Music. Schönen guten Morgen, Richard. Guten Morgen, Markus. Richard, wir erleben gerade, ich weiß nicht, wie es dir geht, aber das ist mein Empfinden nach dieser Woche, wir erleben gerade, wie Geschichte gemacht wird. Live, im Stundentakt, alles im Fluss, nichts mehr sicher, nichts mehr klar, was am vergangenen Freitag im Oval Office passiert ist zwischen Trump und Zelensky. Eigentlich fast schon wieder Schnee von gestern. Einstellung der OLS-Militärhilfe, die Daten, die die brauchen,
um ihre Ziele zu finden. ein Rohstoffabkommen, ja, nein, vielleicht doch. Der britische Premier, der plötzlich wieder ein wichtiger Player in der EU ist, obwohl die gar nicht mehr in der EU sind. Ja, es gab ja einen Brexit, wird zur Stimme Europas. Und in Berlin kündigt Friedrich Merz noch vor seiner Vereinigung, die, und das ist auch eine ganz interessante Frage, in dem Zusammenhang ja noch gar nicht sicher ist.
Einen Milliardenplan an, obwohl vorher derselbe Friedrich Merz eben erzählt hat, Die Schuldenbremse gehört zur DNA der CDU. Und ich erinnere mich an das Kanzlerduell, wo er sich hinstellte und sagte, wie weit wollen wir das mit diesen Schulden eigentlich noch treiben? Denken Sie an unsere Kinder und an unsere Enkel. Derselbe Friedrich Merz kündigt einen 500-Milliarden-Plan für Infrastruktur an. Und über Verteidigung reden wir auch.
Schwindelerregende Summen. Ich habe dieser Tage mit Leuten gesprochen. Man weiß gar nicht so genau, wie viel es am Ende wird. Aber es kann bis zu 1,5 Billionen, also 1.500 Milliarden hochgehen. Und ich sage mal, das bringt ein paar lustige Pointen auf die Welt. Wolfgang Kubicki meldete sich dieser Tage zu Wort und sagte, das kann ja heiter werden. Wie soll Friedrich Merz denn mit Donald Trump verhandeln, wenn er sich schon von Saskia Esken über den Tisch ziehen lässt?
Es gibt da noch einen ganz ernsten Hintergrund, über den sollten wir gleich mal reden. Aber natürlich ist es tatsächlich spannend, dass man im Grunde das jetzt noch durchboxen will, ganz schnell, kurz nach einer Bundestagswahl, aber noch ehe man wirklich im Amt ist. Das heißt, man sucht sich nach einer Bundestagswahl und obwohl man noch nicht im Amt ist, eine Mehrheit aus, die einem gefällt. In dem Fall gefällt dir der alte Bundestag besser als der neue.
Das ist Wasser auf die Mühlen aller Demokratie-Skeptiker, das unterwandert und untergräbt Glaubwürdigkeit. Und ich frage mich, wie du da drauf schaust, Richard. Ja, also wenn die Schuldenbremse zur DNA der CDU gehört, dann steht die CDU jetzt biologisch informationslos da. Das heißt, die hat keine DNA mehr. Und diese Märchen, ja, das konnte man doch nicht alles wissen, was in den letzten zehn Tagen alles passiert ist. 500 Milliarden für Infrastruktur, darüber reden wir seit etwa einem Jahr.
Wir reden von unseren maroden Autobahnbrücken, von den ganzen Straßen aus den 50ern, aus den 60ern, aus den 70ern, die saniert werden müssen, von Krankenhäusern, von Schulen und so weiter. Das ist alles längst bekannt.
Und Ökonomen haben darauf immer hingewiesen, auch Sozialdemokraten und Marcel Fratzscher, wir brauchen gigantische Infrastrukturprogramme und die CDU macht Wahlkampf so nach dem Motto nicht mit uns, wir finanzieren das aus den wirtschaftlichen Erträgen und aus dem laufenden Geschäft. Das war eine bewusste Lüge und Friedrich Merz ist unter anderem auf der Grundlage einer völlig wissenden Lüge, also nicht einer aus Versehenslüge oder hat es nicht besser gewusst Lüge, Kanzler geworden.
Gibt es häufig nach der Wahl, dass nach der Wahl da was anderes erzählt wird als vor der Wahl, aber was das Infrastrukturprogramm anbelangt, dieses Sondervermögen und diese 500 Milliarden, alles Probleme, die seit langem bekannt sind und die CDU lügt im Wahlkampf und sagt, wir behalten die Schuldenbremse bei. Das ist schon mal keine gute Hypothek, um als Kanzler zu starten. Das muss man so einfach sagen.
Er hat es gewusst und sie haben bewusst gelogen. Ich fand auch dieser Tage ein Gespräch mit Johannes Winkel, dem Vorsitzenden der Jungen Union, der das erste Mal selber im Bundestag sitzt und der dann Jurist, der ist, so nach links oben und nach rechts oben guckt, wenn man ihn danach fragt und dann wieder nach rechts oben und wieder nach links unten und überlegt, was sage ich jetzt am besten, ohne dass es mir juristisch irgendwann mal zum Problem wird.
Und sagt, nein, das ist eigentlich keine politische Lüge, weil er hat ja an keiner Stelle gesagt, dass er die Schuldenbremse unter allen Umständen einhalten will. So geht es natürlich nicht. Das ist politische Kommunikation, über die wir hier reden. Du hast einfach im Wahlkampf gesagt, das kriegen wir auch ohnehin, in dem sicheren Wissen, dass du das als erstes nach der Wahl machen musst.
Richtig. Und dann schiebst du es auf die welthistorische Situation, auf das Nachlassen der Militärunterstützung der USA für die Ukraine und so. Und ehrlich gesagt, diese 500 Milliarden, über die wir hier gerade reden, Infrastruktur hat damit überhaupt gar nichts zu tun. Überhaupt gar nichts damit zu tun. Du redest dich mit der Weltlage raus, aber es geht um was anderes. Erinnerst du dich, dass ich vor zwei Wochen im Podcast gesagt habe, wir haben ganz viele dreistellige Milliardenziele.
Das eine ist die Infrastruktur, das zweite ist die Verteidigung und das dritte ist die dauerhafte Unterstützung der Ukraine. Und alle drei gleichzeitig zu machen, da sind wir im Billionenbereich, ist etwas, was wir volkswirtschaftlich nicht werden verkraften können. Und wenn wir jetzt das Infrastrukturpaket machen, wozu dem es aus meiner Sicht auch keine Alternative gibt. Ja, ich würde nichts anderes machen. Ich meine, was willst du denn machen?
Willst du die Infrastruktur in Deutschland verfallen lassen? Willst du, dass dir wie in Italien die Autobahnbrücken einstürzen? Also das wäre ja ein Desaster, wenn man nichts machen würde. Also ich glaube tatsächlich, dass dieses hässliche Wort alternativlos hier zutrifft. Und dass du dieses Geld auch nicht aus dem laufenden Haushalt rausholen kannst. Wo soll denn das alles herkommen? 500 Milliarden. Ich glaube, in all diesen Punkten ist schnell Einigkeit zu erzielen.
Man hätte aber keinen Wahlkampf machen dürfen, bei dem man den Leuten wissentlich was Falsches erzählt hat. Genau, das ist genau der Punkt. Also über die Tatsache, dass da etwas passieren muss, sind sich eigentlich alle einig und ich finde es ehrlich gesagt auch gut.
