AUSGABE 195 (Afrika: Der vergessene Kontinent) - podcast episode cover

AUSGABE 195 (Afrika: Der vergessene Kontinent)

May 29, 20251 hr 8 min
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Im Sudan ereignet sich gerade die größte humanitäre Katastrophe unserer Zeit. „Es macht mich fassungslos, mit welcher Gleichgültigkeit wir dem gegenüberstehen“, sagt Richard David Precht. Warum wird bei uns so wenig darüber gesprochen? Weil im Zweifel immer andere Themen wichtiger sind, als das, was in Afrika passiert? Dabei sollte es in unserem Interesse sein, uns mehr mit Afrika zu beschäftigen. Denn: „Die Welt immer afrikanischer. Schon heute kommt jedes dritte Kind in Afrika zu Welt“, wie Markus Lanz ergänzt, der gerade von seiner Senegal-Reise zurück gekehrt ist. Er fragt sich, welche Folgen der Kolonialismus noch immer für den Kontinent hat und warum wir Afrika nicht mehr als Chance für uns selbst begreifen.

Transcript

Music. Schönen guten Morgen, Richard. Guten Morgen, Markus. Wo erreiche ich dich, Richard? Zu Hause am bewährten Ort. In der schönen Keminate. In der schönen neuen Keminate. Ja, so ist es. Gegenstand vieler Vermutungen, Spekulationen und auch Anregungen, wie ich immer wieder mitkriege. Klingt ein bisschen nasal heute. Woran liegt es? Du, ich glaube, es war ein bisschen anstrengend in den letzten Wochen.

Ich habe mir eine Erkältung eingefangen oder irgendeine Bazille, von der ich nicht genau weiß und auch nicht wissen will, wer sie ist. Ich weiß nur, dass sie jetzt bei mir wohnt. Du hast ja die nicht in Hamburg eingefangen, sondern bei deiner Afrika-Reise? Ja, tatsächlich, ja. Ich glaube, es hat was damit zu tun. Wir waren ja im Senegal unterwegs und ich weiß ja von dir, das weiß ich mittlerweile aus vielen Gesprächen, die wir geführt haben, du bist fasziniert von Afrika.

Und ich wollte mal versuchen, mit dir ein paar Afrika-Klischees und Bilder, die wir so im Kopf haben, Zerrbilder häufig, falsche Vorstellungen, die geprägt sind von wirklich altem Denken über Bord zu werfen. Und in der Beschäftigung damit stelle ich immer wieder fest, dass Afrika ein unglaublich spannender Kontinent ist. Das nur sozusagen als sachdienlicher Hinweis vorweg. Man erfährt unglaublich

vieles Interessantes, auch über unsere eigene Geschichte. wenn man sich ein bisschen mit Afrika auseinandersetzt. Und es ist überhaupt nicht das Thema, von dem ich früher immer dachte, Afrika so weit weg interessiert irgendwie keinen Menschen. Tatsächlich passiert es in Afrika gerade und vieles unserer eigenen Zukunft hängt unmittelbar mit dem afrikanischen Kontinent zusammen. Siehst du auch so? Das sehe ich ganz, ganz genau so wie du.

Wir waren im Senegal unterwegs. Du weißt ja, wir dringarten und arbeiten an einer Reportage zum Thema Migration. Der erste Teil hat uns vor ein paar Wochen schon nach Syrien geführt. Und ich bin gerade wieder ganz tief drin in dieser Welt, weil ich, ehrlich gesagt, bis tief in der Nacht im Moment vor dem Rechner sitze und Fotos bearbeite, die ich dort gemacht habe.

Und ich bin, wie soll man sagen, ein bisschen angefasst von dem, was du in diesen Gesichtern siehst, sowohl in Syrien als auch im Senegal, wo wir vor zwei Wochen, zweieinhalb Wochen unterwegs waren. Du siehst den Schmerz der Leute und du siehst, was die Umstände mit den Leuten machen. Du kannst das alles in diesen Gesichtern lesen. Das hat mich letzte Nacht irgendwie wahnsinnig gepackt. Und insbesondere was Afrika angeht, man fährt nach Afrika, man fährt nach Senegal.

Ich war in jüngeren Jahren sehr viel in Afrika unterwegs, insbesondere in Äthiopien. Und ich dachte, ich kenne so den Großteil, aber ich muss sagen, das erwischt dich immer wieder wie so ein Faustschlag. Das haut dich einfach um in so einem Moloch. Anders kann man es nicht sagen, wie Dakar beispielsweise landest. Wie viele Einwohner hat Dakar? Ja, das ist gar nicht so groß. Wenn du den Kern sozusagen nimmst, aber wenn du die ganzen Viertel drumherum, das Einzugsgebiet...

Das sind die Städte, die nicht aufhören. Und wo auch keiner mehr zählt. Ja, ganz genau. Wo man gar nicht so genau weiß, wie viele Menschen da leben, weil hinreichend Menschen nirgendwo registriert sind. Exakt, das ist der Punkt. Und du hast dann irgendwann schnell sechs, sieben Millionen und gibt ja in Afrika mehrere dieser Megacities. Drei mittlerweile, ich glaube Kinshasa, Lagos, Kairo und so weiter sind alles Städte mit über 15 Millionen. Ja, genau, also zweistellig Millionen.

Und in den nächsten Jahren werden noch sehr viele weitere dazukommen. Über Demografie müssen wir heute auch unbedingt mal ein Wort verlieren. Aber der Grund, der uns nach Senegal geführt hat, war, da leben ungefähr 18 Millionen Menschen in Senegal, mehr oder weniger. Und Senegal gilt eigentlich als eine der vorbildlichsten Demokratien in Afrika, ein Hort der Stabilität. Es ist auch interessant, wie die Leute das dort erklären, dazu gleich mehr.

Aber trotzdem versuchen immer mehr Senegalesen ihren Traum zu verwirklichen und nach Europa zu kommen. In der ersten Hälfte des letzten Jahres haben es, glaube ich, knapp 30.000 senegalesische Migranten auf die Kanaren geschafft. Aber ungefähr 5.000, und das sind nur Schätzungen, sind im gleichen Zeitraum im Atlantik ertrunken. Das ist die gefährlichste Migrationsroute der Welt. und ich sage deswegen 5000 mit einem Fragezeichen dahinter, weil ich vor Ort das erste Mal

die Dimension dieser Geschichte begriffen habe. Wir kriegen natürlich die mit, die ankommen. Es sind tausend Kilometer, es ist wahnsinnig gefährlich, aber wir kriegen nicht mit, wie viele scheitern. Du triffst an bestimmten Strandabschnitten in Senegal und zwar im Einzugsgebiet von Dakar, aber auch beispielsweise in St. Louis. Das ist eine kleine Küstenstadt, französisch geprägt, ganz nah an der Grenze zu Marietanien.

Das ist ein Faszinierender. Wo die Boote starten. Genau, wo viele der Boote ablegen. Das ist im äußersten Norden an der Grenze zu Mauritanien, ehemalige Kolonialhauptstadt. Die Franzosen waren da bis 1960. Die Spuren sind nicht zu übersehen. Viele Straßen sind nach berühmten Franzosen benannt. Es gibt sehr viele hübsch verschnörkelte Gebäude, die aber so für sich hin bröckeln. Das erinnert dich wahnsinnig an Havanna.

Ich weiß nicht, ob du mal Havanna warst. Ich war in Havanna allerdings zu einem Zeitpunkt, als diese Gebäude alle von der UNESCO saniert waren. Aber das muss in Havanna vor 20 Jahren so gewesen sein. New Orleans ist ja auch so eine vor sich hin welkende Schnörkelstadt. Genau, es hat so etwas wahnsinnig Morbides, aber auch etwas unglaublich Schönes. Die Stadt ist komplett durch Fischerei geprägt. Du hast überall diese riesigen Netze am Strand, diese Pirogen, diese berühmten senegalesischen Boote.

Insgesamt leben, glaube ich, über eine halbe Million Senegalesen von der Fischerei. Und du siehst dort diese Stadt und du kriegst sofort mit, worum es da geht. Du spürst die Sahara, das ist sozusagen, es wird schon wahnsinnig trocken. Wenn du noch ein bisschen weiterfahren würdest über die Grenze nach Marietanien hinweg, dann hättest du sofort riesige Kamelkarawanen da, die es da gibt. Und Senegal ist deswegen so wichtig für Afrika.

Und das ist spannend, weil es dort etwas gibt, was du sonst in Afrika überall noch deutlich dominierend hast und was auch zu unglaublich vielen Konflikten führt, unter anderem deswegen, weil wir dort, um es mal deutlich zu sagen, so viel Mist gebaut haben wie Europäer. Senegal ist eines der wenigen afrikanischen Länder, so hat es mir unser Producer da vor Ort erzählt, Kollege, Journalistenkollege, dass sich selbst wirklich als Nation versteht.

Er sagt, dort ist Stammesdenken zu Ende und das zeigt auch einen Blick in die Geschichte. Der erste Präsident nach der Unabhängigkeit war ein Christ, obwohl 90 Prozent des Landes, so haben wir das da auch gesehen, muslimisch sind. Das heißt, die Muslime haben einen Christen ins Amt gewählt. Und das ist einer der Gründe, warum in Senegal beispielsweise die Islamisten, die drumherum immer mehr Einfluss gewinnen. Ich habe ihn danach gefragt.

Er sagte, wie gefährlich ist das? Dann sagt er, ja, die gibt es da auch. Die drängen rein aus Mali, aus Marotanien, aus anderen Ländern. Aber er sagt, ein Muslim in Senegal würde niemals einen Christen bedrohen, weil er im Zweifel sein Cousin ist. Also die sind alle miteinander in irgendeiner Beziehung. Und deswegen ist das dort eine andere Situation. Der seltene Fall, dass das halbwegs klappt. Genau, genau, genau. Genau.

