Music. Er schab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, das alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zu einer Zeit, da Quirinius Stadthalter von Syrien war. So beginnt die berühmte Weihnachtsgeschichte aus dem Lukas-Evangelium. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt.
Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das judäische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem. Weil er aus dem Hause und Geschlechter Davids war, auf das er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe, die war schwanger. Music. Für viele Christen, aber auch für viele Nichtgläubige, gehört diese Geschichte genauso zu Weihnachten wie der Besuch des Gottesdienstes oder der Christmette am Heiligabend.
Aber was haben die Weihnachtsgeschichte und die Geburt Jesu mit dem Weihnachten zu tun, das die meisten von uns heute feiern? Woher kommen Weihnachtslieder und Adventsgrenze? Wer hat in der Geschichte den ersten Weihnachtsbaum aufgestellt und woher kommt eigentlich der Weihnachtsmann? Darum geht es in dieser Folge Terra X History, der Podcast. Ich bin Mirko Drotschmann und freue mich, euch heute am Tag von Heiligabend auf die Feiertage einzustimmen.
Vielleicht sind einige von euch froh, dass jetzt endlich der 24. Dezember ist. Die Suche nach Geschenken hat ein Ende. Hoffentlich liegen freie Tage vor euch und das Fest kann beginnen. Denn die Vorbereitungen auf Weihnachten starten für viele schon Wochen im Voraus. Meist schon nach dem Totensonntag im November, also eine Woche vor dem ersten Advent. Dann fangen die Ersten an, ihre Häuser zu schmücken, Adventslieder zu trällern und Plätzchen zu backen.
Auch viele Weihnachtsmärkte werden dann schon eröffnet. Übrigens, der älteste Weihnachtsmarkt im deutschsprachigen Raum ist wohl der Bautzner-Benzelsmarkt. Den gab es schon im 14. Jahrhundert und wenig später wurde der berühmte Dresdner-Striezelmarkt ins Leben gerufen. Damals ging es aber noch nicht um Glühwein, um Bratwurst und fröhliches Beisammensein.
Die Märkte waren dafür da, dass sich die Menschen in den Städten für den Winter nochmal mit Lebensmitteln und anderen Dingen eindecken konnten, die man eben in der kalten Zeit brauchte. Aber zurück zum Adventslieder-Trellern. Zu einem richtigen Weihnachten gehört traditionellerweise auch das gemeinsame Singen von Weihnachtsliedern. Für viele ist es die einzige Zeit im Jahr, in der sie gemeinsam mit Freunden und Familie singen.
Aber warum ist das so? Warum legen wir Anfang Dezember einen Schalter um und lieben es, alte oder auch mal gerne kitschige Lieder zu singen? Und was sind die beliebtesten Weihnachtslieder? In unserer Redaktion gehen die Meinungen da ziemlich auseinander. Von den Klassikern Stille nach Heilige Nacht. Definitiv in der Weihnachtsbäckerei. In der Kirche finde ich Udo Fröhliche auf jeden Fall super schön zum Ende. Der kleine Trommlerjunge und das DDR-Weihnachtslied sind die Lichter angezündet.
Auf jeden Fall Udo Fröhliche. Also Last Christmas, das ist zwar ganz schön, aber... Kann man es dann ja an Heiligabend auch nicht mehr hören, weil man es in der Adventszeit die ganze Zeit schon gehört hat. Have yourself a merry little Christmas aus dem Musicalfilm Meet Me in St. Louis. Mein absolut liebstes Weihnachtslied ist Mellie Kalikimaka, gesungen von Bing Crosby. Mellie Kalikimaka is a thing to say. Zu den bekanntesten Weihnachtsliedern gehören sicherlich auch Süßer die Glocken
nie klingen oder O Tannenbaum. Und was nie fehlen darf, und das ist ja auch ein Favorit der Redaktion, ist ein deutsches Weihnachtslied aus dem 19. Jahrhundert. Dabei kommt die Melodie ganz woanders her. Im Anfang steht wohl ein sizilianisches Fischerlied. Über diese Melodie schreibt Johann Gottfried Herder 1803 in einem Aufsatz, sie sei Eißerst sanft und schön. Ein Lied, das die sizilianischen Fischer angeblich auf offenem Meer singen. Es ist der heiligen Jungfrau Maria gewidmet. Music.
Doch o heilige, o gütigste, liebevolle Jungfrau Maria, und das ist zu kompliziert für kleine deutsche Kinder, entscheidet an Weihnachten 1816 der Weimarer Privatgelehrte und Schriftsteller Johannes Daniel Falk. Er dichtet einen einfachen deutschen Text, der leicht zu merken ist. Das Weihnachtslied aus Weimar erobert die Welt. Music. An Heiligabend wird es vermutlich überall ein wenig anders klingen. Dabei ist Odufröhliche eigentlich gar kein reines Weihnachtslied.
Als Johannes Daniel Falk den Text zu Odufröhliche schreibt, gehört er zu den Vertretern der sogenannten Weimarer Klassik. Ein Zeitgenosse von Goethe, Schiller und Herder. Es ist die Zeit der napoleonischen Kriege und ihrer Nachwirkungen in Europa. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 hatte sich das Leben von Johannes Daniel Falk verändert. Im Chaos des Krieges irren viele verwaiste Kinder in den Dörfern rund um Weimar umher.
Falk nimmt sie auf und versorgt sie, er kümmert sich um ihre Schulbildung oder verschafft ihnen Lehrstellen. Mitte 1813 gründet Johannes Daniel Falk mit dem Stiftsprediger Karl Friedrich Horn die Gesellschaft der Freunde in der Not. Geld bekommen sie von den wohlhabenden Weimars. Auch der Sächsische Hof unterstützt sie. Schon ein Jahr später schreibt Falk einem englischen Freund, Die Zahl unserer kleinen geretteten Zöglinge beläuft sich gegenwärtig auf 30.
Sie stehen nun bei hiesigen, tüchtigen Meistern in Lehre und Kost oder besuchen die öffentlichen Schulen. Auch eine Sonntagsschule richten sie ein, die jedes Mal nach geendigtem öffentlichem Gottesdienst ihren Anfang nimmt und vier Stunden dauert. Lesen, Schreiben, Kopfrechnen, Vaterländische, das heißt deutsche Geschichte, Naturkenntnis, praktische Geometrie. Das sind die Hauptgegenstände dieses völlig unentgeltlich erteilten sonntäglichen Unterrichts.
Natürlich wird hier auch gesungen. Eines der Pflichtlieder seit 1816 ist Odo Fröhliche. Damals geht es aber nur in der ersten Strophe um Weihnachten, denn es ist ein sogenanntes Drei-Feiertagslied für Weihnachten, Ostern und Pfingsten. Music. Wenn an Weihnachten von gnadenbringender Weihnachtszeit die Rede ist, dann liegt zu Ostern die Welt, in Banden und Christ ist erstanden, zu Pfingsten singen die falkschen Zöglinge von Christ unserem Meister und das
erheiligt die Geister. Diese beiden letzten Strophen. Music. Ja, aber warum singen wir überhaupt an Weihnachten? Selbst diejenigen, die das ganze Jahr über nie auf die Idee dazu kämen, außer vielleicht unter der Dusche. Und was macht Weihnachtslieder so besonders, selbst wenn man weder Christ noch gläubig ist? Es gibt weite Teile der Bevölkerung, die einfach sich belastet fühlen, die auch Bedürfnisse haben.
Statt Nachrichten irgendwas anderes zu hören, was sie aufbaut, was ihnen ein bisschen Hoffnung macht, was sie teilhaben lässt und eben nicht so polarisiert aufgeladen ist. Gunter Kreuz ist Musikwissenschaftler an der Universität Oldenburg und hat sich unter anderem auch mit der Wirkung von Weihnachtsliedern beschäftigt. Gerade die politische Kultur ist ja eigentlich ziemlich den Bach runtergegangen.
Und das hängt auch damit zusammen, dass die Menschen vergessen, dass sie alle sehr, sehr ähnliche Bedürfnisse haben. Und das gemeinsame Segen, wo man jetzt nicht groß drüber redet, welche Parteifarbe hast du, was für eine Bildung hast du, was ist dein Bildungsstand, was für ein Auto fährst du, fährst du überhaupt ein Auto, hast du einen Job oder nicht. Und all diese Fragen kommen weit in den Hintergrund und man sieht mehr den Menschen.
Das ist so aktuell die Aufgabe und die Chance oder das Potenzial von gemeinsamen Singen. Vor allem Weihnachtslieder haben oft eine eingängige Melodie und verkünden einfache Botschaften, die auch unabhängig von Religion und Glaube verfangen. Ja, das hat mit der Einfachheit und Eingängigkeit und gleichzeitig mit besonderen Merkmalen zu tun.
Also ich möchte ihn jetzt nicht Stille Nacht analysieren, aber es ist einfach ein wundervolles, wunderschönes Lied, weil die Melodie so eingängig ist, weil der Text sehr genau zu dieser Melodie passt, von den Worten, von den Inhalten. Von der Botschaft, sodass also auch weit außerhalb der christlichen Sphäre, sag ich mal, dieses Lied auch sehr gut ankommt und teils auch übernommen wird.
