AUSGABE 182 (Die große Qual nach der Wahl) - podcast episode cover

AUSGABE 182 (Die große Qual nach der Wahl)

Feb 28, 202550 min
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Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner – sie räumen ihre Posten und die AfD hat sich endgültig etabliert. Markus Lanz resümiert: „Die Wahl ist ein Stück weit das Ende der klassischen, alten Bundesrepublik“. Richard David Precht beschäftigt die Frage, wann Friedrich Merz damit beginnen wird, „das Gegenteil von dem zu tun, was er vor der Wahl angekündigt hat.“ Könnte das schon bei der Schuldenbremse der Fall sein? Damit der Verteidigungsetat erhöht werden kann? Fürchten wir uns so sehr vor Russland? An diesem Punkt liegen die Meinungen der beiden weit auseinander. Einig sind sich beide wieder darin, dass es in unserer „Befindlichkeitsrepublik“ für die nächste Regierung sehr schwer werden wird.

Transcript

Music. Schönen guten Morgen, Richard. Guten Morgen, Markus. Ja, wo erreiche ich dich? Wie immer zu Hause. Schreibst du eigentlich gerade oder was machst du? Ja, ich schreibe. Ich schreibe ja ein Buch über Meinungsfreiheit. Inspiriert von J.D. Vance oder? Nee, da schreibe ich schon etwas länger dran. Aber über die Vance-Rede und ihre Implikationen habe ich auch gerade ein Kapitel geschrieben. Interessant. Richard, die große Qual nach der Wahl, würde ich mal sagen.

Bundestagswahl hinter uns. Du hast ganz traditionell gewählt, nämlich. Warst du so persönlich? Ja, ich war hier in der Grundschule und habe gewählt. Und ist alles so zu deiner Zufriedenheit gelaufen? Ich lege jetzt mal eine kleine Lunte. Also ich war am Wahlabend selber auf der Geburtstagsfeier eines Freundes, der dann quasi Wahlparty und Geburtstag in eins gemacht hat. Wie gut wurde denn die Party?

Die Party war relativ gut. Ich meine, das war ja ein Ergebnis, was mit Ausnahme der AfD und der Linken keine jubelnden Gewinner hatte. Sondern bei denjenigen, die mit einem blauen Auge davongekommen sind, so die Frage hinterließ, wie blau ist es jetzt eigentlich? Die einen kommen mit einem blauen Auge in die Regierung, die CDU, die anderen sind mit einem blauen Auge raus und zwei blaue Augen hat ja eigentlich nur die FDP und die SPD.

Es war immer toll, dann wurden immer, wie das ja so ist im Fernsehen, die ganzen denkbaren Koalitionen da alle aufgezählt, wo man immer wusste, ganz viele davon finden A sowieso nicht statt und B wusste man ja bis in den tiefen Abend, ja bis in die Nacht hinein ja gar nicht, ob es eine Zwei- oder eine Drei-Parteien-Koalition gibt. Richtig. Und da muss ich sagen, und da bekenne ich mal Farbe, ich fand es gut, dass es nicht wieder eine Drei-Parteien-Koalition gibt.

Dass also dieser Stillstand, den wir da zum Teil in der Ampel gehabt haben durch die drei Parteien, dass sich das nicht auf die genau gleiche Art und Weise wiederholt. Und ich denke, damit gehören wir inzwischen zu den relativ wenigen Demokratien in Europa, wo noch zwei Parteien ausreichen, um eine Regierung zu bilden. Mhm. Ich habe an dem Wahlabend die ganze Zeit über diese wahnsinnige Achterbahn der Gefühle nachgedacht, denke ich jedes Mal nach.

Ich bin ja, du weißt, ein großer Politiker-Versteher und bin da auch sehr einfühlsam und deswegen geht mir das dann immer sehr nah, wenn ich sehe, wie dann so um 18 Uhr einfach so Karrieren zu Ende gehen und zwar binnen Sekunden. Und im Fall von Robert Habeck war das besonders, ich fand wirklich brutal an dem Abend. Erst hast du plötzlich ganz viel Freizeit, dann zeichnet sich plötzlich ab, oh BSW könnte doch noch irgendwie funktionieren.

Plötzlich um Mitternacht hast du die Aussicht, demnächst wieder Bundesminister zu sein, weil wenn BSW reingekommen wäre, hätte Merz es mit den Grünen machen müssen, also mit SPD und Grünen. Und plötzlich fehlen dann diese 10.000 Stimmen, 4,97 Prozent und damit ist klar, du hast jetzt doch wieder sehr viel Tagesfreizeit. Das finde ich so brutal, wie sich da so Lebenswege entscheiden. Das ist so hart eigentlich nur in der Politik.

Und das muss man schon auch wirklich wollen. Und deswegen habe ich das Gefühl, die sind dann so im Tunnel und setzen so auf Sieg, dass sie das gar nicht wirklich realisieren, worauf sie sich da eigentlich einlassen. Ja, du musst dir auch überlegen. Ich meine, die ganze Arbeit, die man sich vorher gemacht hat, all die 16 oder 18 Stundentage, die du im Wahlkampf hast, all die Hausbesuche, die du gemacht hast, die Videos, die du aufgenommen hast, all die Orte, an denen du dich hast blicken lassen.

Du hast eine Million Mal das Gleiche erzählt. Du hast Bürgerverständnis aufgebracht oder zumindest erfolgreich simuliert über Wochen und über Monate und so weiter. Und dann kriegst du am Ende... Hast du gesagt simuliert? Kein Gut. Ich weiß es. Ich will das nicht beurteilen. Das kann ich nicht unterstellen. Und dann sitzt du da und man muss sagen, Robert Habeck war der Politiker, dem man das am meisten angesehen hat.

Der war ja, ich habe den schwer verstanden. Ich musste den Ton lauter machen, weil der redete so, als hätte er so einen riesigen Kartoffelkloß im Hals. So eine halb gelähmte Zunge und Und man drückte sich dann auch irgendwie nicht mehr so klar aus. Aber um mal was Gutes über Robert Habeck zu sagen, er hat die Konsequenzen gezogen. Und damit steht er zwar nicht allein auf weiter Flur. Ich meine, dass Christian Lindner die Konsequenzen ziehen musste und würde, war ohnehin klar.

Musste sehr an dich denken. Ist genauso gekommen, wie du es gesagt hast. Ja, ja, genau. Dass Olaf Scholz die Konsequenzen ziehen muss, darüber muss man auch nicht diskutieren. Das mit Riesenabstand schlechteste Ergebnis der SPD in ihrer Geschichte. Also noch nie ist ein Bundeskanzler so krachend abgewählt worden. Da gibt es nichts anderes als Konsequenzen ziehen. Aber es gibt ja auch hinreichend andere, die überhaupt keinen Anlass dazu sehen, die Konsequenzen aus dem Ergebnis zu ziehen.

Das ist wirklich interessant. In dem Zusammenhang, wie geht es eigentlich Saskia Esken? Hast du da Nachrichten? Nee, du, ich bin ja nicht persönlich mit ihr befreundet, anders als du. Deswegen weiß ich das nicht. Hast du denn mit Annalena Baerbock heute Morgen schon telefoniert und sie dir erzählt, wie sie gerne Fraktionsvorsitzende werden möchte? Nee, auch nicht. Ich telefoniere ja mit denen ja eigentlich nie mit den Leuten.

Was auch Saskia Esken. Also du hörst das, wie dieses Ergebnis ist und du denkst, okay, das hat jetzt eine Konsequenz. Und ich erinnere mich an unglaubliche Gespräche mit ihr, letzte Europawahl zum Beispiel. Da ging es um die Frage, welche Konsequenzen hat das jetzt eigentlich? Und dann ging mir das so durch, inhaltlich. Und sie sagte, nee, haben wir alles richtig gemacht. War alles richtig.