Und anders, wenn du dir sozusagen Senegal als Hort der Stabilität jetzt vorstellst, vielleicht nicht nach unseren Maßstäben, aber so hat er sich ausgedrückt, nach afrikanischen Maßstäben, dann reicht ein Blick sozusagen in die Länder drumherum, um zu verstehen, was in Afrika eigentlich gerade los ist. Ja, Guinea-Bissau beispielsweise. Sollten Wahlen stattfinden, dann sagt der Präsident, ja, machen wir aber einfach nicht.

Es gibt eine unglaubliche Korruption, es gibt eine schmale Elite, die das ganze Land plündert, die dicke Karren fährt, die dicke Häuser besitzen. Der Großteil der Menschen lebt aber in bitterer Armut. Viele müssen mit weniger als zwei Dollar am Tag zurechtkommen. Das ist die Definition von absoluter Armut. Das heißt, wenn Menschen im Senegal arm sind und die sind arm, dann sind sie in Guinea bitterarm. Das ist eines der Länder, das auf der Liste der korruptesten Länder ganz weit vorne steht.

Ich glaube, da gibt es noch ein paar andere afrikanische Länder, die da ganz gut im Rennen sind. Die Zentralafrikanische Republik ist auch ganz grandios diesmal süglich. Also ich glaube, da funktioniert überhaupt gar nichts. Richtig. Was ich nicht wusste, ist, dass Guinea-Bissau offenbar einer der wichtigsten Drogenumschlagplätze in Afrika ist. Das passt ja gut zusammen. Ja, ein großer Teil der Drogen, die aus Südamerika kommen, werden über Guinea bis Sao weiter nach Europa geleitet.

Und das hat damit zu tun, dass die Geografie den Schmugglern und diesen Drogenkartellen unglaublich entgegenkommt. Es gibt da vor der Küste ganz viele kleine Inseln, zum Teil unbewohnt. Und da kannst du natürlich ganz unbemerkt Landebahnen bauen, die du dann wieder unter irgendwelchen Planen versteckst und so weiter. Und viele Dinge tun, die keiner sehen soll.

Und ja, ähnlich hast du es in der Côte d'Ivoire, also Elfenbeinküste, ein Begriff, der im Landesinneren, glaube ich, verboten ist, weil er zu sehr an die Kolonialzeit erinnert. Auch da ein Großteil des Landes muslimisch. Das ist wiederum ein Land und das ist eben das andere Gesicht von Afrika, über das wir in Europa, finde ich, viel zu wenig reden. Das ist ein Land, das gerade eine ziemliche Erfolgsgeschichte erlebt.

Die Leute haben Geld verdient, haben begonnen, ihre Kinder ins Ausland zu schicken, an guten Unis studieren zu lassen und haben jetzt angefangen, dieses System sozusagen so umzubauen. Dass diese jungen Leute, die in den 70er, 80er Jahren im Ausland studiert haben, die haben heute das Sagen. Also es gibt da diese Erfolgsgeschichten. Und dann hast du sowas wie Mali gerade eben erwähnt, wo heute radikale Islamisten so leichtes Spiel haben.

Nicht deswegen, weil die Leute selbst so radikal wären, sondern schlicht und ergreifend deswegen, so erklären die das Afrikaner, weil diese korrupten Regime und Regierungen dermaßen viel Mist gebaut haben. Dass man im Grunde nicht mehr damit zurechtkommt. Und die Demografie ist dort auch ein Faktor. Insofern, also anders als bei uns, die wir so alt werden, gibt es dort unglaublich viele junge Leute.

Und da gibt es immer öfter Konflikte zwischen sozusagen den Nomaden, die früher einfach als Nomaden noch gelebt haben, und Leuten, die als Sesshafte in den Städten leben, weil die Klimaveränderung sie immer öfter zwingt, in Regionen zu ziehen, wo schon Leute sind. Und das sind alles diese Dinge, die da jetzt so vonstatten gehen. Klimaveränderungen, beschreiben Sie die auch? Das ist übrigens interessant, was du sagst. Wenn du mal guckst, wo sind diese ganzen fürchterlichen Konflikte in Afrika?

Dann hast du ganz viele unmittelbar unterhalb der Sahara. Richtig. Zum Beispiel, denk mal an den Darfur-Krieg mit schätzungsweise über einer halben Million Toten, wo sie sich wechselseitig abgeschlachtet haben, damals auch im Sudan. Dann sind das oft die Regionen, die früher noch halbwegs gut bewohnbar waren und die infolge des Klimawandels so unfruchtbar geworden sind, dass die Menschen in ihren angestammten Regionen nicht mehr leben können.

Und in dem Moment hast du dieses, die müssen also woanders hin ausweichen, natürlich woanders, wo es auch nicht genug gibt. Also die semi-ariden Gebiete, also die Gebiete halbwüsten unterhalb der Sahara sind diese, Mali gehört ja auch dazu, sind die absolut gefährlichen Regionen, das sind die Pulverfässer und natürlich auch da haben dann Radikalinskis jeder Couleur, meistens sind es Islamisten, auch entsprechend leichtes Spiel.

Und wir brauchen nicht lange darüber zu reden, dass die Afrikaner selber den Klimawandel nicht verschuldet haben. Das ist richtig. Und einfach nur mal so die Symptome. Dakar hatte so um das Jahr 2005 herum das erste Mal Überschwemmungen. Und seitdem immer wieder. So sind flutartige Regenfälle, die es da vorher so nicht gegeben hat. Man sieht das auch in St. Louis, in dieser Stadt, die so an Venedig erinnert, über die wir gerade gesprochen haben.

Da gibt es mehrere Inseln, auf denen diese Stadt gebaut ist. Und die mittlere davon, auf der die Stadt hauptsächlich steht, wird immer kleiner. Da müssen Leute wegziehen. Das sind direkte Folgen klimatischer Veränderungen. Und deswegen versuchen es eben viele Senegalesen raus aus dem Land. Es gibt ein ganzes System von Schleusern und Schleppern. Wir haben mit mehreren von denen auch gesprochen. Und der Tenor ist immer der gleiche. Wir waren Fischer, wir haben davon gelebt.

Dann haben wir komische Abkommen mit der EU und anderen geschlossen. Oder sogar illegale Flotten, die da auftauchen. Chinesische, japanische, spanische, italienische. Also wir fangen ihnen die Fische weg. Wir fangen ihnen die Fische weg. Wir ändern ihr Klima und wir nehmen ihnen die Nahrungsressourcen. So, und deswegen haben viele sozusagen, um es jetzt mal zynisch zu sagen, umgeschult von Fischer. Ja, du hast das Boot, hast du ohnehin.

Und wenn die Lebensgrundlage nicht mehr gesichert ist, dann sagst du, okay, dann mache ich es jetzt eben anders. Und viele Senegalesen versuchen es nicht nur über den Atlantik und die Kanaren, wusste ich auch nicht, sondern über Marokko und in die USA. Denn Senegalesen brauchen zum Beispiel für Marokko kein Visum, fliegen also dann dorthin. Dann geht es weiter nach Bogotá, Kolumbien und fangen dort dann weiter über Nicaragua ins gelobte Land nach Amerika.

Das kostet irre viel Geld, 12.500 bis 15.000 Dollar. Sie machen es trotzdem. Aber erklär mir nochmal ein bisschen die Hintergründe. Du hast am Anfang ja gesagt, dass Senegal zu den politischen Musterländern in Afrika gehört. Ja, also unter Anführungszeichen. Naja gut, alles relativ. Aber wesentlich besser als das Gro der meisten anderen Länder. Und dass es auch ein Land ist, in dem man nicht sagen kann, dass es nicht irgendwie auch wirtschaftlich voranginge.

Im Gegensatz etwa zu Mali oder Sudan und so weiter. Ja, was ist das Motiv? Also wenn die Menschen in dieser großen Zahl fliehen und du hast von schätzungsweise 5000 Toten gesprochen, die in den Fluchen des Atlantiks ertrunken sind innerhalb eines einzigen Jahres und möglicherweise sind es noch viel mehr. Warum riskieren die Menschen ihr Leben? Sind die im Senegal vom Hungertod bedroht oder wie muss ich mir das erklären? Das ist sehr interessant, wenn du nach der Motivation fragst.

Die ist eigentlich total simpel. Das ist schlicht die Hoffnung auf ein besseres Leben. Also Bremer Stadtmusik. Wenn du so willst. Ja, nach dem Motto, man sagt, ich habe nichts zu verlieren. Also wo auch immer ich hinkomme, es kann nicht so schlimm sein, wie da, wo ich herkomme. Genau. Und es ist tatsächlich so, im Senegal hat sich da ein ganzes System etabliert. Das erzählen die dir dann auch unter der Hand und so weiter. Du verstehst dann plötzlich, wie das Ding läuft.

Da gibt es den einen, der es dann wirklich macht, den Kapitän. Die kennen sich aus mit Navigation. Wir machen uns ja überhaupt keine Vorstellung, wie sowas vonstatten geht. Es gibt eine ganz kurzfristige Ansage und dann geht es raus auf diese Boote. Heute ist das Wetter ruhig, jetzt geht es los. Früher haben im Monat ein bis zwei Boote abgelegt. Heute legen ein bis zwei Boote im Grunde jede Woche ab.