Music. Es gibt einfach Lieder, die treffen einen Nerv und die holen die Menschen dort ab, an ihren Befindlichkeiten, wo sie es gerade brauchen. Und in einer Phase, wenn man also runterkommen will und wenn man feiern will und zusammenkommen und eine Zeit genießen will, ohne an Sorgen denken zu müssen, dann ist Stille Nacht, Heilige Nacht ein Lied, was genau diesen Nerv trifft.
Allerdings muss man sagen, ist das gemeinsame Singen zu Weihnachten in der Familie oder in der Kirche heute offenbar weniger verbreitet als noch vor 10 oder vor 20 Jahren.
Wenn ich mich da umsehe, manchmal bei Gottesdiensten, dann singen längst nicht alle und es sind viele, die lassen sich sozusagen besingen, sitzen gerne im Gottesdienst und melden die Atmosphäre auf, aber haben eigentlich auch völlig vergessen, sich daran zu beteiligen oder haben auch die Erfahrung völlig verdrängt und vergessen, obwohl wirklich jeder von uns in der Kindheit gesungen hat oder hoffentlich von Papa, Mama, Gute-Nacht-Lieder gehört hat und eigentlich so eine natürliche
Affinität von Singen mal hatte. Aber das ist bei vielen Menschen leider komplett verschüttet. Die Bildungsinstitutionen, Kindergärten, Grundschulen tun eben auch zu wenig, um das aufzufangen. Und das finde ich sehr schade, weil es einfach gerade in den Familien eine enorme Bindungskraft entfalten kann. Music. Also ich finde immer noch Stille Nacht oder Fröhliche und meinetwegen auch ihr Kinderlein kommet.
Nette, schöne Lieder, vor allem weil die sind familientauglich, die sind generationentauglich. Und da muss man auch den eigenen Geschmack auch ein bisschen hinten anstellen und sagen, das machen wir jetzt zusammen. Und das machen wir deswegen, weil wir es zusammen machen. Stille Nacht, Heilige Nacht ist so populär, dass es inzwischen in viele Sprachen übersetzt und auf der ganzen Welt gesungen wird. Ursprünglich stammt das Lied aus Österreich von Anfang des 19.
Jahrhunderts. Ein echter Klassiker ist auch White Christmas. Das ist einer der Weihnachtshits seit vielen Jahrzehnten. Zwischen 1942 und 1962 stand der Song von Komponist Irving Berlin 38 Wochen auf Platz 1 der US-amerikanischen Hitparade. In der Version von Bing Crosby wurde das Lied geschätzt rund 50 Millionen Mal weltweit verkauft. White Christmas zählt zu den meistverkauften Singles aller Zeiten. Und dabei ist weiße Weihnachten in unseren Breiten ja eher selten.
Und nicht erst seit dem Klimawandel. Nach Daten des Deutschen Wetterdienstes gab es in den vergangenen 100 Jahren nur sechsmal weiße Weihnachten in ganz Deutschland. 1906, 1917, 1969, 1981 und 2010. Absolut schneesicher an Heiligabend ist nur die Zugspitze. Dort lag seit 1880 jedes Jahr am 24.12. Schnee. Und als sie da selbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte.
Und Maria gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihnen Windeln und legte ihnen eine Krippe, denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herstellung. Music. Zur Adventszeit und natürlich zu Weihnachten gehört für viele auch ein echter Weihnachtsbaum. Wobei es da heute auch alle möglichen Alternativen gibt. Plastiktannen sind bei vielen beliebt, weil sie nie nadeln. Außerdem kann man sie jedes Jahr wieder hervorkramen.
Andere bevorzugen kunstvolle Holzkonstruktionen, die Weihnachtsbaum ähnlich aussehen und an die dann Kugeln und Kerzen gehängt werden können. Und jeder Achte wartet bis zum Heiligabend am 24.12., um den Baum dann zu schmücken. Der wohl größte Weihnachtsbaum der Welt steht seit einigen Jahren auf dem Weihnachtsmarkt in Dortmund. Allerdings ist das ein Marketing-Trick. Denn der 45 Meter hohe Baum besteht aus 1200 Rotfichten aus dem benachbarten Sauerland, die Stück für Stück zu einem
großen Weihnachtsbaum zusammengesetzt werden. Kein Witz. In diesem Jahr geschmückt mit 138.000 bunten LED-Leuchten. Dabei ist die Rotfichte nicht der beliebteste Weihnachtsbaum in Deutschland. Das ist die Nordmantanne. Alexander von Nordmann hat eine Leidenschaft, durch die Wälder zu streifen. Seit Anfang der 1830er Jahre lebt der aus dem heutigen Finnland stammende Botaniker und Zoologe in Odessa, das damals zum russischen Zarenreich gehört.
Hier lehrt und forscht Nordmann an der von ihm gegründeten Hochschule für Gartenbau. Music. 1835 entdeckt Nordmann bei einer seiner Exkursionen oberhalb der kaukasischen Stadt Borjomi einen bis dahin unbekannten Nadelbaum. Fast 60 Meter hoch, perfekt pyramidenförmig gewachsen, dichte Äste und Nadeln in tiefdunklem Grün. Diese Tanne wird einige Jahre später nach ihm benannt. Abies Nordmania, die Nordmann-Tanne. Sie ist heute der mit Abstand beliebteste Weihnachtsbaum.
Wohl rund 25 Millionen Weihnachtsbäume wurden 2024 insgesamt bundesweit verkauft. Hauptsächlich Nordmantannen, die meist aus Plantagen stammen. Heute werden Weihnachtsbäume nur noch selten selbst geschlagen. Man kauft sie an einem der vielen Weihnachtsbaumverkaufsstände, die es in der Adventszeit gibt. Woher diese Weihnachtsbaum-Tradition stammt, ist jedoch unklar. Mal soll in Lettland, mal in Estland im 15. Jahrhundert schon der erste Weihnachtsbaum aufgestellt worden sein.
Das ist aber umstritten. Die Tradition hat sehr wahrscheinlich deutsche Wurzeln. Im Elsass, das jahrhundertelang immer wieder deutsch war, schrieb schon 1494 ein gewisser Sebastian Brandt, Stadtschreiber von Straßburg. Man solle die Tradition verbieten, Kiefernzweige abzuschneiden und ein Neujahr mit nach Hause zu nehmen. Sicher ist, dass schon 1539 im Straßburger Münster ein Weihnachtsbaum aufgestellt wurde.
Dieser Brauch hat sich dann sehr schnell verbreitet. Es wurden auf einmal so viele Nadelbäume in den Wäldern im Südwesten Deutschlands geschlagen, dass das Bäumefällen an Weihnachten schon 1554 in Freiburg verboten wurde. In einigen Regionen des Elsass durfte von 1561 an jeder Bürger nur noch eine Kiefer in einer Höhe von höchstens acht Schuhen fällen und mit nach Hause nehmen. Der Weihnachtsbaum wurde immer beliebter. Er wurde im 17.
Und 18. Jahrhundert vor allem in den adligen und wohlhabenden Familien aufgestellt, mit Äpfeln oder Gebäck und Lametta behängt und war der Mittelpunkt des Weihnachtsfestes. Das hat einige Kirchenleute allerdings sehr geärgert. Schon 1641 wetterte etwa der Straßburger Prediger Johann Konrad Danauer, Weihnachtsbäume seien Kleinkram und Kinderspiel. Sie bekommen mehr Aufmerksamkeit als Gottes Wort und die heiligen Riten. Genützt hat es nichts.
Der Weihnachtsbaum, ob Fichte oder Tanne, wurde zum Symbol für Weihnachten. Bäume hatten schon zu allen Zeiten eine besondere Bedeutung bei bestimmten religiösen oder spirituellen Ritualen. In der Antike waren immergrüne Zweige ein wesentlicher Bestandteil der jährlichen Feierlichkeiten zur Wintersonnenwende.
Möglich, dass unsere Weihnachtsbaum-Tradition daher stammt. Andere glauben, dass es ein Symbol sei für den Paradiesbaum im Garten Eden und die Tradition, Weihnachtsbäume mit Äpfeln zu behängen, daher rühre. Es gab dann im Laufe der Geschichte auch sehr lustige Weihnachtsbaum-Traditionen. Zum Beispiel im 18. Jahrhundert. Es heißt, dass in dieser Zeit auch Menschen mit weniger Platz Weihnachtsbäume aufstellen wollten. Sie hängten die Bäume also kurzerhand unter die Decke.
Manche sogar verkehrt herum. Wahrscheinlich stammt die Tradition auch von dem Brauch ab, sich grüne Zweige als Zeichen der Hoffnung unter die Decke zu hängen. Bei den umgedrehten Bäumen hoffte man wohl, durch die Wurzel, die zum Himmel zeigte, ein bisschen göttliche Kraft abzubekommen. Und dadurch sei das Haus dann besonders geschützt. Um viele Weihnachtstraditionen ranken sich die unterschiedlichsten Ursprungsgeschichten.
