AUSGABE 197 (Trumps Strippenzieher: Tech-Oligarch Peter Thiel) - podcast episode cover

AUSGABE 197 (Trumps Strippenzieher: Tech-Oligarch Peter Thiel)

Jun 12, 202554 min
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Die Trump-Regierung baut die USA radikal um. Was für ein Plan steckt dahinter? Um das zu verstehen, muss man sich den Tech-Oligarchen und PayPal-Gründer Peter Thiel genauer ansehen. „Es geht darum einen kulturellen Fortschritt wieder zurückzudrehen. So gesehen ist es Rollback,“ meint Richard David Precht. Markus Lanz und Richard David Precht besprechen in dieser Folge, welche Gefahr die mächtigen US-Unternehmer für die Demokratie in den USA darstellen könnten. Wollen Peter Thiel und Co. die Demokratie überwinden? Träumen sie von Monopolen und dem ganz großen Profit? Und was bedeutet ihre libertäre Ideologie für uns in Deutschland? Eins ist klar: Wir müssen vieles neu denken, um es besser zu verstehen.

Transcript

Music. Schönen guten Morgen Richard. Guten Morgen Markus. Wie geht's dir? Ganz gut. Ganz gut heißt, du machst dir Gedanken, mache ich mir auch, machen sich gerade viele Menschen Richard und ich wird heute geht mal wieder um Amerika, aber ein anderer Kontext. Ich stehe noch sehr unter dem Eindruck eines Gesprächs mit Fritz Espenlaub.

Das ist ein, darf ich sagen, weil ich ein älterer Herr bin, meine Boomerhaftigkeit, 34-jähriger Kollege, der gerade für den Deutschlandfunk einen sechsteiligen Podcast gemacht hat, sehr, sehr erfolgreich über Peter Thiel, diesen neurechten Vordenker. Silicon Valley Investor. Genau, von dem man sagen kann, ohne den wäre Trump wahrscheinlich nicht Präsident geworden und ohne ihn wäre J.D. Vance ganz sicher nicht Vizepräsident geworden.

67, in Frankfurt-Main geboren, wir sind alle fast ein Alter, aufgewachsen in den USA, in Südafrika, im heutigen Namibia. Sein Vater, ganz interessant das mal zu verstehen, sein Vater war Chemiker für einen amerikanischen Konzern. Und sind dann irgendwie in die USA ausgewandert, nach Cleveland, Ohio, dann wieder zurückgezogen nach Südwest, so hieß das von Südafrika besetzt in Namibia damals.

Und der Vater, das ist interessant, hat an einem Atomwaffenprogramm des Apartheid-Regimes in Südafrika geschah. Der war in einer Uranmine beschäftigt. Das wird bestimmt alles mal verfilmt, weil einen besseren James-Bond-Bösen kann man sich gar nicht vorstellen. Als Peter Thiel, meinst du? Ja, ich meine. Da kommt ja noch viel dazu. In Honduras, auf einer Insel, er versucht sich sein eigenes Reich, seine eigene Idealstadt zu basteln mit einigen anderen Gesinnungsgenossen.

Ja, da wird ja tatsächlich dran gebaut. Also die existiert ja sozusagen ein Freistaat, wo die internationale Gerichtsbarkeit nichts zählen soll, auch die Gesetze des Landes Honduras nichts zählen sollen. Dann Anhänger von eigenartigen transhumanistischen, esoterischen Vorstellungen. Er möchte sich gern einfrieren lassen nach seinem Tod, um dann irgendwann unsterblich

wieder aufzuwachen, wenn alles soweit ist und so. Also ich meine, das sind alle Zutaten, die es für einen James Bond-Bösen braucht. Also merkwürdige theologische Vorstellungen. Die Angst, das ist ziemlich von der Panik getrieben, dass es mit der Erde bald zu Ende sein konnte. Durch alles, was möglich ist, vom Atomkrieg über den Klimawandel und so weiter. Deswegen so von apokalyptischen Motiven heimgesucht.

Selber so Erlöser-Fantasien in sich tragend. Also das ist schon eine Mischung, die, wenn Drehbuchautoren sich sowas ausdenken, würde ich sagen, komm, ein bisschen mal ein paar Motive abspecken. Das ist alles zu viel. Das reicht ja für drei Böse. Ja, so dann fängt er an, in seinen Jugendjahren so ein bisschen zu programmieren. Aber die Zeit sozusagen, dieser Programmier-Nerds von Bill Gates und so weiter, die ist dann schon vorbei.

Das versteht er auch ganz genau, sondern kapiert, es ist die Stunde jetzt der Unternehmer. Jetzt muss man das, was Leute wie Bill Gates sozusagen vorgearbeitet haben, im Grunde monetarisieren. Fängt an ein Philosophiestudium, fängt an Jura zu studieren, arbeitet auch ein paar Jahre in Anwaltskanzleien, bevor er dann anfängt sozusagen in diese ganze Kapitalgeschichte und Venture-Capital-Geschichte richtig reinzugehen.

Und gründet dann gemeinsam, ich kürze das jetzt ein bisschen ab, mit Elon Musk Paypal und so weiter, bringt das 2002 an die Börse. Dann kauft eBay Paypal für die heute lächerlich wirkende Summe von 1,5 Milliarden Dollar. Und mit diesem Geld investiert Thiel dann immer weiter. Heute ist der bekannteste Unternehmen, das er betreibt, ja Palantir. So ein Softwareunternehmen im Bereich Rüstung, die Fans, Geheimdienst, die Storys gleichermaßen faszinierend wie abgründig.

Aber zur Einleitung und um das einmal sozusagen in den Kontext zu stellen, von dem ich glaube, dass wir über den reden müssen, würde ich dir gerne was vorlesen. Viele von uns, die die 1960er erlebt haben, neigen dazu, nach Parallelen zur heutigen Zeit zu suchen.

Wir sehen die extreme Polarisierung des Landes, wir sehen gegensätzliche Ideologien, wir sehen den Einsatz der Nationalgarde gegen Demonstranten, Präsidenten, die ihre Macht missbrauchen und das Gefühl, dass Amerika seine Orientierung verliert. Während Präsident Richard Nixons schweigende Mehrheit gegen die Flower Power Bewegung und Kommunisten kämpfte, richtet sich Trumps Magerbewegung jetzt gegen Vokeness und die radikale Linke.

Während die Studenten damals Universitäten wegen Vietnam stilllegten, protestieren sie heute wegen Gaza. Die Parallelen sind offensichtlich und trotzdem gibt es einen riesigen Unterschied. Für mich liegt der große Unterschied im Zeitgeist. Und jetzt kommt der entscheidende Satz. Damals herrschte das Gefühl, trotz allem, dass Veränderung möglich ist. Heute fühlt es sich eher so an, als würden sich die Türen schließen. Das ist ein Wahnsinnstext von Serge Schmemann aus der New York Times.

Und ist überschrieben mit der Überschrift, Es fühlt sich vielleicht an wie in den 60ern, aber es ist schlimmer. Das klingt so ein bisschen apokalyptisch und trotzdem hat mich dieser Text wahnsinnig gekriegt. Ich dachte, genau, das ist exakt das Gefühl, das wir alle gerade so haben. Geht dir das auch so? Ja, also man kann es noch vielleicht ein Ideechen pointierter am Ende formulieren.

Die 60er Jahre waren ja eine Zeit, in dem die Konservativen, die Reaktionären, wie nicht nur meine Eltern sie genannt haben, mit zum Teil brutalen an den Faschismus erinnernden Mitteln versucht haben, eine gesellschaftliche Modernisierung aufzuhalten.

