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Ungleich vertreten - Wie wichtig es ist, wer Politik macht

May 31, 202527 min
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Summary

Dieser Quarks Daily Spezial untersucht die Unterrepräsentation von Frauen und anderen gesellschaftlichen Gruppen im Deutschen Bundestag und anderen politischen Ebenen. Es werden aktuelle Zahlen präsentiert und die Gründe dafür analysiert, von historischen Barrieren bis hin zu strukturellen Nachteilen in der Parteiarbeit. Die Folge diskutiert, warum die Vielfalt der Gesellschaft auch im Parlament abgebildet sein sollte, wie dies politische Entscheidungen beeinflusst und welche Lösungsansätze, wie Paritätsgesetze, diskutiert werden, um die Repräsentationslücke zu schließen.

Episode description

Männlich, weiß, 47 Jahre alt. Das ist der "typische" Abgeordnete im Bundestag. Frauen machen zwar die Hälfte der Bevölkerung aus, sind mit 32,4 Prozent aber deutlich unterrepräsentiert - wie viele andere gesellschaftliche Gruppen auch. Was bedeutet das für unsere Demokratie? Und wie ginge es besser? // Alle Quellen und weitere Spezials findest Du hier: https://www.quarks.de/daily-quarks-spezial/ Von Sonntag / Schmude.

Transcript

ARD Jetzt haben wir seit ein paar Wochen eine neue Bundesregierung, also je nachdem, wann ihr die Folge hört, es war Anfang Mai 2025. Und wenn wir uns jetzt den Frauenanteil angucken, dann ist der im Vergleich zur Vorgängerregierung sogar ein bisschen gestiegen. von Friedrich Merz, das besteht inklusive Kanzler, aus 10 Männern und 8 Frauen. Sieht also gar nicht so ganz so schlecht aus mit der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Politik, könnte man zumindest denken.

Ja, könnte man zumindest denken, denn beim Bundestag ist man dann schnell wieder zurück auf den Boden der Tatsachen, was den Frauenanteil angeht. Denn im Vergleich zur letzten Legislaturperiode ist der Frauenanteil im Parlament zurückgegangen. Aktuell sind nur noch rund 32 Prozent und damit jedes dritte Bundestagsmandat von einer Frau besetzt. So und dabei ist ja gut die Hälfte der Bevölkerung weiblich, also auch die Hälfte der Menschen, die den Bundestag wählen.

von ihm ja auch repräsentiert werden wollen. Im Grundgesetz ist die Chancengleichheit verankert, aber warum tut sich dann in der Realität zu wenig? Was macht das mit unserer Gesellschaft, wenn Politik, also zumindest so hauptsächlich Männersache ist? Und ist eine repräsentative Verteilung überhaupt entscheidend oder kommt es vor allem darauf an, dass die Interessen aller Gruppen vertreten werden und dann vielleicht auch egal von wem?

All das wollen wir klären in dieser Folge und dazu ist Magdalena Schmude aus dem Quarksteam mit dabei. Du hast das Thema recherchiert. Hi, schön, dass du da bist. Hi, Sebastian. Ich bin Sebastian Sonntag. Tag! Magdalena, hast du mal so in deinem Wahlkreis geschaut? Hat da ein Mann oder eine Frau gewonnen bei der Bundestagswahl jetzt im Februar?

Ein Mann. Wie schon bei der vergangenen Bundestagswahl. Auf Platz zwei und drei sind aber diesmal Frauen gelandet. Also könnte man sagen, so ein typisch deutscher Wahlkreis. Genau, was das Geschlecht des Wahlkreissiegers angeht, ist das auf jeden Fall typisch, denn da gibt es eben auch bundesweit deutlich mehr Männer, die ein Bundestagsmandat gewinnen konnten als Frauen. Aber auch wenn man auf die Geschlechterverhältnisse der Kandidaten...