Viele davon sind allerdings Fiktion. Eine besagt, dass der Reformator Martin Luther die erste Kerze an einem Weihnachtsbaum angezündet haben soll. Angeblich sei er in einer Winternacht durch den Wald gegangen und von den Sternen dazu inspiriert worden. Es gibt zumindest Kupferstiche, allerdings aus dem 19. Jahrhundert, die diese Szene festhalten. Martin Luther steht da im Kreise seiner Familie um einen kerzenbeleuchteten Weihnachtsbaum.
Heute hängen ja meist keine Äpfel mehr am Baum, sondern Glaskugeln. Diese Tradition wiederum geht zurück bis ins 19. Jahrhundert. Die runde Form der Kugeln symbolisiert allerdings keinen Apfel, wie man vielleicht denken könnte, sondern steht in christlicher Tradition für die Kontinuität des Lebens und der Vollkommenheit. Jetzt haben wir also unseren Baum aufgestellt und mit Kugeln und vielleicht sogar mit echten Kerzen geschmückt.
Oh, du fröhliche und White Christmas schallen aus den Lautsprechern. Da sind wir wieder textsicher. Lebkuchen und Stollen stehen auch bereit und das letzte Türchen am Adventskalender ist geöffnet. Aber seit wann feiern wir überhaupt Weihnachten, so wie wir das heute kennen? Darüber spreche ich jetzt mit der Kulturwissenschaftlerin Esther Gajek, die sich bestest damit auskennt. Hallo, herzlich willkommen. Guten Tag. Jahrhundertelang war Weihnachten ein
religiöses Fest. Heute muss man sagen, geht es vielen nur noch um das Feeling. Manche gehen auch wirklich nur noch einmal im Jahr in die Kirche, nämlich eben an Heiligabend. Wann ist denn Weihnachten und die ganze Adventszeit zu dem geworden, was wir heute in Deutschland, aber auch in anderen Ländern beobachten können? Ja, da können wir schon etwas zurückgreifen.
Das beginnt im 19. Jahrhundert, hat mit der Säkularisierung zu tun, hat damit zu tun, dass Weihnachten nicht mehr so stark dann damals in den Kirchen gefeiert wird als religiöses Hochfest, sondern sich auch mit dem Verbreiten des Weihnachtsbaumes in die Familien hinein bewegt und dass das ein anderes Fest ist als dieses Kirchliche, wo es doch sehr stark um Rituale geht, um vielleicht auch eine Distanz.
Und hier ist auch eine andere Konnotation eben dieses Geschenke, nicht im übertragenen Sinne das Geschenk des Jesuskindes, sondern das ganz weltliche Austeilen der Geschenke, das im 19. Jahrhundert aufkommt. Das hat viele Gründe. A hat es mit der Säkularisation zu tun, also dem gewisserweise Beginn des Niedergangs der Kirchen. Dann hat es damit zu tun, dass Menschen mehr Wohlstand langsam bekommen, dass sie sich auch Geschenke leisten können.
Nicht nur den Besuch der Kirche oder vielleicht ein Essen oder vielleicht noch ein paar Strümpfe, sondern wirklich auch Geschenke, damit auch einhergehend, dass man sich auch eine Weihnachtsdekoration leisten kann für einen Baum, den man schmücken kann. Dann hat es zu tun, ideengeschichtlich, mit einer anderen Bewertung der Kindheit. Dass Kinder als etwas Wertvolleres angesehen werden, vielleicht als die Zeit zuvor mit einem auch Bürgertum, das aufstrebt, das den Adel nachahmen will.
Und im Adel haben wir es schon früher, sei es im 17., 18. Jahrhundert, so einzelne Quellen, Lieselotte von der Pfalz oder an den Höfen von Weihnachtsbäumen, sodass man das imitiert. Und das ist alles dieses ideengeschichtliche Konvolut, das Weihnachten in die Familien hineinversammelt und das einhergeht mit einem Bescherfest und im Sinne eben eine Geschenke austeilen. Zunächst eher für die Kinder als für die Erwachsenen und das ändert sich ja
dann auch. Eine Sache für mich auch ganz wichtig an Weihnachten, gebe ich zu, das sind die Plätzchen. Ich habe jetzt schon zu viel gegessen, aber werde das noch fortführen über die Weihnachtsfeiertage hinaus auch noch. Jetzt kann man natürlich Plätzchen das ganze Jahr über backen. Aber warum machen wir das denn gerade in der Adventszeit? Ich glaube, das würde ich jetzt gar nicht so auf Plätzchen an sich festlegen, sondern vielleicht kann ich da ein bisschen ausholen.
Wir haben im Christentum zwei große Ereignisse und überhaupt große Feste, die einhergehen mit Fastenzeiten zuvor, mit innerlicher Vorbereitung. Das eine ist Ostern, da gibt es dieses 40-tägige Fasten ab Aschermittwoch und das andere ist Weihnachten mit einem Fasten. Also dass man sich wirklich besinnt, nichts oder bestimmte Sachen nicht isst, um sie danach mehr zu genießen. Und in dem Zusammenhang sehe ich auch dieses Backen. Also zunächst ein Verzicht und dann auch das Essen von Fleisch.
Dann am Ostersonntag oder auch am Heiligen Abend, vielleicht noch nicht, aber dann am 25.12., also einmal Fasten und dann Völlen. Und in dem Zusammenhang sehe ich auch dieses Essen von sehr fettigen Dingen, sei es jetzt auch bezogen auf Salziges oder auch Süßes. Und hier gibt es natürlich auch regionale Spezialitäten. Sie haben vielleicht schon Dresdner Stollen angesprochen, dann Aachener Printen, so etwas. Das hier regionale Spezifika ausgebildet haben. Wir haben aber erst seit dem 19.
Jahrhundert überhaupt den Rübenzucker hier in Deutschland, sodass man es im größeren Umfang backen konnte. Wenn wir uns Archivalien anschauen, dann sehen wir, dass auch immer Geschenke verbunden waren, die aufzuessen waren. Also wir haben zum Beispiel hier im Oberpfälzer Raum eine Art Weihnachtsbrot oder Neujahrsbrote, die dann in den Archivalien aktenkundig sind, die aus sehr hellem Mehl, also damals sehr kostbarem Mehl gebacken sind und die überreicht wurden als großes Geschenk.
Also ein Brot, vielleicht auch dann in Form, wie wir es heute kennen, Stollen, das vielleicht mit Honig gesüßt war, vielleicht auch gar nicht gesüßt war, aber das mit einem hervorragenden Mehl gebacken war und einem besonders teuren Mehl gebacken war und als Geschenk galt. Und auch das ist eine Tradition, die in diese Weihnachtsbäckerei hineinspielt.
Jetzt könnten wir noch immer eine ganze Reihe weiterer Traditionen sprechen, zum Beispiel auch den Adventskalender, auf den sich ja viele immer freuen in der Weihnachtszeit. Aber was ich mich noch frage ist, gibt es denn Bräuche oder gibt es Traditionen aus der Vergangenheit, zum Beispiel aus dem 19. Jahrhundert, die früher selbstverständlich waren und die wir heute aber gar nicht mehr haben? Beim Adventskalender gab es schon etwas, mit dem habe ich mich ja intensiver beschäftigt.
Das sind sogenannte Adventsbäumchen, die aufgestellt wurden. Also da kann ich es genau nachvollziehen, die auch im Zusammenhang, so ähnlich wie der große Radleuchter von Johann Henrich Wichern. Als innere Vorbereitung auf das Weihnachtsfest aufgebaut wurden und gesehen wurden, auch in dem Moment nicht nur in der Zunahme der Kerzen mit dem zunehmenden Licht der Welt, sondern auch im Zusammenhang mit kleinen biblischen Verheißungen, die daran geknüpft wurden.
Also jeden Tag ein weiteres. Und hier haben wir so einen Moment dieses Auswendiglernens hineinversetzt werden in diese Zeit, in auch das Prophetische, das in den Alten Testament, in den Stellen ist, die auf das Neue Testament hinweisen. Also es ist auch so ein Element der Erziehung gegeben. Noch dazu bei den ersten Adventsgeländern haben wir auch ganz genaue Gebrauchsanweisungen natürlich, natürlich die immer darauf pochen, Geduld und Beherrschung walten zu lassen.
Und das sehe ich jetzt heute eigentlich nicht mehr so in dem Maße, wenn man dann den ganzen Adventskalender, den Schokoladeninhalt auf einmal auf ist, dann ist es auch nicht so schlimm. Aber das, glaube ich, ist schon ein Unterschied in der Geisteshaltung. Räuche verändern sich, sonst würden sie auch nicht überleben über die Jahrhunderte. Und das ist etwas, was wir als Kulturwissenschaftlerin natürlich beobachten,
dass sie das auch sehr lebendig hält. Ich würde also auch niemals sagen, das ist jetzt schlecht oder gut, sondern ich finde das immer alles unglaublich spannend und schaue mir das gerne an. Auch heute die Katzen-Adventskalender oder Meerschweinchen-Adventskalender, die mit Bierflaschen. Wir haben so eine Entwicklung von den Kinderkalendern zu den Erwachsenenkalendern und sehr einfache, nur Kreidestriche an einer Türe 24 bis hin zu, also wirklich sehr teuren.
