ich mit sehr viel Passion an Themen gearbeitet haben, haben da mit der Zeit auch so meine Felder gefunden, in denen ich viel gearbeitet habe.

Viel Maschinenbau, viel Autoindustrie, viel Hightech-Industrie. Dort immer so an der Schnittstelle zwischen Strategie und Operations gearbeitet. Operations war viel Produktion, Entwicklung, Einkauf, habe dann auch sehr viel das Thema Anlaufmanagement gemacht, also wie man neue Ideen aus der Entwicklung quasi in die Skalierung bekommt. Und wir sagen, MarvelFusion ist jetzt so das größte Themaim Anlaufmanagement ... Ja, das war eine gute Vorbereitung.

... ie man das aus dem R&D in die Realität umsetzt. Aber von dem her war das ein Umfeld, was für mich einfach sehr, sehr gut funktioniert hat beim McKinsey und wo ich mit vielen tollen Kollegen arbeiten durfte, tolle Klienten hatte, auch damals sehr international arbeiten durfte.

Also ich war bei McKinsey viel in China, in Pakistan, in den USA, in Brasilien, in allen Ländern, in Europa und ich glaube gerade so als erste Berufsstation war das einfach toll gewesen und immer ja an großen Themen gearbeitet. Also ich habe mir für einen großen deutschen Autohersteller angeschaut, wollen wir eine eigene Brand in China machen und so weiter.

Ich war ein Studienabgänger quasi und durfte bei McKinsey mich ja sehr schnell mit diesen sehr großen Fragestellungen beschäftigen, fiel natürlich auch Transformationen dann der Unternehmen mit begleitet und habe da einfach sehr viel gelernt, was mir glaube ich auch heute sehr viel hilft in meinem aktuellen Umfeld. Und da stellen sich mir so zwei Fragen. Wenn man das eben direkt vom Studium kommt, solch eine Position bekommt, kommt, ist das ja einerseits ein enormes Privileg.

Haben Sie da manchmal... Und ja, vielleicht auch so gedacht, oh Gott, oh Gott, wie habe ich das verdient? Und hat sich dann da auch vielleicht doch manchmal so eine Ehrfurcht eingestellt, weil man kommt da von der Uni und dann ist man plötzlich bei VW mit dem oberen Management in einem Raum. Also Erfurcht auf jeden Fall und gerade auch als junge Frau in einem, sag ich mal, auch oft ja Engineering-Umfeld, war man da natürlich oft auch die einzige Frau im Raum und so weiter.

Von dem her waren das Themen, klar. Aber das Gute ist, glaube ich, bei McKinsey, dass ich in diese Rolle ja über zehn Jahre reingewachsen bin und dass man auch bei McKinsey nie alleine unterwegs ist. Man ist ja immer mit einem Team zusammen auf einem Projekt. Und mit der Zeit habe ich natürlich auch meine eigenen Themen gehabt, die ich verantwortet habe, meine Klienten gehabt, die ich entwickelt habe und aufgebaut habe.

Und von dem her würde ich sagen, der Vorteil bei McKinsey war schon, also man ist so gut reingewachsen in die Aufgaben. Man hatte immer das Gefühl gehabt, dass die Schuhe immer so ein kleines Stück zu groß waren und wenn sie gerade gepasst haben und man sich gerade wohl gefühlt hat, dann wurde man wieder in die nächste Herausforderung reingeworfen.

Aber es hat sich immer angefühlt, wie wenn man sozusagen in eine Herausforderung reingeworfen wurde, da steht noch jemand am Beckenrand und passt auf einen auf. Und wenn es nicht funktioniert, wird man auch wieder ... ... kommt die helfende Hand ...

... es hat sich so angefühlt wie, man war nie alleine. Und es hat sich angefühlt, ja die Schuhe waren immer ein kleines Stück zu groß. Aber man ist dadurch auch nie in so eine komfortable Position gekommen, wo man gesagt hat, okay, jetzt kann man hier mal zwei, drei Jahre sich ausruhen. In so einer Position war ich nie. Und haben Sie das eher als anstrengend oder eher als anspornend [wahrgenommen]?

Total als anspornend, weil ich glaube, dieses sehr schnelle, dynamische Umfeld, auch immer mit extrem schlauen Leuten zusammenzuarbeiten, ich finde es immer gut, im Team Leute zu haben, die auch besser sind als man selber, damit man lernen kann. Und für mich war das immer ein Ansporn und dadurch wurde es auch nie langweilig. Und zehn Jahre hören sich jetzt erstmal auf wie eine lange Zeit an, aber zehn Jahre sind für mich so peng wie im Flug vergangen.

Aber das ist ja schon eine Reflexionsgabe, Selbstreflexion voraus zu sagen, ich umgebe mich gern mit klugen Leuten. Das ist ja auch so ein Management-Claim, dass dann die Leute sagen, ja … am besten und am stimulierendsten ist es, wenn alle anderen klüger sind im Raum. Das setzt ja aber auch voraus, dass man das eigene Ego zurückschrauben kann, oder?

