Schnell nach rechts abgebogen vor der Radfahrerin, ohne zu schauen, die Autotür aufgemacht, so knapp den Radfahrer überholt, dass der Autospiegel fast den Fahrradlenker berührt. Radfahrerinnen und Radfahrer haben es oft nicht leicht im Straßenverkehr, der nach wie vor an vielen Stellen aufs Auto aufbaut.
ausgerichtet ist. Schmale Fahrradwege, wenn es überhaupt welche gibt, die Wege enden gerne mal im Nirgendwo oder verschwinden hinter parkenden Autos, sodass die Fahrradfahrenden für Autos gerne mal aus dem Nichts auftauchen. Das alles, das bietet nicht nur Konfliktpotenzial, das macht Fahrradfahren auch ungewöhnlich.
Klar, natürlich gibt es auch unter den Fahrradfahrenden welche, die sich nicht an Regeln halten und die zur schwierigen Situation beitragen. Klar ist aber auch, dass man auf dem Fahrrad zu den Schwächeren im Straßenverkehr gehört und das sieht man auch an den Unfallzahlen. Denn jede und jeder sechste Verkehrstote ist eine Radfahrerin oder ein Radfahrer. Und das, obwohl sich ja schon ein bisschen was getan hat beim Ausbau der Radinfrastruktur in den letzten Jahren.
Also woran liegt es? Ist Radfahren einfach unsicher? Klären wir gleich als erstes. Außerdem sprechen wir über die Corona-Pandemie. Machen wir in letzter Zeit immer mal wieder, weil es jetzt fünf Jahre her ist, dass das alles losgegangen ist. Und da gibt es eine Gruppe, die besonders unter den einen Beschränkungen dieser Zeit.
hat und das sind Kinder und Jugendliche. Ob das Spuren hinterlassen hat und was man tun kann, um junge Menschen, die unter den Corona-Maßnahmen gelitten haben, heute zu unterstützen, auch das erfahrt ihr in dieser Folge. Ich bin Sebastian Sonntag. Deine Themen Wissenschaft. Die Folgen der Corona-Pandemie werden uns gleich noch in anderer Form beschäftigen, habe ich ja gerade schon erzählt.
Aber seit Corona ist auch viel passiert in Städten, was die Fahrradinfrastruktur angeht. Es gab ja so Pop-Up-Radwege zum Beispiel und die sind nicht selten in permanente Radwege umgewandelt worden. Also es gibt mehr Radwege, schon bestehende Radwege sind breiter geworden, sollte man denken. dass Fahrradfahren eigentlich auch sicherer geworden ist.
Weil ich zumindest das Gefühl habe, dass mehr Menschen einen Helm tragen mittlerweile. Trotzdem ließ man dann ebenso Schlagzeilen wie jeder sechste Verkehrstote ist ein Fahrradfahrer. Also stimmt das am Ende alles nicht. Ist Radfahren gar nicht sicherer geworden? Oder fahren einfach nur mehr Leute Fahrrad als früher und deshalb gibt es auch mehr Unfälle.
Annika Frank aus dem Quarksteam hat sich angeschaut, welche Antworten da die Wissenschaft gibt. Annika, wie gefährlich ist dein Radfahren jetzt wirklich? Also erstmal vorweg. Radfahren an sich ist sehr gesund, weil es dem Körper gut tut, wenn wir uns dabei bewegen, wenn wir uns fortbewegen. Halten wir mal fest. Aber die Zahl der Unfälle, bei denen Menschen auf dem Rad ums Leben kommen, ist eben in den vergangenen zehn Jahren gestiegen. 2024 waren das immerhin...
441 Menschen, die auf dem Rad ums Leben gekommen sind. Und das ist gegen den Trend, denn eigentlich gehen insgesamt die Zahlen für die Verkehrstoten zurück. Und dass die Zahlen bei den Radfahrenden steigen, liegt auch daran, dass mehr Menschen auf dem Rad unterwegs sind, aber nicht nur. Und das zeigt eben, wie wichtig es ist, dass wir uns da um mehr Sicherheit kümmern. Das heißt, es ist schon ein Grund, dass mehr Menschen auf dem Rad unterwegs sind, sagst du.