Aber die Linken, die damals gegen den Vietnamkrieg demonstriert haben, die für die Gleichberechtigung aller Menschen demonstriert haben, die gegen Rassendiskriminierung demonstriert haben, die für ein neues Lebensgefühl einstanden, für mehr Freiheit, die waren damals im Aufwind. Und es gab damals die reaktionären Kräfte, die unter anderem mit politischen Morden und mit Verhaftungen und mit Ermordungen und so weiter dagegen gekämpft haben.

Die Martin Luther King erschossen haben, die Robert Kennedy erschossen haben und so weiter. Aber man dachte, und das sagt der Text ja auch, der Zeitgeist ist aber auf unserer Seite. Wir werden gewinnen. Und man muss sagen, das stimmt ja auch. Vielleicht nicht zu 100 Prozent, aber vielleicht zu 75 Prozent. Das heißt, die Entwicklung ging danach in Richtung Liberalisierung der Gesellschaft. Heute haben wir eine liberalisierte Gesellschaft.

Und das, wofür wir uns fürchten müssen, ist Rollback. Dass es also passieren kann, dass diese liberale Gesellschaft von reaktionären Kräften ausgehebelt wird. Und der Zeitgeist kommt heute nicht von links, sondern der Zeitgeist kommt von rechts. Ich denke gerade nochmal über das Wort Rollback nach, Richard. Ist es das? Trifft es das wirklich? Oder sehen wir etwas? Und das ist die Theorie von Fritz Espenlaub, der ähnlich wie du auch aus der Philosophie kommt.

Ich habe gestern nach der Sendung noch ewig lange mit ihm zusammengesessen. Und ich habe diesen jungen Mann da beobachtet und ich dachte die ganze Zeit, das ist wie der junge Richard, so stelle ich mir das ungefähr vor. Das ist jemand, der sehr ernsthaft irgendwie versucht, die Dinge zu begreifen und der das dann auch mit großer Leidenschaft vorträgt, der auch eine große moralische Klarheit hat.

Wir haben vorher über die Ukraine gesprochen irgendwie und der fand das wahnsinnig, diese ewige Relativierung von jemandem wie Jan van Aken, der auch da saß, der linken Chef, Den ich sehr schätze, der natürlich eine völlig legitime Position hat, wenn er sagt, wir müssen doch darüber reden, ob wir wieder in so eine Rüstungsspirale reinkommen.

Wir müssen doch darüber reden, ob es uns auch Angst machen sollte und sorgen sollte, wenn in der Mitte Europas plötzlich eine solche Konzentration von Waffen da ist und so weiter. Das war die Ebene. Aber Espenlaub, das merkte man, ging es um etwas ganz, ganz Grundsätzliches. Und er hatte das Gefühl, wir haben alle noch überhaupt nicht verstanden, worum es da wirklich geht. Deswegen, wenn du sagst, Rollback, ist es das wirklich oder sehen wir etwas ganz Neues?

Wir haben in dem Zusammenhang auch über Putin und Russland gesprochen. Dieses Modell kennt man. Putin, da ist dieser Präsident, der dann langsam sich zum Autokraten und am Ende auch wirklich zum Diktator wandelt. Und dann hast du diese Speichellecker um ihn herum, die alle von ihm abhängig sind und unermesslich reich geworden sind und eigentlich nur noch auf ihren Yachten rumsitzen. Jetzt hast du es in Amerika.

Und das war das Thema, mit etwas zu tun, was uns vielleicht mehr Sorgen machen sollte. Man kriegt ja so einen Neidreflex, wenn man sagt, wie kann es sein, dass der Typ die ganze Zeit mit der 120-Meter-Yacht gemütlich durch die Südsee kreuzt und ich muss Montagmorgen aufstehen und zur Arbeit gehen.

Aber Espenlaub meinte, sollte uns das nicht lieber sein? Ist es nicht besser, wenn diese Typen mit ihrem ganzen Geld und ihrem ganzen Einfluss auf der 120 Meter Yacht irgendwie vor Bora Bora kreuzen und nicht anfangen, politischen Einfluss zu nehmen? Wie beispielsweise jemand wie Elon Musk? Wie beispielsweise jemand wie Peter Thiel? Und das ist der Kontext. Also ich beantworte dir die Frage. Also Rollback ist es in kultureller Hinsicht.

Es geht darum, einen kulturellen Fortschritt wieder zurückzudrehen. Denn so gesehen ist es Rollback. Auf der anderen Seite, es ereignet sich nie zweimal das gleiche Stück im Welttheater. Was wir jetzt erleben, ist der Versuch der Großkapitalisten, in dem Fall der Hightech-Milliardäre, nicht nur wie bislang sehr starken informellen Einfluss auf die Politik zu nehmen, sondern sie im Zweifelsfall selber zu machen. Das ist in dieser Form jedenfalls für ein liberal-demokratisches Land ziemlich neu.

Was nicht neu ist, ist, dass wenn die Zeiten schwierig werden, das Kapital sich überlegt, ob eine liberale Demokratie eigentlich noch die günstigste Staatsform für es ist. Das haben wir ja auch erlebt, als die rheinischen Ruhrbarone und viele andere, die Banken, auf einmal angefangen haben, ab 31, 32 Hitler zu unterstützen. Weil sie gedacht haben, der ist für uns viel, viel günstiger. Der befreit uns von den Fesseln des Versailler Vertrages.

Der macht uns groß und mächtig und der ermöglicht uns den Revanchkrieg gegen Russland und schafft uns endlich die Manganfelder, das Gas und das Öl aus Russland, was wir so dringend brauchen. Also, dass das Kapital in diesen Fällen ein unzuverlässiger Partner ist und sagt, die liberale Demokratie ist schön, aber wenn sie nicht mehr richtig funktioniert, dann müssen wir halt auch mit anderen Mitteln bereit sein zu regieren oder uns einen Diktator zu schaffen.

Früher brauchte man dafür Leute wie Hitler zum Beispiel, die weltanschaulich das Ganze verbrämten und die aktiv diese Politik machten. Im Interesse auch des Großkapitals. Heute, und das ist das Neue, das ist Musk, das ist Thiel, die sagen, wir brauchen solche Leute eigentlich gar nicht. Ja, im Augenblick passiert Folgendes. Elon Musk fragt sich, wieso habe ich eigentlich Donald Trump unterstützt? Warum habe ich nicht selbst gleich eine Partei gegründet? Ja, mit Thiel zusammen oder so.

Also die Frage ist, sind diese Leute, die so unberechenbar und so unzuverlässig sind wie Trump, und dann auch noch so hengstbissig und keinen zweiten Nebensicht dulden und sofort hingehen und den anderen zurechtstutzen, der einem den Wahlkampf finanziert hat. Brauche ich sowas noch? Können wir das nicht direkt selber machen? Und ich glaube, das ist der Moment, der im Augenblick passiert. Und dieser Moment wäre neu in der westlichen Geschichte.

Es gibt andere Länder, wo das so ist und wo es das schon gegeben hat, aber dass wir in liberalen Demokratien vor der Gefahr stehen, dass sehr, sehr mächtige Unternehmer, die ohnehin schon die größte Macht im Lande haben, im Regelfall eine größere als die Politiker, sagen, wir brauchen die Politik eigentlich nicht mehr. Von mir aus könnt ihr alle noch weiter wählen und so weiter. Wichtig ist, dass die Politik keine Macht hat.

Wichtig ist, dass wir ganz direkt die Beschlüsse fassen können, ohne noch in irgendeiner Form von der Willkür von gewählten Politikern abhängig zu sein. Und das ist in der Tat die größte Bedrohung, vor der die liberalen Demokratien seit dem Zweiten Weltkrieg stehen. Und ich persönlich glaube, dass diese Gefahr, dass die Demokratie so abgeschafft wird, größer ist als durch einen Überfall Putins auf Deutschland. Das ist ein harter Befund.