Ich habe neulich ein Ranking gelesen, da ging es um den eine Million Adventskalender eines Nobelautomobilherstellers oder irgendwelche brillanten Adventskalender. Also da sind wir im siebenstelligen Bereich. Auch das sind Phänomene der Gegenwart einer Gesellschaft, die doch, was Deutschland betrifft, von Überfluss und Reichtum gekennzeichnet ist, weitgehend.
Im Gegensatz zu noch relativ vor kurzer Zeit, wenn Sie in ein hiesiges Freilichtmuseum gehen, ist ein sehr schöner Text reproduziert, wo es heißt, dass die elfköpfige Kinderschar der Familie nichts bekommen hat zu Weihnachten in den 30er Jahren und die Eltern ihnen das Einziges überhaupt in der Nacht vor Weihnachten Lebkuchen gebacken haben. Und das war das Höchste der Gefühle.
Also wir haben innerhalb kürzester Zeit einen riesigen Wandel im Wohlstand, der sich auch in solchen Geschenken und in Weihnachtsbräuchen manifestiert. Jetzt haben Sie schon eine ganze Menge Bräuche angesprochen und Dinge, die wir an Weihnachten haben. Die Geschenke natürlich, wenn man Kinder fragt, was ist das Wichtigste, dann nennen sie die Geschenke. Aber für mich zum Beispiel ist auch mal ganz schön, diesen Tannenduft zu riechen, jetzt gerade wieder mit dem Adventskranz.
Woher kommt denn der Adventskranz? Hat er tatsächlich mit Wichern zu tun und einem Kinderheim? Ja, unbedingt. Also das ist der früheste Beleg. Als KulturwissenschaftlerInnen schauen wir ja ganz positivistisch, wo haben wir den frühesten Beleg für etwas. Und das scheint dieser Umkreis des Rauen Hauses von Johann Heinrich Wichern in Hamburg zu sein, der einen Radkreuzleuchter aufgestellt hat, um seinen Schutzbefohlenen im Rauen Haus vorzuführen, wie das Licht wächst.
Also ganz theologisch gesehen das Licht, das Heil der Welt, Jesus als Lichtbringer. Und je mehr Licht da ist, je mehr Kerzen angezündet werden, desto näher ist das ganz große Licht Jesus' Geburt. Und das ist Mitte des 19. Jahrhunderts. Jetzt haben wir das Internet und wir erleben, dass Dinge immer mehr globalisiert werden, wenn wir zum Beispiel sehen, dass Halloween heute auf den Straßen gefeiert wird in Deutschland, wie es in den USA auch der Fall ist. In meiner Kindheit war das noch nicht so.
Und jetzt erlebe ich zumindest wieder einen neuen Brauch, den ich aus meiner Kindheit auch nicht kenne, nämlich den Wichtel, der zu Hause einzieht. Wir müssen jetzt für unsere Kinder jede Nacht immer irgendwas vorbereiten, irgendeinen Streich, den der Wichtel gespielt hat und da gibt es eine Tür in der Wand, in der dann der Wichtel wohnt. Das kommt aus Skandinavien, ein Brauch, der sich vor allem über das Internet stark verbreitet.
Sehen Sie das denn auch in anderen Bereichen? Wir haben gestern ganz cool im Kurs diese X-Mas, ugly X-Mas Sweaters angeschaut und mal überlegt, woher die kommen. Das sind diese Weihnachtspullover mit auffälligen Mustern, wie sie zunächst sehr ernst getragen wurden in den 1980er Jahren in den USA, wie sie sich dann verbreitet haben, wie sie jetzt komplett, also ich glaube, es fing an mit diesem Film...
Britta Jones sehr ironisch angezogen werden, wie jetzt unser Ministerpräsident Söder sich einen mit seinen eigenen Porträts stricken lässt, den er jetzt verlost. Also wie solche Bräuche sich verändern, mal ernst genommen werden, mal dann ironisiert werden, wie sie jetzt in den Wahlkampf hineinspielen. Also das ist die Lebendigkeit dieser Rauchwelt, die uns natürlich als Forschende sehr fasziniert. Und zu den Wichteln will ich noch was sagen. Wir brauchen neue Gestalten.
Denn diese traditionellen Weihnachtsgestalten, sei es Christkind, sei es St. Nikolaus, ein christlicher Heiliger, die können nicht mehr gelesen werden. Die werden nicht verstanden. Aber profane Figuren werden verstanden und zwar weltweit verstanden und können dann auch weltweit vermarktet werden. Und ich meine, in Deutschland haben wir keine Renntiere, aber wir sind umgeben zur Weihnachtszeit von Renntieren.
Es gibt auch keine Wichtel, aber das sind so kleine putzige Kindchenschema-Gestalten, die man sehr gut integrieren kann in eine Weihnachtswunderwelt von Wundern eben. Und dann geht es nicht mehr um das Wunder der Geburt des Jesuskindes, sondern das Wunder, dass da so ein kleiner Wichtel jede Nacht irgendwie Schabernack treibt. Ja und den Eltern noch mehr Arbeit macht, als man sowieso schon hat in der Vorweihnachtszeit, aber es macht auch Spaß, muss ich zugeben.
Ich bin da immer sehr gerne unterwegs. Jetzt würde mich noch interessieren, Sie, die sich sehr intensiv mit Bräuchen beschäftigen, mit Weihnachtseigenarten, mit Traditionen, wie würde denn für Sie das perfekte Weihnachten aussehen? Ja, das eine bin ich ja als Forschende und da schaue ich mir alles an und bin restlos begeistert, je, sage ich mal, variantenreicher es ist.
Und das andere bin ich als Privatperson und da schätze ich natürlich schon, dass meine Kinder kommen, wir gemeinsam feiern und wir viel Zeit miteinander verbringen. Und natürlich backe ich auch Plätzchen und wir basteln uns gegenseitig, machen wir uns Adventskalender und da fahren wir zwar mit erwachsenen Kindern, aber doch ein schönes Programm des Familiengemeinsamsins und auch zusammen zu essen und so weiter auf.
Das ist, glaube ich, schon etwas, was auch unsere Familie trägt und das wird Ihnen ja ganz genauso gehen, dieses viel Zeit miteinander zu verbringen und auch an den anderen zu denken. Also mir macht es sehr große Freude, auch das ganze Jahr über schon Geschenke zu suchen für andere. Also dieses Müreinander da zu sein, entweder im Geist oder dann auch tatsächlich an diesen Tagen. Aber für uns ist es auch ein Höhepunkt natürlich.
Das heißt natürlich, aber für uns ist es noch der Besuch des Gottesdienstes und auch in der Vorbereitung auch mal ein Weihnachtsoratorium oder so. Also schon auch die Weihnachtsgeschichte zu hören oder eine Krippenführung zu machen und so weiter. Das klingt nach einem sehr schönen Weihnachten. Da wünsche ich Ihnen auf jeden Fall eine tolle Weihnachtszeit und viel Entspannung und, wie Sie es gerade beschrieben haben, viel Zeit mit der Familie.
Vielen Dank für das Gespräch. Ja, vielen herzlichen Dank. Ja, wunderbar. Dankeschön. Mein liebstes Weihnachtsgebäck ist auf jeden Fall der Christstollen. Zimtsterne natürlich, weil ich liebe einfach Zimt. Ich bin auf jeden Fall Team Vanillekipferl. Lebkuchenherzen, die mit dieser Aprikosenfüllung. Christstollen mit dem Marzipan in der Mitte. Wow, ich liebe es. Kokosmakronen, die schmecken so schön fruchtig und sind so unglaublich saftig. Ich liebe Spekulatius.
Ja, übrigens, woher der Begriff Spekulatius stammt, dazu gibt es einige Theorien. Wahrscheinlich kommt es vom lateinischen Wort Spekulum. Das heißt so viel wie Spiegel oder Abbild. Das könnte sich auf die Backform beziehen. Die Motive auf den Spekulatius sind nämlich spiegelverkehrt. Es gibt aber auch die Vermutung, dass der Name vom niederländischen Spacerei kommen könnte. Das heißt so viel wie Gewürz. Eine andere Theorie dagegen besagt, Spekulatius komme von Spekulator, dem Schauenden.
Die traditionellen Motive auf dem Gebäck stellen die Geschichte des heiligen Nikolaus dar. Der Legende nach habe der Nikolaus nämlich den Kindern am 6. Dezember genau solche Kekse geschenkt. Aber nur, wenn sie sich auch tugendsam verhalten hätten. Und genau das wird vielen Kindern bis heute erzählt. An Weihnachten gibt es ein Geschenk. Aber das ist an eine Bedingung geknüpft. Lieber guter Weihnachtsmann, schau mich nicht so böse an.