Was heißt das? Woran liegt das jetzt, dass jeder sechste Verkehrstote eine Radfahrerin oder ein Radfahrer? Fahrer ist. Vielleicht kannst du uns das mal einsortieren. laut Statistischem Bundesamt vor allem an mehr schweren Unfällen von Menschen, die mit einem E-Bike unterwegs sind. Denn diese Unfälle sind schwerer. Man ist nämlich mit einem E-Bike auch schneller unterwegs und verliert auch eher mal die Kontrolle.
Und es gibt eben auch tatsächlich Zahlen der Unfallforschung der Versicherer und die zeigen eben auch, dass Unfälle dann häufiger schwerer verlaufen, wenn man eben mit Motor unterwegs ist. Und es kommt noch was dazu, dass der Anstieg besonders stark ist bei älteren Menschen, also der Anstieg bei den Unfällen.
Und für die ist es anscheinend besonders schwer, unter bestimmten Umständen eben dieses schnellere E-Bike in allen Situationen unter Kontrolle zu behalten. Okay, also Geschwindigkeit ist ein Punkt. Die Kontrolle verlieren, das geht auch einfacher mit einem... E-Bike, aber wann und wo kommt es dann genau zu Unfällen?
Die meisten Unfälle, bei denen jemand schwer verletzt wird oder sogar stirbt, die passieren bei Kollisionen mit Autos. Und da kann man sagen, dass es eigentlich zwei klassische Situationen gibt. in denen es besonders unübersichtlich und dann entsprechend gefährlich werden kann. Und das sind einmal Einfahrten.
Von Firmengeländen, auch teilweise vor Häusern, Tankstellen, Supermarkt, Parkplätzen, Parkhäusern. Und das zweite sind die Kreuzungen. Oh ja, die kenne ich auch sehr gut, die Kreuzungen. Die sind mit unter... Nicht ohne und klingt auch alles total nachvollziehbar, was du da sagst. Auch gut, das jetzt mal ganz klar so zu sagen. Also das ist ein Problem einfach. Auch die Sichtbarkeit möglicherweise hängt auch mit den Fahrradwegen zusammen. Das ist vielleicht schon mal ein erster Schritt.
dass ich dann als Radfahrerin, als Radfahrer solche Situationen, solche Orte auf dem Schirm habe, dass es zum Beispiel einfach gefährlicher ist, an Einfahrten vorbeizufahren. Aber gibt es da Ideen, wie man Unfälle vermeiden könnte, sodass ich vielleicht erst gar nicht so intensiv aufpassen muss? Bei Einfahrten ist es so, dass man da zum Beispiel Sichtachsen schaffen könnte, eben um einen besseren Überblick.
zu bekommen. Das kann man sich vielleicht so vorstellen, wenn jetzt zum Beispiel überall um eine Einfahrt herum parken oft Autos. Das heißt, dann hat man wirklich keine Übersicht, ob da gerade ein Auto kommt oder jemand auf einem Fahrrad. Das kennt man aus beiden Sichtweisen, vielleicht sowohl als Autofahrende oder eben auch auf dem Fahrrad. Eine Möglichkeit wäre auch, Spiegel anzubringen oder so Lichtsignale, so eine Art Ampel oder so ein Blinklicht.
die dann signalisieren, Achtung, hier könnte ein Auto kommen, hier könnte aber auch jemand auf dem Fahrrad unterwegs sein. Okay, das sind jetzt Methoden, wie man Einfahrten sicherer machen könnte. Kommen wir zu dem Riesenthema Kreuzung. Es vergeht eigentlich auch kein Tag, wo ich auf dem Fahrrad unterwegs bin, wo es nicht mehr... mindestens eine brenzlige Situation gibt. Warum wird es da so gefährlich für Menschen auf dem Rad?
Eine klassische Situation ist eigentlich, wenn ein Auto rechts abbiegen möchte, aber Fahrradfahrerinnen oder Fahrradfahrer geradeaus fahren, dann werden die oft übersehen. Und aus Sicht der Menschen im Auto oder am LKW-Steuer ist es auch wirklich... Ein bisschen verständlich, dass das eine unübersichtliche Situation ist, die kommen da relativ schnell an, man hat einen toten Winkel und so weiter.
Aber und tatsächlich, das ist eben auch nicht nur in Städten so, sondern das ist wirklich so ein neuralgischer Punkt, auch auf Landstraßen. Und da drängt sich die Frage auf, wie kann das besser gehen? Und die hast du ja auch angeschaut.