Ich glaube, ich weiß, welche Sachen ich gut kann. Ich weiß aber auch jetzt, wenn ich auf unser aktuelles Unternehmen gehe, ich verantworte ja nicht die Physik bei uns zum Beispiel. Ich bin Ingenieurin, ich beantworte als COO den Aufbau der Firma, die Weiterentwicklung der Firma. Aber natürlich weiß ich, dass ich Leute, viele Leute bei mir in der Firma habe, die in den einzelnen Bereichen besser sind als ich. Und das muss ja auch genauso sein.

Und hingekommen sind Sie zu diesen Physikern von Marvel Fusion, weil sie im Mai 2020, wir erinnern uns, die Welt im Corona-Wahn, so die ersten Lockerungen, das Schlimmste war vorbei. Man durfte wieder in ein Restaurant gehen. Und sie haben sich hier in München mit Freunden zum Mittagessen getroffen und neben ihnen sitzt dann Moritz von der Linden, der Chef von Marvel Fusion. Ein ziemlicher Zufall, oder? Ja, kann man sagen, aber ich glaube, dann ist auch immer die Frage,

was macht man daraus? Und das ist ja extrem gut recherchiert. Ich hätte es selber wahrscheinlich nicht mehr gewusst, dass es der Mai 2020 war. Das war genau nach den ersten Corona-Lockdowns. Man hat sich wieder mit Freunden zum Mittagessen getroffen. Und so habe ich Moritz von der Linden kennengelernt, der mir erzählt hat, dass er gerade diese Firma gegründet hat in München. Marvel Fusion. Zielsetzung: Kommerzialisierung der Fusionsenergie. CO2-freier, sauberer, sicherer Strom.

Und dass er gerade dabei ist, die schlauesten Physiker, Ingenieure, Unternehmerweltweit zusammenzuziehen, um hier in München diese Firma zu bauen. Und ich wusste ja schon in 2020 sehr gut aus den Gesprächen mit meinen Klienten damals, wie sehr der Wirtschaftsstandort Deutschland unter Druck steht. Und dass wir mehr CO2-freien, sauberen, sicheren Strom brauchen, dass wir ansonsten die wirtschaftliche Basis, die wir hier gerade haben, schwierig weiter aufrechterhalten können und so weiter.

Und fairerweise ist die Situation seit 2020 ja eher schlechter geworden als besser geworden. Aber den Background hatte ich sicherlich aus meinen Gesprächen von McKinsey gehabt. Und dann sitzt jemand neben mir, der mir erzählt, mit Fusionsenergie können wir das alles lösen, haben genügend CO2-freien, sauberen, sicheren, bezahlbaren Strom.

Und natürlich hat mich das spannend gemacht. Und wir haben uns dann noch ein paar Mal danach alleine getroffen, er hat mir mehr von der Firma erzählt und dann habe ich gesagt, Mensch, das ist so spannend, da muss man mit dabei sein. Und das hat ja sozusagen an Purpose, Impact, das sind ja immer so Schlagwörter, die wir oft auch gerne dann sagen, so Mensch, woran möchte ich denn arbeiten? Aber gibt es ein tolleres Thema, an dem man arbeiten kann, als an Fusionsenergie? Ich glaube nicht.

Aber Purpose ist das eine. Das andere ist, Sie mussten in München, wo die Mieten jetzt nicht gerade niedrig sind, auch Ihren Lebensunterhalt bestreiten. Und ich nehme an, das geht halt von so einem McKinsey-Gehalt deutlich besser, als wenn wir jetzt in die Startup-Welt gehen. Deswegen, was war das für ein Prozess? Wie lange hat das in Ihnen gearbeitet? Wie schnell haben Sie dann auch gesagt, okay, ich mache es?

Klar, also ganz am Anfang war das natürlich erstmal, ich habe diesen sicheren Job bei McKinsey, habe ein sehr gutes Gehalt gehabt bei McKinsey und das war natürlich eine Überwindung zu sagen, ich gebe diesen sicheren Job mit diesem guten Gehalt auf, um in ein Startup-Umfeld zu gehen, wo ja damals in 2020 auch noch nicht klar war, wo wir jetzt heute vier Jahre später stehen. Von dem her, das hat sicherlich Mut und Überwindung gekostet.

Ich glaube, was damals geholfen hat, ist, kurz nachdem ich Moritz kennengelernt habe, bin ich auf eine Fahrradtour über die Alpen gegangen. Ich wollte eigentlich im Sommer meinen Bruder in Kalifornien besuchen gehen, ging dann nicht wegen Covid-Lockdown und so weiter. Das heißt, ich bin mit dem Rennrad über die Alpen gefahren. Und auf so einer Fahrradtour über die Alpen hat man ja viel Zeit nachzudenken. Kein Laptop dabei, Handy auch nicht die ganze Zeit bei sich.

Viele Berge, die man hochstrumpelt und runterfährt. Also viel Zeit zum Überlegen. Und da habe ich gedacht, zu dem Zeitpunkt war ich 35. Klar, das fühlt sich jetzt erstmal riskant an, aber wenn ich das jetzt nicht mache, was denn dann? Also kann man an einem tolleren Thema arbeiten als an dem Thema und als ich dann von der Fahrradtour zurückkam. Das Erste, was ich gemacht habe, war Moritz zu treffen und zu sagen, ich mache das.