Ich stecke deine Rute ein, ich will auch immer artig sein. Woher dieses kurze Gedicht kommt, ist unbekannt. Der ein oder die andere von euch musste so ein Gedicht vielleicht schon an Nikolaus oder an Weihnachten aufsagen. Ich gehörte auch dazu. Und ich hab's regelmäßig verhauen. Aber woher kommt denn dieses Bild vom alten Mann mit weißem Bart, roten Mantel und dem großen Sack mit Geschenken, der einen bestraft, wenn man nicht artig war?
Oder, naja, manchmal erledigt das ja auch Knecht Ruprecht. Und es sind Weihnachtsmann, Nikolaus, Santa Claus, Väterchen Frost, das Christkind und wie sie alle heißen, eigentlich am Ende alle ein und dasselbe? Music. Da war ein Nachbar, edel von Geburt und arm an gut, der hatte drei Töchter.
Die wollte er in seiner Not in die offene Sünde der Welt stoßen. Als das St. Nikolaus hörte, entsetzte er sich über die Sünde und ging hin und band einen Klumpen Goldes in ein Tuch und warf ihn des Nachts heimlich dem Armen durch ein Fenster in sein Haus und ging heimlich weiter fort. Danach ward ein großer Hunger in dem Lande, da St. Nikolaus Bischof war. Auf dieselbe Zeit ward St. Nikolaus gesagt, dass Schiffe mit Weizen wohlgeladen
in den Hafen eingelaufen wären. Der ging er hin und bat die Schiffleute, dass sie aus jeglichem Schiff nur 100 Maß Weizen wollten geben, die Hungernden zu retten. Diese Texte stammen aus der Legenda Aurea, einem Volksbuch aus dem 13. Jahrhundert. Darin wurden Geschichten von Heiligen gesammelt. Eine der zentralen Figuren im Buch ist Bischof Nikolaus aus der kleinasiatischen Stadt Myra. Er soll an einem 6. Dezember gestorben sein.
Möglicherweise im Jahr 343. Ob es ihn wirklich gegeben hat, dafür gibt es wenige Belege, aber um ihn herum entstanden im Laufe der Zeit unzählige Bräuche und Legenden. Was das mit dem heutigen Weihnachtsmann zu tun hat, damit hat sich der Ethnologe Thomas Hauschild beschäftigt. Der Nikolausbrauch, der breitet sich ab dem 9. 10. Jahrhundert in Europa rasant schnell aus.
Und die bringen wahrscheinlich schon so einen Ansatz dazu mit auch, dass es hier um Gaben geht und um wunderhaftige Dinge, die dieser Heilige bewirken könnte. Und das ist diese Wiederbelebung der im Winter erstarrten Menschen und halbverhungerten Menschen, die der verkörpert. Und die Wiederbelebung hat aber einen Preis und den muss man zahlen, das ist nämlich Demut. Und wenn man die Demut nicht zeigt, dann wird man geprügelt.
Das ist so ungefähr die Gleichung, mit der diese Figuren alle um die ganze nördliche Halbkugel kreisen. Schon sehr, sehr lange wahrscheinlich. Der heilige Nikolaus ist nämlich nicht der einzige alte Mann, der Gaben bringt. Eine der ältesten Figuren Shouqing, der chinesische Gott des langen Lebens, der ungefähr zeitgleich mit dem Nikolaus in unserem Hochmittelalter dann auch extrem physisch so stilisiert worden ist, dass die sich frappierend ähneln. Der sieht aus wie St. Nikolaus.
Und dieser Shouqing ist eben auch so ein bisschen dämonische Figur. Der ist jung und alt zugleich und der ist der Gott des langen Lebens. Dem müssen die Kinder manchmal so Gedichte aufsagen, wenn sie Geburtstag haben und wenn sie die nicht richtig können, ist auch nicht gut, dann kriegen sie natürlich auch kein Geschenk und so weiter und so weiter. Und es gibt auch Parallelen zu schamanischen und mongolischen Bräuchen, zum Beispiel zum Weißen Alten im mongolischen Zammritual.
Der Nikolaus ist also Teil eines winterlichen Kultes, der in vielen Kulturen praktiziert wird. Aber wie wurde der mittelalterliche Nikolaus jetzt zum modernen Weihnachtsmann, der durch den Schornstein ins Haus kommt? Im Mittelalter war der Nikolaustag zunächst mit dem Tag der unschuldigen Kinder am 28. Dezember verbunden. Damals noch eine Art Narrenfest, an dem Kinder durch die Straßen zogen, bettelten und Streiche spielten.
Irgendwann wurde das Spiel dann auf den Nikolaustag gelegt. Vielleicht, weil man so nahe am Heiligen Fest zur Geburt Jesu keine Lust auf Narrenstreiche hatte. Aber das ist nur eine Vermutung. Jedenfalls, der Nikolaus sollte die wilden Kinder zähmen und, wenn nötig, bestrafen. Und zwar mit der Rute. Im Laufe der Zeit entwickelte sich daraus die Tradition, dass der Nikolaus in der Nacht von Haus zu Haus zog und Gaben verteilte.
Mitte des 16. Jahrhunderts war es dann Martin Luther, der den Nikolaus als Gabenbringer durch das Christkind ersetzte und den Tag des Beschenkens auf den 24.12. bzw. 25.12. verlegte. Und im 19. Jahrhundert erfanden in Amerika dann ein paar gewiefte Schriftsteller den Weihnachtsmann. Er kam über die Baumwipfel geritten, in jenem Wagen, mit dem er jährlich seine Geschenke für die Kinder bringt, schrieb der berühmte Schriftsteller Washington Irving 1809 über den heiligen Nikolaus, Santa Claus.
Die intellektuelle Elite New Yorks störte sich damals an den Umzügen der Menschen am 6. Dezember und auch an Weihnachten. Die Menschen zogen nämlich damals in den reichen Vierteln von Haus zu Haus und verlangten Essen und Trinken für die Armen. Und da hat man eine ganz raffinierte Legendenbildung in Gang gesetzt. Da hat man gesagt, Leute, ihr müsst am Nikolaustag zu Hause bleiben oder an Weihnachten, ihr müsst zu Hause bleiben. Denn dann kommt von außen, kommt etwas und besucht euch.
Also lauft nicht rum, macht keine Riots hier, sondern bleibt schön zu Hause sitzen, dann kommt die Charity. Und die Charity, die verkleidet sich dann als Nikolaus. Und das ist eigentlich der Kern der Entstehung der Figur von Santa Claus. Und in dieser Gesellschaft, dieser Nickerbocker Society hieß die, da waren auch skandinavische Zuwanderer Mitglieder. Und so sind also ältere nordeuropäische Weihnachtsvorstellungen und Nikolausvorstellungen eingeflossen in diese Legendenbildung.
Mit Coca-Cola hat das Ganze also überhaupt gar nichts zu tun. Der Konzern hat nur einige Jahrzehnte später genau diese literarischen Beschreibungen und die Legendenbildung um den Weihnachtsmann zum Anlass für einige Werbung genommen. Und zwar 1931. Das steht parallel auch zum ersten richtigen Zeichentrickfilm über Weihnachtsmann. Der kommt von Disney selbst, von ihm gesprochen und gezeichnet.
Und der ist ganz hervorragend, bringt ja diesen ganzen skandinavisch, europäisch, nordamerikanischen Mythen von Weihnachtsmann in so eine sehr schlüssige Erzählung, wo der oben zum Schornstein ins Haus rein kommt etc. Pp. Mit Gesang, total niedlich, heute irgendwie schon wieder wie verhext, ist ja bald 100 Jahre alt. Music. Es gibt übrigens auch skurrile Weihnachtsfiguren, zum Beispiel den Cagane, also den Scheißer.
Ja, ihr habt richtig gehört, der Cagane ist im spanischen Katalonien weit verbreitet. Das ist eine männliche Figur, die mit heruntergelassener Hose und entsprechender Körperhaltung in den aufgestellten Weihnachtskrippen steht. Er verspricht eine gute Ernte und einen gesunden Winter. Mit genügend Essen. Weil nur, wenn man genug isst, kann man gut. Okay, brauchen wir jetzt nicht zu Ende führen. Ich denke mal, ihr wisst, was gemeint ist.
Aber dass der Kagané immer zwischen Maria und Josef in der Krippe steht, das ist vielleicht ein bisschen verstörend. Oder eben der ganz spezielle katalanische Humor. Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie, und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen, fürchtet euch nicht. Siehe, ich verkünde euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird.
Denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr in der Stadt Davids. Das Lukas-Evangelium, aus dem diese Weihnachtsgeschichte stammt, ist wahrscheinlich um das Jahr 80 oder 90 nach Christus entstanden. Nikolaus spielt da übrigens noch keine Rolle. Aber was hat Weihnachten jetzt genau mit der Weihnachtsgeschichte zu tun? Und wann haben die Menschen überhaupt angefangen, diesen Tag zu feiern? Darüber spreche ich jetzt mit dem Kirchenhistoriker Martin Wallraff.