Genau deshalb werden teilweise schon Rechtsabbiegespuren zurückgebaut, weil dann die Radfahrenden, die gerade ausfahren wollen, eben besser gesehen werden. Das ist nämlich eben so ein Signal. Achtung, ich muss jetzt genau gucken, wer ist hier um mich herum unterwegs. Teilweise gibt es auch getrennte Ampelschaltungen für Fahrradfahrende.
Und wenn die dann zum Beispiel vor den Autos halten an der Ampel, dann sieht man die auch besser. Und getrennt, also Trennung ist ein ganz wichtiges Stichwort dabei. Sinnvoll ist es zum Beispiel auch, Radwege und Fahrbahn deutlich voneinander zu trennen. Also nur so ein bisschen Farbe auf der Fahrbahn hilft da nicht so wirklich weiter. Das ist auch auf dem Land wichtig, zum Beispiel neben Landstraßen.
In der Stadt kann man das dann zum Beispiel machen mit Pöllern oder so kleinen Betonbarrieren. Das heißt, wenn die nämlich getrennt sind, richtig getrennt die Spuren, dann heißt das mehr Sicherheit. und vor allem mehr Sicherheitsgefühl. Das ist auch wichtig, absolut. Das heißt gute Radwege sind grundsätzlich wichtig, möglichst ohne Schlaglöcher. Im Winter müssen die geräumt werden, im Herbst möglichst sollten die ohne Blätter sein, also das sind alles Dinge.
die zu dem gehören, was man so eine gute Radinfrastruktur nennt. Klingt jetzt erstmal alles super. Für alle, die gerne mit dem Rad unterwegs sind, die hoffen ja dann auch auf solche Dinge. Es wird ja zum Teil auch schon umgesetzt, aber warum wird es nicht flächendeckender gemacht?
Weil es natürlich nicht für alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer super ist. Der Platz auf den Straßen, der ist einfach begrenzt. Und ganz lange hatten eben Autos wie selbstverständlich den Vorrang, wenn so der Platz auf den Straßen verteilt wurde. Das heißt, es gab meist breite Autospuren oder eine breite Autospur und eventuell einen schmalen Radweg. Das passt jetzt nicht mehr damit zusammen, dass immer mehr Menschen auf dem Fahrrad unterwegs sind.
Das heißt, wir brauchen eigentlich Veränderungen. Das würde heißen, der Platz wird umverteilt. Autos hätten dann weniger Platz. Klar, da ist Widerstand programmiert, das finden nicht alle Menschen toll. Klar, das wäre auch aufwendig und teuer, wenn man es gut machen will, hatten wir eben schon angesprochen. Und ein Stückchen können wir aber auch selbst tun. Also wenn wir jetzt im Auto sitzen, klar, da ist Rücksicht wichtig, das im Blick behalten, da sind einfach mehr Leute unterwegs.
Abstand halten, damit wir denen nicht zu nahe kommen, damit die sich sicherer fühlen. Das ist die Autoseite, aber auch wenn ich jetzt mit dem Fahrrad unterwegs bin, wir hatten die E-Bikes angesprochen, wenn ich ein E-Bike fahre, kann ich zum Beispiel an so einem Sicherheitstraining teilnehmen, damit ich das Rad auch besser unter Kontrolle habe in allen Situationen.
Eine Sache, die immer gut ist, eigentlich Helm tragen ist nicht schön, verhindert Unfälle auch nicht, schützt aber vor den ganz schlimmen Verletzungen und ist daher eben sinnvoll. Und wenn es dann besserer ist, wenn es sicherer ist für Menschen auf dem Rad, dann motiviert das ja unter Umständen auch noch ein paar mehr Leute aufs Rad zu steigen. Genau, das wäre dann nicht nur für mich. oder für die Person, die dann zusätzlich aufs Fahrrad steigt, gut für die Gesundheit.
sondern bringt auch noch die Verkehrswende voran. Also weniger Autoverkehr heißt weniger Lärm. Es nützt dem Klima und davon profitieren wir dann eigentlich alle. Und dann ist auch vielleicht weniger auf den Straßen los perspektivisch, was Autoverkehr angeht. Damit könnte es ja auch weniger Unfälle geben. Dann braucht man nur noch ein bisschen breitere Fahrradwege. Und aus Fahrradperspektive wäre alles gut. Anika Frank.
