LdN427 Merz provoziert SPD vor Mitgliederabstimmung, Mindestlohn-Streit, Taurus-Lieferungen, Klima und Gaskraftwerke, Wie stoppt Lobby die Zuckersteuer? (Cem Özdemir, Bundeslandwirtschaftsminister), Trump ignoriert Supreme Court - podcast episode cover

LdN427 Merz provoziert SPD vor Mitgliederabstimmung, Mindestlohn-Streit, Taurus-Lieferungen, Klima und Gaskraftwerke, Wie stoppt Lobby die Zuckersteuer? (Cem Özdemir, Bundeslandwirtschaftsminister), Trump ignoriert Supreme Court

Apr 17, 20251 hr 24 minEp. 427
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LdN427 Merz provoziert SPD vor Mitgliederabstimmung, Mindestlohn-Streit, Taurus-Lieferungen, Klima und Gaskraftwerke, Wie stoppt Lobby die Zuckersteuer? (Cem Özdemir, Bundeslandwirtschaftsminister), Trump ignoriert Supreme Court

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Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Herzlich Willkommen zur Lage der Nation, Ausgabe Nummer 427 vom 17. April 2025 und in unserem Lage-Studio begrüßen euch wie fast in jeder Woche Ulf Buermeier, das bin ich, Jurist aus Berlin.

Philip BansePhilip Banse

Philip Banse. Ganz herzlich willkommen in dieser Woche, unter anderem zuständig für's Datum und die Uhrzeit. Wir schreiben den 17. April 2025 und Lage Universal Time ist 13:28, weil die Welt sich ja sekündlich ändert.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, und wie ihr das kennt, am Anfang jeder Folge eine kurze Hausmitteilung. Und zwar möchten wir euch herzlich einladen. Es gibt eine neue Lage live dieses Mal im Pott in Duisburg. Und zwar am 23. September 2025. Da sind wir auf dem Campus Duisburg zu Gast im Audimax der Uni Duisburg-Essen.

Philip BansePhilip Banse

Und zwar am Rande des 42. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Tickets gibt's unter:

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Lage.Live.

Philip BansePhilip Banse

So, die Union und die SPD, die haben sich ja nun nach langen Verhandlungen auf einen Vertrag geeinigt. Mega, super Stimmung, Kuh also vom Eis, alle sind froh, endlich gemeinsam an's Werk gehen zu können und den SPD-Genossinnen und Genossen gemeinsam das Projekt schmackhaft machen zu können, denn diese ganzen Genossen, über 350.000 sind's ja, die müssen jetzt ja über den Vertrag abstimmen. Nein, leider nicht.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Friedrich Merz ist noch nicht mal zum Bundeskanzler gewählt, der Vertrag ist noch nicht mal von allen, die das abnicken müssen, damit er unterschrieben werden kann, abgenickt, da gibt es schon Streit darüber, was denn eigentlich nun genau vereinbart wurde in diesem Koalitionsvertrag, man fühlt sich ungut erinnert an den Zoff in der Ampel, wie gesagt, bevor der neue Kanzler überhaupt gewählt ist.

Philip BansePhilip Banse

Also es gibt, wie gesagt, zahlreiche Debatten, wo man sich die Hände vor das Gesicht schlagen muss. Wir wollen jetzt nicht hier alle auffädeln, wir nehmen stellvertretend zwei aus der letzten Woche. Wir fangen an mit dieser etwas bizarren Debatte über den Mindestlohn bzw. was denn nun genau Union und Sozis im Vertrag vereinbart haben. Da hat Friedrich Merz die Sozialdemokraten wirklich in Panik versetzt.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das muss man mal verstehen. Die Sozialdemokraten gehen jetzt mit einer Social-Media-Kampagne in diese parteiinterne Abstimmung. Und was ist das zentrale Argument, mit dem die SPD-Granden ihre Leute überzeugen wollen, dass das ein guter Koalitionsvertrag ist?

Philip BansePhilip Banse

Habemos Mindestlohn 15 Euro.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

So, das ist zwar nur die halbe Wahrheit, kommen wir gleich zu, aber das ist die zentralen Botschaft, mit der die SPD in diese Abstimmung geht. Und dann kam Friedrich Merz.

Philip BansePhilip Banse

Rollen wir das von vorne auf. Aktuell ist der Mindestlohn bei 12,82 € pro Stunde, der wird ja alle zwei Jahre festgelegt von dieser so genannten Mindestlohnkommission. Die hat eine Vorsitzende und einen Vorsitzenden und da sind drei Gewerkschaftsvertreterinnen drin und drei Vertreter von den Arbeitgebenden.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Diese Kommission schlägt nur der Regierung alle zwei Jahre einen neuen Mindestlohnsatz vor. Bis spätestens Ende Juni diesen Jahres muss die Kommission einen Vorschlag für die Jahre 26 und 27 machen. Die Bundesregierung kann diesen Vorschlag dann nur unverändert per Rechtsverordnung umsetzen, sonst gäbe es gar keine Anhebung des Mindestlohns.

Philip BansePhilip Banse

Richtig, von diesem Prozedere ist die Ampel, muss man sagen, einmal abgewichen, 2022, da haben sie die Mindestlohnkommission umgangen und diesen Mindestlohn von damals 12 Euro per Gesetz festgelegt und danach hat dann wieder die Kommission entschieden und jetzt ist er also aktuell bei 12,82 Euro.

Da stellt sich die Frage, wenn denn jetzt diese Kommission so wichtig ist und im Koalitionsvertrag wird ja auch gesagt, wir wollen uns auf die Mindeslohnkommission verlassen und die soll im Prinzip ihre Arbeit machen. Wie bestimmt denn diese Kommision nun die Höhe des Mindestlohns? Und das ist festgelegt in der Geschäftsordnung dieser Kommission und zwar genau genommen im Paragraph 2. Da steht, dass sie in einer Gesamtabwägung sich orientieren soll an zwei Kriterien.

Das erste Kriterium ist die Tarifentwicklung der Vergangenheit.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, also da werden also im Wesentlichen geltende Tarifverträge ausgewertet, danach würde der Mindestlohn 2026 lediglich so über einen groben Daumen bei etwa 14 Euro landen, aber dann gibt es eben noch ein neues Kriterium, nämlich 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten.

Philip BansePhilip Banse

Richtig, daran soll sich die Kommission orientieren. 60% Bruttomedianlohn, das klingt so ein bisschen weird, bedeutet aber letztlich, man schaut auf die eine Hälfte der Beschäftigten, die weniger verdient und die andere Hälften der Beschäftigten, die mehr verdient, und der Lohn, der genau in der Mitte liegt, das ist der Bruttomedianlohn und davon eben 60%.

An diesem Wert soll sich die Kommission orientieren und wenn sie den wirklich ernst nehmen würde, dann läge der Mindestlohn tatsächlich bei knapp 15 Euro, manchmal sogar über 15 Euro und dieses Kriterium, das basiert auf einer EU-Richtlinie. Also an diesen beiden Sachen soll sich die Kommission bei der Findung in einer Gesamtabwägung orientieren.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Vielleicht nur mal einmal, falls ihr jetzt noch ein bisschen so ein Knoten im Kopf habt bei diesem Wort "Median". Also man könnte ja auf den Gedanken kommen, man bildet einfach ein Durchschnitt aber so ein Durchschritt der bildet eben nicht so richtig gut ab wenn es Extreme gibt, also zum Beispiel dass bestimmte Menschen extrem viel verdienen oder extrem wenig oder so, da können Durchschnittsberechnungen schnell verzerrt werden und bei Median betrachtet man dann tatsächlich quasi die Größe

der Gruppen. Wie viele Menschen gibt es, die eben mehr oder weniger verdienen. Man nimmt eben so einen Mittelwert und hat dadurch sichergestellt, dass das tatsächlich eine aussagekräftige relevante Größe ist, wie gesagt, weil Durchschnitte häufig von Outliern so ein bisschen ein bisschen verschoben wird.

Philip BansePhilip Banse

Klar, wenn man sich das bildlich vorstellt bei diesen Medianlohn wenn man es wirklich richtig machen würde, dann würde man sich alle Arbeitnehmenden in eine Exceltabelle eintragen mit Vor- und Nachname und dahinter schreiben, was verdienen die denn jetzt brutto und dann würde man das sortieren und gucken, aha, es sind irgendwie, weiß ich nicht, 60 millionen Arbeitnehmende und wir gucken doch mal, wie viel verdient denn jetzt die Person an stelle 30 Millionen. Und das ist der Bruttomedian.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Mitten in der Tabelle. Das ist der Witz beim Median. Das gibt es zum Beispiel auch bei der Frage, wie sieht denn das mit Armut und Reichtum aus in der Bevölkerung? Deswegen haben wir uns gedacht, den Begriff Median mal zu erklären, das macht schon Sinn. Okay, aber schauen wir wieder in den Koalitionsvertrag, Philip, was ist denn da jetzt vereinbart?

