Darum tut Gott den Dienst und vertilget diese untüchtige Oberkeit. Es ist der 15. Mai 1525. Etwa 8000 Bauern haben sich bei Frankenhausen in Thüringen versammelt. Sie ziehen mit Mistgabeln, Dreschflegeln und Sensen in die Schlacht. Ein riesiger Regenbogen erscheint am Himmel. Der Prediger und Reformator Thomas Münzer deutet ihn als ein göttliches Zeichen. Darum seid unerschrocken und stellt euch zu Wehre. Der Kampf der Bauern scheint aussichtslos.
Drei Landesherren schicken hochgerüstete Reitertruppen, um die aufständischen Bauer niederzukämpfen. Lasst euch nicht erschrecken, das Schwachfleisch. Und greift die Feind köhnlich an. Music. Ihr hört Terra X History, der Podcast, und ich bin Mirko Drotschmann. Die berühmte Schlacht bei Frankenhausen in Thüringen im Mai 1525 ist als Regenbogenschlacht in die Geschichte eingegangen.
Sie gilt als eines der wichtigsten Ereignisse im Deutschen Bauernkrieg, um den es in dieser Podcast-Folge hier geht. Damals, im Frühling 1525, waren in vielen Teilen des heutigen Deutschlands, in Österreich und in der Schweiz, die Bauern aufgestanden und kämpften für Recht und Freiheit. Es war die erste große Volkserhebung auf deutschem Boden. Deutschland war Bauernland. Bauern städten den größten Teil der Bevölkerung.
Wobei es im 16. Jahrhundert innerhalb der Bauernschaft große Unterschiede gab. Während etwa die Bauern in Friesland und im Allgäu häufig wohlhabend waren, waren viele Bauern in Oberschwaben oder in Baden arme Leibeigene. Aber auch die freien Bauern mussten für ihre Grundherren, also Landesfürsten, Klöster, Bischöfe oder artige Grundbesitzer, sogenannte Frondienste leisten. Also arbeiten, ohne dass sie dafür Geld bekamen. Dazu kamen häufig eine hohe Pacht und auch andere Abgaben.
Auch der Zehnte musste an die Kirche oder an den Grundherr entrichtet werden, zum Beispiel in Form eines Teils der Ernte. Den Bauern reichte es schon lange und die Unzufriedenheit wuchs und wuchs. Auch vor 1525 hatte es in Mitteleuropa immer wieder lokale Aufstände gegen Grundherren gegeben. Aber Anfang des 16. Jahrhunderts hat sich die Situation geändert. Zu der allgemeinen Wut über die Lebens- und Arbeitsbedingungen kam jetzt auch noch die Reformation als visionäre Idee dazu.
Sie gab den Bauern ein neues Selbstbewusstsein, über das wir noch sprechen werden. Jedenfalls lässt sich ohne die Reformation der Deutsche Bauernkrieg von 1525 nicht verstehen. Zum ersten Mal in der Geschichte erhoben die Bauern politische Forderungen und schrieben sie auch nieder. Und zwar in den sogenannten zwölf Artikeln. Die grundlegenden und rechtmäßigen Hauptartikel aller Bauernschaft und abhängigen Landpächtern der geistlichen und weltlichen Obrigkeiten, von welchen sie sich
zu Unrecht belastet vermeinen. Am 6. März 1525 hatten sich in Memmingen die oberschwäbischen Bauerngruppen, die man damals Haufen nannte, zum ersten Mal getroffen. Nach langen Verhandlungen verkündeten die Bauern knapp zwei Wochen später ihr politisches Programm, das sich wie ein Lauffeuer im gesamten Heiligen Römischen Reich verbreitete. Ihnen ging es um Recht und Freiheit, darum die Leibeigenschaft ein für alle Mal abzuschaffen.
Denn im Südwesten Deutschlands, wo der Bauernkrieg begann, war Leibeigenschaft für die Bauern immer noch ein großes Problem. Schon Artikel 1 war für damalige Verhältnisse eine Forderung, die es in sich hatte. Jede Gemeinde soll das Recht haben, ihren Pfarrer zu wählen und ihn abzusetzen, wenn er sich ungebührlich verhält. Die Bauern protestierten auch gegen die Erbschaftssteuer, die viele in den Ruin trieb. Sie forderten, dass die Wälder wieder von jedem betreten und genutzt werden durften.
Und sie beschwerten sich darüber, dass die Gerichte der Grundherren oft willkürlich arme Bauern nach Gutdünken verurteilten. Das heutige Thüringen ist ein Zentrum der Aufstände. Adel und Klerus sind nicht bereit, den Bauern Zugeständnisse zu machen. Mitte Mai stehen schließlich rund 8.000 schlecht ausgerüstete, aber wütende Bauern unter Führung des Reformators Thomas Münzer etwa 6.000 schwer bewaffneten und berittenen Soldaten gegenüber.
Während einer Waffenruhe fordern die fürstlichen Heerführer, den vermeintlichen Anführer des Aufstands auszuliefern, dem Prediger und Reformator Thomas Münzer. Die Herren machen das selber, dass ihnen der arme Mann Feind wird. Die Ursache des Aufruhrs wollen sie nicht wegtun. Die Bauern weigern sich, Münzer zu verraten. Trotz der vereinbarten Waffenruhe galoppieren die fürstlichen Soldaten auf die Bauern zu und richten unter ihnen ein Gemetzel an.
Thomas Münzer kann zunächst nach Frankenhausen fliegen, wird dort aber aufgespürt, verhaftet und gefoltert. Am 27. Mai 1525 wird er bei Mühlhausen hingerichtet. Ob tatsächlich ein Regenbogen erschienen ist, als Thomas Münzer seine letzte Predigt gehalten hat, dafür gibt es keine Belege. Fest steht aber, die Regenbogenfahne war das Symbol der Aufständischen.
Bei jeder Schlacht, in die die thüringischen Bauern aus Mühlhausen und Umgebung zogen, sah man auf ihren Fahnen einen Regenbogen und die Worte geschrieben. Also das Wort des Herrn, bleibe in Ewigkeit. Und darunter stand Der Regenbogen wurde auch in anderen Teilen Deutschlands zum Symbol des Bauernkriegs. Aber warum haben sich die Bauern, wie damals in Frankenhausen, in scheinbar aussichtslose Kämpfe begeben und dabei ihr Leben riskiert?
Und welche Rolle spielte die Reformation für den Bauernkrieg? Genau darüber spreche ich jetzt mit der Historikerin Lindel Roper, die zur Geschichte des Bauernkriegs forscht. In ihrem Buch »Für die Freiheit« rekonstruiert sie anhand der wenigen Quellen, die überliefert sind, was die Bauern angetrieben hat. Und warum unter anderem die Jahreszeiten einen ganz entscheidenden Verlauf auf den Bauernkrieg hatten. Lindel, hallo, schön, dass du da bist. Hallo, ich freue mich auch.
Du schreibst in deinem Buch, dass wir uns heute unbedingt für den Bauernkrieg interessieren sollten. Warum sollten wir das denn tun? Ich meine, man muss sagen, das ist schon lange her. Es gibt viele andere Kriege in der Geschichte. Warum ist das für unsere heutige Situation so relevant?
Ich finde, es ist sehr spannend und gerade jetzt im Moment und aus so vielen Gründen, dass viele von den Fragen, mit denen wir uns jetzt im Moment umtun, Das sind dieselben Fragen, die im Bauernkrieg gestellt wurden, aber das war eine ganz andere Zeit und deswegen hatten sie auch andere Antworten darauf. Und sich das klar zu machen ist, finde ich, also es breitet den Horizont. Da merkt man schon eine große Faszination bei dir für dieses wirklich spannende Thema.
Was brachte denn dann ausgerechnet im Jahr 1525 das Fass zum Überlaufen? Die Reformation? Ganz einfach. Das ist die Erklärung. Eine Revolution kann man nicht erklären, indem man eine Reihe von wirtschaftlichen Faktoren zusammenhäuft und denkt, dann läuft der Fass über. Sondern ich würde sagen, um eine Revolution anzufangen, braucht man Selbstbewusstsein, ein bisschen Optimismus. Das gehört dazu.
Und von daher würde ich schon sagen, es ist eine Mischung von Klagen, die man schon immer gehabt hat und die sich in dieser Zeit, im 16. Jahrhundert, schon etwas zugespitzt haben. Aber die treibende Kraft war eigentlich die religiösen Ideen, die mit Luthers Reformation zusammenhängen. Das Interessante ist dann allerdings, dass Martin Luther selbst die Ansinnen der Bauern, beziehungsweise das, was sie dann gemacht haben, gar nicht so toll fand, oder?