Wenn man Kandidaten und Kandidatinnen guckt, die überhaupt angetreten sind, dann ist mein Wahlkreis repräsentativ. Da waren nämlich von insgesamt zehn Personen nur knapp ein Drittel Frauen. Und das entspricht auch dem Verhältnis auf Bundesebene. Jetzt 2025 waren von insgesamt 4506 Kandidierenden nur 1422 Frauen, was einem Anteil von 31,6 Prozent entspricht.

im Wahlkreis gewählt. Immerhin. Herzlichen Glückwunsch. Also kann man festhalten, insgesamt weniger Frauen als Männer, die sich überhaupt um politisches Amt wie so ein Bundestagsmandat bewerben. Jetzt kann man natürlich sagen, hey, warum ist das überhaupt ein Problem? Ist das Geschlecht eigentlich so wichtig. Ich meine, Hauptsache der Mensch, der uns da vertritt, macht einen ordentlichen Job. Könnte man ja argumentieren.

Ja, könnte man sagen, aber das wäre ein bisschen zu kurz gedacht, denn in der Politik geht es ja auch um Repräsentation, also dass dort, wo politische Entscheidungen getroffen werden, die das Leben von jedem Einzelnen und jeder Einzelnen beeinflussen.

die Interessen von allen möglichst gleich stark vertreten werden. Und ob das funktioniert, wenn es so eine starke Unwucht zwischen Männern und Frauen gibt, das ist fraglich. Und das betrifft wahrscheinlich nicht nur die Bundestagsebene. Richtig. Auch in den Landtagen.

Und in der Kommunalpolitik haben immer noch deutlich mehr Männer als Frauen ein politisches Mandat. In den Landtagen sieht es da im Schnitt ähnlich aus wie im Bundestag. Da liegt der Frauenanteil auch knapp über 30 Prozent. Es gibt ein bisschen Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern. In den Stadt- und Gemeinderäten sind es dann aber nur noch um die 28 Prozent Frauenanteil im Durchschnitt. Auch da ist die Tendenz übrigens fallend.

Und am krassesten ist der Unterschied, wenn man auf die Oberbürgermeister- oder Bürgermeisterposten guckt. Und da kann man ruhig in der männlichen Form bleiben, denn da sind rund 90 Prozent der Amtsinhaber Männer. Und damit eben auch die Macht, um es jetzt mal plakativer zu sagen. Das wird diskutiert.

Das war die Fakten-Ebene. Jetzt kennen wir eine ganze Menge Zahlen. Übrigens, wenn wir bei den Zahlen gerade sind, falls ihr euch das nochmal anschauen wollt, also auch einige dieser Zahlen, alles das, was Magdalena zum Recherchieren benutzt hat, das findet ihr auf quarks.de. Da gibt es eine Seite zu diesen Zahlen. diesem Podcast und da sind alle Quellen aufgelistet und die wichtigsten, die findet ihr auch direkt hier um die Ecke in den Shownotes.

Wir können festhalten, Frauen sind auf politischen Ebenen weniger stark vertreten als Männer und zum Teil ja, man muss so sagen, krass unterrepräsentiert zahlenmäßig. Vielleicht schauen wir mal drauf, warum das am Ende ein Problem ist. Du hast es eben schon angedeutet. Was gibt es da so für Argumente auf dem Markt?

Um das zu klären, habe ich mit Scheida Weinrich gesprochen. Sie ist Juristin und arbeitet bei der Bundesstiftung Gleichstellung. Das ist eine Stiftung, die vom Bund finanziert wird und sich dafür einsetzt, die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern, die ja im Grundgesetz... Und Scheider Weinrich sagt, dass es deshalb schon rein rechtlich ein Problem ist, dass der Frauenanteil in der Politik so gering ist.

Der Anteil im Bundestag stagniert seit einigen Jahren jetzt schon bei knapp einem Drittel. Und das ist vor allem auch eine Demokratiefrage letztendlich, wenn wir einen Großteil der Bevölkerung es nicht schaffen, ihnen den gleichen Zugang auch zu politischen. Mandaten zu ermöglichen.

Im Grundgesetz ist nämlich nicht nur die Gleichberechtigung von Männern und Frauen festgeschrieben, sondern es gibt seit 1994 noch eine Ergänzung des entsprechenden Absatzes und in der steht, dass der Staat die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Männern Und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinwirkt.

Das heißt, der Staat muss auch aktiv was tun, um den Frauenanteil in den Parlamenten zu erhöhen. Muss aktiv was tun, aber nur dadurch, dass es auf dem Papier steht, macht der Staat das ja nicht automatisch. Ja, Papier ist bekanntlich geduldig, aber das Grundgesetz ist eben ein Gesetz, das eingehalten und umgesetzt werden muss.