Wahrscheinlich hast du insofern recht, als ein Angriff von Putin würde wahrscheinlich, das wäre wahrscheinlich wie eine Vitaminspritze für unsere Demokratie. Dann würden wir zusammenstehen. Die Bedrohung von außen. Das ist ja das, wovon Putin auch unglaublich profitiert. Im eigenen Land läuft es miserabel und dann zettelst du immer wieder, es zieht sich ja durch seine ganze Präsidentschaft durch, zettelst du immer wieder Konflikte an und das schweißt sozusagen Russland zusammen.

Du kennst diese wahnsinnigen Umfragen aus Russland. Die Russen geben im Moment diese Glücksumfragen an, dass es ihnen so gut geht wie noch nie. Ich glaube, ich traue zwar ganz grundsätzlich keiner Glücksumfrage. Ja, ich habe mich da schon häufig genug darüber lustig gemacht. Die Dänen sagen immer, sie sind wahnsinnig glücklich, weil sie das Ranking jedes Jahr gewinnen wollen. Also das ist ja immer so glücklich, wie man sich fühlt und das sind ganz eigenartige Sachen.

Aber du hast mit Sicherheit recht, dass die Unterstützung und die Solidarität für Putin in der Bevölkerung viel, viel höher ist, als wir uns das wünschen.

Das glaube ich auf jeden Fall auch. Aber zurück zu dieser wirklichen Gefahr, dieser Wolke, die ganz, ganz real, dieser Cloud, will ich schon fast sagen, zusammenballt, dass nämlich tatsächlich die Hightech-Giganten in den USA sich überlegen, ob sie in der nächsten Runde nochmal einen Trump brauchen oder ob sie es nicht direkt selber machen sollen.

Und dann wäre Trump, Sigmar Gabriel, den ich ja im Allgemeinen nicht so schätze, aber der hat das sehr schön auf den Punkt gebracht, ist quasi deren nützlicher Idiot, der jetzt schon mal die Gerichte beschneidet bzw. Mit seinem eigenen Personal besetzt, im Grunde genommen demoliert Trump im Augenblick. Noch ganz im eigenen Interesse. Die Infrastruktur der US-amerikanischen Demokratie. Und von dieser Demolierung können die Hightech-Oligarchen wunderbar profitieren

in der Zeit nach Trump. Und das ist eine echte Gefahr. Ja, ich bin gerade im Kopf, bin ich gerade unfassbar weit verreist. Ich bin gerade wirklich irgendwie in den weiten Amerikas irgendwo unterwegs und denke gerade noch die ganze Zeit über deine Rollback-These nach, die total richtig ist.

Ich meine, die Kräfte, die in den 60er Jahren, und wir waren teilweise ja schon dabei, du ein bisschen mehr, ich ein bisschen weniger Kraft meiner Jugend, diese Kräfte sind anti-amerikanisch, so beschreibt es auch Serge Schmähmann in der New York Times, und die müssen beseitigt werden, um dieses wahre Amerika wiederherzustellen. Dieses Amerika mit den christlichen Werten und so weiter, die respektvollen Schüler, diese öffentliche Ordnung, gern auch irgendwie Rassendiskriminierung.

Genau, wieder Schwarze, die im Bus sitzen oder andere Busse benutzen. Genau, die alte Ordnung muss sozusagen wieder zurück und dem begegnest du, wenn du in den USA unterwegs bist. Ich hatte das das letzte Mal im Gespräch auf dieser Terrasse, dieses wahnsinnige Gespräch, das mich mein Leben lang begleiten wird mit diesen MAGA-Frauen. Desperate Housewives, blondiert, gebleached und ansonsten behängt wie ein Weihnachtsbaum.

Südtiroler Bauernmalerei steht dem wirklich in nichts nach und alles in Trumpfarben und überall Nationalflagge. Und als Argument, zentrales Argument kam immer, als Gott aus dieser Gesellschaft ging, da begann sozusagen der Abstieg. Das war der Anfang vom Ende. Das heißt, das ist als Kulturkampf, Inszeniert, trifft auch einen absolut wunden Punkt, trifft einmal voll ins Schwarze.

Aber was sozusagen das Erschrecken bei mir jetzt auch ist, ist, offensichtlich ist das nur Mittel zum Zweck für etwas ganz anderes. Während sozusagen ich als kleiner Trottel noch glaube, da geht es jetzt um Kulturkampf, da geht es jetzt um die Frage, für welche Werte stehen wir eigentlich und was ist eigentlich mit Identität und all diese Dinge. Und darf man stolz sein auf seine Heimat und darf auch Patriotismus sein und all solche Sachen, die eine ganze Zeit lang so verpönt waren.

Man traute sich das im Grunde kaum auszusprechen. Plötzlich kannst du darüber wieder reden. Man denkt, ja, okay, in gewisser Weise kehrt jetzt sozusagen meine alte Welt zurück und es ist vielleicht gut, diese Dinge jetzt nochmal neu zu verhandeln, ohne gleich wieder Faschistoid oder zu Nazis zu werden. Aber das Erschrecken besteht darin zu erkennen, da gibt es in Wahrheit einen

ganz anderen Plan. Und der hat intensiv zu tun mit diesen Leuten, mit diesen Tech-Oligarchen, für die sozusagen Demokratie offensichtlich kein Wert an sich ist. Richtig, kein Wert an sich. Das ist so. Also ich, wenn ich deinen Gedanken weiterspinne, wir sind in Deutschland ein Stück von den amerikanischen Verhältnissen entfernt. Wir haben die stabilere Demokratie möglicherweise.

Wir haben auch die jüngere Verfassung und wir haben uns eine Menge Gedanken gemacht, dass sowas wie, was am Ende der Weimarer Republik passiert ist, die Machtergreifung Hitlers, dass sich das nicht noch mal ohne weiteres ereignen kann. Das ist schon alles richtig. Und trotzdem kann auch ich mir ausmalen, dass der Kulturkampf, den wir im Augenblick in Deutschland haben, Zwischen den Rollback-Fantasien der AfD und von dem, was man im allgemeinen Volksmund so linksgrün nennt.

Dass der ein harmloses Geplänkel ist. Im Vergleich zu dem, was irgendwann hinter den Kulissen tatsächlich abläuft. Wo es um die Frage geht, wenn wir tatsächlich, wie viele Ökonomen vermuten, dauerhaft kein weiteres Wirtschaftswachstum mehr haben werden, sondern das Wirtschaftswachstum rückläufig sein wird, also Wirtschaftsschwund. Wenn das tatsächlich über lange Zeit passieren sollte, eine dauerhafte Rezession, die man schon gar nicht mehr Rezession nennen kann.

Dann wird es nicht mehr um die Frage gehen, über die wir uns im Augenblick streiten, wie man Winnetou korrekt benennt oder welche Quoten man wo einführt oder so, sondern da wird es tatsächlich um das Eingemachte gehen, nämlich um die Frage, ob wir eine liberale Demokratie bleiben werden.

Denn die Befürchtung, die ich habe, ist, wenn wir dauerhaften Wirtschaftsschwund haben sollten, wenn das, was zu verteilen ist, immer weniger wird, aber gleichzeitig diejenigen, die Wohlhabenden in der Gesellschaft, weiterhin reicher werden, während gleichzeitig der Kuchen immer kleiner wird, dann könnte ich mir sehr gut vorstellen, dass eine Mehrheit in Deutschland, auch wenn man das jetzt nach Umfragen noch nicht vorstellen kann, irgendwann willig sein,

einwilligen wird, die Demokratie abzuschaffen, um einen wohlmeinenden Diktator an die Macht zu bringen. Ich halte das durchaus für denkbar, jetzt nicht in den nächsten drei Jahren. Aber wenn das in den USA erfolgreich funktioniert und wenn es dann vielleicht in Frankreich oder in England funktioniert, dann könnte ich mir vorstellen, dass das auch in Deutschland passieren kann.