Philip BansePhilip Banse

Also da steht drin, Zitat: "für die weitere Entwicklung des Mindestlohns wird sich die Mindestlohnkommission im Rahmen einer Gesamtabwägung sowohl an der Tarifentwicklung als auch an 60 Prozent des Bruttomedianlohnes von Vollzeitbeschäftigten orientieren." Also genau das, was in der Geschäftsordnung der Mindestlohnkommission festgeschrieben ist. Dann heißt es im Koalitionsvertrag weiter:

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

"Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar." Ja, das steht im Koalitionsvertrag. So, also mit anderen Worten, das Verfahren ist festgeschrieben und dann so eine Art Hoffnung, dass man damit bei 15 Euro landen werde. Und Lars Klingbeil, Co-Vorsitzender der SPD, sagt nun:

Philip BansePhilip Banse

"Der Mindestlohn wird im Jahr 2026 auf die 15 Euro steigen, die wir haben wollen." Das ist eine interessante Interpretation dessen, was da im Koalitionsvertrag steht. Das ist im Prinzip richtig, aber eben nur, wenn diese Mindestlohnkommission wirklich diese 60% Marke des Bruttomedianlohns als Unterkante nimmt und eins zu eins umsetzt.

Die SPD sagt, na das ist doch eine EU-Richtlinie, aber die SZ sagt, wenn man da mal reinguckt in diese EU-Richtlinie, dann geht daraus nicht wirklich so eindeutig die Höhe des Mindestlohns hervor, wie die SPD das behauptet. Und außerdem, so steht es ja auch in der Kommission, so steht es auch im Koalitionsvertrag, die Kommission soll sich im Rahmen einer Gesamtabwägung auch an dieser 60-Prozent-Marke orientieren.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Okay, also in anderen Worten, Lars Klingbeil hat vielleicht ein bisschen zu laut gebrüllt. Auf der anderen Seite, glaube ich, ist seine politische Einschätzung im Ergebnis so falsch nicht. Wenn also quasi von diesen zwei Berechnungsmethoden eine eher bei 14 landet, eine bei 15 Euro oder sogar ein bisschen mehr, kann sein, dass die Kommission bei 14,82 Euro landet oder 14,90 Euro. Aber grundsätzlich mal, dass wir jedenfalls diese 15 in den Blick nehmen, da hat er recht.

15 Euro hart versprechen ist vermutlich zu hoch.

Philip BansePhilip Banse

Ja, so würde ich das auch sagen. Es ist möglich, dass das so kommt, aber es ist auf keinen Fall ausgemacht und schon gar nicht steht es so im Vertrag. Und deswegen hat Friedrich Merz recht, wenn er jetzt der BILD-Zeitung sagt, es wird keinen gesetzlichen Automatismus geben. So wie das die Ampel gemacht hatte, wir legen den Mindestlohn per Gesetz fest, das steht nicht im Koalitionsvertrag, das wird sich geben, das gibt er richtig wieder.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also man habe lediglich vereinbart, sagt er ja, dass die Mindestlohnkommission in diese Richtung denkt, was sicherlich auch stimmt. Es könnte so eine Erhöhung zum 1. Januar 26 oder 27 kommen, aber das ist eben dieser Kommission überlassen. Insofern, Friedrich Merz gibt schon, glaube ich, also jedenfalls im Ausgangspunkt zutreffender als Lars Klingbeil wieder, was die drei Parteien vereinbart haben. Man fragt sich nur, was bitte soll dieser Streit?

Warum bricht Friedrich Merz diesen Streit vom Zaun, auch wenn er in der Sache recht hat, Minuten bevor diese 350.000 SPD-Mitglieder jetzt über diesen Vertrag abstimmen und damit letztlich über die Koalition, die ihn zum Kanzler wählen soll?

Philip BansePhilip Banse

Also ich meine, inhaltlich, wie gesagt, kann man ihm eigentlich nichts vorwerfen und ist es weder verzerrt noch irgendwie besonders propagandistisch oder provozierend formuliert und trotzdem hätte er wissen müssen, dass das bei den Sozis als echte Provokation ankommt, ob das nun inhaltlich richtig ist oder nicht, aber wenn er vor dieser Abstimmung sagt, also ja, die Sozis sagen zwar der 15 euro Mindestlohn, der kommt, aber ehrlich gesagt,

glaube ich das nicht. Ich lese euch noch mal den Vertrag vor.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also mal ganz ehrlich, politisch klug wäre es doch gewesen, das einfach laufen zu lassen. Spätestens wenn er sieht, wie die SPD intern wirbt für diesen Koalitionsvertrag. Das einfach laufen lassen, quasi einfach mal die Schnauze halten, abwarten, was die SPD beschließt und dann in der Koalition völlig zurecht mit den Argumenten, die er jetzt schon rausgehauen hat, sagen, Kinder, 15 Euro kann klappen, muss es aber nicht. Also das lässt irgendwie nichts Gutes ahnen.

Wenn er einfach sich schon im Vorfeld überhaupt der Regierungsbildung, wie ich finde, so taktisch dämlich verhält, warum zum Geier.

Philip BansePhilip Banse

Und das gilt ehrlich gesagt auch für die zweite Debatte, die er diese Woche vom Zaun gebrochen hat. Da geht es um den Taurus, also den berühmten, schon länger nicht mehr gehört.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Wie ein Phönix aus der politischen Asche ist der Taurus wieder aktiv.

Philip BansePhilip Banse

Ihr erinnert euch das ist ein Marschflugkörper, den die Bundeswehr besitzt. Der kann so plusminus 500 Kilometer weit fliegen und das Besondere ist eben, dass er ohne Gps, ohne Satellitendaten sein Ziel finden kann.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Man programmiert also Geländeprofile ein und weil die Berge sich nicht so schnell manipulieren lassen, findet der Taurus dann eben auch seinen Weg ins Ziel. Ist eine ziemlich smarte Technologie – gerade in Zeiten, wo GPS und andere Satellitennavigation eben auch gerne mal gestört wird. Deswegen will die Ukraine diese Dinger haben. Zweiter militärstrategischer Hintergrund ist, dass eben die russische Militärlogistik ganz extrem auf

Bahntransporte angewiesen ist. Und diese Bahntransporte haben Achillesfersen, nämlich die vergleichsweise wenigen Bahnbrücken, die sich für militärische Transporte von Panzern und Munition in die Ukraine überhaupt eignen. Und die könnte man eben ziemlich perfekt mit den Taurus wegbomben.

Philip BansePhilip Banse

Ja, oder ähnliche strategische Bedeutung, Flughäfen von denen aus Bomber starten und Drohnen starten. Also die militärische Lage ändert sich natürlich in der Ukraine, aber ich glaube niemand bestreitet, dass die Ukraine mit diesen Marschflugkörpern durchaus was anfangen könnte.

Scholz wollte sie ja nie liefern, da haben wir ausführlich darüber berichtet, aus einer Angst vor der Eskalation, weil er sagt, na, wir können nicht wirklich vermeiden, dass Bundeswehrsoldaten an dieser Programmierung vor Ort beteiligt werden. Das ist sehr umstritten, aber das war sein Argument so. Jetzt sagt Merz, wir wollen das also liefern. Wir wollen den Taurus liefern, in Absprache mit unseren europäischen Partnern.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und das hat er im Hintergrund wohl auch schon sondiert, wie man so in den Zeitungen lesen kann. Also mit anderen Worten, diese Absprache gibt es vielleicht noch nicht offiziell, aber jedenfalls gibt es da Sondierungen. Boris Pistorios von der SPD, bisheriger und wohl auch zukünftiger Bundesminister der Verteidigung, ist weiterhin skeptisch. Nicht zuletzt vermutlich darum, weil die SPD eben eine Mehrheit braucht, bei dem Mitgliederentscheid.

Denn im Wahlprogramm der SPD für die Bundestagswahl, da findet sich Folgendes:

Philip BansePhilip Banse

"Deutschland und die NATO dürften nicht selbst Kriegspartei werden", heißt es da, Zitat: "darum stehen wir (als SPD) zur Entscheidung von Bundeskanzler Olaf Scholz den Marschflugkörper Taurus aus den Beständen der Bundeswehr nicht zu liefern." Das steht im SPD Wahlprogramm und Merz weiß das natürlich.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

So weiß er natürlich auch, der Taurus ist militärisch wichtig, klar, das weiß er, aber er müsste eigentlich wissen, dass dieser Taurus, so wichtig er sein mag für die Ukraine, vor allem mal ein ganz starkes, emotional aufgeladenes, innenpolitisches Symbol ist in dieser innenpolitischen, innerdeutschen Debatte. Wie unterstützen wir denn jetzt die Ukraine?

Philip BansePhilip Banse

Richtig das ist das Symbol geworden für diese Haltung von Olaf Scholz, wir unterstützen sie aber nicht mit allem was wir haben, da gab es einen riesen Streit darüber und für diese Haltung ist der Taurus Symbol geworden und der ist, ich meine, das passiert nicht oft, dass einzelne Waffensysteme im Wahlprogramm einer Partei genannt werden. So ist der da gelandet.