Und wie relevant das Thema Gleichberechtigung in der Politik für die Demokratie insgesamt ist, das sieht man auch daran, dass sich 2023 unter anderem die Wahlrechtskommission des Deutschen Bundestages mit dem geringen Frauenanteil im Bundestag beschäftigt hat. Da war neben der fehlenden Repräsentanz von Frauen im Parlament auch ein wichtiges Argument, dass es durch den geringen Frauenanteil eben ein Ungleichgewicht der Machtverhältnisse gibt. Und das muss behoben werden.

Das klingt jetzt natürlich alles sehr wichtig, es klingt auch irgendwie staatstragend und es leuchtet natürlich auch ein, warum Gleichberechtigung in Politik. ein Ziel sein sollte. Also auch mit den Argumenten, die du ja gerade vorgetragen hast. Aber man könnte ja auch weiter argumentieren, ob es am Ende wirklich entscheidend ist, ob da ein Mann oder eine Frau im Bundestag sitzt und abstimmt, weil...

Naja, es ist eigentlich noch viel wichtiger. Erstens, habe ich eben schon gesagt, ob die Person einen guten Job macht oder zu welcher Partei jemand gehört. Ich meine, darum geht es ja am Ende auch bei der Wahl. Ja und nein gleichzeitig. Natürlich ist die Parteizugehörigkeit... wichtig dafür, wie jemand abstimmt und wo auch die Themenschwerpunkte liegen, um die sich jemand kümmert. Aber worüber abgestimmt wird, also welche Themen im politischen Prozess überhaupt stattfinden?

Auch das muss ja erstmal entschieden werden. Und in einer männerdominierten Politik sehen diese Entscheidungen für oder gegen bestimmte Themen dann eben auch entsprechend männlich aus, sagt Scheider Weinrich. Wenn Frauen nicht mitentscheiden, dann finden im Zweifel eben auch ihre Themen.

nicht hinreichend statt. Zumindest wird es unwahrscheinlicher, je weniger Frauen im Parlament sitzen. Das liegt daran, dass Frauen und Männer unterschiedliche Lebensperspektiven haben, die sich auch in politischen Entscheidungen niederschlagen. Ausschließen von Entscheidungsprozessen, dann spiegelt sich das letztlich auch in der Qualität der Politik wieder. Und das kann man ganz gut nachvollziehen, finde ich, denn der persönliche Hintergrund, die eigene Biografie.

Die Erfahrungen und auch die Lebensrealität von jemandem, die spielen natürlich auch in politische Entscheidungen mit rein. Ja, und das ist ja eigentlich auch ganz generell ein Thema, wenn es um Diversität geht. Das stimmt. Und wenn man darauf mal guckt, besonders divers ist. ist der Bundestag insgesamt nicht. Nicht nur beim Geschlechterverhältnis eben, auch bei anderen Aspekten wird die gesellschaftliche Vielfalt nicht ausreichend widergespiegelt.

Menschen mit Migrationshintergrund zum Beispiel sind mit nur 12 Prozent im Parlament krass unterrepräsentiert. Denn insgesamt hat in Deutschland mittlerweile fast ein Drittel der Menschen einen Migrationshintergrund. Auch was den Altersschnitt angeht, gibt es eine Schieflage zugunsten der Älteren. Im Bundestag sind nur 5 Prozent der Abgeordneten unter 30 Jahre alt.

sind es aber 11 Prozent. Dafür sind 16 Prozent der Abgeordneten über 70. In der Bevölkerung sind es aber nur ein Prozent. Also auch da gibt es klaren Ungleichgewicht. Das heißt, der Bundestag ist im Schnitt deutlich älter. als die Bevölkerung und auch Menschen mit Migrationshintergrund sind eindeutig deutlich zu wenig repräsentiert.

Genau und was wir dafür im Bundestag aber deutlich mehr haben als in der Bevölkerung, sind bestimmte Berufsgruppen, nämlich Juristen und Juristinnen oder Menschen, die mal in der Verwaltung oder der Unternehmensorganisation gearbeitet haben. Auch Berufsgruppen, die gesellschaftlich und finanziell eher besser gestellt sind. Wirtschaftlich und sozial schlechter gestellte Gruppen und Berufsgruppen fehlen dafür aber. Und da spricht man dann von der sogenannten Repräsentationslücke.