Total miserables Wahlergebnis. Dann sagte ich, okay, wenn inhaltlich doch alles richtig war, lag es dann vielleicht an den handelnden Personen? Muss es dann da eine Konsequenz geben? Nee, auf gar keinen Fall. Und dann bemühte sie so eine Fußballmetapher und sagte, man tauscht ja nicht in der Champions League in der Runde dann irgendwann mal das Personal aus. Und ich dachte, na gut, in der Champions League vielleicht nicht,

aber vielleicht eine Liga darunter vielleicht schon. Aber Markus, es wird hier nicht klar. Es kann doch auch sein, dass nicht die Partei alles falsch gemacht hat, sondern der Wähler hat alles falsch gemacht, indem er die Partei nicht gewählt hat. Es gibt ja nur die beiden Möglichkeiten. Ähnlich hat Robert Habeck auch argumentiert, um ehrlich zu sein. Er hat gesagt, das Angebot war top, aber die Nachfrage hat nicht gestimmt. Und in gewisser Weise hat er ja sogar recht.

Man kann das einfach mal so ganz platt runterbrechen. Ich weiß nicht, von welchem Standpunkt aus du jetzt beurteilen willst, ob er da recht hat oder nicht recht hat. Naja, einfach ganz schlicht, es gibt ein Angebot an politisches und es wurde nicht nachgefragt. Also du meinst jetzt so, ob der sachliche Ebene ist. Das ist erstmal die richtige Feststellung. So ganz platt, ja genau. Aber Saskia Esken sagt, das Amt als Parteivorsitzende macht mir wahnsinnig viel

Spaß. Das ist doch schön, das Wichtigste ist doch das, was Spaß macht. Ich finde, das ist eine gute Argumentation. Okay, jetzt haben wir sozusagen die Lunte gelegt, einmal so ganz lässig, flapsig ablästern und so weiter und wie kann man nur. Dreh es mal anders. Ist das vielleicht auch eine Qualität, dass jemand wie Saskia Esken zum Beispiel sagt, ist egal, wie hart die Anwürfe werden, ich ziehe durch.

Ich stehe da, ich bin verlässlich, ich bin immer da. Das wäre jedenfalls eine neu zu entdeckende Qualität. Also man steigt aus der Bundesliga ab in die zweite Liga. Man hat seit sieben oder acht Spielen kein einziges Tor mehr geschossen und so weiter. Und dann sagt man als Trainer, meine Qualität besteht darin, dass ich weiterhin zur Mannschaft stehe. Jetzt bist du wieder noch im Lästermodus. Ich war jetzt schon einen Schritt weiter. Ich sage es nochmal.

Also schau dir mal an, was uns da alles abhandengekommen ist in den letzten Wochen und Monaten. Da sind ein paar wirklich tolle Leute und auch politische Talente und das meine ich ganz unironisch, die sind einfach abhandengekommen. Und ich fange ganz vorne an mit Christian Lindner. Der ist jetzt einfach Geschichte. Raus aus der Politik, super erfahren. Man muss die Position nicht teilen. Man kann das auch alles doof finden mit D-Day und Feldschlacht und so weiter.

Kann man alles machen. Ich wundere mich jetzt über deine netten Töne. Und da kann ich nur wieder sagen, niemand ist so schlecht wie sein Ruf. Und niemand ist so gut wie sein Nachruf. Und Christian Lindner hat seinen Nachruf ja selber schon im Fernsehen, als er da in der großen Runde saß, verfasst, indem er noch mal fast von sich selbst zu Tränen berührt, erzählt hat, seinen Aufstieg und wie er die Partei übernommen und wie er schon als junger Liberaler und so weiter.

Also er hat einen kleinen sentimentalen Rückblick eingeflochten, damit man ihn auch gut in Erinnerung behält. Und ich finde, da er das schon selber gemacht hat, Markus, müssen wir das jetzt nicht auch noch machen. Dieser Rückblick, den fand ich übrigens interessant. Das hat mir gefallen. Ich dachte, okay, das hat jetzt in der Runde überhaupt genau gar nichts von der Runde. Alle haben schief gegrinst und sich gefragt, was das sollte.

Richtig. Ich finde, der Scholz hat die Gelegenheit verpasst, dasselbe zu machen. Der hätte doch auch erzählen können, wie er als junger Juso völlig idealistisch von der Schließlich in die SPD eingetreten ist und wie viele Menschen er lieb gewonnen hat auf dem langen Weg und so. Das wäre dann ein neuer Stil, dass man am Wahlabend einfach eine sentimentale Geschichte über den eigenen Lebensweg erzählt.

Ja, das fand ich wirklich, ich dachte irgendwie, okay, ich bin gespannt, deswegen bin ich auch dran geblieben. Gleich kommt Teil 2 der rührenden Geschichten aus Wermelskirchen, Kindheit und Jugend von Christian Lindner. Jetzt Teil 2, wie sie mir mal die Butterdose geklaut haben. Irgendwie sowas in der Art. Ich fand das merkwürdig, aber ich sage dir trotzdem, Richard, es ist ein großes politisches Talent und schade, dass der weg ist.

Und das finde ich zum Beispiel auch bei Kevin Kühnert. Riesiges politisches Talent, schade, dass der gerade nicht mehr am Start ist. Also ich schaue mit den Kanzleramtsministern Wolfgang Schmidt, der glaube ich sein Direktmandat auch nicht geholt hat. Riesiges Talent, jemand, den man einfach nur deswegen schätzt, weil er echt ein Profi ist. Der kennt sich aus, der ist wirklich in den Themen und das gilt eben auch für Christian Lindner, das gilt auch für Kevin Kühnert.

Aber wer sagt dir denn, dass die nicht wiederkommen? Guck dir doch mal die Karriere von Friedrich Merz an. Der war ja auch ganz, ganz lange weg. Und irgendwann war er wieder da. Und wer weiß, vielleicht passiert das mit Christian Lindner auch und mit Kevin Kühnert könnte ich mir das sehr gut vorstellen. Ja, ich will nur sagen, da geht schon auch politisches Know-how flöten. Da sind plötzlich Leute weg, da zerbröselt was, da zerbröselt auch so eine Mitte.

Und das habe ich jetzt in dieser Woche tatsächlich auch in der Sendung massiv gemerkt. Beispielsweise als Wolfgang Kubicki und Bodo Ramelow da saßen. Das war interessant, da kriegte man so ein Gefühl dafür, wie diese alte Bundesrepublik sich auflöst. Und das ist mein Schmerz damit. Weißt du, was ich meine? Mir geht es nochmal, ich bewerte hier keine politische Position.

Aber da hat sich jetzt etwas verschoben, da ist auch so ein Kulturkampf im Gange plötzlich, wie wir ihn eigentlich bislang nur aus Amerika kannten. Weißt du, alles, was von den Grünen kommt, ist prinzipiell doof. Alles, was von der FDP kommt, ist prinzipiell doof. Alles, was Friedrich Merz macht, ist prinzipiell doof, weil er nebenbei auch noch ein Fascher ist und so weiter. Ja, aber so war das doch immer. Ganz schwierig. Also das war vielleicht in der Merkel-Zeit nicht so. Nicht so verhärtet.

Nee, aber das war früher doch. Also lass dir das von jemandem, der deutlich älter ist als du, du sagst. Also wirklich in den 60er, in den 70er Jahren, bis in die 80er hinein, NATO-Doppelbeschluss und so weiter. Da gab es absolut verhärtete Fronten in der Politik. Es war wirklich so, dass die CDU den Teufel an die Wand malte, wenn die Sozialdemokraten Regierungsverantwortung übernehmen, dann beginnt hier sozialistische Misswirtschaft.