Und das weiß Friedrich Merz natürlich, und so recht er dann inhaltlich auch haben mag, stellt sich trotzdem die Frage, warum bitte kurz vor dieser Abstimmung der SPD-Genossinnen und Genossen dieses Fass aufmachen? Ich verstehe es nicht.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ich verstehe es wirklich auch nicht. Natürlich, klar, er muss auch irgendwie bei der Union die Reihen geschlossen halten, aber da ist doch nicht jetzt der Moment. Da war der Moment bei der Verhandlung des Koalitionsvertrags, der liegt auf dem Tisch und sein CDU kleiner Parteitag, der wird schon zustimmen. Da macht sich jetzt ehrlich gesagt kaum einer noch ernsthafte Sorgen, dass ihm die Union da wegläuft.

Also für mich ist das wieder ein deutliches Zeichen, dass Friedrich Merz einfach die Regierungserfahrung

fehlt. Normalerweise lernst du solche taktischen Spielchen aller spätestens wenn du mal in der Leitungsebene eines Landesministeriums irgendwie Verantwortung trägst, vielleicht als Staatssekretär oder vielleicht auch nur so als Mitarbeitender, wo auch immer, irgendwie in der Strategieentwicklung eines Ministeriums, dann lernst du halt, dass du nicht alles irgendwie raushaust, wenn es dir gerade in Sinn kommt, sondern dass du strategisch kommunizierst.

Jedenfalls solange du selber die Agenda bestimmst, also kann natürlich sein, dass irgendwie Presseberichte Skandale aufdecken, dann hast du ein Problem. Aber hier diese beiden Debatten, die beide negativ sich auswirken dürften auf die Abstimmung in der SPD, diese beiden Debatten, hat Friedrich Merz aus meiner Sicht jedenfalls unprompted unprovoziert irgendwie vom Zaun gebrochen.

Philip BansePhilip Banse

Ja. Und es gibt ja noch mehr, er hat ja dann dasselbe über die Lohn- und Einkommensteuer gesagt hat, da sagt die Koalition, ja wollen wir Mitte der Legislatur senken. Da hat er gesagt, naja, festgeschrieben ist das nicht, da machen wir ein Fragezeichen dran.

Also Friedrich Merz wird ja immer so eine Impulsivität zugeschrieben und bei vielen Leuten die so in führende Ämter kommen, das geht von Trump bis Merz, ist immer so die Hoffnung verbunden, ja, die haben zwar so ein paar Flaws und ein paar charakterliche Schwierigkeiten, aber die werden sie ja dann, wenn sie dieses hohe Amt innen haben, wahrscheinlich nicht so ausleben und das Gegenteil ist in aller Regel der Fall.

Diese Charaktereigenschaften treten sehr deutlich nach vorne und meine Befürchtung ist, dass das bei Friedrich Merz auch nicht anders ist und dass diese Impulsivität und dieses ein bisschen unkontrollierte Wesen sich hier halt zeigt. Und das wäre kein gutes Zeichen für...

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Nicht mal, nicht mal unter Druck. Ich meine, jetzt gerade ist doch eigentlich für ihn der zentrale Stressmoment. Die Verhandlungen sind durch und er ist jetzt quasi in den Händen der SPD Basis. Niemand kann das so richtig steuern was die Genossen und Genossinnen bundesweit da so abstimmen.

Und ich habe mit vielen gesprochen so in der letzten Zeit, die eben tatsächlich SPD Mitglieder sind, teilweise eher progressive, teilweise eher so Seeheimer konservative Sozis, alle waren sich, so jedenfalls bisher, nicht so richtig sicher, also in der Tendenz ging es eher gegen ne Zustimmung.

Philip BansePhilip Banse

Also nicht sicher, wie sie abstimmen. Die Jusos haben ja schon gesagt, wir sind dagegen, die machen ungefähr 12% der abstimmungsberechtigten Mitglieder aus. Ich meine, der Mobilisierungsgrad bei denen ist wahrscheinlich relativ hoch. Die werden alle abstimmen, völlig klar, die sind alle online affin. Also, mal sehen, ich bin auch gespannt, bis wann stimmen sie ab? 29. April?

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also ich hatte bislang gedacht, wird ja schon gut gehen, aber je länger ich jetzt mit Sozialdemokratinnen, Sozialdemokraten rede oder je öfter, desto, wie soll ich sagen? Also das, liebe Leute, ihr könnt euch da noch nicht sicher sein und wir sind es inzwischen auch nicht mehr. Ich sag mal, es bleibt spannend.

Philip BansePhilip Banse

Wir haben eine kurze Korrektur anzubringen, auf die uns ein Hörer hingewiesen hat. In der letzten Folge, sagt er, habt ihr einen kleinen Fehler hinsichtlich der im Koalitionsvertrag geplanten Unternehmenssteuerreformen gemacht. Und da müssen wir sagen, stimmt leider. Deswegen korrigieren wir das mal.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also, wir sprechen da von der Absenkung der Steuer, die, quasi vereinfacht gesagt, die Einkommenssteuer von Aktiengesellschaften und GmbHs ist und auch ein paar anderen. Dabei haben wir leider einen falschen Begriff verwendet. Es handelt sich dabei richtig um die sogenannte Körperschaftssteuer. Wie immer wiederholen wir unseren Fehler hier nicht, aber wir sagen euch, wie es richtig ist.

Also diese Steuer, die diese Körperschaften eben bezahlen müssen, die juristischen Personen, die heißt Körperschaftssteuer.

Philip BansePhilip Banse

Und auch das nächste Thema ist inspiriert, möchte ich mal sagen, von Feedback aus dem Forum unter talk.lagedernation.org und zwar hat sich da eine, aufgeregt ist vielleicht ein bisschen zu despektierlich, aber eine lebhafte Debatte entwickelt um diese Frage, die ja auch im Koalitionsvertrag angesprochen wird und die wir deswegen auch behandelt haben.

Braucht Deutschland eigentlich neue Gaskraftwerke, wenn ja wie viele, und braucht sie 20 Gigawatt, wie das die Koalition jetzt im Koalitionsvertrag vereinbart hat? Oder ließen sich diese Kraftwerke irgendwie durch kleine schöne Dynamisierungstricks im Netzwerk überflüssig machen?

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ganz genau. Und wir waren ja so ein bisschen skeptisch ob die wirklich gebraucht werden, deswegen haben wir uns das nochmal genauer angeguckt. Das Stichwort dabei ist, was ist denn eigentlich wenn Photovoltaik, also Solarstrom, und Wind nicht reichen um den Strombedarf in Deutschland zu decken. Wir werden ja mittelfristig weitgehend bis irgendwann hoffentlich mal komplett solchen Ökostrom im Netz

haben. Die Frage ist, wenn diese Energieträger aber gerade nicht so richtig liefern, die Sonne scheint nicht, der Wind weht nicht so richtig, was dann?

Und dann haben wir gesagt, naja da kann man ganz vieles abfedern über Batterien und das stimmt auch insofern als Batterien, also große Batteriespeicher aber auch private Batterien und Batteriespeicher bei den Leuten oder vielleicht zum Beispiel auch die Batterien von e-Autos die sind alle sehr wichtig und die könnten auch noch viel schlauer eingesetzt werden, netzdienlich, als wir das heute tun.

Das ist ein total wichtiges Thema, gerade für den Transfer von Strom innerhalb eines Tages oder weniger Tage oder einer kurzen Frist, und weil das so wichtig ist und weil es da auch regulatorisch echt spannende Neuerungen gibt, behandeln wir das noch mal genauer, aber das Ding ist halt und das hatten wir auch letzte Woche nicht hinreichend auf dem Zettel, muss man ehrlich sagen, man muss diesen Strom ja nicht nur innerhalb eines Tages oder vielleicht noch mal ein, zwei Tagen

transferieren, wie die Expert:innen da sagen, sondern vor allem saisonal. Philip, was heißt das?

Philip BansePhilip Banse

Es geht um den großen Unterschied des Stromverbrauchs im Sommer und im Winter. Vor allen Dingen im Winter ist es so, dass der Verbrauch relativ hoch ist, vor allen Dingen weil dann möglicherweise immer mehr Wärmepumpen da sind, die ja eben auch Strom brauchen, mehr Beleuchtung und so genau. Und gleichzeitig die Erzeugung erneuerbarer Energien aber tendenziell niedrig ist. Wind maybe, aber Sonne gibt es halt im Winter eher weniger.

Und deswegen gibt es einen tendenziellen hohen Verbrauch mit einer tendenziell niedrigen Erzeugung.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und das Problem, da sind eben nicht nur so quasi so kurze Dunkelflauten, wie das immer so schön heißt, also keine Ahnung, eine Nacht, wo gar kein Wind weht, sondern das eigentliche Problem ist, dass über einen längeren Zeitraum, ein, zwei Wochen, die Sonne kaum scheint, kaum Photovoltaik und auch wenig Wind weht, sodass dann einfach so per Saldo über einen längeren Zeitraum von ein, zwei Wochen zu wenig Strom im Netz ist.