Weil die Themen und Probleme dieser Gruppen, ob jetzt Migration, Alter oder eben wirtschaftliche und soziale Situation, personell und dadurch auch im politischen Prozess nicht ausreichend abgebildet werden. Und es gibt tatsächlich Forschung, vor allem aus den USA dazu, die zeigt, wie wichtig diese Repräsentanz ist. Und ein Beispiel sind da Abgeordnete mit afroamerikanischen Wurzeln. Die setzen sich laut dieser Forschung stärker für die Interessen von Schwangers.

Das heißt im Klartext, wie gut ich durch meine Abgeordnete, meinen Abgeordneten... tatsächlich repräsentiert werde, hat schon noch immer was damit zu tun, wie ähnlich sie oder er mir ist. Nicht ausschließlich, aber es ist eben auch ein Faktor. Denn auch im Jahr 2025 gibt es noch Unterschiede zwischen den gesellschaftlichen Gruppen.

die ich gerade genannt habe, genauso wie es immer noch Unterschiede zwischen Männern und Frauen in ihren Lebensrealitäten gibt. Gerade jetzt bei Themen, die mit Kindern, Care-Arbeit, Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu tun haben, aber auch bei der medizinischen Versorgung oder bei Rechten. Ja.

Und kann man das auch konkret machen? Also gibt es da Beispiele, die zeigen, dass Männer sich für andere Themen einsetzen, anders abstimmen als Frauen? Danach habe ich gesucht, aber so richtig in die Richtung gibt es nichts, aber es wird deutlich, wenn man darauf guckt. welche Themen von einem überwiegend männlichen Bundestag sehr lange eben nicht auf die Tagesordnung gesetzt worden sind.

Bis sich die wenigen Frauen parteiübergreifend zusammengeschlossen haben, um da was zu ändern. Zum Teil eben auch, weil das mit den Männern in ihrer eigenen Fraktion nicht zu machen war. Das ging also nur mit den Frauen untereinander. In der jüngeren bundesdeutschen Geschichte.

gibt es da ein paar Beispiele, wie die rechtliche Neuregelung von Schwangerschaftsabbrüchen zum Beispiel. Das war 1992. Und da ging die Initiative dafür auch von einer Gruppe von Frauen aus mehreren Parteien aus. Und die haben es dann geschafft, genügend Druck aufzubauen, damit auch die Männer entsprechend mit abgestimmt haben. Denn durchsetzen kann man solche Vorschläge ja nach wie vor immer mit einer Mehrheit nur und die mussten also die Männer ins Boot holen.

Oder auch, dass Vergewaltigung in der Ehe strafbar wurde. Das wurde erst im Mai 1997 neu geregelt. Das ist auch echt krass, dass das so lange ungestraft war. Aber auch da waren es eben die Frauen im Bundestag, die das in Bewegung gebracht haben.

Und letztlich dann auch so viel gesellschaftlichen Druck aufbauen konnten, dass diese Gesetzesänderung tatsächlich beschlossen wurde mit den Stimmen auch von Männern. Aber das zeigt sehr deutlich, wie wichtig es ist, dass Frauen nicht nur mitreden, sondern auch mitentscheiden können.

ihre spezifisch weibliche Lebenssituation zu beeinflussen und zu verbessern. Das gleiche gilt natürlich auch für die anderen unterrepräsentierten Gruppen, über die wir vorhin schon gesprochen haben. Also damit Politik für alle gemacht wird, sollten auch politische Ämter

offensichtlich möglichst divers, gleichberechtigt besetzt werden. Aber du hast ja eben schon den Reality-Check am Anfang gemacht, da sind wir noch ein gutes Stück von entfernt. Jetzt hast du eben auch schon gesagt, dass der Frauenanteil im Bundestag bei etwa 30 Prozent Also da geht gerade es nicht mehr so richtig vorwärts. Kann man sagen, woran es liegt? Also dass Frauen in der Politik unterrepräsentiert sind, hat zuerst mal historische Gründe.