Wie stand denn Martin Luther selbst zum Bauernkrieg und zu dieser ganzen Bewegung? Er wollte von Anfang an, dass man tatkräftig dagegen schreitet. Er ist nicht für Verhandlungen und Vermittlungen. Also seine erste Schrift, wo er sich mit den zwölf Artikeln der Bauern befasst, Das ist auf den ersten Blick, da liest man das und denkt, ach ja.
Zuerst tadelt er die Herren und erklärt, das Ganze kommt von daher, dass sie nicht die Reformation eingeführt haben und außerdem, die gehen nicht gerecht mit den Bauern um. Aber dann kommt die Passage über die Bauern und es ist klar, wo seine Sympathien eigentlich liegen. Und wenn man sich bedenkt, dass in der Zeit Friedrich der Weiser, also der Kürfürst, der eigentlich sein Herr gewesen ist, der war eigentlich für Verhandlungen mit den Bauern.
Und Luther war nicht für Verhandlungen, sondern er wollte unbedingt gegen Aufruhr einschreiten. Und ich finde, es ist nicht nur, dass Luther dann plötzlich seine Position geändert hätte und dann wieder die stürmenden Bauern geschrieben hätte, sondern seine Position war ziemlich klar von Anfang an, dass er gegen die Bauern tatkräftig einschreiten wollte. Aber das endet nichts daran, dass viele der Ideen eigentlich Luthes Ideen sind.
1525 wurden diese Artikel in Memmingen veröffentlicht, also einige Zeit nach dem Ausbruch der Reformation. Da gilt ja das Jahr 1517 als Ausgangspunkt. Da wurden die 95 Thesen von Martin Luther veröffentlicht. Also was stand denn konkret in diesem Artikel drin? Was forderten die Bauern? Zuerst forderten sie das Recht, den eigenen Pfarrer zu berufen und zu entlassen. Und das scheint auf den ersten Blick gar nicht so wichtig.
Aber es war extrem wichtig, denn sie wollten Priester haben, die das Wort Gottes verkünden. Und in dieser Gesellschaft hat die Gemeinde in der Regel überhaupt keinen Einfluss drauf, wer jetzt der Priester wird. Sondern der Priester wurde auf eine Pfünde eingesetzt und diese Pfünde gehörte jemand anders, vielleicht der lokale Herr, vielleicht ein Bischof, vielleicht ein Kloster. Das war ein Angriff auf diese mit so vielen Geldrechten verbundenen Kirche.
Und die zwölf Artikel sind nicht von irgendwoher gekommen, sondern das ist eine Zusammenfassung von hunderte von lokalen Forderungen. Beschwerdelisten, die kleine Gemeinden überall geschickt haben. Und wir wissen nicht, wer es gemacht hat, aber wir denken Sebastian Lotzer, also ein Kirchnergeseller, ein Städter. Nicht ein Bauer, aber jemand, der viele Pamphlete zur Religion geschrieben hat und dann für keine Bezahlung für den Bauernhaufen als Schreiber gearbeitet hat.
Und die dritte Forderung ist einfach fantastisch und das ist ein Kerngedanke von der ganzen Bewegung und da heißt es, dass Christus uns alle mit seinem teuren Blut erkauft hat. Der Reichste sowie der Ernste und deshalb beweist die Schrift, dass wir frei sein und da haben sie diesen wunderbaren Zusatz und frei sein wollen. Ich finde das also richtig schön ausgedrückt, dass wir frei sein wollen.
Und das ist unheimlich wichtig, weil damit hat man die Verknüpfung zwischen Luthers Lehre, dass die Laien die zwei Elemente in der Kommunion bekommen sollten. Also das Brot und der Wein, der vorher nur für den Kommunion, Klerus bestimmt war. Aber ausgerechnet ist es der Wein, mit dem uns Christus unsere Freiheit erkauft hat. Also da sieht man, wie eng reformatorisches Gedankengut und Bauernforderungen, wie eng sie zusammengebunden sind.
Und was die Bauern mit Freiheit meinen, das heißt Abschaffung der Leibeigenschaft. Und das war unheimlich wichtig in diesem Tal von Südwestdeutschland. Das gibt es nicht überall, das gab es nicht in Thüringen, aber in Südwestdeutschland ist es extrem wichtig gewesen. Und im Großen und Ganzen kann man das auch überschreiben mit Freiheit. Das waren Forderungen nach Menschenrechten, nach Freiheitsrechten.
Und wenn ich kurz dazu ergänzen darf, ich würde sagen, dieser Freiheitsbegriff, das ist nicht unser Freiheitsbegriff. Die haben eine Freiheitsvorstellung, was sehr gruppenbezogen ist. Es ist Rechte, die eine Gemeinde als Gruppe hat. Und es ist nicht individuell bezogen und erst recht nicht mit individuellem Besitz. Und das hängt auch damit zusammen, dass Besitzverhältnisse in der Bauernwelt ganz anders sind, denn es sind sehr viele Menschen, die verschiedene Rechte auf deinem Land haben.
Es kann vorkommen, dass du mit drei oder vier verschiedenen Herren was zu tun hast, weil so viele Menschen in diesem komplizierten ökonomischen System Rechte auf deine Dinge haben. Welche Anerkennung hatten denn Bauern in dieser Zeit in der Gesellschaft? Welche Stellung hatten sie?
Also viele Bauer waren auch arm und mit Erbverteilung konnte es durchaus kommen, dass viele Bauern so wenig Land gehabt haben, dass sie kaum noch eine Existenz damit versichern konnten und die mussten dann gegen Geld für andere auch arbeiten. Also wir haben es mit einer Gesellschaft zu tun, die sehr divers war und 1525 ist praktisch das letzte Mal, wo man sich wirklich als Brüder, als Gleichberechtigten begreifen konnte, denke ich. Und das ist auch ein Teil der Impulse von der ganzen Bewegung.
Was eine unheimlich große Rolle gespielt hat, war eben, dass man Bauern als roh, unkultiviert, gefährlich angesehen hatte. Und es gibt sehr, sehr viele negative Bilder von Bauern. Aber das Interessante ist, in den 15, 20 Jahren werden Bauern plötzlich Mode. Und die Bilder, die man dann von Bauern sieht, die sind anders. Und da wird der evangelische Bauer sehr oft dargestellt. Und auf viele von diesen Pamphleten, die man im 16.
Jahrhundert sieht, wenn man den evangelischen Bauer sieht, dann ist er derjenige, der für die Reformation kämpft. Und dieses positive Bild von Bauern spielt eine enorm große Rolle, denke ich, in den Anfängen vom Bauernkrieg, weil das war ein Selbstbewusstsein und eine Verknüpfung von Reformation und Bauernstand. Jetzt sind wir direkt bei den Anfängen des Bauernkriegs und das ist ganz interessant. Du beginnst dein Buch im Herbst.
Das mag jetzt erst mal verwundern, aber es hat einen ganz bestimmten Grund, denn die Jahreszeiten hatten ja eine wichtige Wirkung auf den Verlauf des Bauernkrieges. Das hat mit den Erntezeiten zusammengehangen, oder? Es ist unheimlich wichtig, denn im Herbst, das ist die Zeit, wo man eigentlich sieht.
Was Föderalismus eigentlich kostet, weil das ist die Zeit, wo man die ganzen Abgaben schon gemacht hat und weiß, wie das Jahr gelaufen ist, was man verdient hat, wie man den Winter überleben wird und wo man wirtschaftlich eigentlich steht.
Und in dem Moment, wo das Religiöse zusammenkommt, dann hat man einen Moment, wo es plötzlich nicht nur um den eigenen Herren und Verhandlungen geht, sondern es ist eine Prinzipiensache und etwas, womit man das ganze Struktur plötzlich infrage stellt und wo man übergreifende Forderungen macht. Und dann fängt das alles richtig los und man sieht die Anfänge so im Spätherbst, aber Winter ist natürlich nicht eine Zeit, wo es eine gute Idee ist, die Herren anzugreifen.
Da kann man sich nicht einfach bewegen und es ist einfach zu kalt. Und das Ganze geht so richtig los um die Osternzeit, also spät Februar, dann durch März und April. Und man hatte natürlich Niederlagen auch während Frühling, aber die ganzen Schlachten, die finden im Frühsommer und mitten im Sommer statt. Wo kam es denn genau zu den ersten Aufständen und was waren so die Epizentren dieses Krieges? Es gibt so viele Epizentren, aber man kann sich das überhaupt nicht klar machen.
Also man denkt immer an die Schlacht von Frankenhausen. Ja, natürlich war das sehr, sehr wichtig, aber das war nur eine Schlacht. Gleichzeitig gab es Schlachten um Würzburg, in Königshofen, in Elsass hat man große Schlachten gehabt und in Baden-Württemberg hatte man schon vorher in Leibheim eine große Niederlage, Böblingen. Also wenn man die alle zusammenzählt, das sind vielleicht zehn, zwölf Schauplätze, wo diese Schlachten stattgefunden haben.