Und ich habe dieser Tage jemanden gehört, der sagte, es ist wirklich hohe Zeit, dass das zu Ende geht, was Christian Lindner mit der FDP und insbesondere er als Finanzminister gemacht hat, nämlich dieses Land zu führen wie einen Kaninchenzüchterverein. Wir müssen es jetzt mal größer denken. Deswegen finde ich das auch völlig korrekt und völlig richtig.
Aber genau der Punkt, damit reinzugehen in den Wahlkampf und die ganze Zeit zu tun, als wären das diese ganzen linken Spinner, insbesondere die spinnerten Fantasien von irgendwelchen Grünen. Du erinnerst dich, Robert Habeck, der schlechteste Wirtschaftsminister aller Zeiten, der nur Subventionen und nur Geld raus und nur investieren möchte. Und wo soll das eigentlich alles herkommen? Und jetzt kommt endlich wieder die wirtschaftliche Vernunft und das sind wir.
Und kaum bist du gewählt, sagst du gar nicht so gemeint. Und weißt du, dass mich das alles nicht überrascht? Erinnerst du dich, dass sie vor einem Monat zu dir gesagt hat, dass Friedrich Merz der Bundeskanzler sein wird, der so ziemlich von allem, was er sagt, das Gegenteil machen wird? Ja, ich habe genau das gesagt. Friedrich Merz wird der Kanzler der größten Verschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik werden.
Und zwar nicht, weil er nicht mit Geld umgehen kann, sondern weil wir diese Verschuldung jetzt machen müssen. Und zwar, um wirtschaftlich wettbewerbsfähig für die Zukunft zu bleiben. Wir haben einen riesen Investitionsstau. Wir haben viel zu wenig in unsere Zukunft investiert. Wir müssen in die Bestandserhaltung, siehe Infrastruktur, investieren. An all diesen Sachen kommen wir überhaupt gar nicht vorbei.
Und es ist keine große Prophezeiung, dass im Hinblick auf die Ukraine und im Hinblick auf das Verhältnis zu Russland März mittelfristig, nicht jetzt so schnell wie das andere, ebenfalls umfallen wird und eine andere Politik machen als die, die jetzt ankündigt, weil der Weg, den wir jetzt eingeschlagen haben, den können wir gar nicht gehen. Es ist interessant, du sagtest vorhin gerade, Richard, Friedrich Merz ist ja jetzt Kanzler. Das Ding ist, der ist noch gar nicht Kanzler.
Und die Frage, ob er jemals zum Kanzler gewählt wird, steht ja auf einem ganz anderen Blatt. Wenn du dir das mal genau anschaust, das ist wirklich interessant und dann findet man möglicherweise auch die Antwort darauf, warum das jetzt plötzlich in dieser Dimension einfach mal so ging. Das ist ja sozusagen der zweite Teil eigentlich dieser politischen Lüge.
Aber wenn du sagen würdest, na pass auf, wir nehmen da jetzt mal ein paar Schulden auf 20, 30 Milliarden, meinetwegen auf 50 Milliarden, okay. Aber wir reden hier über eine Dimension, die historisch einmalig ist. Eine halbe Billionen Euro. Genau. Und wie gesagt, kumuliert ist es dann noch sehr viel mehr. Schau dir mal die Mehrheitsverhältnisse an. Die haben zwölf Stimmen mehr. Die haben zwölf Stimmen Mehrheit.
Wenn acht SPD-Abgeordnete vorher schon ankündigen und sagen, wir werden diesen Mann wegen der Sache mit der AfD, du erinnerst dich, nicht ins Kanzleramt wählen, bleiben noch vier. Das heißt, da ist nackte Panik. Der musste einen Preis bezahlen. Und das ist auch der Grund, warum genau diese Lesart ja jetzt auch die Runde macht.
Warum man sagt, wie ist es eigentlich möglich, dass eine 16-Prozent-Partei wie die SPD jetzt genau das durchsetzt, was die Ampel, als sie noch in Amt und Würden war, nie hingekriegt hätte. Die setzt das jetzt durch und zwar mit der Union, mit der CDU, die das genau nie wollte. Aber die CDU ist doch komplett erpressbar. Sie hat keinen anderen Koalitionspartner.
Und das wissen die Sozialdemokraten. Das heißt, der ganz große Wahlverlierer, der größte Wahlverlierer der letzten Wahl, die SPD, diktiert die Spielregeln, für die nächste Regierung. Das ist so. Das führt mich zu einer anderen Frage, Richard. Wie schwierig ist denn das eigentlich, ich will jetzt nicht wieder dieses bescheuerte Wort benutzen, aber Demokratie theoretisch, ja.
Ja, ich finde das ganz eigenartig, ehrlich gesagt. Du kannst doch nicht hingehen und kannst die abgewählte Regierung noch dafür benutzen, um Ziele durchzusetzen, die du mit dem Wählervotum der neuen Regierung nicht durchsetzen kannst. Exakt. Ich meine, das ist wahrscheinlich rein verfassungsrechtlich darfst du das. Ich kenne da nicht den letzten Winkel der Rechtslage, aber wahrscheinlich geht das. Es ist legal, aber nicht legitim. Aber was ist das für ein Signal an den Wähler?
Ich benutze die alten Schranzen, die ich da gerade abgewählt habe, nochmal, die ihr abgewählt habt und über die ich jetzt triumphiert habe, die ziehe ich jetzt nochmal alle aus dem Keller, weil die brauche ich, um meine Politik machen zu können. Und das Wählervotum, das jetzt bei der letzten Wahl rauskommt, das ist für mich nicht entscheidend, Sondern entscheidend ist, dass ich mir irgendwie, und sei das noch so winkelig, mit Hilfe der alten Garde, meine Mehrheitsverhältnisse schaffe.
Das ist gegenüber dem Wähler, also demokratietheoretisch, äußerst unfein. Und es führt zu der Frage, ob Alice Weidel, die in dieser Woche bei uns in der Sendung war, Recht hat, wenn sie lospoltert und sagt, Genau, das ist das Spiel, von dem die Wähler die Nase voll haben. Sie wählen eine konservative oder sogar in ihrer Lesart rechte Politik.
Also in ihrer Lesart ist es so, da wurde am 23. Februar eine Regierung eigentlich gewählt, wenn man den Wählerwillen respektieren würde, so argumentiert sie, dann hätten wir eine CDU-AfD-Koalition. Fast 50 Prozent der Wähler stimmen für die beiden Parteien zusammen.
Und das haben wir in der Vergangenheit so häufig gesehen, haben wir beide auch schon ein paar Mal drüber gesprochen, in Thüringen, hast du auch in vielen europäischen Ländern, du wählst sozusagen eine konservative oder eben sogar wirklich rechte Politik und kriegst dann eine linke Regierung. In dem Fall kriegst du ein Programm, das diktiert wird von einer linken SPD, die sagt, nee, das ist unsere DNA, Abschaffung der Schuldenbremse.
Keine Schuldenbremse. Unsere DNA ist, Geld auszugeben, die Schleusentore zu öffnen und das konnten wir mit unserer eigenen Regierung leider nicht machen, weil Christian Lindner nicht mitgespielt hat. Mit Lars Feld dahinter, dem Ökonom. Das ist Mr. Schuldenbremse in Person. Ja, der übrigens auch interessant. Wir hören das ja alles, wir hören diese schwindlerregenden Summen, man kann sich das alles gar nicht wirklich vorstellen.
Aber sowohl Lars Feld als auch Alice Weidel weisen beide auf ein gleiches Thema hin und sagen, das wird auch irgendwann für Leute, die den Schuldenbremsen total Wumpe sind, das wird Konsequenzen haben für euren Geldbeutel. Das wird zu Inflation führen, das wird dazu führen, dass Dinge deutlich teurer werden. Wenn du so viel Geld plötzlich in den Markt gibst, dann wird das irgendwann was mit uns machen.