Ich halte das nicht für das Szenario der nächsten vier Jahre, aber ich würde schon für in zehn Jahren nicht mehr garantieren. Und du hast das gerade so gesagt, das ist interessant, wir hatten genau dieses Thema, sozusagen diese Idee vom wohlmeinenden Diktator. Ich meine, es ist ja, also ein Blick in die Geschichte genügt, um zu sagen und zu sehen, das hat noch nie funktioniert. Es gibt nicht den wohlmeinenden Diktator, das geht jedes Mal schief.

Ja, es gibt ja viele Beispiele, dass Machthaber als weitgehende Idealisten angefangen haben, bevor sie als komplette Autokraten geendet haben. Also guck dir mal Fidel Castro an, der am Anfang ein Segen für Kuba gewesen ist, wenn man überlegt, was Kuba vorher war, ein Spielhüllenparadies der Mafia und der den Menschen ihr Land wieder zurückgegeben hat und so weiter. Und was war Fidel Castro am Ende?

Also einfach jemand, der von der Macht nicht mehr lassen konnte und seinen autokratischen Staat errichtet hat. Und auch Putin hat mal anders angefangen, als er jetzt ist. Oder Paul Kagame in Ruanda, der am Anfang ein Segen für dieses Land war, das also vom fürchterlichen Massakern und Genozid und so weiter gekennzeichnet war und der sich als sehr weiser Herrscher in den ersten zehn Jahren seiner Regentschaft herausgestellt hat.

Inzwischen ist er über 20 Jahre dran und ist ein Autokrat geworden mit brutalem Unterdrückungsapparat. Also diese Entwicklung haben wir ja immer und immer wieder in der Geschichte. Ich will auch keinerlei Werbung dafür machen. Ich stelle mir aber eine andere Frage.

Ich glaube, das ist eine ganz wichtige Frage. Wenn sowas passiert, das tatsächlich drohen kann, ob das nun einer oder mehrere ist, ob das so ein Kartell ist aus den Thiels und Masks dieser Welt oder ob das irgendein Alleinherrscher ist, darauf kommt es mir eigentlich nicht an. Wenn die Demokratie ausgehebelt wird, wenn das tatsächlich passiert in Zeiten der Krise, Zeiten in denen der Bürgerkrieg droht oder wirtschaftlicher Abschwung oder was auch immer.

Wer oder was stellt sich dem dann entgegen? Was sind die Kräfte, die das aufhalten können und die liberale Demokratie verteidigen? Und da fallen mir grundsätzlich drei ein, die es geben kann. Das eine wäre millionenfache Demonstrationen. Generalstreik, riesige Demonstrationen und so weiter. Glaubst du daran, dass das passiert? In den USA mit Sicherheit nicht. In Deutschland kann ich mir auch nicht vorstellen. Frankreich könnte ich mir sowas vorstellen. Ja, Frankreich ist revolutionär.

Genau, ich halte Deutschland nicht für revolutionsfähig. Und zwar aus dem einfachen Grund. Eine Revolution setzt voraus, dass Hunderttausende von Menschen, vielleicht Millionen von Menschen, sich unter ein gemeinsames Ziel stellen und ihre eigene Befindlichkeit und Individualität hintanstellen. Das kann ich mir im Augenblick in der bundesdeutschen Gesellschaft überhaupt nicht mehr vorstellen. Vielleicht werde ich positiv überrascht, aber vorstellen kann ich mir das nicht.

Ich habe ja häufig gesagt, Deutschland ist nicht mehr kriegstauglich. Weil wir nicht genug Menschen hätten, die im Zweifelsfall in den Krieg gehen würden. Und aus den gleichen Motiven heraus wäre Deutschland auch nicht mehr entsprechend widerstands- oder revolutionsfähig. Das erste finde ich ja ganz gut, muss ich dazu sagen, damit wir uns nicht falsch

verstehen. Aber dieser Individualisierungsprozess, den wir heute haben, Gesellschaft der Singularitäten, das lässt sich nicht so einfach zurückdrehen. So, das wäre der erste denkbare Widerstand. Nur ganz kurz eingefügt, Richard, der alte Gedanke, der alte Schlachtrufstelle vor ist, es ist Krieg und keiner geht hin, der wird jetzt wahr, auf andere Weise.

Der würde im Zweifelsfall wahr werden und das gleiche wäre auch, also millionenfacher Widerstand von Menschen, die dauerhaft, nicht mal für eine Demo gegen rechts oder so, sondern dauerhaft da einen Widerstand entgegensetzen würden, über Monate oder so. Das ist der Punkt, ne? Ja, ja, nicht aus dem Eifer des Gefechts, wir verabreden uns über Instagram und dann laufen wir alle über eine Rheinbrücke, sondern wirklich dauerhaften Widerstand gegen einen Regimewechsel.

Kann ich mir nicht vorstellen. Ich will nicht sagen, es ist ausgeschlossen, aber kann ich mir nicht vorstellen. Das zweite wäre, Juristen, die versuchen das zu verhindern. Wüsste jetzt spontan kein Beispiel in der Geschichte, dass Juristen einen massiven Regimewechsel je aufgehalten hätten. Vielleicht gibt es die, aber ich kenne die nicht. Ich weiß nur, dass die Juristen der Weimarer Republik mit fliegenden Fahnen zu Hitler übergelaufen sind.

Dritte Möglichkeit wäre das Militär. Wäre das Militär. Ich glaube im Zweifelsfall nicht, wenn das passiert. Ich meine, es gibt keinen Aufstand des Militärs gegen Donald Trump bisher. Ist auch nirgendwo irgendwo in Sicht. Ich habe immer wieder so zaghafte Andeutungen, Leute, die auch generell, die immer wieder auch sehr klar artikuliert haben, also wenn der uns dazu bringen will, auf den roten Knopf zu drücken, wir werden uns verweigern.

Das ist aber eine Ankündigung, das ist Rhetorik, ich weiß auch nicht, ob es stimmt oder nicht stimmt, aber vom Prinzip her hast du natürlich recht, gerade auch wenn man sozusagen den Respekt vor einem Präsidentenamt in Amerika auch kennt. Also bei der Bundeswehr kann ich das nicht einschätzen, aber meine Angst ist jedenfalls… Die Bundeswehr hätte kein Fahrzeug, mit dem sie rausfahren kann zur Revolution, ist das Problem. Die Transportmöglichkeit, die Logistik würde nicht funktionieren.

Und das ist auch das Revolutionäre an Deutschland irgendwie. Es gibt auch dieses berühmte Bonbon von Lenin, sagt die Deutschen sind allein deswegen unfähig zur Revolution, weil bevor die Bahnsteige stürmen, lösen sie erstmal eine Fahrkarte. Das funktioniert so nicht, so kann man das nicht machen. Das heißt, du sagst, wir würden im Zweifel, hätten wir nicht die Kraft, uns wirklich dagegen aufzulehnen, wir nicht, die Amerikaner auch nicht. Ich sage es nicht so krass. Ich stelle es als Frage.

In den USA glaube ich, dass es möglich ist. Also da bin ich ziemlich sicher, wird sich keiner dagegen auflehnen, sondern es wird sogar eine Mehrheit in der Bevölkerung geben, die die Teals und die Masks dieser Welt wählen. Nicht zu vergessen, welche irrsinnige Macht sie haben über die sozialen Netzwerke. Ich meine, sie können die Massen in einem Ausmaß manipulieren, wie das bislang noch nie der Fall war.

Was waren Hitlers Rundfunkansprachen dagegen, gegen diese Manipulationsmacht, die subtilsten Formen dafür hat, mithilfe von KI alle möglichen Lügen in die Welt zu setzen und die Leute nah abzuholen, wo sie empfänglich sind und die Vorlieben eines jeden kennen und bedienen. Also ich meine, die Machtmittel, die da zur Verfügung stehen, die sind so subtil und gleichzeitig so umfassend, dass man unheimlich leicht totalitäre Strukturen schaffen kann.