Philip BansePhilip Banse

Zumal, wenn das jetzt nicht nur auf Deutschland bezogen ist, sondern auch europaweit es solche Phänomene gibt, dass es wenig regnet und die Wasserkraftwerke in Norwegen nicht so viel liefern, dass es vielleicht auch in Spanien wenig windet und auch in Frankreich ein bisschen dunkel ist, dann kann es sein, dass man da gucken muss, ja wie kriegen wir denn jetzt diesen Strombedarf in Deutschland noch gedeckt?

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Oder die französischen AKWs mal wieder wartungsbedingt nicht am Netz sind.

Philip BansePhilip Banse

Weil Kühlwasser in den Flüssen fehlt. So, zum Beispiel.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und da ist einfach Konsens für diese Stromdürren wie das interessanterweise heißt, also nicht nur kurze Dunkelflaute sondern Stromdürre für ein, zwei Wochen, da ist einfach wissenschaftlicher Konsens, da werden Batteriespeicher in allen Varianten, die es so gibt, und auch zum Beispiel Pumpspeicherkraftwerke alleine nicht reichen und da ist die spannende Frage, wie soll die Versorgungssicherheit denn eigentlich sichergestellt werden, wenn dann irgendwann mal mehr oder weniger nur noch erneuerbare

Energiequellen mit schwankendem Ertrag im Netz sind? Und da ist die Wissenschaft, kann man sagen, gespalten in eine Mehrheit und eine Minderheit, die aber interessanterweise sich gut verstehen. Also sie sind nicht total verzofft, sondern sie verstehen jeweils so die andere Seite, sehen aber eben Dinge anders und wir fanden das total spannend, weil man an dieser Debatte sehr viel lernen kann darüber, was eigentlich diese Umstellung auf ein erneuerbares Energiesystem eigentlich so alles

bedeutet. Und wir dachten, deswegen zeigen wir euch das nochmal am Beispiel dieser Versorgungssicherheit.

Philip BansePhilip Banse

Richtig, also die Mehrheit der, meistens sind es ja Ökonomen und Ökonominnen, die sich mit diesem Thema beschäftigen, die argumentiert so: "ja, weil alles Strom wird, wird der Stromverbrauch zukünftig stark steigen." Wie stark ist ein bisschen offen, aber Heizen mit Strom, Autos mit Strom, war früher Benzin, Diesel, Heizöl. Das wird alles Strom im Idealfall, deswegen wird der Stromverbrauch stark steigen.

Ja, und wenn Wind, Sonne im Winter knapp sind, dann brauchen wir mehr Quellen, aus denen wir diesen erneuerbaren Strom beziehen können. Und die Frage ist so ein bisschen, wie viel Erzeugungskapazität, also wie viel Stromquellen brauchen wir denn nun bis 2045, wenn wir denn klimawirklich neutral sein wollen?

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja und das ist überraschend unklar. Das hängt nämlich von vielen Annahmen ab. Also die Wetterentwicklung: wird der Klimawandel auch dazu führen, dass der Wind stärker oder weniger stark weht? Der Ausbau der Stromnetze, also wie gut kann man Strom quasi hin und her transportieren?

Denn gerade der Flexibilisierung im System, also gerade die Frage, kann man die Nachfrage nach Strom effektiv steigern oder klappt das noch nicht so gut, da braucht es natürlich die richtigen Anreize, dynamische Stromtarif und

so. Wie viel Strom kann aus Nachbarländern importiert werden, also wie stark sind einfach die Leitungen, die zum Beispiel nach Frankreich oder nach Polen führen, aber eben vor allem jetzt die zentrale Stellschraube, auch bei diesen ganzen Projektionen, bei diesen ganzen Berechnungsmodellen, ist der angenommene Stromverbrauch.

Das ist die zentrale Größe, aktuell wächst er zum Beispiel etwas langsamer als man lange angenommen hat, mutmaßlich liegt es vor allem daran, dass eben die E-Mobilität nicht so richtig vom Fleck kommt und auch Wärmepumpen nicht ganz so schnell ausgerollt werden, wie man dachte.

Philip BansePhilip Banse

Und die Industrie sich ein bisschen langsamer wegbewegt von fossilen Quellen und weniger zur Stromquelle hin tendiert. Aber es gibt schon so eine Art Konsenspfad. Genau. Es gibt so einen Ballpark, die meisten Forschenden gehen eigentlich davon aus, wir brauchen, je nach Annahme, je nach dem, wie man die da oben setzt, wir brauchen bis 2045 so 40 bis 70 Gigawatt mehr Stromerzeugungskapazität. Nur so sei die Stromversorgung auch dann in der Zukunft wirklich gesichert.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also nur, dass man so ein bisschen so ein Gefühl bekommt dafür, was heißen eigentlich diese Gigawatt-Zahlen? Das ist ja erstmal so ein ganz abstrakter Wert. Wir haben heute zum Beispiel nach aktuellen Zahlen zur installierten Nettoleistung zur Stromerzeugung in Deutschland auf energy-charts.info, das ist eine Website vom Fraunhofer Institut für solare Energiesysteme, die sagen, wir haben zum Beispiel zurzeit knapp über 100 Gigawatt solare Energie im Netz in Deutschland.

Wind onshore, also Wind an Land sind zurzeit etwa 65 Gigawatt. Das heißt, das würde so grob bedeuten, etwa dasselbe brauchen wir noch mal an Gaskraftwerken, was wir zurzeit mit Wind an Land erzeugen oder noch mal etwa dasselben mindestens, was wir an Gaskraftwerke zurzeit im Netz haben. Eher noch ein bisschen mehr. Das ist nur, dass ihr mal so grob die Größenordnung versteht.

Philip BansePhilip Banse

Ja, das sagt auch Christoph Maurer, der ist Geschäftsführer einer energiewirtschaftlichen Beratungs-GmbH, die nennt sich Consentec. Und er hat auch simuliert und gerechnet und kommt auch so, wir brauchen 60 bis 70 Gigawatt mehr bis 2045 an Gaskraftwerken, die wir zu bauen müssen. Und das Maximum an Bedarf hat, denke ich mal, hier errechnet das Fraunhofer Institut für solare Energiesysteme.

Die kommen in einer ziemlich aktuellen Studie vom April 25 auf eine Kapazität von 99 bis 116 Gigawatt, die Deutschland insgesamt 2045 braucht. Wenn man davon jetzt abzieht, das was wir schon haben, also diese plus minus 40 Gigawatt, dann kommen die auch zu dem Ergebnis, dass wir bis 2045 60 bis 80 Gigawatt zusätzlich an Gaskraftwerken dazu bauen müssen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Wobei man sagen muss, die haben auch verschiedene Szenarien durchgerechnet, aber das ist so das Szenario mehr oder weniger komplett schalten wir um auf erneuerbare Energien, dann sehen die da diese nötige Kapazität bei Gaskraftwerken, bei flexibel, quasi zuschaltbarer elektrischer Energie. Die Mehrheit sagt also so, wenn man Strich drunter macht, heute haben wir nur knapp 40 Gigawatt Gaskkraftwerk, ist viel zu wenig, wir brauchen irgendwas zwischen 20 und 80 Gigawatt.

Also, ihr seht schon, riesige Unterschiede, Faktor 4, aber diese 20 Gigawatt, die sich jetzt im Koalitionsvertrag finden, die sind jedenfalls aus Sicht der Mehrheitsmeinung schon nicht völlig absurd.

Philip BansePhilip Banse

Weil sie auch erstmal den kurzfristigen Bedarf abdecken. Diese ganzen Zahlen, die wir genannt haben, das ist ja das was wir 45 brauchen also in 20 jahren. Die Koalition sagt, na gut, also wir machen jetzt erstmal den ersten Schritt, sagen, wir brauchen 20 Gigawatt. Das muss dann irgendwie bis Anfang der 2030er sein und wenn wir dann mehr brauchen bis 45 dann sehen wir noch mal, aber für den ersten Schritt sagt die Mehrheit sind diese 20 Gigawatt in Gaskraftwerken schon irgendwie sinnvoll.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Dann ist natürlich die nächste Frage, mit welcher Technik soll dieser Strom erzeugt werden, den wir in so flaute Dürrephasen brauchen? Und ihr habt jetzt schon so ein bisschen mitgehört, wahrscheinlich rausgehört. Fraunhofer und die Mehrheit sagen vor allem durch Gaskraftwerke, denn der Vorteil dieser Gaskraftwerke ist, die kann man schnell an- und ausmachen.

Andreas Löschel zum Beispiel, Energieökonom und Chef der Kommission, die die Energiewende überwacht, ergänzt, ja, wir brauchen so eine Reserve für Dürren, denn eine Dunkelflaute kann schon mal eine Woche und länger dauern. Er weist darauf hin, dass es auch andere Energieträger gibt, die man viel mehr noch aktivieren sollte für die Situation. Also er spricht von Kraft-Wärme-Kopplung, Biomasse, also Biomassee, die dann eben Gas erzeugt.