Das wird den Euro entwerten und Alice Weidel geht dann sogar so weit und sagt, das ist exakt das. Und das ist auch eine Stimme, die ich von den Liberalen in diesen Tagen gehört habe. Die sagen, das ist eigentlich das, wovor Europa jetzt Angst haben muss. Weil wenn der Euro entwertet wird, nichts mehr wert ist, dann ist das die Stunde der Amerikaner, dann ist das die Stunde der Chinesen, dann ist das die Stunde der Russen.
Ganz so sehe ich das nicht, aber das ist sozusagen der größere Kontext, in dem das alles stattfindet. Also eine massive Schwächung Europas, weil unsere eigene Währung plötzlich weniger wert ist. Das sagen die aber nicht allein wegen des deutschen Infrastrukturpakets über 500 Milliarden Sondervermögen, sondern auch, weil die EU ankündigt, für 800 Milliarden in Rüstung zu investieren. Und das sind auch 800 Milliarden, die sie nicht haben.
Das heißt, es wird also auch über Schulden finanziert werden. Wie genau ist, glaube ich, im Augenblick noch nicht klar. Und das ist natürlich, ich meine, da braucht man nicht lange drüber zu reden. Wenn du Fantastilliaden generierst, denen keine Wirtschaftsleistung gegenübersteht, dann wirst du damit die Inflation einheizen. Das ist so.
Ja, und das sagen die auch vor dem Hintergrund, dass ja in ganz Europa mittlerweile, Deutschland ist ja da eine rühmliche Ausnahme, ganz Europa hat ja da mittlerweile ein Thema. Wenn du die anderen europäischen Staaten anschaust, schau dir mal die Schuldenlast von Italien an, schau dir die Schuldenlast von Frankreich an. Frankreich muss mittlerweile so viel Geld für Zinsen aufbringen, wie Deutschland im ganzen Jahr braucht für die Bundeswehr.
50, 60 Milliarden nur für, nicht für Tilgung, nur für Zinsen. Das ist die Schuldenlast von Frankreich. Das heißt, da ist immer weniger Spielraum. Es gibt ja viele, die das jetzt kritisieren, auch von den Wirtschaftsweisen zum Beispiel.
Aber sie kritisieren das mit dem Argument, wir dürfen keine Schulden aufnehmen, weil wir dann künftige Generationen belasten, weil wir die Inflation einheizen, die Preise werden steigen und so weiter, alles nicht falsch und die wollen lieber den Sozialstaat kürzen. Dann hast du aber genau dasselbe Problem. Wenn du die Renten kürzt oder die Sozialleistungen kürzt, dann reduzierst du die Kaufkraft.
Weil Leute mit wenig Geld neigen dazu, das Geld, das sie haben, auch auszugeben und auch im Inland auszugeben. Sich zum Beispiel Lebensmittel davon kaufen und Mieten bezahlen. Und wenn die jetzt auf einmal weniger Geld in der Tasche haben, dann bricht der Binnenmarkt ein. Das ist die zweite Option, die du haben kannst. Wenn du also keine Schulden machen willst, dann schwächst du die Kaufkraft, was ebenfalls sehr, sehr gefährliche Folgen hat.
Wir wollen ja nicht so tun, als wäre das jetzt der Königsweg und es wäre viel besser, überall die Renten und die Sozialleistungen zu kürzen. Das müssen wir genauso teuer bezahlen. Und wenn ich vor dieser Alternative stehe, dann kann ich schon verstehen, dass man diese 500 Milliarden für Infrastruktur ausgibt. Aber eins muss klar sein, dann hat man keine hunderte von Milliarden für Aufrüstung mehr und keine hunderte von Milliarden für die Ukraine mehr.
Also dann begeht man volkswirtschaftlichen Selbstmord, wenn man das auch noch glaubt, alles über Schulden finanzieren zu können. Ich habe vorhin gerade mit Lukas, der gerade am Mischpult sitzt, gesprochen. Der sagte etwas total Interessantes. Ihn erinnert diese Schuldenspirale insbesondere mit Blick auf Verteidigung und darüber würde ich jetzt gerne mal mit dir reden. An das, was eigentlich in der Corona-Zeit passiert ist. Keine Widerrede, keine Widerworte.
Hier sind die gigantischen Summen, nehmt sie einfach so hin und wenn du irgendetwas daran zu kritisieren hast, bist du sofort so ein gefühlter Vaterlandsverräter. Und ich finde, da hat er einen Punkt. Das ist genau die Atmosphäre, in der das gerade alles so stattfindet. Wenn man vorsichtig fragt, wirklich so viele Milliarden, wirklich 300, 400, 500 Milliarden oder sogar Billionen für Rüstung, wo wir doch eine soziale Frage haben, die auch hart tickt.
Und das alles nur, weil da jetzt am Freitag im Oval Office was passiert ist, von dem wir eigentlich schon lange wissen, dass es so irgendwann mal kommen würde. Ich meine, diese Geschichte ist ja alt. Das ist ja nicht etwas, was Trump jetzt zum ersten Mal anmahnt, sondern das hat ja schon Obama gemacht. Viele, viele Präsidenten, amerikanische Präsidenten haben immer wieder darauf hingewiesen und gesagt, ihr müsst euch bitte auch selber um Verteidigung kümmern.
Deswegen überrascht mich so sehr im Moment, dass alle so wahnsinnig überrascht sind. Also mich überrascht das auch, mich überrascht dieser offensichtlich zumindest bei den Medienvertretern, die man sehr häufig im Fernsehen sieht oder die in den Leitmedien tonangebend sind, als wenn das so ein ganz sicherer Konsens ist, dass wir unmittelbar bedroht sind durch Russland und dass wir überhaupt keine Alternative dazu haben, als jetzt wirklich Phantastilliarden für Rüstung auszugeben.
Die größten Summen, die je in Deutschland oder in Europa für Rüstung ausgegeben wurden und dass es überhaupt keinen anderen Weg geben kann. Also nirgendwo, wird ja auch nicht darüber diskutiert. Also über Diplomatie, über Abrüstungsgespräche und sowas. Es gibt nur einen, der darüber redet. Donald Trump, der hat gesagt, die Russen und die Amerikaner sollten ihre Rüstungsetats reduzieren beziehungsweise ihre Waffenarsenale halbieren.
Der redet plötzlich von Abrüstung. Wir in Europa reden nur von Aufrüstung. Und dabei entsteht immer der Eindruck, Deutschland steht ohne die USA nach dem Rückzug von Donald Trump. Mutterseelen alleine da den kriegslüsternen Russen ausgeliefert. Also die NATO gibt es immer noch. Und selbst wenn die USA uns im Zweifelsfall nicht helfen sollten, dann sind die Franzosen, die Engländer, die Türken, die Italiener und so weiter
alle verpflichtet uns zu helfen. Hier steht überhaupt keiner Mutterseelen allein da. Hier gibt es immer noch ein Verteidigungsbündnis aus ganz ganz vielen Staaten, die sich fest verpflichtet haben einander zu helfen. Also Mutterseelen allein sind wir überhaupt nicht. Und du kennst ja auch die Zahl, dass wir drei bis viermal so viel für Rüstung ausgeben, jetzt schon, als die Russen das tun. Also wir stehen doch nicht nackt und wehrlos da.