Und dann geht man da raus und navigiert irgendwie auf die Kanarischen Inseln, dann habe ich gefragt was ist denn, wenn der sich verfährt wenn der sich plötzlich nicht mehr orientieren kann dann sagte der ja das kommt natürlich immer wieder vor, Und dann sind die einfach weg. Und was mich, es gibt zwei Dinge, die mich wirklich umgehauen haben. Die Dimension der ganzen Geschichte. Deswegen sagte ich vorhin, wir kriegen nur die Zahlen derer mit,

die es dann tatsächlich schaffen. Die irgendwie auf die Kanaren und dann weiter aufs spanische Festland kommen. Aber wir wissen nicht, erstens, wie viele wirklich ertrinken. Wir haben nur eine vage, vage Vorstellung, Schätzungen davon. Ich glaube, dass es viel, viel mehr sein müssen. Weil du, wenn du anfängst, dich mal umzuhören, wirst du, also du hast Mühe, den einen jungen Menschen, und meistens sind es junge Männer,

zu treffen, der dir sagt, ich habe es noch nicht versucht. Du wirst Mühe haben, den zu finden. Du hast in aller Regel junge Männer, die sagen, klar, ich habe es probiert. Ich habe es einmal probiert, ich habe es zweimal probiert, ich habe es dreimal probiert. Das heißt, wir haben gar keine Idee davon, wie viele von ihnen es wirklich schon versucht haben, es aber nicht geschafft haben. Weil der Motor kaputt geht und so weiter.

So und jetzt ist es ja so, dass die europäischen Länder oder die USA, wo ja auch eben viele hinwollen, dass sie diese Menschen ja nicht haben wollen. So und jetzt denke ich an die Regierungserklärung von Friedrich Merz, der gesagt hat, wir werden auch die Zusammenarbeit mit unseren südlichen Nachbarn in Afrika voranbringen. Diese Nachbarschaft müssen wir aktiv gestalten. Das gilt für die Wirtschaftspolitik.

Es gilt auch bei der Kontrolle von Migration und der Bewahrung von Frieden und Sicherheit. Wie möchte Friedrich Merz das ändern? Du stellst eine rhetorische Frage, die in Wahrheit wahrscheinlich noch nicht mal Friedrich Merz wirklich beantworten kann. Aber wenn man sowas sagt, wir wollen Kontrolle von Migration. Wie ist das jetzt im Ernst gemeint? Also was interessant ist, Richard, es gibt auch dort vor Ort, die Leute haben, jeder erzählt dir irgendeine Horrorgeschichte.

Es gibt dort Berichte von Leuten, die rausfahren auf diesen Booten. Und selbst auf diesen wackeligen Holzbooten gibt es sozusagen eine Zweiklassengesellschaft. Das heißt, die, die oben sitzen dürfen und die einfach frische Luft atmen können und irgendwie hoffen, dass sie über den Atlantik kommen, diese tausend Kilometer, das dauert acht Tage in aller Regel. Das sind die, wenn du so willst, noch der privilegiertere Teil. Dann gibt es welche, die sind sozusagen in einer zweiten Stufe.

In diesem schmalen Rumpf dieser Boote, kauern die da drunter. Da hast du Abgase, da hast du Dämpfe, da hast du Reste von Sprit und so weiter. Das verätzt dir die Füße. Die machen dann manchmal irgendwann diese Planken auf und dann holen sie die Toten da drunter raus. Solche Dramen spielen sich da ab. Dann frage ich den Skipper und sage, ich habe gehört von Berichten, Und wonach Frauen, die sich auf diese Boote wagen, dass die auf der Überfahrt vergewaltigt werden.

Guckt er mich so an und sagt, das hätte er auch gehört. Sag ich, ob er denn davon wüsste. Dann sagt er so zu mir, ja senegalesische Männer machen sowas nicht. Mit anderen Worten, andere machen es schon. Und er nimmt sozusagen seine eigene Bevölkerung da an dem Punkt in Schutz. Ich habe gelernt, das findet dort statt. Und dann gibt es nochmal eine Hierarchie. Es ist ein Unterschied, ob du ein armer Senegalese bist, der es auf diese Boote versucht, dann zahlst du zwischen 5 und 700 Dollar.

Wenn du am Strand überall bist, es ist verirre, das zu sehen, du wunderst dich in diesem ganzen Schmutz, da ist eine... Also du als jemand, dem Umweltschutz am Herzen liegt und selbst wenn du jemand bist, dem Umweltschutz wirklich komplett wurscht ist, du siehst diese Strände. Ich habe noch nie, das ist auch in Fotos dokumentiert, noch nie in meinem Leben solche unvorstellbaren Müllberge gesehen wie dort.

Der gesamte Strand. Und im 30-Sekunden-Takt siehst du meistens Frauen, weil die die Hausarbeiter erledigen, an den Strand kommen mit schweren Eimern auf dem Kopf und dann bumm, die ganze Ladung einfach entweder direkt ins Wasser oder an den Strand. Müll, Fäkalien, alles, was du dir vorstellen kannst. Und ich denke, Mann, Entwicklungshilfe ist an dem Punkt schlicht und ergreifend einfach mal sicherzustellen, dass es so etwas wie eine Kanalisation gibt.

Dass es ein Bewusstsein dann auch für Umweltverschmutzung gibt. Das ist giftig. Dass es eine Alternative gibt, wo die Menschen ihren Müll entsorgen können. Ja, das ist der Punkt. Die machen das ja nicht, weil sie das so machen wollen, sondern weil es schlicht und ergreifend keine funktionierende Logistik gibt. Da merkst du, was es bedeutet, wenn ein Staat schwach ist und nicht funktioniert. Und du siehst diese Strände auch in St. Louis zum Beispiel.

Da stehen dann diese Fischer im Wasser. und sie stehen, du kannst eigentlich manchmal gar nicht so genau sagen, wo beginnt eigentlich das Wasser und wo endet der Müll. Stehen da in dieser Kloake, das kannst du dir nicht vorstellen und du überlegst, was könnte man daraus machen, wenn es ein bisschen Infrastruktur gäbe, weil natürlich ist das touristisch unglaublich reizvoll, natürlich könnte man da mit Touristen Geld verdienen und wunderschöne Sandstrände da auch in Dakar beispielsweise.

Kilometerlang weißer Sand, wunderschön und du siehst diese Müllberge und denkst um Himmels Willen und dann dazwischen immer, völlig bizarres Bild, diese weißen Schafe. Und dann siehst du Kinder, die anfangen, diese Schafe zu waschen mit Seife und allem Möglichen und die wehren sich dann und so weiter. Und ich habe jetzt gar nicht verstanden, was das soll. Dann hast du diese Tiere überall am Strand, blitzblank geputzte Schafe.

Das passt überhaupt nicht zum Rest des Bildes. Überall dieser Müll und dieser Dreck Und dann aber diese blitzblank geputzten Schafe. Und es sind Schafe, die deswegen so gepflegt und geputzt und auch gemästet werden, weil sie die Bezahlung für die Schlepper sind. Also offiziell hat das was mit Islam zu tun, hat das was mit Riten zu tun, Opfer, Schafe und so weiter. Aber die Wahrheit dahinter ist, häufig werden die sozusagen als Zahlenmittel benutzt.

Du kriegst immer ein kleines Lamm und das päppelst du dann hoch, bis es ein wunderschönes, weißes, großes Schaf ist. Und so bezahlst du dann diese Schlepper. Und wenn du jetzt ein armer Senegalese bist, zahlst du zwischen 500 und 700 Dollar. Wenn du ein richtig armer Mensch aus Guinea-Bissau oder Zentralafrikanische Republik beispielsweise bist, zahlst du noch sehr viel mehr.

Da gibt es eine ganze Logistik, die Leute sind untergebracht irgendwo in irgendwelchen Zimmern, Gebäuden, die man natürlich nicht zu Gesicht bekommt und warten dann dort auf den Moment, bis es sozusagen losgeht. Und es gibt viele, auch vor Ort, Leute, die es entweder schon versucht haben, die selber fast ums Leben gekommen wären.

Kinder, die ihren Vätern sagen, tu es nicht, Politiker, auch der neue Präsident, der eine große Hoffnung ist für viele Senegalesen, die sagen, lass das, steigt nicht mehr in diese Boote. Die versuchen, die afrikanische Jugend davon abzuhalten, in diese Boote zu steigen, aber es gelingt fast nicht. Deswegen, wenn du mich fragst nach der Motivation, das ist sehr vielschichtig und wenn Leute hierzulande sagen, das sind nicht alles Menschen, die vor Tod und Verderben flüchten, dann haben sie recht.

Das ist so. Und die nicht alle politisch verfolgt sind. Richtig, genau. Also wir müssen da sozusagen auch da ein realistischeres Bild der ganzen Situation kriegen.

Aber wir sind uns einig, dass das, was fehlt, dass die Menschen im Senegal eine Zukunft haben, dass das im Vergleich zu dem, was wir, Entschuldigung, dass ich das jetzt sagen muss, aber das ist natürlich der Gedanke, den ich die ganze Zeit im Hinterkopf habe, ein Land, das, Tausend Milliarden für Aufrüstung ausgeben kann, bräuchte nur einen winzigen Bruchteil davon, um die Fluchtursachen im Senegal zu bekämpfen.

Dafür zu sorgen, dass es eine Kanalisation gibt, eine Müllverbrennungsanlage, den Menschen hilft, dass es da ausreichend Jobs gibt, zu investieren, zu machen, die Küste entsprechend zu säubern, dass man sie auch touristisch nutzen kann und und und. Das kostet ja alles ganz, ganz wenig im Vergleich zu dem, was uns andere Dinge wert sind. Du kennst meine Überzeugung zu dem Thema und ich muss das hier einfach loswerden.