Hallo Herr Wallraff, schön, dass Sie sich Zeit nehmen, mit uns zu sprechen. Grüß Gott. An Weihnachten feiern die Christen ja die Geburt Jesu. Aber was wissen wir denn über die Ursprünge des Festes? Wie viel Nichtchristliches gibt es denn in unseren Bräuchen und Traditionen? Kann man das überhaupt sagen? Das Weihnachtsfest ist in der Spätantike entstanden und ist in seiner Natur ein typisch spätantikes Fest.
Das heißt, es geht etwa auf das 4. Jahrhundert zurück und es ist tief verbunden mit dem Thema Licht. Und es liegt ja auch am Termin der Wintersonnenwende und ist auf diese Art und Weise mit dieser tiefen Sehnsucht nach Licht in dieser Zeit davon geprägt. Die späteren Bräuche und Traditionen, die wir kennen, sind teilweise christlich, teilweise nicht christlich. Sie haben sich um einen älteren christlichen Kern herumgelegt.
Welche Rolle spielen denn, Sie haben das gerade schon angedeutet, vorchristliche Feste, wie die römischen Saturnalien oder das germanische Julfest für die Traditionen und Bräuche rund um Weihnachten? Das sind Auffassungen, die man oft liest, aber es gibt eigentlich keine Belege für irgendwelche Verbindungen, die es da geben könnte. Also für das germanische Juhlfest gibt es überhaupt keine Quellen aus vorchristlicher Zeit.
Und das römische Saturnalienfest ist ja einige Zeit früher im Jahr und hat auch nicht eine unmittelbar erkennbare Verbindung zu diesem neuen Fest in der Spätantike. Jetzt feiern wir an Heiligabend und an Weihnachten natürlich die Geburt Jesus von Nazareth. Was sagt denn die theologische Forschung heute? Gab es ihn wirklich? Also ganz sicher ist Jesus eine historische Figur. Das ist aufgrund der Quellenlage gar nicht irgendwie zu bestreiten.
Aber er ist historisch, für uns greifbar, eigentlich nur als Erwachsener. Und es gibt Nachrichten und Informationen über ihn als Erwachsener. Jetzt ist es ja ein nachvollziehbarer Wunsch dann zu sagen, bei Personen, die aus bestimmten Gründen prominent und wichtig geworden sind, will man mehr über sie erfahren, man will erfahren, wo sie herkommen.
Etwas über ihre Geburt, über ihre Kindheit erfahren und aus solchen Gründen ist sozusagen eine narrative Lücke entstanden, in die dann Erzählungen hineingestoßen sind, aber es ist historisch sehr schwer, eigentlich unmöglich, über die frühe Phase des Lebens Jesu etwas zu sagen. Was besonders schwierig ist, ist herauszufinden, wann er denn geboren ist. Jetzt feiern wir am 24. Dezember den Tag der Geburt Jesu und am 25. Dezember geht es direkt weiter.
Aber warum eigentlich? Warum hat man diese Daten festgelegt für Heiligabend und natürlich dann für den ersten Weihnachtsfeiertag? Also es ist sicher so, dass eine historische Information über die Geburt Jesu nicht zugrunde liegt. Solche Informationen gibt es nicht. Man weiß nicht, wann Jesus geboren wurde, weder dem Tag nach noch dem Jahr nach. Und tatsächlich ist das Weihnachtsfest im vierten Jahrhundert entstanden.
Das heißt, man muss sich vorstellen, als das Weihnachtsfest zuerst gefeiert wurde, war die Geburt Jesu von denen so weit weg wie die Geburt Goethe von uns heute oder so etwas. Also nicht etwas, das man sich sozusagen unmittelbar in der historischen Erinnerung präsent hatte. Warum ist es dann entstanden? Wer hat es festgelegt? Schwer zu sagen.
Es ist auch schwer zu sagen, ob es Christen waren, die diesen Termin festgelegt haben oder ob sie sich sozusagen in einen religiösen Konsens der Zeit eingeklinkt haben. Die Indizien führen alle in die Regierungszeit Konstantins und Konstantin ist ein wichtiger Kaiser gewesen für die Geschichte des Christentums.
Und es kann schon sein, dass seine Idee, Konstantins Idee oder die seiner Berater war, so einen inklusiven religiösen Feiertag neu einzuführen, der verschiedene Stakeholder im Reich glücklich machen sollte. Jetzt gibt es ja nicht nur dieses eine Datum als vielleicht Geburtstag Jesu, vielleicht auch nicht, sondern es gibt verwirrenderweise noch mehr. Das ist ganz interessant, dass selbst in Ländern, die christliche Wurzeln haben,
Weihnachten gar nicht am selben Tag gefeiert wird. In der russischen orthodoxen Kirche zum Beispiel erst am 6. und 7. Januar. Woran liegt das denn? Der Eindruck täuscht so ein bisschen auf den ersten Blick, denn auch in der russischen orthodoxen Kirche oder in allen orthodoxen Kirchen, die im Januar feiern, wird in Wirklichkeit der 24. bzw. Eigentlich der 25. Dezember gefeiert. Und die Frage ist nur, wann dieser Tag zu liegen kommt. Also der Konsens besteht darin, 25. Dezember.
Aber welchen Kalender sie zugrunde legen, führt dann unter Umständen dazu, dass sie unterschiedliche Festlegungen dieses Termins finden. Also die Russen verwenden den julianischen Kalender weiterhin und das bedeutet nicht den gregorianischen, den wir benutzen. Das heißt, es gibt eine Differenz von genau 13 Tagen. Und wenn man das ausrechnet, kommt man eben auf den 7. Januar. Bleiben wir nochmal ganz kurz bei Daten und kommen generell zum Dezember.
Bei uns wird es ja schon vier Wochen vor Heiligabend, weihnachtlich mit den vier Adventssonntagen. Manchmal fällt ja der vierte Advent dann tatsächlich auch auf den 24. Warum sind denn die vier Adventssonntage so wichtig und woher stammt die Tradition? Seit wann gibt es das? Diese Tradition ist vergleichsweise jünger. Sie ist natürlich erst sukzessive in einem zweiten Moment dann an die Weihnachtstradition herangetreten.
Und es entspringt so ein bisschen dem Wunsch, dass man große Feste durch eine Vorbereitungszeit auszeichnet, so wie es ja übrigens für Ostern auch ist, gibt es eine große Fastenzeit vor dem Fest. In dieser Form mit den vier Sonntagen ist die Adventszeit ein Produkt des Mittelalters, und zwar des lateinischen, also westlichen Mittelalters. In der Ostkirche gibt es diese Adventszeit in dieser Form nicht.
Trotzdem gilt grundsätzlich, eine Phase des Fastens und der Besinnung soll großen Festen vorausgehen. Aus diesem Grund war eigentlich die Adventszeit ursprünglich auch gerade nicht weihnachtlich gestimmt, sondern stand im Gegensatz zum Weihnachtsfest, damit dann das Weihnachtsfest als Fest umso stärker wirkt.
Da sind wir direkt bei einer weiteren interessanten Frage, nämlich wie es denn in den ersten Jahrzehnten war, als Weihnachten gefeiert wurde, also irgendwann nach dem Jahr 0 der Zeitrechnung. Gab es denn tatsächlich das erste Weihnachtsfest im Jahr 1? Vermutlich nicht, oder? Natürlich nicht, genau. Also es gibt keine Chance, dass wir irgendeine Art von Kindergeburtstag mit Jesus feiern können oder sowas.
Und es gibt übrigens auch kein Jahr Null in unserer Zeitrechnung, sondern die Zeitrechnung, das System, das wir verwenden, springt von minus eins auf plus eins. Und die Informationen über die Zeit zwischen Jesus und dem frühen vierten Jahrhundert sind für unsere Frage Null. Es gibt keine Informationen darüber. Jetzt springen wir mal ein bisschen weiter nach vorne in der Zeit, also eher in Richtung unserer Gegenwart. Im 8.
Jahrhundert hat sich Karl der Große am Weihnachtstag zum Kaiser krönen lassen. Wie war denn die Bedeutung von Weihnachten im Mittelalter? Warum hat sich Karl der Große ausgerechnet an diesem Tag krönen lassen? Ich glaube, es ist wichtig, sich deutlich zu machen, dass ein großer Teil der mittelalterlichen christlichen Kultur mit Weihnachten auch das neue Jahr beginnen ließ, sodass Weihnachten quasi zugleich Neujahr ist. In unserer heutigen Tradition ist es ja so ein bisschen auseinandergetreten.
Es gibt auch im Mittelalter unterschiedliche Ansätze, aber bei Karl dem Großen spielte offensichtlich Weihnachten auch als Beginn des neuen Jahres eine Rolle. Und um genau dieses Jahr und die Bedeutung dieses Jahres zu verstehen, muss man ganz bisschen weiter ausholen. Und sich deutlich machen, dass es eine antike Berechnung gab, der zufolge Jesus Christus im Jahr 5200 seit Schöpfung der Welt geboren worden ist.