Und ich glaube, so ein paar Gedanken, die ich auch auf der Fahrradtour hatte, waren dann so ein bisschen zu sagen, okay, so ein Arbeitsleben ist ja in Summe, weiß nicht, vielleicht 40 Jahre, 50 Jahre. Zehn Jahre davon war ich schon beim McKinsey. Das heißt, so 25 Prozent der Arbeitszeit waren auch schon rum. Und dann ist ja eigentlich auch fast schon so Opportunitätskosten, weil wie viele tolle Sachen kann man dann in seinem Leben machen?

Und wenn ich das nicht mache, ich glaube, ich hätte niemals McKinsey, ich war, wie man ja gehört hat, super, super happy bei McKinsey und ich hätte McKinsey wahrscheinlich nicht verlassen, um in einen Großkonzern zu gehen oder was auch immer. Aber da habe ich gesehen, okay, also wenn ich das nicht mache, was denn dann? Und dann habe ich gesagt, okay, jetzt muss ich all meinen Mut zusammennehmen

und springen und habe es auch nicht bereut. Ich bin wahnsinnig stolz auf das, was wir jetzt aufgebaut haben bei Marvel Fusion, auch in den letzten vier Jahren. Also damals war es eine Handvoll Leute, jetzt sind wir ein Team von 70 Leuten aus über 22 verschiedenen Nationen, also von Australien bis Chile, alle Nationen, die man sich vorstellen kann. Und alle führenden Wissenschaftler in ihren Bereichen bewerben sich bei uns, um zu uns zu kommen global.

Und das ist ja, finde ich, auch ein wahnsinniges Privileg jeden Tag. Mit tollen Leuten arbeiten zu dürfen. Wir sind jetzt die, ich würde uns als am besten positionierte Laser-Fusions-Company weltweit, sehe ich uns. Wir haben am meisten Funding, am meisten Mitarbeiter, sind da sehr gut positioniert, auf unserer Reise, in den nächsten zehn Jahren Kraftwerke zu bauen.

Ich finde es ganz spannend, dass die Entscheidung dann letztlich bei so einer Rennradtour über die Alpen gereift, entstanden, irgendwie gefallen ist. Ich persönlich weiß so ganz bewusst auf alle Fälle, dass ich zweimal auch im Urlaub eine Karriereentscheidung getroffen habe, weil das eben diese Zeit ist, wo man ganz in Ruhe, ohne Ablenkung in sich reinhören kann, so eine Entscheidung so sackt in einem. Treffen sie auch andere Entscheidungen so?

Oder gibt es auch andere Entscheidungen, wo sie sagen, da sind sie viel impulsiver, da müssen sie gar nicht? Ich meine, das ist natürlich schon eine große Entscheidung. Ja, klar. Also früher habe ich oft Entscheidungen impulsiver getroffen, quasi on the spot. Aber ich habe dann mal sehr früh einen sehr guten Tipp bekommen.

Also Karriere-Tipp. Und der ist, wenn man E-Mails bekommt, die einen auch mal auf die Palme bringen, dann nicht direkt darauf zu antworten, sondern erst eine Nacht drüber zu schlafen und erst am nächsten Tag zu antworten. Weil meistens ist das, was man direkt antwortet, nicht das Schlauste, was man tun kann. Und das habe ich ein paar Mal in der Zukunft, wenn solche Situationen waren, habe ich an den Rat zurückgedacht. Den Rat habe ich von Ilka Horst von BMW bekommen vor vielen Jahren.

Und das fand ich war einfach. Ja, ist immer noch ein Top-Rat. Und ich glaube auch zu dem Punkt, warum hilft es vielleicht manchmal auch im Urlaub eine Entscheidung zu treffen, wenn ich in die Karriere wechsle. Ich finde, das ist ja wahnsinnig leicht an einem schlechten Tag, also wenn ich einen schlechten Tag bei der Arbeit habe, zu sagen, jetzt schmeiße ich hin, jetzt gehe ich weg und so weiter.

Und ich finde aber, so eine Entscheidung für einen Karrierewechsel muss sich ja eigentlich auch an einem guten Tag richtig anfühlen. Also wenn es mir richtig gut geht, wenn ich im Urlaub bin, wenn ich keinen Chef habe, der mir im Nacken sitzt oder wie auch immer und dass sich in so einem Moment eine Entscheidung richtig anfühlt. Weil ich glaube, an einem schlechten Tag die Entscheidung zu treffen, ein Unternehmen zu verlassen, das kann jeder.

Aber auch an einem guten Tag das zu treffen, ich glaube, dann weiß man, dass man die richtige Entscheidung triff Ja, wir kommen jetzt zu einer Rubrik, die wir die Chefsache nennen. Unsere Gäste hier im Podcast bringen nämlich immer etwas mit, das ihnen besonders wichtig ist. Jetzt haben Sie mir schon verraten, dass Sie an dem Gegenstand, den Sie mitgebracht haben, mich unbedingt mit Herzblut hängen, aber er ist doch ziemlich wichtig für Sie.

Und er ist schwarz, so viel kann ich verraten. Was ist das? Tatsächlich habt ihr mich für eine große Aufgabe gestellt. Und ich habe nachgedacht Was ist sie? Ich hatte mich gefragt, einen Gegenstand mitzubringen, der mir viel bedeutet, der mir wichtig ist. Und ich habe festgestellt, ich hänge, glaube ich, gar nicht an materiellen Sachen so stark, dass ich jetzt sagen könnte, es gibt eine materielle Sache, die mir wichtig ist.