Ja, das ist absolut wahr und ich glaube, es hat auch eben viel mit Demografie zu tun. Also wenn man sich mal anschaut in Afrika, Afrika ist ein Teil der Welt, wo die Zeichen wirklich auf Wandel stehen. Die Welt wird afrikanischer und zwar in einem rasenden Tempo. Also in Teilen Europas, im Alten Westen sozusagen, in vielen Weltregionen nimmt die Bevölkerung ja ab. In Afrika wächst sie. Schon heute kommen glaube ich 30 Prozent, das muss man überlegen,

jedes dritte Kind auf der Welt kommt in Afrika zur Welt. Also die Kurve hat sich ja ein bisschen abgeflacht, aber man muss ja überlegen, von wo sie ausgeht. Richtig. Also die ganz, ganz große Bevölkerungsexplosion hat ja schon in den letzten Jahrzehnten stattgefunden. Und selbst wenn die Kurve abflacht, bedeutet es ja immer noch, dass sehr, sehr viele Kinder geboren werden. Also in Ruanda denkt man darüber nach, eine Drei-Kind-Regelung einzuführen.

Ja, ja. Also das kann in dem, als jeder Probleme kriegt, wenn er mehr als drei Kinder kriegt. Mir fiel das auf, als ich vor zehn Jahren in Tansania war. Mein Bild von Tansania war geprägt von den Büchern von Bernhard Schimmek. Ich gehöre dieser Generation an, der ein Afrika-Bild quasi mit Schimmeks Reisen nach Afrika und seiner Beschreibung der Tierwelt angefangen haben. Und Schimmek hatte ein Haus in Arusha.

Ich fand diesen Namen schon so schön, Arusha, und wusste eigentlich auch immer nicht, wo das ist, und irgendwie noch so in der Nähe von Kilimandscharo. Arusha hatte zu Schimmeks Zeiten 30.000 Einwohner. Vielen Dank. Und als ich vor zehn Jahren nach Arusha kam, hatte es eine halbe Million Einwohner. Und das ist repräsentativ, wie sich seitdem die Bevölkerungszahl in Tansania entwickelt hat. Ja, absolut. Also aus Dörfern sind riesige Städte geworden inzwischen.

Und dieses Wachsen geht natürlich immer weiter. Ja, also ich bin auch so wie du da immer vorsichtig mit so Projektionen, weil viele davon ja auch nicht eingetreten sind. Also wenn man sagt, in 2100 wird dann die Bevölkerung in Afrika weit über zwei Milliarden sein und so weiter, da bin ich immer vorsichtig. Aber die nähere Zukunft, die kann man natürlich schon vorausschauen und berechnen.

Und wenn du dir überlegst, 2050, das ist nicht mehr weit, da werden 40 Prozent aller Kinder, also fast jedes zweite Kind, wird in Afrika auf die Welt kommen. Da wird die afrikanische Bevölkerung in 20 Jahren schon, wird fünfmal größer sein als die in Europa. Und im Jahre 2001... Ja gut, das ist ehrlich gesagt im Verglichen mit der Größe des Kontinents ja immer noch wenig. Auch das ist richtig. Also wenn du dir mal überlegst, wie groß der Kontinent

ist. Der ist ja größer als Europa, China und Indien zusammen. Und wenn du dann die Einwohnerzahlen miteinander vergleichst, dann ist jetzt Afrika wahrlich kein überbevölkerter Kontinent, sondern die holen eher quasi das auf, was wir in den letzten 100 Jahren an Bevölkerungsentwicklung gehabt haben. Ja, es ist wahr. Du kommst aus diesem überalternden Europa und dann siehst du plötzlich nur noch Kinder. Und du schaust auf so einen Dorfplatz und denkst, okay, jetzt habe ich sie alle

gesehen. Und dann kommen da nochmal zehn und da nochmal fünf. Und du siehst diesen Kindern auch an, wie sie teilweise an Unterernährung leiden. Ja, das versteht man alles. Du verstehst auch, dass diese Kinder eine Perspektive brauchen. Und das war das Zweite, was ich dir vorhin sagen wollte, womit ich nicht gerechnet habe, ist diese Entschlossenheit, die dir entgegenkommt.

Unglaubliche Entschlossenheit. Also fast schon an der Grenze zur Aufforderung, jetzt lasst uns nach Europa kommen, wir verlangen das von euch. Das steht uns sozusagen zu. Das ist das Gefühl. Ich habe das völlig unterschätzt. Mir war nicht klar, wie viel Wut da im Bauch ist. Mir war auch nicht klar, welche unselige Rolle Frankreich da beispielsweise spielt. Das ist eine unglaubliche Wut auf die Franzosen. Das ist aber jetzt typisch für Senegal. Ja, für Westafrika insgesamt, würde ich sagen.

Genau, also ich meine, Deutschland war ja auch eine Kolonialmacht, die also in den heutigen Ländern sehr unterschiedlich gesehen wird. Namibia verlangt bis heute den zugesagten, aber nie geflossenen Betrag für den Völkermord an den Hereros. Und da wird mit Deutschland auch ganz heftig diskutiert, weil man da immer wieder hingehalten und vertröstet wird und so.

Und weil, was wir immer nicht begreifen ist, der Herero-Aufstand und die brutale Herrschaft in Deutsch-Südwest, wie es damals hieß, wo die in die Kalari getrieben wurden und auf den grausigsten Kolonialverbrechen von Deutschen begangen wurden, ist in der Geschichte Namibias enorm lebendig. Und in der deutschen Geschichte spielt es keine Rolle, weil der Holocaust die zentrale Rolle der deutschen Schuld übernommen hat.

Und im Vergleich dazu, die Verbrechen an den Hereros eben auch schon viel zu lange her sind und viel zu weit weg waren. Und es ist das Interessante, wie lange es braucht, über 100 Jahre, bis wir uns dieser Geschichte stellen, die wir eigentlich immer marginalisiert haben. A, weil sie in Afrika war und B, weil danach ganz andere furchtbare Dinge passiert sind, sodass wir die also dachten, getrost vergessen zu können.

Aber ganz anders ist es zum Beispiel in Tansania, ja auch ehemaliges deutsches Kolonialgebiet, da haben die Deutschen ein wunderbares Image. Deutschland ist von allen Geberländern, die Entwicklungshilfe leisten, das Land, das am meisten Medikamente gibt. In Tansania zur Verfügung stellt. Das ist etwas, was sehr viele Menschen in Tansania mit Deutschen in Verbindung bringen, ist medizinische Hilfe.

Es ist ein großer Unterschied von Land zu Land, wie das Verhältnis zu den ehemaligen Kolonialmächten ist. Und ich glaube, gerade in den Ländern, wo Frankreich war, also wie im Senegal, da ist die Wut auf die Kolonialherren, weil die Kolonialzeit auch noch nicht so lange vorbei ist, glaube ich, besonders heftig. Wenn man in die deutsche Kolonialgeschichte reinschaut, und wir haben ja schon ein paar Mal darüber geredet, Auch im Nahen Osten das Gleiche.

Unendlich viele dieser Konflikte, die du dort gerade siehst, haben schlicht und ergreifend mit unserer Kolonialvergangenheit zu tun. Und in den deutschen Köpfen ist immer so dieses Gefühl, wenigstens sind wir bei der Kolonialgeschichte so ein bisschen raus. Das waren die Briten, das waren die Franzosen, das waren die Belgier. Aber wir waren es eigentlich nicht.

So nach dem Motto, wir sind der erste Jahr spät sozusagen eingestiegen und dann auch relativ früh wieder raus in dieses ganze perverse Geschäft. Ja, weil wir den Ersten Weltkrieg verloren haben. Richtig. Dadurch haben wir die Kolonien verloren. Sonst hätten wir die noch bis in die 60er Jahre bewahrt, wie die anderen Länder wahrscheinlich auch. Das ist das eine. Und was ich auch nicht wusste, ist, Deutschland war so im 1900 herum flächenmäßig die drittgrößte Kolonialmacht.

Ja, Namibia ist ein sehr, sehr großes Land, deutlich größer als Deutschland und die Gebiete insgesamt in Ostafrika waren auch riesig, wobei also das sozusagen das Eigenartige der deutschen Kolonialgeschichte ist und das unterscheidet sich von der Kolonialgeschichte der Franzosen bei den Engländern zum Teil. Weil es war ja nicht der Staat, es war ja nicht das deutsche Kaiserreich, das jetzt Truppen geschickt hat, um in Ostafrika oder in Deutsch-Südwestafrika oder in Westafrika Gebiete zu erobern.

Sondern das Ganze ging ja von Hasardeuren aus, von Warlords, deutschen Warlords. Ursprünglich mal Kaufleute. Großkaufmann Lüderitz oder Karl Peters in Ostafrika, die mit einer Handvoll Leuten auf eigene Faust als Abenteurer dahin gingen und dachten, das, was Cecil Rhodes da macht in Südafrika, das kann man doch auch. Die Stämme können sich nicht wehren, die unterschätzen uns. Also ähnlich, wie es im Wilden Westen gewesen ist.

Und wie spielen wir dann noch gegeneinander aus? Und innerhalb kürzester Zeit Gebiete eroberten, die größer waren als Deutschland, quasi als Privatkolonien. Irre, ne? Und weil die, die nicht halten konnten und die auch nicht ausbeuten konnten, wurde quasi die Frage an das Deutsche Kaiserreich gestellt nach dem Motto, wollt ihr die Kolonien überleben? Und Bismarck wollte nicht. Weil Wismarck meinte, A-Kolonien kosten viel mehr Geld und Ärger, als sie Nutzen bringen.

Und zweitens wollte er sich nämlich den Engländern anlegen, die sich inzwischen überall ausgebreitet hatten. Und dann mehr so Nolenz, Wohlenz, weil es da nicht anders ging und weil diese Gebiete eben schon deutsch besetzt wurden, kam Deutschland zu seinen Kolonien in Afrika. Und hat sie dann aber sehr geliebt, der Kolonialwarenladen. Ein Begriff, den es ja lange gegeben hat, wo man süße Sachen kriegte, Kakao und Kaffee. Also die Wurzeln großer deutscher Firmen, die wir heute alle kennen, EDEKA.