Wir haben das ja mal schön rausgearbeitet. Das größte Problem, was wir hätten in einem Kriegsfall ist, dass wir aus Mentalitätsgründen nicht verteidigungsfähig sind, weil wir überhaupt gar keine Armee hätten, die wir da wirklich hinschicken könnten in einen blutigen Stellungskrieg oder sowas. Darüber haben wir uns lange unterhalten.
Aber es ist doch jetzt nicht, wenn wir auch noch hunderte von Milliarden ausgeben, übrigens streiten sich ja gerade hinter den Kulissen, ist sehr interessant die Leute dafür. Für was soll das ausgegeben werden und wo? Was meine ich? Also der allergrößte Teil dieser Summen, was durchgesickert ist, soll ausgegeben werden für Waffenkäufe in den USA. Und ein unerheblicher Teil würde in die deutsche Rüstungsindustrie gehen.
Also die Fantasie, die manche Leute haben, die sagen, naja, kann denn die Rüstungsindustrie nicht mittelfristig bei uns die Automobilindustrie ersetzen? Und so wird das wahrscheinlich überhaupt nicht laufen. Zumal viel von dem, was die deutsche Rüstungsindustrie herstellt, vielleicht auch gar nicht das ist, wovon jetzt die Rede ist. In erster Linie ist jetzt die Rede von KI-Waffen, von Cyberkrieg und von diesen Dingen. Dafür sollen irrsinnige Summen jetzt ausgegeben werden.
Das gilt als das Gebot der Stunde, das wir machen sollen. Oder Drohnen, die wir ja in Deutschland auch nicht in riesigen Stückzahlen herstellen. Und ich meine, die Alternative dazu wäre ja, wenn es, was ja immer noch zu hoffen ist, in absehbarer Zeit zu einem Frieden in der Ukraine kommen könnte, wenn der tatsächlich eintritt, dass man dann anfängt über Abrüstung zu reden. Zu gucken, wie man diese hochgeschaukelte, militarisierte Welt allmählich wieder abrüstet.
Das wäre doch eigentlich das Gebot der Stunde. Das wäre ein Glücksfall für uns. Wir bräuchten keine hunderte von Milliarden mehr für Rüstung ausgeben. Klar, wir müssen die Bundeswehr modernisieren. Da sehe ich alles ein. Da hat sich viel geändert. Kriegsführung hat sich verändert. Verstehe ich alles. Aber diese astronomischen Summen, die würden wir dann möglicherweise schon in gar nicht so langer Zeit vielleicht gar nicht mehr benötigen.
Wo kommt im Augenblick diese totale Angst und diese Panik her?
Ja, angesteckt, Journalisten erzählen das, Politiker erzählen das, ja, jetzt sind wir ganz, ganz, ganz unmittelbar bedroht, jetzt sind wir angegriffen, ja, jetzt, nachdem die Russen sich in der Ukraine eine blutige Nase geholt haben und wenn sie Glück haben, jeden Tag an irgendeinem Frontabschnitt zwei Kilometer vorrücken, dass die jetzt ernsthaft davon träumen, ja, einen Krieg gegen die NATO anzufangen, ich kann dir das nur sagen, Markus, und ich sage das aus aller tiefster Überzeugung.
Das ist ein Märchen. Es ist wirklich anders, Richard. Ich höre dir zu und ich nehme dir deine Überzeugung natürlich auch ab und ich nehme die natürlich auch ernst. Und ich spüre das auch so wie du. Da wird einfach mit gigantischen Summen jongliert. Man fragt sich ja auch, wie kann das eigentlich sein, dass das jetzt plötzlich für Waffen, geht das jetzt plötzlich alles?
Während wir irgendwie für vernünftigen Wohnungsbau, für Schulen, für all diese Dinge, die ja, ich finde, sehr viel wichtiger sind für den Zusammenhalt einer Gesellschaft, erzählen wir uns immer, da sind leider leere Kassen, funktioniert alles nicht. Krankenhäuser müssen zusammengelegt werden oder gleich abgeschafft werden und so weiter. All diese Dinge, ich kenne diese ganzen Argumente, ich verstehe die auch alle, ich kann die nachvollziehen.
Trotzdem teile ich nicht, was du sagst in Bezug auf die Russen. Ich weiß, dass die Russen beispielsweise im Herbst in Belarus ein Großmanöver planen. Und ich weiß auch, weil ich dort Leute kenne, wenn man sich in Litauen umhört, die haben richtige Angst, dass die Russen das ausnutzen, um beispielsweise das Baltikum anzugreifen. Ich habe dieser Tage mit jemandem besprochen, der sagte, könnte sein, dass das der letzte Sommer ist, in dem wir keinen Krieg haben.
Jetzt könnte man auch sagen, na gut, die Osteuropäer mit diesem aggressiven Nachbarn da an der Ostflanke sind ein bisschen überdreht. Aber was wenn nicht. Die sind auf jeden Fall historisch leid geprüft. Ja, was wenn nicht. Und deren Angst steckt ihnen tief in den Knochen. So, und dann wendest du den Blick mal nach Brüssel.
Die NATO, das weiß ich, wenn du mit Leuten wie Sönke Neitzel zum Beispiel sprichst, Militärhistoriker, der gerade ein sehr interessantes Buch veröffentlicht hat oder kommt dieser Tage, glaube ich, ich habe es vorab gelesen. Über den Zustand der Bundeswehr. Das sollte man nicht lesen, wenn man danach noch ruhig schlafen möchte. Dann kriegst du einen anderen Blick auf das, was eigentlich unsere Verteidigungsfähigkeit ist.
Das sagt, die NATO in Brüssel ist gerade in Schockstarre. Und was jetzt schon passiert ist, dass dieser sogenannte Artikel 5 katastrophal geschwächt ist. Haben wir ja schon ein paar Mal darüber geredet. Genau, dass wir auch nicht mehr sicher sind, ob man seiner Beistandspflicht
im Zweifelsfall nachkommt. Genau. Dieser Artikel 5, der ist sicher katastrophal geschwächt, weil kein Mensch glaubt mehr, dass Trump Vilnius oder Narva, das ist diese kleine Stadt in Estland, dieses berühmte Narva-Szenario, haben wir schon drüber gesprochen. Ernsthaft verteidigen würde.
Und es geht nicht darum, das muss man auch nochmal ausdrücklich sagen, deswegen teile ich auch nicht das, was du sagst in Bezug auf die Einschätzung, die man da teils von Kollegen oder Sicherheitsexperten, auch Journalisten hört. Ich finde nicht, dass da überall das große Kriegsgeheul angestimmt wird im Sinne von, da kommt der große Atomkrieg. Meine Frage ist eher...
Was ist das für ein Bild, das man benutzen muss? Ist es vielleicht eher das Bild des Schlägers, der die S-Bahn betritt und einem aufs Maul haut? Und dann sitzen alle da und gucken weg und überlegen, was und ob man überhaupt irgendwas tut. Und die Frage, die wir beantworten müssen ist, was tun wir, wenn genau dieser Putin als Schläger diesen S-Bahn-Baggon betritt? Wehren wir uns dann? Oder lassen wir uns das gefallen? Ja, also Inava zum Beispiel. Nehmen wir nicht so ein psychologisches Bild.
Nehmen wir also sozusagen das realistisch befürchtete Szenario. Putin jetzt im Worst Case fühlt sich ermutigt durch die Gebiete, die er da in der Ukraine gewinnen wird. Und wird dann und außerdem verbittert, zunehmend verbittert über die viele Militärhilfe, die Europa der Ukraine hat zukommen lassen und senkt sich jetzt erst recht.