Ich glaube, für mich sind eher Begegnungen wichtig und gemeinsame Erlebnisse, aber gar nicht so unbedingt einzelne Gegenstände. Und als ich dann aber in meine Tasche geschaut habe und geschaut habe, was gibt es denn in der Tasche, was immer in meiner Tasche ist, dann ist es tatsächlich neben Laptop und Handy eine schwarze Schlafmaske.

Wofür steht diese Schlafmaske für mich? Ich glaube, die Schlafmaske steht für mich dafür, dass es mir wichtig ist, dass ich, ich bin sehr viel unterwegs, ich bin viel in Zügen, in Flugzeugen, in Hotelzimmern und dass ich überall auch guten Schlaf bekomme, weil ich weiß, um im beruflichen Kontext gute Leistungen abliefern zu können, braucht man auch die entsprechende Erholung.

Und die Schlafmaske ermöglicht es mir auch überall, wenn ich morgens mit dem Zug nach Berlin fahre von München aus, dort noch ein bisschen Erholung zu bekommen.

Und ich glaube, das steht auch aber grundsätzlich für mich als Person, weil ich versuche auch, ich habe ein sehr dynamisches, anstrengendes Berufsumfeld und versuche dann auch am Wochenende viel Ausgleich zu bekommen, indem ich in die Natur gehe, indem ich viel Rennrad fahren gehe, wandern gehe, meine Urlaube meistens mit unserem VW-Bus verbringe. Wir waren jetzt gerade auf Korsica mit dem VW-Bus, sind dort durch die Natur gefahren.

Und das sind für mich dann die Momente, in denen ich den richtigen Ausgleich habe und auch abschalten kann. Und von dem her steht dieser Gegenstand wahrscheinlich symbolisch für die Balance aus: Auf der einen Seite vollem Einsatz im Job, aber auf der anderen Seite auch dem Ausgleich in der Natur. Und Sie können dann auch wirklich überall schlafen?

Ich kann überall schlafen. Aber das ist tatsächlich, also wenn Sie meine Studienfreunde fragen, dann würden die sagen, die Heike hat auch schon in jedem Club und jeder Bar in Karlsruhe geschlafen, wenn sie müde ist. Das spricht jetzt nicht für die Partys. Ich kann überall, wenn ich müde bin, dann bekomme ich meinen Schlaf. Wenn Sie meine Familie fragen, dann habe ich als Kind schon immer überall, wenn ich müde bin. Dann setze ich mich hin und ich könnte wahrscheinlich hier gerade im Gespräch,

wenn es nicht so spannend wäre, die Maske aufsetzen und schlafen. Tatsächlich eigentlich, wenn ich morgens in einen Zug steige, ich nehme oft den Morgenszug von München nach Berlin, wenn ich in Berlin Termine habe und die Maske aufsetze, dann kann ich da nochmal gut schlafen.

Beneidenswert. Ich bin mir ziemlich sicher, ich habe eigentlich auch einen ganz guten Schlaf, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass viele Hörer und Hörerinnen da jetzt gerade hellhörig werden und auch ein bisschen neidisch. Ja, aber da haben Sie ja dann gerade schon ganz gut beschrieben, wo Sie die Energie herholen, um die Sonnenenergie eben auf die Erde zu holen. Oder diesen Prozess.

Ja, und lassen Sie uns deswegen nochmal in das Thema Kernfusion, damit es auch spannend bleibt, etwas tiefer einsteigen. Ganz vereinfacht ist das ja, Sie haben es eben auch schon mal gesagt, eigentlich das genaue Gegenteil von dem, was in einem Atomkraftwerk passiert. Dort werden Atomkerne gespalten und bei der Kernfusion geht es darum, die eben zu verschmelzen. Klingt einfach, ist aber doch ein bisschen komplizierter dann in der Praxis.

Es braucht nämlich einen gigantischen Druck und unfassbar hohe Temperaturen. Erst dann rücken eben die Atome so nah zusammen, dass die Kerne auch wirklich verschmelzen und Energie freisetzen. Ich habe es auch eingangs schon gesagt, die Idee dafür gibt es schon eine ganze Weile. Es gibt die einen, die sagen auch schon eine ganze Weile, wir stehen 20 Jahre davor, dass es passiert. Sie sagen, Sie könnten es in zehn Jahren zum Durchbruch bringen.

Warum sollte denn jetzt gelingen, was bislang nicht gelungen ist? Ja, also dazu vielleicht zwei Aspekte. Das eine ist, finde ich, ein sehr gutes Zitat, was sagt, Fusion will be ready when the world needs it. Das ist auch schon aus den 1960ern. Und ich glaube, das ist auch so. Also die Welt braucht jetzt Fusion so wie niemals zuvor. Und wir brauchen einfach CO2-freie, saubere Energie. Und also der Druck, dass wir Fusion in die Kommerzialisierung bringen, ist einfach heutzutage immens.

Und das andere ist, jetzt kann ich mich natürlich hinsetzen und sagen, Mensch, Heike möchte in zehn Jahren Fusionskraftwerke bauen, aber vielleicht auch eine objektive Einschätzung dazu. Es gab jetzt gerade eine Umfrage der Fusion Industry Association. Das ist eine weltweite Organisation, in der viele der privaten Fusion Companies sind, aber auch andere Fusionsexperten sind. Also man kann sagen, vertritt die Fusionsindustrie global.