Ich wusste das gar nicht. Also EDEKA ist in Wahrheit die Abkürzung von EDK. Also das E steht für Einkaufsgenossenschaft, das D der und K für Kolonialwarenhändler. Das war eine Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler, E.D.K. Daraus wurde dann Edeka und jeder kennt in Köln das Schokoladenmuseum. Da duftet es nach Kakao und Kindheit und da geht man gerne hin mit seinen Kindern, Schulklassen. Alle gehen in diesen Bau am Rhein in dieses Schokoladenmuseum und da riecht

es so verführerisch und wunderschön. Aber woher der Rohstoff kam, diese wirklich bittere, blutige Geschichte, das erfährst du. Was die Firma Stolberg da so gemacht hat. So, zum Beispiel. Also dann riecht der süße Duft von Kakao nicht mehr allzu süß, wenn man sich überlegt, unter welchen Bedingungen. Ja, aber da reden wir nicht groß drüber. Nö, wird da nicht so riesig dokumentiert. Gibt es jetzt keinen großen Ausstellungsraum im Schokoladenmuseum zu den Kolonialverbrechen.

Und das Interessante ist ja, sie halten letztlich bis heute an. Nicht der Deutschen jetzt in diesem Fall im Sinne von, dass der deutsche Staat oder so sich da versündigt hat. Aber ich meine, unter welchen Bedingungen wird denn in Ghana heute Kakao geerntet? Ja, ja. Also, dass Kinder viel zu schwere Lasten tragen, dass sie quasi wie Halbsklaven gehalten werden. Dass die Familien da Kinder weggeben in ihrer Not, die dann ausgebeutet werden.

Wenn man sich das anschaut, erinnert das absolut an Sklaverei. Es gibt unheimlich viele Kinder, die massive körperliche Schäden erleiden wegen dieser schweren Gewichte, die sie da stemmen müssen. Also das ist alles gruselig und es ist nicht Geschichte. Ja, das gibt es immer noch. Du sagst Ghana, ich könnte sagen Elfenbeinküste, also die Liste ist lang. Jugendliche, die bis heute ohne Schutzausrüstung Pestizide aufbringen oder versprühen müssen, diese schweren Säcke schleppen und so weiter.

Und ich sag mal, auch wenn du sagst, eine Firma wie Stollwerk, die ja, ich glaube in den 90ern haben wir dieses Schokoladenmuseum dort errichtet. Die haben 1897 die Beteiligung an Plantagen in Kamerun erworben, damals eine deutsche Kolonie. Und in der Kaiserzeit hat man mit Slogans geworben, deutsche Kolonialschokolade hergestellt unter ausschließlicher Verwendung von Kakaobohnen deutscher Kolonien.

Aus deutschen Kolonien, als wäre das ein Gütesiegel. So, und keiner hat aber erfahren, dass in Kamerun zu der Zeit einheimische und insbesondere Kinder bis zur totalen Erschöpfung geschuftet haben. Und wenn sie sich gewehrt haben und sie erschossen und die Dörfer in Brand gesteckt und so weiter.

Das ist sozusagen Teil dieser Geschichte. Und deswegen hast du recht, auch schon die letzten Bundesregierungen, auch die große Koalition unter Merkel, die Ampel unter Scholz und so weiter, die haben alle in ihren Koalitionsverträgen, deswegen kommt dann dieser Sound auch so bekannt vor, der jetzt auch wieder angeschlagen wird. Wir kümmern uns um dieses Thema, wir nehmen uns das des Themas mal an. Aber bis heute ist im Grunde ganz, ganz wenig passiert.

Und es sind ja schon viele dran verzweifelt. Also man muss mal überlegen, es gab ja auch wirklich deutsche Politiker, die sich wirklich für Afrika eingesetzt haben, ohne Doppelmoral, sondern wirklich aus tiefer Überzeugung versucht haben, vieles gut zu machen. Und zwar nicht nur in unserem eigenen Interesse, was jetzt immer größere Rolle spielt, geostrategisches Interesse.

Wenn Merz von der Bewahrung von Frieden und Sicherheit spricht, dann meint er ja wohl nicht Frieden und Sicherheit in Afrika, sondern er meint die deutschen Frieden und Sicherheit und dass man deswegen in Afrika aktiv werden müsste. Das muss man klar dazu sagen. Und ich meine, Horst Köhler hat sich wirklich sehr für Afrika eingesetzt. Das Gleiche gilt für Gerd Müller als Entwicklungshilfeminister. Und letztlich sind die nie richtig ernst genommen worden.

Wenn man mal vergleicht, was alles wichtigere Themen waren, dann ist Afrika immer das, was am Ende übrig geblieben ist. Ja, weil du von Lüderitz sagtest, das war, glaube ich, ein Bremer Tabak-Händler. Und Wörmann, das war ein Hamburger Kaufmann. Die haben da diese Fakten einfach geschaffen. Und im Grunde einer der Tiefpunkte war glaube ich 1884 sowas, diese sogenannte Kongo-Konferenz, wo man dann sozusagen beschlossen hat, die Aufteilung Afrikas jetzt mal wirklich voranzutragen.

Und der Rest wird brüderlich geteilt. Richtig. Was irre ist, es hat dann zu einem Wettlauf geführt. Also als wäre das unbewohntes Gebiet und würde niemanden gehören. Da hätte kein Mensch Rücksicht drauf genommen. Und dann kommt dasselbe. Dann werden die Grenzen festgelegt nach den Interessen der Kolonialmächte. Wir haben über das Sykes-Picot-Abkommen gesprochen im Zusammenhang mit Syrien und Irak und so weiter. Also künstliche Grenzen, die da gezogen wurden.

Das ist ein Abkommen, das die Franzosen und die Engländer miteinander geschlossen haben, wie sie sich den Nahen Osten aufteilen und dadurch künstliche Staaten geschaffen haben und zum Teil Staatlichkeit in Gebieten eingeführt haben. Siehe Irak, die vorher von nomadischen Völkern besiedelt waren und damit eine Million Probleme geschaffen.

Sowohl, dass jetzt Leute zwangsvergesellschaftet wurden, die vorher nichts miteinander zu tun haben, wie den Zwang zur Staatlichkeit, der gegen die ganze alte Tradition sprach, mit all den Rivalitäten und so weiter. Und diese falschen Grenzen, ganz Afrika besteht aus solchen Grenzen. Quatschgrenzen. Also wo zum Teil nomadische Völker, großes Problem im Sudan, großes Problem in Uganda.

Nomadische Völker, die eher aus diesen südlichen Sahara-Gebieten kommen, in einem Staat mit afrikanischen Königreichen, die in fruchtbaren Gegenden von Landwirtschaft gelebt haben. Und die kommen jetzt zusammen in Einland. Und dann, wenn man Glück hat, sind es zwei oder drei Ethnien. In manchen Ländern wie in Südafrika oder Nigeria sind es 30, 40, 50 verschiedene Ethnien mit verschiedenen Sprachen.

Viele Länder, die nie etwas miteinander zu tun hatten und die jetzt quasi in dieses staatliche Korsett gezwängt werden mit künstlichen Grenzen, über die sie nicht mehr rüber durften als Nomadenvölker. Abgeschnitten zum Teil von Wasserversorgungen und also man kann sich das gar nicht vorstellen, was für ein Unheil da angerichtet wurde. Ich sage immer, wir müssen uns vorstellen, die Afrikaner wären nach Europa gekommen und hätten hier nach eigenen Interessen mal die Grenzen festgelegt.

Zu was das geführt hätte. Das führt zu 100 Jahre Chaos und Bürgerkrieg. Und dieses Erbe ist bis heute präsent. Also viele afrikanische Länder, die meisten sind ja dann in den 60er Jahren oder so selbstständig geworden. Aber sie hatten alle Voraussetzungen, um als Staatlichkeit zu funktionieren, eben nicht. Allein Senegal zum Beispiel, mitten in Senegal gibt es einen Fluss, den Gambia River. Und an diesem Fluss entlang, mehr ist es eigentlich nicht, gibt es ein Land

mit einer eigenen Hauptstadt, Banjul. Das ist Gambia. Das ist ein Land, da reden alle Englisch rundherum. Im Senegal reden alle Französisch. Und ich war mehrfach in Gambia oder Begambia, wie sie es offiziell nennen. Erdnuss, ich glaube ein bisschen Kakao auch und so weiter. Das ist ein Land, wunderschön, landschaftlich so richtig schönes Afrika, so dieses bunte Afrika, das man so mag, wenn man das einmal mal gesehen hat.

Auch irgendwie idyllisch schön zum Teil, weil dieser Gambia River da durch dieses Land fließt. Aber als Land natürlich absolut nicht existenzfähig. Es macht überhaupt keinen Sinn, da eine eigene kleine Volkswirtschaft zu haben. Das ist das kleinste Land in Afrika, mitten in Senegal. Irgendjemand hat auf der Reise mir den schönen Satz zugerufen. Weißt du, Gambia ist im Grunde sowas wie der Stinkefinger im Po von Senegal.

Und das haben sich die Briten sozusagen gehalten, weil sie den Fluss brauchten, um Sklaven raus zu transportieren. Diese Absurdität hast du dort im Grunde bis heute. Dieses Land, es wäre viel besser, wenn Gambia sich mit Senegal vereinigen würde. Man würde zusammen eine größere Volkswirtschaft auf die Beine stellen. Man hätte einen einheitlichen Zahlungsverkehr, eine einheitliche Sprache und so weiter.