Bei Deutschland war ich ein großes Fragezeichen dahinter, aber ich würde sagen, wir sollten uns, wir sind ja im Augenblick so dabei, uns mit Bedrohungsszenarien zu beschäftigen, mit diesem Bedrohungsszenario sehr gründlich beschäftigen. Ich meine, das hat natürlich auch das Gespräch, hatten wir da nach der Sendung auch nochmal mit Fritz Espenlaub. Er sagt, und das finde ich, einen guten Punkt. Er sagt, wir sollten das mal ernst nehmen.

Wir sollten erstens nicht ständig so tun, als wäre da irgendein Verrückter in Washington am Werk. Sondern es ist alles sehr viel durchdachter, als es so nach außen hin den Anschein hat. Die haben einen Plan. Und wenn Trump ihn nicht hat, dann haben ihn definitiv die Leute dahinter. Peter Thiel werden wir gleich nochmal ein bisschen ausführlicher sprechen müssen, finde ich, um das auch zu verstehen, was da passiert.

Er sagt aber auch, und das war unser Thema, Also wenn Thiel sagt, Monopole, das ist eine der zentralen Thesen, Monopole sind besser als Wettbewerb. Und deswegen lehnt er auch in der Konsequenz Demokratie ab, weil auch Demokratie ist Wettbewerb. Das ist Wettbewerb. Also in dem Liberalismus und Demokratie. Genau. Und weil daraus resultiert sozusagen der Wettstreit um Ideen, daraus resultiert auch die Tatsache, dass du Kompromisse machen musst.

Das ist Demokratie und das lehnen diese Leute ab, weil sie träumen, wie du sagst, vom wohlmeinenden Diktator. Ich glaube, Sigmar Gabriel hat es irgendwie auch ganz ähnlich ausgedrückt, den du vorhin zitiert hast.

Er sagte, diesen Leuten schwebt sozusagen eine Art römischer Senat der Edlen vor, der das Land regieren soll und sie selbst sind selbstverständlich diese Edlen und das normale Volk halten sie dann für viel zu dumm, um ihm das Recht auf Wahlen zu geben und er sagt, deswegen halte ich diese Leute im Hintergrund für deutlich gefährlicher als Trump selbst.

Wenn man mal drauf schaut, dann muss man sagen, natürlich hat dieses System und wir sollten deswegen, das war die These von Fritz Espenlaub, nicht immer so tun, als wäre sozusagen die Demokratie das ultimativ Gute im Sinne von, das ist das absolut beste System, da gibt es auch keine Kritik zu üben, sondern das hat natürlich Fehler und ist fehleranfällig.

Und ich habe dann so drüber nachgedacht und überlegte, ja klar, es war ein total demokratischer Vorgang, als die Engländer für den Brexit gewählt haben. Heute zahlen sie für eine Gurke dreimal so viel als vorher. Die haben sich richtig ins Knie geschossen. Es war eine wirklich dumme Entscheidung. Das war aber Demokratie. Die Italiener haben den Fehler nicht nur einmal gemacht, die haben Berlusconi gewählt.

Ein demokratischer Prozess. Die Amerikaner wählen jetzt zum zweiten Mal jemanden wie Trump. Ein völlig demokratischer Prozess und reiben sich jetzt die Augen und sagen, was zur Hölle haben wir da eigentlich gemacht? Also Demokratie hat sehr viele Defizite. Also diese Erkenntnis ist zweieinhalbtausend Jahre alt, schon aus der Zeit, als die Demokratie geboren wurde und im alten Griechenland in Athen ziemlich schlecht funktionierte.

Und interessant ist, dass Aristoteles, als er die Staatsform miteinander vergleicht, die Diktatur, also die Monarchie, für die stabilste Regierungsform hielt. Die Demokratie für die gerechteste, aber zugleich für die fragilste. Ja, und ich denke, das ist eine zeitlose Erkenntnis. Natürlich sind Diktaturen, wenn man das vor allen Dingen mit den heutigen Mitteln betreibt, können sehr, sehr lange sehr, sehr stabil sein.

Und Demokratien müssen sich im Grunde genommen aus sich selbst heraus immer wieder neu erfinden. Sie sind viel stärkeren kulturellen Wandlungen ausgesetzt. Entsprechende Kulturkämpfe führen zu gesellschaftlichen Verhärtungen und können, auf der einen Seite kann man sagen, es ist ein Wettbewerb der Ideen, aber auf der anderen Seite sind Demokratien, und das ist vielfach in der Geschichte immer wieder beschrieben worden, eben auch instabil und müssen immer wieder neu ihr Gleichgewicht suchen und

ihr Gleichgewicht finden unter sich verändernden Umständen. Und sie scheitern häufig daran. Also man kann sich daran erinnern, was der ehemalige Verfassungsrichtler Wolfgang Bockenförde erzählt hat, sehr, sehr häufig zitiert, dass die liberale Demokratie an Voraussetzungen gebunden ist, die sie nicht selbst erzeugen kann. Was er damals meinte, war, wenn die Leute keine Religion mehr miteinander teilen. Wenn die Leute nicht mehr einen gemeinsamen Erziehungskontext.

So preußische Tugenden oder wie auch immer Pflichtgefühl, Sekundärtugenden und so, wenn sie das alles nicht mehr teilen. Die liberale Demokratie von sich aus bringt diese Tugenden nicht hervor. Sie funktioniert aber nur, wenn diese Tugenden vorhanden sind.

Jetzt würden wir heute die Religion da vielleicht nicht mehr ganz so wichtig nehmen. Ja, aber das ist im Grunde genommen setzt die liberale Demokratie wohlmeinende, gesellschaftsfähige Staatsbürger voraus, die sich für die Allgemeinheit und für das Leben der anderen interessieren. Und das muss durch Erziehung und durch Kultur vermittelt werden. Wird es aber nicht mehr vermittelt, dann werden liberale Demokratien dauerhaft nicht reüssieren können.

Und dieser Satz ist sehr, sehr häufig zitiert worden, weil er eine zeitlose Wahrheit ist und sich natürlich heute auch wieder fragt. Und da haben wir schon häufig im Podcast drüber gesprochen. Was stiftet Gemeinsinn? Was ist der soziale Kit? Und zwar soziale Kit und kulturelle Kit, der uns alle zusammenhält. Wenn wir in lauter Blasen und Segmente zerfallen in unserer Gesellschaft, wenn wir alle singulär sind und gegen die anderen als was Besonderes performen

wollen und so. Was stiftet dann noch den Gemeinsinn? In unserer Demokratie und solche Demokratien, wo die Gemeinsinnsfrage sich ernsthaft stellt, die sind gefährdet. Ja, und da kann es auch tatsächlich passieren. In den USA stellt sich die Frage ja nun viel eindringlicher noch als bei uns. Ja, aber ich finde es interessant, über die Amerikaner zu reden, weil ich mir immer die Frage stelle, ja, sind das nicht Probleme? Wir kriegen ja leider sehr, sehr viele Probleme der USA.

Ein bisschen zeitverzögert auch bei uns und deswegen reden wir ja auch im Podcast so oft darüber. Aber absolut, mir geht es manchmal kalt den Rücken runter. Vieles von dem, wirklich auch bis hinein in einzelne Bilder, die sich auf frappierende Weise gleichen. Ja, so etwas, was ich heute hinterm Hamburger Hauptbahnhof sehe, habe ich vor zehn Jahren in Philadelphia gesehen.