Und da gab es gerade eine Umfrage und über 70 Prozent der befragten Teilnehmer rechnen damit, dass wir bis 2035, also in den nächsten zehn Jahren, Kraftwerke am Netz sehen. Also nicht nur Heike, die das glaubt, sondern auch 70 Prozent der Fusionsindustrie. Dann haben wir enorme wissenschaftliche Durchbrüche gesehen. Also es gibt ja zwei verschiedene technologische Ansätze, die Laserfusion und die Magnetfusion. Bei Marvel Fusion verfolgen wir einen laserbasierten Ansatz.

Und auch im Bereich der Laserfusion ist es Wissenschaftlern in den USA Ende 2022 gelungen, zum ersten Mal Nettoenergiegewinn zu demonstrieren. Also dass man mehr Fusionsenergie aus einem Experiment rausbekommen hat, als man hineingesetzt hat. Und das war ein riesen Meilenstein natürlich in der Fusionsindustrie und natürlich auch nochmal für uns eine gute Bestätigung, dass die Laserfusion, auf die wir setzen, ein schneller Weg oder ein erfolgreicher Weg darstellen kann.

Also von dem her: riesen wissenschaftliche Durchbrüche. Dann sehen wir, dass gerade im Bereich der Laserfusion auch die Technologien jetzt verfügbar sind, die wir später in einem Kraftwerk brauchen. Wir brauchen Kurzpuls-Lasertechnik. Die Art von Lasertechnik, die wir einsetzen, beruht auf einem Physik-Nobelpreis, der 2018 vergeben wurde an Gerard Moreau und Donna Strickland.

Gerard Moreau ist auch Teil unserer Firma. und von dem her, also es gibt auch quasi die technologische Basis dafür, es gibt die wissenschaftlichen Durchbrüche und wir sehen natürlich, also wie gesagt, der Bedarf der Welt nach Energie, der ist immens.

Und vielleicht nochmal zu dem Thema Bedarf nach Energie ist immens, so ein paar Zahlen, die mir das Problem nochmal illustriert haben, ist auf der einen Seite, es gibt eine Studie der Deutschen Chemikalischen Gesellschaft, dass allein um die komplette Chemieindustrie in Deutschland zu dekarbonisieren, bräuchte man 630 Terawattstunden Strom. Und das ist 1,3 Mal der heutige Strombedarf von Deutschland.

Nur um die Chemieindustrie zu dekarbonisieren. Also mehr als wir heute, wir brauchen so 500 Terawattstunden Strom in Deutschland heutzutage. Also mehr als wir komplett in Deutschland gerade an Strom verbrauchen, bräuchte nur eine Industrie, um dekarbonisiert zu werden. Es gibt noch eine andere Zahl von der deutschen Lufthansa. Wenn ich die heutige Flotte der Lufthansa auf Sustainable Air Fuels setzen möchte, dann braucht das 250 Terawattstunden Strom.

Also die Hälfte vom deutschen Stromverbrauch heute, nur damit die Lufthansa ihre Flotte auf Sustainable Air Fuels setzen könnte. Das sind so Zahlen, die mir einfach nochmal zeigen, ja, der Energiebedarf, vor allem Strombedarf wird weltweit enorm ansteigen und dafür, um das zu wettbewerblichen Preisen zu decken, brauchen wir neue Technologien. Und das ist im Prinzip das, was Sie meinten mit dem Zitat, the technology will be ready when the world needs it. Das ist dieser Druck.

Was ich mich da aber frage, vielleicht um diesen Druck oder dieses Bedürfnis noch ein bisschen greifbarer zu machen, bedeutet das denn auch, dass jetzt, keine Ahnung, Evonik oder BASF als großer Chemiekonzern oder die Lufthansa, dass die auch wirklich das Geld dafür bereitstellen? Den technologischen Durchbruch haben Sie beschrieben, dieses Bedürfnis haben Sie beschrieben. Kommen wir zu der Frage, wer finanziert das Ganze?

Genau, kommt das Geld aus der Industrie? Ist dieses Bedürfnis eher so ein Antrieb für private Investoren, die sich sagen, ah, wenn da ein Bedürfnis ist, dann stecke ich da jetzt vielleicht mal ein bisschen Risikokapital rein? Also weltweit sind jetzt über sieben Milliarden in private Fusions Companies weltweit investiert worden und über 80 Prozent davon in den letzten drei Jahren.

Also wir sehen, dass da jetzt extrem viel Momentum auch an Investoren sind und die Investorenlandschaft geht eigentlich von High Net Worth Individuals, insbesondere in den USA, Jeff Bezos und Bill Gates und so weiter, die in den Bereich investiert haben. Dann die klassischen Venture Capital Fonds, die investiert haben, Family Offices. Wir sehen auch erste strategische Investoren, also die aus dem Industrieumfeld kommen, die investieren.

Allerdings muss man fairerweise sagen, weil Sie jetzt gerade vor allem auch deutsche Industriefirmen genannt haben, dass ein Großteil dieser sieben Milliarden, die wir gesehen haben, in den USA investiert worden sind. Und dass von diesen über sieben Milliarden weniger als zwei Prozent in Firmen innerhalb der EU investiert worden sind. Und davon eins komma nochwaProzent in Firmen innerhalb von Deutschland. Und das kann einfach nicht unser Fair Share hier in Deutschland sein.