Gibt es alles nicht, funktioniert alles nicht, macht es wahnsinnig schwer für die Leute und weil wir vorhin über diese Konferenz gesprochen haben, wusste das nicht, also du hast 1884 glaube ich, diese Konferenz, wo festgelegt wird, alles bleibt wie es ist und den Rest holen wir uns jetzt und teilen uns den dann irgendwie auf. Was zu einem irren Wettlauf bis zum Ersten Weltkrieg führt, an dessen Ende ganz Afrika in der Hand von europäischen Kolonialmächten ist, mit der Ausnahme von Äthiopien.

Sind ja auch total stolz darauf, wenn du nach Äthiopien reist. Das ist etwas vom Ersten, was du hörst, dass die Äthiopier, die immer sagen, wir waren nie unter irgendeiner kolonialen Zwangs. Ja, aber das hat dazu geführt, dass die Italiener, die das Gefühl hatten, ein bisschen arg leer ausgegangen zu sein, dann dauerhaft über Jahrzehnte die Hand nach Äthiopien ausgestreckt haben, das damalige Abyssinien.

Genau. Und da dann anschließend noch in Zeiten von Mussolini und so weiter fürchterliches Unheil angerichtet haben, mit dem Versuch Äthiopien zur Kolonie zu machen. Also nicht so, als ob die Europäer es nicht ewig noch versucht hätten. Ne, das ist interessant, wenn du nach Äthiopien auch reist, bis heute hast du dort so italienische Wörter, die sich halten, zum Beispiel Machina. Ja, Automotor. Ja, genau, die Karre. Das ist ein, wenn du in Äthiopien Makina sagst, weiß jeder sofort,

was gemeint ist. Das ist ein Wort, das du sonst nur in Italien hörst. Richtig interessant, auch so alte Fiat, die du da siehst und so weiter. Und weil wir über sozusagen Seiten von Afrika sprechen, Richard, die man sonst nicht so kennt. Mein Bild, ich weiß noch, als ich das erste Mal nach Äthiopien gereist bin, mein Bild war komplett geprägt von Karl-Heinz Böhm. Mein Bild von Afrika war geprägt, und das ist, glaube ich, bei vielen bis heute so, Armut, Hungersnot, Dürre.

Afrika ist immer nur Katastrophe. Und ich weiß noch, wie überrascht ich war, als ich das erste Mal durch das Hochland von Äthiopien gereist bin. Das erste, was ich dachte, warte mal, hier ist ja so grün. Wie kann das eigentlich sein? Weil es passte nicht zu den Bildern, die ich von Afrika so im Kopf hatte. Mein Bild von Afrika war komplett geprägt von Karl-Heinz Böhm. Für die Jüngeren, ja, nur kleiner Hinweis. Es gab mal eine Sendung mit dem schönen

Namen Wetten, dass? Auch ich hatte damit mal was zu tun. Es war eine unglaublich erfolgreiche Spielersendung, die sich Frank Elstner, schöne Grüße an der Stelle, mal ausgedacht hatte. Millionen von Zuschauern und alle saßen da und haben Wetten, das geguckt, wenn das im Fernsehen lief. Und da saß damals Karl-Heinz Böhm, berühmter Schauspieler, kennt man aus den Sissi-Filmen und so weiter. Kaiser Franz.

Der hat der Franz, der gesagt hat, wenn ich meine Wette verliere, dann gehe ich nach Afrika und werde dort etwas aufbauen. Und er hat es dann tatsächlich gemacht, hat eine Stiftung gegründet, eine Stiftung, die später in einem wirklichen, ja anders kann man es nicht sagen, gab es auch die Berichterstattung dazu, Sumpf aus Korruption und Skandal zu versinken drohte. Aber er war ein sehr aufrichtiger Mensch, so habe ich das damals wahrgenommen, ich habe den auch mal kennengelernt.

Dort auch getroffen und hatte das Gefühl, da meinte es einer ernst. Der hat sein Leben wirklich dieser verlorenen Wette, wenn du so willst, diesem tiefen Gefühl der Verpflichtung und Humanität sozusagen gewidmet bis zu seinem Ende. Und die Bilder, die dann aber entstanden sind und die auch bei uns im Einstehen.

Ich spreche keiner Caritas, keiner NGO, nicht der Deutschen Welt Hungerhilfe, niemandem ab, dass sie nicht wirklich aufrichtig versuchen, auch der UNICEF, dem Kinderhilfswerk und so weiter, gute Dinge zu tun.

Aber die Bilder sozusagen, die du einsetzt, auch im Marketing, das ist hartes Marketing, das muss man einfach mal sagen, um Spenden zu generieren, sind natürlich keine schönen Afrika-Bilder, sondern dann zeigst du das halb verhungerte Kind und so weiter, dass es ja dort auch leider bis heute eine riesige Zahl gibt.

Aber es gibt eben auch afrikanische Erfolgsgeschichten und es gibt Es gibt sogar Dinge, die wir so überhaupt nicht mit Afrika in Verbindung bringen, weil wir denken, nee, Afrika ist Rückschritt, Afrika ist sozusagen letztes Jahrhundert. Im Gegenteil, schau einmal nach Kenia und jetzt mal weg von dem Aspekt Armut. Es gibt Erfolgsgeschichten, zum Beispiel, würdest du über Afrika nie denken,

E-Mobilität. Ja, das waren die berühmten Schlagzeilen, dass die Umstellung auf die E-Mobilität in Kenia ganz anders vorangetrieben wird als in der restlichen Welt. Äthiopien hat 2024 ein Importverbot für Verbrennerautos beschlossen. Das hat damit zu tun, dass sie sich irgendwann, ich glaube, 7 Milliarden Dollar haben die jedes Jahr ausgegeben, um fossile Brennstoffe einzuführen.

Äthiopien ist ein sehr armes Land. Das wollten und konnten die sich nicht mehr leisten und haben gesagt, pass auf, vorbei. Ab sofort gibt es hier kein Benzin mehr, Verbrenner raus. In Äthiopien. Es gibt in Kenia Unternehmen, die bieten die Umrüstung von Verbrennern zu Elektroautos an. Es gibt Unternehmen auch aus Kenia, die produzieren eigene E-Motorräder, die produzieren Elektrobusse. Es gibt dort so ein E-Moped. Air heißt das. Das kostet glaube ich so um die 2000 Dollar herum.

Lässt sich so in der Steckdose laden und so weiter. Und ich habe vor einiger Zeit im Handelsblatt darüber gelesen, die schrieben, Afrikas Elektromobilitätsrevolution ist zumindest in einigen Ländern in vollem Gang, weil Kenia hat halt all das, was man dafür braucht. Viel Sonne, eine wachsende Unternehmerkultur und den Willen, sich technologisch zu emanzipieren.

Das ist interessant und deswegen denke ich immer, warum schauen wir immer auf Afrika mit diesem Blick, der so voller Mitleid ist und nach dem Motto, euch Armen müssen wir jetzt mal helfen. Ich glaube, dass dieser ruandische Student, den ich immer mal gesprochen habe, der sagte, weißt du, ihr kommt immer mit eurer Beziehung. Paternalistischen Haltungen, streichelt uns über den Kopf und gibt uns drei Bonbons und fünf Kugelschreiber und glaubt, dann habt ihr uns geholfen.

Was ich von euch brauche, ist günstige Energie und einen günstigen Kredit und eine echte Chance.

Das ist das Einzige, was ich von euch möchte. Und ein einseitiges Freihandelsabkommen, was die Afrikaner ja auch immer fordern, dass sie ihre Waren zollfrei nach Deutschland bringen können, damit sie eine Chance haben, sie überhaupt hierhin abzusetzen und es nicht sein kann, dass sie ihre eigenen Produkte nicht herstellen können, weil wir mit unserer günstigen Fertigung die Produkte da zollfrei hinbringen, wogegen wir auf der anderen Seite dann Zölle erheben auf alles, was auf Afrika kommt.

Also da gibt es eine ganze Menge zu tun. Und ehrlich gesagt würde uns das alles so viel gar nicht kosten. Das wäre ganz minimal, was uns das am Ende kosten würde. Und wir sind aber immer noch nicht bereit, das zu tun. Also wenn vier von zehn Menschen auf der Welt demnächst in Afrika leben. Dann sollten wir doch als Politik ein ganz ureigenes Interesse daran haben, um mit diesen Menschen irgendwie ins Gespräch und auch ins Geschäft zu kommen.

Aber was tatsächlich passiert ist, ich meine, Afrika ist ein gigantischer Rohstofflager, für so viele Rohstoffe, die wir in der Zukunft brauchen. Und sehr viel von dem, was wir so nennen, ja, wir müssen uns mehr für Afrika interessieren und so weiter, da ist ja immer dasselbe gemeint. Ja, wir möchten die afrikanischen Rohstoffe haben und wir möchten nicht, dass sie in die Hände der anderen fallen.

Also das spielt sich ja tatsächlich im Hintergrund ab. Wir haben ja ein sehr starkes, eigennütziges Interesse. Nur, dass wir bei den allermeisten dieser Dinge inzwischen zu spät kommen, weil wir das lange unterschätzt haben und eben bekanntermaßen andere sehr, sehr viel schneller waren, allen voran die Chinesen. Ja, genau. Und weißt du, was ich nicht verstehe, Richard? Ich kenne zum Beispiel die Arbeit der Deutschen Welthungerhilfe aus Bonn. Die kenne ich ziemlich gut.

Die Arbeit der UNICEF und so weiter. Und ich bin zutiefst davon überzeugt, dass viele von diesen großen Organisationen, die machen wirklich gute Arbeit. Man kann die kritisieren, man kann sagen, ihr habt viel zu viel Geld, dass in die Verwaltung geht und ihr unterstützt zum Teil auch unsinnige Projekte und so weiter.