Also das ist der Szenario. Szenario, vor dem du Angst hast. Und dann greift er in Litauen, in Estland oder in Lettland irgendwo an, vielleicht probemäßig, um mal zu gucken, wie die NATO darauf reagiert. Das wäre jetzt sozusagen deine Angst, oder? Nochmal, keine Angst, aber das ist ein Szenario, über das wir nachdenken müssen. Was glaubst du denn, was passieren würde? Ich kann dir sagen, wir werden diese Stadt in Litauen nicht verteidigen.
Richtig, das glaube ich. Weil dann die Eskalationsgefahr hin zum Dritten Weltkrieg tatsächlich passieren könnte. Und was lernen wir aus alledem? Es gibt überhaupt keine Alternative zu Abrüstungsgesprächen. Damit schaffen wir die größte Sicherheit, die wir uns überhaupt vorstellen können. Und jetzt wirst du sagen, der will doch nicht, der ist ja jetzt gerade belohnt worden für seinen Angriffskrieg. Wollen wir es mal abwarten? Wie wäre es mal, diplomatische Verbindungen aufzunehmen?
Wir können ja noch zwei, drei Monate warten, bis hoffentlich, hoffentlich der Ukraine-Krieg zu Ende ist. Und dann geht es darum, sich über diese Dinge zu verständigen. So hat man das ja vorher auch immer gemacht. Ich weiß, du wirst sagen, man kann die nicht dafür belohnen und man kann da nicht hinreisen. Ich sage es nochmal, Friedrich Merz wird der Bundeskanzler sein, der nach Moskau reist.
Einfach, weil es im deutschen Interesse ist, abzurüsten und nicht im deutschen Interesse sein kann, sich über die Rüstungsspirale, von der wir gerade gesprochen haben, volkswirtschaftlich in den Abgrund zu drehen. Das ist einfach ein Gebot der Vernunft ab einem bestimmten Punkt, in dem man sich über Ressentiment, Moral und all die Vorbehalte, die wir zu Recht gegen Wladimir Putin haben, hinwegsetzen wird. Ria, da bin ich bei dir.
Du redest über die mittelfristige und gar langfristige Perspektive. Ich rede über die kurzfristige Perspektive. Der Sommer steht schon vor der Tür. Die Großübung der Russen in Belarus steht schon direkt vor der Tür. Da steht eine Armee, die ist kampferprobt. Möglicherweise gibt es Frieden in der Ukraine bis zum Sommer, einen Waffenstillstand. Möglicherweise gibt es den. Und dann hast du da all diese Leute.
Was machst du dann mit denen? Werden die dann einfach sagen, okay, dann ziehen wir uns jetzt wieder in unsere Kasernen zurück? Und anders gilt vielleicht auch das Argument, dass jemand wie Putin... Dass auch der ein Interesse daran hat, dass dieser Krieg weitergeht, weil er ablenken muss von innenpolitischen Problemen, weil er ablenken muss von einer galoppierenden Inflation, weil er ablenken muss von 22 Prozent Zinsen.
Die Inflation hat er unter anderem wegen der Sanktionen und das, was er von seinem Freund Trump will, ist, dass die ganzen Sanktionen aufgehoben werden. Das wäre für die russische Wirtschaft schon ziemlich wichtig, dass das passiert und die Russen drängen ja auch massiv darauf und damit würde er möglicherweise auch seine Inflation, die eine Folge seines Kriegshaushaltes und die Folge der Sanktionspolitik ist, auch möglicherweise wieder in den Griff kriegen.
Also ich denke, die Russen haben ein großes Interesse daran, dass die Sanktionen aufgehoben werden. Und in so einer Situation, Litauen, was die Russen nun wirklich nicht brauchen zu überfallen, ist eben auch wahrscheinlichkeitsmäßig sehr, sehr, sehr, sehr, sehr gering. Das wäre Unsinn. Und über Putin, und da haben wir schon häufig drüber gesprochen, kann man vieles sagen. Ich habe ja gerade diese schöne Art der Dokumentation über die Oligarchen gesehen.
Und was einem übrig bleibt als Bild ist, dass dieser Mann sehr, sehr kalt, sehr, sehr berechnend und sehr, sehr intelligent ist. Und das ist überhaupt, es macht keinen Spaß, jemanden, den man für einen Kriegsverbrecher hält, intelligent zu nennen, aber wir müssen einfach bei den Fakten bleiben. Das ist kein dummer Irrer. Das habe ich ja auch all die Jahre des Krieges gesagt, wenn man nicht weiter weiß, braucht man einen Irren.
Das ist kein Irrer und es wäre irre in so einer Situation das Baltikum anzugreifen. Es wäre einfach nur Irrerquatsch, der nochmal Öl ins Feuer gießt mit Öl. Wieder enorm gefährlichen Folgen für die Welt. Gefahr eines dritten Weltkrieges und so weiter. Alles das ist so unwahrscheinlich. Es ist viel wahrscheinlicher, dass Putin sich darüber freut, wenn wir die Sanktionen lockern würden. Und damit haben wir ein ziemliches Druckmittel. Und da haben wir auch ein Druckmittel
für Abrüstung. Also es ist interessant, Richard, die Schlussfolgerung, die du da rausziehst. Also erstens teile ich nicht deine Einschätzung, was Intelligenz angeht. Das gilt übrigens auch für die Leute, die gerade im Weißen Haus das Sagen haben. Wenn du wirklich intelligent wärst, dann hättest du dieses riesige Land, Seine tollen Menschen, ich rede jetzt von den Russen, und seine Ressourcen und seine brillanten Köpfe, Mathematiker, Physiker, was die alles haben.
Ich habe einige von denen im Laufe meines Lebens kennenlernen dürfen. Sind wirklich brillante Leute. Dann hättest du diese gigantischen Ressourcen dieses Landes anders eingesetzt, als ständig überall in Europa rumzuzündeln, Städte wie Grozny in Schutt und Asche zu legen, Städte wie Aleppo in Schutt und Asche zu legen, in der Ukraine diesen Horrorkrieg anzufangen. Dann hättest du gesagt, pass auf, lass uns bitte jetzt gemeinsam ins 21.
Jahrhundert marschieren und aus diesem sehr, sehr armen Russland, wo 20 Prozent immer noch keine Toilette im eigenen Haus oder in der eigenen Wohnung haben, lass uns dieses Land jetzt wirklich reinführen ins 21. Jahrhundert. Du scheinst tatsächlich zu glauben, dass Intelligenz und ein guter Menschsein in irgendeiner Form miteinander zusammenhängen. Ich sehe da überhaupt nichts. Du kannst ein autistischer Nerd sein, vollkommen ohne Empathie und hochintelligent.
Und du kannst ein herzensguter Mensch sein, der das Beste für sein Volk will, aber nicht besonders schlau. Es gibt in unserem Gehirn nicht die geringste Verdrahtung zwischen Intelligenz und Moral. Das sind zwei sehr, sehr verschiedene Dinge. Weißt du, was du meinst, Richard? Ich würde nur noch gerne einen Punkt kurz machen, Richard, weil mich das vorhin wirklich auch persönlich interessiert hat.
Weißt du, wenn man sozusagen zumindest die Möglichkeit sieht am Horizont, dass die Russen die Chance nützen könnten, wenn es im Sommer zum Beispiel zu dieser komischen Übung kommt. Du erinnerst dich, so ging es in der Ukraine auch los. Wir machen da nur eine Übung. Das ist aber nicht das erste Manöver, das man macht. Also, dass die Armeen solche Manöver machen. Die NATO macht ja auch Manöver in Polen und mit Einschluss des Baltikums und so weiter.