Da gibt es viele Gründe, aber hier in Deutschland ist da einfach zu wenig Kapital, was bisher in die Technologie investiert worden ist. Und Sie haben vielleicht auch aus diesem Grunde vor gut einem Jahr eine Kooperation mit der University of Colorado geschlossen für eine eigene Laseranlage, in der Sie dann binnen der nächsten drei Jahre beweisen wollen, dass Ihre Technologie tatsächlich funktioniert. So eine Art Technologie-Demonstration.

Und mit der Entscheidung eben für diesen wichtigen Schritt als deutsches Startup in die USA zu gehen, haben Sie dementsprechend auch für ziemlich viel Aufsehen gesorgt. Deswegenhake ich da direkt nochmal ein. Was sagt denn das über den Standort Deutschland aus? Es sagt tatsächlich einiges über den Standort Deutschland aus. Wir sind eine Münchner Firma, haben unser Headquarter hier in München, haben einen Großteil unserer Mitarbeiter hier in München.

Sind jetzt zu einer globalen Firma geworden, da wir jetzt auch einen Standort in den USA haben. Dort haben wir tatsächlich eine Universität gefunden, Colorado State University, mit der wir in einer Public-Private-Partnership gemeinsam eine Laseranlage bauen. Die hat ein gesamtes Investitionsvermögen von 150 Millionen US-Dollar und wird die führende Kurzpuls-Laseranlage weltweit werden. Jetzt im Oktober wird der Spatenstich dort stattfinden. Ende 2026 wird sie fertiggestellt werden.

Dort können wir dann genau den kompletten Technologienachweis erbringen. Und tatsächlich habe ich da in den USA, gerade auch in der Partnerschaft mit der Universität, ein großes unternehmerisches Potenzial weiter an Universitäten gesehen. Und auch die Möglichkeit, so eine Anlage umzusetzen, das gibt es tatsächlich in der Form in Deutschland viel zu selten.

Und von dem her war das für uns dann ein entscheidender Faktor, zu sagen, okay, wir bauen in Kooperation mit einer Universität dort die Laseranlage und ist natürlich für uns jetzt auch operativ herausfordernder, da, als wenn wir sie hier in Deutschland bauen würden. Wir bauen jetzt ein Team noch in den USA auf, haben dort eine eigene Einheit gegründet und so weiter, sind jetzt zu einer globalen Firma geworden, aber für uns ganz klar eine massive Beschleunigung zu unserem Technologienachweis.

Und das ist einfach ein anderes Umfeld, was man da an amerikanischen Universitäten vorfindet als in Deutschland, leider. Jetzt würde ich mal vermuten, dass Sie es in Deutschland zumindest versucht haben. Was haben Sie da so gehört? Ich glaube, in Deutschland haben wir ein paar Herausforderungen.

Auf der einen Seite schauen wir noch sehr monolithisch in Deutschland aufEs gibt Forschung, es gibt Startups, es gibt Industrieunternehmen und zwischendrin hat man zwar mal kleinere Kooperationsprojekte, aber im Grunde genommen sind es unterschiedliche Einheiten. Und um so ein großes Deep-Tech-Thema wie Fusion umzusetzen, braucht es aber diese Partnerschaften zwischen all diesen Akteuren.

Und das ist so, es gibt ja als Schlagwort so Public-Private-Partnerships und so. Sagen wir immer, das bräuchte es mehr in Deutschland, aber sehe ich noch sehr, sehr selten in Deutschland. Und das ist ein Thema, was in den USA deutlich stärker vorangetrieben wird. Dann in den USA gibt es auch ein sehr starkes Commitment der Regierung zum Thema Fusion.

Es wurde die Bold Decadal Vision verabschiedet im Kongress in den USA, die sehr klar den Anspruch der USA gemacht haben, wir wollen in zehn Jahren Fusionskraftwerke am Netz haben. Danach wurden auch die Budgets in den USA nochmal deutlich erhöht vom Department of Energy. Es gibt dort ein meilensteinbasiertes Fundingprogramm, was analog zu dem Fundingprogramm in der Raumfahrt auch die Firmen in der privaten Industrie unterstützt, mit einem meilensteinbasierten Ansatz.

Also in dem her ein sehr, sehr starkes Commitment in den USA, auch von der Regierung fast ein bisschen ähnlich mit dem We want to put a man on the moon und dann setzt man danach quasi das komplette Programm auf. So hat man sich da das sehr klare Ziel gesetzt. Was wir jetzt erfreulicherweise in Deutschland sehen, ist, dass auch mehr und mehr Bewegung in Deutschland in der Politik in das Thema Fusion kommt. Es gibt jetzt auch ein Funding-Programm, was das BMBF aufgesetzt hat für Fusion.

Wir selber haben auch eine Unterstützung über die Agentur für Sprunginnovation bekommen, mit denen wir jetzt gemeinsam gerade unsere Lasertechnik entwickeln. Also es ist nicht alles schlecht in Deutschland. Es passieren jetzt auch gute Sachen in Deutschland und ich hoffe, dass wir den nächsten Schritt, also nach dem Technologiedemonstrator, bauen wir danach den Prototypen eines Kraftwerkes, dass wir dann auch in Deutschland bauen können. Ich würde sagen, Daumen drücken.