Ja, wenn du dir diese Drogenszene da anguckst, diese armen Menschen, die da wirklich zu Zombies mutieren, weil sie Crystal Meth und andere Dinge, Fentanyl und so weiter. Das ist wirklich schrecklich. Und ich glaube dennoch nicht, dass wir, weil wir einen anderen Sozialstaat haben, ich glaube dennoch nicht, dass wir sozusagen direkt und unmittelbar auf diesem Weg sind. Das schützt uns und deswegen müssen wir auch alles tun sozusagen, um das zu bewahren.

Aber um nochmal einmal jetzt auf Peter Thiel zu kommen, Richard. Thiel ist ein ganz berühmter Satz von dem berühmter Gedanke, Demokratie ist mit Freiheit nicht vereinbar. Was meint er damit? Das hat er nicht erfunden. Das wurzelt tief in der libertären Bewegung.

Also die Vorstellung, wenn jeder seine Freiheit bedingungslos auslebt und das ist das, wovon Peter Thiel träumt, er denkt natürlich vor allen Dingen an die Freiheit des Unternehmers, dann kann und will er sich in dem, was er tut, nicht von einem Mehrheitswillen abhängig machen, der ihn in seiner Gestaltung, seines Unternehmens, seines Wirkens und so weiter beschneidet.

Das heißt also, er sieht sogar zwischen Kapitalismus und Demokratie einen Widerspruch, weil sein Held ist der Kapitalist, das ist sozusagen der Held unserer heutigen Gesellschaft, der schafft Arbeitsplätze, der schafft Wirtschaftswachstum und so weiter. Das ist ein Gedankengut in den USA, wahnsinnig verbreitet.

Es gab damals diese Russin, deren Eltern alles verloren hatten, weil die Bolschewisten das damals beschlagnahmt haben, die in den USA geflohen ist 1926, Ayn Rand, die eine unglaubliche Wirkungsmacht hatte und diese Vorstellung populär gemacht hat in den USA, dass Altruismus nur zu übel fühlt und zu nichts Guten, sondern in Reinform die Theorie vertreten hat. Wenn jeder egoistisch wirtschaftet und nach einem Maximum an Gewinn strebt und so weiter, dann führt das zur bestmöglichen Gesellschaft.

Gibt es dieses berühmte Buch, Der Streik. Der Streik, genau. Von 1957. Dicker Roman. Hast du das mal gelesen? Nee, habe ich nie gelesen. Hier kennt das keiner. Ja, aber in den USA war das ein Riesenbestseller. Bis heute. Das ist eines der meistverkauften Bücher der USA und es hilft wirklich die Amerikaner zu verstehen. Aber nur mal die Zahlen kurz vorgetragen, weil das wirklich so beeindruckend ist. Und ich bin das erste Mal wirklich darüber gestolpert. Ich meine ein Buch von 1957.

Und du kannst die Bedeutung dieses Buches an seinen Verkaufszahlen sehen. 1957 veröffentlicht, wurde sofort ein Bestseller und hat sich nach dem Tod der Autorin von Ayn Rand in jedem Jahrzehnt besser verkauft als zuvor. Durchschnittlich 77.000 Exemplare jedes Jahr in den 80ern, 93, also wurde immer populärer in den 90ern, 130.000 in den Nullerjahren und seit Beginn der Finanzkrise, da gibt es offensichtlich eine Verbindung, da hat die totalen Nerv getroffen.

Steigen die Zahlen noch einmal. Allein 2011 hat Penguin, das ist interessant, Penguin ist ein großer amerikanischer Verlag. Dein Verlag. Bertelsmann, gehört alles zum großen Bertelsmann-Imperium. Fast eine halbe Million Exemplare nochmal verkauft. Gab lange Zeit keine deutsche Erfassung. Jetzt gibt es auch wieder eine deutsche Erfassung. Und die Frage ist sozusagen, was ist das für eine Erzählung, die die Leute, die Amerikaner insbesondere offensichtlich so kriegt. Worum geht es da?

Ja, also es geht darum, dass die Eliten streiken. Also jetzt nicht der Streik der Gewerkschaften oder der Arbeiter, sondern geht um einen Streik der Eliten und im Grunde genommen geht es in dem Buch darum, ihre wirtschaftslibertäre Vorstellung unter die Leute zu bringen.

Also es ist ein in die Maske eines Romans verpacktes Manifest für die libertäre Weltanschauung, wonach es den Staat eigentlich nicht wirklich braucht und wenn man möglichst keine Steuern zahlen soll und so weiter, soll man den Eliten, gemeint sind die Unternehmer, denen soll man jegliche Gestaltungsmacht geben und der Staat soll sich so weit wie möglich aus all dem raushalten.

Ein starker Staat, das ist sozusagen der Gedanke dahinter, ist dadurch zu erkennen, dass er sich aus ganz vielen Dingen raushält. Wir würden sagen, das ist ein schwacher Staat und das Argument, das libertäre Argument ist immer, wenn der Staat sich in alles einmischt, dann wird alles irgendwie verwässert und bürokratisiert und dann quatschen überall auf jeder Ebene die Leute rein und dann bewegt und gestaltet sich nichts mehr. Das ist sozusagen der Grundgedanke. So, meine Kritik ist relativ klar.

Die libertäre Weltanschauung kann nur auf der Basis von Werten funktionieren, die sie nicht selber hervorbringt. Frei nach dem Bockenförde, Zitat, du kannst dich als Peter Thiel nur dann wirtschaftlich entfalten, wenn die Grundvoraussetzungen in dem Land erreicht sind. Zum Beispiel, dass die Leute hinreichend Geld in der Tasche haben, um deine Produkte auch zu konsumieren. Oder im Fall der Datenökonomie. Die Daten eines Armen sind nichts wert.

Dem kann man nichts verkaufen. Die ganze nicht ausschlachten für gar nichts. Das heißt also, du musst voraussetzen, dass die Leute gut bezahlt werden, damit die Datenökonomie auch funktioniert. Du kannst aber dann nicht auf der anderen Seite als Unternehmer sagen, ich mache die Löhne so knapp wie irgendwie möglich. Also im Grunde genommen wird dieser ganze Vorrat an Sozialstaat vorausgesetzt, dass dieser Pilz, also die libertäre Vorstellung, überhaupt erst gedeihen kann.

Also ganz, ganz viele Voraussetzungen, die die libertäre Weltanschauung zerstört. Der Glaube an das Gute, sich für andere einzusetzen, zu machen, zu verteilen, auszugleichen, sozialen Kits, das soll ja alles abgeräumt werden. Aber wenn das alles abgeräumt wäre, dann würde die libertäre Weltanschauung überhaupt nicht mehr funktionieren. Das heißt, sie ist eigentlich genuin parasitär. Und das ist das, was viele Leute, die solche libertären Vorstellungen haben.

Es gibt ja auch viele Leute in der AfD, die solche libertären Vorstellungen haben, nicht begreifen, dass die libertäre Weltanschauung an Bedingungen gebunden ist, die sie nicht selbst erzeugen kann, sondern die sie ausschlachtet. Die AfD ist ja da nochmal so ein interessanter Sonderfall, wenn man so will. Es gibt diese Leute, die sehr libertär sind, genauso wie du es beschreibst. Und dann gibt es aber auch das genaue Gegenteil davon. Leute, die den starken Staat fordern. Es gibt genau beides.

Das sind Sammelbecken aus zwei Dingen, die nicht zusammengehören. Die einen wollen den möglichst starken autoritären Staat, der hart vorgeht gegen Migration und so weiter, der handlungsfähig entsprechend ist. Und auf der anderen Seite wollen sie häufig diese paleolibertäre Vorstellung kleben nach dem Motto, Staat, lass mich in Ruhe, my pony, my rifle and me. Also der aus den USA übernommene libertäre Weltanschauung, so wenig Staat wie irgendwie möglich.