Ja, dann wird die Marktwirtschaft umgestellt auf Planwirtschaft und so weiter. Das ist der absolute Untergang kulturell, da wird also dem Laster und der Faulheit Tür und Tor geöffnet und umgekehrt haben die Sozialdemokraten also immer beschworen, was für ein gefährlicher Rechtsruck vor allem voran von Franz Josef Strauß ausginge und so, da hat man sich in der Rhetorik nichts geschenkt, verhärtete Fronten, was wir für normal halten, ist die Merkel-Ära.

Diese 16 Jahre Konsensgesellschaft, die erscheint uns im Nachhinein und gerade jüngeren als die gute alte Zeit der Politik, wo man nicht mit den härtesten Bandagen aufeinander losgegangen ist. Und jetzt sind wir zurück in der politischen Realität, wie sie in der Bundesrepublik jahrzehntelang vorher auch gewesen ist. Das ist ein interessanter Gedanke, Herr Richard.

Hast du recht? Und würdest du also sagen, das ist ja die spannende Frage, würdest du sagen, das was wir jetzt erleben ist einfach nur sozusagen ein Kontinuum? Das ist die Fortsetzung ganz normaler bundesrepublikanischer Geschichte, weil das würde ich tatsächlich in Frage stellen. Sowohl als auch. Also was den verschärften Umgangston miteinander anbelangt, dann würde ich sagen, das war in früheren Wahlkämpfen und in Auseinandersetzungen nicht anders.

Da wurde zumindestens, auch manchmal war es ja nur simuliert, der Kampf von Weltanschauungen zwischen dem Konservativismus und dem Sozialismus daraus gemacht. Das war in der Realität nicht der Fall. Helmut Schmidt war kein Sozialist und unter Helmut Kohl wurde der Sozialstaat weiter ausgebaut als unter jedem anderen Bundeskanzler einschließlich der beiden sozialdemokratischen vorher. Also insofern war das, stimmte das auch damals nicht. Es wird auch diesmal so kommen.

Also ich habe ja schon in einem früheren Podcast die Prophezeiung von mir gegeben, an die ich auch gerne erinnert werden möchte, dass Friedrich Merz in vielen entscheidenden Punkten in den nächsten Jahren das Gegenteil von dem tun wird, für das er angetreten ist. Da bin ich mir ziemlich sicher, dass das so kommen wird. Ich würde gerne gleich nochmal intensiver mit dir darüber sprechen, Richard, und trotzdem nochmal ganz kurz auf diese Ramelow-Sendung zu sprechen kommen.

Hast du das gesehen zufällig? Ja, ich habe es gesehen. Diese Sendung wird mir lange, lange, lange im Gedächtnis bleiben, aus zwei Gründen. Das erste war Wolfgang Kubicki. Den älteren Herren Wolfgang Kubicki da so zu erleben, der wie ein Schluck Wasser in der Kurve da sitzt, der etwas gemacht hat, was er sonst glaube ich nie macht. Er hat sich ein Gläschen Weißwein gegönnt während der Sendung, macht er sonst nicht.

Du merktest irgendwie, da ist wirklich tiefe Frustration, weil das sozusagen ein Lebenswerk ist, das sich da auflöst. In der ersten Antwort hatte er Pippi in den Augen.

Das ging mir echt nah. Und dann später Bodo Ramelow, wo du dann plötzlich merktest, und ich bin mir bis heute nicht ganz sicher, natürlich hat er da auch was inszeniert, natürlich wollte er, dass da ein viraler Clip entsteht, natürlich wollte er, dass darüber geredet wird, weil er die Gesetzmäßigkeiten von Social Media kennt und so weiter. Einmal Halligalli oder Rambuzambo, wie man neuerdings ja sagt. Rambuzambo, auch ein schönes Ding. Hast du den Song von Stefan gehört, Stefan Raab? Nee.

Musst du dir geben. Wirklich lustig, wirklich schön. Schön verarbeitet, in bester Maschendrahtzaun-Manier und Tradition. Wirklich schön. Schöne Grüße an der Stelle. Aber das war es nicht nur. Man merkte, da ist einer... Und zwar verletzt, weil man ihn all die Jahre sozusagen im Grunde als Extremisten, als Kommunisten, als Outlaw im Grunde behandelt hat von Seiten der CDU. Und eigentlich hatte er damit nichts am Hut. Nee, war ein tüchtiger Ministerpräsident.

So, und die Leute, die immer gesagt haben, pass auf, Linkspartei, SED-Nachfolgepartei, okay, aber Bodo Ramelow, schau dir den Mann konkret an. Und da sagt man, ja, mit Bodo Ramelow, aber im Ergebnis immer ganz harte Bandage. Das hat was mit dem gemacht und das brach da raus an diesem Abend. Und deswegen hat mich das tatsächlich, obwohl es mich erwischt hat,

hat es mich irgendwie berührt. Ich hatte nur zwischenzeitlich Angst, dass er jetzt wirklich endgültig die Kontenanz verliert und auf mich losgeht. Aber ich wusste ganz heimlich, dass er mich, ganz heimlich, er hat es geschickt getarnt an dem Abend, aber ganz heimlich mag er mich auch ein bisschen. Ich ihn auch. Und deswegen wusste ich, okay, ich habe nichts zu befürchten. Aber ansonsten war es kurz vor Totaleskalation.

Aber das ging mir nah weil ich mich gefragt habe, weißt du was macht das mit den Leuten, diese brutale Zuspitzung diese ganz, auch mit Merz zum Beispiel, ja du bist jetzt plötzlich ich meine man kann.

Total gegen Friedrich Merz sein und man muss keine seiner politischen Positionen teilen und man kann den, wenn man will chauvinistisch finden, man kann sein kleines Flugzeug doof finden, kann alles machen man kann sagen, der war mit Blackrock unterwegs und so weiter, der ist irgendwie der hat für Heuschrecken gearbeitet kann man alles machen, Aber eins kann man nicht, nämlich Friedrich Merz zum Nazi zu machen. Das kann man nicht machen.

Das ist ein Mann, der so sehr in dieser bundesrepublikanischen Tradition steht, dass man das wirklich nicht machen kann. Das ist nicht in Ordnung. Nein, es würde unserem Land sehr gut tun, wenn man mal ein paar Jahre lang das Wort Nazi als Schimpfwort und Vorwurf aus dem Raum nehmen würde, weil das sehr viel Unheil und Unfrieden stiftet und eben sehr häufig die Sache nicht trifft.

Also diese Art von Keule. Also so wie Ramelow darunter leiden musste mit dem ganz Unheil, was die SED angerichtet hat und dem Stalinismus in einen Topf geworfen zu werden, mit denen er nichts zu tun hat. Das gleiche Problem gibt es auf der anderen Seite natürlich auch, wenn man pauschal alles, was rechts ist, in die Nazi-Ecke stellt. Was dein Gespräch mit Ramelow anbelangt, er wollte zwei Punkte machen.

Zu dem ersten ist er weitgehend gekommen. Er hat sich einfach darüber geärgert, dass wenn die CDU seine Zustimmung braucht für die erforderliche Zweidrittelmehrheit, unter anderem, wenn es um die 200 Milliarden der Aufrüstung geht. Sie vorher sich mit ihm an einen Tisch setzen soll und mit ihm in Ruhe darüber reden. Weil er hatte eine Menge Fragen dran und das war sein zweiter Punkt. Und da ist er nicht so richtig dazu gekommen, das klarzumachen, weil er dann mit Verhaken beschäftigt war.