Denn dass sich Frauen überhaupt in ein Parlament wählen lassen dürfen, das war ja nicht von Anfang an so. Zunächst waren die Männer alleine da. Und erst mit der Einführung des Frauenwahlrechts 1918 in Deutschland durften Frauen wählen und auch selbst gewählt werden. Dann ist aber erstmal wenig passiert, auch weil es eben noch diese klassische Rollenverteilung gab, also dass eine Frau eher zu Hause bleibt und wenn die sich dann politisch engagieren wollte, dann war das erstmal schwierig.

Bis in die frühen 1980er Jahre lag der Frauenanteil im westdeutschen Bundestag deshalb dann auch konstant unter 10 Prozent. Erst in den 1990er Jahren ging es dann hoch auf mehr als 20 Prozent und seit der Wahl 1998 liegen wir über 30 Prozent. Aber da hängen wir jetzt halt. Ja, aber warum? Also warum geht es jetzt nicht weiter rauf? Weil die Strukturen in der Politik Frauen nach wie vor benachteiligen und sie deshalb seltener gewählt werden. Das sieht man vor allem bei den Direktmandaten.

Gewinnen deutlich seltener ein Direktmandat und kommen so in den Bundestag. Aktuell sind es von 204 Frauen im Bundestag nur 61, die Direktmandat haben. Wenn man das umrechnet, sind das weniger als 10 Prozent der Frauen im Bundestag, die auf... Dabei wird aber insgesamt etwa die Hälfte der Mandate über die Erststimmen in den Wahlkreisen, also über die Direktmandate vergeben.

Und wenn der Frauenanteil in dem Bereich schon unter einem Drittel liegt und zwar so deutlich, 10 Prozent haben wir gerade gesagt, dann müssten über die Landeslisten noch deutlich mehr Frauen in den Bundestag einziehen, um das auszugleichen. Kann man denn irgendwas dazu sagen, woran das liegt, dass Frauen seltener die meisten Erststimmen dann in einem Wahlkreis bekommen?

dann auch so die Chance haben auf ein Direktmandat? Ja, und das hat vor allem strukturelle Gründe, hat mir Scheider Weinrich gesagt. Das liegt vor allem daran, dass man gerade beim Direktmandat in den Wahlkreisen, es ist ja sehr personell gebunden, also da braucht man schon auch eine sehr... gute Verankerung und Bekanntheit auch vor Ort.

Und um die herzustellen, braucht es natürlich auch sehr viele finanzielle und auch zeitliche Ressourcen, die Frauen eben oft auch nicht haben, weil sie eben immer noch den Großteil der Sorgearbeit übernehmen und es unheimlich schwierig wird, neben dem Jonglieren von Erwerbsarbeit und Familienarbeit eben. da auch noch jetzt zusätzlich ein politisches Mandat quasi

auch noch unterzubringen. Und dass es diesen Zusammenhang tatsächlich gibt zwischen zeitlichen und auch materiellen Ressourcen und politischer Präsenz, dazu gibt es Studien, unter anderem eine groß angelegte Befragung im Auftrag des Bundesministeriums für Familie.

Senioren, Frauen und Jugend von 2021, da hieß das so, bei der mehr als 800 Mandatsträgerinnen in der Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik dazu befragt wurden, zu ihren Erfahrungen. Und da haben die bestätigt, dass Frauen nach wie vor... Nachteiligt sind, vor allem auf der kommunalen Ebene. Heißt auch, es muss sich

gesellschaftlich was ändern. Aufgaben müssen anders verteilt werden, es muss Zeit, es muss Raum geschaffen werden für politisches Engagement und wenn das nicht passiert, dann wird sich an diesen 30% Frauenanteil im Bundestag erstmal nichts ändern. Ja, das ist zumindest ein Faktor, der da mit rein spielt.

2013 waren es ja auch schon mal mehr Frauen im Bundestag, 37,1 Prozent, obwohl da der politische Prozess und die Bedingungen gleich waren. Aber seitdem ging es dann insgesamt eher wieder runter statt weiter rauf, auch bei der letzten Bundestagswahl. Und gibt es dafür eine Erklärung, also für diesen Rückgang? Ja, das hat mit den konkreten Wahlergebnissen zu tun. Also welche Parteien wie viele Stimmen und damit auch wie viele Sitze im Bundestag bekommen haben.