Und man muss sich auch klar machen, wie viele gestorben sind. Wir werden die genauen Zahlen nie wissen, aber es muss zwischen 70.000 und 100.000 Menschen gewesen sein, die ihr Leben verloren haben und die meisten von denen waren Bauern, weit die meisten. Eigentlich sind viele von diesen Schlachten eher Massaker gewesen. Wenn man bedenkt, 70 bis 100.000, das ist vielleicht ein Prozent der Bevölkerung. Das ist ein enormer Verlust.
Wie geht man dann mit so einem Trauma um? Und ich glaube, wir müssen uns das klar machen, wenn wir Reformationgeschichte studieren. Denn eigentlich ist die Reformation ein Ereignis mit einem riesigen Loch in der Mitte, wo viele um das Leben gekommen sind. Aber das ist nicht Teil unserer Erzählung von der Reformation. Und ich finde, es gehört da rein. Also das ist sehr wichtig und ich denke, die Erinnerung daran bleibt heute noch. Ich war zum Beispiel in Pferdesheim, da gibt es diese Bluthole.
Und die Bluthole ist eine schluchtartige Form in der Landschaft, wo das Blut von dem Schlachtfeld runtergelaufen ist. Das bleibt noch in der lokalen Erinnerung. Und genau dasselbe hat man auch in Frankenhausen mit der Blutrinne. Oder das Ort, wo Thomas Münzer hingerichtet wurde. Das sind Orte, die in der lokalen Erinnerung geblieben sind. Ja, es war eine blutige Niederschlagung dieses Bauernkriegs. Ganz herzlichen Dank dir für die Einblicke und auch für deine Begeisterung für
dieses Thema. Ich bedanke mich. Zum Dritten ist der Brauch bisher gewesen, dass man uns für Leibeigene gehalten hat, welches zum Erbarmen ist, angesichts, dass uns Christus alle mit seinem kostbaren, vergossenen Blut erlöst und erkauft hat, Den Hirten gleichwohl als den Höchsten, keinen ausgenommen. Darum findet sich in der Schrift, dass wir frei seien und sein wollen. Ja, die Bauern kämpften 1525 also für ihre Freiheit. Damit waren sie nicht die Ersten und sollten auch nicht die Letzten sein.
Und wenn ihr noch tiefer in die lange Geschichte von Freiheit als Idee und Ideal eintauchen wollt, dann empfehle ich euch sehr unseren aktuellen Terra-X-3-Teiler, Was die Welt besser macht, könnt ihr im ZDF streamen. In den anderen beiden Folgen geht es um Gerechtigkeit und Frieden. Wir verlinken euch die drei Episoden in den Shownotes. Hat mir sehr viel Spaß gemacht, das zu drehen und ich hoffe, es macht euch auch viel Spaß,
diese Folgen anzuschauen. Aber warum waren die Bauern 1525 denn überhaupt unfrei? Was führte dazu, dass die Bauern so abhängig von ihren Grundherren waren und hohe Abgaben an Klerus und Adel entrichten mussten? Und gab es einen Zeitpunkt in der Geschichte, an dem es den Bauern besser ging? Ackerbau und Viehzucht ließen die Menschen vor rund 12.000 Jahren sesshaft werden. Landwirtschaft ist damit eine unserer ältesten Kulturpraktiken.
Als im Laufe der Jahrtausende die Bevölkerung wuchs, mussten die Bauern natürlich auch mehr produzieren. So wurden Lebensmittel schon in der römischen Antike in Monokulturen angebaut, zum Beispiel Getreide oder Wein. Bewirtschaftet wurden diese Kulturen meist von Sklaven. Wir wissen heute wenig über diese frühen Bauern. Dafür aber umso mehr über diejenigen, die das Land besaßen. Die Grundherren waren in der römischen Antike hoch angesehen.
Und sie schrieben auch über das Landleben. Wie zum Beispiel Kato der Ältere im dritten und zweiten Jahrhundert vor Christus. Schon seit frühester Kindheit hielt ich mich stets von allem anderen zurück, war sparsam, hart und fleißig, wobei ich mich der Landwirtschaft widmete, die steinigen Felder des Sabinerlandes umgrub und zwischen Felsen neue Pflanzungen anlegte.
Kato schrieb ein ganzes Werk, die Agricultura, über die Landwirtschaft, obwohl er selbst vermutlich eher selten zu Hacke und Schaufel gegriffen haben wird. Er war nach modernen Maßstäben ein römischer Agrar-Großinvestor und besaß viele Sklaven, die seine Ländereien bewirtschafteten. Mit dem Fall des römischen Imperiums löste sich auch die Sklavenhaltergesellschaft nach und nach auf. Einige Ländereien gingen vermutlich in den Besitz von einfachen Bauern über.
Deshalb wird diese Übergangszeit im ersten Jahrtausend nach Christus auch als das goldene Zeitalter der Bauernschaft bezeichnet. Sheila Ogilvie, Wirtschaftshistorikerin an der Universität Cambridge, sagt, In Wirklichkeit war das viel komplexer. Einige Bauern genossen relative Autonomie, vor allem in Grenzregionen oder Gebieten mit schwacher zentraler Autorität, aber viele andere nicht. Früher war die Landbevölkerung versklavt und auch jetzt waren viele Bauern auf
verschiedene Weise von den Grundherren abhängig. Sie mussten Pacht zahlen, sie mussten Zwangsarbeit leisten. Ich denke, ein Teil dieses Mythos vom goldenen Zeitalter ist, dass es eben auch unabhängige bäuerliche Dorfgemeinschaften gab. Über diese unabhängigen bäuerlichen Dorfgemeinschaften wissen wir wenig, denn es gibt kaum Quellen. Was wir wissen ist, der soziale Status von Bauern war in dieser Phase nach dem Niedergang des Römischen Reichs gesetzlich unterschiedlich geregelt.
Es gab unfreie Bauern, die meistens Nachfahren früherer Sklaven waren. Sie durften das Land, auf dem sie arbeiteten, weder verkaufen noch verlassen. Dann gab es die freien, steuerpflichtigen Bauern, denen das Land gehörte, dass sie bewirtschafteten. Und dann gab es das sogenannte Kolonat. Das waren halbfreie Pächter, die zwar noch an das Land gebunden, aber keine Sklaven mehr waren. Das Kolonat war ein Übergang von der Sklaverei hin zu dem Bauernstand des Mittelalters.
In den Jahrhunderten nach dem Fall des Römischen Reichs gingen die meisten Ländereien an neue Grundherren, an Könige und Fürsten, an den Niederen Adel, an Bischöfe und Klöster. Die wiederum brauchten Bauern, die ihr Land bewirtschafteten. So entstanden neue Formen der Abhängigkeit, denn die Grundherren boten Schutz und Schirm. Die Bauern mussten sich im Gegenzug verpflichten, ihre Scholle nicht zu verlassen
und auch Frohendienste zu leisten. Wer heiraten wollte, brauchte oft die Erlaubnis des Grundherren. Und dieselben Grundherren waren auch für die Gerichtsbarkeit zuständig, was ebenfalls oft zu Unmut geführt hat. Aus Württemberg wird in den Jahren vor dem Ausbruch des Deutschen Bauernkriegs von Bauern berichtet, die sich über die Willkür ihrer Grundherren beklagten.
Abgaben und Steuern auf alles Mögliche wurden erhoben. Und die Bauern liehen sich bei Missernten hin und wieder notgedrungen auch Geld bei ihren Rundherren, um über die Runden zu kommen. Diese Schulden machten sie dann noch abhängiger. Im Hochmittelalter wurden Adel und Klerus immer mächtiger. Die Feudalgesellschaft entwickelte sich. Schlösser, Burgen oder Klöster wurden gebaut. Und drumherum entstanden Dörfer, in denen die Handwerker und Bauern lebten.
In dieser Zeit wurden mehr und mehr Bauern zu Leibeigene. Music. Im deutschsprachigen Mitteleuropa gibt es mehrere Arten von Leibeigenschaft. Im späten 15. Jahrhundert zum Beispiel erheben die Grundherren im Südwesten Deutschlands immer höhere Abgaben und neue Steuern. Dem Bauern fällt es schwer, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Sie verlieren den Zugang zu Gemeindeland, müssen Gebühren zahlen, um auf Märkten zu verkaufen.