Aber tatsächlich, ich muss da jetzt nochmal so ein bisschen nachhaken, als ich Ihnen das gerade zugehört habe. Jetzt sind Sie ja mit München, haben Sie direkt vor der Haustür, die TUM, die ja schon innerhalb der deutschen Universitätslandschaft als enorm forschungsstark gilt, die auch selbst von sich behauptet, so ein Unternehmergeist. Es gibt auch Unternehmertum. Susanne Klatten beispielsweise hat da ja auch sehr viel reingegeben an Kontakten, an Geld, die eben dieses Unternehmertum fördert.

Und trotzdem haben sie gesagt, haben sie hier eben nicht das Umfeld finden können, was sie in den USA gefunden haben. Mir macht das dann als Bürgerin tatsächlich schon so ein bisschen Sorge, dass man sich irgendwie in den USA vornimmt, so we want to put a man on the moon oder we want to put Kernfusionen, Demonstrationsanlage on the campus und wir streiten uns hier über Förderungsmechanismen für Wärmepumpen. Das ist schon ein bisschen deprimierend, oder?

Ja, also ich glaube tatsächlich, München hat mit der UnternehmerTUM schon einen idealen Standort von allen Universitäten in Deutschland, um Unternehmen zu gründen. Aber ich glaube auch das ist tatsächlich nicht das Problem im Deep Tech Bereich. Also ich glaube, mit einer guten Idee kann man ein Unternehmen in Deutschland gründen. Man kriegt auch die ersten 1, 2, 5, 10, 20 Millionen an Funding und kann auf dem Level auch sicherlich gute Partnerschaften mit Universitäten aufbauen und so.

Das Problem im Deep-Tech-Bereich ist aber, dass man irgendwann an den Punkt kommt, dass man sagt, okay, jetzt braucht man 100 Millionen plus, um eine physische Infrastruktur zu errichten. Und da haben wir leider in Deutschland ein massives Funding-Gap, dass die VC-Funds zu klein sind, Faktor 10 zu klein sind im Vergleich zu den USA, indem wir hier nicht sowas wie meilensteinbasierte Funding-Programme haben, wie wir sie zum Beispiel in den USA sehen.

Und das ist das, wo ich sage, da müssen wir in Deutschland, in Europa dran, dass wir hier in Europa auch die Folgefinanzierungsrunden machen können, also was dann das Series B, Series C und so weiter ist, dass wir diese Deep Tech Companies hier nicht nur züchten, sondern danach auch hier in die Kommerzialisierung bringen können. Und das ist, wo ich einen riesen Anknüpfungspunkt, oder da sehe ich das größte Handlungsfeld.

Ein weiteres Handlungsfeld, was ich auch sehe, weil man könnte ja auch sagen, Mensch, jetzt könnten ja auch die amerikanischen Investoren in Deutschland investieren. Also Geldkann sich ja über Kontinente hinweg bewegen. Aber da kommt, glaube ich, sehr stark dieses Thema auch Commitment der Regierung, politisches Commitment. Und wo man das auch in den USA und auch in England sehr stark sieht, ist, dass dort für das Thema Fusion schon ein regulatorisches Rahmenwerk geschaffen

wurde. Was noch nicht im letzten Detail jedes Gesetz regelt, was aber schon mal sehr klar als Rahmen geregelt hat, wir werden Fusionsenergie nicht wie Kernspaltung regulieren, sondern wir werden es wie industrielle Anlagen regulieren.

Das hat extrem viel Confidence, also Sicherheit, bei den amerikanischen Investoren gebracht oder auch ein gleiches Thema, also nicht nur in den USA, so ist es in den USA und es ist in England so und worüber wir ehrlich gesagt noch nicht viel geredet haben ist China, auch in China sehen wir sehr starke Aktivitäten im Fusionsumfeld, aber immer auch mit diesem sehr starken politischen Backing und das gibt natürlich den Investoren dann auch wieder Sicherheit in diese Bereiche zu investieren.

Von dem her sind das Themen, mit denen wir aber auch aktiv mit der Politik reden. Ich weiß selber gerade kurz vor der Sommerpause in einer Anhörung im Bundestag zum Thema Fusionsregulatorik, wo wir als private Fusionsunternehmen jetzt auch sehr stark in der Bundespolitik uns engagieren und sagen, wir brauchen hier ein starkes Commitment der Regierung zu Fusionen und auch, dass dieses Thema Regulatorik angegangen wird.

Und zwar nicht erst dann, wenn die finale Technologie fertig ist, sondern wir brauchen eine innovationsfreundliche Regulatorik, die sich einfach auch so, wie die Technologie dann reifer wird, auch dann weiter verschärft. Sie haben es eben schon angedeutet, die Demonstrationsanlage steht jetzt dann bald in Colorado und Daumen drücken, dass der Prototyp, die nächste Stufe, dann vielleicht doch in Deutschland steht.