Der zweite Punkt, den er hatte, war einfach, er wollte klar machen, bevor man die Entscheidung trifft, 200 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr einzuräumen, muss man all die Fragen, die davor, danach und damit verbunden sind, klären. Man muss sich die Frage stellen, nicht nur für was für Waffen das ausgegeben wird, sondern was ist eigentlich die Zukunft der NATO, Wenn die USA sich von uns abwenden, was ist denn mit einer europäischen Armee?

Stockt jetzt jedes Land für sich seinen Verteidigungshaushalt auf und kauft wie verrückt Waffen? Kann man das nicht europäisch miteinander koordinieren? Wie sieht eine zukünftige europäische Verteidigungsstrategie aus? Geht es bei den 200 Milliarden tatsächlich um Landesverteidigung? Ist das ernst gemeint? Wir haben ja keine Grenze zu Russland. Vorher müssten die Russen durch Polen durch und dann stünde ja schon der Bündnisfall an.

Also das sind alles Sachen, die müsste man klären. Wir haben ja selber mal eine Sendung darüber gemacht und versucht das ein bisschen zu sortieren. Und dass er sagt, bevor wir zustimmen zu 200 Milliarden, müssen wir diese Fragen alle in Ruhe mal geklärt haben, damit wir wissen, wozu wir überhaupt zustimmen. Da hat er einen Punkt. Da hat er einen Punkt und trotzdem hat er sich natürlich um die Antwort auf eine ganz entscheidende Frage gedrückt, Richard.

Und ich wollte nur eine Antwort auf diese Frage haben. Muss man vielleicht einmal kurz erklären, wenn du die Schuldenbremse reformieren möchtest, gar aussetzen möchtest, wenn du ein sogenanntes Sondervermögen bauen möchtest, das ist ja das, woran unter anderem dann diese Regierung auch gescheitert ist, dass man sozusagen gesagt hat, offiziell Schuldenbremse halten wir alles ein. Kleiner Griff in die Trickkiste. Wir haben so Schattenhaushalte. Und dann lösen wir das damit im Grunde neben Etats.

Weitere Schulden nennen es dann Sondervermögen. Das ist auch ein lustiges Wort. Vermögen, wenn es sich eigentlich in Wahrheit um Schulden handelt. Also es ist das Vermögen der anderen. Da musste man eigentlich immer dazu sagen. Dann ist es vielleicht auch ein Sondervermögen. Das ist zukünftig zu erwirtschaften das Geld. Ganz genau. So sollten wir es vielleicht in Zukunft nennen, Richard. So, und das hat ja das oberste Gericht zerlegt und hat gesagt, pass auf, das geht so nicht.

Und im Grunde war da das Todesurteil über diese Ampel eigentlich gesprochen. Davon hat sie sich nie wieder erholt, weil da war plötzlich kein Geld mehr da. So, und das ist das Problem, vor dem Friedrich Merz, Jetzt, der in Wahrheit auch steht. Friedrich Merz hat ja zwei interessante Dinge gemacht.

Friedrich Merz hat sozusagen investiert, wenn man so will, in seinen Wahlkampf, als er mantra-mäßig immer gesagt hat, die Schuldenbremse steht, die Schuldenbremse bleibt, auf jeden Fall, Schuldenbremse ist etwas, woran nichts zu rütteln ist. Das war sozusagen das Investment in den Wahlkampf, weil er glaubte, seine Kundschaft hört das gerne. So, die Frage ist, war es ein geschicktes Investment in seine Kanzlerschaft und das war es natürlich nicht.

Und deswegen redet er jetzt am Tag danach auch direkt ganz anders und sagt, naja, also da muss man gucken und da muss man, und ab und zu mal hat er ja auch schon im Wahlkampf die Tür so ein bisschen aufgemacht und wurde dann sofort von Carsten Linnemann, dem Generalsekretär, der in dieser Woche auch bei uns war, zurückgepfiffen, gesagt hat, die Schuldenbremse steht, um Gottes Willen, was macht der da? Aber siehe da, 23. Februar, Wahlabend und es kommt der Morgen des 24.

Februar und schon reden wir ganz anders über die Schuldenbremse und derselbe Friedrich Merz. Und das ist natürlich wirklich spannend. Der bis dato ein so eifriger Verfechter der Schuldenbremse war, sagt jetzt. Vielleicht sollten wir, solange es den alten Bundestag noch gibt, ganz schnell diese Schuldenbremse reformieren, weil wir es möglicherweise dann, wenn sich der neue Bundestag konstituiert, nicht mehr können. Warum? Weil es in unserer Verfassung so etwas gibt wie eine Sperrminorität.

Und das bedeutet, du brauchst eine Zweidrittelmehrheit, um solche wichtigen Dinge, die in der Verfassung stehen, Schuldenbremse, Sondervermögen, um die sozusagen auszusetzen. Was ja, wie ich dazu sagen muss, auch gut und richtig ist. Damit man nicht im Notfall mit gerade mal 51 Prozent am Grundgesetz Veränderungen vornehmen kann, sondern man will, dass das auf einem breiten gesellschaftlichen Konsens beruht, wenn man am Grundgesetz etwas ändert. Genau.

Das Spannende ist ja, dass wir ja wissen, dass die Sitzverteilung im Parlament. Nachdem die neue Regierung gebildet ist, so aussehen wird, dass die Linkspartei und die AfD zusammen mehr als ein Drittel der Abgeordneten stellen und damit eine Grundgesetzänderung nur möglich ist, indem Abgeordnete der Linkspartei oder der AfD ihr zustimmen. So, und mein Punkt in diesem Gespräch ist folgender, Richard.

Wenn also jetzt ansteht, dass wir sehr, sehr, sehr, sehr schnell in irgendeiner Form verteidigungsfähig sein müssen. Weil die Gefahr, ich weiß nicht, wie du das einschätzt, können wir gerne auch gleich mal einen Satz darüber reden, nur ich habe das Gefühl, wenn uns die Amerikaner jetzt im Stich lassen, dann wird es schwierig. Und wir haben ja schon mal darüber gesprochen.

Ich meine, die NATO hat ja immer auf der Idee beruht, dass wenn du sozusagen ein kleines Dorf in Estland angreifst, dann ist es so, als würdest du Amerika angreifen. Und dann hilft Amerika. Und irgendwie gab es, hat Carlo Masala dieser Tage auch nochmal darauf hingewiesen, von Anfang an immer Zweifel, ob die Amerikaner, wenn sozusagen die Zerstörung New Yorks droht, wirklich bereit wären, Trabemünde zu verteidigen.

Man hat über diese Zweifel, die Masala da geäußert hat, natürlich öffentlich nie geredet, weil man in dem Moment gegenüber der damaligen Sowjetunion klar gemacht hätte, dass das Bündnis vielleicht nicht so eisern ist, wie es in jedem Fall nach außen erscheinen musste. Und deswegen hat man da nie irgendeinen Zweifel aufkommen lassen. Und heute hat man gute Gründe, dass man daran zweifelt. Und dass dadurch eine veränderte Sicherheitslage eingetreten ist, das müssen wir gar nicht groß diskutieren.

Das ist auf jeden Fall so. Wir wissen, dass wir uns im Zweifelsfall auf die USA nicht verlassen können. Aber die NATO gibt es ja trotzdem. Das heißt also, die Frage wäre, dann können wir uns im Zweifelsfall auf Frankreich verlassen, auf Großbritannien verlassen, auf die Türkei verlassen, auf Italien verlassen und all die anderen Bündnispartner, die wir in der NATO ja noch weiterhin haben. Und das wäre ja jetzt zum Beispiel auch erstmal eine wichtige Frage,

die man klären muss. Und dann ist es einfach so, was ich vorhin sagte. Es kann nicht jedes Land von sich alleine jetzt einfach nur seine Verteidigungsausgaben erhöhen und damit ist für die große Sicherheit gesorgt. Sondern das muss miteinander koordiniert sein und das muss seine mittelfristige Zukunft in einer europäischen Armee finden.