Er sagt auch, die Last, den Energieverbrauch sollte man natürlich reduzieren. Diese Reserve kann sich aus unterschiedlichen Technologien speisen. Aber auch er sagt im Ergebnis, wir brauchen vor allem mehr Gaskraftwerke.

Philip BansePhilip Banse

So, jetzt hat ja die Koalition gesagt, wir brauchen Gaskraftwerke, und zwar steht da nicht drin, dass die sich auf Wasserstoff verbrennen umrüsten lassen müssen. Das war ja noch der Plan der Ampel, da hieß es auch, wir brauchen 10 Gigawatt Gaskraftwerke, aber die sollen in Zukunft mit idealerweise grünem Wasserstoff arbeiten. Das steht jetzt im Koalitionsvertrag nicht drin.

Und die Frage ist, wie dramatisch, problematisch ist das, dass die Koalition jetzt eigentlich erst mal damit plant, Gaskraftwerke zu bauen, die eben fossiles Erdgas verbrennen?

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Da haben wir uns gefragt, wie wichtig ist diese Umrüstbarkeit auf Wasserstoff? Einerseits kann man eben argumentieren, wenn die auch grünen Wasserstoff können, dann kann man diese neuen Gaskraftwerke klimaneutral betreiben. Das ist bei Erdgaskraftwerken natürlich nicht der Fall. Die produzieren CO2. Das spricht dafür diese Umrüstung in den Blick zu nehmen. Denn dann wäre das Bauen neuer Gaskraftwerke aus der Klimaschutzperspektive im Grundsatz kein Problem.

Dann muss man nur noch sicherstellen, dass die wirklich so schnell wie möglich auch effektiv mit Wasserstoff laufen. Mit grünem Wasserstoff.

Philip BansePhilip Banse

Der halt mit erneuerbaren Energien erzeugt wird.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja gut, sonst ist es totaler Quatsch, sonst verlierst du...

Philip BansePhilip Banse

Ja gut, aber es gibt auch welche, die sagen, es ist egal. Wir erzeugen Wasserstoff mit Gas und verbrennen ihn dann im Gaskraftwerk.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das ist doch total ineffizient, dann verdreifacht sich angesichts der Wirkungsgrade, dann brauchst du dann ja deutlich ein mehrfaches an Gas, das ist wirklich totaler Quatsch. Aber selbst wenn man mal davon ausgeht, der Wasserstoff wird grün produziert, dann gibt es da trotzdem eine ganze Reihe von Haken an dieser, auf den ersten Blick, so schönen Idee zu sagen, die Kraftwerke sollen auf Dauer auch Wasserstoff brauchen.

Philip BansePhilip Banse

Also Wasserstoff, zumal grüner Wasserstoff ist aktuell und wahrscheinlich auch in Zukunft sehr teuer. Und außerdem ist auch diese Aufrüstung oder potenzielle Umrüstbarkeit von fossilen Gaskraftwerken auf Wasserstoff auch nicht billig. Das kostet auch viel Geld.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Denn Wasserstoff hat einfach völlig unterschiedliche Parameter als Brennstoff, als Methan, was also der Hauptbestandteil ist von Erdgas. Und deswegen sagen dann Industrievertreter, und nicht ganz zu unrecht, da haben wir mal nachgerecherchiert, da baust du im Prinzip zwei Kraftwerke parallel, das ist extrem teuer.

Außerdem muss man sagen, wird der Hochlauf von Wasserstoff, also quasi das immer mehr Wasserstoff produziert wird, deutlich langsamer gehen, als der Bedarf an solchen Kraftwerken steigt. Es fehlt zum Beispiel ja noch an diesem Wasserstoff-Kernnetz und es fehlt vor allem eben noch an Kapazitäten, um genug grünen Wasserstoff zu produzieren. Und wenn man sich das alles mal überlegt, dann ist diese Umstellung auf Wasserstoff sowieso eher ein sehr langfristiges Projekt.

Und dann lässt sich schon argumentieren, dass die Gaskraftwerke heute, wenn man sie jetzt neu ausschreibt, nicht unbedingt H2-ready sein müssen, sofern die Dinger wirklich nur wenig laufen und da wiederum sagen dann Energieexperten, dafür wird schon der hohe CO2-Preis sorgen.

Also das wird sich einfach nicht lohnen, die Dinger im Regelbetrieb zu betreiben, sondern die wird man wirklich nur für Lastspitzen einsetzen, weil dieser Strom aus diesen Gaskraftwerken, die mit fossilem Erdgas betrieben werden, einfach extrem teuer sein wird.

Philip BansePhilip Banse

Damit diese Gaskraftwerke wenig laufen, müssen halt die Erneuerbaren weiter massiv ausgebaut werden. Der Strombedarf ist da. Wenn der durch Erneuerbare größtenteils gedeckt werden kann, fine. Aber je weniger der dadurch gedeckten kann, desto öfter müssen diese Gasskraftwerke laufen. Desto teurer wird auch der Strom. Also letztlich ist es so eine Abwägung. Von der Idee her ist es gut, sie aufzurüsten und diese Kraftwerke mit grünen Wasserstoff zu betreiben.

Aber es ist eben momentan nicht wirklich in Sicht wie das gehen soll, zumal wie das günstig gehen soll.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und das ist eigentlich der entscheidende Punkt. Es ist eine Abwägung, wo man das Geld in den Klimaschutz am sinnvollsten investieren will. Klar, ideal sind Gaskraftwerke, die auch grünen Wasserstoff verbrennen können. Die sind dann aber einfach mega teuer. Und wenn die aber so viel teurer sind und nur selten laufen, vielleicht ist dann deren CO2-Fußabdruck dann nicht ganz so entscheidend, sofern man das Geld, das man da spart, wirklich woanders klimaschonend

einsetzt. Wir haben auch heute mal mit Lion Hirth telefoniert. Der ist ja, habt ihr schon vielleicht öfter mal gehört in der Lage, Energieökonom an der Hertie School in Berlin und er sagt:

Philip BansePhilip Banse

Also ohne Gaskraftwerke, die grünen Wasserstoff verbrennen, wird man das Klimaziel, zu dem sich Deutschland ja verpflichtet hat, kaum erreichen können. Also wir müssen da hin auf Dauer. Wir müssen da hinhin und das ist so ein bisschen der Deal. Aber er sagt, es ist eben aktuell wahnsinnig teuer, grüner Wasserstoff ist richtig teuer. Ist kaum zu besorgen, ihn gibt es nicht in ausreichendem Maße.

Und die Infrastruktur, die dafür nötig wäre, ihn zu besorgen, die ist eben auch allenfalls gerade zart im Entstehen und fehlt eigentlich noch links und

rechts. Also es ist so ein bisschen, wie solll man sagen, es ist ein bisschen die Frage, ja, seine Worte waren so, wenn du sagst so whatever it takes und wir nehmen alles Geld was wir haben und werfen es halt auf diese grünen Wasserstoffkraftwerke und bauen Rohre links und rechts, egal was es kostet, dann mag das vielleicht eine gute Idee sein aber es ist a) unrealistisch und b) auf jeden fall mega teuer.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, und vor allem muss man einfach sehen, man kann den Euro eben nur einmal investieren in den Klimaschutz. Wenn der Euro weg ist, ist er halt weg. Und wenn ich mir so die anderen Großbaustellen angucke bei der CO2-Neutralität, dann fällt mir halt vor allem ein Verkehr und Gebäude. Das sind ja die, der Strommarkt ist ja eigentlich einer, wo das mit der Dekarbonisierung schon ziemlich gut funktioniert.

Und da würde ich wirklich sagen, dann lass uns von dem Geld lieber Abwrackprämien für Gasheizung bezahlen. Da sparen wir nämlich im Zweifel viel mehr CO2-Emissionen ein, wenn die Leute endlich mal ihre ollen Gasheizungen aus den Kellern reißen, als wenn wir jetzt hier mit Milliardenaufwand diese H2-Ready Gaskraftwerke bauen.

Philip BansePhilip Banse

Also, die Mehrheit der Ökonomen, soweit wir das abschätzen können, wir haben ja, wie gesagt, mit ein paar telefoniert, die sagt, diese 20 Gigawatt in dem Koalitionsvertrag Gaskraftwerke sind im Prinzip erstmal sinnvoll, zumindest bis Anfang der 30er Jahre. Danach werden wir mehr brauchen, aber das können wir dann eben danach auch planen und entscheiden im Idealfall.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das sind eh die Zyklen. Wenn die Bundesregierung das jetzt beschließt, die auszuschreiben, dann gehen die nicht vor 2030, eher 2032 ans Netz die Dinger. Das heißt mit einem Worten, jetzt auf Sicht ist das eine gute Idee, was da im Koalitionsvertrag steht, da müssen wir uns ein bisschen korrigieren, aber es gibt eben noch eine Minderheitsposition.