Außerdem gab es eine Inflation, das heißt, die Preise stiegen und das war ein Grund, warum die Grundherren versuchten, mehr aus den Bauern herauszuholen. Denn auch die Grundherren sahen sich mit steigenden Preisen konfrontiert. Einige Grundherren versuchten, die Möglichkeit einzuschränken, dass Bauern ihre Höfe an ihre Kinder vererben, also ein Eingriff in das Erbrecht. Auch dagegen lehnten sich die Bauern 1525 auf.
Den großen Zehnten allerdings stellten sie nicht in Frage, denn damit wurden Kirche und Pfarrer finanziert. Nichtsdesto minder wollen wir den rechtmäßigen Kornzehnten gerne geben, gebührt er einem Pfarrer, der klar das Wort Gottes verkündet. Allerdings gab es noch den sogenannten Kleinen Zehnten, der als weitere Abgabe oft in Form von Gemüse oder Klee oder Kleinvieh wie Schafe und Hühner zusätzlich von den Grundherren gefordert wurde.
Den Kleinen Zehnt wollen wir gar nicht geben, denn Gott der Herr hat das Vieh frei dem Menschen beschaffen. Der Bauernkrieg von 1525 war nicht das erste Mal, dass die Bauern auf die Barrikaden gingen. Schon 1323 stürmten bewaffnete Bauern die Kleinstädte um Brügge in Flandern. Graf Ludwig I. hatte die Steuern erhöht. Viele Bürger von Brügge schlossen sich dem Aufstand an. Sie zwangen Ludwig I. die Steuern wieder zu senken.
Der willigte erst ein, zog dann aber nur kurze Zeit später gegen die Aufständischen in den Krieg und wollte nichts mehr von Steuersenkungen wissen. Ähnlich lief es 1358 in der Nähe von Paris. Damals stürmten wütende Bauern von Adelssitz zu Adelssitz und töteten jeden Ritter und Adligen, den sie antrafen. Auslöser war eine Pestepidemie, von der besonders die Bauern betroffen waren. Auch diese Rebellion wurde blutig niedergeschlagen.
Besonders dramatisch war ein Aufstand 1476 in der Nähe des kleinen fränkischen Weilers Niklashausen, südwestlich von Würzburg. Music. Dem Viehhirten und Musikanten Hans Behem oder Hans Böhm, wie er auch in manchen Quellen genannt wird, erscheint im Frühjahr 1476 angeblich die Jungfrau Maria. Sie spricht zu ihm diese unerhörten Worte. Hans Behem, auch als Pfeifer oder Pauker von Niklas Hausen bekannt, verbrennt Flöte und Pauke und beginnt zu predigen.
Hans Behem ruft die Menschen zur Wallfahrt nach Niklas Hausen auf. Er spricht von einer Welt ohne Steuern, ohne Abgaben des Zehnten, ohne Frohendienste. Von einer Welt, in der Wälder und Äcker nicht nur gemeinschaftlich bestellt werden, sondern Die Fische im Wasser und das Wild auf dem Feld gemeinschaftliches Eigentum sein sollen. Revolutionäre Ideen, die die Obrigkeit in Person von Fürstbischof Rudolf II. Von Scherenberg auf jeden Fall unterdrücken will. Er lässt Hans Behm als Ketzer verhaften.
Dessen Anhänger protestieren dagegen. Wenn du uns den Jungen nicht zurückgibst, werden wir nicht von hier weggehen, bis wir ihn mit Gewalt befreit haben. Gut 16.000 Menschen versammeln sich vor den Toren der Festung Marienberg. Doch der Bischof lässt auf die Menge schießen. Viele Anhänger des Predigers sterben oder kommen in Kerkerhaft. Hans Behem wird am 19. Juli 1476 in Würzburg als Ketzer verbrannt. Der Aufstand in Franken 1476 ging blutig zu Ende.
Was den Bauern in den frühen Aufständen fehlte, war die Möglichkeit, sich zu organisieren und überregional zu vernetzen. Ende des 15. Jahrhunderts entstand im Südwesten Deutschlands eine erste, mehr oder weniger organisierte Bauernbewegung. Allerdings im Geheimen. Der Buntschuh, genannt nach dem einfachen Schnürschuh der Bauern.
Anführer wurde ein gewisser Jos Fritz. Die Bauern schworen sich treue, zogen gegen ihre Grundherren zu Gericht, zahlten keine Pacht mehr und verweigerten die Frohendienste. Im Laufe der Jahre entstand ein Netzwerk von Aufständischen, auf das die Bauern 1525 zurückgreifen konnten. Aber gegen die hochgerüsteten Grundherren, die Adligen, Ritter, Fürsten und Bischöfe, hatten die einzelnen Bauernhaufen mit ihren Dreschflegeln und Schaufeln keine Chance.
Mitte des 15. Jahrhunderts erfand Johannes Gutenberg in Mainz den modernen Buchdruck. Jetzt konnten Flugschriften der Bauern von einem Ort problemlos zum anderen gelangen. Es war die Zeit, in der sich mehr und mehr Bauern zusammenschlossen, um gegen die Missstände und ihre Unterdrückung aufzustehen. Auf einmal wurden sie zu ernstzunehmenden Gegnern, die allein aufgrund ihrer großen Zahl nicht mehr so einfach zu besiegen waren. Einen konkreten Auslöser für den Bauernkrieg gab es nicht.
Aber die meisten Quellen sind sich einig. Am Anfang standen die Schnecken. Denn zur Erntezeit 1524 forderte die Landgräfin von Lupfen im badischen Stühlingen ihre Leibeigenen auf, Schneckenhäuser zu sammeln. Ihre Hofdamen brauchten sie angeblich, um darauf Garn aufzuwickeln. Am 24. Juni 1524 erhoben sich die örtlichen Bauern und legten einen Beschwerdeartikel mit 62 Punkten vor. Schnecken kamen darin übrigens nicht vor, aber sie brachten wohl das Fass zum Überlaufen.
Jedenfalls stellten die Bauern auf einmal das ganze System in Frage. Der Beginn des Bauernkriegs waren also lokale Proteste in Südwestdeutschland, die sich ausbreitet. Anfang Dezember 1524 führte Hans Müller einen Bauernmarsch durch den Schwarzwald an. Und wo immer sie hinkamen, ließen die Bauern ihre Beschwerden laut lesen und sagten, sie würden niemandem etwas tun und bezahlen, was sie tranken und aßen. Und sie ermahnten alle Bauern, ihnen nach Kräften zu helfen.
Am Ende gelang es Bauernführer Hans Müller, drei Bauernheere aufzustellen. Den Allgäuer Haufen, den Bodenseehaufen und den Baltringer Haufen, die später bei den zwölf Artikeln der Bauern in Memmingen eine wichtige Rolle spielten. Nachdem Martin Luther 1517 in Wittenberg seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel veröffentlicht hatte, spielte auch zunehmend die Religion bei den Bauernaufständen eine Rolle.
Mit dem Beginn der Reformation lieferte nicht nur Martin Luther den Bauern quasi von Gott gewollte Argumente gegen ihre Grundherren aufzustehen. Es waren auch andere Reformatoren wie Andreas Karlstadt, ein Theologe und Professor aus Wittenberg, die den Bauernkrieg unterstützten. Oder Thomas Münzer, über den wir ja schon etwas am Anfang gehört haben. Alle drei hatten unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie die Kirche in Deutschland
zu reformieren sei. Für die Bauern machte das keinen Unterschied. Hunderte von Predigern zogen in den 1520er Jahren durch das Heilige Römische Reich, um die Ideen der Reformatoren unter das gewöhnliche Volk zu bringen. In Thüringen las Thomas Münzer zum Beispiel die Messe auf Deutsch. Endlich konnten die Gläubigen verstehen, was man ihnen jahrelang auf Latein gepredigt hatte. Und so soll es sein, denn wir wollen das Wort Gottes feiern, gemeinsam.
Aber nicht auf Latein. Hier in Altstadt verkünde ich sein Wort in eurer Sprache. Music. Für den Bauernkrieg hat eine Schrift von Martin Luther eine ganz besondere Bedeutung, nämlich von der Freiheit eines Christenmenschen. Denn die Bauern interpretierten Freiheit auf ihre eigene Weise, nämlich auch politisch und sozial. Während Luther mehr oder weniger nur die religiöse Freiheit gemeint hatte, als er 1520 schrieb, Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan.
Von Anfang an waren Luthers Ideen eine Art Brandbeschleuniger, die den Bauernkrieg anfachten. Als die Bauern 1525 in Memmingen ihre zwölf Artikel veröffentlichten, wurden sie die zwölf Artikel von christlicher Freiheit genannt. Jetzt hatte der Bauernkrieg auch ein theologisches Fundament. Evangelii, Evangelii, Evangelii wurde so etwas wie der Slogan der aufländischen Bauern.