Und den Gesundheitsaspekt, den sollte man eben auch nicht vergessen. Annika hat es ja eben schon gesagt, Radfahren ist gesund. Und dazu kommt noch, falls ihr noch ein Argument braucht, immer wieder das Rad zu nehmen, man ist draußen. Und das ist durchaus eine ziemlich wichtige Sache, spätestens wenn man liest, dass wir laut Europäischer Union uns im Durchschnitt rund 90% unserer Zeit in Gebäuden aufhalten. 90%.
Das ist schon krass. Und das kann nicht nur auf unsere Laune schlagen, künstliches Licht und so. Das ist tatsächlich auch nicht gut für unsere Gesundheit. Was viel drin sein mit unserem Körper macht, Das könnt ihr euch auf unserem Quarks Instagram-Kanal anschauen. Den Link zum passenden Reel, den findet ihr hier direkt in den Shownotes.
Wenn man jetzt fünf Jahre zurückschaut auf diese Zeit, dann scheint vieles, was während der Corona-Pandemie passiert ist, irgendwie seltsam unreal. Wie Dinge, die in Filmen passieren, aber nicht in echt. Es ist aber real gewesen und besonders darunter gelitten haben eben junge Menschen, die nicht in die Kita, die nicht in die Schule gehen konnten, keinen sozialen Austausch hatten, keine Klassenfahrten, keine Abi-Bälle. Das ist alles eine Belastung gewesen für Kinder und Jugendliche.
Wie geht es denn heute damit? Hat das Spuren hinterlassen? Damit hat sich Katrin Ewart beschäftigt, Medizinjournalistin bei uns im Quarksteam. Katrin, was hast du rausgefunden? Haben Kinder und Jugendliche sich inzwischen von der Corona-Krise ja ich sag mal erholt oder wirkt diese Zeit noch nach? Also viele fühlen sich tatsächlich besser, aber insgesamt geht es Kindern und Jugendlichen psychisch schlechter als vor der Pandemie, das muss man schon so sagen.
Und das liegt an Corona, aber auch an anderen Dingen. Was genau heißt das, wenn du sagst, es geht ihnen psychisch schlechter? Das heißt, dass aktuell jeder fünfte Jugendliche und jedes fünfte Kind psychisch auffällig ist, unter Ängsten leidet oder eine geringere Lebensqualität hat.
Und zwar zeigt das die COPSI-Studie. COPSI, das steht für Corona und Psyche. Und für die Studie, da wurden Kinder und Jugendliche vor, während und nach der Pandemie befragt. Und ganz ähnlich schätzt das auch der Professor Julian Schmitz ein, mit dem ich gesprochen habe.
der Vorstand der Uni Leipzig zu dem Thema und der sagt, da ist ganz klar was zurückgeblieben bei einer Gruppe von Kindern und Jugendlichen. Das heißt, mehr Kinder haben auch eine Diagnose für psychische Krankheiten bekommen, also konnte man das erinnern? Ne, also das wurde in der COPSI-Studie und auch in so anderen ähnlichen Studien jetzt erstmal nicht abgefragt, deswegen wissen wir das auch nicht so genau.
Aber Fachleute, die gehen davon aus, dass es auch mehr Kinder gibt, die tatsächlich psychisch krank sind, also beispielsweise eine Depression haben. Das erkennt man daran, dass Eltern häufiger nach Therapieplätzen für ihre Kinder suchen und dass man da noch länger auf einen Termin warten muss als ohnehin schon. Aber auch daran, dass Kinder und Jugendliche mehr über psychische Krankheiten reden. Das hat mir die Soziologin Ulrike Zadler erzählt.
Plötzlich wusste jeder, was Depressionen sind, weil es in jeder Klasse KollegInnen, MitschülerInnen gab. die nach der Pandemie nicht mehr zurückgekommen sind in der Schule, die während der Homeschooling-Phasen völlig abwesend waren und gar nicht sich beteiligt haben am Unterricht. Und das war sehr deutlich merkbar eben auch in diesen Klassen, mit denen wir zu tun hatten, dass alle Fälle kannten von Gleichaltrigen, die sehr massiv unter den Folgen der Pandemie nach wie vor leiden. Hmm.
Ulrike Zadler, die ist übrigens Soziologin an der Universität Wien und die hat für ihr Forschungsprojekt mit mehr als 100 Jugendlichen in Österreich gesprochen. Da gab es ja ähnliche Corona-Maßnahmen wie in Deutschland.