Philip BansePhilip Banse

Richtig. Und die wird vor allen Dingen vertreten durch Claudia Kemfert, die ist Leiterin der Abteilung Klima und Verkehr am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Da klingt erst mal so Minderheit, sagt sie selber. Sagt sie selber. Wir haben sie angerufen und mit ihr telefoniert und sie sagt, ja ich bin da in der Minderheit, das bestreite ich gar nicht. Und sie argumentiert

folgendermaßen. Sie sagt, wir haben auch gerechnet, wir auch Simulationen gemacht, natürlich mit den eigenen Annahmen, und diese Simulationen zeigen, wir haben aktuell ausreichend Kapazität, um auch durch solche Dürren im Winter zu kommen. Zumindest bis Anfang der 2030er Jahre. Sie sagt, vor allem müssten wir mehr nachhaltige Biomasse nutzen. Das tun wir nicht in ausreichendem Maße. Es gibt ja diesen europäischen Stromverbund. Es könnte also viel mehr durch In- und Exporte geregelt

werden. Wir brauchen mehr Flexibilität. Also wenn die Nachfrage groß ist, das Angebot gering, dann müssen wir halt die Nachfrage irgendwie runterschrauben, da könnten wir mehr machen. Außerdem kommen ja immer mehr Speicher hinzu und sie folgert daraus, diese 20 Gigawatt, die die Koalition plant an Gaskraftwerken, die seien jetzt daher überflüssig.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Andererseits hat eben Lion Hirth uns gesagt, na ja, die Investitionszyklen führen dazu., Es dauert eh eine ganze Weile, bis dann neue Kraftwerke ans Netz gehen. Also für mich klingt das, was Claudia Kemfert da gesagt hat, so ein bisschen nach Prinzip Hoffnung. Wir hoffen einfach mal, dass es gut geht. Und wenn wir dann Anfang der 2030er sehen, Hubsi, wird ein bisschen knapp mit den Kraftwerken, dann muss man dann eben hurra, irgendwelche Gaskraftwerke aus dem Boden stampfen.

Und ich meine, gerade wenn sie jetzt Biomasse ins Feld führt. Biomasse produziert Methan. Das schließt überhaupt nicht aus. Das heißt, diese Gaskraftwerke, die wir jetzt dann nach den Vorstellungen der Bundesregierung bauen, die kann man natürlich wenigstens auf Biomasse umstellen.

Philip BansePhilip Banse

Also ihr Kernargument gegen diesen Bau neuer Gaskraftwerke, das sagt sie auch ganz klar, ist daher in erster Linie und vor allem ein politisches Argument. Und wie geht das? Sie sagt, wenn wir jetzt für 20 Gigawatt neue Gaskkraftwerke bauen, die dann auf absehbare Zeit erstmal mit fossilem Erdgas betrieben werden, dann wird das eine fossile Industrie und eine fossiile Infrastruktur aufbauen und

festigen. Sie sagt Kraftwerksbetreiber, Gaskraftwerksbetreiber werden langfristige Gaslieferverträge abschließen, weil es einfach Berechenbarkeit und Sicherheit gibt.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Aber mit Russland.

Philip BansePhilip Banse

Und im Idealfall genau, im schlimmsten Fall mit Russland. Sie sagt, das verhindert eben den Umstieg auf zum Beispiel, wie du sagst, Biogas. Einfach mal rüberswitchen geht nicht, weil wir haben langfristige Lieferverträge. Also technisch geht es, aber man würde sich dann quasi einmauern. Richtig. Und sie argumentiert auch, dann werden eben Forderungen laut werden nach LNG Terminals. Weil du vielleicht nicht von Russland das kriegen willst, aber aus Amerika.

Dann wird es Forderungen geben, das Gasnetz zu erhalten. Vielleicht wird es Forderungen nach Subventionen geben, weil Gas teuer ist und es soll eben billiger werden und sie sagt, die Folge davon könnte sein, dass der klimaneutrale Umbau ausgebremst wird, einfach weil erneuerbare weniger ausgebaut werden.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Es ist im Kern ein politisches und in weiten Teilen fast schon ein psychologisches Argument. Sie sorgt sich, dass der Druck abnimmt, Alternativen zu diesen Gaskraftwerken ans Netz zu bringen. Weil immer das Argument kommen könnte, wir haben noch genug Gaskraftwerke. Wieso sollen wir noch mehr erneuerbare Speicher bauen? Wir haben noch genügend Gaskraftwerke. Und am Ende, das war das schlimmste Szenario, kommen noch Leute um die Ecke und sagen, wir bauen Nord Stream 2 fertig.

Philip BansePhilip Banse

Richtig, weil wir brauchen ja Gas und das Gas ist so teuer und wenn es dann billig sein soll, dann muss es halt billig aus Russland kommen. Kemfert gibt zu, das muss nicht so kommen. Technisch geht das alles

auch anders. Das muss nicht so kommen, aber sie sagt, glauben sie mir, es wird so kommen, das ist einfach ihre, sie argumentiert, vor 20 Jahren hätte ich noch genauso gemessen und argumentiert wie die Mehrheit der Ökonominnen und Ökonomen, aber sie sagt, die letzten 10, 20 Jahre haben einfach gezeigt, dieser Markt, den wir hier haben, das ist kein reiner Markt, wo alle wirklich agieren wie freie Marktakteure, sondern dieser Energiemarkt ist ein Markt, der geprägt wird von

politischen Entscheidungen. Wie hoch sind die Netzentgelte? Wie hoch sind die Stromsteuern? Wer bekommt Ausnahmen davon? Wo dürfen Windräder gebaut werden und nicht? Wie schnell machen wir das eigentlich? Wer darf den Strom aus Speichern einspeisen und nicht? Und sie sagt, die Gaslobby in Deutschland sei einfach so stark, dass sie diesen politischen Rahmen des Marktes so beeinflussen wird, dass es im Sinne der fossilen Lobby

ist. Erst recht wenn wir jetzt noch mehr Gaskraftwerke bauen, die mit fossilen Gas erstmal beheizt werden.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also ich glaube, was Claudia Kemfert da sehr, sagen wir mal, unterschätzt, ist der Einfluss des CO2-Preises. Also die Gaspreise werden einfach durch, spätestens durch die zweite Stufe des europäischen Zertifikatehandels ja drastisch steigen. Erdgas als Energieträger wird absurd teuer und damit würde auch der Strom aus diesen Kraftwerken extrem teuer. Und das haben wir sie auch gefragt, aber ich muss sagen, Philip, was hast du da quasi aus ihrer Antwort

entnommen? Glaubt sie, dass das dann quasi politisch versucht wird vom Tisch zu wischen?

Philip BansePhilip Banse

Also erstens wird das passieren, aber wenn du das mal nur zu Ende denkst, ja? Du sagst, das kommt so, CO2-Preis steigt und der Strom aus diesen Gaskraftwerken wird teurer. Das ist dann kein Problem oder ein geringeres Problem, wenn du wirklich massiv Erneuerbare ausbaust und es eigentlich nur noch Erneuerbare gibt und diese teuren Gaskraftwerke wirklich nur im absoluten Ausnahmefall anspringen. Eine Woche im Jahr oder so. Und dann den Strompreis bestimmen.

Aber sie argumentiert halt, diese ganzen Logiken, die du eben auch geschildert hast, würden dazu führen, dass die Erneuerbaren eben nicht so stark ausgebaut werden, dass die Speicherflexibilität eben nicht so stark ausgebaut wird und dass diese Gaskraftwerke dann eben doch viel öfter anspringen werden, als wir das jetzt wollen, dann haben wir noch Grundlastkraftwerke mit Gas, wenn es ganz dumm kommt und am Ende ist der Strom, und das ist so, der Strompreis wird bestimmt

von der teuersten Erzeugungsquelle, und wenn diese Gaskraftwerke, diese durch den Emissionshandel teuren Gaskraftwerke anspringen, dann wird der Strom eben teurer sein und dann wird es politische Bewegungen geben, um diesen Preis eben zu mindern.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das ist nämlich die spannende Frage da, und jetzt sind wir tatsächlich glaube ich weit in so einem Prognosefeld, wenn diese Gaskraftwerke quasi zu oft laufen und dadurch den Strompreis treiben zugleich sich aber ja der Gaspreis nicht effektiv senken lässt, weil der eben weitgehend europäisch bestimmt ist, dann könnte natürlich dann so ein politischer Druck entstehen zu sagen, ja dann muss man den Strompreis subventionieren, wie wir das ja in der Coronaphase schon

mal hatten. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass das ja nun alles nicht über Nacht passiert. Also diese Verknappung der CO2-Zertifikate, die entwickelt sich ja und dann wird einfach ein großer politischer Druck entstehen, diese verdammten Gaskraftwerke vom Netz zu nehmen. Außerdem muss man ja sagen, der Ausbau der Erneuerbaren läuft ja zurzeit ziemlich gut. Ich verstehe das. Ich glaube, sie ist quasi gebranntes

Kind. Sie hat einfach schon zu viele, jetzt mal etwas zugespitzt, Bullshit-Debatten erlebt. Sie hat schon zu viel politische Lobby-Nebelkerzen erlebt. Aber ich bin mir, ich glaube, das muss nicht so schlimm kommen, wie sie sagt.