Ganz generell kann man nämlich sagen, dass der Fraueneinteil insgesamt vor allem dann gestiegen ist, wenn eher linke oder progressive Parteien besser abgeschnitten haben. Ganz deutlich war das zum Beispiel in den 1990er Jahren, als die Grünen in den Bundestag gekommen sind. Da gab es dann auch erstmals diesen Sprung von um die 10 auf mehr als 20 Prozent.

Und auf der anderen Seite ist der Frauenanteil jedes Mal zurückgegangen, wenn konservative Parteien mehr Stimmen bekommen haben, wie ja jetzt bei der vergangenen Wahl, weil diese Parteien weniger weibliche Mitglieder haben und in der Konsequenz auch weniger weibliche Abgeordnete.

Heißt zum Beispiel bei der CDU-CSU gibt es weniger Frauen als bei den Grünen. Genau, denn diese gut 30 Prozent Frauenanteil insgesamt im Bundestag sind eben nur der Durchschnittswert aller Parteien. Und es gibt da wirklich deutliche Unterschiede, was den Frauen... zwischen den Parteien angeht. Im aktuellen Bundestag zum Beispiel ist der Frauenanteil in der AfD-Fraktion mit gut 11 Prozent am niedrigsten. Dann kommen CDU und CSU mit 22 beziehungsweise 25 Prozent. Dann kommt die SPD mit 41 Prozent.

Die Linke mit 56 und die Grünen mit 61 Prozent Frauenanteil. Also bei Linken und Grünen sind also tatsächlich mehr als die Hälfte der Abgeordneten weiblich. Und damit auch der Beweis, es geht also. Ja, es geht. Und woran das liegt, darauf können wir... nachher nochmal schauen.

Aber weil die Linken und Grünen eben weniger Sitze haben als die Parteien mit weniger Frauenanteil, hat das auf den Frauenanteil insgesamt kaum Auswirkungen bzw. kann den niedrigen Anteil bei den anderen Parteien nicht ausgleichen. Und so kommt dann auch der Rückgang zustande. den es jetzt gab. Es ist ja schon ganz spannend, dass das so unterschiedlich verteilt ist in den verschiedenen Parteien. Gibt es da eine Erklärung?

Warum es bei den konservativen Parteien weniger Frauen gibt? Also ich würde sagen, weil bei denen Gleichberechtigung vielleicht nicht so einen hohen Stellenwert hat. Scheider Weinrich von der Bundesstiftung Gleichstellung hat es nochmal deutlicher formuliert. Parteikulturen sind, die stark von Sexismus und Diskriminierung geprägt sind und Frauen daran hindern, in politische Ämter gewählt zu werden und sie auch wahrzunehmen.

Und ja, dass Frauen oft nach wie vor Politik weniger zugetraut wird, also dass sie gerne auf familienpolitische Themen reduziert werden, die dann gern auch als Gedöns abgetan werden, sie häufig nicht ernst genommen werden in diesen Feldern. Das sind strukturelle Barrieren, die sie hindern, letztlich ein politisches Mandat zu übernehmen. Da wirken also auch im Jahr 2025 noch die klassischen Rollenzuschreibungen, dass Männer vor allem für Öffentlichkeit und Politik zuständig sind.

Auch das haben verschiedene Befragungen ergeben. Besonders in der Kommunalpolitik ist das immer noch ein Thema. Und was jetzt mit dem Argument, dass die Parteien eigentlich selbst gar nichts tun können, um den Frauenanteil quasi aktiv zu machen? Zu heben war ja letztlich die Wählerinnen und Wähler, also wir entscheiden, wer einen Sitz im Bundestag bekommt.

Ja, das klingt erstmal logisch, ist aber zu kurz gedacht. Denn es sind ja die Parteien, die im Vorfeld entscheiden, wen sie wo aufstellen bei so einer Wahl und wem sie damit auch gute oder schlechte Chancen geben. Gerade in der Kommunalpolitik gibt es Untersuchungen dazu, die zeigen, dass Frauen...

eher auf weniger aussichtsreichen Listenplätzen aufgestellt werden oder sich in den Wahlkreisen um ein Direktmandat bewerben, in denen die Chance zu gewinnen für ihre Partei eher schlecht bis aussichtslos sind. Während Männer eher die vorderen und damit sicheren Listenplätze. bekommen und in den Wahlkreisen antreten können, in denen sie gute Chancen haben zu gewinnen.