Und wenn man jetzt diese 5200 plus 800 rechnet, dann kommt man auf die Zahl 6000 und die Überzeugung war ganz offensichtlich und weit verbreitet, dass mit dem Jahr 6000 die eigentliche Geschichte zu Ende geht und ein großes tausendjähriges Reich des Friedens beginnt. Und Karl der Große wollte natürlich dieses Datum für seine Herrschaftspropaganda nutzen und auf diese Weise sich eben als den Herrscher im tausendjährigen Reich
des Friedens darstellen. Karl der Große wird vermutlich auch pompös gefeiert haben. Jetzt schauen wir mal auf die weniger vermögenden Menschen, Handwerker, Bauern, die Weihnachten auch bedeutend fanden, ganz bestimmt. Aber welche Bedeutung hatte denn Weihnachten für diese Bevölkerungsgruppe, also für die Ärmeren im Mittelalter? War das eher ein symbolischer Wert oder hat man das auch richtig gefeiert und sich das auch ein bisschen was kosten lassen von dem wenigen Geld,
das man hatte? Naja, wie viel und wie wenig Geld jeder hat, ist in jeder Zeit verschieden und auch in unserer Zeit gibt es natürlich ärmere und reichere Leute. Ich glaube, was man aber festhalten kann, ist, dass generell eigentlich der gesamte Zyklus der großen Feste im Kirchenjahr geradezu dazu gemacht ist. Auch den, nennen wir es mal eher etwas bildungsferneren Schichten, die Heilsereignisse unmittelbar erlebbar zu machen.
Und zwar unabhängig von der Frage, wie viel materieller Aufwand dann damit verbunden war, übrigens bis heute ja unabhängig von dieser Frage. Und sicherlich hat Weihnachten da eine sehr große Rolle gespielt und hat im unmittelbaren religiösen Erleben des Christentums einen tiefen Einschnitt dargestellt, mit oder ohne Geschenke.
Gleichwohl muss man natürlich dazu sagen, dass generell für den Historiker die, sagen wir mal, bildungsaffineren und damit oft auch etwas reicheren Schichten quellenmäßig viel besser belegt sind. Also Sie können sinnvollerweise fragen, wie im 8. oder im 9. Jahrhundert Bischöfe oder Klöster gefeiert haben. Es ist viel schwieriger, auf der Basis der vorhandenen Quellen etwas zu sagen, was den Bauern am Lande oder den Schmied in der Kleinstadt betrifft.
Inzwischen ist es ja so, dass auch Menschen Weihnachten feiern, die gar nicht christlich sind oder die mit christlichem Glauben nicht oder nicht mehr viel am Hut haben. Es ist einfach ein Fest, bei dem kommt man zusammen mit der Familie, man beschenkt sich gegenseitig, hat eine nette Zeit, ist zusammen.
Was bedeutet das denn für Sie als Religionswissenschaftler, wenn sich Weihnachten immer mehr von seinem christlichen Ursprung entfernt und vermutlich gar nicht wenige heute die Frage gar nicht mehr richtig beantworten können, was an Weihnachten konkret gefeiert wird? Ja, das ist eine gute Frage.
Insofern, glaube ich, täuscht der Eindruck ein bisschen, als Weihnachten tatsächlich schon immer oder jedenfalls sehr, sehr lange so eine Containerfunktion hat oder sagen wir mal eine Projektionsfläche ist. Und in diesem Motivbündel, das es dort gibt, spielt der christliche Grundgedanke der Geburt Christi eine Rolle, aber nur eine Rolle unter anderem. Und die Projektionen von Vorstellungen und Motiven auf dieses Fest ist auch schon sehr alt.
Das heißt, es ist nicht nur ein Phänomen seit 1980 oder 2004 oder was weiß ich. Insofern denke ich, es ist schwer vorherzusagen, welche weiteren Entwicklungen das Weihnachtsfest mitmachen wird. Aber es ist nicht völlig neu, dass sich in diesem Fest ganz viele Motive bündeln, die christlich und nicht christlich sind. Und die mit Familien zu tun haben, mit religiösen Dingen zu tun haben, mit Brauchtum zu tun haben und so weiter. Und wie gesagt, man kann gespannt sein, wo die Reise weiterhin geht.
Ja, das ist sicherlich für viele beruhigend. dann vielen Dank für diese Einordnung und herzlichen Dank für das Gespräch. Danke Ihnen. Ihr werdet finden, dass Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. Essen an Heiligabend, am liebsten Kartoffelsalat, also irgendwie sowas ganz Einfaches. Das ist tatsächlich in den meisten Fällen Fleischfondue, Chinoise mit Brühe oder Raclette. Seit bestimmt schon 20 Jahren macht meine Mama immer Forelle.
Bei uns gibt es tatsächlich seit vielen, vielen Jahren Fondue an Heiligabend. Normalerweise bei meiner Oma gibt es an Weihnachten immer Würstchen und Kartoffelsalat, aber bei uns gibt es dieses Jahr Wildgulasch. Ja, bei Würstchen und Kartoffelsalat würde ich mich auch anschließen, das gab es bei uns früher. Heute ist es ein bisschen anders, da gibt es vor allem Knödel, Fleisch und Spätzle. Übrigens, historisch gesehen galt die Adventszeit als Fastenzeit,
die nach dem Martinstag, also am 11. November begann und bis zum 25. Dezember dauerte. Also es gab kein großes Schlemmen auf den Weihnachtsmärkten in der Adventszeit und schon gar keine großen Braten am 24.12., denn Fleisch war in der Fastenzeit verboten. Aber es gab einen Trick, der die Gans am Weihnachtstag doch möglich machte. Fisch fiel nämlich nicht unter die strengen Regeln der Fastenzeit. Und seit dem Konstanzer Konzil Anfang des 15.
Jahrhunderts zählte man alle Tiere, die im Wasser lebten, zu den Fischen. Und dazu gehörten auch Enten und Gänse. Was heute an Heiligabend in Deutschland auf den Tisch gehört, daran scheiden sich die Geister. Aber es gibt eine Tendenz. Sehr beliebt sind tatsächlich Würstchen- und Kartoffelsalat, besonders in Ostdeutschland. Dicht gefolgt von Ente, Gans, Raclette und Fisch.
Gern gegessen wird auch Rotkohl. 2023 wurden knapp 120.000 Tonnen Rotkohl geerntet und das meiste davon kam in der Weihnachtszeit auf den Tisch. Aber nicht nur am Essen merkt man, dass sich das Weihnachtsfest über die Jahrhunderte immer wieder verändert hat. Es gab auch Zeiten, da haben politische Machthaber versucht, das Fest für sich einzunehmen und umzudeuten. Besonders im 20. Jahrhundert.
Ein Beispiel sind die Nationalsozialisten. Christliche Feste passten eigentlich nicht in die Ideologie der Diktatur. Also versuchte man, das Fest umzudeuten. Aus Weihnachten wurde ein heidnischer Kult mit germanischen Wurzeln. Man verwies auf die Wintersonnenwende am 21. Dezember und versuchte an das skandinavische Julfest anzuknüpfen. Aus dem Christbaum wurde ein Juhl- oder Lichterbaum. Man erfand auch neue Dichtungen für berühmte Weihnachtslieder.
Im Lied »Stille Nacht, heilige Nacht« wurde aus »Alles schläft, einsam wacht, nur das traute, o heilige Paar« »Einmal wacht Adolf Hitler über Deutschlands Geschick«. Manche Lieder wurden ganz verboten, wie Tochter Zion, Freue dich. In der Kriegszeit ab 1939 versuchten die Nationalsozialisten noch tiefer in das private Weihnachtsfest in den Familien einzugreifen. 1943 kam das Buch Deutsche Kriegsweihnacht heraus. Darin heißt es Als wir Kinder waren, erlebten wir das Fest der schenkenden Liebe.
Und wir vernahmen Legenden aus fernem jüdischen Land, die uns zwar eigenartig, von fremdem Zauber umglänzt erschienen, uns aber doch zutiefst fremd und unverständlich blieben. Der biblischen Weihnachtsgeschichte stellten die Nationalsozialisten ein sogenanntes deutsches Fest entgegen. Inklusive Leitfaden, wie man das zu feiern hatte. Eine wichtige Rolle spielte dabei auch das Erinnern an die gefallenen deutschen Soldaten.
Allerdings hatten die Nationalsozialisten mit ihren Umdeutungsversuchen wenig Erfolg. Gerade in den letzten Kriegsjahren ließ sich beobachten, dass viele Menschen keine große Lust auf das säkulare, also weltliche Angebot hatten und sich an Weihnachten wieder mehr und mehr der Kirche zuwandten. Im Osten Deutschlands, in der DDR, gab es nach 1945 einen neuen Versuch, dem christlichen Weihnachtsfest etwas Weltliches entgegenzustellen. Wie das genau aussah, das weiß der Historiker Stefan Wolle.