Philip BansePhilip Banse

Das ist es ja, das ist eine Prognose. Wir gucken in die Zukunft. Sie sagt, sie hat ja auch ein Buch geschrieben und so und hat sich das angeguckt und sie glaubt halt, dass die Lobby so stark ist, dass der Worst Case eintreten wird. Aber natürlich muss das nicht so kommen. Ich bin da so ein bisschen, stehe da so bisschen dazwischen. Also meine Hoffnung, dass sie Politik hohe Energiepreise durchsteht, die ist ziemlich gering.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Da sind wir uns übrigens völlig einig. Ich glaube, der Dissens ist eher so ein bisschen, wenn da so Druck auf dem Kessel ist, welchen Weg sucht er sich? Wird dann Strompreis wieder subventioniert oder entsteht da nicht möglicherweise wieder ein Druck, eben tatsächlich diese Gaskraftwerke möglichst aus dem Strommix rauszukriegen?

Philip BansePhilip Banse

Ja, dann musst du ihnen aber Geld geben. Das wird teuer, diesen Leuten dann zu sagen, ach du, das Gaskraftwerk, was ihr da gebaut habt, das wollen wir doch lieber, dass ihr das rausnehmt. Betreibt das mal bitte nicht. Dann musst du auch wieder Geld dafür zahlen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

So kannst du das natürlich nicht machen, sondern du musst das quasi raustreiben, indem du genügend alternative Stromquellen ans Netz bringst.

Philip BansePhilip Banse

Erneuerbare ausbauen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

So genau. Und deswegen könnte es nämlich genau anders rumkommen, dass die Angst vor Preisschocks beim Strompreis eher dazu führt, dass der politische Druck hoch bleibt, Erneuerbare auszubauen. Wenn das so ist, dann wäre auch Frau Kempfert wahrscheinlich all in.

Aber der Punkt, den wir hier machen wollten für euch da draußen, wir sind ja alle, ehrlicherweise die Menschen, mit denen wir gesprochen haben, schon, aber Philip und ich, und die uns zuhören im Zweifel, in der überwiegenden Mehrheit auch keine totalen Experten, aber wir wollten einfach mal euch deutlich machen, wie da so vieles miteinander zusammenhängt. Ich finde es nämlich einfach mega spannend.

Philip BansePhilip Banse

Richtig, das ist mega spannend. Und wo mir noch so ein Zweifel gekommen ist, dass das was du gesagt hast, die zweite Stufe des europäischen Emissionslandes, der ja vor allen Dingen auch fürs Heizen gilt und wo das Heizen deutlich teuer werden wird, der soll ja schon Anfang 2027 kommen. Das ist in nicht mal zwei Jahren.

So jetzt würde man ja denken, wenn deine Logik stimmte, ja, da kommt was, das wird so potenziell teuer, die Politik muss dafür sehen, dass die Leute da nicht in diesen Preisschock reinrennen, dann würde das jetzt bedeuten eigentlich beim Heizen, die Leute müssten Wärmepumpen subventioniert kriegen, bis der Arzt kommt, damit sie rauskommen aus diesem fossilen Business. Damit sie 2027 nicht sagen, oh, eine Tonne CO2 kostet irgendwie 300 Euro, jetzt wird Heizen hier 50 Prozent teurer.

Aber die Politik hat dafür gesorgt, dass alle Wärmepumpen haben, also keine große Aufregung. Und diese Bewegung, die sehe ich gerade nicht.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Nein, du hast völlig recht. Dieser Preischock lässt sich sehr klar voraussehen und der hat bislang einfach nicht zur nötigen politischen Aktivität geführt. Wir wissen aber alle, woran das lag. Wir haben alle noch diese megatoxische Diskussion um das sogenannte Heizungsgesetz vor Augen. Ich sag mal so, Robert Habeck hatte das Problem gesehen. Aber wir wissen alle, dass dann die Mittel, die sein Ministerium gewählt hat, tatsächlich auch überbürokratisch waren.

Wie gesagt, mein Punkt ist, wir brauchen eine Abwrackprämie für Gasheizungen. Freiwillig, kein Zwang, aber du kriegst halt einfach Kohle bar auf die Tatze, wenn du deine Gasheizung aus dem Keller holst.

Philip BansePhilip Banse

Könnt ihr euer Feedback ja mal abwerfen unter talk.lagedernation.org.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Zu unserem nächsten Thema. Cem Özdemir ist grüner Landwirtschaftsminister in der Ampel auf Bundesebene. Gerade noch. Und jetzt nach dem Rauswurf der FDP aus der Regierung auch noch zusätzlich Bildungsminister. Zurzeit übt er beide Ämter noch geschäftsführend aus. Er ist aber politisch schon so ein bisschen auf dem Weg raus aus Berlin. Und der nächste Stopp in seiner politischen Laufbahn wird vermutlich Stuttgart sein.

Philip BansePhilip Banse

Ja, dort will er nämlich in rund einem Jahr bei den Landtagswahlen dort Winfried Kretschmer als grünen Ministerpräsident beerben. Ganz herzlich willkommen in der Lage der Nation, Herr Minister Özdemir.

Cem Özdemir

Hallo Herr Banse, hallo Herr Buermeyer.

Philip BansePhilip Banse

Herr Özdemir, Sie sind jetzt ja, ich hab's gesagt, auf der Zielgeraden, nach drei Jahren Landwirtschaftsminister. Wir haben uns mal so ein bisschen umgehört bei den allgemein bekannten NGOs und Verbänden und auch ein bisschen in Ihrem Ministerium. Sag mal, was bleibt denn eigentlich so von diesem Landwirtschaftsminister Özdemir von den Grünen? Den Leuten fiel nicht so wahnsinnig viel ein. Was fällt Ihnen ein?

Cem Özdemir

Mir fällt eine Menge ein. Mir fällt ein, dass ich in schwierigen Zeiten dazu beigetragen habe, das Land zusammenzuhalten. Denken Sie an die Sparbeschlüsse damals vom Bundeskanzler, vor allem vom Finanzminister und Vizekanzler damals in Richtung Landwirtschaft, Kfz-Steuerbefreiung, Agrardiesel. Ich habe mich dem Protest gestellt, war auf den Kundgebungen, habe dort einerseits versucht den Zorn aufzunehmen, in der Regierung dafür gekämpft, dass ein Teil zurückgenommen wurde.

Ich sage mal, aller schwäbischen Bescheidenheit ist es jetzt nicht nichts, dass die Kfz-Steuerbefreiung vollumfänglich wieder eingesetzt wurde und Agrardiesel verspätet in drei Stufen ausgesetzt werden sollte. Und die künftige Regierung hat ja beschlossen, dass auch das

wegfallen soll. Ich habe aber vor allem dafür gesorgt, dass das, was eigentlich die Landwirte geärgert hat, dass sie vielen Versprechen der Vergangenheit von meinen Vorgängern, Regierungen abgegeben nie umgesetzt worden sind, dass das jetzt in Angriff genommen wird. Ob es das Thema Entbürokratisierung ist, ob es der Wegfall von unnötigen Vorschriften ist, ob es die Stärkung in der Tierhaltung ist, ob es ein Herkunftskennzeichen, ein Haltungskennzeichen.

Und die künftige Regierung hat sich ja vorgenommen, das fortzusetzen. Also kann es nicht so ganz falsch gewesen sein.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Schauen wir mal auf den Wald. Wenn man sich so das allgemein vorstellt, dann denkt man ja, der Wald ist natürlich Naherholungsgebiet, aber er ist auch ökologisch wichtig als Lebensraum, aber auch als CO2-Senke. Man denkt ja so, Bäume entnehmen CO2 aus der Luft und das ist irgendwie gut gegen den Klimawandel. Nun ist aber unter ihrer Ägide der deutsche Wald vom CO2-Speicher zu einer CO2 Quelle geworden. Mit anderen Worten, die Wälder in Deutschland nehmen weniger CO2 auf, als sie emitieren.

Wie konnte das passieren?

Cem Özdemir

Naja, unter meiner Ägide, das ist jetzt ein bisschen Trump-mäßig. Seit es Wälder gibt, sind sie halt leider nach dem zweiten Weltkrieg im Wesentlichen, weil es darum ging, schnell wachsende Bäume aufzuziehen, die schnell einen ökonomischen Vorteil bringen. Das waren Nadelhölzer, da war ich noch nicht mal geboren.

Und in meiner Zeit hat man versucht, und da war ich jetzt auch nicht der Einzige, das haben die Länder natürlich genauso gemacht, dass man versucht, aus den Wälden wieder stärker Mischwäldern zu machen, die klimaresilienter sind, die bei Wetterkapriolen stärker standhalten. Und das haben wir mit viel Geld gefördert. Das ist aber ein Generationenprojekt. Sie wissen, wie lange es braucht, bis ein Wald wächst. Das müssen die Nachfolger fortsetzen.