Luthers Schrift hatte den Klerus von seinem Sockel geholt, mit der Forderung, jede Gemeinde solle ihren Pfarrer künftig selbst wählen können. So tauchte im Oktober 1524 eine Flugschrift auf, die angeblich den Arbeitsvertrag eines neuen Pfarrers in Wendelstein bei Schwabach enthielt. Sehr salopp formuliert hieß es da, So werden wir dich nicht als Herrn, sondern nur als einen Knecht und Diener der Gemeinde behandeln, weil du nicht uns, sondern wir dir zu gebieten haben.
In der Bauernschaft entstand in vielen Regionen auf einmal ein neues Selbstbewusstsein. Die Bauern forderten immer lauter Freiheit und Rechte. Luther predigte auch gegen das Mönchtum und dass es kein gutes Werk sei. In der Folge verließen zahllose Mönche die Klöster. In vielen Landstrichen wurden sie ganz aufgegeben. Von den einst mächtigen und reichen Grundherren waren nur verwaiste Klosterruinen übrig geblieben. Leibeigene waren nach jahrzehntelanger Knechtschaft frei.
Auch das gab dem Bauernkrieg Auftrieb. Auf einmal schien alles möglich. Martin Luther selbst war allerdings am Ende kein großer Freund der Bauern. Er wollte es sich mit den Fürsten nicht verscherzen, von denen er glaubte, er brauche sie für den Erfolg der Reformation. Noch im April 1525 schrieb er, Dass die Obrigkeit böse und unrecht ist, entschuldigt keine Zusammenrottung noch Aufruhr. Thomas Münzer aber stand auf der Seite der Bauern. Nicht nur,
was seine Ideen der Reformation anbelangten. Münzer ermutigte die Bauern. Er schmiedete Allianzen und gründete viele Bünde, um Aufstände zu organisieren. Luther und Münzer wurden zu erbitterten Feinden. Denn Luther fürchtete um den Erfolg der Reformation, wenn marodierende evangelische Bauern mit der Bibel in der Hand alles in Schutt und Asche legten. Für ihn war Münzer der Satan aus Allstedt. Ein radikaler Reformator, der keine Kompromisse machte.
Münzer predigte vor allem soziale Gerechtigkeit. Luthers Haltung war ihm zuwider. 1524 schreibt er über ihn. Schlafe sanft, liebes Fleisch. Ich röche dich lieber gebraten in deinem Trotz, durch Gottes Grimm, in der Röhre oder Topf beim Feuer. Denn in deinem eigenen Südlein gekocht, sollte dich der Teufel fressen. Du bist ein Eselsfleisch. Du würdest langsam gar und ein zähes Gericht werden deinen Milchmäulern. Beide Reformatoren stritten sich öffentlich in Briefen und Flugschriften.
Aber nicht nur sie nutzten das neue Medium. Die Bauern verbreiteten auch ihre Ideen mit Flugschriften. Auch dadurch konnte der Bauernkrieg zum Massenereignis werden. Und genau dazu forscht Thomas Kaufmann. Er ist Theologe und Kirchenhistoriker und hat sich vor allem mit der Mediengeschichte des Deutschen Bauernkriegs beschäftigt. Herr Kaufmann, Sie schreiben, der Bauernkrieg von 1525 sei ein echtes Medienereignis gewesen.
Jetzt muss ich zugeben, wenn ich an den Bauernkrieg denke, dann fällt mir sehr vieles ein, aber nicht unbedingt, dass es ein Medienereignis war. Und eine zentrale Rolle dabei spielt eine Erfindung Mitte des 15. Jahrhunderts auf den Weg gebracht worden von Johannes Gutenberg. Jeder weiß, was gemeint ist, natürlich der Buchdruck. Welche Bedeutung hatte denn diese Innovation für den Bauernkrieg aus solchen?
Also interessant ist an der sozusagen mediengeschichtlichen Dynamik des Buchdrucks, dass sich seine Wirkungen im Grunde im Laufe einer Generation nach und nach aufbauen. Für die erste Phase des Buchdrucks kann man sagen, ist charakteristisch, dass klassische Texte, die bisher abgeschrieben wurden, nun sozusagen technisch
reproduziert worden sind. Das sind klassische Autoren, Scholastiker, große Rechtssammlungen etc. Und ab den 1480er Jahren setzt etwas ein, was für die weitere Geschichte des Buchdrucks entscheidend werden sollte. Erstens eine sehr starke Rolle der Volkssprache. Die Volkssprache tritt deutlich in den Vordergrund und eine Verlagerung hin sozusagen von den klassischen, traditionellen Texten zu aktueller Literatur. Also zu Texten, die Zeitgenossen für Zeitgenossen schreiben.
Und im Grunde diese Dynamik ist es, die dann in gewisser Weise Prozesse wie Bauernkrieg und Reformation befeuert haben. Nun werden häufig wenig umfängliche, kurze Texte relativ günstig in Massen unter die Leute gebracht. Und wir können eben auch beobachten, dass die Partizipation der Lesefähigen an diesen Kommunikationsprozessen zunimmt. Wie viele Menschen konnten denn eigentlich generell zu dieser Zeit lesen und schreiben? Gibt es da Zahlen zu? Kann man das quantifizieren?
Also für den städtischen Bereich gibt es Untersuchungen. Für die oberdeutschen Städte kann man zwischen 30 und 50 Prozent lesefähigen ausgehen. Normale Handwerker, Handwerksmeister waren kaum imstande, die Gewerbe auszugeben ohne eine entsprechende Lesung- und Schreibfähigkeit. Um 1500 haben auch die deutschen Schulen einen entsprechenden Ausweitungsgrad erreicht. Für die ländliche Bevölkerung müssen wir in aller Regel Illiterarität voraussetzen.
In der ländlichen Kultur spielt für den gemeinen Bauern sozusagen die Fähigkeit zu lesen und zu schreiben keine Rolle. Wir haben häufig auf diesen sogenannten Flugschriften Anweisungen wie, wer dies liest oder hört, lesen. Das heißt, es ist im Grunde eine relativ selbstverständliche Praxis, dass laut gelesen wird und im Prinzip die Inhalte der Texte sozusagen weit über die Einzellektüre hinaus rezipiert werden konnten.
Wir kennen Szenen, in denen in Wirtshäusern oder auf Plätzen Texte verlesen werden, also lesefähige, die Inhalte im Grunde an Herumstehende weitergeben. Und das ist einer der wesentlichen Momente. Wir wissen auch sozusagen von Bauernversammlungen, in denen einer dann die zwölf Artikel vorliest und die Bauern sie beschwören. Also das heißt, die Teilhabe an den Inhalten setzt nicht unbedingt eigene Lesefähigkeit voraus. Jetzt hat der Bauernkrieg von 1525 ja viele lokale Zentren.
Wie haben denn die Bauerninformationen verbreitet und wie haben sie sich auch ausgetauscht? Wie wurde das koordiniert? Also zum einen wissen wir von migrierenden Bauern Gruppen, die sozusagen von Ort zu Ort zogen. Eine schwer einzuschätzende Akteursgruppe sind im Grunde Soldaten, die herumstreunen und die sich sozusagen in irgendwelche Dienste nehmen lassen. Häufig sind diese Soldaten Bauernsöhne, die von ihrem ganzen Herkommen sozusagen mit bäuerlicher Lebenswelt engstens verbunden sind.
Und ansonsten haben wir an einigen Stellen Akteure, die gleichsam in den Diensten der Bauern als Lesekundige Sekretärsaufgaben, Kanzlistenaufgaben übernommen haben und die sozusagen die Kommunikation zwischen den verschiedenen Bauerngruppen hergestellt haben. Im Zentrum stehen die zwölf Artikel, die in Memmingen gegenüber dem Schwäbischen Bund erhoben wurden, die dann wie ein Lauffeuer durchs Land gegangen sind oder durch die Lande wäre, glaube ich, korrekter.
Definitiv ein wichtiges Werk im Rückblick betrachtet, aber nicht die einzige wichtige Publikation dieser Zeit in dem Zusammenhang. Es gibt zum Beispiel auch eine Flugschrift mit dem Titel An die Versammlung gemeiner Powerschaft. Ich hoffe, ich habe das richtig ausgesprochen. Was hat es denn damit auf sich gelegt? Ja, das ist ein anonymer Text, der zu den faszinierendsten Texten der Bauernkriegszeit gehört. Ich habe gewisse Hypothesen, was die Verfasserschaft angeht.
Ich gehe jedenfalls davon aus, dass es ein Intellektueller mit einem schweizerischen Hintergrund ist, der sozusagen Rechtsverhältnisse der freien Bauernschaften der Schweiz, die sich sozusagen kommunitär assoziieren, republikanisch assoziieren, zur Grundlage hat. Also so etwas wie eine freie Bauernrepublik, die als Idee eines Intellektuellen gleichsam an die Bauernschaft adressiert, auf dem Weg der Publizistik verbreitet wurde.