Er leite das DDR-Museum in Berlin. In den frühen 50er Jahren, also noch in der Stalin-Zeit, hat man in der Tat versucht, das Weihnachtsfest so ein bisschen zurückzudrängen. Und zwar zugunsten des russischen Jolka-Festes, was eben nur gerade nicht am 24. Dezember gefeiert wird, sondern zum Jahreswechsel am 31. Dezember. Und da gab es den Fäderchen Frost, Dietmar Ross, der da so die Geschenke bracht. Also das ist sozusagen die gleiche Figur wie der Weihnachtsmann.
Anfang 1953 organisierte das Politbüro unter der Leitung von Walter Ulbricht eine groß angelegte Kampagne gegen die Kirche. Pfarrer wurden verhaftet, Zuschüsse gestrichen und die Teilnahme an den Kirchentagen in Westdeutschland verboten. Die evangelische Junge Gemeinde bezeichnete man als Spionageorganisation der USA. Im Juni 1953 nimmt die SED die Restriktionen zurück. Auf Anweisung Moskaus. Beim Volksaufstand kurze Zeit später, am 17.
Juni 1953, waren es auch Mitglieder der Kirche, die sich gegen das Regime erhoben. Aber der Aufstand scheiterte. Von Stund an, und das galt bis zum Ende der DDR, bis 1989, hat man es nicht wieder versucht, die Kirche frontal anzugreifen. Sondern man hat gesetzt auf eine auch langfristig wirkende Diskriminierung von jungen Christen in Schule, Ausbildung und Beruf. Speziell Weihnachten 53, nach dem Volksaufstand vom 17. Juni, war zu sehen in der Zeitung Wilhelm Pieck, der damalige Präsident.
Der relativ beliebt war mit einem Weihnachtsbaum und auch in dem Zentralorgan der SED im Neuen Deutschland wurde Weihnachten großartig hervorgehoben mit Weihnachtsbaum und mit Weihnachtsschmuck und mit allem drum und dran. In späteren Jahren hat man allerdings immer wieder mal so versucht zu betonen, dass auch das Weihnachtsfest von den Ursprüngen her nicht nur die Geburt von Jesus Christus feiert, sondern eben, dass das ja eigentlich das alte Winterwendesonnenfest ist.
Und mehr noch hat man das Weihnachtsfest gefeiert. Unter dem Zeichen, im Signum von Frieden. Das Fest des Friedens und das Fest der Familie. Sind die Lichter angezündet, Freude zieht in jeden Raum. Music. Weihnachtsfreude wird verkündet unter jedem Lichterbaum. Und jeweils zu Weihnachten waren dann auch Weihnachtsbotschaften, die sehr stark auf diesen Friedensbegriff zurückgriff.
Das ist ein bisschen eigenartig in einer sehr militaristischen Gesellschaft, aber das war halt die ganzen Jahrzehnte so. Der Frieden war immer die große Parole und hat versucht, ja nicht so ganz ohne Erfolg, den eigentlich christlichen Kern des Festes zurückzudrängen. Aber nicht mit Gewalt oder mit Gesetzen, sondern eher so untergründig. Das war auch nicht so schwierig, weil nämlich in Ost wie in West Das Weihnachtsfest immer stärker wurde zu einem Fest des Konsums.
Auch in der DDR war Weihnachten ein Fest des Schenkens, des guten Essens und des Zusammenkommens in der Familie. Im Unterschied zum Westen, also zur Bundesrepublik, gab es in der DDR nur das Problem, dass es so etwas wie das Wirtschaftswunder nicht gab. Und die ganze Zeit über Mangel an allem Möglichen herrschte. Also man eben große Weihnachtsgeschenke im Dezember besorgen, Unmengen an Schokolade essen oder spontan einen Weihnachtsbraten beim Metzger holen, das war nicht drin.
Schon im Sommer fing man an, Geschenke zu kaufen, wenn es welche gab. Oder man kaufte schon den Weihnachtsbraten, weil er gerade angeboten wurde und froh ihn ein. Selbst der berühmte Dresdner Christstollen war schwer zu bekommen. Und die erzgebirgische Holzschnitzkunst, die man heute auf allen Weihnachtsmärkten findet, wurde zum Exportschlager für den Westen. Das ist eine Tradition, die im Erzgebirge sehr, sehr stark gepflegt wurde.
Seitdem im 17. und 18. Jahrhundert der Bergbau eingestellt wurde. Da fingen die Leute an, zu Hause zu schnitzen. Und die haben natürlich versucht, schon in dieser Zeit ihr Schnitzwerk, das sind Räuchermännchen, das sind Weihnachtspyramiden, aber eben auch Schwibbögen zu verkaufen. Und diese Tradition wurde in der DDR einfach weitergeführt und zwar zum erheblichen Teil in privaten Kleinbetrieben und wurden dann natürlich in den Export gesteckt.
Westgeld war das A und O in der DDR, was sich exportieren ließ und im Westen verkauft, wurde da auch verkauft. Und im Einzelhandel der DDR war es eher schwierig, sowas zu bekommen. Es gab so kleinere Geschäfte. Für Kunstgewerbe. Und da musste man sich dann schon im Sommer drum kümmern und sagen zu der Geschäftsinhaberin oder so sagen, haben Sie denn nicht mal für uns auch einen Schwippbogen? Und dann klappte das gelegentlich. Und wenn nicht, dann hieß es, selber schnitzen.
Auch in der DDR stiegen die Konsumbedürfnisse. Man sah, wie im Westen Weihnachten gefeiert wurde. Die bunten Dekorationen, die vielen Lichter, die teuren Geschenke. Das DDR-Regime reagierte darauf, um Unzufriedenheit darüber erst gar nicht aufkommen zu lassen. So bemühte man sich in den Geschäften tatsächlich, das weihnachtlich auszugestalten, da eine Weihnachtsdekoration zu machen, auch mit Lichterketten und Weihnachtsbäumen.
Aber natürlich hatte das nicht sozusagen den Glanz und Glamour, den es in Westeuern schon gab, was ja nun wiederum zum erheblichen Teil aus Amerika zurückkam. Mit der Wiedervereinigung wurde es dann auch endlich möglich, Weihnachten so zu feiern, wie man es selbst am liebsten mochte. Fährt man heute in der Weihnachtszeit durch das Erzgebirge, dann leuchten an fast allen Fenstern Schwibbögen.
Zum Teil übrigens sogar das ganze Jahr über. Es stehen große Holzpyramiden in den Ortskernen und jede Bäckerei hat ein großes Angebot an Christstollen mit Mandeln, Rosinen und Schokolade. Weihnachten hat sich über die Jahrhunderte ständig verändert. Das Fest ist eine Mischung von alten und neuen Bräuchen aus aller Welt, die eng miteinander verwandt sind.
Am Ende war es der Austausch, die vielen Migrationsbewegungen der Geschichte und auch der kulturelle und gesellschaftliche Wandel, der dazu geführt hat, dass wir heute auf so viele unterschiedliche Arten Weihnachten feiern, wie wir es eben feiern. Ob wir Christen oder Atheisten sind oder anderen Religionen angehören. Bei den einen kommt das Christkind, bei den anderen der Weihnachtsmann, bei wiederum anderen beide. Im Osten ist man Stollen, im Westen eher Printen und, und, und.
Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen. Die lobten Gott und sprachen, Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens. Ja, und das war's für heute mit dieser Podcast-Folge und auch für dieses Jahr mit Terra Existory, der Podcast. Ich wünsche euch ein wunderbares Weihnachtsfest, eine entspannte Zeit mit lieben Menschen um euch herum und natürlich auch einen guten Rutsch in das neue Jahr.
Wenn ihr jetzt noch Lust habt, ein bisschen über Bräuche, Traditionen und den Ursprung des Schenkens zu erfahren, dann hört auch mal in unsere Folge dazu rein. Und auch über die Geschichte des Gesangs haben wir schon mal eine Folge gemacht. Und wenn ihr euch für die historischen Hintergründe von Silvester und Neujahr interessiert, dann, ihr werdet es erraten haben, haben wir auch was für euch. Das ist ja wie an Weihnachten.
Alle Episoden verlinken wir euch in den Shownotes. 2025 beginnen wir Ende Februar mit einer neuen Staffel Terra X History, der Podcast. Wir erscheinen dann immer am letzten Freitag des Monats. Also alle vier Wochen könnt ihr euch jetzt schon mal im Kalender dick anstreichen. Gerade planen wir übrigens auch die Themen für das kommende Jahr, also schreibt uns sehr gerne per Mail auf Terra Existory bei Instagram oder im Community-Tab bei YouTube auf dem Kanal Terra Existory eure Themenwünsche.
Dieser Podcast hier ist eine Produktion von Objektiv Media im Auftrag des ZDF. Die Autorinnen waren wie immer Janine Funke und Andrea Kahrt. Sie sind verantwortlich für Buch und Regie, für die technische Umsetzung und Gestaltung verantwortlich ist Sarah Fitzek. Redaktion im ZDF hatte Katharina Kolvenbach. Ich bin Mirko Drotschmann und sage, danke fürs Zuhören und... Music.