Aber, ich habe es in Äthiopien gesehen, wenn du, Wenn du sicherstellen willst, dass die Brunnen, die gebaut werden, nicht nur in der ersten Woche und im ersten Monat und im ersten Jahr funktionieren und danach nicht irgendwie versandet und mit einer gebrochenen Schraube nicht mehr funktionieren, irgendwie vor sich hin rotten. Dann brauchst du diese großen Organisationen.

Und die haben das Know-how, die haben die Power, einen einfachen, funktionierenden und überall nach den gleichen Standards funktionierenden Brunnen hinzustellen, ein ganzes System. Das heißt, es gibt dann auch die Maintenance, es gibt die Ersatzteile, die man braucht und so weiter, die wissen, wie das funktioniert.

Und dann siehst du, wie die Deutsche Welt Hungerhilfe längst einen ganz anderen Ansatz von Entwicklungshilfe, also nicht irgendwie Kugelschreiber verteilen, sondern will ich hingehen, den Leuten Know-how zu vermitteln im Bereich Landwirtschaft und so weiter. Das ist alles gut und das ist alles sehr löblich. Was ich gleichzeitig nicht verstehe ist, und das spielt auch in der deutschen, in der europäischen Öffentlichkeit keine Rolle. Wir haben gerade aktuell in

Afrika einen Krieg. Musst du mal die Dimension klar machen. Das ist Sudan. Das ist die größte Kriegskatastrophe im Gang, die die moderne Menschheit gerade kennt. Von 45 Millionen Einwohnern im Sudan sind 30 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Es drohen Millionen, Millionen Menschen aufgrund des Krieges da zwischen Regierungstruppen und den Rebellen an Hunger zu sterben. Vier Millionen sind mittlerweile ins Ausland geflüchtet. Aber wohin denn?

Auch nicht da, wo sie willkommen sind oder wo fruchtbare Äcker auf sie warten. Was sich da gerade vor unseren Augen ereignet, ist eine gigantische Katastrophe. Bei uns wird das gelegentlich mal erwähnt. Aber es spielt in unseren Nachrichten eine völlig untergeordnete Rolle. Und vor allen Dingen, es spielt keine Rolle in unserer Politik.

Denn es ist ja nicht nur so, wie man auf den ersten Moment, ja okay, beide sind irgendwie islamistisch und sowohl die Regierungstruppen auf der einen Seite wie die Rebellen und dann schlagen die sich halt gegenseitig da unten die Köpfe ein und so weiter. Nein, es ist doch nicht so, als ob nicht viele, viele Länder da mitmischen würden. Es ist ja, irgendwo müssen doch die ganzen Waffen zum Beispiel herkommen. Wer finanziert das Ganze? Auf der einen Seite Russland.

Russland unterstützt beide Seiten mit Waffen und wird dafür mit Gold bezahlt, was es für seinen Angriffskrieg in die Ukraine bestens gebrauchen kann, um überall in der Welt damit anzukaufen. Aber der allergrößte Übeltäter sind die Vereinigten Arabischen Emirate. Die beliefern übrigens auch beide Seiten. Aber sie sind in allererster Linie verbandelt mit den Rebellen, mit den sogenannten Rapid Support Forces.

Es hört sich sehr interessant an, wie so eine Spezialeinheit der englischen Armee oder der Amerikaner, RSF. Ja und das ist also eine Rebellenorganisation, die ab das Grausigste eine Terrorherrschaft im Süden und im Westen des Sudan errichtet und gegen die Regierungstruppen dort kämpft. Und das ist ja wie im 30-jährigen Krieg. Der Krieg ernährt den Krieg. Das heißt, du musst um deine Armee und deine Rebellentruppen zu machen, Dörfer plündern, du musst den Soldaten was bieten.

Dazu gehört leider auch das Vergewaltigen von Frauen oder von Kindern. Also grauenhafte Dinge, die sich da abspielen. Und Europa guckt weg. Ja, was wir machen könnten wäre, also wenn die Vereinigten Arabischen Emirate nicht mehr weiter die RSF unterstützen würden, würde die RSF in kürzester Zeit zusammenbrechen und der Bürger- oder Krieg, Rebellenkrieg wäre beendet. Warum? Europa ist eine Wirtschaftsmacht. Und wir sind sehr eng verbandelt mit den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Nicht nur, dass die hinter Asien in London stehen und so weiter. Wir könnten einen solchen Druck machen. Wir könnten sie einerseits ächten im Hinblick auf ihr Fußballengagement. Wir könnten auf der anderen Seite wirklich ganz starken Druck machen. Das machen wir nicht, weil die europäischen Regierungen sich sagen, insbesondere auch die Deutsche, naja, wegen Sudan verderben wir doch nicht unsere guten Beziehungen zu den Emiraten.

Hier ist plötzlich von einer wertegeleiteten Außenpolitik, von Humanität und so weiter, überhaupt nicht die Rede. Wir sind froh, als die Regierung, wenn darüber nicht geredet wird. Und ich bin sehr gespannt, ob Herr Wadephul, der sich auch daran wird messen lassen, einen entscheidenden Beitrag macht, diesen Krieg zu beenden. Und ich kann dir sagen, es ist hundertmal leichter, Den schlimmsten Krieg, den es im Augenblick gibt, nämlich den Krieg im Sudan zu beenden, als den Ukraine-Krieg.

Und ich würde mich sehr, sehr, sehr freuen, wenn da endlich mal Druck auf die Vereinigten Arabischen Emirate gemacht würden, dieses unendliche Massaker. Ich sage nochmal, 30 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen und... Sie ist nicht mehr da. Seit der große Donald Trump USAID in die Tonne geklopft hat, ist die humanitäre Hilfe in dieser Region mitten in der schlimmsten Eskalation auch noch um 83 Prozent zurückgegangen.

Was da jetzt droht, innerhalb was den nächsten Monaten passiert, das ist so eine unvorstellbare Katastrophe. Schlimmer als all das, was den Tigray-Krieg, den wir da erlebt haben in Äthiopien, die Darfur-Katastrophe. Das wird hier alles toppen und wir tun nichts. Entschuldigung, dass ich so emotional werde, aber ich stehe fassungslos davor, mit welcher Gleichgültigkeit wir dem gegenüberstehen.

Und wenn wir, letzter Satz noch, und wenn wir sagen, wir waren in der Vergangenheit kolonialistisch und das waren wir nun wirklich. Wir haben die Menschen in Afrika als Menschen zweiter Klasse gesehen, wenn wir sie überhaupt als Menschen gesehen haben. Und wir haben das auch so gesagt und wir haben sie mit allen möglichen Begriffen belegt und so weiter, die diffamierend waren. Und wir achten heute ganz, ganz genau darauf, dass solche Begriffe nicht mehr

benutzt werden. Aber in der praktischen Politik im Umgang mit diesen Ländern scheinen wir doch immer noch zu denken, das ist in Afrika, das ist was anderes, als wenn es in Europa ist oder im Nahen Osten. Ja und das wundert einen so, wo wir doch sonst so unglaublich sensibel und sensitiv mittlerweile unterwegs sind. Richtig. Und so wahnsinnig, ja wie soll man sagen, dieser Gestus von Humanität und politischer

Korrektheit und so weiter. Das spielt eine ganz große Rolle in unserer Kultur, aber an unseren Taten müssen wir uns messen lassen. Und wenn wir dann bei so einer humanitären Katastrophe diesen Ausmaßes, die wir verhindern können, nichts tun, machen wir uns schuldig. Ich habe oft das Gefühl, es hat, also mein Glaube an die Menschheit, ich weiß nicht, wie es dir geht, Richard, mein Glaube an die Menschheit ist ungebrochen. Ich halte die Menschen für viel besser, als wir sie gelegentlich machen.

Ich habe oft das Gefühl, wir wissen es einfach nicht besser, wir kennen Zusammenhänge nicht, wir erklären es auch nicht. Es ist auch ganz einfach, wenn eine Nachrichtensendung über den Sudan im Fernsehen lauwarme Einschaltquoten erzielt, dann gibt es eben keine zweite Nachrichtensendung mehr über den Sudan. In dem Moment, wo sich Menschen dafür interessieren, das hat auch was, so ehrlich muss man sein, in gewisser Weise mit Marktprinzipien zu tun, Angebot und Nachfrage.

Wenn es großes Interesse gibt, dann schaut man sich das an. Warum hören wir so viel über den Wahnsinn, der sich gerade in Amerika abspielt? Weil es Zuschauer interessiert, weil es Radiohörer interessiert, weil es Zeitungsleser interessiert. Aber auf der anderen Seite die größeren Zusammenhänge im Sport, wenn du dir überlegst. Die Spieler von Arsenal und auch von Real Madrid laufen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten auf dem T-Shirt auf. Das finden wir offenbar alles ganz okay.

Könnte man mit Hilfe von Sanktionen einiges gegen tun. Über diese Vereine Es sind die Vereinigten Arabischen Emirate sehr verwundbar, weil sie natürlich ihre positive Werbefläche sind. Richtig. Und da werden sie auch mit Sicherheit sehr, sehr sensibel darauf reagieren.

Wenn wir, ich meine UEFA ist eine semi-kriminelle Vereinigung, Entschuldigung, wenn ich das so sage, aber ich meine, wenn das eine vernünftige Organisation wäre, dann könnte man auch hier sagen, mit was für einem Trikotsponsor läuft der rum, wisst ihr eigentlich, was da hier eigentlich passiert und so weiter und Druck auszuüben. Das alles würde die Emirate sehr empfindlich treffen. Man kann eine Menge tun. Das Entscheidende ist, und das ist der Punkt, den ich nicht verstehe.