All das kann ich mir das eigentlich gar nicht vorstellen, denn wenn die USA wegfallen, Dann ist es ja auch günstig, übrigens auch finanziell sehr viel günstiger, Wenn eine europäische Armee so ausgerüstet ist, dass sie in der Lage ist, Europa zu verteidigen. Da stellt sich zum Beispiel die Frage nach den französischen Atomarsenalen. Die Frage ist nicht die, die wir uns gestellt haben, ob die Bundesrepublik jetzt Atomwaffen braucht, sondern die Frage ist, ob der, der Atomwaffen hat.

Andere Arsenale oder sowas braucht. Das kann ich ja alles nachvollziehen, dass man über solche Fragen jetzt diskutiert. Aber was mich stört, ist, dass wir jetzt panikartig eine riesige Summe, 200 Milliarden, eine wahnsinnige Summe, knapp die Hälfte des Bundeshaushaltes, als Sondervermögen, also als zukünftige Schulden in den Raum stellen, ohne dass im Augenblick so richtig klar ist, wie eine künftige europäische Verteidigungsstrategie eigentlich aussehen soll.

Das heißt, man macht den zweiten Schritt vor dem ersten. Und da kann ich jeden verstehen, der sagt, jetzt mal halblang, jetzt mal vorsichtig, zumal, und das ist vielleicht auch nicht unwichtig, das Bedrohungsszenario dann, wenn es tatsächlich in absehbarer Zeit, vielleicht schon in kürzester Zeit in der Ukraine, zu einem Frieden kommen würde und die Russen froh sind, dass sie nochmal mit einem blauen Auge aus der Noma rausgekommen sind.

Ja, im Zweifelsfall mit einem Landbesitz, der wahrscheinlich gar nicht ihr vorgründiges Kriegsziel war. Ich glaube, vor diesen Russen droht uns jetzt nicht unmittelbar in den nächsten Jahren die Gefahr, dass die jetzt nochmal einen noch größeren Krieg gegen uns anfangen werden. Also das halte ich, und da haben wir schon häufig drüber geredet, schlichtweg für eine Verschwörungserzählung.

Ich glaube, dass wir eine Neusortierung unseres Militärs brauchen, dass wir eine Neuausrichtung unserer Strategien brauchen, europäischer, nicht so stark transatlantisch. Aber ich glaube nicht, dass wir jetzt in Panik Geld erfinden müssen, um ganz, ganz schnell irgendwelche gigantischen Rüstungsprojekte anzustrengen. In dem Punkt bin ich einfach eine andere Meinung als du.

Ja, ich bin da, nochmal, wir wissen es schlicht und ergreifend nicht, aber ich wäre da tatsächlich nicht so gelassen wie du, Richard. Ich meine, wenn du dir das jetzt mal anschaust, du hast ja jetzt schon im Grunde eine Internationalisierung dieses Konflikts. Du hast drei Atommächte auf Seiten der Ukraine stehen im Moment. Du hast drei Atommächte gegen die Ukraine.

Wir haben neun Atommächte insgesamt auf der Welt. zwei Drittel der Nuklearmächte, wenn du Nordkorea mit einbeziehst, ja, zwei Drittel sind schon in diesen Konflikt involviert. Ja, also das heißt, wir haben da schon ein Szenario, ich will ja jetzt nicht so den Teufel an die Wand malen, aber wir haben da ein Szenario, das mich tatsächlich beunruhigt. Und jetzt nochmal einen anderen Gedanken in die Runde geworfen, Richard. Wenn du dir vorstellst, dem Trump ist das egal.

Du sagst, wir wenden uns im Grunde jetzt Asien zu, wir haben ein Thema mit China, mit denen müssen wir jetzt irgendwie klarkommen, dazu passt übrigens, ist dir das mal aufgefallen, wie wenig der in letzter Zeit über China redet? Das ist gar nicht mehr so das große Thema, weil er genau weiß, er muss sich mit denen irgendwie ins Benehmen setzen, aber Europa ist den möglicherweise und allein die Möglichkeit.

Dass es so passieren könnte, dass es ihnen egal ist, allein diese Möglichkeit ist eine, die mir Sorge macht, wenn ich mir überlege, der Putin würde jetzt kriegen, worum es geht. Putin sagt ja, das ist sehr interessant, Putin sagt und russische Diplomaten sagen ja immer, wir müssen da über Frieden reden. Und das bedeutet, wir müssen da mal an die Wurzeln, so glaube ich, sagen sie es immer, dieses Konflikt ran.

Das heißt übersetzt, diese Floskel oder diese Formulierung, diese Chiffre, sehr interessant, weil sie heißt übersetzt, Wir wollen wieder die dominierende Macht in Europa werden und das wollen wir, indem wir die Amerikaner aus Europa rausschmeißen. Das heißt hier wieder. Also die Russen sind noch nie die dominierende Macht in Europa gewesen. Nein, aber dann streicht das wieder. Wir wollen die dominierende Macht in Europa werden. Aber wer sagt dir, dass das so ist?

Also ich sehe das nicht. Ich sehe jetzt sozusagen nicht die russische Agenda. Also man hat es uns ja immer erzählt. Du hast selber gerade, Richard, gesagt, es geht da nicht vordergründig um Territorien und es geht gar nicht um die Ukraine. Nein, da hast du völlig recht. Also das ist kein Krieg um Land.

Sondern der Krieg, und da haben wir ja sehr häufig drauf gesprochen, geht von Seiten Russlands darauf, eine schwache, neutrale Ukraine als Pufferzone zu haben und den Einfluss vornehmlich der USA, künftig der Europäer aus der Ukraine zurückzudrängen. Und wenn das, was ich für das primäre Kriegsziel halte, das primäre Kriegsziel ist, dann droht dem Westen von Russland kein Krieg. Das sehe ich anders, Richard. Also folgendes Gedankenspiel.

Wenn du sagst, das ist ernst zu nehmen, diese Chiffre, wir müssen mal an die Ursachen dieses Konflikts ran, so drücken sie sich immer aus. Für mich bedeutet das übersetzt und nicht nur für mich, wir wollen dominierende Macht in Europa werden. Wir wollen vor allen Dingen, dass die Amerikaner aus Europa rausgehen. Ja, das kriegen sie jetzt. Ehrlich gesagt ist es auch nicht klar, inwieweit sie das wirklich kriegen und inwieweit Trump wirklich rausgeht. Das wissen wir alles noch nicht so genau.

Aber es läuft in ihre Richtung, den amerikanischen Einfluss aus Europa rauszudrängen. Und zwar nicht, weil sie militärisch so stark waren. Sie sind ja in der Ukraine kaum vorwärts gekommen. Es ist ein Militärisches Desaster für Russland gewesen, die geglaubt haben, sie würden diese militärischen Spezialoperationen, wie sie das genannt, ein wenigen Wochen abschließen können.