Und diese beiden Dinger beißen sich von vorne bis hinten. Ich will noch einmal ganz kurz, weil es vielleicht auch den ein oder anderen wirklich interessiert, der Inhalt dieses Buches. Es ist ein Roman und spielt sozusagen in einer nicht näher bezeichneten Epoche der frühen industriellen Entwicklung in Amerika. Die ersten Eisenbahnverbindungen werden gelegt, also einmal wirklich quer durchs ganze Land.

Daraus entwickelt sich dann so eine industrielle Infrastruktur zwischen den Ölförderern in Colorado und Pennsylvania und in Texas und so weiter. Stahlwerke in Pennsylvania und eben auch den Orten, wo es dann konsumiert wird, wo das Geld ausgegeben wird, den Luxusrestaurants in New York und so weiter. Und im Hintergrund prallen diese zwei großen gesellschaftspolitischen Entwürfe sozusagen aufeinander.

Auf der einen Seite dieser radikale Kapitalismus, wo man sagt, eine Welt ohne jeden Staat ist die beste Welt, Steuern sind Diebstahl, Armut ist ausnahmslos selbstverschuldet. Ja, seid selbst schuld, wenn ihr nicht auf die Beine kommt und nichts auf die Reihe kriegt. Nicht unser Problem und sieh zu, wie du klarkommst. Und auf der anderen Seite so ein Umverteilungssozialismus, der genau das Gegenteil verlangt. Abgaben, Steuern und so weiter, um diese soziale Unwucht irgendwie auszugleichen.

Und irgendwann, und das ist das, was du vorhin beschrieben hast, ziehen sich sozusagen die Kapitalisten frustriert zurück. Verschwinden, streiken, haben keinen Bock mehr, weil die Sozialisten sozusagen gewinnen. Deswegen reden auch Leute wie Trump und Vance und so weiter immer so viel von Kommunisten und Sozialisten und so weiter. Das ist genau diese Erzählung. Und dann beschreibt sie, wie sozusagen der Rückzug der Wirtschaftseliten zu einem Kollaps führt.

Das ist sozusagen dann die Apokalypse. Der Strom wird rationiert. Kalifornien spaltet sich ab. Achtung, Kalifornien, reden wir gerade so viel darüber. Einzelne Bundesstaaten führen Bürgerkriege um Getreidefabriken. Telefonkabel reißen, die Hochöfen explodieren und so weiter.

Das heißt im Grunde totale Anarchie, weil es die miesen Kommunisten, Nicht auf die Reihe gekriegt haben und weil der Staat eben ein denkbar schlechter Unternehmer ist und weil Kommunismus sozusagen der sichere Weg ins Verderben ist. Das ist die Geschichte. Also entweder es wird durch und durch kapitalistisch, dann wird alles super. Oder die Kommunisten gewinnen und dann wird alles wie in Russland. Dann wird es dysfunktional und dann geht die Wirtschaft nicht mehr vorwärts

und so weiter. Das ist sozusagen das einfache Schwarz-Weiß-Denken. Und das entspricht völlig der US-amerikanischen DNA. Ah, also Aya und Rand gehört jetzt nicht zu den Leuten, die ich in meine Philosophiegeschichte aufnehmen würde, weil sie eigentlich keinen eigenen originellen Gedanken entwickelt hat, sondern sehr viele Gedanken, die andere vor ihr hatten, nur synthetisiert hat.

Aber ihre Wirkung, die sie gehabt hat, die war in der Tat enorm und sie war auch befreundet mit hochrangigen US-amerikanischen Politikern. Man sieht sie auf Fotos mit Alan Greenspan, den wir alle noch in Erinnerung haben aus der Zeit, als diese gnadenlosen Zinssenkungen damals vorangetrieben wurden, kurz vor der Finanzkrise, der damals ein Guru, der Broker und Bersianer gewesen ist. Sie kannte mehrere US-amerikanische Präsidenten persönlich, ist im Weißen Haus empfangen worden und so weiter.

Also das war etwas, was man in den USA immer sehr, sehr gerne gehört hat. Man kann sozusagen sagen, ein bisschen die Chefideologin der Republikaner, immer ein bisschen zu extrem, aber jetzt trifft sie auf Leute, denen sie gar nicht so extrem ist und die sagen, genau so ist das. Das ist etwas, wie Peter Thiel die Welt sieht. Und der andere Hofideologe für Peter Thiel ist Karl Schmitt. Karl Schmidt, der 97 Jahre alt geworden ist.

Und seine ersten Schriften in der Weimarer Republik in den 20er Jahren veröffentlicht hat. Und dann sich unter dem Eindruck des Siegeszuges von Mussolini zum Faschisten entwickelt hat. Also vom Zweifler an der Demokratie, an der Weimarer Republik. Also er ist Jurist von zu Hause, Staatsrechtler von zu Hause.

Politischer Philosoph, wenn man so will. Ja, der im Grunde genommen so das Muster war, neben Oswald Spengler, über den wir mal eine ganze Sendung gemacht haben, für konservatives bis sehr rechtes Denken. Und der unter dem Eindruck von Mussolini dann gesagt hat, eine ganz, ganz klare Sache.

Ja, in Zeiten der Krise und des Stresses und so weiter zeigt sich ganz, ganz genau, dass diese Laberei von Demokratien, dass das überhaupt gar keinen Sinn mehr macht, sondern schwierige Zeiten erfordern straffe Führung und dann die Weimarer Republik bekämpft hat. Wobei er zunächst mal, sein Vorbild war Mussolini.

Er war absolut gegen Hitler, weil er von dem persönlich gar nichts gehalten hat und hat sich dann aber im Dritten Reich den Nazis angedient und war ein persönlicher Freund von Hermann Göring und auch von Hans Frank, dem grauenhaften Generalgouverneur von Polen. Genau.

Und war dann durch das Dritte Reich schwer belastet, hatte als 34 im Zuge des sogenannten Römputsches, der Hitler seine eigenen Leute hat liquidieren lassen, also Leute aus der SA und so weiter, das auch noch verteidigt, also ganz übel über das Dritte Reich belastet, was nicht verhindert hat, dass er nach 1945 eine Ikone der Rechtskonservativen geblieben ist. Eins war nicht nahtlos, er konnte nicht wieder Professor werden. Also dafür war er nun zu berüchtigt. Zu belastet.

Aber es gab doch, aber seine Schüler zum Teil kamen in führende Positionen und zurückgezogen in seinem Haus in Plettenberg im Sauerland, hat er immer noch starken Einfluss auf die Politik genommen und galt für viele noch immer so als Guru. Also der ist trotz all dem, was er da im Dritten Reich von sich gegeben hat, hatte er bis in die 80er Jahre hinein, ich glaube 85 ist er gestorben, eine große Reihe von Fans gehabt.

Ich kann mich zum Beispiel erinnern, dass ich in meinem Geschichtsleistungskurs noch einem Jungen aus gut bürgerlichem Elternhaus mit konservativer Weltanschauung gegenüber sah, der bekennender Karl-Schmidt-Fan war. Und dieser Karl Schmitt ist eben deswegen berühmt und berüchtigt und den interessiert auch Peter Thiel, weil der eben grundsätzlich sagt, Demokratien taugen nichts. Man braucht straffe Führung, man braucht im Grunde genommen Diktatur und Schluss mit dem Geschwätz.

Das ist jetzt eine starke Versimplifizierung von den vielen, vielen Theorien, die Karl Schmitt aufgestellt hat. Aber das ist das, was Peter Thiel an Karl Schmitt fasziniert und was er daran gut und richtig findet. Peter Thiel, als mir der Name das erste Mal untergekommen ist und das Gespräch hatte ich eben auch mit Fritz Espenlaub, der sagt, wir waren doch in Wahrheit auch alle ein bisschen fasziniert von diesem Mann.