Das ist jetzt kein so ungewöhnlicher Vorschlag. Ich wollte dich was anderes fragen, Richard. Wir bewerten das beide ein bisschen anders. Nach all der Erfahrung, die wir da gemacht haben, würde ich sagen, einfach Vorsicht an der Bahnsteigkante. Und meine Frage ist, Richard, an dich, was folgt daraus? Also wenn man sozusagen das ins Kalkül ziehen muss, wenn man die Ängste der Balken ernst nimmt, was macht man dann? Schickt man da eine Brigade dahin oder lassen wir das alles?
Es sind diplomatische Missionen, die in die andere Richtung wieder wirken, also in pazifizierende Richtung wirken und nicht weiter drehen an der Aufrüstungs- und Militärspirale. Je mehr wir aufrüsten, das wissen wir ja alles, umso mehr werden die Russen dann auch ihrerseits aufrüsten. Und dann kommt das, was ich auch schon vor einiger Zeit gesagt habe. Wir haben mit Aufrüstung gute Erfahrungen gemacht. Wir haben den Kalten Krieg durch Aufrüstung gewonnen.
Wir haben in den Worten von Ronald Reagan die Sowjetunion in einen Rüstungswettlauf verwickelt, den sie nur verlieren konnte. Wir haben sie in die Pleite getrieben. Wir haben sie in die Pleite getrieben. Wir haben sie volkswirtschaftlich ruiniert, weil dieses Land viel zu viel für Rüstung ausgegeben hat für seine insgesamt eher bescheidene Wirtschaftsleistung. Wenn wir das gleiche heute nochmal probieren, und das ist meine dringende Warnung.
Wird nicht Russland verlieren, sondern werden wir verlieren. Und zwar nicht, weil wir nicht tatsächlich über die deutlich größere Wirtschaftsleistung verfügen in Europa. Das tun wir auf jeden Fall.
Aber weil wir viel fragilere und sensiblere Gesellschaften haben, denen wir das, was als Folge eines solchen Rüstungswettlaufs auf die Leute zukommt, Rentenkürzungen, Gesundheitskürzungen und so weiter, Verschuldungen, Inflation, nicht werden zumuten können, ohne hier innenpolitische Erdbeben auszulösen. Und deswegen haben wir überhaupt keine Wahl, auch wenn das am Anfang keinen Spaß macht, als wieder diplomatische Kontakte aufzunehmen und mittelfristig auf Abrüstung zu setzen.
Das Ding ist, Richard, ich bin mir nicht sicher, ob die Ausgangsthese stimmt. Wir sagen immer, wir sind ja schon so sehr in der Rüstung und wir geben ja so viel Geld für Rüstung aus. Kennst du eigentlich so die Szenarien, die sind wirklich interessant, um die Lücke zu schließen, die die Amerikaner hinterlassen könnten, wenn die sich zurückziehen würden aus Europa.
Wenn die sagen würden, ist nicht mehr unser Thema und es wäre nicht das erste Mal, dass sie das tun, dann müsste Europa 50 zusätzliche Brigaden aufstellen. Dafür bräuchten wir ungefähr 1400 neue Kampfpanzer und 2000 Schützenpanzer. Ich sage diese Zahlen nur deswegen, weil das mehr ist, als das, was gerade in den gesamten deutschen, französischen, italienischen und britischen Landstreitkräften an Reserve vorhanden ist.
Das ist der Punkt. Und Europa müsste jährlich rund 2000 Langstrecken-Drohnen produzieren, um einigermaßen auf Augenhöhe zu kommen. Und Interessantes in dem Zusammenhang, Richard, weil du sagst Abrüstung. Ich habe mir das mal angesehen. Es gibt ein interessantes Buch von Christian Schweppe. Das ist ein Journalist, Militärexperte, der unter anderem auch bei der Zeit, beim Spiegel immer mal wieder schreibt und so weiter.
Und der ein Buch gemacht hat, Zeiten ohne Wände. und in diesem Buch listet er das mal auf und vergleicht das mal mit der Zeit in den 80er, 90er Jahren. Vom Leopard-Kampfpanzer haben wir aktuell ungefähr 300 Stück. 89 waren es 5000. 300 versus 5000. Der Marder, der Schützenpanzer, davon haben wir heute ungefähr 700. 89, 2200. U-Boote bei Kriegsausbruch 22, Deutsche 6, 89 immerhin 24. Und so kannst du das durchdeklinieren. Wo sind denn die Sachen alle geblieben?
Haben wir die alle in die dritte Welt verkauft? Die werden ja auch benutzt. Die gehen ja irgendwann kaputt. Wo sind denn die U-Boote benutzt worden, die wir geliefert haben? Das habe ich nicht. Ich habe keine Ahnung, wo wir überall mit U-Booten unterwegs sind. Also entweder verrostet und nicht mehr einsatzfähig. Das könnte für einen Teil des Materials geben. Und ich nehme an, dass wir sehr viel Geld damit verdient haben, das nach Ägypten zu liefern und nach Saudi-Arabien und was weiß ich.
Keine Ahnung. Merke nur gerade, dass du überrascht bist. Und das Gleiche auch bei Kampfflugzeugen. Ich kann aus diesen Zahlen ja nur eine Bestätigung dessen, was ich gesagt habe, machen. Diese gigantischen Arsenale wieder aufzurüsten. Das ist ja so viel Aufrüstung, die wir bräuchten, was du gerade gesagt hast. Kampfflugzeuge, Richard. Schätz mal, 89. Wie viele Kampfflugzeuge hatten wir 1989? 1989, also am Ende des Kalten Krieges. Genau. Deutschland, Kampfflugzeuge.
Vielleicht 300. 600. Und jetzt haben wir ungefähr 200, 230. Ja, und davon ist ein ziemlich großer Teil nicht einsatzfähig. So, das ist die Situation, Richard. Ja, deswegen kann man nur sagen, abrüsten. Äh, ab, nee, was ich sagen wollte, wir haben schon abgerüstet. Das ist das, was ich sagen wollte, Richard. Wir können, ja, aber wir können doch nur auf diplomatische Beziehungen und auf Abrüstung setzen.
Diplomatie gescheitert, Richard, komplett. Guck mal, das Streitthema, was ich echt interessant fand, da wurde viel zu wenig drüber geredet, zwischen Trump und Zelensky, da? Selenskyr wollte Sicherheitsgarantien. Und Trump sagt, du hast eine Sicherheitsgarantie. Du unterschreibst das Rohstoffabkommen und dann fördern amerikanische Firmen in der Ukraine eure Rohstoffe, euer Titan, euer Lithium, eure seltenen Erden.
Dann werden die Russen euch nicht angreifen, weil die Russen und wir, wir sind ja jetzt Freunde. Was er damit in anderen Worten sagen würde, intensive wirtschaftliche Beziehungen können durchaus pazifizieren.
Also wenn du dir überlegst, wie gigantisch wir aufrüsten müssten, angesichts der wenigen Waffen, die wir noch haben, müssen wir uns erneut die Frage stellen, ob dauerhafte diplomatische Beziehungen und eine Pazifizierung des Verhältnisses zu Russland nicht die bessere Alternative ist, als uns in diesen Rüstungswettlauf zu verwickeln. Ich habe noch zwei kleine Fakten für dich, Richard, die mich einfach zweifeln lassen. Und ich würde einmal sagen, ich bin da misstrauisch.