Jetzt sind die Lockdowns ja schon eine Weile her. Viele Erwachsene, ich habe das eben schon so ein bisschen angedeutet, die haben die Zeit irgendwie gefühlt längst hinter sich gelassen, vielleicht auch teilweise schon wieder vergessen. Es fühlt sich nicht mehr so richtig real an. Warum ist das bei Kindern und bei Jugendlichen offensichtlich anders?
Da ist vor allem ein Punkt wichtig und zwar haben Kinder und Jugendliche ein anderes Zeitgefühl, eine andere Zeitwahrnehmung als Erwachsene. Ulrike Zadler, also die Forscherin, die wir gerade schon gehört haben, die hat mir das so erklärt. Für eine Zwölfjährige sind drei Jahre Pandemie ja ein Viertel ihres Lebens. Das wäre jetzt genauso, als wenn man einer 40-jährigen Person sagen würde.
So, die Pandemie, die dauert jetzt mal zehn Jahre. Okay, ich glaube, das macht es relativ deutlich. Ja, das finde ich nämlich auch. Und es gibt auch noch ein paar andere Dinge, die die Pandemie für Kinder teilweise schlimmer gemacht haben als für Erwachsene. Extremer Stress zum Beispiel, den konnten einige Kinder nämlich... schlechter abpuffern als Erwachsene. Und auch ganz wichtig, Einsamkeit im Lockdown. Die war für Erwachsene natürlich auch nicht schön, das ist ja klar.
Aber die konnten ja oft noch mit Kollegen bei der Arbeit reden und hatten Freunde, die sie auch schon vor der Pandemie jahrelang kannten. Für Kinder ist dagegen damals alles flach gefallen, wo man sich normalerweise ja mit anderen trifft. Schule, Vereine, Sportplätze und so weiter. Und das alles in einer Lebensphase, in der man soziale Netzwerke eigentlich erst aufbaut. Und das alles, das wirkt tatsächlich bis heute nach.
Ja, also bei manchen schon, denn muss man klar sagen, wenn soziale Netzwerke fehlen und wenn Kinder viel, viel Stress haben, dann sind sie seelisch weniger stabil, bekommen eher psychische Krankheiten. Und die gehen ja jetzt auch nicht mal ebenso von heute auf morgen weg, wenn die Pandemie vorbei ist. Das zieht sich oft über Monate oder sogar Jahre hin. Und das könnte der Grund sein, warum heute auch noch viele Kinder und Jugendliche
Belastet sind. Gibt es denn da, ich sage mal, bestimmte Gruppen, bei denen das besonders häufig so ist? Beispielsweise sind das Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien. Armut ist ja ohnehin psychisch sehr belastend und das hat sich während der Pandemie auch nochmal verstärkt. Denn ärmere Familien, die leben ja meist in kleineren Wohnungen und mussten sich wirklich auf sehr engen Raum organisieren.
Und das hat auch für Konflikte oder Streit gesorgt. Und dazu kam auch noch finanzielle Sorgen. Also wenn Eltern durch die Kontaktbeschränkung nicht mehr arbeiten konnten. Viele haben ja gearbeitet in der Pandemie, also wenigstens im Homeoffice, aber manche konnten das eben nicht. Welche Rolle spielt das Alter der Kinder, ob sie da jetzt gut oder schlecht mit der Pandemie klargekommen sind?
Ja, also eher schlecht klargekommen sind da zwei Altersgruppen. Das zeigen die Befragung und auch Daten der Krankenkassen. Einmal sind das Kinder, die während der Corona-Zeit in der Grundschule waren. Warum genau das so ist, warum genau diese Gruppe belastet ist, das können Forschende noch nicht sagen. Aber der Psychotherapeut Julian Schmitz, mit dem ich gesprochen habe,
der vermutet, dass dieser Wechsel vom Kindergarten auf die Grundschule eine besonders kritische Phase für Kinder ist. Und weil die Schulen ja immer wieder geschlossen waren, verlief diese Phase halt bei vielen Kindern eher holprig. Also Grundschulkinder sind eine Gruppe, die psychisch besonders belastet sind. Und die zweite Gruppe, das sind jugendliche Mädchen. Da wissen Forschende schon länger, dass soziale Beziehungen für sie noch wichtiger sind als für Jungs im Teenageralter.