Heißt im Klartext, ob ich eine Frau auf der Landesliste auf den ersten oder zweiten Platz setze oder sie eben dann auf dem vierten, fünften, sechsten Platz auftaucht, das kann schon einen Ausflag geben dafür, ob jemand in den Bundestag kommt oder nicht, ist ja auch irgendwie logisch.

Genau und da kommen wir dann auch dazu, was zum Beispiel die Grünen anders machen, um den Frauenanteil ganz gezielt anzuheben. Die besetzen die Listen nämlich schon länger abwechselnd mit Männern und Frauen, wobei die Frauen die ungeraden Listenplätze kriegen und damit eben auch den ersten Listenplatz. um da ein ausgewogeneres Verhältnis hinzukriegen. Genau solche parteiinternen Quotenregelungen gibt es mittlerweile auch bei der Linken, der SPD und auch bei der CDU.

Allerdings gehen die unterschiedlich weit, also nicht immer bis zu einer 50 Prozent Quote, das kann auch drunter liegen. Und solche parteiinternen Quotenregelungen, wie du gerade gesagt hast, die sind auch dafür verantwortlich, dass in der Vergangenheit der Frauenanteil im... Bundestag gestiegen ist. Also du hast ja eben vom Anfang der 90er gesprochen, da ist ja nach oben gegangen.

Genau. Und irgendwo kommen aber diese Quotenregelungen auch an ihre Grenzen. Denn solche Regeln gelten eben nicht für die Direktmandate, sondern nur für die Listenplätze. Und über diese Direktmandate werden ja nach wie vor nur sehr wenige Frauen in den Bundesländern. Und jetzt? Da bräuchte man noch andere Hebel, hast du gerade gesagt. Welche könnten das denn sein?

Eine Idee ist ein Paritätsgesetz, also ein Gesetz, das verbindlich für alle Parteien vorschreibt, dass die Wahllisten und die Direktmandate gleichberechtigt mit Männern und Frauen besetzt werden müssen. bezeichnen und die gibt's, das sicherstellen

Oder die Parteien, die sagen, dass sie ja eigentlich gerne mehr Frauen aufstellen würden, aber nicht genug finden. Die müssten sich da ein bisschen mehr anstrengen. Wie genau so ein Gesetz aussehen könnte, damit hat sich auch die Wahlrechtskommission des Bundestages schon 2023. beschäftigt.

Und selbst in unserem dualen Wahlsystem, also bei dieser Kombination aus Listenplätzen und Direktmandaten, das ist ja eine Besonderheit, auch da gibt es Möglichkeiten, das sinnvoll zu machen, wenn man das will. Es gibt da Vorschläge zu, aber die wurden bisher eben noch nicht umgesetzt. Aber warum nicht? Ich meine, wenn es Vorschläge gibt, warum werden die nicht umgesetzt?

Tja, da wird es ein bisschen komplizierter. Das hat nämlich unter anderem juristische Gründe, denn da gibt es bisher noch eine Unsicherheit darüber, ob das rechtlich okay wäre. Man muss da zwei Sachen abwägen. Auf der einen Seite die Gleichberechtigung von Männern und Frauen im politischen Leben.

Und auf der anderen Seite die Grundsätze, nach denen Wahlen bei uns abgehalten werden. Denn da in Abhängigkeit vom Geschlecht vorzuschreiben, wer wie gewählt werden kann, ist schon ein ziemlicher Schritt. Ist das denn schon mal irgendwo ausprobiert worden? In Thüringen und in Brandenburg gab es auf der Landesebene schon mal solche Paritätsgesetze. Die wurden dann aber von den Landesverfassungsgerichten wieder aufgehoben.

Und auch auf der Bundesebene beschäftigt das Thema schon verschiedene Instanzen. Es gibt zwar noch keinen konkreten Gesetzesvorschlag in die Richtung, aber schon ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Und das sagt, dass ein Paritätsgesetz auch auf der Bundesebene grundsätzlich... möglich ist, genauer gesagt mit dem Grundgesetz vereinbar. Nur umgesetzt hat das bisher eben noch keine Regierung. Das ist also ein ziemlich kontroverses Thema. Okay, es wird also viel darüber diskutiert.