Und das ist natürlich auch ein sagenhafter Vorgang, von dessen Rezeption wir nichts weiter wissen, weil wir nicht wissen, welche Bauernversammlung sich damit überhaupt befasst hat. Ob das überhaupt eine zeitgenössische Reaktion ausgelöst hat. Die aber im Grunde deutlich macht, welches auch politische Fantasienpotenzial im Umkreis des Bauernkriegs aktiviert wurde. Man darf nicht vergessen, wir befinden uns ja in einer Zeit, in der auch gleichsam utopisches Denken aufkommt.
Der berühmte, wenn man so will, Roman Utopia des Thomas Morris ist erstmals 1516 erschienen Und enthält natürlich auch einen Gesellschaftsentwurf. Von dem man nicht ohne weiteres unter den Bedingungen des 16. Jahrhunderts sagen kann, allen ist deutlich gewesen, dass das Fiktion ist. Das heißt, jemand schildert, wie eine Gesellschaft in einem bisher unbekannten
Ort funktioniert. Und vor dem Hintergrund solcher Textphänomene ist eben auch ein Traktat wie der an die Versammlung Gemeinder Bauernschaft zu lesen. Er formuliert politische Ideen und rückt sie gleichsam in den Horizont des Möglichen. Jetzt haben wir vorhin schon über den Buchdruck gesprochen und dessen Bedeutung in diesem Zusammenhang. Was mich ja interessieren würde ist, Martin Luther war, kann man sagen, sehr clever.
Er hat diesen Buchdruck, diese Innovation dieser Zeit sehr effizient genutzt. Er hat sie genutzt, um seine Schriften zu verbreiten. Er war also ein Early Adopter, kann man sagen, von dieser Technologie. Waren die Bauern das auch? Haben sie ganz bewusst auf diese Technologie gesetzt oder hat sich das eher zufällig entwickelt und wurde dann viel gedruckt, weil sie es einfach auch gut verkauft hat?
Also ich würde, was die publizistische Aktivität gleichsam der bäuerlichen Seite angeht, einige Go-Betweens postulieren. Das heißt Leute, die selbstverständlich mit dem neuen Medium vertraut waren und sich seiner Bedienten und die die Bauern sozusagen in diese Richtung gezogen haben und eine entsprechende Publizistik lanciert haben.
Diese Leute, diese Stadtbürger, die publizieren, gleichsam zu einer neuen Zentralaufgabe erkoren hatten, hatten auch die entsprechenden einschlägigen Kontakte zur Druckerszene und so weiter. Was Martin Luther angeht, so ist er in der Tat ein publizistisches Genie, der allerdings im Bauernkrieg sozusagen in eine dramatische Zwickmühle gerät und zwar aus chronologischen Gründen.
Er fordert zu einem Zeitpunkt die gnadenlose Ermordung und Niederschlagung der Bauernaufstände, als dies bereits vonstatten geht. Und dann hat seine sozusagen zweite Bauernkriegsschrift wieder die mörderischen Rotten der Bauern zu einem Zeitpunkt publiziert, als genau dies bereits dann geschehen ist.
Und im Nachhinein erschien es so, als ob die unendlich grausame Siegerjustiz, die dort exekutiert wurde, die Bauern sind schlichtweg gegen jede militärische Notwendigkeit abgeschlachtet worden, stand er als derjenige da, der genau dies provoziert hat. Und das hat in gewisser Weise ja im Grunde einen immensen Image-Schaden Luthers produziert. Hinzu kam noch, dass diese Aufforderung, die Bauern niederzustrecken. Von Luther als Zusatz zu einer Ermahnung zum Frieden abgefasst war.
War für die dritte Ausgabe dieser Schriftermahnung zum Frieden, hatte er ein Appendix zur aktuellen Situation geschrieben. Und in gewisser Weise war dieser Appendix sozusagen komplementär auf die Ermahnung zum Frieden bezogen. Nun ist dann durch seinen langjährigen Feind Hieronymus Emser in Dresden genau dieses Addendum als Separatdruck produziert worden, sodass es als sozusagen maßgebliche Einzeläußerung Luthers erschien. Und in dieser Weise hat es eine entsprechende Verbreitung erfahren.
Also Luther ist in gewisser Weise auch mit publizistischen Mitteln der Gegenseite in ein extrem schiefes Licht geraten in dieser Publizistik des Bauernkrieges und das ist sozusagen mit zu bedenken. In der Erinnerung bleibt der Bauernkrieg auch in den Jahrhunderten danach. Die Frage ist, welche Freiheitsbewegungen, die danach dann kamen, wurden denn unter Umständen auch durch diesen Bauernkrieg beeinflusst? Schauen wir zum Beispiel auf die Französische Revolution.
Das ist natürlich deutlich später, aber gibt es da auch einen gewissen Bezug? Also der Bezug ist dadurch entstanden, dass durch die Historiografie des späten 18. und vor allem des frühen 19. Jahrhunderts diese Bezüge hergestellt wurden. Im 19. Jahrhundert, im Nachgang der Französischen Revolution und dann natürlich unter den Bedingungen der marxistischen Geschichte, kommt es zu einer grundlegenden Umwertung von Revolution.
Bis dahin galt Revolution als etwas ganz und gar Schreckliches, etwas, was die bestehende als göttlich gesetzte Ordnung fundamental infrage stellt. Dass Revolutionen etwas Gutes sind, ist im Grunde erst eine Folge der französischen Revolution auf breiter Front. Und in dieser Perspektive hat dann der Historiograf und Theologe Wilhelm Zimmermann eine große Geschichte des Bauernkrieges geschrieben.
Und diese Bauernkriegsgeschichte Zimmermanns bildete in gewisser Weise die Grundlage für Friedrich Engels Sicht auf den Bauernkrieg. Der hat daraus dann, wenn man so will, eine kleine Flugschrift gemacht. Und dieses kleine Textchen, der deutsche Bauernkrieg, hat in gewisser Weise Furore gemacht und eine weitgehende Umwertung des Bauernkrieges als eines Meilensteins in der deutschen Freiheitsgeschichte. Und der Geschichte sozusagen, wenn man so will, der Menschheit hervorgebracht.
Denn der Bauernkrieg galt nun als gleichsam frühbürgerliche Revolution, also als Antizipation dessen, was dann im späten 18. Jahrhundert in der Französischen Revolution als bürgerliche Revolution vonstatten ging. Eine Art Wiederentdeckung hat der Bauernkrieg dann in der DDR gefunden. Die DDR hat Thomas Münzer, den Gegenspieler von Martin Luther, zum Helden gemacht, den Bauernkrieg als ganz wichtiges Ereignis herausgestellt. Warum gerade Thomas Münzer und warum gerade der Bauernkrieg in der DDR?
Das ist durch Friedrich Engels zu beantworten. Friedrich Engels hat in Thomas Münzer den eigentlichen Revolutionär entdeckt, also eine sehr, sehr starke Aufwertung Münzers vollzogen und in seiner Schrift »Deutsche Bauernkrieg« von 1850 sozusagen weitergetragen. Und das bildet in gewisser Weise die Grundlage in der DDR, die dann natürlich auch mit einem gewissen Stolz, dass die maßgeblichen Münzer-Orte nun auf ihrem eigenen Territorium lagen, diese Tradition fortgeführt.
Dazwischen gab es dann noch ein großes Geschichtswerk eines russischen Historikers, der sich erstmals dann in russischer Sprache, das ist dann ins Deutsche übersetzt worden, der Gestalt Thomas Münzers annahm, sodass dann mal unmittelbar in der Nachkriegszeit ab 1946 da eine gewisse Münzer-Euphorie aufbrach. Ja, und interessanterweise lagen die entscheidenden Orte Martin Luthers auch auf dem Staatsgebiet der DDR. Da hat man den Gegenspieler auch im eigenen Land gehabt sozusagen.
Herzlichen Dank für die Einblicke in die Geschichte des Bauernkriegs und vor allem auch die mediale Wirkung. War sehr spannend. Dankeschön. Dankeschön. Zum 10. sind wir beschwert, dass viele sich Wiesen angeeignet haben, der gleichen Äcker, die denn eigentlich einer ganzen Gemeinde zugehören. Dieselben werden wir wieder zu unseren gemeinsamen Händen nehmen. Der Deutsche Bauernkrieg war eine vordergründig durch und durch männliche Angelegenheit.