Sondern weil die Amerikaner sich freiwillig zurückziehen. Das bedeutet aber nicht, dass die Russen komplett in das Vakuum vorstoßen können, was die Amerikaner hinterlassen. Und es bedeutet auch nicht, dass sie das vollumfänglich wollen. Das sagst du und ich bin mir nicht sicher, ob das so zutrifft. Und zwar deswegen, weil ich mir gerade überlege, Richard, stelle vor, man schafft es jetzt tatsächlich an die Ukraine irgendwie zu kommen. Du schaffst es dort irgendwie so eine

schwache Marionettenregierung zu installieren. Das war immer die Idee. In Kiew jemanden hinzusetzen, so wie Lukaschenko in Belarus. Das wäre der feuchte Traum Putins, genau. So, das ist der feuchte Traum. Weil man ja eine Pufferzone braucht. Beim direkten Anschluss hat man das gleiche Problem, das man vorher auch hatte. Einfach ein paar hundert Kilometer tiefer. Sondern halt genau so, wie du es beschreibst. Richtig, genau. Wenn wir uns da einig sind, stell dir mal vor, was dann passiert.

Dann hast du deine eigene Armee, die einen riesigen Preis gezahlt hat, die aber unglaublich viel gelernt hat in diesen letzten drei Jahren in der Ukraine. Du hast ein Land, das komplett auf Kriegswirtschaft umgestellt hat. Du hast ein Land, das seine Waffenproduktion auf eine unglaubliche Weise hochgefahren hat, während wir es noch nicht mal schaffen, genügend Munition zu produzieren.

Die Munition, die wir eigentlich bräuchten. Wir haben in den letzten drei Jahren im Grunde diesbezüglich nichts getan. Und jetzt hättest du über diese Marinettenregierung auch nochmal Zugriff auf diese extrem kampferprobte und taktisch sehr geschickte ukrainische Armee. Ist das nichts, was dir Angst macht? Nee, ehrlich gesagt nicht. Also ich bin frei von dieser Angst. Diese Angst teile ich nicht. Ich sehe sogar mit wirklich Hoffnung darauf, dass dieser Krieg irgendwann beendet ist.

Und ich denke, dass Russland, wie ich das gerade formuliert habe, durch das Glück des Regierungswechsels in den USA, mit einem blauen Auge und ungezählten Toten, du hast diesen schrecklichen Blutzoll bezahlt, Du hast vor der ganzen Welt gezeigt, dass du es nicht mit der Ukraine so aufnehmen kannst, dass du dieses Land in drei Jahren nicht hast besiegen können.

Das heißt, das Ganze ist ja unterm Strich jetzt kein großer triumphaler Gewinn oder sowas, sondern das ist der Versuch, noch halbwegs gesund aus der Sache rauszukommen, weil du musst ja natürlich deiner Bevölkerung irgendwas als Sieg verkaufen.

Und am Ende kriegst du auch gar nicht diese neutrale Ukraine, die du unbedingt hattest, haben wollen, sondern du kriegst stattdessen Gebiete, die du in drei Jahren komplett kaputt gemacht hast und die du mit der Wirtschaftsleistung Russlands auch nicht wieder aufbauen kannst.

Also das als ganz großen und stillernden und strahlenden Sieg darzustellen, der sofort dazu verführt zu sagen, noch mehr von solchen Siegen, den können wir denn jetzt als nächsten angreifen, das halte ich für total albernen Quatsch. Richard, dieser Mann hat als Ziel ausgegeben, allein in Russland 1,5 Millionen Männer unter Waffen zu bringen. Das ist die Vorgabe von Putin. Ja, aber das werden sie sich dauerhaft auch nicht leisten können. Weißt du, was das kostet?

Ich finde das irre, was im Augenblick auf allen Seiten, also wie du gerade bei Putin da erzählst, der sich vorstellen könnte, er könnte eine anderthalb Millionen Armee dauerhaft finanzieren. totaler Schwachsinn bei der Wirtschaftsleistung, die Russland hat. Genauso finde ich es völliger Schwachsinn, diese ganzen Summen, die wir im Augenblick in den Raum stellen. Überleg mal, wie viele dreistellige Milliardenbeträge. Nochmal, der Bundeshaushalt liegt irgendwo zwischen 400 und 500 Milliarden.

Ja, ungefähr knapp 500 Milliarden. Ja, der war noch vor 5, 6 Jahren bei 350 Milliarden. Ist also schon gewaltig aufgeblasen seitdem. Das ist richtig. Kannst du dir ansatzweise vorstellen, wo der dreistellige Milliardenbetrag für die Sanierung der Infrastruktur in Deutschland herkommen soll. Also die ganzen Autobahnen, Brücken und so weiter, Theater, Schulen und so weiter. Irrsinnig viel Geld, was wir da brauchen, was wir nicht haben.

Wo der dreistellige Milliardenbetrag für die Aufrüstung, 200 Milliarden Sondervermögen plus X, Erhöhung des Wehretats und und und herkommen soll. Und der dreistellige Milliardenbetrag, den wir immer wieder neu zusichern und von dem wir immer wieder hören, den wir zukünftig in der Ukraine als Wiederaufbauhilfe leisten wollen. Das sind jetzt drei Dinge, über die wir uns vor ein paar Jahren keine Gedanken gemacht haben oder nur sehr wenig Gedanken gemacht haben.

Und die jetzt alle, also dreimal dreistellige Milliardenbeträge. Wir reden also vielleicht alles zusammen von einer Billion. Wo soll denn das alles herkommen? Dass gleichzeitig die Wirtschaftsweisen, die Prognosen für unsere Wirtschaftsentwicklung negativ sehen. Sich nicht sicher sind, ob das nur eine Rezession ist oder ob das nicht vielleicht sogar ein dauerhafter Abschwung ist. Wenn du dir mal den deutschen Schuldenstand anguckst, wir könnten uns das locker leisten.

Warum soll sich das ein Land wie Deutschland nicht leisten können? Und ich frage mich immer, Richard, wann kommt der Moment, in dem jemand den Deutschen endlich mal die Wahrheit sagt und sagt, ihr lebt hier im Wesentlichen von einer Industrie, das ist eine Industrie aus dem 19. Jahrhundert und das war sehr, sehr lange ein deutsches Erfolgsmodell. Wir leben von einer Infrastruktur. Die im Grunde denken an die legendäre A55, die Diplomatenrennpiste von Köln nach Bonn in den 30er Jahren gebaut.

Von dieser Struktur zehren wir im Grunde bis heute. Da bin ich ja gänzlich bei. Von den drei Großinvestitionen gibt es überhaupt keinen Zweifel daran, dass wir diese Infrastruktur-Dinge machen müssen.

Daran zweifle ich überhaupt nicht. Ich zweifle aber, dass wir für die anderen beiden gigantischen, megalomanen Projekte, nämlich eine Aufrüstung, wie wir sie noch nie in Deutschland gekannt haben und eine Unterstützung der Ukraine, wie wir sie noch nie in unserer Geschichte für ein anderes Land geleistet haben, dass wir alle drei Dinge gleichzeitig finanzieren können. Das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Und deswegen komme ich zurück zu dem Punkt, den ich vorhin gemacht habe.

Friedrich Merz wird nicht die Politik machen, die er angekündigt hat. Die kann er nicht machen. Dafür hat er auch das Geld nicht. Deswegen sage ich, wann sagt jemand und hat den Mut, den Deutschen die Wahrheit zu sagen. Ich meine, du machst es jetzt so riesig groß und wir uns beide, Richard, eint sozusagen dieses Bauchkrummeln, wenn es um die Frage geht. Milliarden und Abermilliarden in Rüstung und Verteidigung zu stecken.

Ich finde es wahnsinnig, absolut wahnsinnig. Die Frage ist, ob wir diese Entscheidung irgendwann treffen, ob sie möglicherweise andere für uns treffen. Ich will damit sagen, haben wir ernsthaft eine Alternative? Das ist doch der Punkt. Wenn du umgeben bist oder es mit einer Macht zu tun hast, die vielleicht ganz andere Dinge im Schilde führt. Vielleicht warten wir erstmal den Frieden in der Ukraine ab.

