
Herzlich Willkommen zur Lage der Nation Ausgabe Nummer 431 vom 15. Mai 2025. Die Lage Universal Time ist 10:52 Uhr. Mein Name ist Philip Banse und ich begrüße meinen Freund und Companion und Lage Co-Host Ulf.

Fast hättest du gesagt Lage-Urgestein. Ich bin nämlich heute zugeschaltet. Philip und ich nehmen heute remote auf, aber wir haben für euch ein wunderbares Pad wie wir finden zusammen gebastelt mit folgenden spannenden Themen.

Unis unter Druck heißt ein Thema und dazu interviewen wir einen Forscher in den USA, der uns erzählt wie Trump Druck auf die Wissenschaft ausübt.

Wir blicken auf die neu aufgeflammte Rentendebatte, die die neue Ministerin für Arbeit und Soziales, Bärbel Bas, ein bisschen vom Zaun gebrochen hat. Insbesondere betrachten wir die Frage, sollten auch Beamtinnen und Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen?

Dann gehen wir einem Höhrerfeedback nach und zwar geht es um die Frage "Linke gegen Kapitalismus - aber sind sie damit auch gegen das Grundgesetz?" Das klären wir auf.

Und wir schauen auf die erste Woche von Bundeskanzler Friedrich Merz. Was geht da so, was hat er erlebt, was hat er getan und vor allem auch, was hat er gesagt im Deutschen Bundestag bei seiner ersten Regierungserklärung?

Ja, Friedrich Merz hat die erste Woche Bundeskanzler hinter sich, ein Höhepunkt dieser Woche, glaube ich, war am Mittwoch gestern, als er seine erste Regierungserklärung im Bundestag abgegeben hat. Knappe Stunde hat er dem Parlament erklärt, was seine Regierung so will und hat er bei den Koalitionsvertrag vorgelesen. Also das ist ein bisschen, bisschen hämisch, aber so.

Also wir haben natürlich für euch so ein bisschen die Reaktion der Hauptstadtpresse uns angeschaut und die Meinungen waren schon einhellig so, ja, solide, aber spannend geht anders. Eigentlich ist Friedrich Merz ja rhetorisch insbesondere Olaf Scholz ziemlich überlegen, würde ich denken, wahrscheinlich auch Angela
Merkel. Aber so richtig mitreißend war das jetzt noch nicht, aber er hat eben relativ detailverliebt darüber gesprochen, was er sich so vorgenommen hat mit seinen Koalitionspartnerinnen und -partnern Von Carbon Capture and Storage bis hin zu gesunden Lebensmitteln, ein Parforceritt durch den Koalitionsvertrag.

Alles dabei. Spiegel Online schreibt, das war so spannend wie eine Steuererklärung. Soweit würde ich jetzt nicht gehen. Viel Applaus hat bekommen. Friedrich Merz hat sich ausführlich bedankt bei Olaf Scholz für dessen historische Tat, wie er das genannt hat.
Ihre Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine war wegweisend und sie war historisch. Dafür gilt Ihnen auch heute und von dieser Stelle aus noch einmal unser Dank, mein persönlicher Dank und, ich hoffe jedenfalls, die Anerkennung dieses ganzen Hauses und unseres Landes.

Er hat ihm auch für den friedlichen Regierungswechsel gedankt. Das sei auch nicht selbstverständlich und so, aber im Mittelpunkt stand halt Außenpolitik und Wirtschaft.

Ja, also da wollte er ganz klar den Punkt machen, Deutschland ist zurück auf der internationalen Bühne, denn, davon ist er fest überzeugt, der Krieg in der Ukraine insbesondere, der betrifft eben nicht nur die Ukraine. Auf den Punkt gebracht wird eben auch die Sicherheit Deutschlands aus seiner Perspektive am Dnepr verteidigt. Er hat zugleich versprochen, eine neue Verlässlichkeit Deutschlands, gerade in der Kooperation auf europäischer Ebene in der Europäischen Union.
Da war ja schon fast berüchtigt das sogenannte German Vote, also sich einfach zu enthalten bei entscheidenden Fragen und häufig auch nochmal auf den letzten Metern nochmal die Meinung zu ändern, also dass Deutschland in allen möglichen Gremien sagt, ja wir sind dabei und dann doch am Ende nicht zuzustimmen und so.
Diese Wankelmütigkeit Deutschlands auf der europäischen Bühne, die soll nun eben Geschichte sein und er wünscht sich einen gerechten und tragfähigen Frieden in der Ukraine, aber das sind ja auch schon zwei wirklich wichtige Adjektive in diesem Kontext, gerecht und tragfähig, also nicht irgendein schnell zusammengezimmerter Waffenstillstand àla Donald Trump, der dann aber der Ukraine überhaupt keine Sicherheitsgarantien gibt. Und all das setzt aber eines voraus, nämlich eine neue Bundeswehr.
Die Bundesregierung wird zukünftig alle finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, die die Bundeswehr braucht, um konventionell zur stärksten Armee Europas zu werden.

So und das ist ja schon mal ein Bekenntnis, stärkste konventionelle Armee in Europa, da werden sich Briten und Franzosen umgucken, aber Deutschland ist nun mal die größte Ökonomie, das ist jetzt also die Latte, glaube ich, an der er sich messen lassen wird in vier Jahren.

Und das bedeutet natürlich zugleich, dass Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius, der diese Aufrüstung der Bundeswehr ja koordinieren, organisieren muss, der insbesondere die zahlreichen Beschaffungsprojekte stemmen muss, dass der eine der ganz zentralen Figuren wird in dieser Bundesregierung. Das wird ihm hoffentlich viel Einfluss verleihen.
Und man muss natürlich zugleich sagen, das funktioniert nur, wenn Friedrich Merz es schafft, eben tatsächlich aufkeimende Skepsis in Paris und London wirklich von vornherein im Keim zu ersticken. Wenn er wirklich die Bundeswehr zur stärksten Armee Europas machen will oder jedenfalls stärksten konventionellen, dann muss er da stets deutlich machen, natürlich ist diese neue deutsche Armee eingebettet in eine europäische Verteidigungsarchitektur, deutsche Alleingänge wird es da nicht geben.
Ich glaube, das klang jetzt schon so ein bisschen markig im Bundestag, als ich das zum ersten Mal hörte, bin ich ein bisschen zusammengezuckt, muss ich ehrlich sagen. Da sollte Friedrich Merz glaube ich sehr auf seine Kommunikation achten, dass da niemand nervös wird, auch angesichts der deutschen Geschichte.

Ja, also als er das sagte, wurde der Verteidigungsminister Pistorius eingeblendet auf Phoenix und man hat natürlich nicht gehört, was er, glaube ich, zu Alexander Dobrindt gesagt hat, aber wenn man so die Mimik mal so ein bisschen frei deutet, war das auch so ein, ach so, schön, dass ich das auch mal erfahre. Er wirkte so ein bisschen überrascht, muss ich sagen.

Vielleicht war es auch einer der typischen Friedrich-Merzchen-Impuls-Durchbrüche. Manchmal rede er sich ja so in Rage und dann haut er halt mal einen raus. Vielleicht nicht optimal für einen Bundeskanzler. Deswegen, also gehen wir mal zu seinen Gunzen davon aus, dass das keine spontane Aktion war, sondern dass das tatsächlich das politische Ziel ist, die Bundeswehr bis zu diesem Punkt aufzurüsten.
Dann würde ich wirklich sagen, dann ist das wirklich eine große kommunikative Herausforderung, deutlich zu machen, diese neue deutsche Armee ist selbstverständlich eingebettet in eine europäische Verteidigungsarchitektur, in gemeinsame Kommandostrukturen und Alleingänge wird es nicht geben. Das ist dann, glaube ich, die ganz zentrale Botschaft, die Friedrich Merz zugleich kommunizieren muss.

Er hat sich auch zu Israel bekannt, zur viel zitierten Staatsräson.
Existenz und Sicherheit des Staates Israel sind und bleiben unsere Staatsräson.

Aber, hat er gesagt, es sei Verpflichtung aller, und er hat gesagt, aller Beteiligten im Gaza eine Hungerkatastrophe zu vermeiden, damit war natürlich auch die israelische Regierung gemeint, die da seit über zwei Monaten jede Hilfslieferung blockiert und verhindert. Er hat da versucht, so ein bisschen die Balance zu halten, aber es dominierte schon das Bekenntnis zu Israel und zu dieser Staatsräson in meiner Wahrnehmung.
Wirtschaft war der andere große Punkt, den er stark gemacht hat, mit vielen Aspekten, wie gesagt, alles auch im Koalitionsvertrag nachzulesen, Infrastrukturinvestitionen muss es geben, damit die Wirtschaft wieder ins Laufen kommt, weniger Bürokratie, weniger Berichtspflichten, so die Fesseln von der deutschen Wirtschaft abstreifen, sie auch in nicht mit (zu viel) Klimavorschriften zu behelligen und natürlich dann diese Steuererleichterung, über die wir ja auch schon gesprochen haben.
Das sind so die zentralen Mechanismen, zentralen Hebel, mit der er die deutsche Wirtschaft wieder in die Spur bringen will. Wie gesagt, alles im Koalitionsvertrag auch nachzulesen. Interessant fand ich eine Art von Gewichtung. Also Außenpolitik, Sicherheit, Wirtschaft standen ganz oben. Unter ferner liefen, in dieser fast einstündigen Rede, liefen Klima und Migration. Migration können wir gleich noch was
sagen. Klima fand ich insofern interessant, weil er mehrmals gesagt hat, die Jugend, ich wende mich an die Jugend, eure Eltern haben nicht genug vorgesorgt, das sollt ihr jetzt nicht auslöffeln und wir brauchen einen grünen Generationsvertrag und so weiter und so fort. Zum Klimaproblem hat er allerdings mal wieder sehr, sehr wenig gesagt, nur gesagt, ja, wir bekennen uns zu den deutschen, europäischen, internationalen Klimazielen und wollen auch diese Ziele, wie gesagt, erreichen.
Aber wie sie das machen wollen, ist halt extrem dünn. Da fällt natürlich mal wieder dieses Wort Technologieoffenheit, das es ja auch in der Ampel schon oft gegeben hat. Und immer wieder dieses Stichwort CCS, also das, was wir oben schon genannt haben, diese Idee, dass man Kohlenstoffdioxid von zum Beispiel Gaskraftwerken abscheiden kann. Da gab es auch einen ganz interessanten
Bericht. Wenn ihr das hört, solltet ihr wissen, es gibt auf der ganzen Welt noch kein großes Kraftwerk, wo CO2 abgeschieden wird und wenn irgendwo in irgendwelchen Kraftwerken CO2 aus Gasabgasen abgeschieden wird, dann passiert das nicht zu 100 Prozent, wie man so glauben könnte, sondern die Raten liegen da eher bei 10 bis 8 Prozent. Also das ist alles noch wirklich im Versuchsstadium. Aber das ist das, was er zum Klima gesagt hat, war nicht viel.

Ja, was ist jetzt die Bottom Line, wenn man einen Strich drunter macht unter diese Rede? Ich fand ganz beruhigend und das haben auch viele unserer Kolleginnen und Kollegen in Berlin, glaube ich, so gesehen, dass Friedrich Merz offenbar auch staatsmännisch auftreten kann, wenn er das will. Das haben viele, das habe auch ich persönlich als wohltuend empfunden nach diesem ganzen Krawall im Wahlkampf. Aber war das jetzt spannend, Philip? War das mitreißend?
Ich würde sagen, eher nicht, aber vielleicht war das auch wiederum so ein bisschen der Plan, denn Friedrich Merz will ja gerade kein ideologisches Großprojekt starten, das unsere Gesellschaft umkrempelt. Seine Vision ist eine andere.
Es gibt kein Problem, dass wir jedenfalls auf Zeit nicht gemeinsam lösen können. Es liegt nicht an externen Einflüssen oder Ereignissen. Es liegt nur an uns selbst. Unser Land hat alle Stärken und alle Fähigkeiten, um wieder nach vorn zu kommen. Was wir brauchen, ist nicht mehr und nicht weniger als eine gemeinsame Kraftanstrengung.

Da ist schon so eine rote Linie zu erkennen. Er hat halt beim CDU, bei diesem kleinen Parteitag gesagt, hier gibt es keine Euphorie. Der Koalitionsvertrag hat eine extrem schnöde, eigentlich uninspirierte Überschrift. Also ich glaube, das ist schon der Spirit, mit dem diese Regierung sich jetzt auf die Reise macht. Wir können das schaffen. Wir müssen die Ärmel hochkrempeln. Wir wollen hier nicht alles umkrempeln. Wir wollen auf Eigenverantwortung
setzen. Wir wollen staatliche Vorschriften eher zurückfahren. Wir wollen, dass die Leute wieder selber Verantwortung übernehmen und von sich aus das Richtige tun. Die Wirtschaft weiß das von selbst. Wir müssen sie nur ein bisschen mehr in Ruhe lassen und investieren gleichzeitig in Infrastruktur und Verteidigung. Und Deutschland ist wieder da. Deutschland übernimmt Verantwortung in Europa. Ich glaube, das ist so ein bisschen die Überschrift. Und ja, ich habe es letztes Mal auch
gesagt. Also der Kontrast zur letzten Regierung ist schon groß. Aber wer eine Vision sucht, wer irgendwie eine Rede sucht mit der ein Bundeskanzler die Deutschen einschwört auf eine harte Zeit, aber auch auf eine leuchtende und blühende Zukunft, für die es sich lohnt, zu arbeiten. Ich glaube der muss sich bei YouTube irgendeine andere Rede aussuchen.

Jedenfalls, so wie Friedrich Merz in dieser Regierungserklärung einen Schwerpunkt auf Außenpolitik legte, so begann er auch tatsächlich seine Amtszeit ganz praktisch.
Friedrich Merz, das muss man sagen, hat viel erlebt in seiner ersten Woche als Kanzler, denn er reiste sofort nach der Wahl nach Paris, nach Warschau und dann, und das war die Überraschung der Woche, im Zug weiter nach Kiew und zwar zusammen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, mit Polens Ministerpräsident Donald Tusk und auch mit dem britischen Premierminister Kier Starmer. Gemeinsam haben sie also ein starkes Zeichen der Solidarität mit der Ukraine gesetzt.
Gemeinsamer sind sie nach Kiew gefahren und Table Media kommentiert das, wie ich fand, sehr positiv.

Sie schreiben: "Außenpolitisch hat es Merz binnen weniger Tage im Amt geschafft, Deutschland in den engeren Kreis der Ukraine-Unterstützer zurückzuführen. Zu viert bildet das Quartett eine Kombination aus dem deutsch-französisch-polnischen Weimarer-Dreieck und der E3 der NATO." E3 ist ein neuer Begriff, gemeint ist Berlin, London und Paris. So schätzen die Kollegen von Table Media das ein.
Und ich hab mich so ein bisschen gefragt, ja, was kann denn diese neue, offensichtlich auch demonstrativ hergestellte Einigkeit denn tatsächlich nun bewirken, tja, in der Realität?

Und da muss man sagen, die stolpern noch so ein bisschen über die Bühne. Ich glaube, anders kann man das nicht beschreiben. Denn dieses Quartett, das hatte vor dem Gespräch mit Wolodymyr Selenskyj, also dem ukrainischen Staatspräsidenten, dem russischen Machthaber Wladimir Putin ein Ultimatum gestellt. Er solle bis Dienstag, Zitat, "einem vollständigen und bedingungslosen 30-tägigen Waffenstillstand zustimmen, um Raum zu schaffen für Gespräche über einen gerechten und dauerhaften
Frieden." Das klingt ja erstmal nach sehr gut laut gebrüllt Löwe und kurzfristig unterstützte sogar Donald Trump das, den haben sie irgendwie per Handy kurz zugeschaltet. Der Westen schien mit einer Stimme zu sprechen, aber wie gesagt, das hielt nur kurze Zeit.

Ja, denn Putin lehnte dieses Ultimatum und den damit verbundenen Waffenstillstand sofort ab, schlug stattdessen direkte Gespräche in Istanbul vor.
Donald Trump sagte, ok, Gespräche, direkte Gespräche, super, auch ohne Waffen stillstand und damit war dann diese kurz herrschende Einstimmigkeit des Westens nämlich auch wieder passé, weil die Europäer, allen voran Merz, ja gesagt hatten, hier Gespräche, Friedensgespräche nur, wenn die Waffen schweigen, damit war diese Einstimmigkeit des Westen dann auch schnell wieder abgeräumt.

Ja, und am Dienstag platzte dann auch noch das EU-Ultimatum. Das lief nämlich aus und das wiederum blieb ohne Folgen. Ja, mag ja sein, die EU plant natürlich weitere Sanktionen, das machen sie aber schon seit Monaten. Jedenfalls diese von den Vieren in Kiev angedrohte, harte Reaktion auf eine Weigerung Putins einen solchen Waffenstillstand tatsächlich einzuhalten, die bliebt aus. Mit anderen Worten, dieses Ultimatum erwies sich letzten Endes als leere
Drohung. Und da muss man ganz ehrlich sagen, ja dann droht man lieber gar nicht, wenn man nicht auch in der Lage ist, seine Drohung hinterher wahr zu machen. Deswegen sagte ich eingangs, sie stolperten so ein bisschen über die diplomatische Bühne. Weder war die Koordination mit Trump offensichtlich wirklich belastbar, noch hätten sie ein Ultimatum überhaupt nur verkünden dürfen, wenn sie nicht in der Lage sind, auch tatsächlich hart zurückzuschlagen im Falle des fruchtlosen Verstreichens dieses
Ultimatums. Also das war alles noch nicht so richtig Master Class, würde ich sagen.

Also man muss jetzt sagen, die EU hat jetzt Sanktionen beschlossen, wollen gegen diese Schattenflotte vorgehen, aber das sind, wie gesagt, Sanktionen, A) die nicht massiv sind und B) eben seit Monaten geplant sind und jetzt nicht irgendwie als Teil dieses Ultimatums funktionieren, also da würde ich dir Recht geben. Dieses Ultimatum ist einfach
verpufft. Jetzt hieß es noch so, ja, vielleicht können wir noch eine Fristverlängerung geben bis Ende der Woche, aber das macht die Sache natürlich nur noch schlimmer. So jetzt will Selenskyj heute, Donnerstag in Istanbul warten auf Putin, aber der wird aller Wahrscheinlichkeit nicht kommen. Ich glaube, was haben wir jetzt? Wir haben es jetzt hier kurz nach 11.

Also stand heute morgen war die Nachrichtenlage, dass nicht mal der Außenminister Lavrov anreisen will, sondern Lavrov wiederum schickt nur einen seiner diversen Vize-Außenminister, der hat irgendwie ein Dutzend oder so. Und der wiederum wird wohl keine Prokura haben, das jedenfalls berichtete Wolfgang Ischinger, ehemals Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz ,heute Morgen im Deutschlandfunk.
Also mit anderen Worten, da ist einfach niemand da, der mit Selenskyj halbwegs auf Augenhöhe sprechen könnte. Warum, Philip, würdest du sagen, kommt Putin nicht, wo er doch eigentlich jedenfalls offiziell immer für Gespräche zu haben ist?

Naja, wenn er sich mit Selenskyj trifft und womöglich denn es auch noch Fotos gibt mit ihm und Selenskyj, dann würde er ihn natürlich als Staatschef anerkennen. Das würde Selenskyj Legitimität verleihen, die Putin ihm ja immer abgesprochen hat. So der sei gar kein richtiger Präsident und hätte Wahlen verschoben und so weiter und so fort. Also das hätte viele, glaube ich, total überrascht, wenn Putin sich jetzt sofort mit Selenskyj treffen würde.
Auf der anderen Seite muss man sagen, ich meine, dass solche Friedensgespräche stattfinden, während noch gekämpft wird, dass die auch erst mal auf niedrigerem Level beginnen, das ist historisch völlig normal. Das war in sehr, sehr vielen Kriegen so. Es gibt Kämpfe und da haben sich untere Ministère erst mal getroffen, um was auszuloten, bevor sich dann irgendwelche Spitze treffen.

Alles richtig, aber auf beiden Seiten. Dann kommen halt auf beiden Seiten irgendwelche Hilfsbremser, aber dann kommt da nicht auf der einen Seite der Präsident und auf der anderen Seite der Vize-Außenminister. Also das passt nicht zusammen. Das ist wiederum mal der Versuch einer Demütigung der ja immerhin demokratisch legitimierten Regierung von vor Wolodymyr Selenskyj.
Also da sieht man diplomatisches klein klein und was man, glaube ich, dem Ganzen mit einiger Deutlichkeit entnehmen kann, und das wiederum hat auch noch mal Wolfgang Ischinger, wie gesagt, heute morgen im Deutschlandfunk deutlich gemacht, es geht für Putin überhaupt nicht darum, diesen Konflikt aktuell zu beenden. Ganz im Gegenteil, Putin macht da jeden Tag Geländegewinne. Zwar zu einem ganz schrecklichen humanitären Preis.
Es sterben jeden Tag natürlich tausende russische Soldaten, ukrainische Soldate und so. Aber das ist Putin offensichtlich ziemlich egal. Für ihn läuft das relativ gut. Er macht Geländegewinne. Wolfgang Ischinger hat das, fand ich, sehr schön deutlich gemacht. Wann enden Kriege? Wenn beide Seiten der Überzeugung sind, dass sie mit militärischen Mitteln nichts mehr erreichen
können. Beide Seiten. Momentan muss man sagen, die Ukraine weiß, wir können hier momentan nicht viel gewinnen, wir können mal mit viel Kraft so halbwegs die Front halten, aber für Putin gilt das halt nicht. Putin sieht halt, er macht hier jeden Tag Geländegewinne, für ihn lohnt es sich weiter zu kämpfen, also hat er überhaupt kein Interesse an einem Ende des Konflikts und ich meine, was daraus folgt, kann man sich ja leicht ableihen.

Na gut, also er scheint offensichtlich auf Zeit zu spielen, denn er will auf der anderen Seite eben auch deutliche Signale nach Washington schicken. Ja, hier geht es zwar nicht richtig voran, aber ich tue zumindest so. Ich mache irgendwas, ich widersetze mich nicht total Gesprächen, denn in den USA scheint die Ungeduld mit Putin zu wachsen, speziell bei Donald Trump. Denn die USA sind ja in diesen ganzen Gesprächen und Verhandlungen mit den Russen den Russen schon extrem weit entgegengekommen.
Die USA waren bereit, diese Krim-Annexion anzuerkennen. Sie waren bereit die von Russland völkerrechtswidrig eroberten und besetzten Gebiete an Russland abzugeben. Sie waren bereit, die Ukraine nicht in die NATO zu holen, die Armee zu verkleinen. Das waren alles Top-Wünsche der Russen. Und die USA waren bereit, die zu erfüllen. Und trotzdem geht der Krieg weiter.
Trotzdem macht Putin keine Anstalten, irgendwie militärisch einen Gang zurückzuschalten und das scheint Donald Trump zu nerven, weil das für ihn natürlich eine Niederlage wäre, wenn da nichts passiert.

Also Putins Reaktion auf den Druck der USA bisher war ja wirklich rein taktisch. Den Donald bei Laune halten durch wohl klingende aber letztlich folgenlose Ansagen. Diverse kurze Waffenstillstände, die aber doch nie eingehalten wurden. Direkte Gespräche mit Selenskyj werden immer mal in den Raum gestellt, gibt es aber dann irgendwie doch nicht.
Und wie gesagt, wir haben es ja im Grunde auch schon eben angedeutet, die gefühlte Situation der Russen auf dem Schlachtfeld ist einfach zu gut, um Frieden zu schließen. Außerdem liegen die Positionen von Russland und der Ukraine natürlich extrem weit auseinander. Russland will ja die Ukraine komplett von der Landkarte tilgen und, ich glaube, das ist der zentrale Punkt, der Druck aus der EU und aus den USA auf Putin ist einfach zu gering.
Er hat militärisch überhaupt keinen Anlass dazu diese Kampfhandlung einzustellen und auch sonst haben es die EU und die USA bisher nicht geschafft, quasi den Preis für Putin soweit hoch zu treiben, dass es sich für ihn nicht mehr lohnt, den Kampf weiterzuführen. Und deswegen würde ich sagen, ja, Putin will offenbar einfach Zeit gewinnen, weiter kämpfen, seine Position verbessern. Und so ähnlich fand ich, Philip, klang das ja auch beim Sicherheitsforscher Gustav Gressel.

Ja, richtig. Der ist an der, glaube ich, österreichischen, wie heißt das, Landesverteidigungsakademie.
Und er sagte in diesem NDR Podcast "Streitkräfte und Strategien" sinngemäß, ich paraphrasiere, ja, Friedensgespräche sind natürlich wichtig, aber diese Gespräche werden auf absehbare Zeit nichts bringen aus den von uns oben geschilderten Gründen und er forderte die europäische Regierung auf, Leute, lasst euch nicht an der Nase herumführen, lasst eure Energien nicht zu sehr da binden in diese Gespräche und in die Hoffnung, dass diese Gesprächen stattfinden und irgendwas bringen.
Die EU sollte sich lieber überlegen, was sie machen ohne die USA.
Anstatt auszuplanen, wie man die Ukraine militärisch unterstützt ohne die Amerikaner, das wird ab Sommer sowieso der Fall sein, laufen wir, schwanzeln wir immer noch jeder Witkoff-Aussage und jedem Halbversuch der Verhandlungen hinterher. Das wird uns natürlich im Sommer dann böse erwischen, weil wir haben uns schon auf Trumps Wahlsieg nicht vorbereitet, wir haben uns auf Trumps Amtseinführung nicht vorbereitet und wir ziehen nicht mal die Konsequenzen, aus dem, wie er jetzt agiert und arbeitet.
Und das kann uns eigentlich nur auf den Kopf fallen.

Wenn die USA tatsächlich aussteigen sollten, wenn sie sagen sollten, das ist euer Krieg, wenn sie aus der NATO sich weitgehend zurückziehen sollten, das sind die großen Aufgaben, auf die jetzt politische Energie und Zeit geworfen werden sollten.

Also strategisch ist der Fall klar, Putin wird in dem Moment Lust auf Frieden bekommen, wo er auf dem Schlachtfeld ernsthaft unter Druck kommt. Wenn die Front bröckelt, wenn die Ukraine wieder Geländegewinne macht, dann könnte es sein, dass Putin Frieden schließt. Aber auch dann stellt sich natürlich die Frage, ob er diesen Frieden dann nur als Atempause nutzt für mehr Aufrüstung, für den nächsten Angriff auf die Ukraine.
Also eigentlich, wenn man jetzt rein rational vorgeht, müsste der Westen die Ukraine so weit aufrüsten, dass ein militärisches Gleichgewicht entsteht, vielleicht sogar Russland in die Defensive kommt, damit es überhaupt mal einen Frieden gibt und danach müsste dieser Frieden mit einer robusten Sicherheitsgarantie abgesichert werden. Aber danach sieht es nicht aus.
Momentan schaffen es insbesondere die Europäer ja nicht die Ukraine so stark zu machen, dass Putin quasi militärisch überhaupt zu Verhandlungen gezwungen ist. Man muss es ja mal kurz mal benennen, das ist ja auf den ersten Blick auch kontraintuitiv.
Mehr Waffen liefern, damit dann Frieden kommt und wie gesagt, das Verbindungsglied, der logische Zwischenschritt, ist eben das, was Wolfgang Ischinger sagte, damit es Frieden geben kann, müssen beide Seiten merken, mit Krieg kommen wir nicht mehr weiter und momentan sieht Russland das nicht. Das ist die kontraintuitive Geschichte, das muss man sich immer wieder klar machen. Mehr Waffen können in dieser konkreten Situation einen Frieden wahrscheinlicher
machen. Klingt unplausibel, aber wenn man drüber nachdenkt, ist das genau das, was man sich überlegen muss.

Ja, und die Hoffnung liegt natürlich jetzt so ein bisschen, ich hab's oben angedeutet, darauf, dass Trump so ein bisschen die Nerven verliert, weil diese Hinhaltetaktik Putins ihn natürlich auch schlecht aussehen lässt. Er hat sich ja massiv aus dem Fenster gelehnt, ich werd das hier am ersten Tag oder in den ersten paar Tagen werde ich diesen Krieg beenden. Davon ist wirklich nicht zu sehen. Man muss sagen, es ist viel Bewegung reingekommen. Das, glaube ich, muss man sagen.

Diskutiert wird ne Menge.

Diskutiert wird eine Menge, es wird geredet, es gibt Austausch, es wird und so weiter. Bisher mit nicht viel Ergebnissen, aber Bewegung ist reingekommen. Die Frage ist natürlich jetzt nun, wird es irgendwann auch Ergebnisse geben? Und wenn Trump diese Ergebnisse nicht vorweisen kann, er kann natürlich wie bei allen anderen Themen behaupten, es gäbe irgendwelche Gewinne und er hätte alles gewonnen und es gäben Ergebnisse.
Aber das ist natürlich hier sehr leicht zu debunken und zu entlarven, weil dieser Krieg einfach weitergeht. Und deswegen gibt es jetzt in den USA, hat auch die New York Times darüber berichtet, tatsächlich ernsthafte Bemühungen, ernsthafte Sekundärsanktionen gegen Russland zu beschließen. Also Sekundäresanktion bedeutet, wir sanktionieren auch vor allen Dingen Länder, die Russland unterstützen. Und da ist natürlich vor allen Dingen China mit gemeint.
Und vielleicht, hat die New York Times auch angedeutet, vielleicht gibt es sogar eine Diskussion darüber, wieder mehr Waffen und mehr Geld in die Ukraine zu schicken. Aber wie gesagt, im Jahr 2000-Trump, da können solche Aussagen natürlich auch mitunter nur einen halben Donald halten. Man weiß es nicht.
Aber es scheint schon so zu sein, dass Donald Trump und die Regierung in den USA wirklich auch ungeduldiger wird, da Ergebnisse sehen will und vielleicht auch bereit ist, mehr Druck auf Putin auszuüben.

Ja, ist ganz lustig, ne. Also, irgendwelche Werte, ja, Völkerrecht oder derlei Spirenzchen spielen für Donald Trump keine Rolle. Aber was ihn vielleicht motivieren könnte, wäre die narzisstische Kränkung, dass Wladimir Putin seine vollmundigen Ansagen aus dem Wahlkampf als Schaumschlägerei entlarvt. Diese narzistische Kränkung von Trump, die könnte möglicherweise den Ausschlag geben, dass die USA da
ihre Linie ändern. Das ist schon auch, das ist also wirklich auch Realpolitik at its best unter Einbindung eben der problematischen Psychopathologie von Donald Trump. Aber, Philip, schauen wir noch mal zurück nach Deutschland, schauen wir noch mal auf unseren Bundeskanzler.
Wir haben auch so ein bisschen Bauchschmerzen, glaube ich, muss man echt sagen, mit der Kommunikation von Friedrich Merz, insbesondere im Kontext des Ukraine-Konflikts und insbesondere wenn man darauf schaut, dass er gar nicht alleine regiert, sondern da gibt es ja auch noch die SPD.

Ja, das ist so ein bisschen das Irritierende, fand ich so, aus dieser ersten Woche. Er hatte ja vor dieser SPD-Mitgliederbefragung zum Koalitionsvertrag gesagt, ja, wir, Deutschland, wird jetzt diese Taurus-Marschflugkörper liefern. Also diese hochumstrittene Rakete, 500 Kilometer weit, mehr oder weniger, autonom kann sie fliegen, extreme Sprengkraft, kann Bunker brechen und so weiter.
Das ist natürlich nicht die Wunderwaffe, aber natürlich, viele Experten sind sich einig, natürlich könnte die Ukraine die gebrauchen. Scholz hatte sie nicht liefern wollen. Merz hatte als Oppositionsführer immer gesagt, doch, das müssen wir machen. Hat auch irgendwelche Anträge in den Bundestag eingebracht. So jetzt ist er Bundeskanzler.

Oder auf dem Weg dahin. Wie gesagt, war ja vor der Mitgliederbefragung.

Genau, richtig, vor der Mitgliederbefragung, aber es roch sehr danach, dass er diesen Job wird übernehmen können. Und dann hat er gesagt, wir würden dann Taurus liefern, war ein bisschen unnötig, weil halt vor dieser Befragungen haben wir auch gesagt, SPD in Vollpanik. Jetzt ist er Bundeskanzler, jetzt ist er in Kiew und dann sagt er, ja, Taurus, ja, bla, mal sehen, prüfen wir, wollen wir mal besprechen.
Wir nehmen übrigens auch diese Liste, die die Ampelregierung ins Netz gestellt hatte, mit allen Waffensystemen, die Deutschland an die Ukraine geliefert hat, die nehmen wir aus dem Netz mit dem Hinweis, ja, wir brauchen hier sowas wie strategische Ambiguität. Also wir müssen die Russen so ein bisschen im Dunkel lassen, was wir der Ukraine liefern. Damit gewinnen wir mehr strategischen Spielraum. Aber Taurus jetzt liefern, was wir die ganze Zeit gefordert haben - äh, schwierig.

Ja, und dann eben noch dieser diplomatische Fuck-Up, anders kann man es ja nicht sagen, mit keine Gespräche ohne Waffenstillstand plus Ultimatum und dann ist genau das eben alles nicht passiert. Es gibt jetzt möglicherweise Gespräche ohne Waffenstillstand, jedenfalls haben die USA diese Vorbedingungen gleich mal vom Tisch gefegt und es wird halt einfach unmittelbar keine Reaktion auf das verstrichene Ultimatum geben.
Stattdessen wird jetzt einfach mal die Frist verlängert bis Ende der Woche und so. Was wir eben noch nicht gesagt haben, was aber auch in diesen Kontext gehört, das Kleeblatt in Kiew, also Merz, Macron, Starmer und Tusk, die haben ja auch auf dem Brüsseler Europaparkett quasi eine ganze Menge Porzellan zerschlagen. Denn mal ganz ehrlich, die vier alleine können ja auch nicht über Sanktionen entscheiden.
Also Kier Starmer vertritt ein Land, das, wie man weiß, nicht mal mehr Mitglied der Europäischen Union ist.
Und auch die anderen drei EU-Regierungschefs können das natürlich nicht alleine entscheiden, also Sanktionen erfordern im Grundsatz eine Einstimmigkeit in Brüssel im Kreis der Staats- und Regierungschefs und die ist, wie man wiederum auch weiß, extrem schwer zu bekommen, weil gerade die Ungarn unter Viktor Orban ja eine sehr moskaufreundliche Linie fahren und deswegen Sanktionen gegenüber sehr skeptisch eingestellt sind. Also da haben die vier glaube ich einfach nicht so ganz zu Ende
gedacht, oder? Wie würdest du das wahrnehmen?

Ja, also das waren auch so die Berichte von der Süddeutschen, glaube ich, die sich da mal unter Diplomaten in Brüssel umgehört haben. Die vier haben jetzt massive Sanktionen angekündigt, falls Dienstag keine Waffenruhe herrscht. Wisst ihr, was gemeint ist? Und alle so, ehrlich gesagt, wissen wir das auch nicht. Wir planen jetzt zwar was, und das wurde jetzt ja auch auf den Weg gebracht und soll jetzt am Dienstag irgendwie verabschiedet werden diese Sanktionen, aber massive Sanktionen
sind das nicht. Da soll dann gegen diese Schattenflotte vorgegangen werden und so. Aber das ist sicherlich nicht das, was die vier da in Kiew gemeint haben. Also das ist halt ein bisschen irritierend, dass diese Kommunikation da inkonsistent ist. Man könnte natürlich jetzt sagen, na ja, zu Merz Gunsten argumentieren, er ist halt nicht beratungsresistent.
Er ist jetzt halt nicht mehr Oppositionsführer, sondern er ist jetzt Bundeskanzler, hat Zugang zu anderen Informationen, sieht vielleicht, keine Ahnung, Dinge, die wir nicht sehen und ist jetzt bei Taurus zurückhaltender. Aber so eine Waffenstillstandsnummer, das ist ein Schnellschuss. Das darf eigentlich nicht passieren.

Ja, diese Einsicht in die Möglichkeiten und Grenzen von Politik, die Friedrich Merz jetzt auf der außenpolitischen Bühne so hier und da gezeigt hat, finde ich, die wünschte man sich auch auf einem anderen Gebiet, nämlich bei der Migrationspolitik, denn auch die prägte die erste Woche seines segensreichen Wirkens als Bundeskanzler. Wir erinnern uns, vor der Wahl hatte Friedrich Merz ja relativ markige Sprüche geklopft.
Er werde am Tag 1 die Linie der deutschen Migrationspolitik ändern, insbesondere an den Außengrenzen werde es Kontrollen und Zurückweisungen geben. Das klang ziemlich markig, gerade so als könne der Bundeskanzler in Deutschland direkt die Bundespolizei anweisen, die ja für den Grenzschutz zuständig ist. So einfach funktioniert das aber nicht. Wir haben in Deutschland ein Ressortprinzip. Das kann also allenfalls der Bundesinnenminister.
Der allerdings heißt ja jetzt Alexander Dobrindt von der CSU, der Innenminister der Regierung Merz und der hat tatsächlich aus der Merz-Perspektive zunächst mal geliefert, würde ich denken.

Ja, er hat halt tatsächlich sofort Zurückweisungen an den deutschen Grenzen angeordnet. Also Leute kommen ohne Pass, ohne Visum und sagen auch Asyl, dann sollen Bundespolizisten diese Menschen zurückweisen. Im Koalitionsvertrag steht dazu, ja im Prinzip soll das möglich sein, aber eben nur, wie es da heißt, in Absprache mit den europäischen Partnern, wie zum Beispiel Polen.
Aber nun war ja Merz in Warschau und als er da hinkam, da wirkte das nicht so, als sei da jetzt mit den Polen wahnsinnig viel abgesprochen worden, dass man da jetzt Leute zurückweist, die ja, wenn sie an der deutschen Grenze, an der Ostgrenze zurückgewiesen werden, wo landen? In Polen!

Ja, schon gar nicht wirkte es so, als wenn Polen solchen Zurückweisungen zugestimmt hätte. Donald Tusk jedenfalls reagierte bei Merz Antrittsbesuch in Warschau sehr verschnupft, sagte sinngemäß öffentlich, sorry, ich will jetzt hier nicht die Party sprengen und die schlechte Laune verderben, aber ich kann auch nicht so tun, als wäre alles in Butter.
Also er hat sehr deutlich Merz da einen eingeschenkt, in dem er sagte, es gibt hier einen offenen Konflikt um die Frage der Zurückweisungen und dieser Konflikt hat sich in den letzten Tagen nochmals verschärft.

Ja und in der Tat haben die polnischen Grenzer inzwischen die ersten Afghanen nicht zurückgenommen, die Deutschland ihnen gerne zurückgeschickt hätte. Die Bundespolizei geht davon aus, dass das auch weiter passieren wird, berichtet zumindest Legal Tribune Online. Mit anderen Worten, Dobrindt und Merz sind eigentlich, muss man schon, nach wenigen Tagen mit ihrem neuen Grenzregime erst mal gescheitert zumindest.

Also jedenfalls mal an der deutsch-polnischen Grenze, aber ähnliche Signale gibt es auch aus der Schweiz und aus Österreich. Mit anderen Worten, wir können davon ausgehen, dass das mit den Zurückweisungen schlicht und ergreifend nicht so einfach klappen wird. Und wenn man mal ehrlich ist, das kann halt auch niemanden verwundern. Es ist nämlich überhaupt nicht klar, ob Polen oder Österreich zum Beispiel für die zurückzuschickenden Leute nach den Dublin-Regeln überhaupt zuständig sind.
Höchstwahrscheinlich sind die Polen und die Österreicher das nämlich gerade nicht, sondern wirklich zuständig nach Dublin wären die Länder, in denen die Geflüchteten zuerst europäischen Boden betreten haben. Das sind also beispielsweise Italien oder Griechenland. Warum sollte sich Polen, warum sollte sich Österreich den Schuh anziehen, die Leute nach Griechland oder Italien zurückzuschicken, wenn die doch schon in Deutschland sind?
Da sagen die natürlich, ja, liebe Deutsche, also jetzt entweder macht ihr selbst das Asylverfahren oder ihr schickt sie für die Durchführung desselben nach Italien oder Griechenland zurück. Aber wir jedenfalls sind da raus, die Jungs sind doch bei euch.

Also das ist ganz klar ein weiteres Politikfeld, auf dem Friedrich Merz mit der harten Realität konfrontiert wird und offensichtlich seine Ansagen als Oppositionsführer nicht umsetzen kann.

Ja, Philip, das ist auch null überraschend. Ich meine, wir haben ja diese Frage, was bringen Grenzkontrollen gegen Zurückweisungen, haben wir in der Lage schon rauf und runter analysiert und es war von vornherein klar, weder kann man die Grenzen vernünftig kontrollieren, noch kann man Leute zurückschicken.
Wir haben bislang den Schwerpunkt quasi auf die Rechtslage gelegt, dazu kommen wir jetzt gleich noch, aber jetzt sieht man, es funktioniert auch schon rein praktisch nicht, weil unsere lieben Nachbarn aus total nachvollziehbaren Gründen einfach nicht mitmachen.
Ja, aber auch wenn diese Zurückweisungen in der Praxis nicht klappen, Philip, schon der Versuch hat auch innenpolitisch, nicht nur im Verhältnis zu Polen, Österreich, der Schweiz und vielleicht auch Frankreich, Schaden angerichtet,nein auch innenpolitisch.

Ja, innenpolitischen und auch in Europa, denn diese Zurückweisungen von Menschen an der Grenze ohne Pass und Visum, die Schutz wollen, diese Zurückweisungen sind auch europarechtlich schlicht verboten. Und das weiß auch die Union. Sie behauptet aber unter Berufung auf einige ziemlich isolierte Stimmen aus der Rechtswissenschaft, man könne doch das Europarecht einfach beiseite schieben.
Und zwar ist der Kniff dort, wir behaupten, es gibt eine Notlage und nach dieser Notlage kann man dann nämlich Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union aktivieren.

Der Witz ist, in diesem Artikel steht gar nicht direkt was von Notlage, sondern im Prinzip gilt ja in der Europäischen Union der sogenannte Anwendungsvorrang des Europarechts, das heißt also, nationales Recht ist unanwendbar, bleibt in den Gesetzbüchern stehen, aber ist quasi verdeckt, verschattet vom Europarecht, sofern es europäischem Recht widerspricht und dieser Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäische Union enthält davon eine kleine Ausnahme.
Wenn also tatsächlich auf nationaler Ebene eine Notlage eintritt, eine gravierende Situation, die sich unter Einhaltung des Europarechts nicht mehr bewältigen lässt, dann ist ausnahmsweise quasi das Europarecht beiseite zu schieben. Das Problem dabei ist nur, das ist, wenn man ehrlich ist, eine rein theoretische Option.

Ja, das haben nämlich schon immer wieder mal andere Mitgliedsstaaten der EU versucht. Und die sind jedes einzelne Mal vor dem Europäischen Gerichtshof damit gescheitert.
Mit anderen Worten, es gibt eigentlich bisher keinen einzigen Präzedenzfall, wo die Anwendung dieses Artikel 72, also, wir schieben Europarecht beiseite, weil wir haben eine Notlage und wenden deshalb nationale Gesetze an, wo dieser Move europarechtlich mal durchgegangen ist und stehen geblieben ist vor dem europäischen Gerichtshof.

Ja, und dann hinzu muss man natürlich auch sagen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen von Artikel 72 ziemlich offensichtlich nicht vorliegen. Bei Lichte besehen gibt es in Deutschland schlicht keine Notlage im Bereich Migration. Wir wissen alle, die Zahlen sind schon um mindestens 30 Prozent gesunken bei quasi neuen Asylanträgen. Sie sind damit so niedrig wie seit fast zehn Jahren nicht mehr.
Also wenn man wirklich Europarecht hätte aussetzen wollen, dann hätte man das vielleicht, keine Ahnung, 2016 machen können auf dem Höhepunkt der Flüchtlingsbewegung aus Syrien, möglicherweise auch 2022, als eben mit einmal eine Million Ukrainer vor der Tür stand, da hätte man möglicherweise sagen können, ok, wenn wir die jetzt nehmen, dann können wir aber bitte keine anderen Geflüchteten mehr ins Land lassen.
Aber jetzt irgendwie nach Jahren, wo das Problem weitgehend gelöst ist, mit einmal um die Ecke gekommen mit einer Notlage, nur weil man Angst vor der AfD hat, die seit Jahren Stimmung macht gegen Menschen, die nicht in Deutschland geboren sind, also das dürfte den Europäischen Gerichtshof mit nahezu hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit nicht überzeugen, also wenn man das durchziehen wollte, dann würde man sich da - also was ist sicher in der Juristerei - aber mit sehr hoher
Wahrscheinlichkeit eine Klatsche abholen.

Aber auf der anderen Seite ist halt auch klar, wenn du denn diesen Artikel 72 nicht in Stellung bringen kannst, dann sind Zurückweisungen an den Grenzen, an den deutschen Außengrenzen offensichtlich verboten. Und das ist auch nicht umstritten. Also Alexander Dobrindt hat ja extra deshalb in einer Pressekonferenz gesagt, als er diese Zurückweisungen ankündigte, Na klar, die Grundlage für diese Zurückweisung ist dieser Artikel 72.

Darauf beruft er sich. Um das noch einmal, dieses Zusammenspiel des deutschen Rechts mit dem Europarecht, noch einmal deutlich zu machen. Also Alexander Dobrindt sagte, nach § 18 des deutschen Asylgesetzes könnten Asylsuchende unter anderem dann zurückgewiesen werden, wenn sie aus einem sicheren Drittstaat kommen, also zum Beispiel aus Polen. Das Problem ist eben nur, dass diese Norm des deutschen Recht von europäischem Recht verdrängt wird, also quasi überlagert wird.
Die bleibt schon irgendwie gültig, ist aber doch nicht anwendbar. Stichwort Anwendungsvorrang des Europarechts, weil das insbesondere in den Dublin-Regelungen auf europäischer Ebene anders gesehen wird. Mit anderen Worten, ohne den Artikel 72, der Dublin beiseite schieben könnte, so jedenfalls die Theorie auf der Unionsseite, ohne diesen Artikel 72 ist § 18 des Asylgesetzes schlicht nicht anwendbar und das wiederum ist im Grundsatz auch nicht umstritten.

Ja, und das fand aber die SPD gar nicht witzig, dass da jetzt Zurückweisungen zumal nach Polen stattfinden sollten. Kurz danach, nach dieser Pressekonferenz und dem Rumoren bei der SPD, ruderte Merz dann auch über seinen Sprecher zurück. Der sagte nämlich nein, nein, wir wollen Artikel 72 nicht anwenden. Und da fragt man sich, na wat denn nun? Was ist denn dann, wenn ihr 72 nicht anwendet, in den Worten von Merz neuem Sprecher, was ist denn dann die Rechtsgrundlage für diese Zurückweisungen?

Ja, oder soll das die Bundespolizei einfach eiskalt illegal machen? Also offensichtlich scheint es so zu sein, dass man den Polizistinnen und Polizisten an der Grenze einfach sagt, hier 18 Asylgesetz, das sieht ja erst mal legal aus, dass der von den Dublin-Regelungen überlagert ist, ich sage mal so, das sagt man dann eben einfach nicht so laut und hofft, dass die Polizistinnen und Polizisten einfach illegal handeln. Ich meine, das muss
man sich mal überlegen. Ich finde das auch für die Beamtinnen und Beamten eine totale Zumutung, dass man denen an der Grenze ansinnt, einfach das europäische Recht zu brechen, indem man so tut, als wäre das ja alles nicht so wichtig, und § 18 Asylgesetz und dies und jenes. Das ist auch einfach eine Täuschung der Menschen, die das dann in der Praxis vollziehen müssen. Denn ohne den Artikel 72 ist der § 18 Asylgesetz schlicht nicht anwendbar. Das ist schon wirklich eine unschöne Situation.
Und ich denke mal, der Hintergrund dieser völlig unklaren Kommunikation, dieses unredlichen Umgangs mit den eigenen Bediensteten, dürfte sein, Philip, dass Friedrich Merz da einfach taktisch in einer echten Zwickmühle steckt.

Ja, nämlich jetzt als Kanzler. Er kann entweder die Grenzen dicht machen, wie beschrieben, dann handelt er, nach allem, was wir heute wissen, illegal und fängt sich eben auch, das wissen wir auch seit dem Wochenende, massiv Ärger ein mit Polen, Österreich, Tschechien und so weiter.
Oder, das ist dann die andere Option, er verzichtet auf diese Zurückweisungen, dann könnte er viel leichter Verbindungen mit Europa, Polen, Frankreich, Österreich knüpfen und da seine Agenda, die ja im Prinzip richtig ist, fortsetzen, europäische Integration, gemeinsame Sprache. Aber dazu kann er halt ihnen die Leute nicht zurückschicken. Aber beides zugleich, also wir weisen zurück, potenziell illegal, sehr wahrscheinlich, wollen aber trotzdem schön
zusammenarbeiten. Das wird wahrscheinlich nicht gehen, denn niemand hat in Europa Lust auf Deutschlands unerwünschte Migranten, die ihnen einfach wieder zurück über die Grenze geschoben werden.

Und deswegen machen die Polen ja zum Beispiel auch schon nicht mit. Also, wie gesagt, völlig im Einklang mit der europäischen Rechtslage. Ja und wir haben uns gedacht, jenseits dieses Detailstreits um den Artikel 72 und die Zurückweisung lohnt es sich noch ein bisschen, noch mal das bigger picture aufzumachen, denn ja nicht nur die Zurückweisungen sind rechtlich wie praktisch problematisch, schon deren Voraussetzungen, nämlich die
Grenzkontrollen. Also wenn ich die Grenze nicht kontrolliere, wie es ja eigentlich im Schengenraum vorgesehen ist, keine Grenzkontrollen, freier Grenzverkehr, wenn ich die Grenzen nicht kontrolliere, kann ich natürlich auch niemanden zurückweisen. Gut, gibt da noch mal so die Möglichkeit, grundsätzlich in einer Zone von 30 Kilometern hinter der Grenze Leute anzuhalten und zu
kontrollieren und so. Aber im Kern muss man sagen, ohne Grenzkontrollen sind auch Zurückweisungen schon praktisch kaum möglich. Aber auch diese Grenzkentrollen wiederum haben ihre eigenen Probleme.

Na ja klar. Ich meine, die verhindern ja die Immigration nicht. Denn wer jetzt aus Afghanistan oder Syrien es hierher geschafft hat, an die deutsche Grenze, der wird auch irgendwann einen Weg über die deutsche Grenze finden, weil natürlich es immer einen Feldweg gibt. Und das sind ja auch die Beschreibungen. Natürlich die Polizisten, die Bundespolizei, die steht dann an den Autobahnübergängem oder die steht auch in irgendwelchen Städten, Frankfurt (Oder), kontrollieren sie
an der Brücke. Aber es gibt einfach immer ein Weg über diese über 3000 Kilometer lange deutsche Außengrenze. Diese Kontrollen, Kostenpersonal, sie verursachen Staus, sie nerven natürlich wahnsinnig viele Leute. Sie nerven, verunsichern auch die Nachbarn, wenn Franzosen jetzt irgendwie nach Deutschland pendeln wollen und werden da dauernd kontrolliert. Das ist einfach in Zeiten von Schengen nicht das, was viele haben wollen.

Nein, und die Menschen haben sich ja inzwischen auch total daran gewöhnt. Also beispielsweise fahren Menschen aus Luxemburg typischerweise natürlich in Deutschland einkaufen, weil es halt billiger ist. Dafür fahren Deutsche in Luxemburg tanken oder arbeiten in Luxemburg. Also diese Staatsgrenzen sind im Schengen-Raum, jedenfalls in bestimmten Bereichen schlicht und ergreifend völlig in Vergessenheit geraten. Die Menschen lebten da viele Jahre so, als gäbe es
Staatsgrenzen nicht. Das war ja auch genau die Idee von Schengen. Und jetzt versucht Friedrich Merz da das Rad der Geschichte zurück zu drehen einfach nur, weil er glaubt, auf diese Art und Weise der AfD den Wind aus den Segeln nehmen zu können. Und wir wissen alle, was das bringt. Ja und interessant ist eben dabei, dass diese Grenzkontrollen, und das wurde in diesen Tagen noch mal deutlich, eben nicht nur wenig wirkungsvoll sind, sondern auch noch
illegal. Gerade in diesen Tagen ist nämlich eine ganz spannende Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs rechtskräftig geworden, hat also auch die Behörde nicht mehr angefochten, die genau das feststellt.

Diese rechtskräftige Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, des Bayerischen, die sagt, ja, man kann einmal eine Ausnahme von den Schengen-Regeln auch unter Berufung auf Migration anordnen. Also es gibt da irgendwie ein besonderes Ereignis. Wir müssen da mal kontrollieren, dann kann man das einmal anordnen, eine Ausnahme, Grenzkontrollen. Aber eben nur einmal und zwar auch nur für maximal sechs Monate.
Der Europäische Gerichtshof, der hat entschieden, dass derselbe Grund nicht noch einmal zur Rechtfertigung herangezogen werden kann. Also du kannst nicht sagen Ausnahme Migration, sechs Monate, dann kurze Pause, dann wieder Ausnahme von Schengen-Regeln, Grenzkontrollen wegen Migration für sechs Monate und dann nochmal. Sonst wäre also diese Obergrenze von sechs Monaten einfach total egal. Die stünde nur auf dem Papier und hätte eigentlich keine Regeln.

Das ist ja genau die Situation. Das ist genau das, was passiert. An der Grenze nach Österreich wird ja schon seit Jahren kontrolliert, indem man eben einfach eiskalt immer wieder dieselben Gründe heranzieht, obwohl der Europäische Gerichtshof das verboten hat. Und das finde ich schon spannend, ich bin mal gespannt, ob jetzt der neue Bundesinnenminister die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs
beachtet. Man muss natürlich fairerweise sagen, der konnte eben nur einen Einzelfall prüfen, also eine ganz konkrete Grenzkontrolle einer Person. Und nicht die Tatsache, dass da Grenzkontrollen überhaupt stattfinden. Das heißt, das ist so ein bisschen so eine Rechtsschutzlücke. Es gibt einfach keine pragmatische Lösung, um diese Grenzkontrollen als solche anzugreifen.
Aber wir würden natürlich von einem CSU-Politiker, der ja immer auch für den Rechtsstaat einsteht, auch erwarten, dass er diese Rechtslage auch dann beachtet, wenn kein Gericht ihm Grenzkontrollen generell verboten hat.

Lösung des Dilemmas wäre wahrscheinlich eine ehrliche Ansage, eine ehrlich Ansprache von Merz, also dass er einfach die Realität annimmt und sagt, liebe Leute, wir können hier unsere europäischen Nachbarn nicht verprellen, wir haben hier eine große Errungenschaft mit Schengen. Realistischerweise bekommen wir diese Grenzen nicht dicht, das geht weder rechtlich noch faktisch.
Wenn wir Migration begrenzen wollen, dann geht das allenfalls an den EU-Außengrenzen, aber eben nicht an den nationalen Außengrenzen.

Ich glaube, die politische Zukunft von Merz, die wird davon abhängen, dass er die im Wahlkampf immer wieder angekündigte maximale Härte in der Migrationspolitik aufgibt, ohne dass die AfD davon profitiert. Und da fragt man sich natürlich, geht das? Zwingt denn nicht dieser Druck von rechts eben zu maximaler Härte in der Migrationspolitik? Und ich würde denken, genau das haben wir ja in der letzten Folge erklärt, wie
schwächt man die AfD? Nicht, indem ihre Thesen übernimmt, sondern indem man andere Themen in den Fokus rückt, zum Beispiel Wirtschaftspolitik, zum Beispiel Außenpolitik, das war das positive Signal auch der Regierungserklärung. Das war ja gerade kein Migrationswahlkampf mehr, sondern da ging es um andere Themen. Und natürlich, und das muss man, glaube ich, den Menschen zugeben, die sagen, aber man muss doch auch über Probleme reden.
Ja klar, natürlich muss man reale Probleme mit Migration konsequent lösen, aber nicht Migration zum Problem erklären. Das ist der große Unterschied. Keine Ahnung, insbesondere glaube ich wäre ein Schlüssel, dass man mehr Geld an die Kommunen überweist, damit die wirklich Probleme lösen können.

Also, ich meine, das war schon auch einer der Lichtblicke dieser Regierungserklärung. Wirtschaft, ja, okay, Downside, kein Klima, okay. Wissen wir schon, diese Regierung wird für's Klima nichts machen. Aber es war eben schon auch ein Lichtblick, dass Merz Migration, ich glaube, fast als letztes Thema, kurz mit fünf Sätzen behandelt hat. Und da war dieses Bemühen, ausgeglichen zu kommunizieren, deutlich zu spüren. Er hat auf der einen Seite gesagt:
Wir wollen ein freundliches und respektvolles Land bleiben, gerade gegenüber denjenigen, die zu uns gekommen sind, die bei uns leben, die bei uns arbeiten, die deutsche Staatsbürger geworden sind und die fester Teil unseres Landes und Gesellschaft sind. Sie sind ein fester und unverzichtbarer Teil unserer Gesellschaft und unseres Landes.

Deutschland war ein Einwanderungsland, ist ein Einwanderungsland und bleibt ein Einwanderungsland. Wir wollen Leute hierher holen, die sollen integriert werden, die sollen auch Aufenthaltsgenehmigungen bekommen, wenn sie deutsch sprechen und hier arbeiten. Der war ganz deutlich bemüht, diesen Integrationsteil zu betonen, hat aber eben auf der anderen Seite auch gesagt, weiterhin will er zurückweisen und auch einen harten Kurs an den deutschen Außengrenzen fahren.
Wir haben zu viel ungesteuerte Einwanderung zugelassen und zu viel gering qualifizierte Migration in unseren Arbeitsmarkt und vor allem in unsere sozialen Sicherungssysteme ermöglicht. Wir ordnen Migration mit mehr Begrenzung, mehr Zurückweisungen, mehr Steuerung, mehr Rückführungen. Wir machen dabei keinen nationalen Alleingang, im Gegenteil, wir verhalten uns im Einklang mit europäischem Recht.

Ja, also ich finde, ich finde, das sind immer noch verstörende Töne von Merz. Also da ist dieser Schwenk weg von der maximalen Härte. Da ist dieser Schwenk weg von unrealistischen Erwartungen und Versprechungen, Grenzkontrollen und Zurückweisungen, ist noch nicht angekommen. Man kann einfach nur hoffen, dass da jetzt auch ein paar Leute mit Friedrich Merz hinter den Kulissen mal ein hartes Wort reden und man ihm einfach erklärt, wie man die AfD wirklich bekämpft.
Nicht mit AfD-Politik, sondern mit anderer spezifischer Unionspolitik und mit Lösung der realen Probleme von Migration, aber nicht, indem man Migration generell zum Problem erklärt.

Eine der ganz, ganz großen Baustellen und Aufgaben der kommenden Regierung ist ja auch eine Rentenreform. Immer mehr Leute bekommen Rente, immer weniger Leute zahlen Beiträge in diese Kasse, aus der die Leute dann ihre Rente bekommen. Aktuell müssen plus minus zwei arbeitende Menschen einen Rentner, eine Rentnerin bezahlen und für ihre Rente sorgen jeden Monat und dieses Verhältnis wird schlechter.
Demnächst ist das eher so bei 1,7 Arbeitenden, die die Kohle berappen müssen für ein Rentner, eine Rentnerin. Also das ist allen klar, dass das auf Dauer nicht so weitergehen kann.

Ja, denn das führt dazu, dass die Rentenbeiträge immer weiter steigen müssen. Also die aktiven Menschen müssen immer mehr von ihrem Arbeitseinkommen abgeben und in die Rentenkasse einzahlen. Und das, obwohl jetzt schon jedes Jahr über 100 Milliarden, ich glaube sogar 111 Milliarden im letzten Haushalt in die Rentekasse fließen, also quasi aus Steuereinnahmen.
Und das ist natürlich auch das Geld der arbeitenden Bevölkerung, nur erfreulicherweise eben in diesem Fall nicht nur das derjenigen, die gesetzlich rentenversichert sind, sondern da müssen alle natürlich was beitragen zum allgemeinen Steuertopf. Aber ihr seht schon, da geht halt einfach wahnsinnig viel Geld durch und es gibt ein großes Problem infolge des demografischen Wandels. Philip hat es gesagt, immer weniger arbeitende Menschen im Verhältnis zu den Menschen, die schon in Rente sind.

Ja, und die Koalition weiß das natürlich, die haben sich jetzt halt in den Vertrag geschrieben, wir wollen da eine Kommission ransetzen, die dann da mal vorschlägt, wie das denn reformiert werden könnte. Und ich will mal so sagen, die jetzt zuständige Ministerin hat da mal einen Impuls gesetzt, in welche Richtung das denn gehen könnte und was denn so eine Kommision da vielleicht auch vorschlagen könnte. Bärbel Bas, in Zukunft übrigens auch neue Co-Vorsitzende der SPD-

Wohl! Also gewählte sie ja noch nicht.

Nein, aber vorgeschlagen und wird wahrscheinlich gewählt. Also jedenfalls Bärbel Bas. Wahrscheinlich Co-Vorsitzende in der SPD, aber auf jeden Fall Ministerin für Arbeit und Soziales. Die schlägt nun also in einem Interview vor, in die Rentenversicherung sollten auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige einzahlen. Als Begründung sagt sie, wir müssen die Einnahmen verbessern.

Wie ihr euch vorstellen könnt, das hat natürlich zu einem großen Aufschrei geführt. Nicht alle wollen da nämlich mitmachen bei der Rentenkasse. Insbesondere der Beamtenbund als Vertretung der Beamtinnen und Beamten sagt, dieser Vorschlag würde das Problem des demografischen Wandels nicht lösen und ist außerdem ungerecht. So die Kritik und auch die Union sieht den Vorschlag aus der Koalitionspartnerin SPD kritisch, sagt nämlich, steht nicht im Koalitionsvertrag und wird so auch nicht kommen.
Aber wir haben uns gedacht, es zeichnet sich ja ab, das wird die nächsten Wochen weiter diskutiert werden. Das wird wahrscheinlich die ganze Legislatur überdiskutiert werden, wie weiter mit der Rente? Und deswegen wollen wir uns das in dieser Lagefolge mal ein bisschen genauer anschauen. Wie haben wir diese ganzen Vorschläge zu verstehen? Wie haben wir die Kritik zu verstehen? Was ist von dem Vorschlag von Bärbel Bas zu halten und wie kriegen wir die Rentenkasse wieder stabil?

Ja, also nach altem Lagebrauch tüdeln wir das mal von vorne auf. Also heute zahlen nur sozialversicherungspflichtig Versicherte, Angestellte und einige Leute freiwillig in diese sogenannte gesetzliche Rentenversicherung. Und der Mechanismus ist halt grob, Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen zahlen Beiträge in diesen Topf. Arbeitnehmer sammeln über die Zeit eben Rentenpunkte abhängig von ihrem Einkommen.
Diese Rentenpunkte werden dann am Ende ihrer Arbeitszeit, am Beginn der Rente, mit einem Eurobetrag multipliziert. Und aus diesem Produkt, Rentenpunktanzahl x Eurobetracht, da ergibt sich dann ein Eurowert. Und das ist eben die Rente die man bei Renteneintritt bekommt. Und diese Rente, diese monatliche Rente, die wird dann eben weiterentwickelt und die steigt in aller Regel abhängig von den Löhnen, die so in der Arbeitswelt in den nächsten Jahren
gezahlt werden. Das ist so ganz grob der Mechanismus.

Ja, und zwar funktioniert das so, dass der Rentenpunktwert jedes Jahr neu berechnet wird, das heißt also die Rentenpunkte, die man gesammelt hat, die sind ja quasi so eine Art Bilanz des Arbeitslebens für ein Durchschnittseinkommen, das man erzielt hat, bekommt man einen Rentenpunkt. Wenn man das halbe Durchschnittseinkommen erzielt hat, bekommt man eben einen halben Rentenpunkt. Wenn man das Doppelte verdient hat wie das Durchschnittseinkommen, dann gibt es zwei Rentenpunkte.
Die Punkte sammelt man über sein Arbeitsleben an. Und was so ein Punkt wert ist, das wird jedes Jahr neu berechnet. So steigen dann eben die Renten der Menschen an, wenn die Rentepunkte mehr wert werden. Momentan ist so ein Rentenpunkt um die 40 Euro wert, ist jetzt gerade erstmals in Ost und West gleich viel wert. Kann man sich also ausrechnen, da muss man schon eine Menge Punkte sammeln, wenn man auf eine halbwegs solide Altersversorgung kommen will.

So und jetzt schlägt also die Ministerin vor, auch, fangen wir mit denen mal an, auch Abgeordnete sollten also einzahlen in diesen Rententopf aus dem die Renten bezahlt werden, einfach damit da mehr Geld drin ist und dieses Thema Abgeordnete, glaube ich, das kann man relativ schnell abräumen. Die bekommen aktuell ihre Pension, ihre Altersentschädigung aus dem Haushalt also aus Steuermitteln und sollen die jetzt also in die Rentenkasse wechseln, würde das die Rentenkasse entlasten?
Ich glaube, das kann man abräumen. Das wäre für die Rentekasse nahezu egal. Das geht hier um einige tausend Leute, die dann da mehr einzahlen würden. Ich glaube das ist reine Symbolik, was es nicht komplett abwerten soll.
Auch symbolische Aktionen können bei der Kommunikation helfen, wenn halt viele andere Rentner, Rentnerinnen, Leute, die da irgendwie versichert sind, unter Umständen federn lassen sollten, dann ist es natürlich gut sagen zu können, ja auch wir Abgeordnete, da gehen wir rein, aber für die Rentenkasse selber ist das nahezu egal.

Ja und man muss natürlich fairerweise sagen, wenn man das so machen würde und die Abgeordneten nicht noch anderweitig irgendwie absichern würde, dann würde sich deren Situation drastisch verschlechtern, denn derzeit bekommen die ja schon nach relativ kurzer Zugehörigkeit zu Parlamenten, also so ein, zwei Legislaturperioden, relativ üppige Versorgung. Wenn man für die einfach in der Zeit nur Rentenbeiträge zahlen würde, würden sie nach dieser Zeit nur also eine ganz, ganz, ganz geringe Rente
bekommen. Also wenn man die da einbezieht, bin ich bei dir, Philip, wäre das zunächst mal symbolisch. Es würde aber massive Einschnitte bedeuten, wenn es nicht noch, sagen wir mal, irgendeine Art Parlamentsbetriebsrenten oder sonstige Versorgung für Abgeordnete gäbe.

Dann der zweite Punkt, den die Frau Bas erwähnt hat, sind Selbstständige. Selbstständige sollen also auch in diese Kasse einzahlen, damit da mehr Geld rein kommt. Bei Selbstständigen ist die Sache schon ein bisschen komplizierter. Selbstständige müssen ja in aller Regel selber fürs Alter vorsorgen. Es gibt keine Pflichtorganisation, wo sie da Mitglied werden müssen und die haben eben diverse Möglichkeiten, um für's Alter vorzusorgen.
Einige Gruppen von Selbstständigen haben eigene Rentenkassen, also Anwälte zum Beispiel, da können dann natürlich nur Anwälte mitmachen, aber da zahlen die dann ein und dann kriegen sie halt eine Rente, wenn sie in Rente gehen. Selbstständige können zum Beispiel auch, das wissen die wenigsten, freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung mitmachen.
Das ist allerdings für Selbstständige natürlich ein bisschen teurer, weil sie eben nicht nur die Rentenbeiträge der Arbeitnehmer zahlen müssen, plus minus zehn Prozent, sondern eben auch den Rentenbeitrag der Arbeitgeber dazuzahlen, das heißt, wenn die da freiwillig mitmachen, dann zahlen die halt diese 18,6 Prozent komplett selber, sind dann aber in diese gesetzlichen Rentenversicherung. Und weil das eben so teuer ist, haben viele Selbstständige eben gar keine Altersabsicherung.

Ja und die stecken dann so richtig
in der Falle. In der aktiven Phase ihres Berufslebens können sie häufig kaum Rücklagen bilden, können sie sich solche Rücklagen häufig nicht leisten, weil sie natürlich das Geld dafür auch erstmal verdienen müssten, dann wären sie häufig nicht mehr konkurrenzfähig und das führt dazu, dass eben viele Selbstständige während sie noch aktiv sind nicht genug Vorsorgen und dann später in die Altersarmut rutschen, eben weil es ja keine automatische Altersversorgung für Selbstständige gibt.
Wenn man das eben nicht tut, wenn man das immer wieder verdrängt und sagt ja, aber jetzt habe ich das Geld einfach nicht und dann steht man eben häufig im Alter vor dem Nichts und deswegen gibt es viele, die sagen, so eine Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung auch für Selbständige wäre schon eine ziemlich gute Idee.

Wenn es ein opt out gibt. Also so dass dann nur Selbstständige einzahlen müssen, die eben nicht anderweitig versichert sind, sprich Anwälte, andere Gruppen von Selbstständigen.

Oder Künstler:innen, Journalist:innen. Also zum Beispiel gibt es ja die Künstlersozialkasse, die sogenannte, was also für Menschen, die als Journalisten tätig sind, typischerweise eine gute Lösung ist. Da ist es so, dass dann der Staat den Arbeitgeberbeitrag zahlt. Das heißt, da zahlt man dann, obwohl man selbstständig ist, nur den Arbeitsnehmer:innenbeitrag und damit ist dann die Künstlersozialkasse eine vernünftige Lösung, zumal man da noch krankenversichert ist.
Jedenfalls dann, wenn man tatsächlich selbstständig ist und von verschiedenen Arbeitgebern eben Aufträge bekommt.

Und publizistisch tätig ist. Also diesen Vorschlag, wirklich alle, die nicht woanders versichert sind, pflichtmäßig in diese gesetzliche Rentenversicherung einzuschließen, diesen Vorschlag haben die Wirtschaftsweisen gemacht. Also dieser sogenannte Sachverständigenrat für die Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Lage, so das bedeutendste wirtschaftliche Beratergremium der Bundesregierung. Und es sagt interessanterweise auch die Rentenversicherung selber.
Leute, Selbstständige zu uns ist eine gute Idee. Und der Grund ist einfach, es ist eine relativ diverse und eben eine relativ junge Gruppe mit unterschiedlichen Einkommen. Und so eine Mitgliedschaft würde eben der Altersarmut wahrscheinlich auch deutlich vorbeugen.

Und so eine Integration, insbesondere wenn sie mit dem opt out verbunden wäre, für alle Leute, die eben schon eine anderweitige Altersvorsorge haben, eine solche Integration wäre auch vergleichsweise problemlos, weil die Menschen dann ja eben in keinem anderen Sozialversicherungssystem schon drin stecken, dass man dann irgendwie überleiten müsste. Also das könnte man relativ leicht angehen und, ehrlich gesagt, würde man das als Minimalreform eigentlich von dieser Legislaturperiode erwarten.
Das würde eben natürlich ein bisschen mehr Einnahmen ins System bringen, aber vor allem würde es dafür sorgen, dass jedenfalls zukünftige Generationen von Selbstständigen im Ruhestand nicht mehr vor dem Nichts stehen.

Ein bisschen komplexer ist die Lage bei den Beamten und Beamtinnen. Also das ist ja jetzt auch momentan die Debatte, die so diese Woche geführt wurde. Und deswegen müssen wir das hier mal ein bisschen aufdröseln. Ehrlicherweise haben wir uns dem auch mal gewidmet, weil ich auch selber nicht so genau wusste. Wie ist das denn jetzt mit den Beamten? Und so ein paar Sachen haben wir da, habe ich da zumindest schon gelernt. Fangen wir mal von vorne an.
Beamte bekommen ja heute Pension und die wird völlig anders berechnet als die Rente. Wir haben es ja eben gesagt. Die sammeln keine Rentenpunkte, die dann bei Renteneintritt mit einem Eurobetrag multipliziert werden, sondern Beamte sammlen letztlich Prozentpunkte. Je mehr Dienstjahre und je weniger Teilzeit, desto mehr Prozentpunkte bekommen sie. Prozentpunkten von was? Naja, vom letzten Gehalt oder Sold. Also wer 40+ Jahre verbeamtet ist, bekommt heute über 71 Prozent des letzten Gehalts.
Und zwar nicht aus irgendwelchen Beiträgen oder Rücklagen, sondern vom Staat direkt aus dem jährlichen Haushalt.

Es ist natürlich in jedem Bundesland ein bisschen anders geregelt und es gibt da tatsächlich auch drastische Abzüge, also zum Beispiel vielleicht wissen das ein paar von euch, haben wir ja auch in der Lage gesagt. Ich bin ja im vergangenen Sommer auf eigenen Wunsch aus der Berliner Justiz ausgestiegen.
Ich habe natürlich mal durchgerechnet, was ich denn damit an Pension eigentlich verliere und bei mir wäre dieser Prozentwert nur so um die 50 Prozent gewesen weil ich halt mit, ich glaube, mit 30 Jahren eingestiegen bin in die Justiz. Und ich habe zwischendurch mal drei Jahre Teilzeit gearbeitet und so. Also da gab es ein paar Besonderheiten und das hatte zu drastischen Abzügen geführt. Klar, das Bundesland Berlin zahlt natürlich auch besonders schlecht.
Aber klar war irgendwie, ich hätte, ich glaube, noch nicht mal ganz 50 Prozent, ich glaube nur so 48, 49 Prozent bekommen. Und das relativierte dann ehrlich gesagt auch den Wert meiner Pension natürlich ganz drastisch, wenn ich ohnehin nur so relativ wenig bekomme. Und das gilt natürlich für viele Menschen, weil man ja, wenn man Jura studiert und vielleicht noch promoviert hat, dann wird man ja kaum vor 30 anfangen zu arbeiten.
Also insofern, also diese 71 Prozent, das ist jetzt auch so ein bisschen so der Idealfall, das erreichen nun viele nicht, insbesondere viele jüngere Beamtinnen und Beamte. Die alten Hasen, die heute in Rente sind oder in Pension sind, die haben eben häufig tatsächlich einen sehr hohen Prozentwert erreicht, weil diese, wie soll ich sagen, diese Kürzungsregelungen typischerweise in den letzten 10, 20 Jahren erst beschlossen wurden, um Kostendämpfungen zu erreichen.

In jedem Fall ist es aber so, auch wenn natürlich jetzt nicht jeder 71 Prozent vom letzten Gehalt bekommt, was man schon festhalten kann, ist die Pension, die durchschnittlich ausgezahlte Pension ist deutlich höher, fast ungefähr doppelt so hoch wie die durchschnittlich ausgezahlte gesetzliche Rente. Und da können natürlich viele aufschreien, wie kann das denn sein? ist doch hier viel zu fett für diese Beamten vorgesorgt
worden. Naja, und ich hab halt mit diesem Rentenexperten Martin Werding gesprochen, der ist Wirtschaftsweise, also Teil dieses Beratergremiums, und Professor an der Uni in Bochum.
Und er sagt, naja, also wenn man einfach die Durchschnittsrente mit der Durchschnittspension vergleicht, dann vergleicht man eigentlich Äpfel und Birnen, denn die Mehrheit der Rentner und Rentnerinnen, vor allem die, die höher qualifiziert sind, die haben im Alter nicht nur eine gesetzliche Rente, sondern eben auch eine Betriebsrente.
Also eine Rente die ihnen der Betrieb, bei dem sie die ganze Zeit gearbeitet haben, eingerichtet hat und mit der kombiniert sie dann schon auf eine stattliche Altersversorgung kommen.

Und dann muss man natürlich auch noch mal sagen, gibt es natürlich auch wahnsinnig viele Rentnerinnen und Rentner die ihr ganzes Leben relativ wenig gearbeitet haben, die irgendwie mal so ein bisschen Teilzeit verdient haben und so, gerade bei Frauen ist das natürlich ein großes Problem wegen Familienpause früher und so, und diese Menschen die dann eben vielleicht nur drei-, vier-, fünfhundert Euro Rente bekommen, weil sie relativ wenig eingezahlt haben, die ziehen natürlich die
durchschnittliche Altersrente auch massiv nach unten. Also auch das, muss man ganz ehrlich, glaube ich, sagen, das ist natürlich bei diesem Vergleich zu berücksichtigen, denn die allerwenigsten Leute arbeiten quasi nebenbei als Beamte. Also wenn du Beamtin oder Beamter bist, dann arbeitest du halt typischerweise relativ viel und auch das verzerrt dann natürlich den Schnitt.

Richtig, genau, also was ich nur sagen wollte, ist, wo auch Werding auch hinweist, also diese Beamtenpension ist eigentlich genau genommen Rente plus Betriebsrente. In dem Fall kommt halt die Betriebesrente vom Staat, aber insofern ist das dann schon auch vergleichbar mit den Renten, mit den höheren Renten von höher ausgebildeten Leuten, die halt Vollzeit die ganze Zeit gearbeitet haben.
Und dazu kommt, muss man natürlich auch sagen, dass halt Beamte auch ein bestimmtes Anrecht, also der Staat gegenüber den Beamten, halt so eine Alimentationspflicht hat, dadurch, dass er halt so eine hohe Treue von ihnen erwarten kann, ist er halt auch verpflichtet, wirklich für ihren Lebensunterhalt bis ans Ende zu sorgen. Das ist grundgesetzlich geregelt. Insofern ist der Unterschied halt nicht so krass, wie er auf den ersten Blick wirkt.

Das heißt aber nicht, dass bei den Pensionen jetzt alles in Butter wäre. Auch das System der Pension muss, so jedenfalls Herr Werding, dringend reformiert werden. Denn der Webfehler ist, dass es für heutige Regierungen sehr attraktiv ist, Beamte einzustellen, weil eben nur ihr heutiges Gehalt anfällt, man aber keine Beiträge für die Rentenversicherung zahlen muss. Mit anderen Worten, man verschiebt quasi die Pensionslasten auf die Haushalte zukünftiger Generationen in 30, 40, 50
Jahren. Das heißt also, da macht man im Grunde so ein Geschäft auf Kosten zukünftiger Generationen, wenn man Menschen verbeamtet.

Ja und nicht zuletzt, ich meine wegen dieser Verbeamtungswelle in den 70er und 80er Jahren zahlen wir heute die Zeche, nämlich immerhin 64 Milliarden Euro an Pensionen jedes Jahr.
Das ist nicht nur der Bundeshaushalt, das sind natürlich die Haushalte der Kommunen, der Länder vor allem, weil dort halt viele Beamte, Beamtinnen arbeiten, beim Bund in der Tedenz abnehmen, bei den Ländern und Kommunen tendenziell zunehmen, aber wir zahlen die Zechen von damals und das werden die Leute in 20, 30 Jahren auch mit unseren Beamten tun, wenn wir es nicht reformieren.

Ja und theoretisch könnte man natürlich sagen, müssen halt Kommunen oder Bundesländer einfach Rücklagen bilden. Theoretisch könnten die natürlich sagen, wir legen jetzt jedes Jahr für unsere Beamtinnen und Beamten ein paar Milliarden beiseite, legen das Geld hoffentlich gut an in irgendwelchen Pensionskassen sowie das ja viele andere Staaten tun. Aber das passiert halt einfach viel zu wenig.
Das heißt also, man stellt munter Beamte ein, zahlt ihnen aber heute eben nur ihr aktuelles Gehalt, legt kein Geld auf die Seite und hofft einfach, dass zukünftige Generationen diese Pensionslasten schon irgendwie bezahlen werden.

Ja, also kein Geld zur Seite, stimmt auch nicht ganz. Die Länder machen das halt sehr unterschiedlich.

Aber viel zu wenig jedenfalls.

Viel zu wenig, das ist Fakt. Es gibt Rücklagen, aber die reichen halt bei Weitem nicht aus. Dann ist natürlich die Frage, kann man nicht diese heute plus minus 2,1 Millionen Beamt:innen in die gesetzliche Rentenversicherung integrieren? Löst das vielleicht nicht sogar zwei Probleme auf einmal? Reform der Pension, Reform der gesetzlichen Rentenversicherung.
Und dieses Problem hat sich im letzten Bericht dieser schon erwähnte Sachverständigenrat für die Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Lage, die Wirtschaftsweisen, die haben sich das angeguckt und untersucht. Ergebnis?

Für die gesetzliche Rentenversicherung wäre das keine Entlastung. Fand ich total spannend. Das hatte ich ehrlich gesagt mir anders vorgestellt. Und die Begründung ist folgende. Ja, die gesetzliche Rentenversicherung hätte erst mal zwar mehr Menschen, die Beiträge zahlen. Das heißt also zunächst mal wird es leichter, die Lasten der heutigen Rentnerinnen und Rentner zu tragen.
Aber die Menschen, die da jetzt einzahlen, die würden damit ja auch Ansprüche erwerben und später irgendwann mal Rente bekommen und Beamtinnen und Beamte leben im Schnitt sogar zwei Jahre länger, bekommen also sogar zwei Jahre länger Rente.

Und dann war natürlich, und deswegen, da waren wir beide so und dachten, na gut, aber da gehen jetzt natürlich wahnsinnig viele Boomer in Rente. Deswegen verschiebt sich dieses Verhältnis gerade extrem ungünstig in den nächsten Jahren. Wir haben halt sehr viele alte Leute, die jetzt in Rente gehen und wenig junge Leute, die halt Beiträge zahlen, aber so war unsere Annahme, die Boomer, die sterben ja auch irgendwann. Dieser Berg von alten Leuten, der ist halt irgendwann auch nicht mehr da.
Aber, und das haben wir mit Herrn Werding auch diskutiert, seine Berechnungen zeigen eben, es ist sehr, sehr, wahrscheinlich und wir müssen davon ausgehen, dass auch nach dem Sterben dieser Boomer, die jetzt in Rente gehen, die Zahl der Alten im Vergleich zur Zahl der Jungen weiter ungünstig ist. Die Alten werden mehr, die Jungen werden weniger. Und das hat im Kern zwei Gründe. Die Geburtenrate ist einfach weiterhin zu niedrig.
Es kommen zu wenig junge Leute nach und die Leute leben immer länger, die Lebenserwartung steigt. Deswegen beziehen die Leute natürlich länger Rente.

Und das Renteneintrittsalter wird nicht angepasst. Das wäre ja, dass die Menschen länger leben, ist ja zunächst mal wunderbar. Das gönnen wir ja jedem, der berühmt berüchtigte Unruhestand. Und ich freue mich über jeden, der mit 90 noch begeistert mit dem Fahrrad über den Deich radelt. Aber man muss halt einfach sehen, was halt nicht funktioniert, ist, mit 65 in Rente gehen und dann 30 Jahre Rente beziehen.
Also historisch war es halt so, dass Rentnerinnen und Rentner im Schnitt keine 10 Jahre Rente bekommen haben. Das sind heute aber häufig 20 oder 30 Jahre, weil sich die Politik einfach konsequent weigert, das Renteneintrittsalter an die gestiegene Lebenserwartung anzupassen. Also nur, dass jetzt nicht der Eindruck entsteht, wir gönnen den Menschen ihre gesunden Jahre im Ruhestand nicht. Das ist als solches natürlich überhaupt kein Problem. Ganz im Gegenteil, es freut uns von
Herzen. Nur, man muss dann natürlich eigentlich auch politisch nachsteuern, denn sonst gerät eben das Rentensystem total in die Schieflage. Und das wiederum, Philip, das lässt sich jedenfalls nach den Berechnungen von Herrn Werding und seinen Kolleginnen und Kollegen, das lässt sich durch ein Hinzunehmen der Beamten überhaupt nicht fixen.

Ne, im Gegenteil. Weil die eben in der Tendenz zwei Jahre länger leben, kommt der Sachverständige gerade zu dem Schluss, eine vollständige Eingliederung der Beamten würde die finanzielle Situation der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund der längeren Lebenserwartung von Beamtinnen und Beamten langfristig sogar verschlechtern. Also erstmal haben sie mehr Einnahmen, aber langfristig in den nächsten 20, 30, 40 Jahren würde das eher die Rentenkasse belasten.
Und gleichzeitig, das ist sozusagen ein zweiter unerwünschter Nebeneffekt, gäbe es für die nächsten plus minus 50 Jahre erhebliche Belastung für die staatlichen Haushalte. Also nicht nur für die Rentenkasse, sondern auch für die staatlichen Haushalte. Warum?

Die staatlichen Haushalte, die müssten ja eben nicht nur die heute laufenden Pensionen zahlen, also für die Menschen, die früher mal Beamtinnen oder Beamte waren und eben nicht in die Rentenversicherung eingezahlt haben, nein, die staatlichen Haushalte müssten parallel für die heutigen neuen Beamten in der gesetzlichen Rentenversicherung ja auch noch Beiträge zahlen und zwar nicht nur den Arbeitgeberanteil, so viel ist klar, sondern de facto auch den Arbeitnehmeranteil, denn man
muss sich das ja mal überlegen. Die Menschen, die heute Beamtinnen und Beamte sind, zahlen ja bislang nicht in die Rentenversicherung ein. Wenn man die damit einmal integrieren würde in das System, dann würde ihnen ja der Arbeitnehmeranteil abgezogen und dementsprechend würde ihr Nettoeinkommen sinken. Und damit der Staat als Arbeitgeber für Beamtinnen und Beamte überhaupt noch attraktiv bleibt, müsste man das wohl ausgleichen.
Man müsste den Menschen also über den Daumen 10% erst mal das Gehalt erhöhen, damit dann nach Abzug von etwa 10% Arbeitnehmerbeitrag sie netto wieder beim selben rauskommen. Mit anderen Worten würde das zu enormen Zusatzbelastungen der staatlichen Haushalte führen und sie müssten ja außerdem noch irgendwie eine betriebliche Altersvorsorge finanzieren, weil die Rente als solche wiederum nicht dazu ausreichen würde, Stichwort Alimentationsprinzip, das Lebensniveau im Alter zu
erhalten. Also das klingt uns ehrlich gesagt nach einem riesengroßen Sprengsatz für die öffentlichen Haushalte in Deutschland.

Ja genau, also diese betriebliche Altersvorsorge vom Staat, die müsste halt zu der staatlichen Rente dazukommen, damit du dann eben auch bei einer ähnlichen Höhe wie heute mit den Pensionen landest.
Und Martin Werding und Kollegen haben halt für das ifo Institut auch das nochmal zusammengeschrieben und die kommen zu dem Schluss, die für die nächsten Jahre und Jahrzehnte absehbaren Finanzierungsprobleme der gesetzlichen Rentenversicherung können durch eine Integration von Beamten und Beamtinnen in das gesetzliche Rentensystem nicht gelöst werden. So, dann kann man jetzt halt sagen, okay. Also, gesetzliche Rentenversicherung, da die Beamten reinzustecken, das bringt nichts.
Im Gegenteil, Haushalte, staatliche Haushalte, Kommunen, Länder machen auf absehbare Zeit für die nächsten Jahrzehnte ein Riesenminus. Ja, soll man dann nicht am besten alles so lassen, wie es ist?

Nein, das ist auf gar keinen Fall eine Option, einfach weil die Rentenkassen heute schon völlig überlastet sind, weil sie heute schon mit enormen Summen aus dem Bundeshaushalt quersubventioniert werden müssen. Diese Summen würden drastisch ansteigen. Da gibt es natürlich verschiedene Berechnungen. Manche sagen 160 Milliarden im Jahr, manche sagen sogar über 200 Milliarden im Jahr. Hängt auch so ein bisschen davon ab, wie man die Lebenserwartung reinrechnet und welchen Zeithorizont
man zu Grunde legt. Aber auf jeden Fall Nichts machen es auf jeden Fall keine Option. Die gesetzliche Rentenversicherung muss man zwingend sanieren, sagen jedenfalls diese Wirtschaftsweisen und sie stellen im Kern folgende Forderung auf.

Im Kern sollte es darum gehen, zu sagen, je länger die Leute leben, je höher die Lebenserwartung also ist, desto länger müssen die Leute einfach auch arbeiten. Sprich, später in Rente gehen, je höher die allgemeine Lebenserwartung ist. Und als zweiten Punkt, es muss eine Kapitaldeckung
für die Rente geben. Das heißt, es muss irgendwie ein Pfeiler eingezogen werden, der vom Aktienmarkt, von den Kapitalrenditen, die man über Jahre mit Finanzen, mit Geld erwirtschaften kann, damit der irgendwie in diese Rente mit einzahlt. Das sind zwei Kernelemente. Lustig fand ich bei der Recherche, dass das ja schon passiert. Und zwar nämlich bei der Betriebsrente für öffentliche Angestellte. Also nicht für die Beamten, sondern für die Leute, die im öffentlichen Dienst angestellt
sind. Die kriegen auch eine Betriebesrente und deren Renditen werden auch am Kapitalmarkt erwirtschaftet.

Ja, denn das ist ja der Witz. Die Rente folgt bislang dem sogenannten Umlagesystem. Da gibt es also keinen Sparschwein, wo irgendwie Rentenbeiträge reingesteckt werden und da möglicherweise Erträge erzielen. Nein, sondern in jedem Monat wieder tragen die aktiven Menschen heute die Kosten der Rentnerinnen und Rentner.
Jeden Monat geht das Geld im Grunde nur einmal durch die große Kasse durch und, ihr habt es gehört, es reicht nicht, deswegen muss der Bund im Jahr noch über 100 Milliarden zuschießen. Aber da wird bislang so gut wie nichts angelegt. Die Ampel hatte angefangen, so einen Hauch von Kapitaldeckung einzuführen. So ein paar Milliarden Euro im Jahr sollten aus dem Bundeshaushalt angelegt werden, um Geld anzusparen für die Entlastung der Rentenkassen in
der Zukunft. Aber das ist natürlich nur ein allererster Schritt in diese Richtung Kapitaldeckung. Aber Philip, ich glaube, die Rentenkassen sind eben nicht die einzige Großbaustelle. Martin Werding jedenfalls, Mitglied des Sachverständigenrats, sagt, auch die Pensionen müssen reformiert werden.

Richtig und zwar müssten A) Rückstellungen gebildet werden, so wie wir das eben auch gesagt haben. Er sagt, am besten ist das eigentlich, ich glaube, wo war das, in Sachsen oder so, wo das in der Landesverfassung festgehalten ist.
Wir machen Rücklagen, weil andere Länder haben Rücklagen gebildet und die dann wieder aufgelöst, weil sie Geldprobleme hatten und so, also wenn es in der Verfassung steht, ist das so am sichersten verankert, aber er sagt vor allem, und das sagt auch der Sachverständigenrat, vor allem müsste viel weniger verbeamtet werden.
Er sagt, wirklich nur die Leute, die hoheitliche Aufgaben wahrnehmen, also wo Aufgaben wahrgenommen werden, die tatsächlich in Grundrechte von Bürgern und Bürgerinnen eingreifen können, die sollten auch verbeamtet werden, also Polizisten, Polizistinnen, Justiz, Finanzamt, Militär. Das sind so die klassischen Bereiche, wo man sagt, okay, das sind hoheitliche Aufgaben, da wird in Grundrechte potenziell
eingegriffen. Das sollen Beamte werden. Aber Lehrer, Lehrerin zum Beispiel sagt der Sachverständigenrat, die müssen keine Beamten sein. Und das haben ja viele Länder auch schon gemacht, dass Lehrer da nicht mehr verbeamtet werden. Aber das zeigt halt auch das Problem. Bei den Lehrern war das nämlich so, da hat es einige Länder gegeben, die haben gesagt, ihr seid nur noch angestellt. Die anderen haben gesagt ihr seid weiter Beamte.
Und dann war natürlich die Attraktivität, Lehrer meinetwegen in Bayern zu werden, wo du weiter verbeamtet wirst, viel höher als in Brandenburg, wo du nur angestellt wirst. Das heißt, da gab es eine interne Konkurrenz. Das heißt, die Länder müssten ihre Verbeamtungsstrategie, sagen wir mal, sehr einheitlich ändern, damit wirklich in allen Ländern nur noch sehr restriktiv verbeamtet wird. Und da ist auch der Sachverständigenrat skeptisch, ob das gelingt.
Und dann entsteht halt wieder so ein Konkurrenzverhältnis, was eigentlich nicht erwünscht ist. Aber die Frage ist natürlich dann abschließend, sollen denn die Beamten auf gar keinen Fall in die gesetzliche Rentenversicherung, gibt es denn da überhaupt keinen Vorteil? Und da sagt der Sachverständigenrat, doch, das könnte unter Umständen Sinn machen, nicht, um die gesetzliche Rentenversicherung zu entlasten.
Aber es könnte einen Weg geben, sie zu integrieren in die gesetzliche Rentenversicherung, der dann mehr Transparenz bringt, der mehr Vergleichbarkeit bringt zwischen Beamten und Angestellten und der eben die Steuerbarkeit von Beamtenrenten erhöht und die schlagen einfach vor, wir könnten zum Beispiel zum 01.01.26 sagen, alle neuen Beamten zahlen in die Rentenversicherung ein.
Jetzt sagen sie aber, wenn wir dann halt nur diese Beiträge, die der Staat dann zahlt, in die Renteversicherung einzahlen, dann sind die Probleme wie beschrieben oben. Deswegen argumentieren sie, wir könnten das machen wie in Österreich. Der Staat zahlt diese Beiträge für die Rentenversicherung nicht in die Rentenversicherung, sondern in eine separate Kasse, damit die halt nicht in der normalen Rentenversicherung verbraten werden und die Probleme es gibt wie oben.
Und aus dieser separaten Kasse, in die diese Rentenbeiträge des Staates reinfließen, werden erstmal die laufenden Pensionen bezahlt von den Beamten, die es gibt, aber sobald dann irgendwann verbeamtete Leute in Rente gehen, werden deren Renten aus dieser separaten Kasse bezahlt. Und der Sachverständigenrat und Werding, die haben berechnet, wenn wir das so machen, dann wäre das Aufkommen, was wir dafür zahlen müssen, unterm Strich genauso, als würden wir alles so lassen, wie es ist.
Der Staat würde also nicht mehr belastet, die Haushalte würden nicht mehr belastet. Die Rentenkasse würde also in 50 Jahren nicht mehr belastet, weil die Leute alle so alt werden. Der Vorteil wäre aber, wir hätten eben mehr Transparenz. Wir könnten genau vergleichen, wie entstehen denn diese Renten für Beamte?
Wir könnten dafür sorgen, dass Reformen, die bei der Rente gemacht werden, so wie das längst auch beabsichtigt ist, eben für die Renten von Angestellten, aber auch für die Renten von Beamten gelten, weil es einfach rechtlich genau gleich geregelt ist. Nur das Geld für die Beamten kommt halt aus einer anderen Kasse.
Und, das ist der letzte Punkt, der Staat müsste natürlich eine betriebliche Altersvorsorge für diese Leute einrichten, aber über diese betriebliche Altersvorsorge könnte er dann auch die Höhe und die Kosten für den Staat durch Beamte eben regeln, indem sie sagen, ja gut, wir haben dann eine betriebliche Altervorsorge, aber die wird vielleicht etwas in den nächsten Jahren geringer ausfallen, sodass dann die Kosten für den Staat durch die Beamten auch sinken. Das sind die drei Argumente.
Und sie haben halt berechnet, wenn wir das so machen, dann spart hier keiner Geld. Aber es würde im Prinzip genauso weiterlaufen. Die Kosten wären genauso, als wären die Pension die Pension und die gesetzliche Rentenversicherung die gesetzliche Rentenversicherung. Aber wenn wir die Beamten so über so eine zweite Kasse da mit reinnehmen, haben wir halt diese Vorteile Transparenz, Vergleichbarkeit und ein Regelungsmechanismus über eine betriebliche Altersrente für Beamte drin.

Tja also ich muss ganz ehrlich sagen, mich hat das beim Durchlesen jetzt erstmal nicht so richtig überzeugt, wieso alleine ein zweiter Topf die Probleme lösen soll, die wir oben angesprochen haben. Auf der anderen Seite haben die sich da ja schon ein bisschen Gedanken gemacht, also vertraue jetzt mal drauf, dass das jetzt irgendwie auch kein Schnellschuss ist.
Mal schauen, aber auf der anderen Seite, wenn es nicht billiger ist und wenn es die Probleme der gesetzlichen Rentenversicherung nicht löst, bin ich jetzt nicht so hundertprozentig sicher, wie die politischen Chancen dieses Projekts aussehen.

Also ich bin mir da, ehrlich gesagt, ich bin mir, ehrlich gesagt, nicht sicher.

Die Beamten wollen das nicht. Ne, das will niemand so.

Ich glaube, das politische Kapital, was du da rein investieren müsstest, um das zu machen, ist enorm. Mit der Ansage, ja, niemand wird hier Geld sparen, wir kriegen nur ein bisschen mehr Transparenz. Die Beamtenrentner sind mit den Angestelltenrentnern besser zu
vergleichen. Wir können Reformen besser eins zu eins umsetzen und wir haben dann eventuell gegenüber den Beamten ja auch noch einen Hebel, weil wir sagen können, naja, diese staatliche betriebliche Vorsorge, die könnten wir dann im Zweifel ein bisschen besser drosseln. Also ich glaube, das Ding ist eine Totgeburt. Ich glaube, das wird einfach nichts.

Ja, ich glaube auch. Oder das ist eine Schnapsidee. Wenn ich ganz ehrlich bin, ich finde es ja ein interessantes Rechenexempel, das intuitiv in meinem Kopf nicht aufgeht, aber wie gesagt, da vertraue ich jetzt einfach mal drauf, dass die wissen, was sie tun, aber politisch würde ich auch sagen, also glaube ich nicht so richtig, dass sich da irgendjemand hinstellen wird.
Denn mal ganz ehrlich, aus der Beamtenschaft wird es natürlich massiven Gegenwind geben und sei es nur aus Unsicherheit, ob wirklich alles so gut bleibt wie heute, weißt du?

Total!

Da gibt es dann ja auch Vertrauensprobleme, bloß nicht anfassen, gerade bei Beamten. Haben wir immer schon so gemacht, wer weiß und so. Also ich glaube, das ist ein lustiges Rechenexperiment, aber ich glaube das kann man so ein bisschen abhaken.
Trotzdem finde ich, zeigt der Vorschlag von Bärbel Bas, das muss man auch mal sagen, dass sie doch den Mut hat, dicke Bretter zu bohren, Beamte in die Rentenversicherung, ob das jetzt wirklich die Lösung ist, ihr habt es oben gehört, mutmaßlich nicht, sobald man mal zum Taschenrechner greift, aber ich finde es trotzdem gut, dass Bärbel Bas jedenfalls mal diese Debatte anstößt.
Die Lösung, die sie, sagen wir mal, ventiliert hat, ist wahrscheinlich nicht die plausible Lösung, aber zumindest hat sie damit die Debatte um die Zukunft der Rentenversicherung angestoßen. Und das ist eine gute Debatte. Da allerdings frage ich mich, ob sie den Mut hat, die wirklich wichtigen Fragen zu stellen. Also zum Beispiel, warum muss die Rente, das haben wir in der Lage schon oft gesagt, warum muss Rente steigen mit den Löhnen?
Warum reicht es nicht, sie an die Inflation zu koppeln, sodass Rentnerinnen und Rentner keine Verluste machen, aber auch nicht die Renten immer weiter in den Himmel wachsen? Wird sie den Mut haben, Leute länger arbeiten zu lassen, wird sie den Mut haben, die Rente mit 63, die ja inzwischen auch eher eine Rente mit knapp 64 ist, aber gut, das wieder zu kippen, was halt einfach ein Schluck aus der Pulle ist, die schon vorher leer war?
Also da darf man, finde ich, wirklich gespannt sein, Philip, aber ich denke, die gute Nachricht ist, sie scheint sich nicht wegzuducken, sie scheint sich irgendwie in den Wind zu stellen.

Ja, also das würde ich schon sagen, wenn jemand quasi an Tag drei, glaube ich, war es, oder so, seiner Amtszeit als Minister so ein Interview gibt, wissend, dass das Gegenwind gibt, dann glaube ich attestiert das schon eine gewisse Konfliktfähigkeit. Also ich glaube, die beiden Punkte sind entscheidend. Die Leute sollen länger arbeiten. Das will ja auch die Union nicht. Das haben die, glaube ich, sogar ausgeschlossen.
Und dann diese Kapitaldeckung, da geht ja die Koalition zumindest ein bisschen ran, dass sie sagen, wir wollen da schon für Minderjährige so einen Topf eröffnen und so. Also da gibt es so zarte Versuche, da so ein bisschen den Kapitalmarkt für die Rente mitzunutzen. Aber da muss man wirklich mal abwarten, in welchem Umfang das gemacht wird. Aber zentral wird einfach sein, diese Leute länger arbeiten zu lassen. Und das sehe ich nicht, dass die Koalition dazu in der Lage ist.

Wir haben ja schon hier in der Lage der Nation über viele Aspekte des Staatsumbaus àla Donald Trump gesprochen. Die Regierung Trump missachtet inzwischen sogar Gerichtsentscheidungen. Sie untergräbt die Gewaltenteilung auf diese Weise. Sie torpediert die freie Berichterstattung durch unabhängige Medien, indem sie beispielsweise klassische Medien nicht mehr privilegierten Zugang zum Weißen Haus gewährt, stattdessen irgendwelchen Bloggern.
Und sie droht auch unangenehmen Anwaltskanzleien mit Hausverbot und zwingt sie sogar zu Pro-Bono-Arbeit. Also zwingt sie dazu, kostenlos für die Trump-Administration zu arbeiten. Aber ein Ziel dieser trumpschen Gleichschaltungsversuche war hier noch kein Thema, Philip. Und das wollen wir uns in dieser Woche mal anschauen.

Richtig. Da geht es um Bildung, vor allen Dingen Hochschulbildung, also die Hochschulen. Das Vorgehen ist auch hier immer sehr ähnlich. Also die Regierung Trump schickt den Unis Briefe mit einer ganzen Reihe von Forderungen. Also da wird dann gefordert, ihr müsst eure Diversitätsprogramme abschaffen. Also Programme, die darauf auszielen, irgendwie Minderheiten da eine größere Präsenz zu geben. Ihr müsst eure Lehrpläne in gewisser Weise ändern.
Ihr müsst Antisemitismus bekämpfen, wie das dann immer so heißt, weil es halt zum Beispiel Demos gegeben hat für die Rechte der Palästinenser im Gazastreifen und und und. Und wenn ihr dann, so heißt es dann von der Regierung, diesen Bedingungen nicht zustimmt, wenn ihr diesen Brief nicht unterschreibt, dieser Vereinbarung nicht zustimmt, dann dürften euch Gelder gekürzt werden. Und die Unis gehen halt mit diesem Druck sehr, sehr unterschiedlich um.
Die Columbia University, also eine dieser Elite-Universitäten in den USA, ist eingeknickt, hat diesen Brief unterschrieben. Und bekommt nun weiter viele, viele Millionen vom Staat. Harvard ist in Boston damit ganz anders umgegangen.

Ja, Harvard entwickelt sich gerade, so nehme ich das jedenfalls war, ein bisschen zu der Helden-Uni in den Vereinigten Staaten. Sie lehnt nämlich alle Forderungen, vor allem auch die Angriffe in die Wissenschaftsfreiheit, ab, sagt die Lehrpläne bestimmen wir immer noch selber. Daraufhin will Trump ihnen zwei Milliarden Dollar an Förderungen streichen und Harvard klagt dagegen. Und das, wie gesagt, wird in der Wissenschaftscommunity in den Vereinigten Staaten als fast heldenhafter Widerstand
wahrgenommen. Unklar ist aber natürlich, wie lange sich sowas durchhalten lässt. Und wir haben uns gefragt, was machen diese Übergriffe der Trump-Administration eigentlich mit der Wissenschaft in den Vereinigten Staaten?

Deswegen freuen wir uns, dass Rudi Bachmann mal wieder hier bei uns im Lagestudio ist in Berlin. Ganz herzlich willkommen.
Ja, freut mich, mal wieder dabei sein zu dürfen. Vielen Dank.

Sie sind Ökonom, Professor an der University of Notre Dame in Indiana, einer der Top Unis in den USA. Ja, und auch diese Uni befindet sich auf Konfrontationskurs mit der Trump-Regierung. Herr Bachmann, Sie sind jetzt Professor, Ökonom in Notre Dame. Planen auch Sie, den USA den Rücken zu kehren?
Noch nicht. Ich will allerdings eines dazusagen. Mir besteht ja jetzt demnächst, wenn ich wieder zurückfliege, ein Grenzübertritt bevor und da kann es passieren, dass ich möglicherweise nicht mehr reinkomme, wenn die meine Social Media Beiträge lesen und dann lande ich entweder in einem Folterknast in Ecuador oder werde im günstigsten Fall vielleicht in mein anderes Heimatland Deutschland zurückgeschickt und dann stellt sich die Frage ganz neu.

Ernsthafte Befürchtung, wenn Sie jetzt zurück in die USA fahren? Oder ist das ein bisschen überspitzt?
Ein bisschen überspitzt ist es natürlich, aber wir haben ja gesehen, die geltende Rechtsinterpretation ist eben, dass vor der Grenze die Verfassung nicht gilt, das heißt unreasonable searches sind möglich. Auch Detentions, also erstmal Einbuchtung. Am Ende des Tages geht man davon aus, dass sie zumindest den Staatsbürger, der ich bin, reinlassen müssen. Aber ja, wir haben Überdehnungen solcher zumindest impliziten Regeln ja ständig gesehen.
Ich gehe nicht davon aus, dass ich in El Salvador in einem Folterknast landen werde, aber dass es möglicherweise Probleme beim Grenzübertritt gibt. Damit muss man inzwischen rechnen.
Ich kenne Kollegen, ich kenne einen ziemlich bekannten Ökonomen in den USA, der auf Twitter auch gesagt hat, er hatte jetzt gerade zwei internationale Konferenzen abgesagt, weil er Angst hat, der ist auch sehr outspoken gegenüber der Trump-Regierung, gegenüber dem Trump-Regime, wie ich lieber sage, und der hat gesagt, der hat jetzt zwei Konferenzen international tatsächlich abgesagt, weil er Angst haben beim Grenzübertritt.
Jetzt weiß ich allerdings nicht, ob der Kollege Staatsbürger ist oder nur in Anführungszeichen die Green Card hat. Das ist dann leider auch nochmal zum Unterschied geworden in den letzten Monaten. Aber ja, das ist die Situation.

Wie ist denn jetzt die Situation Ihrer Uni, also Notre Dame? Haben Sie auch so ein Trump-Ultimatum erhalten und wie geht die Uni mit der Situation um?
Soweit ich weiß, nicht. Es gibt ja so verschiedene, also Modi des Angriffs. Der erste war sozusagen über Mittelkürzungen bei den großen Drittmittelgebern in den USA. Das ist ähnlich wie in Deutschland. Also muss man sich vorstellen, dass die Bundesregierung einen Großteil der öffentlichen Drittmitte eben vergibt für die Universitäten. Sehr viel natürlich auch Verteidigungsforschung, aber auch Medizinforschung.
Ich meine, die USA haben zum Teil wirklich über den sogenannten NIH, National Institute for Health, wirklich weltweit führende und wichtige Forschung in Seuchenprävention, in Krebsforschung zum Beispiel, das ist alles jetzt gefährdet, auch aus ideologischen Gründen. Das war mal das erste, die NIH und NSF, die National Science Foundation.
Und da wurden als allererstes ironischerweise gar nicht mal die in Anführungszeichen woken Geisteswissenschaften getroffen, weil die kriegen da ja kein Geld typischerweise von, sondern das sind die wirklich die harten Naturwissenschaften, die Ingenieurwissenschaften, also von denen man erwartet, dass sie wirtschaftliche Prosperität bringen oder die zukünftige wirtschaftlich Prosperität sichern, die eben medizinische Fortschritte bringen. Und die sind nun mal als allererstes getroffen worden.
Völlig dummerweise, weil Trump sagt ja immer, dass unter ihm die Wirtschaft wachsen wird. Jetzt hat man inzwischen aber auch gedroht oder plant, das National Endowment for the Humanities zum Beispiel abzuschaffen. Das passt dann schon eher, das ist schon eher ideologisch begründbar, weil er die Geisteswissenschaften natürlich hasst. Und das ist uns, was uns als allererstes getroffen hat, insbesondere eben die Kollegen in den Experimentalwissenschaften.
Also Ingenieure, alle die große Labore haben, Biomediziner, Biowissenschaftler, Physiker, Ingenieure. Das hat uns als Allererstes getroffen.

Ohne, dass jemals Forderungen gestellt wurden? Sonst wurde einfach gekürzt?
Nein, das wurde einfach gekürzt. Das hat mit diesen ideologischen Forderungen erst mal gar nichts zu tun, sondern Pauschalkürzungen von Wissenschaft. Das ist mal die erste Säule, die erste sozusagen Angriffswelle, die kam, hauptsächlich auch durch Elon Musk und Doge, wo die halt sozusagen mit ihrer KI drüber gegangen sind. Und zack, zack.

Zu hohe Kosten, weg damit.
Zu hohen Kosten, weg damit, braucht kein Mensch, so ungefähr, ne? Was jetzt so die nächsten Säulen sind, ist tatsächlich mit dieser Regulierung, die interessanterweise auch rechtshistorisch nicht uninteressant ist, weil im Grunde genommen benutzen sie die gleiche Regulierungsmaschinerie, nämlich die Gesetzgebung der Civil Rights, die stammt eben aus der Civil-Rights-Gesetzgebung, ist eigentlich eher ein progressives Projekt, die die Demokraten dafür benutzt haben, die DEI-Agenda durchzudrücken.
Ironischerweise wird das jetzt umgekehrt und wird gesagt, okay, wenn ihr hier gegen Juden diskriminiert, und der Begriff wird dann sehr weit gefasst, da kann dann einfach eine einfache Demonstration, die auf die Probleme in Gaza aufmerksam macht, schon als Antisemitismus deklariert werden.
Also, die Waffen werden gerade umgedreht, und die Maga-Leute und Trump lieben das natürlich sozusagen, diesen Trick jetzt, die sie gemacht haben, wir benutzen jetzt den gleichen Rechtskreis sozusagen, den ihr benutzt habt, um eure woke Agenda durchzudrücken. Wir drücken jetzt unsere rechtswoke Agenda, denn nichts anderes ist es ja, durch.

Also das ist also schon vor Ort zu spüren, bei Ihnen auch in Notre Dame?
Bei uns noch nicht, weil wir hatten nichts, wir sind wie gesagt eine katholische Uni im mittleren Westen. Wir hatten ganz wenig Pro-Gaza-Demonstrationen. Das hat uns jetzt tatsächlich noch nicht getroffen. Das ist in der Tat, was Harvard und Columbia besonders trifft, diese Attacke. Wie gesagt NSF, NIH, das trifft uns. Und es gibt noch eine dritte und eine vierte Angriffswelle, die uns deutlich stärker treffen wird. Die dritte Angrifswelle ist, über das Steuerrecht nachzudenken.
Die Universitäten in den USA, die man so kennt, die großen Forschungsuniversitäten, sind alle Non-Profit-Organizations. Die haben also einen besonderen Status im Steuerrecht. Die dürfen in dem Sinne, sind nicht profitorientiert, die dürfen dann keinen Gewinn machen, beziehungsweise der Gewinn, den sie auf ihr Stiftungsvermögen machen und den sie tatsächlich machen, der muss dann sozusagen für den gemeinnützigen Zweck der Lehrer oder Stipendienvergabe und solche Dinge, Forschung.

Und dafür haben sie halt große Steuervorteile.
Und dafür hat sie, genau, riesige Steuervorteile. Im Prinzip bis Trump 1 eigentlich überhaupt keine Steuern bezahlt. Dann hat Trump 1 tatsächlich eine kleine nominale Steuer, so 1,4 Prozent, glaube ich, auf die Erträge der jeweiligen Stiftungsvermögen eingesetzt. Interessanterweise hat die Biden-Administration das nicht zurückgenommen, interessanterweise. Und diese Steuer soll jetzt in den aktuellen Haushaltsverhandlungen, die gerade im Kongress laufen, massiv erhöht werden.
Und 14 Prozent, aber auch noch höhere Steuersätze werden da diskutiert. Und das wird die Universitäten natürlich massiv treffen. Ja, weil eben viele Dinge, zum Beispiel eben Financial Aid im Gegensatz dazu, was oft über die Presse auch negativ über Harvard und diese Elite-Universitäten berichtet wird, hat man in den letzten Jahren einen massiven Push
gemacht. Also in Harvard können Sie, glaube ich, inzwischen studieren, ich will mich jetzt nicht hundertprozentig festlegen, aber das geht bis 200.000 Dollar Familieneinkommen kostenlos. Also da sind sie dann schon in einem Bereich von top ten, top five percent, wo sie anfangen zu zahlen überhaupt.

Wenn man quasi die Leistung bringt und da aufgenommen wird.
Genau, das ist die Idee, dass die Leute merit-based, die sich es eben nicht leisten können, trotzdem das haben können. Und da haben die Elite-Universitäten in den letzten Jahren, durchaus auch von einem populistischen Push her aus der Bevölkerung, um sozusagen aus diesen schlechten Schlagzeilen rauszukommen, doch einiges gemacht. Das wird jetzt alles gefährdet sein, fürchte ich.
Also diese Steuer auf das Stiftungsvermögen wird Notre Dame massiv treffen, weil wir ein sehr hohes Stiftungvermögen haben, ein sehr hoch rentierliches Stiftungsvermögen. Das wird uns fast noch mehr treffen als NIH und NSF und diese Regulierungsgeschichten. Und der vierte Punkt wird das gesamte Wissenschaftssystem treffen, ist nämlich die Migrationspolitik. Wie sollen wir Leute rekrutieren? Wie sollen Predocs international rekrutiert werden? Wie sollen Postdocs, wie sollen wir Doktoranden
rekrutieren? Das sind alles Leute, die haben nicht nur einen prekären Arbeitnehmerstatus als Nachwuchswissenschaftler, wenn die dann noch zusätzlich noch einen prekären Immigrationsstatus bekommen und tatsächlich fürchten müssen, wenn sie vielleicht den falschen hispanischen Namen haben, dann mal in den El Salvadorianischen Folterknast, da ist dann kein Spaß mehr, abgeschoben zu werden, wer macht das? Wer kommt in die USA, macht seinen Doktor da, wenn er diese Befürchtung hat?

Lange war es ja so, dass die USA für viele Forschende einfach so ein Traumland war. Viel Geld, viel Freiheit, viel Möglichkeit, viel Austausch. Jetzt verändert sich die Lage erheblich.
Das ist alles gefährdet.

Substanziell. Ich meine, deutsche Institutionen richten schon Stellen ein, um Forschenden, die aus den USA abhauen, Platz zu bieten. Ist das so? Ist dieser Brain Drain im Gang? Kennen Sie Leute, die gehen? Schon?
Nicht wirklich. Es gab diese drei High-Profile-Fälle aus Yale, die nach Kanada, nach Toronto gegangen sind. Nun muss man allerdings dazu sagen, wenn man sich die Details der Geschichte dann anguckt, ist es eben so, dass Toronto eine Großspende bekommen hat, um eine School of Global Affairs zu gründen. Und die wollten das eben mit bekannten Namen so einen Anfangspush machen einfach. Und da hat man eben Timothy Snyder gewonnen aus Yale und seine Frau.

Historiker.
Er ist Historiker, sie weiß ich jetzt gar nicht, aber er ist ganz bekannter Ukraine-Osteuropa-Historiker natürlich. Seit dem Ukrainekrieg einer der meistgefragten oder bekanntesten Historiker der Welt und da hat man natürlich dem vermutlich sogar über sein Yale Gehalt noch ein sehr, sehr gutes Angebot gemacht, einfach um diese neue Schule sozusagen etablieren zu können. Das hat er auch zugegeben, dass diese Gespräche schon länger gelaufen sind und ein bisschen unabhängig von Trump stattgefunden
haben. Also nein, ich sehe diesen Exodus noch nicht, und das hat Gründe. Also erstens mal sind die Pull-Faktoren nicht wirklich stark genug bis jetzt. Nur mal eine Zahl. Die EU hat jetzt Anfang dieser Woche nochmal ein Zusatzprogramm 500 Millionen Euro aufgelegt für ganz Europa, um die Forschung zu fördern. Das Operating Budget pro Jahr von Notre Dame ist so bei 1,68, je nachdem welchen genauen Begriff des Operating Budgets man nimmt, sind so 1,6 bis 1,8 Milliarden Dollar. Also für eine Uni.
Also das sind lächerliche Summen, die hier bis jetzt in das Schaufenster gestellt wurden. Deutschland hat klar gemacht, dass die erste Priorität die Landesverteidigung und die Wehrfähigkeit ist. Was richtig ist, würde ich als Ökonom und Staatsbürger immer unterstützen. Aber dann sozusagen die zweiten Prioritäten dieser Koalition sind eindeutig im Bereich Mütterrente, Gastro- und Mehrwertsteuer. Da gibt man Milliarden aus.
Für diese gleichen Milliarden könnte ich Ihnen einen wunderbaren Wissenschaftssektor in Deutschland gründen. Also da wird es punktuell, vor allen Dingen über die Militärforschung, denke ich, einige Abwerbungsversuche im KI-Bereich, Steuerungstechnik, Dronentechnik und so geben, aber ich sehe nicht, dass es einen politischen Push in Deutschland gibt, sozusagen ein wirkliches Programm aufzulegen, dass wir sagen, wir schaffen jetzt mal 1.000 Professuren und werben die ab aus den USA.
Zumal da auch eine Verwaltungsreform dazugehört, denn man müsste da auch tatsächlich unkomplizierte Verwaltungsstrukturen in Deutschland schaffen. Also die Pull-Faktoren sind noch nicht da. Die Push-Faktoren bei mir persönlich und bei vielen in meinem Alter sind auch nicht da, noch nicht da. Das wäre dann der Fall, wenn es tatsächlich ans persönliche Gehalt ging. Drittmittel bin ich jetzt nicht so abhängig von, als Ökonom schreibe ich notfalls ein Buch.
Da brauche ich nur Internet dazu und eine gute Bibliothek beziehungsweise eine Online-Bibliothek. Die wird es weiterhin geben und solange es nicht ans persönlichen Gehalt geht, meine Kinder sind im Alter, die man nicht unbedingt so einfach verpflanzen kann. Die haben ein soziales Umfeld, also das ist schwierig. Klar, wenn es dann wirklich an die sozioökonomische Existenz ginge, dann stellen die Push-Faktoren noch mal ein anderes Momentum dar. Muss man abwarten.
Ich schließe auch nicht aus, dass das noch kommt. Vielleicht ist es dann auch zu spät, das kann durchaus sein. Aber noch ist es eben so, dass weder die Push- noch die Pull-Faktoren wirklich da sind.

Mit anderen Worten, das sind düstere Aussichten für die Forschungslandschaft in den USA, vielleicht weniger für etablierte Forscher:innen, aber umso mehr für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ganz herzlichen Dank. Das war bei uns zu Gast im Lagestudio Rüdiger Bachmann, Professor an the University of Notre Dame in Indiana in den Vereinigten Staaten. Ganz herzen Dank, dass Sie bei uns zur Gast waren.
Herzlichen Dank, da ich dabei sein durfte.

Wir hatten in der vergangenen Woche schon über die Einstufung der AfD auf Bundesebene als gesichert rechtsextremistische Bestrebung gesprochen. Kritisiert hatten wir allerdings, dass das zugrunde liegende Gutachten des Bundesamts für Verfassungsschutz, 1100 Seiten mit Material gegen die AfD, dass dieses Gutachten bisher nicht veröffentlicht worden ist, hatten zugleich gesagt, das wird aber sicher nicht geheim bleiben.
Siehe da, zwei Medien so aus der rechten Alternativmedien-Bubble, Cicero News und noch irgendein Drittes, haben das Verfassungsschutzgutachten veröffentlicht. Wo das jetzt herkommt, man weiß es nicht genau. Es gibt eine zeitliche Koinzidenz, kurz nachdem ein AfD-Anwalt sich ein Gutachten bei Gericht abgeholt hatte, landete es bei diesen Medien. Das beweist natürlich keine Kausalität, ist aber jedenfalls interessant.
Aber noch viel spannender ist natürlich, dass der Vorgang, glaube ich, deutlich macht, solche Sachen bleiben im Jahr 2025 nicht geheim.

Nein, das war ja auch mit dem Gutachten schon so, wo sie als Verdachtsfall eingestuft wurden, die AfD vom Verfassungsschutz. Das landete dann bei Netzpolitik.org. Hier war es jetzt auch klar, weil die AfD geklagt hat, das landet vor Gericht. Natürlich braucht das Gericht ein Gutachten. Das BMI oder, ich glaube, der Verfassungschutz, die haben ihnen vier Exemplare geschickt. Eins hat natürlich der Anwalt gekriegt.
So, also, dass das geheim bleiben würde, das war eher unwahrscheinlich und ich würde sagen, die Lehre muss daraus sein, dass Behörden das natürlich selber öffentlich machen müssen. Die können nicht einfach nur eine PM und dann irgendwie 17 Seiten Auszug aus diesen über 1.000 Seiten veröffentlichen, so wie der Verfassungsschutz das jetzt gemacht hat, sondern sie müssen es komplett
machen. Natürlich kann es in solchen Gutachten vom Verfassungschutz zumal Stellen geben, die nicht öffentlich werden sollen, wo Informanten enttarnt werden, wo auch unbeteiligte Dritte in die Öffentlichkeit gezerrt werden, die mit dem ganzen Kram überhaupt nichts zu tun haben, aber auf einmal mit ihrer Privatadresse in der Öffentlichkeit stehen.
Das muss natürlich verhindert werden, aber das kann natürlich auch verhindern werden, in dem so ein Amt oder so ein Verfassungsschutz das eben schwärzt, die Stellen, die wirklich geheim bleiben müssen und den Rest einfach öffentlich macht.

Ich glaube, das ist die Lehre aus dieser Geschichte. Denn mal ganz ehrlich, besser der Verfassungsschutz macht das selber, als wenn irgendein Journalist mit Rechtsdrall das dann raushaut und mit seiner verzerrten Sicht auf die Welt verbindet, mit einem bestimmten Spin verbindet. So wie es jetzt eben passiert ist.
Und mal ganz ehrlich, die Geheimhaltung von eigentlich nicht geheimen Dokumenten, die schadet ja eben nicht nur der öffentlichen Debatte, weil man nicht so richtig weiß, worüber man redet, sondern auch der Glaubwürdigkeit von Behörden und Diensten. Und wir müssen ehrlich sagen, wir haben die 1100 Seiten jetzt natürlich noch nicht komplett durchgearbeitet, Philip, aber der erste Eindruck scheint doch zu sein, die allermeisten Infos kommen eh aus öffentlichen Quellen.

Das ist zumindest der, das ist das, was die Kollegen sagen, die das mal überflogen haben. Und ja, für Außenstehende nebensächliche Sätze, die erst mal völlig harmlos wirken in so einem Gutachten, die können auch dazu führen, dass Quelleninformanten enttarnt werden. Das kann sein, aber ja, dann schwärzt es halt.
Und zumal, zumal, zumal, das habe ich ja oben auch gesagt, wenn das jetzt schon so aus öffentlichen Quellen besteht und die Geheimhaltung eh so ein bisschen fraglich ist, dann sollte das bei solchen Sachen, die eben so wichtig sind für die für die öffentliche Debatte, wir reden darüber, ob die AfD verboten werden
soll oder nicht. Und jetzt macht eine Behörde, eine regierungsamtliche Behörde, macht so ein Gutachten, trägt in großen Teilen, so müssen wir das annehmen, öffentliche Informationen zusammen. Dann muss das öffentlich debattiert werden können. Punkt. Sonst schießen sie sich damit selber ins Knie.

Wir haben noch einen kleinen Feedback-Block zu einer der letzten Folgen, und zwar nämlich zu der Frage, wie hält es eigentlich die Linkspartei mit unserem Grundgesetz? Wir hatten da irgendwann mal gesagt, dass die Linke zu 100 Prozent auf dem Boden des Grundgesetzes steht und ein Hörer hat das kritisiert. Er sagt, in der letzten Lage sei ihm zu viel Meinung gewesen. Nur, wenn man ganz ehrlich ist, dass das, was er hier für Meinung hält, letztlich einfach Fakten sind.
Und das greifen wir hier mal auf, weil diese Fehlvorstellungen des Hörers offenbar doch recht verbreitet sind, ist eine Kritik, die haben wir schon öfter gehört. Aber lesen wir zunächst mal, was der Hörer uns geschrieben hat.

Er schreibt: "Zu behaupten, dass die Linke zu 100 Prozent auf dem Boden des Grundgesetzes steht, ist eher ein persönlicher Standpunkt als alles andere. Gerade wenn prominentes Personal wie zum Beispiel Frau Reichinnek sich erst kürzlich dazu äußert, dass sie den Kapitalismus abschaffen will ,wenn ich nicht irre, ist auch unser Wirtschaftsmodell doch Teil des Grundgesetzes. So, das sagt er.
So, ich paraphrasiere, so nach dem Motto, wenn Frau Reichinnek den Kapitalismus abschaffen will, verstößt sie damit gegen das Grundgesetz.

Ja, und diese These des Hörers, diese Vorstellung des Hörers, ist gleich doppelt falsch. Fangen wir zunächst mal hinten an. Was sagt denn eigentlich das Grundgesetz zu unserer Wirtschaftspolitik oder zu unserer Wirtschaftsordnung? Ist der Kapitalismus im Grundgesetz tatsächlich festgelegt?

Gibt es eine klare Antwort: nein. Gibt den Artikel 14 Grundgesetz, der garantiert das Eigentum. Ganz auf Eigentum verzichten geht also nicht, aber Eigentum verpflichtet auch.

Zudem gibt es den Artikel 15 des Grundgesetzes. Ja, der wird bislang nicht so wahnsinnig häufig angewandt, aber der erlaubt grundsätzlich sogar Kollektivierung. Also man kann auch Eigentum wegnehmen und es in Formen von Gemeineigentum überführen. Das steht ausdrücklich in unserer Verfassung. Also es muss grundsätzlich irgendeine Form von Eigentum geben. Eigentum insgesamt abzuschaffen, wäre wohl problematisch, aber, ganz ehrlich, Privateigentum gab es auch in der DDR.
Die Bottom Line ist also eine sozialistische Wirtschaftsordnung wäre unter dem Grundgesetz grundsätzlich möglich. Es ist eine rein politische Entscheidung, dass wir das nicht wollen. Stattdessen, jedenfalls in der breiten Mehrheit, stattdessen gibt es bei uns eben eine sogenannte soziale Marktwirtschaft, also auf deutsch, Kapitalismus mit sozialen Elementen. Aber wenn es irgendwann mal eine Mehrheit im Bundestag gäbe, zu sagen, wir wollen Privateigentum massiv zurückführen.
Wir wollen massiv kollektivieren. Die wichtigsten Unternehmen zum Beispiel wieder in staatliches Eigentum überführen. Das Grundgesetz stünde dem nicht im Wege.

Der zweite Punkt ist diese Frage, die Linke und das Grundgesetz. Steht die Linke also auf dem Boden des Grundgesetzes? Und da muss man sagen, Stand heute absolut. Es gibt derzeit keine Verfassungsschutzbehörde in Deutschland mehr, die behauptet, die Linken seien verfassungsfeindlich, nicht mal mehr das bayerische Landesamt für Verfassungschutz behauptet das, wie sie das ja mal getan haben, tun sie aktuell nicht mehr.

Insbesondere kann man eine Verfassungsfeindlichkeit nicht mit der Kritik der Linkspartei oder auch von prominenten Personen wie zum Beispiel Heidi Reichinnek am Kapitalismus begründen, weil diese Kritik sich eben im Rahmen der Ordnung unseres Grundgesetzes hält, siehe oben. Es ist absolut legitim, Kapitalismus zu kritisieren oder auch Sozialismus zu fordern.
Das hat übrigens viele Jahre ja sogar die SPD getan, nämlich bis zu ihrem Godesberger Programm, wo sie sich vom Ziel des Sozialismus offiziell verabschiedet haben und quasi eingeschwenkt sind auf die Linie der sozialen Marktwirtschaft.

Es gibt natürlich einzelne Politiker und Publikationen, die Linke pauschal als linksextrem bezeichnen. Das ist aber keine seriöse Einstufung, zum Beispiel nach den Kriterien des Verfassungsschutzes, sondern eben politische Rhetorik und meist eben aus diesem konservativen und rechtspopulistischen Spektrum entspringend.
Also deswegen das mal dazu und, das kann man vielleicht aktuell politisch auch noch dazu sagen, die Stimmen in der Union, diesen Unvereinbarkeitsbeschluss zu kippen, zu sagen, wir arbeiten mit den Linken zusammen, auch auf Bundesebene. Die mehren sich, würde ich sagen. Thorsten Frei jetzt im Kanzleramt hat gesagt, na ja, das ist eine Sache der Partei. Da müsste man drüber reden. Gibt mehr Stimmen, die jetzt sagen, wir müssen mit den Linken
zusammenarbeiten. Die Linken sind was anderes als die AfD. Und wenn wir hier eine demokratische Mehrheit gegen die AfD dauerhaft stemmen wollen, dann müssen wir das kippen. Also das ist, glaube ich, gerade so ein bisschen der Wind, der da weht. Ich weiß nicht, wie du das siehst.

Ja, das finde ich, ehrlich gesagt, eine sehr ermutigende Entwicklung, denn das ist doch völlig klar. Also wenn man eine Zusammenarbeit mit Linken und AfD ausschließt, dann wirft man einfach zwei Parteien in einen Topf, die überhaupt nichts gemein haben.
Die sind natürlich politisch auf völlig unterschiedlichen Enden des Spektrums unterwegs, aber sie haben vor allem einen ganz zentralen Unterschied, nämlich sie stehen im Falle der Linken auf dem Boden des Grundgesetzes, im Fall der AfD, zeigen sie stattdessen eine aktiv-feindliche, kämpferische Haltung gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und ich finde es sehr beruhigend, dass die Union so ganz langsam anfängt, diesen zentralen Unterschied zwischen Linken und AfD
auch, wie soll ich sagen, wahrzunehmen und ihre Haltung anzupassen. Dazu gehört natürlich auf der anderen Seite auch auf Seiten der Linkspartei ein gewisser Pragmatismus. Also da würde ich mal sagen, gibt es natürlich auch immer weniger Leute wie früher zum Beispiel die kommunistische Plattform von von Sahra Wagenknecht und so.
Also bei den Linken sind weniger, ich sag jetzt mal etwas zugespitzt, weniger Spinner unterwegs und bei der Union setzt sich die Erkenntnis durch, dass AfD und Linkspartei einfach schon anders drauf sind, was die Verfassungstreue angeht. Obwohl natürlich auch zur Wahrheit gehört, dass es zwischen der AfD und der Union programmatisch mehr Überschneidungen gibt als zwischen Union und Linkspartei.

Ich finde, diesen Pragmatismus, den hat man ja jetzt bei der Kanzlerwahl gesehen, wo die Linken gebraucht wurden, um die Tagesordnung zu ändern, um eine Zweidrittelmehrheit zu haben und dann sind sie hingegangen und haben geredet, haben verlangt, dass das irgendwie schriftlich festgehalten wird, dass ein gemeinsamer Antrag geschrieben wird, dem hat die Union zugestimmt, den Linken sollte gedankt werden und das ist dann auch passiert.
Also da finde ich, hat man so diese Ansätze so einer pragmatischen Zusammenarbeit von Union und Linken auf Bundesebene gesehen und ich hoffe mal, das war nicht das letzte Mal.

Du, das, ehrlich gesagt, die Frage wird sich sehr bald wieder stellen, denn schon im Sommer soll ja eine neue Richterin, ein neuer Richter für das Bundesverfassungsgericht gewählt werden und ohne die Stimmen der Linkspartei gibt es keine Zweidrittelmehrheit im Bundestag. Also die Union wird in Wochen schon wieder mit der Linkpartei gemeinsam abstimmen müssen, sonst gibt es da einfach keine Wahl.

Das war die Lage der Nation aus dieser Woche vom 15. Mai. Wir danken euch für euer Interesse auch an so komplizierten Themen, wie wir sie hier manchmal in der Lage aufdröseln. Aber wir hoffen, es hat euch genauso viel Spaß gemacht wie uns.

Vielen Dank für's Zuhören. Vielen Dank für eure Treue. Wenn ihr die Lage unterstützen wollt, wisst ihr, könnt ihr Mitglied werden bei uns unter lagenation.org/plus. Klickt euch mal ein Abo, falls ihr euch das leisten könnt und wollt, dass es diesen Podcast weiter gibt. Und dann natürlich finden wir es immer gut, wenn ihr euch den Messenger Signal installiert. Wir haben ja in den letzten Folgen beschrieben, was für Probleme wir mit WhatsApp hatten.
Wir wollen in Zukunft auf Signal setzen für die Beteiligung unserer Hörerinnen und Hörer. Deswegen, wenn ihr das Ding nicht ohnehin längst auf eurem Smartphone habt, dann klickt mal unter Signal, also Signal.org und installiert euch diesen Messenger.

In diesem Sinne noch eine schöne Restwoche, schönes Wochenende und dann hören wir uns in alter Frische wieder nächste Woche. Bis dahin. Alles Liebe, alles Gute. Tschüss.

Tschüss!