Das könnte man zumindest meinen, wenn man die meisten historischen Darstellungen darüber liest. Bauernführer wie Jos Fritz, Hans Müller oder Thomas Münzer sind in die Geschichte eingegangen. Aber ohne die Frauen hätten die Bauern gar keinen Krieg führen können. Denn sie waren es, die die Höfe weitergeführt haben, während ihre Männer in den Krieg zogen. Die um ihre Freilassung baten, wenn sie festgenommen worden waren.
Frauen waren in die Aufstandspläne eingeweiht. Und sie beteiligten sich auch lautstark an den Protesten. Manchmal griffen sie, wie in Allstedt für Thomas Münzer, auch schon mal selbst zu den Waffen. Eine der bekanntesten weiblichen Gestalten des Bauernkriegs war die sogenannte Schwarze Hofmännen. Sie zog mit einem Bauernhaufen umher und stand dem Bauernführer Jacklein Rohrbach als Ratgeberin zur Seite.
Sie sollen keck ziehen. Ich habe sie gesegnet, dass ihnen weder Spieß noch Helm, Paten oder Buchsen nichts tohen mögen. Die Schwarze Hofmännen, die eigentlich Margarete Renner hieß, war kein Einzelfall. Und nahm an Frauen fest, die sich am Bauernkrieg beteiligt hatten, wurden sie genauso gnadenlos bestraft wie Männer. So schreibt Michael Eisenhardt in seiner Rothenburger Chronik, dass man am 26.
Juli 1525 zwei Frauen an den Pranger gestellt habe, sie dann aus der Stadt verwies und wenig später alle Weiber des Dorfes Detwang in das Narrenhaus gelegt worden seien. Frauen störten Predigten, beschimpften und bedrohten Geistliche, zerstörten Kirchen und Klöster oder plünderten auch. Die Bäuerinnen zogen genauso gegen Klerus und Kirche ins Feld wie ihre Männer. Und sie trugen den Bauernkrieg an vielen Stellen mit. In Gemünd etwa schlossen sich 200 Frauen dem Bauernhaufen an.
Mit Steinen und heißem Wasser bewaffnet verteidigten sie ihre Stadt. Und beim sogenannten Weiberaufstand in Windesheim in Franken in der Nacht vom 5. Auf den 6. Mai 1525 wollten 60 Frauen das Kloster stürmen und plündern. Die Stadtchronik berichtet. Etliche brachten Holzbeil, etliche Hackmesser und andere Werkzeug mit sich und wollten der Sache einen Anfang bei dem Kloster machen. Aber der Bürgermeister und etliche des Rats verfügten sich dahin und stilleten sie mit großer Mühe und Arbeit.
Ähnliche Vorfälle von Frauen, die sich aktiv am Bauernkrieg beteiligt haben, sind auch aus anderen Regionen belegt. Aber trotz der breiten Unterstützung in der Bevölkerung, mit der Schlacht von Frankenhausen am 15. Mai 1525 in Mitteldeutschland und der Hinrichtung von Thomas Münzer erfuhren die Bauern eine schwere Niederlage. Hier in Thüringen ging der Aufstand damit auch zu Ende.
In anderen Regionen kämpften die Bauern weiter. So verschanzten sich im Juni 1525 um die 8000 fränkische Bauern mit Geschützen und Gewehren hinter ihren Karren. Ihr Gegner war Heerführer Georg von Waldburg. Er sollte den Aufstand bei Ingolstadt niederschlagen und war bei den Aufständischen gefürchtet. Sein brutales Vorgehen hatte ihm den Beinamen Bauernjörg oder Schlechter der Bauern eingebracht.
Im Juni 1525 stürmte er mit einer kleinen Reiterstaffel die Stellung der zahlenmäßig überlegenen Bauern und metzelte sie ohne Gnade nieder. Auch in Mittel- und Süddeutschland wurde im Frühsommer 1525 ein Aufstand nach dem anderen niedergeschlagen. Der Deutsche Bauernkrieg war im September 1525 praktisch vorbei. In einer anderen deutschsprachigen Region fing der Bauernkrieg jetzt aber erst richtig an. Und zwar in Tirol. Es ist der 9. Mai 1525. Hochstift Brixen.
Peter Pessler, der Sohn eines Fischers, soll hingerichtet werden. Auf Anordnung des Bischofs hatte die Familie ihre Fischereirechte verloren. Sie steht jetzt vor dem Ruin. Der Versuch, gegen das Verbot zu klagen, misslingt. Peter Pessler droht jedem, der gegen ihn ist, die Feder an. Aber das Faustrecht ist in Tirol verboten. Pessler wird zum Tode verurteilt. Die Bauern der Umgebung können Pessler befreien und stellen Forderungen.
Nun ist sie also auch in Tirol angekommen, die Grausame, erschrockenliche, unmenschliche Empörung in diesem Land von dem gemeinen Powers-Volk, schreibt damals der Amtsmann von Neustift. Bauern aus der Umgebung strömen zusammen und stürmen am 10. Mai die Stadt Brixen. Häuser von Adligen und Klerikern werden ausgeraubt, die fürstbischöfliche Regierung verjagt. Kommandant des Bauernaufstandes in Brixen ist ein gewisser Michael Geismeyer. Der Bauernsohn arbeitet in der Landesverwaltung.
Natürlich, dieser Michael Geismeyer ist schon eine zentrale Persönlichkeit des Tiroler Bauernaufstandes. Sagt der Historiker Robert Rebitsch. Die Aufstände breiten sich im Mai 1525 in der gesamten Grafschaft aus. Denn die Tiroler Bauern haben, anders als die deutschen Bauern, gut funktionierende Waffen und wussten, wie man damit schießen konnte.
In Tirol gab es schon eine Verteidigungsdoktrin, manifestiert sich vor allem in diesem Tiroler Landlibell von 1511 durch Kaiser Maximilian, der Tirol in Viertel einteilen ließ und für eine Landesdefension zog, die sich aus den Bauern und Bürgern Tirols rekrutierten, die dann das Land in einem Verteidigungsfall auch verteidigen sollten.
Das heißt also, man kann davon ausgehen, dass viele der Untertanen der Grafschaft Tirol schon eine gewisse militärische Erfahrung hatten, für die Landesdefension eingeteilt waren und daher auch wussten, wie man mit Waffen umgeht. Und für die Tiroler Bauern ging es nicht um die Abschaffung der Leibeigenschaft, die gab es in vielen Regionen nämlich gar nicht mehr. Die Tiroler Bauern hatten andere Probleme.
Steuern, Abgaben, Fonddienste, eine ganze breite Palette von Forderungen, die da artikuliert wurden, aber sicher nicht die Leihbeigenschaft. Erzherzog Ferdinand I., der später Kaiser des Heiligen Römischen Reiches wurde, wollte ein Blutvergießen unter allen Umständen vermeiden. Er brief den Landtag ein und machte den Bauern Zugeständnisse. Schon damals war der Bauernstand im Landtag vertreten. Ihr Verhandler? Michael Geismeyer. Er träumte allerdings von einer freien Bauernrepublik.
Während alle anderen Aufstandsorte schön langsam befriedet werden oder die sich selbst mehr oder weniger befrieden, bleibt er sowas wie der Fels in der Brandung. Er bleibt ein Aufständischer und er erkennt auch dann diesen Landtagsabschied, der im Juli 1525 verabschiedet wird in Innsbruck nicht an. Der Aufstand ebte ab und Geismeyer wurde inhaftiert. Im Oktober 1525 gelang ihm schließlich die Flucht.
Und dann geht er weiter ins Exil, nach Klosters, ins Prätigau, wo er diese bekannte Landesordnung, die ihm zugeschrieben wird, schreibt. Die Tiroler Landesordnung umfasst an die 30 Punkte mit relativ spezifischen Forderungen. Und die spektakulärste Forderung, die in der Literatur sehr häufig thematisiert wurde, ist eigentlich die Deprivilegierung des Adels und des Klerus. Die deshalb nie umgesetzt wurde. Geismeyer wollte den Aufstand in Tirol wieder aufleben lassen.
Im Frühling 1526 bot sich dazu eine Gelegenheit in Salzburg. Dort belagerten Bauern den Sitz des Erzbischofs, weil er zugesagte Reformen hinauszögerte. Geismeyer trommelte mehrere tausend Bauern zusammen. Sie versuchten, die Stadtmauern zu stürmen. Peter Pessler war wieder mit dabei. Auch dieses Mal unterlag das Bauernherr. Geismeyer floh nach Venedig. Der Auftand selber war faktisch 1526 mit dem Abzug Geismeyers aus dem Bustertal
vorbei. Nur für die Tiroler Behörden sozusagen blieb dieser Geismeyer brandgefährlich. Drum dieses Kopfgeld auf Geismeyer und tatsächlich dann 1532 fand man einen Mann, einen italienischen Pferdehändler, den Geismeyer kannte, der dann mit zwei Knechten Geismeyer im Badur, dort hat sich niedergelassen im Badur, mit 42 Dolchstichen ermordet. Auf jeden Fall, da wurde auf Geheiß des Landesfürsten Ferdinand mit Ausschreibung von Kopfgeld von drei Auftragsmördern umgebracht in Badur.