Vielleicht warten wir mal, ob es ein Frieden ist, von dem sich herausstellt, dass er halbwegs belastbar ist. Vielleicht setzt danach irgendwann wieder eine Tauwetterperiode der Entspannung ein. Ich meine, was viel günstiger ist als eine Aufrüstung für 200 Milliarden plus X ist Entspannungspolitik. Das kostet uns nämlich nichts und das spart uns diese 200 Milliarden.

Ich glaube, Markus, man macht immer einen Fehler, wenn man in der Geschichte und in der Politik die bestehenden Verhältnisse einfach nur hochrechnet und sagt, jetzt haben wir diese unversöhnliche Situation mit Russland und zwischendurch schwebende Kriegsgefahr und das wird auch noch in fünf oder in zehn Jahren so sein. Wir haben überhaupt keine Vorstellung, was in fünf oder in zehn Jahren sein wird. Wir wissen auch nicht, ob Putin da noch an der Macht ist.

Wir wissen nicht, was sonst noch alles in der Welt bis dahin passiert ist. Und deswegen wäre ich einfach vorsichtig, weil eine jetzt in Auftrag gegebene Aufrüstung, die wird uns noch für ein, zwei Jahrzehnte beschäftigen und ein unglaubliches Geld kosten. Und dabei haben wir zurzeit überhaupt gar keine Vorstellung, wie die Welt sich weiterentwickelt. Siehst du, Richard, und ich sehe es genau aus demselben Grund komplett anders.

Okay. Aber um jetzt noch einmal zurückzukommen, Richard, auf den Punkt dieser Sperrminorität. Großer Bogen, aber wichtiger Bogen, den wir da gerade geschlagen haben. Es kann jetzt die Situation kommen, du hast es gerade selbst gesagt, dass Merz nicht die Politik machen kann, die er eigentlich machen müsste. Und soll ich dir mal sagen, welches Szenario demnächst auf uns zukommen könnte? Du sagst, wir brauchen ein Sondervermögen Bundeswehr und das brauchen wir relativ

zügig. Wir müssen das irgendwie organisieren. Alle Bedenken, sozusagen sehend, über die wir gerade gesprochen haben, du musst das jetzt organisieren. Und dann kommt es zur Abstimmung im Bundestag. Und dann passiert Folgendes. Dann wird die Linkspartei sagen, nee, Aufrüstung mit uns nicht. Das ist einfach nur totes Metall. so hat es Jan van Acken vor einiger Zeit ausgedrückt, führt zu nichts, wir brauchen das Geld für ganz andere Dinge. Und ist ein starkes, ist ein gutes Argument.

Das heißt, die werden Nein sagen. Wer Ja sagen wird zu einer starken Bundeswehr, ist die AfD. Richtig. Und dann hast du die nächste Abstimmung, bei der du komplett, so, das ist die Situation, auf die wir gerade sind. Ja, das könnte passieren.

Überleg mal, in welcher Welt wir plötzlich leben. Das heißt, da hat sich jetzt bei dieser Wahl eine Kraft endgültig, das ist mein Gefühl und deswegen sagte ich, das ist das Ende sozusagen der klassischen, der alten Bundesrepublik, da hat sich jetzt eine Kraft etabliert, die man nicht mehr wählt, weil man irgendwie dagegen ist, sondern hat sich eine Kraft etabliert, die man wählt, weil man sie genauso möchte, wie sie ist. Das ist keine Protestpartei mehr, das ist eine Volkspartei.

Im Osten ist die Volkspartei, auf jeden Fall Volkspartei. Die AfD hat in Thüringen mehr Wähler gewonnen als die CSU in Bayern und repräsentiert von allen Parteien am stärksten die ostdeutsche Identität. Und das ist kein Pappenstiel. Da hast du recht. In dem Punkt bin ich bei dir. Das ist eine Veränderung und auch eine langfristige Veränderung in der deutschen Parteienlandschaft und in den Gewichten. Und deswegen wird die allerspannendste Frage sein, wohin entwickelt sich die AfD?

Wir gehen leider alle davon aus, dass sie eher stärker werden wird als schwächer. Aber die Frage ist, wird sie, wenn sie stärker wird, radikaler oder wird sie gemäßigter? Und wenn ich da eine kleine Wette auf die Zukunft machen könnte, dann würde ich gucken, guck dir mal an, was Marine Le Pen gemacht hat, aus dem Front National, dem Rassemblement National zu machen, sich von antisemitischen Positionen, die ihr Vater vertreten hat, massiv und lautstark und ganz klar distanziert hat zum Beispiel.

Also im Grunde genommen hat sie die Radikalinskis kaltgestellt und rausgeworfen. Ich halte das für durchaus wahrscheinlich, dass wenn der Griff an die Macht näher kommt für Alice Weidel oder wer es auch immer in vier Jahren sein wird, dass man dann genau das Gleiche machen wird. Man wird sich von den Nazis, die man noch in seiner Partei hat, mutmaßlich trennen. Das ist die wahrscheinlichere Entwicklung als eine Radikalisierung.

Wir haben ja ganz häufig darüber gesprochen, wie entwickelt sich die AfD weiter? Ist sie der Wolf im Schafspelz, der sich dann als zweite NSDAP herausstellt, wenn sie stark genug wird? Oder ist sie die frustrierte ehemalige rechte Union, die es unter Merkel schwer gehabt hat, bis sie gänzlich genichtet worden ist? Und ich glaube, es ist vielmehr, dass die AfD in Richtung Wiedererfindung der alten CDU geht, als Wiederbelebung der alten NSDAP.

Das halte ich jedenfalls in dieser Form gegenwärtig für die wahrscheinlichere Entwicklung. Und das heißt, wenn man sich mal anschaut, Helferich und andere, die Leute, du erinnerst dich, ich bin das freundliche Gesicht des Nationalsozialismus aus Dortmund, der jetzt auch in diesem neuen Bundestag sitzen wird, gegen den die AfD selbst ein Ausschlussverfahren betrieben hat, das nicht funktioniert hat. Das ist so. Höcke wollten sie auch loswerden, hat auch nicht funktioniert.

Sie stehen aber auch aus ihrer eigenen Sicht erst bei 20 Prozent. Jetzt habe ich nochmal ein anderes Thema für dich. Zum Schluss nochmal ganz kurz. Du sagst, die spannende Frage ist, wohin entwickelt sich die AfD? Weißt du, was für mich die wirklich spannende Frage ist? Was wird aus der CDU? Und wenn du dir dann mal anschaust, wie sich Kräfteverhältnisse so verschieben, es ist ja sehr interessant. Die ganzen linken Parteien nenne ich sie jetzt einfach mal so allgemein.

Das linke Lager, Grüne, SPD, Linkspartei. Die sind jetzt mal erfolgreich, wenn du dir auf die Linkspartei schaust. Die sind tierisch geschröpft worden, was die SPD angeht. Die Grünen sehen gerupft aus, ist aber in Wahrheit das zweitbeste Ergebnis ihrer Geschichte, muss man auch mal sagen. Was aber viel interessanter ist, ist sozusagen die Arithmetik dahinter. In Wahrheit hat dieses Lager so einen Kern von irgendwo 30, 35 Prozent.

Mal die einen ein bisschen besser, mal die anderen. Aber irgendwo ist es das. Und der Rest ist klassisch bürgerlich oder richtig rechts, so wie die AfD. Das ist die Situation, mit der du es zu tun hast. Und wenn du das siehst und wenn du jetzt auch siehst, wie die CDU sozusagen so immer weiter in die Zange genommen wird. Auf der einen Seite machst du Friedrich Merz dann wirklich zum Nazi aus dem Sauerland. Das heißt, da kommt der Druck von der Seite.