Gerade weil es um jemanden wie Putin geht. Und schau dir das an, seine gesamte Amtszeit durch, die letzten 25 Jahre, eine Blutspur, die dieser Mann hinter sich herzieht. Und das beginnt schon ganz, ganz früh. Das müssen wir jetzt auch nicht einzeln auftröseln. Aber es ist krass, was wir da alles nicht sehen wollten, weil es unseren wirtschaftlichen Interessen gedient hat und weil insbesondere die deutsche Wirtschaft dieses günstige russische Gas wollte.
Aber eine Sache würde ich gerne nochmal an dem Punkt sagen, Richard. Wenn du dir mal anschaust, diplomatische Beziehungen. Ich meine, die Ukraine saß auf dem drittgrößten Atomwaffenarsenal der Welt, als das große Sowjetimperium zusammengebrochen ist. Und es waren drei Mächte, die angeboten haben, pass auf, wir beschützen euch. Wir passen auf euch auf, wenn ihr diese Atomwaffen abgebt. Das waren die Briten und jetzt kommt's. Das waren die Amerikaner und es waren
die Russen. So, zwei dieser drei Vertragspartner, würde ich mal sagen, mindestens sind vertragsbrüchig geworden. Die einen haben sie im Stich gelassen, wie du jetzt gerade siehst. Und die anderen haben sie sogar angegriffen. Und daran siehst du, wie viel Verträge wert sind im Zweifel. Nichts. Und die Ukrainer zahlen einen unfassbar hohen Preis dafür.
Aber du willst nicht ernsthaft behaupten, dass man grundsätzlich auf Verträge verzichten soll, weil man an Verträge nicht mehr glauben darf und das außer Aufrüstung nicht hilft. Nein, aber man muss sie hinterlegen mit sozusagen Glaubwürdigkeit. Und das hat offenbar an dem Punkt nicht funktioniert. Putin hat sich darauf verlassen, dass wir im Zweifel zu schwach sind, um ihm ernsthaft Einhalt zu gebieten. Das haben wir bei so vielen Gelegenheiten gezeigt.
Dieser Mann ist mit so viel davon gekommen, dass er heute das tut, was er tut. Aber würde ich doch mal gerne, Richard, zum Schluss fragen. Wir reden ja gerade so viel über historische Wendepunkte. Du als jemand, der da auch philosophisch drauf guckt, würde mich mal interessieren. Historische Wendepunkte, Zeitenwende und so, das klingt ja alles immer so groß.
Es gibt aber einen schönen Satz von Harald Welzer, schöne Grüße an der Stelle, der sagt, die Weltordnung erscheint oft als das Ergebnis sehr kluger Entscheidungen großer, kluger Männer. Aber in Wirklichkeit entsteht Geschichte oft durch Entscheidungen gar nicht mal so kluger Menschen, sondern vielmehr durch absurde Situationen.
Und es gibt zum Beispiel in dem Zusammenhang eine historische Referenz, total interessant, der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand, der damals 1914 in Sarajevo erschossen wurde. Der konnte ja in Wahrheit nur deswegen erschossen werden, also der Schütze konnte nur deswegen so präzise und in Ruhe zielen, weil der Fahrer beim Einlegen des Rückwärtsgangs den Wagen abgewürgt hat. Wir sollten vielleicht noch dazu sagen, dieses Attentat auf den österreichischen
Thronfolger Franz Ferdinand war der Anfang des Ersten Weltkrieges. Das war der Auslöser. Und wenn du dann denkst an jemanden wie Günter Schabowski, der mal eben so aufs Versehen... Die Nachfrage des Journalisten nicht beantworten konnte, ab wann denn quasi die Mauer offen stehen würde. Und er gesagt hat, ja weiß ich jetzt nicht so, weil ich denke mal so ab sofort. Unverzüglich war das für ein Wort. Unverzüglich, ja. Unverzüglich, genau.
Und dann war plötzlich die Mauer Geschichte, die deutsche Teilung Geschichte. Einfach nur, weil Schabowski auf seinem Zettel nichts anderes stehen hatte. Also wir sagen, historische Wendepunkte im Nachhinein, natürlich ein unglaublicher historischer Wendepunkt, aber herbeigeführt durch einen kleinen Zettel. Da stand einfach das falsche Zeug drauf. Das passiert oft genug, das ist schon richtig.
Und große Wänden passieren ja auch nicht immer dadurch, dass das weise Leute strategisch weit vorausgedacht haben. Wie viele Revolutionen oder Revolten haben sich verselbstständigt, sind ausgebrochen aus Gründen, die erst mit etwas ganz anderem zu tun hatten, haben dann ihre Eigenentwicklung gehabt. Und wie viele entsetzlich dumme und grausige Menschen haben eine viel größere Spur in der Geschichte hinterlassen als kluge und weise Regenten. Und das ist auf jeden Fall so.
Also die Weltgeschichte ist, wie Hegel gesagt hat, ein Schlachtfeld. Und der Anteil der Vernunft in der Weltgeschichte ist sehr, sehr klein. Aber ich finde nicht, dass uns das davon entbinden sollte. Bei alledem, was wir jetzt tun. Nichts Affektgetriebenes zu tun, nichts aus Angst und Panikgefühlen heraus zu tun, sondern was wir auch immer tun. Wir sollten besonnen und angemessen handeln. Und auch interessant, nochmal ein ganz kleiner, kurzer historischer Abriss.
Amerika wird ja von uns, also Menschen meiner Generation, auch deiner Generation, wir sind ja eine Generation. Du bist Boomer und ich nicht. Das ist der kleine, feine Unterschied zwischen uns. Wobei, ich habe noch einen schönen Text in der FAZ gelesen. Hast du das gesehen?
Da hat ein Autor, ich habe seinen Namen leider gerade nicht parat, sich bei den Boomer bedankt, weil sie sozusagen die Vernunft gewählt haben bei der letzten Wahl und sagte, man muss den Boomer dankbar sein, also Leuten wie dir, weil die haben bei der letzten Wahl Vernunft gewählt. Wenn es die Jungen gewesen wären, dann würde jetzt die AfD und die Linkspartei das Sagen haben. Das fand ich ein interessantes Gedankenspiel.
Aber nochmal dieser, weißt du, wir sind doch aufgewachsen, Richard, in diesem Gefühl, da ist dieser amerikanische Weltpolizist. Das war aber nicht immer so. Das ist ja ganz interessant. Für uns ist das etwas, was gesetzt ist. Das ist gegeben. Da ist dieses Amerika und im Zweifel passen die schon ein bisschen auf uns auf. Aber das war nicht immer so. Ja, die Amerikaner waren über die allerlängste Zeit Isolationisten. Und sie haben sich sehr lange geweigert, gemäß der Monroe-Diktrine aus dem 19.
Jahrhundert in so eine Rolle zu kommen. Und das war ja auch noch nach dem Ersten Weltkrieg, in den die USA ja 1917 eingetreten sind. Also nicht von Anfang an dabei waren, eingetreten sind, um für Balance of Power auf dem europäischen Kontinent zu sorgen, zu verhindern, dass die Deutschen den Krieg gewinnen, Engländer weiter zu unterstützen. Und danach haben sie sich weitgehend wieder zurückgezogen. Ja, sie haben dann sowas gemacht, wie den Völkerbund zu gründen, also die Vorstufe der UNO.
Aber sie haben sich militärisch weitgehend wieder zurückgezogen. Und das haben sie nach dem Zweiten Weltkrieg dann nicht gemacht. Und damit kam ihnen dann automatisch diese Rolle zu, weil sie als der ganz große strahlende Sieger, man kann ja im Grunde genommen sagen, sie waren der Riesensieger dieses Krieges.