Können Sie denn heute schon sicher sagen, dass nicht auch der dann in den USA steht? Sicher sagen kann ich leider nichts zum heutigen Zeitpunkt, weil am Ende wird man, um so einen Prototypen zu bauen, braucht man wieder noch mehr Geld, braucht man ein starkes Backing, politisches Backing. Wir sind hier in guten Gesprächen mit der bayerischen Landesregierung, auch mit den Landesregierungen anderer Bundesländer, auf Bundesebene und hoffen,

dass wir die Rahmenbedingungen hier so gestalten können. Das ist dann auch hier möglich. Und wann soll es soweit sein? Wann steht dann der Prototyp? Der soll Anfang der 2030er stehen, sodass wir dann ab 2035 in den Rollout von Kraftwerken gehen können, ja. Okay. Und das hört sich jetzt natürlich alles nach wahnsinnig ambitionierten Zeitleisten an. Und wie können wir so ambitionierte Zeitleisten umsetzen?

Ich glaube, auf der einen Seite haben wir da einen sehr unternehmerischen Ansatz gefunden, wie wir auf der einen Seite parallel zur Physikvalidierung auch Technologieentwicklung machen Und diese Technologieentwicklung aber auch mit starken Partnern machen. Also zum Beispiel das Thema Kraftwerkstechnologie, da arbeiten wir heute schon eng mit Siemens Energy zusammen.

Weil wenn ich jetzt eine komplette Kraftwerksentwicklung in-house machen möchte, bräuchte ich jetzt tausende an Kraftwerksingenieuren. Und da muss man auch so ein bisschen sagen, dass man ja auch nicht das Rad immer wieder neu erfinden muss. Und da arbeiten wir zum Beispiel dann auch mit einem starken Partner, Siemens Energy, zusammen, damit wir dann auch schnell in eine Skalierung und Rollout von Kraftwerken kommen.

Und irgendwann ist dann Marvel Fusion vielleicht so ein Technologiedienstleister oder werden sie das neue RWE, das halt irgendwie die Kernfusionsanlage selber betreibt und dann auch den Strom verkauft oder was ist so das Geschäftsmodell ganz am Ende dieser Reise?

Also da unser Ziel ja sein muss, nicht nur ein oder zwei Kraftwerke zu bauen, sondern viele Kraftwerke zu bauen und auch die schnell zu bauen, damit wir natürlich auch einen Hebel haben im Thema Klimawandel und, und, und, werden wir auch dort mit starken Partnern zusammenarbeiten müssen und auch wollen.

Also das wäre dann zum Beispiel mit einem RWE zusammenzuarbeiten für den Bau und den Betrieb von Kraftwerken mit Kraftwerkstechnologieanbietern wie Siemens Energy, damit man auch einfach schnell in eine Skalierung gehen kann. Ich glaube, gerade bei den ersten Kraftwerken müssen wir aber auch sehr eng mit involviert sein, weil man da natürlich noch viel lernen wird aus dem konkreten Betrieb der Kraftwerke.

Eine spannende Reise. Wir müssen allerdings jetzt hier so langsam einen Stopp einlegen oder ins Ziel kommen. Ganz zum Schluss gibt es in diesem Podcast noch eine Schnellfragerunde. Da habe ich nämlich ein Zitat für Sie, eine Frage, entweder oder und einen Satz, den Sie beenden sollten. Das Zitat kommt von dem Schriftsteller Karl Kraus. Der Schwache zweifelt vor der Entscheidung, der Starke danach. Finde ich sehr spannend und man kann es nie pauschalisieren.

Aber, und wir hatten vorhin uns ja auch darüber unterhalten gehabt, dass es teilweise auch nicht jede Entscheidung aus dem Impuls heraus treffen sollte. Ich bin aber schon ein großer Freund davon, Entscheidungen auch irgendwann zu treffen, weil man kann auch eine Entscheidung tot analysieren und noch die nächste Analyse-Runde und so weiter machen.

Also was, ich hatte es ja vorhin gesagt, vielleicht nicht auf eine E-Mail, die einen auf die Palme bringt, sofort antworten, aber dann schon am nächsten Morgen. Und ich denke immer, keine Entscheidung zu treffen, ist die schlimmste Entscheidung und man muss Entscheidungen treffen, ansonsten kommt man nicht voran. Und dass man auch, wenn man Entscheidungen schnell trifft, vielleicht, weil es war ja gerade ein Aspekt davon, der schlaue.

Genau, der schwache zweifelt vor der Entscheidung, der starke danach. Genau, also dass man natürlich dann im Nachhinein vielleicht sagen würde, okay, mit mehr Informationen hätte man Sachen auch anders treffen können. Das ist, glaube ich, immer fair, aber keine Entscheidung zu treffen, ist das Schlimmste. Wenn Sie sich entscheiden müssen, Sterne-Restaurant oder Eckkneipe? Boazn, glaube ich, heißt das hier. Ja, Boazn. Ich glaube, die spannendsten Bekanntschaften macht man immer in den Boazn.

Die lustigsten Gespräche hat man auch dort. Von dem her dann Boazn. Und zum Schluss, bitte beenden Sie diesen Satz. Ich hätte gern schon ein paar Jahre früher gewusst, dass … Unternehmertum so spannend und bereichernd sein kann und man als Unternehmer so viel gestalten kann. Wunderbar. Dann ganz, ganz herzlichen Dank, Frau Freund. Dankeschön für das tolle Gespräch.

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