Und damit war dann tatsächlich auch für den Landesfürsten Ferdinand und für den Hofrat in Innsbruck dieser Bauernkrieg abgeschlossen. In Tirol bekamen die Bauern nach dem Ende des Aufstands deutlich mehr Rechte und hatten ein stärkeres Gewicht im Landtag. Im Vergleich gab es nur wenige Todesopfer zu beklagen. Historiker gehen heute davon aus, dass im Gegensatz dazu in den deutschen Gebieten bis zu 100.000 Bauern niedergemetzelt wurden.
Genaue Zahlen gibt es nicht. Man ließ viele Redesführer hinrichten und verbannte Mitläufer aus Dörfern und Städten. Ganze Dörfer mussten ihren Grundherren für die Zerstörungen Schadenersatz zahlen. In Mühlhausen zum Beispiel, von wo aus Thomas Münzers Bauern her gekämpft hatte, verpflichtete sich die Stadt in einem Vertrag von März 1526, dem betroffenen Adel 30.000 Gulden zu zahlen. Vielerorts stellte man die alte Ordnung wieder her. Aber nicht überall waren
die Bauern erfolglos geblieben. Ein Beispiel war das Hochstift Kempten. Zwar entschied das bündnische Schiedsgericht in Memmingen, dass die Bauern den Abt des Klosters entschädigen mussten, aber sie brachten ihre alten Beschwerden wieder vor und verlangten vom Schwäbischen Bund, das war der Zusammenschluss, aus schwäbischen Reichsstädten und reichsunmittelbarem Adel in Schwaben, sie aus ihrer babylonischen Leibeigenschaft zu erlösen, wie es Martin Luther mal geschrieben hatte.
Am Ende stand ein Vertrag zwischen Abt und Bauernschaft. Das Kloster sicherte seinen Herrschaftsanspruch vertraglich ab, die Bauern erreichten wesentliche Verbesserungen für ihre Leibeigenschaft. Ähnliche Verträge gab es auch in anderen Regionen. Im Laufe der Jahrhunderte verschwand der Deutsche Bauernkrieg dann aus dem kollektiven Gedächtnis. In vielen Regionen der Bundesrepublik geriet er völlig in Vergessenheit. Außer natürlich an den Orten, wo damals große Schlachten geschlagen wurden.
In der DDR war das anders. Dort wurde der Deutsche Bauernkrieg von 1525 politisch instrumentalisiert. Nur zwei Monate vor dem Fall der Mauer im Herbst 1989 wurde dort eines der größten Bandgemälde der Welt eingeweiht. Ein 1700 Quadratmeter großes Bauernkriegsgemälde in Bad Frankenhausen, wo im Mai 1525 die entscheidende Schlacht stattgefunden hatte. Auf dem Panoramabild sind mehr als 3000 Figuren abgebildet und verschiedene Szenen des Bauernkriegs.
Diese Ereignisse von vor 500 Jahren sind heute für uns Geschichte. Aber Bauern gibt es natürlich immer noch. Genauso wie Bauernproteste. In Deutschland bewirtschaften etwa 260 landwirtschaftliche Betriebe rund 18 Millionen Hektar Fläche. Also etwas mehr als die Hälfte der Gesamtfläche Deutschlands. Aber die Zahl der Betriebe schrumpft. Vor allem kleinere und mittlere Betriebe haben mit sinkenden Preisen und steigenden Kosten zu kämpfen.
In den vergangenen Jahren sind die Landwirte in Deutschland und in Europa deshalb immer wieder zu Tausenden auf die Straße gegangen und haben dagegen protestiert. Zuletzt gingen im Januar 2024 in Deutschland die Bauern auf die Straße und blockierten mit ihren Treckern Autobahnen und setzten Strohballen in Brand. Sie protestierten dagegen, dass die Bundesregierung ihnen die Subventionen beim Agrardiesel streichen wollte. Landwirte starten morgen früh im gesamten Bundesgebiet ihre Protestwoche.
Die Proteste der Bauern waren in Teilen erfolgreich. Die Ampelregierung hat im September 2024 ein Agrarpaket für Landwirte verabschiedet. Und die Bauern haben noch etwas geschafft. Ihnen wurde endlich zugehört. Nicht nur von der Politik, sondern auch von der Gesellschaft. Unglaublich viele waren unglaublich wütend über die fehlende Wertschätzung. Sagt Anne-Marie Paulsen. Sie ist Bäuerin auf einem familiengeführten Biohof in Schleswig-Holstein.
Und die Bauernproteste haben gezeigt, dass es überhaupt nicht so ist. Die Wertschätzung und der Rückhalt in der Gesellschaft ist massiv da. Und das haben wir total unterschätzt. Und auf einmal zeigt sich, dass doch unglaublich viele hinter uns stehen, unglaublich viele für eine Lebensmittel- und Souveränität sind, hier in Deutschland produziert wird. Und ich glaube, das war eine sehr, sehr schöne Erkenntnis vom letzten Jahr. Aber wie sieht das Leben der Landwirte in Deutschland heute aus?
Wie schafft man es, wie Annemarie und ihre mehrköpfige Familie, einen Bio-Milchviehbetrieb mit mehr als 300 Tieren auf 450 Hektar Land zu stemmen? Ich glaube, ein Vorteil, den mein Mann und ich haben, ist, dass wir beide so aufgewachsen sind. Wir sind beide mit diesem Verständnis, immer zuerst der Hof, immer zuerst die Arbeit auf dem Feld, immer zuerst die Tiere. Das ist einfach so ein Selbstverständnis, mit dem man so groß wird.
Als wir damals noch einen Melkstand hatten, 4.30 Uhr, ja, dann ging es los. Da musstest du raus, musstest du deine Tiere melken, weil wir ein Zwölf-Stunden-System hatten. Also um 4.30 Uhr morgens und um 34 Uhr nachmittags. Aber jetzt haben wir Roboter und wir sind ein bisschen flexibler. Und jetzt gehe ich um 5 Uhr raus und kann meine Tierkontrolle machen und mein Mann ist in der Zeit bei den Kindern drin. Auf dem Hof hat die Familie insgesamt zwölf Mitarbeiter, die die Tiere versorgen,
bei der Ernte helfen oder Bürokram erledigen. Und ich habe zum Glück das Privileg und den Luxus, dass wir Schwiegereltern haben, die uns viel unterstützen, dass wir Mitarbeiter haben, die uns viel unterstützen. Und da, wo es vor allen Dingen auch manchmal echt schwierig wird, wird verbeuerlichen Familien, wo wirklich nur die Familie die Arbeitskraft ist. Und das wird immer unattraktiver für die nächste Generation, das zu übernehmen.
Und das ist echt ein Problem. Zu ihrem Beruf als Bäuerin gehört es auch, keinen Urlaub zu haben. Natürlich sind die Verhältnisse von heute nicht mit denen des Jahres 1525 vergleichbar. Aber es gibt nach wie vor Gemeinsamkeiten. Denn die Arbeit als solche unterscheidet sich heute trotz Mechanisierung und moderner Technik nur unwesentlich von der Arbeit eines Bauern zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Den Tagesrhythmus bestimmt heute wie damals das Vieh.
Den Jahresrhythmus die Zeit zwischen Aussaat und Ernte. Zum 12., wenn sich in der Bibel weitere Artikel finden, die wieder Gott und zur Beschwernis der Nächsten wären, wollen wir es uns auch vorbehalten und neu beschließen und uns in aller christlichen Lehre üben und diese benutzen. Und das war unsere heutige Podcast-Folge zum Deutschen Bauernkrieg von 1525.
Wir hören uns hier an dieser Stelle wieder in vier Wochen. Bis dahin, schreibt uns gerne per Mail auf TerraX History bei Instagram oder kommentiert die Folge im Community-Tab bei YouTube auf dem Kanal TerraX History. Wir freuen uns über eure Gedanken zu dieser Folge, aber auch über neue Themenvorschläge. Dieser Podcast hier ist eine Produktion von Objektiv Media im Auftrag des ZDF. Die Autorinnen waren wie immer Janine Funke und Andrea Katt.
Sie sind verantwortlich für Buch und Regie. Für die technische Umsetzung und Gestaltung verantwortlich ist Sascha Schiemann. Redaktion im ZDF hatte Katharina Kolbenbach. Ich bin Mirko Drotschmann und sage danke fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal.