LdN429 SPD und CDU stimmen für KOA-Vertrag, Union stellt Minister:innen vor, Quereinsteiger im Kabinett, Kulturstaatsminister Weimer umstritten, Kulturkampf in der Union, Stromausfall in Spanien, Elektronische Patientenakte gestartet, Aufruf: Handys an Schulen - podcast episode cover

LdN429 SPD und CDU stimmen für KOA-Vertrag, Union stellt Minister:innen vor, Quereinsteiger im Kabinett, Kulturstaatsminister Weimer umstritten, Kulturkampf in der Union, Stromausfall in Spanien, Elektronische Patientenakte gestartet, Aufruf: Handys an Schulen

May 01, 20251 hr 36 minEp. 429
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LdN429 SPD und CDU stimmen für KOA-Vertrag, Union stellt Minister:innen vor, Quereinsteiger im Kabinett, Kulturstaatsminister Weimer umstritten, Kulturkampf in der Union, Stromausfall in Spanien, Elektronische Patientenakte gestartet, Aufruf: Handys an Schulen

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Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Herzlich willkommen zur Lage der Nation. Ausgabe Nummer 429 vom 1. Mai 2025 und an den Mikrofonen begrüßen euch, wie fast in jeder Woche, Ulf Buermeyer. Das bin ich. Und:

Philip BansePhilip Banse

Philip Banse. Ganz herzlich willkommen auch von mir. Donald Trump, der feiert ja in diesen Tagen in satirischer Wirklichkeitsverzerrung seine ersten hundred days of greatness und diesem optimistischen Zeitgeist, den können wir uns natürlich nicht komplett entziehen und begehen daher dieser Tage 429 Folgen ungebremster Großartigkeit und das alles am Tag der Arbeit. Es könnte nicht laufen, Ulf. Was machen wir am Tag der Arbeit?

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Na, arbeiten. Das ist ja das Schöne. Wir sind ja selbstständig. Endlich mal in Ruhe podcasten. So soll es sein. Auf geht's. Offizielle Lagezeit ist 10:30 Uhr.

Philip BansePhilip Banse

Die nächste Regierung ist jetzt wirklich am Horizont. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird Friedrich Merz nächste Woche zum nächsten Bundeskanzler der Bundesrepublik gewählt. Über die Aufgaben, die ihm bevor stehen, die ganzen Herausforderungen, haben wir an dieser Stelle schon viel gesagt.

Jetzt hat die Union am Montag dieser Woche auf so einem sogenannten kleinen Parteitag, dem sogenannten Bundesausschuss, dem Koalitionsvertrag zugestimmt mit sehr großer Mehrheit und was ich ganz interessant fand an diesem Parteitag, an diesem Bundesauschuss, war, dass da keine gespielt euphorische Feierstimmung herrschte, sondern das war eher ja so ein bisschen gedämpft. Wir haben hier einen Arbeitsauftrag, der ist nicht easy. Let's go.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Aber immerhin hat man diesem Koalitionsvertrag letztlich, glaube ich, schon sehr entschlossen zugestimmt. Das schon. Also die Union sieht schon, dass sie da auch ganz wesentlich einen Anteil haben. Das war ja in der SPD durchaus konfliktbeladener. Dazu kommen wir gleich noch. Aber die Union hat da, glaube ich schon, letztlich sehr entschlossen zugestimmt. Die haben noch nicht mal gezählt. Das ging so per Handzeichen und da wurde einfach festgestellt, ja, wir sind im Grunde alle dafür,

so mehr oder weniger. Es gab noch nicht einmal eine Gegenprobe. Insofern: passt. Aber Friedrich Merz hat auch so ein bisschen, glaube ich, Erwartungsmanagement betrieben, in dem er sich eben zu hohen Erwartungen auch ganz bewusst jedenfalls rhetorisch entgegengestellt hat. Er sagte nämlich:.

Philip BansePhilip Banse

"Es war insgesamt und ist bis heute keine Euphorie."

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, Union und SPD wollten eine, so seine Formulierung, Arbeitskoalition bilden, die dann stabil und handlungsfähig regiert. Muss man sagen, das wäre ja schon mal was.

Philip BansePhilip Banse

Also es ist natürlich auch ein Gegenbild zu dem, was die Ampel am Start geliefert hat, mit diesen Fire-Selfies und Zukunftskoalition und jetzt wird alles besser und die Welt dreht sich in die andere Richtung. Das vermeiden die ganz bewusst.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, genau. Klar, und auch Merz räumt ein, wir haben vor der Wahl natürlich andere Koalitionen präferiert, dafür gibt es jetzt eben keine Mehrheit und deswegen hat man sich mit den Sozialdemokraten zusammengetan und jetzt macht man sich an die Arbeit, aber, was, finde ich schon auch, irgendwie interessant ist zu sehen, in der CDU, wir müssen ein bisschen präzisieren, Union haben wir jetzt manchmal gesagt, also gemeint ist die CDU, die CSU hat nämlich längst zugestimmt vor

ein paar Wochen. Also die CDU, muss man ganz ehrlich sagen, die äußert auch eigentlich kaum noch offene Kritik. Eigentlich nur der Chef der Jungen Union, Johannes Winkel, der kritisiert nach wie vor die fehlende Generationengerechtigkeit im Koalitionsvertrag und wie wir wissen, haben wir besprochen, völlig zurecht.

Philip BansePhilip Banse

Völlig zurecht. Rente, Sozialkassen und so weiter, haben wir mehrmals gesagt, das geht einfach ganz klar zu Lasten der jungen Generationen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja und keine Gegenfinanzierung zu diesem ganzen Schuldenpaket. Sondervermögen, Infrastruktur, Aufhebung der Schuldenbremse für die Bundeswehr. Das werden ja, also keine Ahnung, rund 1000 Milliarden Euro Schulden werden über den Daumen, vielleicht auch noch mehr. Und dafür gibt es keine Gegenfinanzierung, keine Steuerung. Das werden natürlich spätere Generationen irgendwie zahlen müssen.

Philip BansePhilip Banse

Damit lagen, du hast es gesagt, Unions Abstimmungen, also vor. CSU, CDU haben dem Koalitionsvertrag zugestimmt und da war natürlich jetzt noch die offene Frage: werden denn auch die Sozis diesem Vertrag zustimmen? Die mussten ja oder durften vielmehr abstimmen. 350.000 Genossinnen und Genossen waren aufgerufen, bis Dienstagabend abzustimmen. Mittwochmorgen wurde das Ergebnis bekannt gegeben und es war doch ein bisschen überraschend, muss man sagen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

In der Tat, wir waren ja auch nicht so ganz sicher nach vielen Gesprächen mit Leuten aus der SPD. Aber Generalsekretär Matthias Miersch schrieb Mittwochfrüh an die Genossinnen und Genossen: "alle Stimmen sind ausgezählt und das ist euer Votum. Ja-Stimmen: 169.000 und ein paar macht knapp 85%. Nein-Stimmen: knapp 31.000 macht 15%. Beteiligung lag bei 56%. Damit, so Matthias Mirsch, ist das Quorum erreicht." Das lag wohl nur bei 20%.

Das Ergebnis des Mitgliedervotums ist für die Parteispitze bindend. Mit anderen Worten, auch die Basis der SPD stimmt dem Koalitionsvertrag zu. Mit überraschend großer Mehrheit.

Philip BansePhilip Banse

85 Prozent sind dafür derjenigen, die abgestimmt haben. Das ist deutlich mehr, als man erwarten durfte – für Lars Klingbeil und das Team, das diesen Koalitionsvertrag ausgehandelt hat, sicherlich Rückenwind.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, ich hab da gestern noch so ein Insta-Video gesehen vom Juso-Chef, der war auch so ein bisschen...

Philip BansePhilip Banse

Herr Türmer.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Herr Türmer, der war auch so ein bisschen zerknirscht, so nach dem Motto, naja, okay, wir akzeptieren das natürlich, so ist Demokratie. Aber da merkte man schon sehr deutlich, die Jusos jedenfalls haben sich da was anderes überlegt. Aber nun geht auch die SPD hinein in diese Regierung und das bedeutet, die SPD wird auch eine ganze Menge an Posten im neuen Bundeskabinett, also in der Runde der Ministerinnen und Minister, besetzen können. Die SPD bekommt nämlich sieben Ministerien.

Philip, aber deren Besetzung, personelle Besetzung, ist bisher nicht offiziell.

Philip BansePhilip Banse

Nicht offiziell. vorwärts, das SPD-Parteiorgan, schreibt: Kabinettsposten sollen am 5. Mai, also am kommenden Montag, vorgestellt werden. Dann gehen wir natürlich noch mal ausführlich darauf ein. Bisher gibt es, wie gesagt, Gerüchte – belastbare und weniger belastbare. Fest steht wohl Lars Klingbeil wird Vizekanzler und Finanzministerium übernehmen. Boris Pistorius wohl die Verteidigung. Die anderen Posten sind offen, jedenfalls noch nicht offiziell bestätigt. Bärbel Bas war bisher

Präsidentin des Bundestages in der letzten Legislatur. Sie könnte, sollte, vielleicht das Arbeitsministerium übernehmen. Carsten Schneider könnte Bau oder Umwelt übernehmen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Verena Hubertz wird gehandelt für das Umweltministerium, dann bliebe halt nur Bau für Carsten Schneider. Bei der Justiz ist es tatsächlich wohl noch so ein bisschen offen. Ganz lange galt Sonja Eichwede, eine junge Richterin aus Brandenburg, als gesetzt. Aber jetzt mit einmal wird auch eine langgediente Ministerin aus Rheinland-Pfalz genannt. Stefanie Hubig ist jetzt doch noch irgendwie auf dem Zettel.

Das wird spannend, inwieweit die SPD auch an dieser Stelle quasi einen Generationswechsel vornehmen möchte, dafür stünde jedenfalls Sonja Eichweide. Aber wie gesagt, diese SPD-Namen sind eben ohnehin noch nicht ganz in Stein gemeißelt. Wir schauen uns das nächste Woche nochmal genau an, wenn die SPD ihre Seite des Kabinetts offiziell vorgestellt hat. Aber wir wollten euch wenigstens mal so ein bisschen mitgeben, in welche Richtung die SPD-Seite tendiert.

Bei der Union hingegen, Philip, ist die Lage schon so ein bisschen klarer.

Philip BansePhilip Banse

Ja, die Union hat diese Woche ihr Personal für das Kabinett vorgestellt beziehungsweise ja die Union war es. CDU und CSU. Wir schauen uns das mal so im Überblick an. Wir können jetzt nicht für alle eine Biografie oder Einschätzung liefern. Wir konzentrieren uns da so auf die, denke ich mal wichtigsten und interessantesten Personalien. Den Anfang macht die nächste Wirtschafts- und Energienministerin Katherina Reiche.

Die war lange schon mal in der Politik als Staatssekretärin, in zwei Ministerien, dann wechselte sie als Chefin zum Verband kommunaler Unternehmen, das ist wie der Name sagt, der Verband der kommunalen Unternehmen, VKU, die machen zusammen so 140 Milliarden Euro Umsatz, also ordentlich und es ist letztlich die Lobby-Truppe, muss man sagen, so der deutschen Gaswirtschaft, weil die kommunalen Unternehmen, Stadtwerke, und die verdienen halt viel Geld mit Gas und Gasnetzen und so, da

war sie im Vorstand. Danach wechselten sie für die letzten fünf Jahre bis zuletzt als CEO zu Westenergie. Das ist, glaube ich, die größte Tochterfirma des Energiekonzerns E.ON und betreibt Verteilnetze, also Netze für Strom und Gas bis zum Endkunden, bis zur Endkundin eben hin. Da war sie die letzten fünf Jahre Chefin.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, also da könnte man sich natürlich ein bisschen Sorgen machen, wie sie es so hält, mit der Wende weg vom Gas zum Beispiel. Allerdings hat sie sich immerhin zuletzt klar zur Energiewende bekannt. Mit welchen Mitteln das umgesetzt werden soll, dazu sind ihre Positionen noch nicht so deutlich erkennbar. Gleichwohl Wirtschaft und viele Ökonominnen, Ökonomen freuen sich über diese Personalie. Aber Philip, was ich ganz spannend fand, auch der Bundesverband Erneuerbare Energien.

Philip BansePhilip Banse

Richtig. Also die Lobbytruppe, die halt Firmen und Unternehmen aus diesem Bereich erneuerbare Energien, Wind, PV vertritt. Präsidentin ist dort Simone Peter und sie schreibt:

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

"Mit Katherina Reiche übernimmt eine erfahrene Energiepraktikerin das Amt der Wirtschafts- und Energieministerin. Ihr deutliches Bekenntnis zu den erneuerbaren Energien als Basis eines modernen Energiesystems für Versorgungssicherheit, Innovation und heimische Wertschöpfung begrüßen wir sehr."

Philip BansePhilip Banse

Ähnliche Worte waren auch zu hören von der Klimaunion, also einem Verein, einer Vereinigung innerhalb der Union, die sich halt für Klimapolitik und Klimaschutz besonders einsetzt. Skeptische Stimmen kamen von Lobbycontrol, also einer Nichtregierungsorganisation, die sich in erster Linie, ja, um den Einfluss von Lobbyisten Lobbyistinnen auf die Politik kümmert und die sieht diesen Wechsel von Katherina Reiche ins Ministerium durchaus kritisch.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, die Sprecherin Christina Deckwitz sagte, es sei fraglich, ob Reiche die nötige kritische Distanz zur Energiewirtschaft einhalten könne, um ausgewogen zu entscheiden. Sie, so die Sorge von Lobbycontrol, werde sich nicht aus allen Entscheidungen raushalten können, die ehemalige Arbeitgeber betreffen. Beispiel Gebäude-Energie-Gesetz.

Philip BansePhilip Banse

Richtig, da wird es darum gehen, die Koalition hat sich auf die Fahnen geschrieben, das umzuschreiben, zu erneuern, jedenfalls zu überarbeiten und da wird es natürlich darum gehen, kommt Deutschland weg vom Erdgas? Kommen Heizungen weg vom Erdgas? Wie wird das gemacht? Werden Gasnetze stillgelegt, sitzen dann eventuell Kommunen auf Gasnetzen, durch die niemand mehr Gas transportiert? Verlieren sie da Einnahmen? Das sind alles potenzielle Konfliktfelder mit ihren ehemaligen Arbeitgebern.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Tja, ich meine, klar, eigentlich sind Erdgasverteilnetze so quasi die Röhrenmonitore der Energiewende. Eigentlich braucht die in ein paar Jahren niemand mehr. Damit würden sie zu Stranded Assets, zu letzten Endes wertlosen Investitionen. Aber in diesen Netzen stecken halt Milliarden Investition gerade dieser kommunalen Unternehmen, deren Verbandspräsidentin Katherina Reiche viele Jahre war. Da wird es natürlich tausend Leute geben, die ihre Handynummer haben.

Da kann man sich doch genau vorstellen, auch E.ON verdient mit Gasnetzen viel Geld. Man muss es einfach sagen, sich zur Energiewende zu bekennen in Sonntagsreden hilft nicht. Es heißt, es geht darum, ganz konkret diese Gasnetze stillzulegen oder allenfalls umzustellen auf tatsächlich grün erzeugte Gase.

Philip BansePhilip Banse

Also Konflikte sind da programmiert und an ihrer Kompetenz, glaube ich, zweifelt niemand, dass sie sich auskennt. Ich meine, dieses Wirtschaftsministerium wird in der nächsten Zeit, das wird de facto ein Energiemministerium sein und dass sie davon Ahnung hat, ich glaube, das bezweifelt niemand. Man muss halt beobachten, wie sehr sie sich autonom machen kann von den Interessen ihrer früheren Arbeitgeber.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Nächste spannende Personalie ist der Verkehrsminister, der designierte, nämlich Patrick Schnieder. Der kommt von der Union, ist seit 2018 einer der drei parlamentarischen Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, von der Ausbildung her Jurist und ja, er saß jetzt über zehn Jahre im Verkehrsausschuss. Gleichwohl hat er es aber geschafft, Philip, so jedenfalls einige Einschätzungen auch von Kolleginnen und Kollegen, jetzt als Verkehrsexperte nicht groß aufzufallen.

Philip BansePhilip Banse

Richtig, und das ist deswegen so ein bisschen bedenklich, weil natürlich im Verkehrsbereich einiges zu tun wäre. Das ist einer der beiden großen Bereiche in Deutschland, die beim Klimaschutz einfach nicht wirklich vorankommen, wo Milliardenstrafen drohen und da ist die große Aufgabe, wie kriegen wir da die Emissionen runter? Und deswegen haben natürlich alle geguckt, ja was sagt denn nun dieser neue Minister, Patrick Schnieder, dazu?

Und dazu muss man als Hintergrund wissen, er ist groß, er zwei Meter zwei groß, stammt aus der Eifel und dementsprechend heißt sein Podcast dann eben auch Eiffelturm. Und dort hat er so ein paar Positionen öffentlich gemacht schon, die nicht so viel Hoffnung wecken, dass da viel vorangeht. Er sprach sich da gegen das Tempolimit aus und er sprach sich gegen das Verbrenner-Aus im Jahr 2035 aus. Also dagegen, dass ab 2035 keine Verbrenner mehr neu zugelassen werden, so wie das aktuell noch der

Plan ist. Das hält er für nicht erstrebenswert. Alles keine Ziele, glaube ich, die uns beim Klimaschutz groß voranbringen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Wird also spannend, ob dieser Mann wirklich den Verkehrssektor in Richtung Klimaziele umsteuern wird. Auf der anderen Seite, sagen wir mal so, es gibt ja auch immer wieder Wunder. Also es gibt so Ministerien, die tatsächlich eine enorme Kapazität entfalten, die jeweiligen Hausleitungen quasi einzunorden. Das Innenministerium ist dafür geradezu berüchtigt, dass selbst liberale Menschen irgendwann dann sich mit Polizeiknüppel ablichten

lassen. Schauen wir mal, vielleicht erklären ihm die Experten und Expertinnen im Verkehrsministerium, dass es leider mit diesen Emissionen so nicht weitergehen kann.

Philip BansePhilip Banse

Es wird auch ein neues Ministerium geben, das soll heißen Bundesministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung und das soll geführt werden von Karsten Wildberger. Den Namen kannten bisher nur Wirtschaftsjournalisten, die sich mit MDAX Konzernen auseinandergesetzt haben, würde ich sagen. Das ist schon eine Überraschung.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Er ist immerhin promovierter Physiker, kein Jurist mal zur Abwechslung und war vor allem viele, viele Jahre Manager für Mobilfunkkonzerne. Zuletzt war er Chef der Ceconomy AG, das ist, wie gesagt, so dieser Hidden Champion aus dem MDAX, also quasi dem Deutschen Aktienindex für Nebenwerte.

Das ist eine Abspaltung der Metro AG, also eines Einzelhandelsriesen, und diese Ceconomy AG betreibt im Wesentlichen die beiden Elektronik-Kaufhausketten Media Markt und Saturn, die, sagen wir mal, Philip, wohl auch bessere Zeiten gesehen haben.

Philip BansePhilip Banse

Also das sagen so die Kollegen aus der Wirtschaftsredaktion, dass Media Markt und Saturn schon bessere Zeiten gesehen haben. Vor allen Dingen haben sie halt sehr sehr die Digitalisierung komplett verschlafen. Also wenn man sich Mitte der 2000er angesehen hat, wie Amazon durch die Decke geht und sich fragt, wo kann man denn eigentlich bei Media Markt und Saturn online hier Drucker bestellen und so. Das war kompliziert.

Ich glaube, Karsten Wildberger war dann auch engagiert worden, um die Konzerne wieder nach vorne zu bringen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und die Zahlen haben sich auch verbessert. Und als zentrale Leistung gilt eben nach Analysen, dass er es besser geschafft hat, das Online-Business und die stationären Märkte zu verknüpfen. Und ich kenne das ehrlich gesagt aus der Kundenperspektive, weil ich da schon tatsächlich auch schon mal Sachen gekauft habe online. Und das ist halt sehr praktisch. Der Online-Shop hat halt eben auch mal so eine Funktion, dass man den Kram direkt im nächsten Saturn oder Media Markt abholen kann.

Und es ist natürlich eine schlaue Idee. Wenn ich ohnehin schon diese Läden habe, dass man dann tatsächlich auch Sachen nicht nur per Post bekommt, sondern da abholen kann. Insofern, also diese Integration scheint funktioniert zu haben. Lobbycontrol hingegen hat natürlich auch dort wieder Bedenken, wie wird es denn so laufen mit der Unabhängigkeit?

Philip BansePhilip Banse

Richtig, und ich finde nicht ganz zu Unrecht, denn der ist nämlich Vize-Chef des HDE, des Handelsverbands Deutschland. Das ist also mit eine der größten Lobbyorganisationen in Deutschland. Die vertreten die Interessen von Einzelhändlern. Aldi, Lid, Amazon, die sind alle vertreten. Da ist er Vizechef, deren Interessen nimmt er wahr. Inwieweit das zusammengeht mit der politischen Position eines Ministers für Digitalisierung und Staatsmodernisierung?

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Natürlich gar nicht. Also diesen Posten wird er aufgeben müssen, hat er vermutlich längst getan. Haben wir jetzt nicht gefunden im Netz, wird er aber mit großer Sicherheit niedergelegt haben. Ich finde, wie so häufig geht es aber letztlich auch nicht um die Frage, sitzt er noch auf dem Stuhl und hat er noch eine E-Mail-Adresse bei denen, sondern die zentrale Frage ist doch, aus welchen sozialen Verbindungen kommt er, wen kennt er so alles? Und das schauen wir uns gleich noch mal gesammelt an.

Für die ganzen Leute, die jetzt so als Quereinsteiger in die Politik kommen. Wie bewerten wir eigentlich diese Quereinsteiger? Vorher aber blicken wir ins Auswärtige Amt am Werderschen Markt in Berlin. Philip, wer soll da die Hausleitung übernehmen?

Philip BansePhilip Banse

Johann Wadephul soll das machen. Der ist ein anerkannter Außenpolitikexperte, hat sich jetzt klar für die Unterstützung der Ukraine ausgesprochen, ist ein sehr enger Verbündeter von Friedrich Merz und mit ihm ist dann auch zum ersten Mal seit 60 Jahren das Außenamt und das Kanzleramt in den Händen derselben Partei und das passt zu Merz Strategie, die Außenpolitik im Kanzlaramt zu konzentrieren mit einem Sicherheitsrat mit vielen anderen Personalentscheidungen die er da getroffen hat.

Der Plan ist ganz klar, dass Außenamt und Kanzleramt da Hand in Hand in dieselbe Richtung marschieren und ich glaube dafür ist Johann Wadephul genau der richtige Kandidat, gibt wenig Kritik, habe ich gelesen, an seiner Nominierung.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Nein, also auch vom politischen Gegner wird er als ausgesprochen kompetent eingeschätzt. Vor allem ist er stabil eben in der Ukrainefrage. Und gerade, wenn man sich überlegt, wie viele, wie soll ich sagen, wankelmütige Geister es da noch in der SPD-Fraktion gibt, glaube ich, ist es sehr wichtig, dass der Außenminister da klare Kante zeigt. Auf der anderen Seite dürfte klar sein, aus einer feministischen Perspektive, ja, Philip, also feministische Außenpolitik ist over.

Philip BansePhilip Banse

Ja, glaube ich das Kapitel ist, glaube ich, abgeschlossen. Vielleicht sollten wir, wo wir eben noch mal BMI, Alexander Dobrindt, das ist, sollten wir vielleicht kurz erwähnt, von der CSU, soll das Innenministerium übernehmen. Das ist ein, glaube ich, undankbarer Job, weil er jetzt quasi derjenige ist, der diesen Koalitionsvertrag und diese Migrationswende und diese ganzen Abweisungen und so, die da geplant sind, und Zurückweisungen, Pushbacks, die muss er exekutieren.

Wir haben da oft drüber gesprochen, wie rechtlich schwierig das ist, aber wie praktisch schwierig das auch ist und der wird sich daran messen lassen müssen, gelingt ihm das bei all diesen praktischen Schwierigkeiten? Wie gesagt, es ist halt schwer, das umzusetzen. Es wird schwer, das umzusetzen und einzulösen, was die Union da versprochen hat und er ist der Mann, der dafür sein Gesicht hinhalten muss.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also ich würde das noch deutlicher formulieren. Die Union hat da im Wahlkampf Sachen versprochen, die sich in der Praxis entweder nicht umsetzen lassen werden oder jedenfalls praktisch keinen messbaren Effekt haben werden auf die Zahl der Migrantinnen und Migranten in Deutschland.

Und das wird man dann mit einem CSU-Mann an der Hausspitze auch nicht mehr irgendwem anders, den Grünen, der SPD oder den Sternen in die Schuhe schieben können oder Trump, sondern da wird man einfach sagen müssen, verdammte Tat, es geht halt einfach nicht. Das ist das eigentliche Problem.

Die CDU sagt zwar, hat Merz gerade noch auf diesem kleinen Parteitag da formuliert, wir haben diesen Koalitionsvertrag, oder Merz oder Linnemann, weiß ich nicht mehr ganz, einer von beiden hat sinngemäß gesagt, dieses Kapitel Migration, das sähe auch nicht anders aus, wenn wir den Koalulationsvertrag mit uns selbst verhandelt hätten. Da sagen die, das ist Union pur. Und jetzt setzen sie noch einen CSU-Mann an die Hausleitung BMI.

Dann kann man wirklich niemandem anders mehr diese absehbare Pleite in diesem Politikfeld in die Schuhe schieben. Und ich hoffe, dass die Union daraus lernt, mal andere Ziele zu setzen.

Philip BansePhilip Banse

Genau, letzter Punkt auf den wir, letzter Posten auf dem wir eingehen wollen, ist der vom Ministerium für Bildung und Familie, den soll besetzen Karin Prien. Das ist eine Bildungspolitikerin, die seit langem dabei ist in diesem Fach, anerkannt, fachlich.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

War eine der Leuchten im Kabinett von Daniel Günther in Kiel. Da regiert die Union, oder die CDU, ja zusammen mit den Grünen und ist, ich habe noch so ein paar Biografien jetzt gelesen, ist, glaube ich, eine ausgesprochen spannende Persönlichkeit. So viel kann man vielleicht sagen.

Wir laden sie mal ein zu einem Sommerinterview, also ich würde mich total freuen, sie bald mal zum Interview zu treffen, also das ist so eine Persönlichkeit im Bundeskabinett, auf die ich persönlich mich richtig freue.

Philip BansePhilip Banse

Die ist in Amsterdam geboren. Erste Ministerin, glaube ich, in der Bundesrepublik mit jüdischen Wurzeln. Ich glaube, ihre Mutter oder Großmutter ist geflohen von den Nazis in die Niederlande und so und sie ist dann zurückgekommen. Also, wie gesagt, interessante Persönlichkeit. Wir haben ja wieder einige Sommerinterviews vor der Brust. Da werden wir sicherlich mal anklopfen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, wir haben uns generell mal so ein bisschen gefragt, da sind ja so ein paar Menschen in diesem Bundeskabinett vertreten, die relativ wenig aktuelle politische Erfahrung haben. Man nennt sie dann immer Quereinsteiger oder Quereinsteigerinnen. Vor allem zwei Namen kann man da in diesem Bundeskabinett nennen, nämlich Katherina Reiche, Bundesministerin für Wirtschaft und Energie.

Und zum anderen Karsten Wildberger, der eben das neue Bundesministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung aufbauen soll und wir haben uns gefragt, Philip, ist das jetzt eigentlich eine gute oder eine schlechte Idee, wenn man diese Menschen von außen in die Politik holt?

Philip BansePhilip Banse

Also bei Reiche muss man sagen, die war ja mal. Sie ist jetzt nicht ganz so, ich glaube, der richtige original 100 prozent Quereinsteiger ist eben Wildberger, aber Reiche eben auch in Teilen, naja gut. Wie immer gibt's pro und kontra, Licht und Schatten. Ich finde es an sich erstmal gut, das zu wagen, zumal es ja durchaus einiges gibt, was dafür spricht jetzt ausgerechnet diese beiden zu

engagieren. Pro ist sicherlich Expertise. Also bei Reiche, wie gesagt, da zweifelt niemand daran, dass sie weiß, wie das deutsche Energiesystem funktioniert und was man da tun und machen kann. Es ist, denke ich, oft gut, erst mal per se einen Blick von außen zu haben, jemanden reinzuholen in ein ja doch sehr spezielles System mit vielleicht neuen Ideen, neuen Blicken. So, das ist erst mal eine gute Idee.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, und ich finde ehrlich gesagt, die Wirtschaft, deren Perspektive die beiden ja nun gut kennen, die Wirtschaft ist eben einfach eine ganz wichtige Kundin des Staates. Also der Staat muss, denke ich, auf allen Ebenen besser liefern. Das ist in der Lage vielfach rauf und runter besprochen. Aber eben nicht nur für die Menschen direkt, sondern auch für die Wirtschaft muss die Verwaltung viel bessere Services anbieten. Auch Unternehmen klagen doch immer über mangelnde Digitalisierung und

so. Also insofern finde ich das schon ganz gut, gerade bei Herrn Wildberger, der wird mit seinem Unternehmen viele Erfahrungen damit haben, was so alles nicht klappt von Baugenehmigung bis und da eine Perspektive drauf zu haben, Leute, das muss besser gehen, das finde ich erst mal eine gute Idee.

Philip BansePhilip Banse

Finde ich nicht schlecht. Also das Gegenargument, das ist ein valides und gewichtiges Gegenargument, auf das wir auch hingewiesen haben, sind Interessenkonflikte. Diese Leute kommen einfach nicht aus dem Nichts, sondern sie haben Kontakte. Es gibt sehr viele Leute in der Wirtschaft, die zu diesen neuen Ministern und Ministerinnen sehr enge Verbindungen haben. Die haben ihre Telefonnummer, die können da mal anrufen. Man kennt sich, man ist sich vertraut, man trifft sich mal

schnell. Der Zugang und der Austausch und der Interessenaustausch ist einfach viel leichter, als wenn halt die Leute aus dem Parlament kommen, meinetwegen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und dann gibt es eben auch einfach die große Sorge, dass gerade Herr Wildberger, aber im Grunde natürlich jedenfalls nach vielen Jahren außerhalb der Politik auch Frau Reiche, sie einfach wenig oder kaum oder vielleicht sogar gar keine Verwaltungs- und Politikerfahrung haben. Und ich finde, das ist jetzt nicht nur ein formales Argument, sondern das kann auch die tägliche Arbeit wirklich beeinträchtigen, denn es reicht ja nicht zu wissen, was eine gute politische Lösung wäre.

Man muss auch wissen, wie man so ein Ministerium dazu bekommt, dass es die guten Lösungen auch tatsächlich möglich macht, in Form von Gesetzentwürfen, in Form von allen möglichen Konzepten. Und dann, wenn man diese Konzepte hat, wenn die Gesetzentwürfe hat, dann ist das ja auch erst mal nur die halbe Miete. Man muss dann ja auch noch eine Koalition dazu bekommen, diese guten Konzepte auch tatsächlich zu beschließen, als Gesetzentwurf, als Verordnung, als was auch immer.

Und das ist einfach ein Skillset, das weit darüber hinausgeht, einfach nur zu wissen, in welche Richtung der Dampfer dampfen soll.

Philip BansePhilip Banse

Ja, es deckt sich vor allen relativ wenig mit dem, wie CEOs oder so arbeiten. Die haben dann vielleicht ein Konzept und die sagen, pass mal auf,du bist da jetzt zuständig, du bist da zuständiger Abteilungsleiter, bitte exekutiere und lege mir nächste Woche Samstag einen Bericht vor und ich hätte gerne Zahlen. Und das funktioniert im Ministerien halt nicht so einfach. Da brauchst du vor allen Dingen Verbindungen und Netzwerke.

Du musst mit Leuten reden, die auf deine Seite holen, damit sie das dann in diesen sehr eigenen Organismen, diesen sehr eigenen Institutionen wirklich voranbringen, durchdrücken, dass das nicht versickert und dass das irgendwo nicht liegen bleibt und so und das hat man ja bei diesen, bei vielen, ich will nicht sagen bei allen, aber bei vielen Quereinsteigern aus Politik und Wissenschaft, aus Industrie und Wissenschaft die es ja in der Vergangenheit schon gegeben hat, hat

man das eben auch gesehen, also von Siegfried Balke, glaube ich der in den 50er Jahren aus einem Chemie-Konzern für Post und Telekommunikation das Ministerium übernommen hat. Michael Naumann, ein Publizist, der Staatsminister war für Medien und Kultur. Walter Riester ist glaube ich aus der IG Metall ins Arbeitsministerium gekommen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Der Riester-Rente-Mann.

Philip BansePhilip Banse

Riester-Rente. Rita Süssmuth war Professorin bevor sie ins Ministerium kam. Da gab es auch mal Herrn Stollmann, glaube ich, unter Schröder, der auch so Modeunternehmer war. Das hat sehr unterschiedlich funktioniert. Das heißt nicht, dass es immer funktioniert und immer gut ist. Es heißt aber auch nicht, das es immer scheitert. Es hat halt so seine Spezifiken und Besonderheiten und auf die muss

man dann achten. Also die Interessenkonflikte, da muss man halt drauf achten, speziell und gerade bei denen. Ist das sauber? Ist das transparent, was die da machen? Aber bietet durchaus

seine Chancen. Ich meine, das Besondere, und das macht den Fall hier so interessant, das Besondere bei Wildberger ist ja, dass er nicht ein existierendes, altes, abgehangenes Ministerium übernimmt mit 1000 Routinen, wo die Seilschaften schon alle stehen, sondern er übernimmt ja ein Ministerium, was er auf die Beine stellen soll.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und darin sehe ich die eigentliche Chance, dass jemand, der eben weiß, wie man ein Unternehmen führt, jetzt mal ein Ministerium from scratch wirklich komplett neu aufbauen kann. Ja, okay, er wird natürlich auch Abteilungen aus anderen Häusern übernehmen, die quasi dahin verschoben werden. Da gibt's dann wiederum schon so ein paar Strukturen und so. Aber die grundsätzliche Struktur dieses Hauses kann er halt tatsächlich komplett neu aufbauen.

Und vielleicht kriegen wir dann ein Ministerium mit diesem Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung, das nicht nur irgendwie andere Organisationsstrukturen modernisieren will, sondern das selbst auch ein bisschen anders funktioniert als so ein klassisches mitunter ja auch ein bisschen staubiges Bundesministerium. Also das ist die eine große Chance. Und es gibt einfach noch kein Apparat, der ihn ausbremsen

kann. Das ist ja immer so diese Sortie, die man vor allem aus dem Bundesinnenministerium hört. Na, mir doch wurscht, wer unter mir Minister ist, sagen da die alten Verwaltungshasen. Und das gibt es eben einfach noch nicht in diesem Digitalisierungsministerium, also das ist eine große Chancen für Wildberger, so ein Haus mal, sagen wir mal so nach halbwegs rationalen, modernen Kriterien überhaupt zu strukturieren.

Philip BansePhilip Banse

Vielleicht mit flachen Hierarchien, mit mehr Risiko, mit mehr Fehlertoleranz und so weiter.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Es gibt so ganz klare Kriterien. Nehmen wir die Hierarchieebene der Unterabteilungsleiter:innen. Wir wollen hier nicht ins Detail gehen, aber es gibt ganz viele, die sagen, man braucht natürlich Referenten. Das sind die, die arbeiten. Dann gibt es Referatsleiter, Abteilungsleiter und dann kommt eigentlich die Ebene Staatssekretär/Minister. Und dazwischen gibt es aber in vielen Bundesministerien noch diese Ebene der Unterabteilungsleiter.

Und da gibt es sehr viel Kritik daran, weil sie sagen, das ist einfach eine Ebene zu viel. 1000 Leute, die eigentlich überall nur noch irgendwie ihren Stempel draufsetzen wollen, bremst alles nochmal eine Woche aus. Die könnte man sich schenken, da kann man mal schauen, ob Herr Wildberger in seinem Haus auf die Unterabteilungsleiter verzichtet.

Philip BansePhilip Banse

Also, ich würde sagen, das muss man Friedrich Merz zugute halten. Er ist hier ins Risiko gegangen mit Personalien. Da sind viele Überraschungen dabei, die niemand auf dem Zettel hatte. Das sind häufig keine Kandidaten, wo alle sagen, ja, da kannst du nichts mit falsch machen und so läuft. Bekannter Name Wadephul ist sicher so jemand aber, wie gesagt, er hat auch Kandidaten mit Reiche und Wildberger und noch ein paar anderen ja, die durchaus richtig in die Binsen gehen können.

Wo er mit richtig sich blamieren kann. Wo er die dann irgendwie nach zwei Jahren entlassen muss, weil nichts passiert. Aber es bietet eben auch eine Chance und das, finde ich, muss man ihm anrechnen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Nicht im Kabinett, sondern in der Fraktion, und zwar an deren Spitze gelandet, ist Jens Spahn. Der war natürlich schon mal Minister, nämlich für Gesundheit. Während der Corona-Pandemie hat sich hier zum Beispiel mit der Masken-Affäre verewigt, hat da auch Tickets für ein Dinner mit ihm für fast 10.000 Euro vertickert.

Philip BansePhilip Banse

Argh! Spenden!

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Entschuldigung, Philip! Pardon!

Philip BansePhilip Banse

10.000 Euro Spenden. 9.999 Euro waren es, glaube ich, damit es nicht ausgewiesen werden muss.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und nicht an Spahn persönlich, sondern an seinen CDU-Kreisverband in Borken. Aber ihr versteht, wie es läuft. Also Jens Spahn, ein Politprofi, hat erst jüngst noch eine Attacke auf die Brandmauer gestartet. Da kommen wir wahrscheinlich in der nächsten Woche nochmal ausführlicher drauf zu sprechen. Jedenfalls, das inoffizielle Motto von Jens Spahn dürfte sein, im Zweifel für mich selbst.

Philip BansePhilip Banse

Ja, ich finde, er ist halt in den letzten Jahren immer wieder durch provokante und steile Thesen aufgefallen. Also diese Attacke auf die Brandmauer, sollen wir mit der Opposition, der AfD, zumindest was so Posten angeht und parlamentarische Verfahren, jetzt nicht inhaltlich, aber so Posten und Vorsitzende von Ausschüssen und so, nicht umgehen wie mit einer ganz normalen Oppositionspartei? Da hat er gesagt, ja, das ist eine riesen Debatte, das wollte ich gar nicht anstoßen.

Und davon gab es halt unendlich viel in den vergangenen Jahren, wo er einfach mal was rausgehauen hat. Da ist dann wenig von hängen geblieben, es hat sich eigentlich nichts geändert außer, dass Jens Spahn in den Schlagzeilen war. Das war immer das Ergebnis und das macht mich so ein bisschen misstrauisch, wie sehr kann man sich auf ihn verlassen als Fraktionsvorsitzenden, der irgendwie eine Linie hat und dabei bleibt, auch wenn es Gegenwind gibt?

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Wird Spahn für Merz letztlich zur Tretmine? Das ist die große Frage und ich finde, da lohnt es sich mal kurz auf den Job zu schauen, den er da jetzt machen soll. Fraktionsvorsitzender der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag. Als Fraktionvorsitzer wird es sein Job sein, Mehrheiten zu beschaffen. Also ein Fraktionenvorsitzender muss die Leute in der Fraktion bei Laune halten und sie notfalls auch mit massivem Druck dazu zwingen, umstrittenden Projekten zuzustimmen.

Außerdem, auch ganz interessant, muss er, wenn das ganze Ding laufen soll, einen guten Draht zur SPD und damit zur dortigen Fraktionsspitze halten. Legendär das alte Duo Volker Kauder und Peter Struck, die ursprünglich glaube ich sehr unterschiedlich waren, die sich dann sogar angefreundet haben und die vor allem dafür gesorgt haben, dass die große Koalition vor inzwischen auch über 15 Jahren relativ gut funktionierte, jedenfalls auf dieser

Ebene. So und die Frage ist natürlich, wird Jens Spahn diesen Job des Fraktionvorsitzenden, des Mehrheitsbeschaffers, wird er den tatsächlich spielen? Und ich glaube, das kann so sein, muss es aber nicht. Da gibt es eigentlich mindestens zwei Szenarien.

Philip BansePhilip Banse

Ja, also das eine ist, Spahn nimmt halt diese Rolle an und tritt so ein bisschen, ich will nicht sagen zweite Reihe, aber es ist schon so ein bisschen, sich einzureihen hinter Merz, hinter dem, was die Regierung will, was Merz will und das dann zu exekutieren und zu sagen, okay, das nehme ich an, das will der Bundeskanzler, das will die Regierung, ich sorge da für die Mehrheiten, auch wenn ich das nicht zu 100 Prozent teile. Da muss er sich loyal zeigen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Alles nicht seine Stärken.

Philip BansePhilip Banse

Alles alles eben nicht seine Stärken, aber wenn es klappt, hätte Merz eben so einen potenziellen Unruhestifter, der Spahn ohne Zweifel ist, eingebunden in diese Regierungsdisziplin, wenn das rund läuft. Das muss aber nicht so kommen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das muss es nämlich überhaupt nicht. Es kann auch sein, dass Jens Spahn seine Macht an der Spitze der Fraktion nutzt, indem er die Fraktion fast so zu einer Art Gegenpol des Kanzleramts aufbaut. Das hat die Union auch in vergangenen Koalitionen immer schon mal strategisch genutzt, um Kompromisse aus einem Koalitionsausschuss auszubremsen. Der Klassiker, der der SPD immer wieder auf die Füße gefallen ist, in der letzten GroKo war, ja, man einigt sich auf irgendwas.

Die SPD muss was geben, die Union muss was geben, die SPD setzt das, was sie zugestanden hat, um. Und in der Unionsfraktion gibt es dann so, nein, nein, nein, nein! Koalitionsausschuss hin oder her, das machen wir nicht mit. Also, diesen Trick, dass die Union die Fraktion als Gegenpult zum Koalitionsausschuss spielt, diesen Trick haben wir schon häufiger gesehen.

Aber natürlich könnte Jens Spahn auch einfach sein ganz persönliches Ego nochmal ins Spiel bringen und quasi so seine Position mit der Stimme der Unionsfraktion quasi gegen die Kompromisse aus dem Kanzleramt stellen. Das wäre dann de facto Spahns Probelauf für die Merznachfolge. Also als Nebenkanzler oder im Zweifel noch als besserer Kanzler zu inszenieren.

Philip BansePhilip Banse

Also ein Mangel an Ambitionen, glaube ich, kann man ihm nicht attestieren. Das ist nicht sein Problem. Ich glaube, der hat sehr wohl Pläne, die Richtung Kanzleramt gehen, das ist, glaube ich, allgemein bekannt. Und natürlich wäre so eine Fraktionsleitung jetzt über die nächsten zwei, drei, vier Jahre eine wunderbare Position, um sich da bekannt zu machen mit eigenen Thesen, um sich zu profilieren und so weiter. Das wäre natürlich nicht so im Sinne von Friedrich Merz.

Das muss man jetzt mal abwarten, wie das so wird. Ich habe da so meine Zweifel, weil wie gesagt, Jens Spahn ist seit vielen, vielen, vielen Jahren dabei und ist über die Jahre immer wieder aufgefallen durch irgendwelche Querschlägerthesen, die einfach mal einen raushauen. Da gibt es eine Riesendiskussion, Talkshows, Spahn will, Spahn fordert, Spahn sagt. Das ebbt dann alles wieder ab. Verschwindet im Nichts, nur Jens Spahn war in den Medien.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also das wird wirklich spannend. Man muss natürlich sehen, die Union mag ja Quertreiber eigentlich überhaupt nicht. Also es dürfte da schon einen erheblichen innerparteilichen Druck geben, Friedrich Merz als Kanzler den Rücken freizuhalten. Aber, und das ist der Witz bei der Union, die Union ist vor allem natürlich eine ganz großartige Organisation zum eigenen Machterhalt. Das machen sie, das muss man glaube ich wirklich anerkennen, so professionell wie keine andere Partei in Deutschland.

Und das bedeutet aber, dass dieser Zwang zur Disziplin, dieser innerparteiliche Druck, Merz zu stützen, nur genau so lange gelten dürfte, wie Merz auch tatsächlich der starke Mann der Union ist und in der Partei beliebt ist und die Partei so das Gefühl hat, mit Merz gewinnen wir insbesondere auch Landtagswahlen. Das sind ja immer so die nächsten Prüfsteine. Sobald Merz in Ungnade fällt, sobald diese Bundesregierung nicht funktioniert, da bin ich total sicher, wird Spahn ihn sturmreif schießen.

Philip BansePhilip Banse

Eine der heikelsten Personalien in der neuen Regierung betrifft das Amt des Kulturstaatsministers. Das ist natürlich jetzt ein Amt, was nicht besonders mächtig ist. Ich glaube Budget, Etat von zwei Milliarden Euro oder sowas.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Na immerhin, Kulturförderung und so.

Philip BansePhilip Banse

Aber diese Position will Merz mit einer doch auch wieder überraschenden und ich finde nicht minder riskanten Person besetzen, nämlich mit Wolfram Weimer.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Der ist heute Zeitschriftenverleger, hat seinen eigenen Verlag, ehemaliger Wirtschaftsjournalist, ehmals auch Chefredakteur zwei konservativer Medien, nämlich der Welt und des Fokus, aber Kultur bisher kam da, sagen wir mal, eher weniger, selbst die FAZ, also das konservative Leitmedium der Republik kann ihr entsetzen kaum verbergen.

Philip BansePhilip Banse

Jürgen Kaube, einer der Herausgeber der FAZ, der schreibt, Weimer ein Interesse an irgendeiner Kunst oder Geist zu unterstellen, wäre spekulativ.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Genau, das ist die Sprache des Feuilleton, wenn sie jemandem eine 6 erteilen will. Kaube räumt dann zwar ein:

Philip BansePhilip Banse

"Ein Kulturstaatsminister muss nicht aus dem Bereich der Kultur kommen. Er muss nicht einmal mit vernünftigen Ansichten zu ihr hervorgetreten sein, aber-

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

irritierend ist nur, wenn er es bislang mit unverständigen und undurchdachten Mitteilungen tat."

Philip BansePhilip Banse

Also, worum geht's? Warum fällt der selbst strammkonservative Kaube, so ein hartes Urteil über den neuen Kulturstaatsminister, zumal, das muss man ja auch wissen, Weimer früher mal Wirtschaftsredakteur bei der FAZ war? Und ich denke, das erkennt man am besten, wenn man sich anschaut, was Herr Weimer so sagt und schreibt.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also Weimer äußerte sich laut Bayerischem Rundfunk abfällig über vermeintliche Zitat "Genderideologie" und über Coming Outs prominenter Personen als homosexuell. Muss man sich überlegen, ein Kulturstaatsminister, der Probleme mit Queerness hat.

Philip BansePhilip Banse

Wenn Leute sagen, ich bin schwul, das passt ihm irgendwie nicht. Das ist schon schwierig. Es ist auf jeden Fall interessant. Dann hat Weimer vor ein paar Jahren ein sogenanntes Manifest des Konservatismus veröffentlicht. Untertitel: "10 Gebote der neuen Bürgerlichkeit." Also das ist kein Twitter/X Post, den man mal so raushaut und dann hinterher denkt, ach, da war ich besoffen, tut mir leid.

Sondern ein Manifest des Konservatismus, da denkt man eine Weile drüber nach und das ist ja wirklich auch ins oberste Regal gehängt. Was steht da nun drin?

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Darin findet sich laut Bildzeitung, sicher auch kein linkes Blatt, die Sorge über Zitat "die Fortdauer des eigenen Bluts" und die Zitat "biologische Selbstaufgabe Europas".

Philip BansePhilip Banse

Vordauer des eigenen Bluts, also das betont eben die Bedeutung von Blutsabstammung, was immer das heißt.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das Blut muss reingehalten werden, was immer das heißt.

Philip BansePhilip Banse

Speziell biologische Selbstaufgabe Europas spielt da auch mit rein. Da ist also eine sehr biologistische Definition dessen zu lesen, was Europa angeblich so ausmacht. Und in dem von ihm eben mitgegründeten Magazin Cicero veröffentlichte Weimer vor einigen Jahren ein Stück unter dem Titel: "Die Multikulti-Lüge" und darin finden sich Absätze wie der hier:

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

"In den Staaten Mitteleuropas hat sich seit den Siebzigerjahren eine Haltung breitgemacht, die den inneren Multikulturalismus zum Gesellschaftsziel erkor. Man glaubte, mit vielen Dönerbuden, fleißiger Zuwanderung und der Huldigung von Kanakdeutsch die alten Nationalinstinkte auszutilgen, die Nazi-Katastrophe sozusagen mental rückabzuwickeln. Ein Stück Wiedergutmachung durch kulturelle Selbstvernichtung."

Philip BansePhilip Banse

Zitat Ende, also man muss das ein bisschen paraphrasieren, nochmal zusammenfasse.

Also er schreibt hier, dass Multikulti ein absichtsvolles Ziel des gesellschaftlichen Umbaus war, also nicht irgendwie was halt passiert mit Gesellschaften, weil Gesellschaften sich ändern, sondern es ist ein absichtvolles Ziel, um eben die Nazi-Katastrophe und den Nationalismus vergessen zu machen und gleichzeitig hat eben dieser absichtsvolle Umbau zu einer Multikulti-Gesellschaft vordefinierte Ergebnis einer kulturellen Selbstvernichtung.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und, wie gesagt, kombiniert mit der Sorge um die Fortdauer des eigenen Bluts und die, Zitat: "biologische Selbstaufgabe Europas". Und da muss man sich überlegen, Philip, das klingt nicht nur wie Björn Höcke von der AfD, das ist hartes, rassistisches Blut- und Bodendenken. Da muss man überlegen. Deutsches Blut ist gut, Dönerschmieden sind minderwertig. Das ist die Denke.

Philip BansePhilip Banse

Das ist die Denke und die Denke, die dahinter steht ist auch, das kann man so zwischen den Zeilen rauslesen, dass es halt geografische Regionen gibt, die für ganz bestimmte Menschen vorgesehen sind mit einer ganz bestimmten Abstammung und einem ganz bestimmtem Blut und andere Regionen sind eben für andere Leute vorgesehen und eine Vermischung ist eher als schlecht zu bewerten.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Es ist glasklar rassistisch und es ist natürlich auch einfach naturwissenschaftlich totaler Bullshit. Es gibt ja wissenschaftliche Studien, dass dieses Konzept der Menschenrassen schlicht und ergreifend Bullshit ist. Also das ist schon extrem irritierend und angesichts solcher Position fragt man sich dann, wie hält es Weimer mit der AfD? Also er ist ja nicht CDU-Mitglied, er ist formal parteilos, aber es klingt schon extrem nach dem rechten Rand der AfD. Schwer zu sagen, wie er heute zu

dieser Partei steht. Weimer hat sich 2013, also inzwischen auch vor 12 Jahren, in einem Gastbeitrag für die Süddeutsche Zeitung von der AfD distanziert.

Philip BansePhilip Banse

Damals war's natürlich eine andere Partei, die AfD. Er sah damals jedenfalls die AfD als große Gefahr für Deutschland. Aber die Lösung aus seiner Sicht war nicht Abgrenzung, sondern Übernahme der AfD-Position durch die Union.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, und das, würde ich persönlich sagen, ist die zentrale Gefahr. Mit ihm, mit Herrn Weimer, könnten Positionen vom ganz rechten Rand ins Zentrum der Bundespolitik, zumal ins Zentum der Kulturpolitik einziehen. Also das ist schon wirklich harter Tobak.

Philip BansePhilip Banse

Und man muss dazu sagen, also Kulturstaatsminister, Kultur ist eigentlich eine Ländersache. Das Meiste, was in der Kultur passiert, machen eben die Länder. Aber so ein Kulturstaatsminister, der hat schon Einfluss auf Kulturförderung. Es gibt so bestimmte Programme der Bundesförderung, wie halt große Institutionen mit Staatsgeld gefördert werden. Aber er stößt halt immer wieder auch

Debatten an. Also wenn sich der Kulturstaatsminister zu bestimmten Fragen öffentlich äußert, dann hat das immer eine Debatte zur Folge. Und da muss man halt gespannt sein. Da darf man halt gespannt sein, wie er sich da äußert. Christina Deckwirth von der oben schon zitierten Nichtregierungsorganisation lobbycontrol, die sieht darüber hinaus auch die Gefahr von Interessenkonflikten, denn Herr Weimer ist eben nicht einfach nur parteilos irgendwer, sondern er ist eben auch Medienunternehmer.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und da sagt Christina Deckwirth, Zitat: "als Chef seiner Weimer Media Group hat Weimer selbst handfeste Interessen in dem Bereich, nämlich in dem Bereich, für den er jetzt dann als Kulturstaatsminister zuständig sein wird, nämlich Medienförderung. Weimer gab inzwischen zwar bekannt, aus seiner Media Group auszusteigen und seine Beteiligung an, tada, seine Frau abzugeben, aber Lobbycontrol sieht den Interessenkonflikt damit nicht als gelöst an.

Philip BansePhilip Banse

Also in dieser Weimer Group erscheint glaube ich, Cicero, Business Punk, irgendwie so ein Wirtschaftsblatt, viele Publikationen, die man kennt, wenn man sich in der Branche befindet, aber die jetzt nicht riesig groß sind. Aber es ist doch eine Zahl und offensichtlich verdienen sie damit Geld und er will aussteigen und die Beteiligung eben an seine Frau übergeben.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Gut, aber ich meine, das ändert ja nichts an seinem Interesse. Er will natürlich auch, dass seine Frau Geld verdient.

Philip BansePhilip Banse

Ja, vor allem, weil es auch ein Leben nach dem Staatsminister gibt.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

So und also entweder hat er, selbst wenn die sich scheiden lassen, hat er über den Zugewinnausgleich im Zweifel daran Anteil, wenn die dann nicht gerade einen Ehevertrag geschlossen haben und im Zweife werden diese Anteile ja irgendwann an ihn zurück übertragen. Also mit anderen Worten, das ist natürlich eine Scheinlösung.

Ich fand noch ganz lustig, so als kleines Detail zum Abschluss, die einzige erkennbare Qualifikation von Weimer,  so jedenfalls der Filmkritiker und Filmmacher Rüdiger Suchsland gegenüber 3sat, sei:

Philip BansePhilip Banse

Er sei vor allem ein Golfkumpel von CDU-Chef Merz, was an die Kabinettsbesetzung von US-Präsident Donald Trump erinnere. Also die beiden, Weimer und Merz haben Golf gespielt. Weimer hat halt auch so eine jährliche Veranstaltung unten bei sich da in dem Ort, wo er wohnt. Was er dann immer, was er, glaube ich, so ein bisschen gerne als deutsches Davos verkaufen möchte. Und da kommen dann alle möglichen Wirtschaftsgrößen hin und unter anderem eben auch Friedrich Merz. Daher kennen die beiden sich

wohl. Nun wird er also Kulturstaatsminister.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, nun kann man sich fragen, warum macht Friedrich Merz ausgerechnet eine solche Person zu einem Staatsminister im Kanzleramt, denn der Kulturstaatsminister ist im Kanzleramt angesiedelt, es kein eigenes Ministerium, weil der Bund ja für Kultur eigentlich gar nicht so richtig zuständig ist, aber das hat dann schon zur Folge, dass jeder Skandal, den der Weimer produzieren mag, möglicherweise in seiner Amtszeit, damit auch schnell zu einem Merz-Skandal wird, einfach weil der Mann in seinem

Bundeskanzleramt arbeitet, und warum das so ist? Das versteht man, glaube ich, besser, wenn man sich überlegt, welche Kulturkämpfe gerade hinter den Kulissen in der Union geführt werden. Und dazu habe ich diese Woche einen ausgesprochen spannenden Aufsatz gelesen, nämlich von dem Politikwissenschaftler Andreas Püttmann. Der war früher langjähriger Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung, ist jetzt aus gesundheitlichen Gründen so ein bisschen gezwungen, kürzer zu treten.

Aber der jedenfalls hat diesen Konflikt innerhalb der Union, diesen Kulturkampf innerhalb der Unionsparteien in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Blätter für deutsche und internationale Politik" analysiert. Kann man aber auch online finden, haben wir verlinkt.

Philip BansePhilip Banse

Ja, also Püttmann erklärt die Union sei von ihrer Herkunft her eigentlich keine konservative Partei, sondern eine Partei die Politik aus christlichen Werten ableitet.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Klingt erst mal bizarr. Wenn man das so hört, denkt man, die Union ist eine konservative Partei, aber Püttmann erklärt das.

Philip BansePhilip Banse

Ja, der Grund, sagt er, sei eben das völlige Versagen der konservativen Parteien am Ende der Weimerer Republik. Die Nazis, die hatten ja nie eine Mehrheit, die DVP und die NVP, brachten Hitler aber an die Macht. Und selbst die katholische Zentrumspartei stimmte letztlich dem Ermächtigungsgesetz zu, mit dem die Nazis dann die Diktatur formal legal errichteten. Konservativ zu sein, ermöglichte offenbar nicht, sich vom Faschismus abzugrenzen. Da gab es letztlich einfach keine roten Linien.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das war natürlich auch für konservativ denkende Menschen nach 1945 schockierend zu sehen, dass quasi so ihre politischen Parteien völlig versagt hatten, als die Nazi-Gefahr vor der Tür stand. Also gründeten sie ganz bewusst eben keine konservative Partei mehr. Das war ja eben komplett in die Hose gegangen, sondern sie gründete bewusst mit der CDU und in Bayern der CSU, Parteien, die christliche Werte hochhalten.

Nicht umsonst sind es ja eben die C-Parteien und dann auch noch konfessionsübergreifend, also quasi DVP und Zentrum in einer christlichen Partei vereint und daher, so jedenfalls Püttmann, findet sich zum Beispiel das Wort konservativ auch jahrzehntelang in keinem CDU-Programm. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, war das irgendwie in den 70ern zum ersten Mal und da auch irgendwo in einem Nebensatz.

Und die Idee war, wir sind nicht einfach konservativ, sondern wir sind eine Partei, die ein Wertefundament hat und dieses Werteffundament bezeichnen sie als christlich, aber eben zugleich auch offen für andere Parteien. Also es geht jetzt nicht darum, dass man quasi die Positionen irgendwelcher Kirchen 1:1 umsetzt, sondern es geht um das christliche Wertefundament.

Philip BansePhilip Banse

Und unter dem Einfluss der AfD, so die Argumentation, wird nun diese christliche Botschaft vielen in der Union offenbar lästig. Die moralische Linie der Kirchen ist glasklar, die AfD ist für Christen unwählbar, wegen eben ihrer Menschenfeindlichkeit, gegen alle möglichen Gruppen, vor allem gegen Migranten, auch viele andere Gruppen, Menschen mit Behinderung, queere Menschen usw.

Eine christliche Union, für die eben alle Menschen gleich sind an Würde, müsste eigentlich die Menschlichkeit hochhalten. Das wäre eben der Unterschied zu 1933. Die rote Linie nach rechts würde dann stehen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das würde aber, wenn man das so ernst nimmt mit den christlichen Werten, die Union inhaltlich zu einer anderen Linie zwingen. Klare Kante gegen die AfD statt AfD-Positionen hier und da zu kopieren. Stichwort Friedrich-Merz-Abstimmung Ende Januar in der Endphase des Wahlkampfes. Und das gilt auch vor allem nicht nur für die Migrationspolitik, da ist es vielleicht am deutlichsten greifbar. Das gilt auch in der Sozialpolitik.

Also zum Beispiel die Hetze gegen Menschen im Bezug von Bürgergeld oder Menschen mit Behinderung ist zutiefst unchristlich. Und Püttmann bringt das, wie ich fand, auf eine ganz spannende Form.

Philip BansePhilip Banse

Er schreibt: "eine Partei erhebt mit dem C also einen bisweilen anstrengenden Anspruch. Manche in der CDU scheinen gerade dies zu fürchten. Viele in der Union, so die These, glauben offenbar, wir müssten christliche Prinzipien über Bord werfen, sonst zum Beispiel wird das nix mit der Asylwende", so das Argument.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das Problem ist nur, und das ist das, was mich persönlich auch umgetrieben hat, als ich diesen Text von Herrn Püttmann gelesen habe, das Problem ist nur, dass sich dann sehr schnell dasselbe Problem stellt wie 1933. Was genau ist eigentlich der fundamentale Unterschied der Union zur AfD, wenn die Union dieses christlich geprägte Wertefundament aufgibt? Und darüber tobt der Streit in der Union.

Bleiben wir als Union christlich-geprägte Parteien, wenn auch natürlich offen für jüdische oder muslimische Menschen? Es geht da nicht um Kirchentreue, sondern es geht um Werte oder sind wir einfach irgendwie rechts oder bürgerlich? Und im Moment haben in der CDU/CSU einfach die Menschen Oberwasser, die mit christlichen Werten lieber nicht mehr so wahnsinnig viel zu tun haben. Also natürlich ist die CSU dafür, dass in Gerichtssälen Kreuze hängen oder in Schulen,

klar. Also so ein symbolisches Christentum immer gerne, aber wenn es dann quasi hart auf hart kommt, wenn es darum geht, wie verhält man sich denn zum Beispiel zur Rettung von Menschen aus dem Mittelmeer? Dann wird es ganz langsam eng. Und für diese neue, konservative, aber eben nicht mehr zwingend christliche Union steht der Weimer gerade beispielhaft. Er hält oft historisch unpräzise irgendwie konservative Werte hoch. Deswegen Manifest des

Konservatismus. Aber auch da geht es eben nicht um Christentum und Menschenfreundlichkeit. Und da fehlen im Grunde diese Lektionen, die man 1945 aus dem Scheitern 1933 gezogen hat. Und das ist so meine persönliche Sorge. Das macht Weimer und das macht diese Strömung in der Union, für die abgeschwächt ja auch Merz und Linnemann zum Beispiel stehen, oder Jens Spahn noch viel mehr, macht diese Strömung in der Union so

gefährlich. Also Konservatismus ohne die Werte, die den Konservatismus 75 Jahre jedenfalls vor der Barbarei geschützt haben.

Philip BansePhilip Banse

Ja und ich meine in dieselbe Kerbe schlägt ja auch der Chef von der CDA, das ist diese christlich-demokratische Arbeitsgemeinschaft in der Union, eine ganz traditionelle Gruppierung, Strömung, die sich halt so für Arbeitnehmer- Arbeitnehmerinnenrechte und so was stark macht und eher, wie gesagt, ich will mal sagen, so ein bisschen der sozialdemokratischen Arm der CDU oder der Union war und die haben sich halt beklagt, dass von ihnen niemand im Kabinett sitzt.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das war der Radtke, ne?

Philip BansePhilip Banse

Dennis Radtke. Das ist so ein bisschen dieser Kulturkampf, der sich da zeigt und momentan, wenn man sich das Kabinett anguckt, sieht es so aus, als sei halt diese neue konservative Strömung durchaus in der Oberhand und die Strömungen, wie zum Beispiel die CDA und viele Kirchen sagen das ja auch, beklagen sich ja auch, sind da eben nicht repräsentiert.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Genau. Und das ist, was du gerade ansprichst, die Kirchen treten natürlich inhaltlich der Union in zentralen Politikfeldern entgegen. Also teilweise gibt es Überschneidungen, aber es gibt eben auch massive Differenzen zwischen den Kirchen und der Union. Beispielsweise im Feld Migrationspolitik und Julia Klöckner, neue Bundestagspräsidentin, die wiederum hat die Kirche angepfiffen, nach dem Motto, haltet euch mal bitte aus der Migrationspolitik raus, kümmert euch um Beerdigungen.

Ja, das war jetzt etwas zugespitzt die These.

Philip BansePhilip Banse

Das hat sie so nicht gesagt, aber sie hat irgendwie sinngemäß gesagt, haltet euch mal ein bisschen aus dieser politischen Debatte raus.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Genau, kümmert euch um die grundsätzlichen Dinge des Lebens. Irgendso sinngemäß war die Formulierung, gemeint waren Beerdigungen, Trauungen und so. Aber jetzt mal meine Zuspitzung, nervt nicht rum mit eurem Christentum. Ja, und das finde ich schon hardcore, wenn eine führende CDU-Vertreterin genervt ist von christlichen Werten.

Sönke Schleich

Also ich war vorgestern um 12.33 Uhr gerade in einer Videokonferenz. Plötzlich ging um mich herum das Licht aus. Der Rechner lief weiter. Ich bin dann umgestiegen auf mobile Daten und konnte die Konferenz weiterführen. Das ging noch 15 Minuten gut. Und dann war nicht nur das Licht aus, sondern es brachen auch alle Kommunikationen zusammen. Das war im Grunde das Unheimliche an dem Tag, dass man überhaupt nicht mehr kommunizieren konnte.

Nina Zimmermann

Merkwürdig war, dass nicht nur der Strom im Büro nicht ging, sondern auch mein Telefon nicht mehr ging. Also ich konnte keine Anrufe mehr machen, ich konnte kein Nachrichten mehr, ich hatte kein mobiles Internet und ich konnte auch nicht telefonieren über meine SIM-Card.

Philip BansePhilip Banse

Sönke Schleich war das und Nina Zimmermann. Die saßen beide am Montagmittag in ihren jeweiligen Büros, völlig unabhängig voneinander, einer in Madrid. Nina Zimmerman in Valencia. Zu dem Zeitpunkt saßen sie dort als in ganz Spanien, Portugal und in Teilen Frankreichs der Strom ausging.

Nina Zimmermann

Ich persönlich fand es nicht unheimlich, in dem Moment, ich habe dann erst mal Mittag gegessen. Ich konnte mir mein Mittagessen nicht zubereiten, weil der Strom weg war, also habe ich den Joghurt aufgegessen, den es im Kühlschrank noch gab und dachte okay, ich warte jetzt einfach, weil meistens ist ja nach 10 Minuten wieder gut.

Sönke Schleich

Also einen kleinen kurzen Stromausfall hatten wir schon mal, das kennt man. Aber wenn dann so eine halbe Stunde rum ist, wenn die Kollegen langsam anfangen, auch sich zu fragen, wie sie nach Hause kommen sollen. Und wenn dann die Kommunikation mit der Familie nicht funktioniert und du nichts weißt von der Schule bei kleinen Kindern, dann kommt eine

Besorgnis. Dann wechselt also dieses Interesse, was ist da draußen los, wird dann doch schon mal zur Frage, wie lange geht das noch und wie können wir bestimmte Fragen jetzt lösen, ohne dass wir kommunizieren können? Als es dann abends dunkel wurde, da war schon auch die Frage, wie geht es jetzt hier draußen weiter? Es war stockduster, große Stadt, auch viel Unsicherheit. Eine persönliche Angst kommt da schon auf, ja, das kann ich sagen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Obwohl die Menschen sich tagsüber überraschend sozial verhalten hätten, berichtet Sönke Schleich.

Sönke Schleich

Also ich bin dann gegen zwei mal rausgegangen und hab geguckt, ob da Chaos ist oder was los ist. Und ich hab die Menschen alle sehr, sehr zivilisiert vorgefunden. Also mein Büro ist mitten in der City, wo es also morgens und nachmittags zum großen Stau kommt. Es war erstaunlich gesittet. Die Menschen liefen herum. Man sah viele, die offensichtlich dort in Horden quasi den ausfallenden öffentlichen Nahverkehr dann abgelaufen sind und versuchten, nach Hause zu kommen.

Der Verkehr lief, was mich erstaunt hat, war, wie zivilisiert die Autos gehalten haben an Ampeln, um Fußgänger rüberzulassen. Also es war insgesamt ein Bild, Geschäfte geschlossen, von Ruhe und zivilisierten Verhalt, muss ich ehrlich sagen. Also das hat mich überrascht. Ich hätte mehr Chaos erwartet.

Philip BansePhilip Banse

Bei Nina Zimmermann sah das ein bisschen anders aus. Sie hat dann beschlossen, zu einer Freundin zu fahren, wo sie ohnehin übernachten wollte. Die lebte ein bisschen so am Rand von Valencia, ein bisschen außerhalb von Valencia. Die U-Bahn fuhr natürlich nicht, weil eben der Strom ausgefallen war. Und Taxis waren demnach sehr, sehr nachgefragt.

Nina Zimmermann

Eine Oma hat ein Taxi angehalten, wollte einsteigen, es kam ein junger Mann, hat sich zur Seite geschubst und hat sich einfach ins Taxi gesetzt. Menschen haben dann versucht, dieses Taxi zu stoppen, aus Protest. Der Taxifahrer hat, glaube ich, Angst bekommen und ist einfach losgefahren. Wir sind auch an einem Supermarkt vorbeigekommen, wo Leute rausgerannt sind mit Sachen.

Ich habe gesehen, wie Leute angefangen haben, im Kiosk auf der Straße einfach Sachen zu nehmen und wegzurennen, ohne zu bezahlen. Also wo man dachte, okay, da passieren plötzlich Übersprungshandlungen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Nina Zimmermann machte sich dann also zu Fuß auf den Weg, hatte auf dem Handy so eine Offline-Karte, eine schlichte Straßenkarte, die auch ohne Netz funktioniert, die aber eben nicht den eigenen Standort oder gar Routen anzeigt. Das ist also ganz interessant, dass Smartphones theoretisch ja GPS haben, aber in der Praxis ohne Internet häufig dann doch keine Position finden, Stichwort Assisted

GPS. Und eine 20-Jährige, die wollte dann in dieselbe Richtung und Nina, die ein Tick älter ist, zeigte ihr die Straßenkarte.

Nina Zimmermann

Die konnte die nicht lesen. Also das war eine interessante Beobachtung, die hat mich angeguckt, wie ein Auto als ich sagte, ich habe doch eine Straßenkarte, und dann war sie so, aber wo sind denn wir? Und ich so, naja, wie heißt denn das hier? Guck mal, wir sind da. Da gibt es natürlich keinen Pfeil, da war kein Weg oder keine Linie, der sie hinterherlaufen konnte. Das war sehr interessant, eine interessante Beobachtetung.

Philip BansePhilip Banse

Nina Zimmermann gibt dann Lage-Hörenden drei Tipps für so einen Katastrophenfall mit auf den Weg, also A) analoge Karten lesen können, immer ein gutes Skill, B) Bargeld ein bisschen dabei haben, den Kartenzahlung klar, funktioniert beim Stromausfall eher nicht und dritter Tipp, Batterie- oder Kurbelradio dabei haben und davon hat auch Sönke Schleich am Ende profitiert.

Sönke Schleich

Wir haben dann ein kleines Batterieradio bei der Nachbarin geliehen, um uns auf dem Laufenden zu halten und saßen bei Kerzenschein und harrten der Dinge, die da kommen. Dann hieß es irgendwann so, der Strom kommt wieder auch im Madridumland sei wieder da und dann war klar, dass wir also vor Mitternacht wohl auch wieder Strom bekommen würden.

Philip BansePhilip Banse

Ja, das sind so ein paar Einblicke. Es gab natürlich auch wirklich noch ganz andere Situationen, also Leute sind in Fahrstühlen festgesteckt, saßen stundenlang in Zügen, in Krankenhäusern hatten die dann natürlich Generatoren, aber es gab wohl auch Fälle, wo dann es irgendwie Probleme mit den Beatmungen gab und so, ne. Also so ein Stromausfall, zumal landesweit und über viele, viele Stunden passiert sehr selten und ist sehr, sehr unangenehm.

Dementsprechend hat zum Beispiel das deutsche Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe auch schon vor längerer Zeit eine Checkliste für so einen Katastrophefall ins Netz gestellt. Wir haben das mal verlinkt.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das lohnt sich wirklich, sich das mal anzugucken, denn das sind Tipps, die man sehr häufig ganz einfach umsetzen kann und das ist einfach besser, da mal jetzt eine halbe Stunde zu investieren, sich zu überlegen, bin ich denn gut geschützt, als dass man dann hinterher einfach im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Trockenen sitzt, weil man zum Beispiel nicht genügend Wasser in der Wohnung hat und kein Wasserdruck mehr auf der

Leitung ist. Ja, Philip, mittlerweile läuft der Strom in Spanien ja wieder. Aber ein solcher landesweiter, sehr lang andauernder Stromausfall, der wirft natürlich Fragen auf. Wie kann so was passieren? Ist das auch in Deutschland möglich? Und diese, sag ich jetzt mal, These wurde auch schnell aufgestellt, sind die erneuerbaren Energien schuld an dem Drama?

Philip BansePhilip Banse

Ja, also wie gesagt, die genaue Ursache des Stromausfalls ist bis heute unklar, aber um zu verstehen, was bisher bekannt ist und was da vielleicht passiert sein könnte, muss man erstmal so ein bisschen verstehen, wie so ein Stromnetz in so einem Land funktioniert.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Stromnetze bestehen natürlich aus Leitungen. Kennt ihr alle. Überlandleitungen, aber auch Leitungen in der Erde in die Häuser hinein. Dann gibt es Erzeuger, also irgendwelche Gerätschaften, die Strom produzieren. Das kann Photovoltaik sein, das kann Windkraft sein, das kann Gaskraftwerk sein, das kann auch nochmal ein Kohlekraftwerk oder Atomkraftwerk oder so. Gibt es in Deutschland jetzt nicht mehr,

aber gut. Und dann gibt es natürlich die Stromverbraucher, also Industrie, Privathaushalte, Bahnen und so weiter. Das sind so die Player in so einem ganzen Stromsystem. Und das Besondere an einem Stromnetz ist, zu jedem Zeitpunkt müssen sich Erzeugung und Verbrauch von Strom die Waage halten.

Philip BansePhilip Banse

Es muss immer genau so viel Strom erzeugt und eingespeist werden, wie gerade verbraucht wird. Und wenn das so ist, dann ist die sogenannte Frequenz des Stroms in diesem Netz bei 50 Hertz. Das heißt, 50 Schwingungen pro Sekunde. Und das gilt im europäischen Stromverbundnetz von Lissabon bis Kiew, von Haparanda, oben am Ende der Ostsee, bis nach Istanbul. 50 Hertz. Das ist die Frequenz in einem ausgeglichenen Stromnetz.

Wird jetzt mehr produziert als verbraucht wird, steigt diese Frequenz auf ein bisschen über 50, jetzt nicht gleich 53, aber 50, quietsch. Wird mehr verbraucht als produziert wird, sinkt diese Netzfrequenz etwas unter 50 Hertz.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Diese Balance zu halten, also die Frequenz bei 50 Hertz, das ist eine der großen Aufgaben von Netzbetreibern. Sie haben dazu diverse Werkzeuge. Wir haben uns das mal von einem Energieexperten erklären lassen, auch mal ganz genau. Wenn es da also Abweichungen gibt, die Frequenz über oder unter 50 Hertz läuft, dann gibt es im Grunde vier Stufen der Reaktion. Die erste, ist die sogenannte Momentan-Reserve. Das sind quasi klassische Generatoren. Muss man sich wie riesengroße Dynamos.

Wo aber so ein drehendes Teil schnell mal 500 Tonnen wiegen kann und da ist einfach eine ganze Menge Energie im Schwung dieser 500 Tonnen Rotoren gespeichert und wenn es da so leichte Abweichungen gibt, dann bieten diese Generatoren, bietet diese große bewegte Masse einfach einen gewissen Puffer.

Philip BansePhilip Banse

Ich finde einfach die Vorstellung ganz interessant, dass in ganz Europa Generatoren die Strom, elektrische Energie für das Stromnetz produzieren, immer mit 50 Hertz laufen. Die drehen sich mit 50 Umdrehungen pro Sekunde. Wenn jetzt die Frequenz in diesem Netz sinkt, dann drehen sich im Prinzip die Generaturen auch langsamer, aber eben nicht sofort weil sie so schwer sind, wie

du gesagt hast. Die Masse dreht sich einfach weiter und so können die also diese Frequenzschwankungen erst mal so ein bisschen ausbügeln, wegpuffern, weil die eben nicht sofort bei 49 Hertz sind, sondern die drehen sich dann ein bisschen runter, bügeln das aber weg und genauso auch andersrum. Insofern sind diese traditionellen Generatoren eben so ein gewisser Puffer, um diese Frequenz in dem Netz stabil zu halten.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und dann gibt es auch drei weitere Stufen, die wollen wir jetzt noch ein bisschen zusammenfassen. Primärregelung, Sekundärregelung, Tertiärregelungen. Primärregelung, das sind dezentral über ganz Europa verteilte Gerätschaften, ca. 3 Gigawatt Leistung insgesamt. Die messen dezentral, wie steht's denn so um diese Frequenz? Reagieren, können Leistung erhöhen oder runterfahren, das läuft noch völlig automatisch.

Ebenfalls automatisch diese Sekundärregelung, die misst so ein bisschen weiträumiger schon in welcher Regelzone, also zum Beispiel bei welchem Übertragungsnetzbetreiber, wie auch immer die dann so heißen mögen, liegt die Ursache für das Ungleichgewicht? Und dann werden eben gezielt in dieser Regelzone sogenannte Regelkraftwerke hoch oder runtergefahren. Und wenn es ein bisschen länger dauert, Philip, dann kickt diese Tertiärregelung.

Philip BansePhilip Banse

Ja, und das ist eben dann ein manueller Betrieb. Also da wird halt manuell eingegriffen und dann wird halt Leistung hochgefahren. Ja, falls zu wenig Strom produziert wird, falls die Nachfrage auf einmal höher ist als erwartet, dann werden halt Kraftwerke hochgefahren. Wenn die Abnahme und der Verbrauch ein bisschen geringer ist, dann werden halt die Kraftwerke auch runtergefahren, in der Regel kommen dann aber auch so Wasserspeicher zum

Einsatz. Also wenn du irgendwie zu viel Strom im Netz hast, die Frequenz zu hoch ist, dann kannst du diesen Strom nehmen, um eben Wasser aus dem Berg in ein Becken zu pumpen. Und wenn du dann irgendwie Strom brauchst, weil der Verbrauch ein bisschen höher ist, dann kannst du dieses Wasser wieder ablassen. Die treiben dann Turbinen an und speisen so elektrische Energie ins

Netz ein. Man kann auch Batterien laden, aber das sind alles so Werkzeuge und Tools, die halt dann in so einer dritten Stufe zur Verfügung stehen, um diese Balance wieder herzustellen. Zwischen Stromproduktion und Stromabnahme.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und dann haben wir gesagt, traditionelle Kraftwerke helfen, um das abzupuffern. Der Witz ist, PV und Wind haben bauartbedingt keine so großen, schweren, trägen sich drehenden Bauteile. Muss man sich vorstellen. Aus Photovoltaikanlagen kommt zunächst mal Gleichstrom und der wird dann über einen sogenannten Wechselrichter in Wechselstrom verwandelt mit 50 Hertz und ins Netz eingespeist. Bei Windkraft gibt es ähnliche Gerätschaften.

Die haben zwar oben in diesem Rotorhäuschen eigentlich einen Rotor, aber der ist auch nicht so direkt ans Netz gekoppelt, sodass da diese Trägheit sich nicht netzstabilisierend auswirkt und der Witz ist, die haben eben diese trägen Bauteile nicht. Das heißt, so by default wirken die sich nicht so netzstabilisierend aus wie die großen Generatoren zum beispiel eines Gaskraftwerks oder auch eines Atomkraftwerkes und man kann das alles in Software nachbauen, aber man muss es halt auch tun.

Man muss das auf dem Zettel haben, dass PV und Windkraft eben diese Stabilisierungswirkung in diesem Mikrobereich by default nicht haben. Man muss das halt ganz bewusst so planen, dass sie das doch haben. Und da, sagen wir mal, ist teilweise noch ein weiter Weg zu gehen.

Philip BansePhilip Banse

Das Ding ist jetzt, zusammenfassend, dieses Stromnetz muss in der Balance sein. Wenn es nicht in der Balance ist, dann geht halt die Frequenz etwas über 50 Hertz oder unter 50 Hertz und wenn das passiert, treten erstmal, und zwar innerhalb von Sekunden, bestimmte Automatismen in Kraft, fahren Sachen runter, fahren Sachen hoch, um diese Balance wieder herzustellen. Und dieser Automatismus, das ist genau das, was in Spanien passiert zu sein scheint.

Warum diese Automatismen gegriffen haben, warum die Frequenz mal runter ging oder hoch ging, das wissen wir nicht genau. Aber dieser Automatismus ist wohl abgelaufen und Christoph Maurer, Experte bei der energiewirtschaftlichen Energieberatung Consentec, der hat uns mal erklärt, was bisher an Ursachen bekannt ist.

Christoph Maurer

Wir wissen noch nichts Definitives über die Ursache. Der spanische Übertragungsnetzbetreiber hat bekannt gegeben, dass es offensichtlich ein im weitesten Sinne Stabilitätsproblem im Netz gab, wo sie in sehr kurzer Zeit sehr große Mengen an Erzeugungsleistungen, das ist von 15 Gigawatt die Rede, verloren haben.

Und in der weiteren Folge ist es dann zu Ausgleichsvorgängen und bei diesen Ausgreichsvogängen auch zu einer Abtrennung des spanischen Netzes vom Rest des europäischen Verbundnetzes gekommen.

Spanien ist dann eine Teilinsel gewesen, ein Teilsystem gewesen und ein solches Teilssystem ist sehr viel schwieriger stabil zu halten, als das gesamteuropäisches System und zusammen mit den Problemen, die dann ohnehin schon in Spanien bestanden, konnte dieses System nicht mehr stabil betrieben werden und ist dann offensichtlich in ein Blackout gefallen.

Philip BansePhilip Banse

Im Einzelnen heißt das, am Montag um 12:04 und einmal zwischen 12:20 und 12:22 gab es im spanischen Netz starke Frequenzschwankungen. Da gingen die Frequenzen halt hin und her und dann gab es innerhalb weniger Sekunden, so um 12:33, im Netz Ereignisse. Zwei Ereignisse, sagt der spanische Netzbetreiber. Das erste Ereignis konnte abgefedert werden, das zweite

nicht mehr. Und kurz vor oder nach diesen Ereignissen sind in Südwestspanien eben 15 Gigawatt an erneuerbaren Energieerzeugern einfach vom Netz gegangen. Wind, aber auch vor allem PV. Die sind einfach abgeschaltet worden, wahrscheinlich im Rahmen so eines Automatismus. 15 Gigawatt sind da einfach vom Netz genommen und standen nicht mehr zur Verfügung.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und das ist jetzt nicht irgendwas. 15 Gigawatt sind enorm viel. Das ist so grob die Leistung von elf Atomkraftwerken und vor allem 60 Prozent des spanischen Stromverbrauchs zu dem Zeitpunkt. Das heißt also, mehr als die Hälfte des Stromverbauchs war innerhalb von Sekunden oder vielleicht sogar innerhalb von einer Sekunde nicht mehr gedeckt. Und das hält einfach kein Stromnetz aus. Die Frage ist jetzt nur, ob dieser Wegfall Folge oder Ursache dieser Frequenzschwankungen war.

Klar ist aber, 15 Gigawatt sind weggebrochen. Und das hält kein Netz aus. Also Herr Maurer sagt, das europäische Stromnetz kann so 3 Gigawatt Ausfall kurzfristig verkraften, aber nicht 15 Gigawatts, 3 Gigawatt sind ja schon knapp drei Kraftwerke, die sich innerhalb von Sekunden verabschieden. Und Folge war viel zu wenig Strom im Netz, um die Nachfrage in Spanien zu bedienen. Und um 12:33 Uhr brach dann die Frequenz sogar im Rest der EU kurzfristig ein.

Warum? Spanier hatte halt in den Rest Europas exportiert sogar, so viel Strom hatten die im Netz und dieser Strom fehlte.

Philip BansePhilip Banse

Und dann fehlte halt da auch Strom, der nach Europa kommt. Deswegen fiel da kurz mal die Frequenz runter, konnte abgepuffert werden. Aber so war halt dieser Wegfall des spanischen Netzes auch in ganz Europa spürbar. Was genau nun der Auslöser für diese Frequenzschwankungen und die anschließende wahrscheinliche Abschaltung von 15 Gigawatt war, das ist unklar. Da gibt es natürlich jetzt jede Menge Spekulationen. Red, also dieser spanische Transportnetzbetreiber, sagt Cyberangriff.

War natürlich für viele der erste Gedanke, Cyberangriff schließen wir aus, können wir ausschließen, spanische Justiz ermittelt natürlich trotzdem, untersucht, hat da möglicherweise Putin irgendwie dann rumgefummelt, um unser Stromnetz zu stören. Da gab es irgendwie Überlegungen, kann es atmosphärische Ursachen geben? Kann's atmosphäre Phänomene geben, die halt zu diesen Frequenzschwankungen geführt haben, also plötzlicher Temperaturabfall, einen Sonnensturm, irgendwas?

Maybe, wird untersucht aber momentan spricht nicht viel dafür. Menschliches Versagen ist natürlich auch immer eine Frage. War es ein technischer Defekt einfach? Auch das ist möglich.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das ist, ehrlich gesagt, eigentlich die plausible Hypothese. Also der Energiemarktexperte Professor Lion Hirt, den wir ja auch in der Lage schon häufig hatten, der zitiert eine Hypothese. Er sagt nämlich: Wechselrichter von Windkraft- und PV-Anlagen könnten falsch programmiert gewesen sein, nämlich so, dass sie sich bei einer bestimmten zu hohen Netzfrequenz einfach vom Netz nehmen. Im Ansatz ist das total richtig.

Zu hohe Frequenz bedeutet ja zu viel Strom im Netz, also PV abschalten, Wind abschalten. Aber, wenn das bei tausenden Anlagen gleich programmiert ist und die sich alle zur gleichen Zeit vom Netz nehmen, dann ist das natürlich nicht gut. Man will erstmal nur ein paar abschalten, dann schauen ob nun die Balance zwischen Stromverbrauch und Stromproduktion wieder hergestellt ist, aber man will nicht tausende von Anlagen auf einmal abschalten.

Deswegen, so erklärt Leon Hirth, sei in Deutschland die Programmierung der Wechselrichter vor einigen Jahren geändert worden. Hier gibt es nicht mehr die eine Schwelle von 50,x Hertz, wo sich ganz viele Anlagen zu gleich abschalten, sondern hier sagt, da gibt es so einen Beregelungsbereich, in dem sich zufallsgesteuert Anlagen früher oder später abschalten. Und ich persönlich, ohne Experte zu sein, finde die Erklärung mit diesen Wechselrichtern außerordentlich plausibel.

Denn diese Schwelle von zum Beispiel 50,2 Hertz würde erklären, warum gerade PV und Wind weggebrochen ist und vor allem, warum enorm viele Anlagen zur selben Zeit vom Netz gegangen sind. Wenn man sich das vorstellt, die messen die Frequenz, diese Schwelle wird erreicht und zack sagen halt 10.000 Wechselrichter parallel so, ich bin dann mal raus. Und das würde diesen Effekt erklären, man muss aber fairerweise sagen, das ist Spekulation, das ist nicht bewiesen, es spricht nur was dafür, weil es so

plausibel ist. Aber es kann auch ganz anders gewesen sein.

Philip BansePhilip Banse

Also die Experten sagen, diese ganzen Vorgänge in diesen ganzen Netzen werden sehr, sehr genau protokolliert und mitgeschrieben und das wird jetzt analysiert. Das dauert sicherlich noch ein, zwei Wochen, bis man da genau weiß, was da passiert ist. Aber eine Frage drängt sich natürlich trotzdem auf, welche Rolle spielen bei diesem Blackout, bei diesem riesigen Stromausfall in Spanien, eigentlich die erneuerbaren Energien? In Spanien sind so plusminus 60 Prozent Ökostrom im Netz.

Das ist plusminus vergleichbar mit Deutschland und wir haben das auch Christoph Maurer gefragt, also welche Rolle spielen die erneuerbaren Energien, ist wie gesagt ein anerkannter Experte bei der Beratung Consentec und Christoph Maurer sagt:

Christoph Maurer

Erneuerbare haben vermutlich eine Rolle gespielt, das ist auch wahrscheinlich, weil einfach der größte Anteil der Erzeugungsleistung, die in diesem System in Betrieb war, zum Zeitpunkt des Blackouts, erneuerbar war. Das heißt aber nicht, dass erneuerbare Energien zwangsläufig ein Risiko für die Versorgungssicherheit sind. Es gibt durchaus begründete Forschung, wie man ein System auch mit sehr hohen Anteilen erneurbarer Energien sicher betreiben kann.

Wir müssen uns aber gegebenenfalls anschauen, ob zum Beispiel die Anbindungskonzepte, die Wechselrichter, mit denen die Anlagen an das Netz angebunden sind, hier eine Rolle bei dem Entstehen der Störung und dem weiteren Verlauf der Störungen gespielt haben.

Philip BansePhilip Banse

Er sagt, erneuerbare Systeme sind also nicht zwangsläufig unsicher, aber weil sich eben das System schon fundamental ändert, braucht es eben auch vielleicht neue Konzepte, um die Versorgungssicherheit weiterhin sicherzustellen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und man muss vor allem die Wechselrichter schlau programmieren, die dürfen sich halt nicht alle zur selben Zeit bei derselben Frequenz abscheiden, sondern da braucht man so einen Graubereich, wo dann langsam aber sicher immer mehr Anlagen vom Netz gehen, damit man nicht so einen harten Cut hat. Frage natürlich, könnte eine solche Panne auch in Deutschland passieren? Antwort, im Prinzip ja. Es gibt keine 100% Versorgungssicherheit, sagt Experte Maurer, aber:

Christoph Maurer

Ich würde sagen, es ist zumindest bedeutend unwahrscheinlicher, dass das in Deutschland passiert. Das liegt schlichtweg daran, dass Deutschland eine sehr zentrale geografische Lage im europäischen Verbundsystem hat und sehr viel stärker und in sehr viel mehr Richtungen an das restliche Verbundsystem angebunden ist.

Damit ist das resilienter aufgestellt und die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Abtrennung vom Rest des Verbundes kommt und dann eine Insellage entsteht, die schwer beherrschbar ist, die ist in Deutschland einfach schlicht weg geringer als bei einer Halbinsel, wie das in Spanien der

Fall ist. Trotzdem sollten wir uns sehr genau anschauen, was da in Spanien passiert ist, weil Stabilitätsprobleme im Netz tatsächlich auch in Zentraleuropa eine stärkere Rolle spielen könnten in der Zukunft, als das in der Vergangenheit der Fall war. Und man kann nicht definitiv ausschließen, dass es auch in Deutschland einmal zu einem größeren Netzproblem kommt. Aber die Wahrscheinlichkeit ist sicherlich geringer, als das hier in Spanien der Fall war.

Philip BansePhilip Banse

Was kann man jetzt hierzulande machen, um die Gefahr von so einem Blackout weiter zu verringern? Mehr Netze bauen ist sicherlich eine Strategie. Also je mehr Kabel man hat, desto mehr Ausweichrouten hat eben der Strom falls mal ein Kabel ausfällt. Die europäische Vernetzung ausbauen. Fachleute sagen, das europäisch Verbundnetz wirkt enorm stabilisierend. Das hat ja Christoph Maurer eben auch angedeutet.

Die große Schwäche des spanischen Netzes war wohl schon immer, dass es halt eben über relativ wenig Leitungen ans europäische Stromnetz angebunden ist, wegen der Pyrenäen eben nur es ein paar Leitungen nach Frankreich gibt, das war eben dann auch schnell abgekapselt. Und dann natürlich diese viel zitierten, oft zitierten auch von uns zitierten Flexibilitäten

ausbauen. Also mehr Speicher, mehr Puffer ins Netz machen, wo man eben Strom mal hinspeichern kann oder wo man auch schnell mal Strom hernehmen kann, falls es mal irgendwo eng wird.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und, wir haben es eben mehrfach gesagt, diese Automatismen sinnvoll programmieren. Was man auf keinen Fall will, ist, dass sehr viel Leistung automatisch bei irgendwelchen Schwellen vom Netz geht, sondern du willst das immer so programmieren, dass das graduell passiert und nicht es den einen Big Bang gibt, der dann wie mutmaßlich jetzt in Spanien das Netz killt.

Philip BansePhilip Banse

Diese Woche geht die elektronische Patientenakte für alle gesetzlich Versicherten an den Start. Alle gesetzlich Versicherten sind im Prinzip dabei. 73 Millionen Menschen. Wer nicht widersprochen hat, hat Stand heute eine elektronische Patientenakte eingerichtet bekommen. Das heißt, sie wurde eben auf Servern der jeweiligen Krankenkasse eingerichtet. Den Zugang zur eigenen Akte, das ist nochmal eine andere Frage, aber sie liegt jetzt erstmal da für euch.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und was heißt das, dass es diese Akte gibt, wenn man nicht widersprochen hat? Das bedeutet, dass Ärzt:innen, Krankenhäuser, Apotheker und so weiter sie mit Informationen befüllen können. Ab dem 1.10.2025 müssen sie das. Das heißt, es gibt noch so ein knappes halbes Jahr Übergangszeit. Da können die sich quasi daran gewöhnen. Ab dem Oktober müssen sie dann und ab 2026 sollen sogar Sanktionen greifen, also sollen Ärztin, Apotheker und so bestraft werden, wenn sie die Akte nicht

befüllen. Das heißt, es gibt dann im Prinzip so eine Art Dokumentationspflicht.

Philip BansePhilip Banse

Und wir greifen das hier nochmal auf, weil die Idee und das Prinzip dieser elektronischen Patientenakte nach wie vor wirklich überzeugend und charmant ist. Viele Experten fordern diese elektronische Patientenakte, die gilt eben als wichtiger Schritt zur Digitalisierung des bisher noch sehr analogen deutschen Gesundheitssystems. Und die Idee ist halt, dass alle medizinischen Daten eines Patienten an einem Platz liegen. Patienten selber können Bilder und PDFs hochladen.

Habe ich auch schon gemacht. Da kam irgendwie so ein Laborbefund als PDF oder ausgedruckt, habe ich gescannt und zack, in die EPA hochgeladen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Kannst du selber machen?

Philip BansePhilip Banse

Ja!

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ach ja, ist ja cool. Ich hab nämlich in den letzten Jahren eigentlich so, wie du sagst, Befunde, keine Ahnung, Blutbild und so, hab ich immer eingescannt, liegt in meiner privaten Cloud, kann ich alles hochladen?

Philip BansePhilip Banse

Kannst du selber hochladen. Geht jetzt schon, habe ich gemacht. Ärzte und Ärztinnen können natürlich aber auch Sachen hochladen wie zum Beispiel so einen elektronischen Arztbrief oder ein Medikationsplan, wann welche Medikamente eingenommen werden oder eben Befunde.

So können die da alles hinterlegen und das fand ich auch ganz interessant, das hat heise.de geschrieben, das ist mir bisher immer komplett durch die Lappen gegangen und finde ich sehr interessant, dass Krankenkassen die Abrechnungsdaten in diese Patientenakte hochladen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Der Witz ist ja, in der gesetzlichen Krankenversicherung gilt in Deutschland das sogenannte Sachleistungsprinzip. Das heißt, du als Patient bekommst Leistungen von Ärzten oder Apotheken, du kriegst aber nie eine Rechnung. Sondern Arzt und Apotheke, Krankenhaus rechnen das direkt mit der Kasse ab. Und was da berechnet wird, das ist für die Patienten im Zweifel überhaupt nicht transparent. Du erfährst das gar nicht. Und das soll sich

hier ändern. Die Krankenkassen sollen auch das, was sie quasi den Krankenhäusern und so weiter berechnen, den ganzen medizinischen Dienstleistern, das sollen die in diese Akte einstellen, dann kannst du halt mal gucken, was hat denn meine Kasse berechnet, als ich da eigentlich ja nur wegen einer Impfung beim Arzt war, warum eigentlich 500 Euro?

Philip BansePhilip Banse

Diesen einen Punkt kannst du auch separat widersprechen. Also du kannst widersprechen. Nein, ich will die Daten da nicht reinhaben. Ich würde das sofort machen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Willst du widersprechen oder willst du das haben wollen?

Philip BansePhilip Banse

Nein, das würde ich auf jeden Fall haben wollen, um zu sehen, was rechnen da die Ärzte eigentlich ab. So, mit der Zeit sollen halt jetzt über die Jahre noch weitere Funktionen hinzukommen, Röntgenbilder etc. pp. Und das Ziel ist natürlich ganz klar, Doppelbehandlungen sollen verhindert werden, Fehlbehandlungen sollen verhindert werden. Es soll einfach viel klarer allen Beteiligten sein, was kriegt denn die Person für Medikamente? Was hat die früher schon mal gehabt?

Welche Diagnosen gab es da und so weiter und so fort? Das soll halt schnell einsehbar sein. Ärzte, Ärztinnen sollen halt Zugang zu dieser Patientenakte bekommen über deine Krankenkassenkarte. Gehst in die Praxis, scanst die ein, dann haben die halt auf ihrem Computer idealerweise Einsicht in diese Daten, die da in deinem Patienten-Safe liegen.

Patienten, Patientinnen, sagen wir mal so, der praktischste Zugang wird sicherlich über die Krankenkassen-App sein, auf einem Smartphone und da kann man dann auch, so habe ich auch ausprobiert, so einzelne Sachen einstellen. Da siehst du dann so einzelnen Dokumente und du kannst für jedes Dokument sagen, das soll jetzt für alle sichtbar sein, die hier Zugriff auf meine Patientenakte haben oder das soll für niemanden sichtbar sein.

Du kannst bestimmten Ärzten auch den Zugriff zu deiner Patientenakte komplett verwehren. Das ist momentan so das Level an Zugriffsmanagement, was du da aktuell hast.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Die gute Nachricht dabei ist, viele Apps für die EPA nutzen inzwischen auch den elektronischen Personalausweis. Denn, wie das so ist, wenn man sich bei so einer App anmelden will, dann droht ja ohne Ende Frickelei.

Philip BansePhilip Banse

Also, die Techniker Krankenkasse hat das in meinen Augen komplett versemmelt. Also wirklich, die haben eine Krankenkassen-App, dann haben sie noch eine zweite Identifikations-App. Bis ich mich bei beiden authentifiziert anmeldete, Pin und dann noch mal hier eine Kassenkarte. Und dann habe ich noch einen Sohn und den wollte ich auch noch dazu. Also mittlerweile habe ich es so halbwegs, aber da sind Monate ins Land gegangen, weil die mir mehrmals irgendwelche Briefe schicken mussten

und so. Und selbst jetzt, wo das alles angemeldet und authentifiziert ist, wenn ich die TK-App öffne und sage, bitte hier ja Patientenakte öffnen, dann werde ich erst mal wieder in diese Identifikations-App geworfen. Da muss ich dann einmal Face ID machen. Dann komme ich wieder zurück, dann muss ich nochmal Face ID Und dann reden die beiden miteinander. Bis ich da in diese Patientenakte blicke, vergehen, ich hab's jetzt nicht genau gemessen, aber sicher 30-40 Sekunden, das ist einfach nicht

akzeptabel. Dann scheitert das manchmal. Gibt's einen Fehler, dann kannst du's nochmal machen. Horror.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, also da muss man ganz ehrlich sagen, so funktioniert es nicht. Und der Witz dabei ist, es ist einfach komplett überflüssig. Wir haben in diesem Land einen elektronischen Personalausweis und es gibt einfach überhaupt keinen Grund, wieso man sich nicht einfach in seiner Krankenkassen-Akten-App, sag ich mal, mit dem elektronischem Personalausweis anmeldet. Die Daten sind ja eindeutig. Fertig, aus. Dann wäre das alles nicht mehr

nötig. Und da muss ich ganz ehrlich sagen, habe ich zunehmend wenig Verständnis für so ein PIN-TAN-Identifikations-App-Horror, wie du ihn beschreibst.

Philip BansePhilip Banse

Ich hab mich ja auch mit dem elektronischen Personalausweis dort authentifiziert.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, wieso gibt's denn überhaupt zwei Apps?

Philip BansePhilip Banse

Das reicht halt nicht. Wie gesagt, Horror, das müsst ihr einfach mal wegwerfen und neu machen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das gilt übrigens, kleine Fußnote, das gilt übrigens genauso für die Sparkasse. Also ich bin in letzter Zeit leider immer mal wieder bei der Berliner Sparkasse rausgeflogen. Offensichtlich irgendein Honk hat meinen Nutzernamen rausgefunden und meldet sich jetzt immer mit einer falschen Pin an. Sehr unangenehm, weil dann die Pin halt immer dreimal falsch eingegeben ist. Du kannst sie nicht verwenden, dann musst du sie zurücksetzen. So, also habe ich der Sparkasse gesagt, bitte Leute.

Ich brauche neue Zugangsdaten. Schicken die mir neue Zugangstaten. Was ist in dem Brief drin? Dreimal darfst du raten.

Philip BansePhilip Banse

Eine Pin.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Eine Pin für den alten kaputten Zugang. Ich habe wirklich in die Tischkante gebissen und für diese Pin haben sie schon zwölf Tage gebraucht. Auch das ist alles komplett überflüssig. Warum kann ich mich nicht in meinem elektronischen Personalausweis da anmelden? Das ist die Botschaft, die wir an dieser Stelle nochmal senden wollen. An alle Firmen, die auf die Idee kommen, sowas wie eine Identifizierung in der App anzubieten. Fangt nicht an mit euren eigenen Frickelsystemen.

Schickt keine Pins und Tans durchs Land. Elektronischen Personalausweis, eID anbinden, dann ist das Thema durch.

Philip BansePhilip Banse

Also es gibt ja, wie gesagt, viele, viele Krankenkassen, die machen alle sehr unterschiedlich, aber wenn man es denn dann schafft, sich da anzumelden, dann könnt ihr jetzt alle, so ihr nicht widersprochen habt, fünf Prozent, glaube ich, der Nutzer Nutzerinnen haben ja irgendwie widersprochen, könnt ihr da mal reingucken und ich würde an dieser Stelle auch sagen, macht das wirklich. Guckt da rein, geht zu euren Ärzten und sagt, bitte ich hätte das gerne da rein befüllt.

Einfach damit klar wird, es gibt eine Nachfrage, ja es funktioniert noch nicht alles, aber es muss gefixt werden. Die leute interessieren sich dafür. Die Leute wollen das und damit ihr selber auch mal rausfindet hat das jetzt für mich einen Mehrwert, ja oder nein? Ich persönlich kann sagen, bei mir hat schon ein paar mal geholfen, weil ich nicht wusste, was war denn hier die Diagnose, welches Medikament hatte ich denn

da? Das konnte ich dann rausfrickeln, der neuen Ärztin zeigen und dann wusste sie, ah, alles klar.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Es gab ja auch bei mir im Freundeskreis mal so eine Situation mit Antibiotika. Ihr wisst, es gibt Bakterien, die sind resistent. Dann war die Frage, welches Antibikum haben wir denn schon erfolglos ausprobiert? Aha, das funktioniert nicht, dann nehmen wir doch mal ein anderes, weil es ein anderer Arzt war. Solche Situationen sind großartig. Aber eins muss man natürlich auch immer sagen, so eine elektronische Patientenakte enthält heikle

Daten. Jetzt vielleicht nicht welches Antibiotikum haben Sie denn bekommen? Da ist ein Rezept drin für ein antivirales HIV-Medikament. Da kann man eine Menge Schlüsse ziehen. Da sind vielleicht Befundberichte einer Psychiaterin drin. Welche schwere Persönlichkeitsstörung hat jemand? Welchen psychiatrischen Befund? Also ich glaube, da kann sich jeder ausmalen, warum diese Daten wirklich nicht in die falschen Hände geraten dürfen.

Das hatte sich natürlich auch der Chaos Computer Club, kurz CCC, überlegt und hat Ende 2024 die elektronische Patientenakte im Probebetrieb getestet und, muss man ehrlich sagen, ziemlich haarsträubende Sicherheitslücken gefunden. Die haben dann die entsprechenden Hacker auch auf dem Kongress des Chaos Computer Club Ende Dezember letzten Jahres in einem Talk dokumentiert.

Unter anderem hatten sie da Zugriff auf verschiedene elektronische Patientenakten ohne Zustimmung der Betroffenen, auch ohne eine gültige Ärztekarte. Das klang alles nicht gut, musste natürlich gefixt werden. Philip, ist das denn jetzt sicher? Ist das jetzt gefixt worden?

Philip BansePhilip Banse

Also, Karl Lauterbach, der jetzt wirklich scheidende Gesundheitsminister, der das jetzt auf den letzten Metern noch über die Ziellinie geschoben hat, der sagte Mitte April dazu, die elektronische Patientenakte sei, Zitat, "extrem sicher, eine der sichersten, vielleicht die sicherste elektronischen Patientenakte weltweit". Aber, fragt man halt genauer nach, wird Lauterbach verdächtig spezifisch.

Er versicherte Mitte April, es seien inzwischen zusammen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt worden. Diese Maßnahmen verhinderten einen Massenangriff auf die elektronische Patientenakte. Es sei technisch nicht mehr möglich, dass man viele Daten von den Versicherten sieht. So fragt, man sich dann viele Daten sieht man nicht, aber einige dann schon?

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Genau, das ist genau das Problem. Genau das lässt das Statement von Lauterbach jedenfalls offen. Erfahrene Lage-Hörende wissen, so sieht ein überspezifisches Dementi aus. Ein Massenangriff geht nicht mehr, sagt Lauterbach. Aber ein kleiner Angriff? Und Hintergrund dieser Spitzfindigkeiten bei Karl Lauterbach dürfte sein die Sicherheitslücken, die der Chaos Computer Club gefunden hat oder Menschen aus dem Club, diese Lücken sind offenbar gerade nicht vollständig behoben worden.

Das behauptet jedenfalls der Chaos Computer Club. Einer der Sprecher, Linus Neumann, Podcaster bei Logbuch:Netzpolitik, sagte dem ZDF:

Linus Neumann

Einzig der massenhafte Zugriff auf Gesundheitsdaten wurde erschwert. Auch das mit nicht wirklich tauglichen Maßnahmen. Und der gezielte Zugriff auf die Daten von Einzelpersonen ist weiterhin ohne, dass man diese Karte präsentiert, möglich.

Philip BansePhilip Banse

Ebenso sehen das eben die beiden CCC-Leute, die im Dezember diese Lücken vorgestellt hatten, nämlich Bianca Kastl und Martin Tschirsich. Sie meinten zu den bisherigen Reparaturen auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP, die im vergangenen Jahr demonstrierten Sicherheitsmängel der elektronischen Patientenakte bestehen fort, sagen die beiden.

Die bisher angekündigten Updates seien grundsätzlich ungeeignet die aufgedeckten Mängel in der Sicherheitsarchitektur auszugleichen und die beiden haben diese nach wie vor offenbar bestehenden Probleme jetzt auch zwei Redakteuren des Spiegel vorgeführt und die beiden haben gesehen, ja der Angriff funktioniert im Prinzip.

Die Berichte in dem Artikel haben verlinkt, ja, das geht im Prinzip, aber es braucht durchaus ein Motiv, es braucht viel kriminelle Energie und es braucht technischen Sachverstand, dann geht das im Prinzip, aber sie schreiben:

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

"Das System der EPA ist nicht so schlecht geschützt, dass nun alle gesetzlich Versicherten davon ausgehen sollten, früher oder später Opfer eines Hacks zu werden. Ob jemand der elektronischen Patientenakte widerspricht, ist immer eine Frage der individuellen Abwägung der Vorteile in der Gesundheitsversorgung mit den Nachteilen, die im schlimmsten Fall durch eine Kompromittierung drohen

könnten." Mit anderen Worten, ich sage jetzt mal, für Otto-Normal-Patientinnen, die halt mal ein Schnupfen haben oder mal eine Grippe oder meintwegen auch mal ein pfeiffersches Drüsenfieber, kein Problem.

Philip BansePhilip Banse

Nimm mich. Ich habe diese Abwägung für mich getroffen. Ich hab diese Artikel gelesen. Ich weiß, technisch ist es möglich, an diese Patientenakten zu kommen, wenn man genug Energie hat, wenn man genug Wissen hat, wenn man an die Daten kommt. Da kommt man ran. Das geht im Prinzip. Ich habe mich aber dafür entschlossen, das A) natürlich journalistisch einmal auszuprobieren, aber eben auch B) für mich beschlossen, dass die Vorzüge diesen Gefahren eindeutig überwiegen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Würde ich, ehrlich gesagt, für mich persönlich ganz genau so sehen. Anders kann die Risikoabwägung aber eben aussehen bei, sagen wir, gesundheitlichen Bedingungen, die einen möglicherweise kompromittieren können. Ich sagte eben Stichwort HIV Infektion.

Leider immer noch eine stigmatisierende Erkrankung, leider Gottes, in vielen Situationen oder gerade so was wie psychiatrische Befunde, also wer also sich sorgen machen muss, dass die Daten aus dieser elektronischen Patientenakte ihn oder sie möglicherweise kompromittieren könnten, für den kann die Risikoabwägung auch anders aussehen. Und deswegen würde ich sagen, Philip, eigentlich geil, aber leider wieder nicht so ganz geil umgesetzt, soweit so

schlecht. Manche sagen eben, dann meldet euch halt ab von der EPA, jammert nicht rum. Aber das, muss ich ganz ehrlich sagen, finde ich nicht überzeugend. Also aktuell ist das zwar die Abwägung, die man treffen muss, aber ich finde, das kann doch nicht der Stand der Debatte sein. Es kann doch auch nicht sein, dass Menschen, die wirklich sich Sorgen machen um ihre Daten, dass die diese EPA aus Sicherheitsgründen nicht

nutzen können. Ich würde vertreten, selbstverständlich muss das Ding für alle sicher sein.

Philip BansePhilip Banse

Naja, zumal ja damit erhebliche Vorteile auch verbunden sind. Wenn das Ding wirklich funktioniert, dann verhindert es eben Fehlmedikation, dann verhindert es eben Doppeluntersuchung und so weiter und so fort und diese Vorteile kannst du dann halt eben nicht nutzen, wenn du dich abmeldest.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und wirst möglicherweise medizinisch schlechter versorgt, ne? Und es kann ja nicht sein, dass man sich zwischen optimaler medizinischer Versorgung, dank EPA, und Datensicherheit entscheiden

muss. Also ich würde mal sagen, da liegt der Ball ganz klar bei der neuen Gesundheitsministerin, die sollte wirklich in der ersten Woche die entsprechenden Anweisungen erteilen, den CCC einladen, die Kritik genau vorzustellen, und dann müsste sie die Gematik, das ist die Informatikbude, die das umsetzt, anweisen, das sofort zu fixen. Das kann doch nicht sein. Also ich muss ganz ehrlich sagen, ich habe da ganz wenig Verständnis dafür. Klar, das sollte jetzt erst mal gestartet werden.

Aber das muss doch jetzt so sicher werden, dass man das auch bedenkenlos nutzen kann.

Philip BansePhilip Banse

Ja, es ist halt vor allen Dingen bitter, weil das ja wirklich kein Projekt ist, was im letzten Jahr angestoßen wurde. Diese Idee der elektronischen Patientenakte ist 20 Jahre alt.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Zwanzig Jahre hatten die Zeit, das Ding sicher zu machen?

Philip BansePhilip Banse

Irgendwas und was ich aus den Berichten jetzt nicht habe rauslesen können, ist, wie groß ist der Aufwand, das sicher zu machen? Braucht es da sozusagen eine architektonische Neukonstruktion? Muss man das wegschmeißen und neu machen? Oder kann man mit dem bestehenden System und einigen Fixes wirklich den Zugang, so verunmöglichen, dass es eben nicht funktioniert wie aktuell technisch noch möglich? Das habe ich nicht gelesen.

Das kann ich nicht beurteilen, ich kann nur hoffen, dass das geht und dann würde ich das auch sagen. Dann muss das so schnell wie möglich funktionieren und dann ist es halt, wenn alles gut geht, ein holpriger Start, wo man sagen kann, ein Glück ist es jetzt endlich mal losgegangen und wir haben es in vertretbar kurzer Zeit geschafft, die Löcher zu stopfen und alles ist noch mal gut gegangen. Aber es muss halt dann auch schnell passieren.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Wir wollten uns nochmal herzlich bedanken für euer umfangreiches Feedback zu unserem Interview aus der vergangenen Woche, also dem Interview mit Anne Brorhilker zum Thema Steuerhinterziehung und andere Wirtschaftskriminalität. Was kann der Staat dagegen machen und wieso verfolgt er diese Deliktsfelder bislang so wenig effektiv, gerade wenn es um die

dicken Fische geht? Also wie gesagt, haben wir uns sehr gefreut über die vielen, vielen Nachrichten, die wir bekommen haben, auch über die vielen Tipps, die vielen Empfehlungen in den sozialen Medien. Und es ist ein ganz wichtiges Thema, da bleiben wir dran. Wir haben in Kürze wieder eine Referendarin, mit der haben wir schon gesprochen. Da wollen wir also mit weiteren Recherchen an diesem Thema dranbleiben. Aber wir hätten noch zwei kleine Bitten/Tipps für euch.

Philip BansePhilip Banse

Ja, da gab es in diesem Interview einige Momente, wo man so dachte, wie bitte kann das denn sein? Ja, wer kann so was zulassen? Wie ist das in so einer Demokratie, wie wir sie haben, möglich? Und da kann man natürlich einerseits verzweifeln und die Flinte ins Korn schmeißen. Man kann aber auch sagen, mein Gott, wir leben halt in einer Demokratie, die kann man verändern, eine bessere Welt ist möglich.

Und man muss dann im Zweifel eben entweder andere Parteien wählen oder eben die Politik der betreffenden Parteien verändern. Man darf auf jeden Fall nicht verzweifeln, muss sich halt informieren und zum Beispiel Briefe schreiben. Also das habe ich jetzt auch wieder, Lars Klingbeil war bei alles gesagt, und angeblich ist das so, dass Briefe von wählenden Bürgern und Bürgerinnen dort penibel beachtet werden und das ist eben auch was, was wir aus anderen Büros hören.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, also Briefe und nicht Mails, das ist der zentrale Unterschied. Es ist leider wirklich so, Oldschool Briefe auf Papier haben ein anderes Gewicht und zum Beispiel in diesen konkreten Fällen Steuerunterziehung, da könnte man ja einfach mal ein Brief schreiben an Bundestagsabgeordnete oder auch an Landtagsabgeordnete, denn ganz viel ist ja Landesjustiz, was machen Sie eigentlich konkret, damit in Bundesland X Steuerunterzieung konsequent verfolgt wird?

Philip BansePhilip Banse

Damit das Geld eingetrieben wird?

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

So, und zwar nicht nur die kleinen Fische, denn die werden ja schon bestraft. Also wie gesagt, wehe du gibst zwei Kilometer zu viel bei der Entfernungspauschale an, ja? Dann hell breaks loose, ja, aber wenn du hier mal eben ein paar Milliarden an die Seite bringst mit CumEx, dann hast du im Zweifel nix zu befürchten und das kann nicht

sein. Und da könnte man doch mal Politiker:innen einfach fragen, was machen Sie denn konkret um die Verfolgung von Steuerhinterziehung mit Schäden jenseits der Millionengrenze effektiv zu verfolgen? Und dann wollen wir doch mal gucken, wenn solche Briefe wirklich jetzt nicht mal hier und da sind und wenn also hunderte Briefen kontinuierlich da einprasseln auf die Abgeordneten, bin ich mal gespannt, wann die ihre Landesjustizministerien, ihre Generalstaatsanwaltschaften unterfeuern.

Philip BansePhilip Banse

Ja, also wie gesagt, wir bleiben da dran, wir werfen da auch ein paar Ressourcen drauf, um so ein paar Themen, die da bei Anne Brorhilker aufgepoppt sind, noch mal zu vertiefen. Wenn ihr uns dabei helfen wollt, dann würde ich sagen, sagt es einfach weiter, dass es die Lage gibt. Je mehr Leute uns da hören, je größer die Reichweite, desto eher kriegen wir natürlich auch Feedback und Antworten und Interviewpartner.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Viele Politiker nehmen sich dann mehr Zeit, wenn sie einfach sehen, Deutschlands größter Politik-Podcast, das ist dann so ein bisschen schwierig zu sagen, habe ich leider keine Zeit gehabt. Umso eher bekommen wir Interviews, umso besser wird die Lage. Und natürlich, wenn ihr solche Recherchen unterstützen wollt, könnt ihr natürlich auch Lage-Mitglied werden, denn diese finanziellen Beiträge versetzen uns einfach in die Lage, solche Recherchen zu finanzieren unter lagedernation.org/plus.

Philip BansePhilip Banse

Zum Schluss noch eine Bitte an euch. Und zwar gibt es ja schon länger, aber jetzt doch verstärkt, eine Debatte über Handyverbote an Schulen. Also konkret sind zwei Länder dabei, Handys an Grundschulen zu verbieten. In Bayern gilt das schon ein bisschen länger. Nun will auch Hessen in diese Richtung gehen und so ist also in der Community und unter Eltern also mal wieder so diese Debatte aufgeflammt, ist das gut? Ist das schlecht? Wie sollte man das machen wenn man es denn machen soll?

Und wir wollen dieses Thema mal aufnehmen

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und wir möchten deswegen gerne von euch wissen, wie seht ihr das? Seid ihr Eltern? Möchtet ihr, dass jedenfalls die Grundschule eine handyfreie Zone wird? Wie seht ihr das möglicherweise auch für weiterführende Schulen? Welche Rolle sollte das Handy da spielen? Oder seid ihr Lehrerin, Lehrer? Welche Erfahrungen macht ihr im Unterricht? Denn uns geht es nicht darum, dass man nicht natürlich auch ein iPad total sinnvoll in den Unterricht einbinden kann. Das meinen wir jetzt nicht.

Sondern wir meinen die privaten Endgeräte, die eben nicht zu unterrichtlichen Zwecken eingesetzt werden. Wie seht ihr das? Seid ihr Eltern, seid ihr Lehrerin? Ja, oder auch Schüler und Schülerinnen? Dann würden wir uns für eure Perspektive interessieren.

Philip BansePhilip Banse

Ja, und bitte, wenn ihr Lust habt, euch an dieser Diskussion zu beteiligen, wenn ihr uns da Input geben wollt, macht das gerne mit einer Sprachnachricht an folgende WhatsApp-Nummer: 015792382136, 015792382136. Sagt kurz euren Namen oder wie immer ihr hier auftauchen wollt. Wir nehmen dann für uns in Anspruch, wenn ihr eine Sprachnachricht schickt, dann können wir die auch zumindest auszugsweise in der Lage spielen, würde uns sehr interessieren.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und bei der Gelegenheit müssen wir euch noch von einem Fuck-Up erzählen, denn die Nummer, die ihr gerade gehört habt, die ist neu, wie ihr vielleicht gesehen habt. Das liegt daran, dass WhatsApp unsere alte Nummer blockiert hat. Einfach so. Wir hätten angeblich gegen Bedingungen von WhatsApp verstoßen.

Philip BansePhilip Banse

Welche? Sagt uns niemand.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Beschwerdemöglichkeit?

Philip BansePhilip Banse

Haben wir gemacht. Da kam wenig später, abgelehnt, Beschwerde, zack, abgelehnt, keine Angabe von Gründen, Kontaktpersonen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das gibt's nicht. Das muss man sich mal vorstellen. Wir haben da so einen Kanal aufgebaut bei WhatsApp. Wir haben sogar monatlich brav, wie sich das gehört, für WhatsApp Business bezahlt. Ich glaube fast 20 Euro kostet der Spaß. Wir haben ein paar hundert Sprachnachrichten von euch entgegengenommen. Haben da selbstverständlich niemanden zugespamt, versteht sich von selber. Und trotzdem sperrt uns WhatsApp ohne jeden Grund.

Philip BansePhilip Banse

Ohne jede Erklärung, ohne jede Einspruchmöglichkeit, ist einfach so. Und ich meine, wir haben da jetzt, ja, WhatsApp Business, wir haben damit was gemacht, aber wir haben nicht unser Business auf WhatsApp Business aufgebaut. Aber es gibt ja, also damit werben die ja, dass du wirklich dein Business auf Whatsapp Business aufbaust. Und wenn dir da so was passiert, du machst das, du ziehst das hoch. Und so weiter und auf einmal heißt es, ja, deine Nummer, die gibt es

übrigens nicht mehr. Die akzeptieren wir nicht mehr, Ansprechpartner gibt es nicht, Begründung abgelehnt, danke, gehen Sie weiter.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Du hast diese Nummer plakatiert, keine Ahnung, du hast deinen Pizza-Flitzer auf so einen WhatsApp-Business-Kanal aufgebaut, die Leute bestellen Pizza und kriegen nur zurück, diese Nummer gibt es nicht mehr. Der totale Horror. Wie gesagt, für uns ist das nicht so tragisch, wir nutzen jetzt eine andere Nummer. Aber wir haben Fragen. Was ist eigentlich mit dem kleinen Unternehmen, das darauf angewiesen

ist? Und wir hoffen, ganz ehrlich, da meldet sich jemand jetzt bei uns und schaltet unsere alte Nummer wieder frei, denn darüber läuft ja zum Beispiel auch unser Kanal. Wir hoffen, da meldet sich jemand bei uns, am besten direkt per Mail unter support-at-lage-de-nation.org. Aber wenn das jetzt nicht klappen sollte, wenn wir das Ding nicht wieder freigeschaltet kriegen sollten, dann muss man ehrlich sagen, dann könnte man nur davor warnen, auf WhatsApp irgendwie als Business zu setzen.

Philip BansePhilip Banse

Ja, es ist ja so schon ein Risiko. Jetzt ist die weg, vielleicht im Idealfall kriegen wir sie wieder und dann ist vielleicht alles gut, mal sehen, aber so, wenn du wie gesagt dein Business darauf aufbaust und von heute auf morgen ist diese Nummer weg, dann stehst du doof da.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, und vor allem, man würde doch erwarten, wie in jeder vernünftigen Geschäftsbeziehung, dass man quasi eine Mail bekommt. Äh, wir haben da übrigens folgende Probleme. Bitte machen Sie was. Mit der Notwendigkeit des Accounts bei WhatsApp. Wir haben da so eine Frage mal, ist das wirklich okay, was sie da machen? Dann hätten wir gesagt, ja das ist völlig okay, wir kriegen da halt Sprachnachrichten von paar hundert Hörern. Ja, ist wahrscheinlich ein ungewöhnliches Nutzungsverhalten.

Ganz viel Sprachennachrichten kommen rein, ganz wenig gehen raus. Aber es kann halt nicht sein, dass eine KI einfach Alarm schlägt und so eine Nummer killt. Also insofern ist wirklich schwierig, wenn uns da mal jemand von WhatsApp kontaktieren möchte, [email protected] wäre die richtige E-Mail-Adresse.

Philip BansePhilip Banse

Damit ist die Lage für diese Woche ausführlich und wie immer abschließend erörtert. Wir danken euch für euer Interesse. Ja, wenn es euch gefallen hat, sagt es weiter, spread the word. Freuen wir uns.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und das ist nämlich das allerschönste Dankeschön für uns, wenn ihr die Lage weiter empfehlt in der Familie, auf der Arbeit oder auch im eigenen Freundeskreis. Und damit ein schönes Wochenende, vielleicht einen schönen Brückentag morgen, lasst es euch gut gehen, bleibt uns gewogen, bis bald.

Philip BansePhilip Banse

Bis nächste Woche. Tschüss.

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