Lohnt sich das denn eigentlich? Also weiß man was darüber, ob das wirklich eine sinnvolle Maßnahme ist? Also ob das wirklich am Ende was bringen würde? Wie genau so ein Paritätsgesetz bei uns wirken würde, hängt natürlich von der konkreten Ausgestaltung und von der Umsetzung ab. Also wie hoch die Quoten sind, die man vorschreibt zum Beispiel, ob die freiwillig oder verpflichtend wären und wie sie durchgesetzt werden, wenn sich jemand nicht dran hält.

Also ja, was dann passiert. Um so ein grobes Gefühl zu bekommen, wie groß der Effekt sein könnte, kann man aber in Nachbarländer gucken, in denen es solche Paritätsregelungen schon gibt. Wenn der direkte Vergleich immer schwierig ist, weil es eben wie gesagt Unterschiede im Wahlsystem gibt. Ein ganz gutes Beispiel sind die skandinavischen Länder, also Schweden, Finnland, Norwegen oder Island. Da liegt der Frauenanteil im Parlament jeweils um die 45 Prozent.

Zumindest schon nah dran an Gleichberechtigung. Wie haben die das geschafft? Also mit einer Quotenregelung oder nur mit einer Quotenregelung? Also vermutlich spielen da mehrere Faktoren eine Rolle. Zum einen ist Gleichberechtigung in diesen Ländern gesellschaftlich schon deutlich stärker verankert als bei uns. Wie groß der Effekt davon ist, lässt sich allerdings nicht genau beziffern. Und dann gibt es eben zusätzlich tatsächlich diese Quotenregelung.

die den Parteien bei der Nominierung von Kandidatinnen und Kandidaten vorschreiben, auf ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Männern und Frauen zu achten. Diese Regelungen sind in diesen Ländern übrigens freiwillig, sie wirken aber trotzdem. Was mich jetzt bei den skandinavischen Ländern auch nicht...

Weiter überrascht, irgendwie passt das alles ins Gesamtbild hinein, aber wie sieht es sonst so aus in Europa, wenn man sich da so umschaut? Immer noch besser als bei uns, auch in Ländern, wo man nicht sofort an Gleichberechtigung denkt, aber auch bei Ländern, die uns ziemlich ähnlich sind. Frankreich liegt der Frauenanteil im Parlament zum Beispiel bei...

36 Prozent und in Spanien bei etwa 44. Und auch in diesen Ländern gibt es gesetzliche Regelungen dafür, genauso wie in Kroatien, Belgien, Griechenland, Irland, Italien, Polen, Portugal und Slowenien. Da könnte man also durchaus überall mal hingucken, um sich was abzuschauen. Also haben wir noch so ein bisschen Arbeit vor uns. Bis.

Wirklich Gleichberechtigung existiert auch im politischen Alltag. Damit Frauen in der Politik stärker vertreten sind, müssen sich nicht nur die rechtlichen Vorgaben dafür ändern, wie Parteien ihre Kandidatinnen und Kandidaten auswählen und wo sie sie aufstellen, sondern... Wir müssen zum Beispiel auch die Rahmenbedingungen für politische Arbeit verändern, damit auch jemand mit wenig Zeit oder wenig finanziellen Ressourcen sich beteiligen kann. Und dafür vielleicht auch diese...

Alten Rollenbilder verändern, die immer wieder auftauchen und die dann eben auch oft noch verhindern, dass Frauen und ihre Anliegen in der Politik auch wirklich ernst genommen werden. Also ich habe es gerade schon gesagt, ein bisschen Arbeit. Insgesamt brauchen wir ein größeres Bewusstsein dafür, wie wichtig.

Angemessen politische Repräsentationen sind nicht nur für Männer und Frauen, sondern eigentlich für alle gesellschaftlichen Gruppen. Magdalena Schmude aus dem Quark-Team hat das für uns recherchiert. Vielen Dank dafür. Sehr gern. Und wenn ihr da noch ein bisschen tiefer einsteigen wollt, ich habe es eben schon angedeutet, alle Links und Quellen dazu findet ihr auf quarks.de. Da gibt es unter Podcast eine eigene Seite zu diesem Quarks Daily Spezial.

Und die wichtigsten, die sind hier in den Shownotes. Ich bin Sebastian Sonntag. Tschüss.

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