Es gibt, man hat dem gerne zugehört. Das ist deswegen ein interessanter Typ, weil er ein Contrarian immer war. Ein Typ, der sozusagen berühmt und berüchtigt dafür war. Und der sagt, ich habe mir selber teilweise beim Reden zugehört und habe mir überlegt, was ist jetzt das genaue Gegenteil dessen, was ich gerade sage. Okay. Und der geht so, der stellt dem Gesprächspartner die Frage, sag mir eine Wahrheit, an die du glaubst, aber wo nur wenige andere mit dir übereinstimmen würden.

Wo traust du dich sozusagen gegen den Mainstream zu schwimmen? Wo traust du dich dagegen zu sein? Und diese Faszination, die von diesem Menschen und seiner Überzeugungskraft, das ist offenbar wirklich sehr, sehr kreativ, kluger Mann, ausgeht, die hat ja dann offenbar auch jemanden wie J.D. Vance gekriegt.

J.D. Vance hat, also Peter Thiel hat als erster kapiert, zu einem Zeitpunkt, als niemand an Trump geglaubt hat, alle haben gelacht und gesagt, das ist der Typ von The Apprentice, was will der denn jetzt? Der will jetzt Präsident werden, ha ha ha und hi hi hi. Und am Ende war es nur Peter Thiel. Der hat sofort kapiert, was das für ein Potenzial, für ein disruptives Potenzial hat. Er war der Erste, der Trump eine Million Dollar gespendet hat.

Und als er dann irgendwie gemerkt hat, da muss jetzt noch ein bisschen was kommen, da brauche ich vielleicht noch ein besseres Werkzeug, weil der Typ ist einfach zu erratisch und so weiter. Und dann gab es ja diese ganzen, du erinnerst dich, Videos, Grab them by the pussy und dieses ganze Zeug. Der ist eine lose Bordkanone. Dann gab es offenbar die Begegnung mit J.D. Vance. J.D. Vance, muss man sich mal klar machen, J.D. Vance hat Trump mit Hitler verglichen.

Er hat darüber geredet, dass Trump immer die einfachen Lösungen anbietet, dass man diesen Mann deswegen nicht ernst nehmen kann, was für ein erbärmlicher Typ da ist und wenn er wählen könnte zwischen Trump wählen und seinen Hund wählen, würde er immer seinen Hund wählen. So hat er über den geredet. Und dann haben die Demokraten ihm keine Aussicht auf eine gute Karriere gegeben. Und dann hat er das Lager gewechselt und wahrscheinlich unter sehr tätiger Mithilfe von Peter Thiel.

Richtig, der 15 Millionen Dollar für seinen Wahlkampf gespendet hat. Und ich glaube, dass Vance, Vance ist, glaube ich, Thiel viel lieber als Trump. Das glaube ich auch. Also Trump hat ja diesen Random-Faktor, der es solchen strategisch denkenden Menschen wie Thiel ausgesprochen schwer macht. Man sieht das ja auch in den Auseinandersetzungen mit Musk. Trump funktioniert ja nicht richtig. Also auf der einen Seite macht er eine

gute destruktive Arbeit. Er zerstört Stück für Stück den US-amerikanischen Staat. Aber was die konstruktive Arbeit anbelangt, ist das alles so wirr und so unberechenbar, dass ich glaube, dass der Mann auf den Thiel wirklich setzt. Solange er überhaupt noch auf jemand anders setzt als sich selbst. Vielleicht gründet er ja auch wie Musk dann irgendwie oder mit ihm eine Partei. Das könnte der nächste Schritt sein. Aber ich glaube, die ganzen Hoffnungen im Augenblick liegen auf J.D. Vance.

Ich komme nochmal zurück auf das Gespräch mit Fritz Espenlaub, der mit großer Ernsthaftigkeit immer wieder sozusagen vorgetragen hat, versteht dir eigentlich, worum es da gerade wirklich geht. Und siehst du das auch so? Esmlaup sagt, die alten Regeln, an die wir uns gewöhnt haben, dass zum Beispiel Nuklearmächte nicht einfach ihre Nachbarländer überfallen, die sind widerlegt.

Und die Amerikaner, die ziemlich gut darin sind, sich immer wieder neu zu erfinden, die hinterfragen gerade nicht nur alte Gewissheiten, sondern sie schreddern sie. Und haben wir wirklich verstanden, wie groß die Veränderung ist, vor der wir gerade stehen? Wenn ich dann jemanden wie Friedrich Merz zum Beispiel im Oval Office sehe. Ja, daran musste ich auch gerade denken. So, dann denke ich, da sitzt jemand und das ist kein Vorwurf. Ich lebe auch in dieser Welt.

Da sitzt jemand, der sagt, okay, komm, pass auf. Ich halte mich jetzt schön zurück. Das hat er clever gemacht. Hat an einer Stelle sehr klar Position bezogen. Das fand ich wirklich gut. Lass den labern. Und irgendwie, niemand sagt das so, aber in vier Jahren wird alles wieder gut. Und Espenlaub sagt, habt ihr eigentlich kapiert, dass in vier Jahren nichts gut wird? Da bin ich auf Espenlaub Seite. Ich glaube, dass das tatsächlich auch Friedrich Merzen noch nicht verstanden hat.

Weil wenn man über so viele Jahrzehnte so sozialisiert ist, dann fällt es einem unglaublich schwer, diesen Umbruch wirklich zu realisieren. Und wenn man ihn realisiert hat, und das ist der Grund, warum man das nicht tut, dann weiß man nicht mehr, was man tun soll. Guter Punkt. Also gerade diese transatlantisch geprägten Politiker bei uns, gilt auch für viele transatlantisch geprägte Journalisten und davon gibt es ja sehr viele.

Für die ist das immer noch nicht wirklich greifbar und begreifbar, dass das, was hier im Augenblick passiert in den USA, höchstwahrscheinlich für lange Zeit irreversibel ist. Dass wir nicht in den alten Zustand zurückkehren. Das ist der erste Punkt. Der zweite Punkt ist, dass wir als Deutsche und Europäer nicht einfach die Politik fortsetzen können, die die USA vor dieser Disruption gemacht haben.

Diese zweite Lektion ist noch viel schwerer zu lernen. Aber ich hoffe, dass das in den nächsten zwei, drei Jahren noch während der Amtszeit von Friedrich Merz passiert. Spannend. Ich glaube, wir werden noch viel darüber reden, weil daraus ergeben sich in der Konsequenz unendlich viele Dinge. Die Frage der Wiederbewaffnung und so weiter. Unter der Perspektive mal betrachtet, schaust du ganz anders auf dieses Thema.

Dann ist es nicht mehr plötzlich die Frage, sollten wir das, die Waffen, der Wahnsinn, die Aufrüstungsspirale. Nein, möglicherweise ist es sozusagen eine nicht verhandelbare Notwendigkeit. Ja gut, da können wir uns gerne nochmal in aller Ruhe drüber streiten. Das sollten wir auch in absehbarer Zeit tun. Der Punkt, auf den wir uns wahrscheinlich einigen können, ist, dass europäische Eigenständigkeit in mehr besteht, als nur in gemeinsamer Aufrüstung.

Auch das. Und dass es nicht die Fortsetzung der Politik vor Donald Trump mit europäischen Mitteln sein kann, das wird uns dauerhaft in der multipolaren Weltordnung nicht vernünftig positionieren, sondern dass wir eine gründliche Revision unserer Vorstellungen machen müssen im Globalen und im Internationalen. Und dass das ein schmerzhafter Prozess sein wird, der noch etwas dauert. Unruhige Zeiten, Richard, aber ich will dennoch sagen, auch spannend.

Und wie das jetzt alles wird, hängt ganz entscheidend an uns. Das haben wir glücklicherweise. Das ist die gute Nachricht, zu einem guten Teil auch selbst in der Hand. Ich danke dir ganz herzlich, Richard. Ich danke dir auch. Alles Gute. Bis bald. Tschüss, Markus. Ciao. Music.

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