Ich meine, in Europa gibt es Regierungen, die bei den Wörtern Flucht und Migration mittlerweile geradezu in Panik geraten. Wirklich in Panik. Warum zum Teufel nimmt man dann die größte Flüchtlingskrise der Welt nicht einfach mal ernst? Wenn du beschreibst, wie viele Leute im Sudan gerade auf der Flucht sind. Wir stellen noch nicht einmal die Mittel bereit. Es könnte ja ein Argument sein zu sagen, naja gut. Und das ist auch einer der Gründe, warum wir medial nicht richtig was davon

erfahren. Es ist wahnsinnig schwer, gerade ins Land zu kommen. Es ist schwer, sozusagen sichere Quellen zu finden. Es ist schwer, gesicherte Informationen zu kriegen und so weiter. Die wenigsten Journalisten trauen sich dahin. Wir sprechen ja zwischen von einer Mediendunkelheit. Deswegen haben wir auch ganz, ganz viele Bilder nicht, die man bräuchte, um die Menschen entsprechend zu emotionalisieren.

Aber ich bin da gar nicht so skeptisch. Wenn man diesen Konflikt wirklich mal gut erklären würde und wirklich tief erklären würde und natürlich die entsprechenden Bilder und so weiter dazu hätte, könnte man eine Menge auslösen. Ja, mein Punkt war ein anderer, Richard.

Ich sage mal zugestanden, dass es schwer ist zu sagen, wir geben jetzt Milliarden in den Sudan rein, weil du musst davon ausgehen, dass diese Warlords einen großen Teil davon wieder abzwacken, dass sie die Helfer behindern, dass sie dafür sorgen, dass man jetzt gar nicht rankommt an die Leute, dass sie sich selbst bereichern und am Ende wieder weitere Waffen kaufen. Alles geschenkt. Verstehe ich, kann ich bis zu einem bestimmten Punkt nachvollziehen.

Es gibt Hilfsorganisationen, die dort aktiv sind, die dort Krankenhäuser betreiben, wo das Geld direkt an die Hilfsorganisationen geht und die da unmittelbar den Menschen helfen und sie versorgen. Also es ist nicht so, als ob, wenn man das richtig angeht mit der Entwicklungshilfe, dass das dann alles gleich versickert oder an Warlords geht, sondern es gibt die Möglichkeiten zur Hilfe. Ich weiß das sehr genau, weil ich da eng mit zu tun habe.

Und ich kann nur sagen, diese Hilfe gibt es, aber sie leiden darunter, dass sie viel, viel zu wenig Geld haben und dass sie völlig überfordert sind mit dem Ausmaß der Katastrophe. Das Argument nochmal gemacht, Richard. Ich verstehe das bis zu einem bestimmten Punkt. Man kann so auch argumentieren und ich weiß, dass es einfach jetzt an einem Mikrofon zu sitzen und darüber zu reden und zu wehklagen, es dann tatsächlich

in der Realität umzusetzen ist ungleichs schwerer. Aber was ich nicht verstehe ist, Aber wenigstens in den Nachbarländern, da wo ein guter Teil der Menschen noch hinflüchtet, wo diese grauenvollen Flüchtlingslager entstehen.

Dito in Syrien, ich habe die selber gesehen, die armen Syrer, die geflüchtet sind in den Libanon zum Beispiel, die bis heute vor sich hin vegetieren an irgendwelchen vierspurigen Straßen in so grauenvollen Flüchtlingscamps, wo du mir denkst, denkt doch mal darüber nach, das hier aufzulösen und deutlich besser zu machen, weil das ist in eurem eigenen Interesse. Das ist nicht nur Empathie und Almosen und altruistisch, sondern das ist in unserem ureigenen Interesse.

Aus solchen Lagern kann nichts Gutes herauskommen. Kinder, die nicht beschult werden, Kinder, die nicht wirklich erzogen werden können, Kinder, denen man keine Perspektive gibt. Was soll aus denen werden? Und die machen sich dann irgendwann auf den Weg und setzen sich in diese grauenvollen Boote und irgendwann stehen sie, wenn es gut läuft, vor unserer Tür.

Wenn sie nicht vorher im Mittelmeer oder anderswo ertrinken und dann sagen wir, Mensch, aber das sind ja jetzt keine Fachkräfte, Überraschung, woher sollen die auch kommen? Und dass wir dazu nicht in der Lage sind, dass wir da wegschauen, das wäre echte Fluchtursachenbekämpfung jetzt im Sudan beispielsweise, wäre in unserem ganz eigenen Interesse. Das sage ich ja schon seit langer Zeit.

Und eine Partei wie die AfD, die immerhin 20 Prozent der Wählerstimmen bei uns hat und die ganz lange Politik immer damit gemacht hat, sagen hier Migration und wir werden überfremdet und es kommen zu viele und auch zu viele aus Afrika. Aber diese muss doch, wie stellt die sich denn vor, wie dies in Zukunft weitergehen soll, wenn wir nicht Fluchtursachen bekämpfen?

Und Fluchtursachen beginnen nicht in dem Moment, wo die Logistik anfängt, sondern beginnt in den Motiven, warum die Menschen das Land verlassen. Also in unserem allereigensten Interesse haben wir ein Interesse daran, dass es den Ländern in Afrika und zwar möglichst vielen von denen halbwegs, viel mehr ist ja erstmal nicht zu erreichen, gut geht.

Jeder muss doch einsehen, ganz pragmatisch, völlig jenseits von Weltanschauung, dass es unfassbar wichtig ist für Deutschland, für Europa, auch im eigenen Interesse, in Afrika das Maximale zu tun. Dann kommt dann immer das Argument, ja, aber bei uns gibt es doch auch Elend und Armut und so weiter. Also dann wird das eine mit dem anderen verrechnet, ohne zu begreifen, um was es hier eigentlich geht.

Es geht auch darum, Völkerwanderungen zu verhindern, die ein Ausmaß haben werden, die alles überbieten, was es bisher an Völkerwanderungen auf diesem Planeten gegeben hat.

Ja, mein Punkt ist immer schlicht und ergreifend, eine Million Dollar im Libanon in einem solchen Flüchtlingslager eingesetzt sind viel, viel wertvoller als eine Million Dollar oder Euro in Europa oder in Amerika eingesetzt, weil du einfach mit einer Million auch im Sudan oder in angrenzenden Ländern so viel mehr erreichst, als du in Europa erreichst, wo es ganz andere Standards sind, über die du sprichst, wo du einfach unendlich viel mehr Geld in die Hand nehmen musst.

Und deswegen ist das so unser eigenes Interesse. Und du kannst dir nicht vorstellen, Richard, dieses Thema Fischereiabkommen. Ihr fischt uns den Atlantik leer. Es gibt kein Gespräch, das du beispielsweise mit Fischern im Senegal führst, wo das nicht kommt. Es gibt kein einziges Gespräch, wo das nicht kommt. Und das ist auch so eine gefährliche Ignoranz. Wir sagen, na gut, die Leute sind arm, die haben keine vernünftigen Medien,

die wissen nicht ganz, was so läuft und so weiter. Das ist der große Irrtum an der Stelle. Jeder hat ein mobiles Endgerät in der Hand. Das sind günstige Mobiltelefone. Afrika ist, was sozusagen Mobilfunknetze angeht, viel weiter als wir es teilweise sind, was Bezahlungsverkehr und so weiter, also Digitalisierung angeht, schlicht aus der Not heraus.

Es wäre gar nicht möglich, in der Zeit, Diesen gigantischen Distanzen, über die du da redest, überall perfekte Leitungen und so weiter hinzulegen, das kannst du mit Mobilfunk, mit digitaler Technik so viel besser sicherstellen als anders. Und deswegen wissen die Leute, worüber wir reden, die wissen, wie unsere Welt ist, die sehen Auswanderer nach Europa, die dann zurückkommen und dort in den Dörfern neue Häuser bauen.

Und so entstehen diese Träume auch zum Teil, die sagen, okay, das will ich auch. Und wenn man sie davon abhalten will, irgendwann zu sagen, okay, ich will das jetzt auch und dafür nehme ich auch alles in Kauf und es ist mir scheißegal, ob euch das passt oder nicht, wir werden kommen. Auch der Satz, ihr könnt Türen zumachen, wie viel ihr wollt, wir machen dann halt eine andere auf. Diesen Satz habe ich mehr als einmal dort gehört.

Und wenn wir nicht dahin kommen, den Leuten eine faire Chance zu geben, ich sage mal, Stichwort Kakao, haben wir vorhin auch darüber gesprochen, vieles andere. Die Wertschöpfung dann dort wirklich im Land zu lassen und nicht die Rohstoffe rauszuholen und das eigentliche Geld dann ganz woanders zu verdienen. All diese Dinge, das ist Entwicklungshilfe, das ist strukturelle Art und das ist eigentlich das, was die Afrikaner von uns wollen.

Also ich hoffe, dass möglichst viele hören, was wir gesagt haben und dass wir ein ganz kleines bisschen dazu beitragen können, die Menschen dafür zu sensibilisieren, was da Gruseliges im Sudan passiert. Und ich meine, man kann lange darüber diskutieren, wie lange eine Schuld anhält. Aber eine nie eingestandene Schuld, wie die, die wir als ehemalige Kolonialherren haben, die verjährt schon mal gar nicht. Die einzige Möglichkeit, seine Schuld abzuarbeiten, ist, indem man Gutes tut.

Und was die Schuld anbelangt, würde ich gerne noch ein Zitat dir sagen, von Desmond Tutu, was ich sehr mag. Als die ersten Missionare nach Afrika kamen, besaßen sie die Bibel und wir das Land. Sie forderten uns auf zu beten und wir schlossen die Augen. Und als wir sie wieder öffneten, war die Lage genau umgekehrt. Wir hatten die Bibel und sie das Land. Music.

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