Hat die Linkspartei gerade sehr erfolgreich praktiziert. Auf der anderen Seite kommt der Druck der AfD. Da stehen sie jetzt mit schlotternden Knien und haben Angst davor, was sie da gerade gemacht haben. Stehen sie doch dazu. Erinnere mich an diese Worte von Baumann. Das sind Sätze, die werden noch lange nachheilen. So du siehst, diese CDU kommt immer mehr unter Druck und das hat schon begonnen.

Und ich frage mich, sehen wir gerade sozusagen das Ende auch der CDU als Volkspartei, das Ende der SPD als Volkspartei haben wir schon gesehen. Da möchte ich gerne was zu sagen, weil das finde ich ist ein wirklich spannender Punkt. Ich glaube, das große Dilemma besteht darin, dass die Parteien der Mitte, jetzt insbesondere die beiden, die jetzt noch existierende Volkspartei CDU und die ehemalige Volkspartei SPD, immer Angst vor der Befindlichkeit ihrer Wähler haben müssen.

Ein kleiner Fehler, ein falscher Satz und die Wähler gehen ihnen von der Stange. Wir leben in einer Befindlichkeitsrepublik, das ist so. Die Leute sind gefühlig, sensibel, ganz, ganz schnell enttäuscht, wegen allem möglichen Zeug sauer. Sie sind nicht resilient, sie sind nicht belastbar und das gilt natürlich alles auch für die Wähler, insbesondere der Parteien der Mitte, die dann auch jederzeit einen Schritt zur Seite gehen können und eine andere Partei wählen.

Und deswegen kannst du ganz, ganz schwer Politik machen, weil du auf diese Befindlichkeiten immer Rücksicht nehmen musst. Und mit allem, was du sagst, kannst du eigentlich nur Fehler machen. Dieses Problem hat weder die AfD noch die Linke. Die müssen keine Angst vor ihren Wählern haben, weil sie repräsentieren beide je eine ganz bestimmte Befindlichkeit. Und die müssen sie nur deutlich genug artikulieren, um von ihren Wählern gewählt zu werden.

Das sind zwei völlig verschiedene Befindlichkeiten, ist völlig klar, aber das sind eindeutige Befindlichkeiten, wogegen die alten Parteien in der Mitte eigentlich ständig bedroht davon sind, irgendetwas zu tun, irgendetwas gesagt zu haben, wo sie wieder einen Teil ihrer Wähler an die Konkurrenz verlieren.

Und das macht das Regieren immer schwieriger. Und als du vorhin sagtest, erleben wir das Zerfasern und Zerfransen der Mitte, dann würde ich unter dem Gesichtspunkt, den ich gerade genannt habe, sagen, ja. Wir erleben das, weil die Parteien der Mitte keine Blöcke mehr darstellen, die in sich gefestigt sind. Sondern sie sind hin und her getrieben Fähnchen im Wind geworden. Sie haben kaum noch Stammklientel. Es gibt immer mehr Wechselwähler.

Und sie können eigentlich mit allem, was sie tun, immer nur ihre Wähler enttäuschen. Und dieses Problem hat die AfD überhaupt nicht und die neue, frisch erstarkte Linkspartei auch nicht. Ich meine, du machst da gerade einen total guten Punkt, Wechselwähler. Würde die Entscheidung von Menschen unter 30 Jahren zählen, schau dir die jungen Leute an. Aus meiner Sicht sind 30-Jährige heute sehr junge Leute, wie du weißt. Aus deiner Sicht sind sie geradezu pubertär.

Menschen unter 30, ja. Weißt du, wie der frisch gewählte Bundestag aussehen würde, Richard? Die Linke wäre die stärkste Kraft und knapp dahinter wäre es die AfD. Ich meine, das muss man sich einfach mal klar machen. Wobei man sagen muss, dass natürlich bei jungen Menschen gravierende Weltanschauungen sehr schnell wechseln können.

Ich erinnere mich, dass vor vier Jahren, ich meine die FDP, die stärkste Partei bei Jungwählern gewesen ist, die jetzt noch gerade bei Jungwählern auf fünf Prozent kommt. Richtig. Aber wir haben doch genau die Parteien, die eindeutig eine Befindlichkeit ausdrücken.

Es gibt also sozusagen eine Kongruenz zwischen dem, was ich gesagt habe, dass die Parteien, die eine konkrete Befindlichkeit ihrer Wähler repräsentieren, dass die gerade bei den jungen Wählern ganz besonders gut ankommen, weil sie authentisch sind, weil sie eine klare Linie vertreten, weil man ihnen nicht nachsagen kann, dass sie irgendwie rumeiern rumeiern, taktieren und vieles andere mehr. Und das ist das, was junge Menschen eben wollen.

Ein hohes Maß an Authentizität und das sehen sie in den Parteien der Mitte nicht mehr. Richtig. Aber weißt du was? Zum Teil auch wirklich selber schuld. Also das sagen auch Generationenforscher, die jungen Leute, die junge Generation wählt immer polarisierter. Also weg von etablierten Parteien sozusagen hin zu Randparteien, weil sie sich mit ihren Inhalten identifizieren können. und du sagst es, das kann auch ganz schnell wieder kippen.

Und dann wird dann immer als Erklärung so herangeführt, wenn man zum Beispiel sich den Erfolg der Linkspartei anschaut. Ja, letzter Gedanke. Ja, die waren, die haben das so gut gemacht auf TikTok. Und ich denke dann immer, ja, ist richtig, aber schaut euch bitte mal an, was die inhaltlich gemacht haben.

Die Linkspartei hat sehr, sehr klar, so klar wie wenige andere, als die Chance da war, das Angebot hatten sie ja schon vorher im Programm, aber als die Chance da war durch den Move von Merz, gab es plötzlich die Aufmerksamkeit.

Und dann haben sie ganz konsequent in den Mittelpunkt gestellt, adressiert die hart tickende soziale Frage, insbesondere Mieten in den Großstädten und haben das auf TikTok, haben das auf Instagram überall sehr, sehr ernsthaft betrieben, haben ganz klar für Inhalte gestritten und Markus Söder hat einfach immer wieder nur in die nächste Bratwurst gebissen.

Und das ist ehrlich gesagt zu Recht an dem Punkt dann etwas, wo junge Leute sagen, nee, Bratwurst hatten wir schon, aber was kommt eigentlich jetzt? Ja, also das, was du sagst, zeigt, dass es nicht nur ein Lebensgefühl ist, was sich in den Parteien ausdrückt. Aber ich würde den zweiten Faktor, neben dem, was du gerade gesagt hast, hier werden konkrete Probleme angeschnitten und es werden ganz konkrete Lösungsvorschläge, wie realistisch auch immer, in den Raum gestellt.

Natürlich was anderes ist, als irgendwo in der Mitte, möglichst ohne zu viele konkrete Positionen sich irgendwo zu situieren. Aber man kann schon sagen, die AfD drückt insbesondere im Osten ein Lebensgefühl aus. Die Linkspartei drückt insbesondere in Städten wie Berlin und da in Mitte ein Lebensgefühl aus. Stärkste Kraft in Berlin. Ja, knapp 20 Prozent stärkste Kraft in Berlin. Ein Lebensgefühl aus. Die CDU und die SPD drücken kein Lebensgefühl mehr aus.

Hart. Muss ich mal drüber nachdenken, Richard. Und zwar die ganze nächste Woche. Und dann hören wir uns wieder. Dank dir sehr. War spannend, hat Spaß gemacht. Wird uns noch lange beschäftigen, Richard. Bis dann. Und dann reden wir irgendwann über Meinungsvielfalt. Ich danke dir. Alles Liebe dir. Ciao. Tschüss, Markus. Music.

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