Die Russen waren zwar auch ein großer Sieger, haben sich da ganz Osteuropa als Einflusssphäre gesichert, den Ostblock geschaffen, aber die Russen hatten auch den Hauptblutzoll des Zweiten Weltkrieges zu tragen gehabt, mit insgesamt 27 Millionen Toten auf dem Gebiet der damaligen Sowjetunion. Also und da beginnt dann quasi diese weltpolizeiliche Rolle, aber immer noch in einer geteilten Welt.
Sie waren ja nicht uneingeschränkter Weltpolizist, da es ja immer noch den Ostblock gab und die Einflusssphäre der Sowjetunion und China. Und dieser uneingeschränkte Weltpolizist, der waren sie eigentlich ab den 90er Jahren. Und weißt du, was auch eine Rolle spielt und wo wir relativ wenig drüber reden? Viele denken ja, das was Trump jetzt macht, sich aus dieser weltpolizeilichen Rolle zum Teil zurückzuziehen. Überall da, wo er sagt, das kostet mehr, als es bringt.
Da möchte ich nochmal Joseph Tainter ins Spiel bringen. Du erinnerst dich, wir haben mal eine Sendung gemacht zu dem Thema, ein Podcast, woran Nationen oder Zivilisationen scheitern. Genau. Und da hatte ich von Joseph Tainter, dem US-amerikanischen Anthropologen, erzählt, der die Theorie aufstellt, dass Kulturen, Nationen, Zivilisationen dann scheitern, wenn die Kosten, die sie insgesamt aufbringen, um ihre Position zu halten, höher sind als der Nutzen, den sie daraus ziehen.
Das heißt also, wenn es ineffizient wird. Und daran muss ich in letzter Zeit häufig denken. Er bringt zum Beispiel, erzählt er über die USA, um sich die Ölvorkommen zu sichern. Wir reden jetzt über die 70er, 80er, 90er Jahren. Braucht man einen gigantischen Militärapparat, muss also die größte Armee der Welt haben, die allerdings ihrerseits ja auch wieder gigantische Kosten verursacht und möglicherweise unterm Strich höhere Kosten, als man durch das Öl gewinnt.
Und ich glaube, das ist die Art, wie Donald Trump denkt. Ich glaube, dass er die Welt sieht, als wären die USA seine Firma und er überall guckt, wo lohnen sich Investitionen und wo lohnen sie sich nicht.
Und das, was auch interessant ist, worüber wir auch noch nicht geredet haben, unser sorgenvoller Blick auf die USA, innenpolitisch in den USA, die Angst, dass da neuer Faschismus entsteht, die außenpolitische Angst, im Stich gelassen zu werden von den USA, die wird ja nur von den Europäern geteilt, diese Angst.
Das sieht der Rest der Welt anders. Es gibt ja von Ivan Krastev, Timothy Garten-Ash und Mark Leonard eine neue Studie, die sagt, wie begeistert die Welt außerhalb Europas von Donald Trump ist. Und vor allen Dingen deswegen, weil sie annehmen, dass er sich aus allen möglichen Gebieten herauszieht, dass die USA diese Rolle als Weltpolizist in all jenen Regionen aufgeben, in denen Sie sich da keine Gewinne von verschwreichen.
Und das ist natürlich eine ganz andere Perspektive als die, die wir hier als Deutsche oder als Europäer haben. Ja gut, dass du das nochmal so klar machst. Ich kenne ja auch so ein bisschen deine Haltung und ich würde auch sagen, die Amerikaner waren schon immer auch nicht nur ein netter Hegemon, sondern ein rabiater Hegemon. Ich kann mich an keinen guten Hegemon in der Geschichte der Welt erinnern.
Also Macht ohne Missbrauch verliert ihren Reiz. Den Satz, den ich gerne zitiere von Marx, also von Krautschow Marx, nicht von Karl Marx. Und der gilt natürlich für jeden Hegemon. Und wir argumentieren eigentlich im Zweifelsfall immer so, dass wir sagen, die Amerikaner waren sicherlich kein guter Hegemon. Wir wollen das jetzt nicht kitschig sehen. Wir wollen den Vietnamkrieg und den Irakkrieg nicht vergessen. Aber wir haben Angst, dass ein anderer Hegemon schlimmer sein könnte als die USA.
Und richtig, und wenn du das aufzählst, dann muss man auch mal an den Friedensnobelpreisträger erinnern. Obama, der Drohnenkrieg und so weiter in der muslimischen, in der arabischen Welt ist das bis heute alles nicht vergessen. Das hat ganz, ganz tiefe Wunden geschlagen. Wir haben ihm dafür den Friedensnobelpreis gegeben. Einfach nur mal so.
Nicht dafür, aber wir haben ihm den gegeben. Ich finde aber trotzdem, und das ist vielleicht der letzte Gedanke, Richard Florence Gaub, die wir beide kennen und die wir an der Stelle sehr herzlich grüßen, hat etwas Schönes gesagt, die sagte, ich würde trotzdem die Rolle der Amerikaner als Ordnungsmacht unterm Strich positiv bewerten, denn geopolitisch sind die USA der erste Hegemon, der es geschafft hat, frühere Feinde zu seinen Freunden zu machen, mit Blick auf Vietnam,
mit Blick auf Deutschland und so weiter. Und ich finde, da ist was dran und ich glaube, das ist auch so diese. Ein bisschen diese Traurigkeit, die Menschen wie mich dabei erfüllt, wenn ich sehe, was da jetzt gerade passiert, weil das ist so dieser Abschied von einer Welt, die mir sehr vertraut war und in der ich mich eigentlich immer gerne bewegt habe.
Ich glaube, dass wir nochmal irgendwann einen Podcast machen sollten, der sich einfach mit diesem Abschied etwas genauer beschäftigt, weil es ist nicht einfach für Menschen, dass Gewissheiten, die sie mit der Muttermilch eingesogen haben, die als unverrückbar galten und wovon man ausgegangen ist, dass sie zu den eigenen Lebzeiten sich nicht mehr verändern werden, wenn die innerhalb von wenigen Wochen über den Haufen geworfen werden.
Und die Schwierigkeit, vor der werden wir noch lange stehen, das was wir jetzt zwar irgendwie verstanden haben, ich habe das ja gleich im ersten Podcast nach Donald Trumps Wahl gesagt, das ist das Ende des Westens. Und das haben wir zwar irgendwie verstanden, aber das haben wir in unseren Gedärmen und unseren Eingeweiden noch überhaupt nicht verstanden. Richtig.
Und wie unsere eigene Rolle aussehen sollte, jetzt mal völlig jenseits der immer nur geführten Diskussion um Aufrüstung, was wirklich ein Europa in zehn Jahren ist, wie das in der Welt dastehen soll, als was? Als militärische Supermacht tatsächlich? Auf welchen Preis? Oder in was für einem Verhältnis zu den USA werden wir denn in zehn Jahren sein? In was für einem Verhältnis zu Russland, zu China, zu Indien?
Da müssen wir uns ja komplett neu erfinden. Und diese Kraft sehe ich im Augenblick noch nicht. Ich sehe eigentlich im Augenblick eher das Klagen, die Angst, die Verbitterung, die Panik. Aber dieses langsame Erstarken eines eigenen europäischen Selbstbewusstseins unabhängig von den USA, das braucht glaube ich ziemlich lange. Stimmt. Ich glaube, wir schaffen das, um mal eine berühmte deutsche Kanzlerin zu zitieren. Wir kriegen das hin, Richard.
Und ich freue mich, wenn wir uns nächste Woche wieder hören. Das war ein spannender Austausch, Richard. Hab eine gute Zeit. Bis dann. Danke dir. Music.