Und das könnte eben dazu geführt haben, dass sie sich während der Pandemie besonders einsam gefühlt haben. was wiederum anfälliger für psychische Krankheiten macht. Du hast ja am Anfang gesagt, dass nicht nur die Corona-Pandemie mit Schuld daran ist, dass es vielen jungen Menschen im Moment psychisch schlechter geht. Was sind andere Gründe?
Ja, also das ganz große Problem ist, dass die Kinder und Jugendlichen nach der Pandemie eigentlich gar nicht richtig Zeit hatten zu verschnaufen, denn da kam ja der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, die Inflation und die Klimakrise, die immer sichtbarer ist.
Und das sind nur einige von vielen Krisen, die junge Menschen direkt mitbekommen. Und diese Multikrisensituation, sagen Forschende, die trifft jetzt auf eine Gruppe von Kindern, die durch die Pandemie weniger widerstandsfähig ist. Also eine herabgesetzte Resilienz. Und das macht sie anfälliger für globale Krisen, sagt Psychotherapeut Schmidt.
Es ist kein Foto, sondern es ist ein Film. Also es sind Dinge in der Pandemie entstanden, die bis heute nachklingen, auf die neue Dinge hinzukommen, die eine gewisse Gruppe von Kindern und Jugendlichen betreffen. Genau, also es ist ein, kann man sagen, wie eine Entwicklungsgeschichte. Also im Endeffekt sind das wirklich verschiedene Faktoren bzw. Krisen, die da zusammenkommen.
Also jetzt haben wir lange drüber gesprochen, warum es Kindern und Jugendlichen gerade schlecht geht, können festhalten, dass da schon eine gewisse Auffälligkeit da ist. Was kann man denn jetzt tun, damit zu... denen, die es betrifft, wieder besser geht. Eine ganz wichtige Frage, denn es ist für uns ja alle super wichtig, dass Kinder psychisch gesund und stabil aufwachsen und groß werden.
Dafür muss tatsächlich an wirklich vielen verschiedenen Hebeln gedreht werden. Und zwar ist da vor allem die Politik gefragt. Denn zum Beispiel muss sie dafür sorgen, dass endlich genügend Personal bereitgestellt wird. Und zwar nicht nur Lehrkräfte und Erzieher in den Schulen und Kitas, sondern auch Beratungslehrkräfte, Schulpsychologen und Sozialarbeiter sind da wichtig. Die hören nämlich den Schülern zu und helfen.
Und natürlich brauchen wir auch mehr Psychotherapieplätze, denn aktuell müssen Kinder und Jugendliche in Deutschland im Schnitt sechs. Wenn Sie sich vorstellen, das sind Kinder und Jugendliche, die unter behandlungsbedürftigen psychischen Störungen wie Depressionen, Angststörungen, Essstörungen, Zwangsstörungen leiden. Und die brauchen ein halbes Jahr, bis sie überhaupt einen ersten Platz haben.
Dann ist das eine wahnsinnig lange Zeit, in dem eben auch psychische Störungen sich chronifizieren, soziale Netzwerke kaputt gehen, die Kinder leiden. Das waren jetzt zwei wichtige Maßnahmen, es gibt aber definitiv noch mehr. Schaut deshalb gerne mal in unseren Artikel auf quarks.de rein, in dem nennen wir noch weitere Dinge, die sich ändern müssen. Und den findet ihr natürlich auch mit vielen anderen Dingen, die Katrin hier benutzt hat, zum Recherchieren bei uns in den Show Notes.
Direkt um die Ecke, Kathrin Ebert aus dem Quarksteam, Medizinjournalistin. Danke. Sehr gerne. Damit sind wir durch für heute mit Quarks Daily. Die Shownotes habe ich eben schon erwähnt. Da steht auch drin, wie ihr uns erreichen könnt. Wenn ihr zum Beispiel ein Thema habt, das wir uns mal anschauen könnten, hat Carina aus der Quarks Community zum Beispiel gemacht. Carina, dein Thema ist bei uns angekommen, wird gerade diskutiert.
Vielen Dank. ein bisschen neugierig drauf, dann schreibt uns auch gerne oder schickt eine Sprachnachricht drüber gesagt, Messenger-Nummer und E-Mail-Adresse steht alles in den Shownotes. Ich bin Sebastian Sonntag. Gemacht.