Was nicht geklappt hat, ist leider ein Waldgesetz, das dem auch Rechnung trägt. Da hatte ich halt einen Koalitionspartner, ich glaube, Sie ahnen wen ich meine, der halt immer quer im Stall stand und zu allem Nein gesagt hat.

Philip BansePhilip Banse

Ja, dann ist ja zum allen Unglück auch noch kurz nach der Anhörung irgendwie die ganze Koalition um die Ohren geflogen. Damit war das Gesetz dann auch passé. Aber wir haben bei der Recherche festgestellt, für die Landwirtschaft in Deutschland gibt's ja interessanterweise einen von allen eigentlich beteiligten Interessengruppen getragenen Vorschlag, wie Nutztiere in Deutschland artgerecht und, sage ich mal, glücklich gehalten werden

können. Nämlich diesen Vorschlag der sogenannten Borchert-Kommission, also eine Kommission unter einem ehemaligen Landwirtschaftsminister, wo wirklich alle am Tisch saßen, die sich normalerweise wirklich nicht riechen können, von Umweltschützern bis Bauernverbände bis von Verwaltung bis Ministerium und die haben sich alle wirklich an den Tisch gesetzt und auch Vorschläge im Konsens erarbeitet, die jetzt seit fast fünf Jahren auf dem Tisch

liegen. Wie können die Nutztiere in Deutschland, also Schweine vor allen Dingen, aber auch andere Tiere, glücklich gehalten werden? Was davon haben Sie umgesetzt?

Cem Özdemir

Das staatlich verbindliche oder verpflichtende Tierhaltungskennzeichen, das ist beschlossen und kommt. Leider haben einige der unionsgeführten Länder sich geweigert, das in ihrem Zuständigkeitsbereich umzusetzen. Nach dem Motto, das ist zwar das Richtige, aber vom falschen Minister mit falschem Parteibuch, da war die Parteipolitik wichtiger, wie die Interessen der deutschen Landwirtschaft.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das heißt, was haben Verbraucher jetzt davon?

Cem Özdemir

Dass es ab dem 01.01 nächsten Jahres kommen soll. Die Agrarministerkonferenz der Länder hat es jetzt noch mal einige Monate verschoben, weil sie selber sich geweigert haben, den Ansprechpartner auf Landesebene zu schaffen, während andere Bundesländer, wie zum Beispiel Niedersachsen, das gemacht haben, haben CDU-geführte Länder sich geweigert, sich daran zu halten. Zusätzlich-

Philip BansePhilip Banse

Aber was kommt da? Was ändert sich für die Verbraucher:innen?

Cem Özdemir

Dass man auf einen Blick sieht, wie das Tier gehalten wurde und dass wir zusätzlich den Landwirten Geld dafür geben, wenn sie ihre Ställe umbauen. Denn das kostet eine Menge Geld einen Stall umzubauen. Dafür brauchen die Landwirte vor allem am Anfang Unterstützung, aber auch bei den laufenden Kosten. Auch das habe ich durchgesetzt. Eine Milliarde Euro, so viel gab es noch nie für die Tierhaltung.

Philip BansePhilip Banse

Ist aber viel weniger als gerade auch Mitglieder der Kommission das für nötig halten eigentlich, weil der Umbau viel teurer ist.

Cem Özdemir

Naja, die Mitglieder der Kommission wollten alle Nutztierarten gleichzeitig in den Leistungsumfang reinnehmen und auch die Außer-Haus-Verpflegung auf einen Schlag. Deshalb ist es nie gekommen. Jetzt habe ich mir einfach angeschaut, warum es bislang gescheitert ist. Es ist ja gescheitet unter einer Vorgängerregierung, die den Bericht hat schreiben lassen. Der Vorsitzende war der ehemalige CDU-Agrarminister unter Helmut Kohl.

Viele der Teilnehmer in der Kommision waren den Schwarzen nahestehend, die Ministerin war schwarz. Die Kanzlerin war schwarz, die Mehrheit im Parlament war schwarz, Geld war da im Überfluss. Der Finanzminister wusste nicht, was man mit dem Geld machen soll und trotzdem hatte die CDU geführte Regierung kein Geld für die Landwirte, für den Umbau der

Tierhaltung. Also habe ich es mir angeschaut und offensichtlich war eines der Probleme, man muss jetzt mal anfangen und nicht immer nur drüber reden, dass man machen muss. Und das habe ich gemacht, beginnend bei den Schweinehaltern. Warum bei den Schweinehaltern? Weil bei ihnen die Not am größten ist. Dort haben die meisten Betriebe aufgegeben unter meinen Vorgängern. Und da haben wir jetzt die eine Milliarde. Aber Sie haben natürlich

Recht. Jetzt geht es darum, dass auch die anderen Nutztierarten, wenn sie in den Leistungsumfang rein sollen, braucht es Geld dafür. Da hat die künftige Koalition ja beschlossen, das soll es geben. Ich bin gespannt, ob das auch unter Finanzierungsvorbehalt steht oder kommt. Und übrigens noch eine andere Forderung der deutschen Landwirtschaft habe ich auf den Weg gebracht, nämlich dass neben dem Haltungs- auch ein Herkunftskennzeichen wichtig ist.

Denn wir wollen ja nicht, dass am Ende deutsches Fleisch liegen bleibt und die Kunden zu Fleisch aus anderen Ländern greifen. Also man sieht jetzt eben künftig auch Made in Germany.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Können Sie jetzt nochmal so quasi plastisch machen, was das für die Menschen in Deutschland bedeutet? Also was können Sie in Zukunft in welcher Weise erkennen zur Haltungsform von Tieren? Wie sieht man das konkret?

Cem Özdemir

Sie sehen auf einen Blick, wie der Schwein gehalten wurde, ob es zum Beispiel in einem Außenklimastall war, ob es die Bio-Stufe ist, ob es komplett draußen leben konnte und können dementsprechend eine qualifizierte Kaufentscheidung treffen. Und Sie wissen, dass die Landwirte dafür fair entlohnt werden. Es ist ein Beitrag zum Klimaschutz weniger Tiere. Es ist Beitrag zur Artengerechtigkeit, weil die Tiere mehr Platz bekommen.

Es ist einen Beitrag für die Zukunft der Landwirtschaft, weil wir die Landwirte nicht alleine lassen. Es ist ein Beitrag zum Verbraucherschutz, weil die Verbraucherinnen und Verbraucher, also Sie und ich, darüber informiert werden, wie die Tiere gehalten wurden und unsere Verbrauchsmacht gestärkt wird.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Okay, und das sieht man auf den Verpackungen?

Cem Özdemir

Genau, bis jetzt gab es ein freiwilliges Kennzeichen und ab jetzt gibt es eben ein verpflichtendes Kennzeichen, an dem sich alle beteiligen müssen.

Philip BansePhilip Banse

Ein anderes Dauerthema in der deutschen Gesellschaft, auch wenn es um Ernährung geht, sind Süßgetränke. Limos, Zucker, vor allen Dingen für Kinder ein Riesenproblem, nicht nur, aber auch. USA und auch Vereinigte Königreich haben deswegen schon vor einigen Jahren, vor vielen Jahren, eine Zuckersteuer eingeführt, um Zucker eben teurer zu machen. Der Zuckergehalt in Getränken in diesen Ländern ist messbar gesunken.

Auch Sie wollten in Deutschland so eine Steuer auf Zucker einführen, haben sie im Spiegel mal gesagt. Und Sie sagten, die Steuer sei aber gescheitert an einer Zitat: "kleinen und finanzstarken Lobby und am Widerstand der FDP". Also wie die FDP funktioniert, das haben wir verstanden aber wie genau scheitert denn so ein Minister mit so einem Vorhaben an einer kleinen finanzstarken Lobby? Wie genau muss man sich das vorstellen?

Cem Özdemir

Wie funktioniert das? Ganz einfach. Der Minister muss sich erst im Kabinett einigen, er muss sich mit den Koalitionsfraktionen einigen. Dann geht es durch's Parlament und manchmal geht es auch durch den Bundesrat. Und in all diesen Gremien braucht der Minister eine Mehrheit. Man nennt das Demokratie.

Philip BansePhilip Banse

Aber wie konkret funktioniert das? Sie haben im Spiegel ja wörtlich gesagt, das sei an einer kleinen, finanzstarken Lobby gescheitert.

Cem Özdemir

Na ja, es gibt halt welche, die damit gutes Geld verdienen mit zuckerhaltigen Produkten, wobei ich denen ja immer gesagt habe, schaut euch Großbritannien an. Auch dort kann man ja dieselben Getränke trinken, die es bei uns gibt. Die haben halt etwas weniger Zucker und es hat sich jetzt noch niemand drüber beschwert, wenn sie etwas weniger Zucker haben. Sie werden auch nicht weniger gekauft.

Wenn dasselbe Getränk in Großbritannien etwas weniger Zucker enthält, wie bei uns, und es trotzdem sich genauso gut verkauft, dann könnte man ja davon ausgehen, dass es sich in Deutschland genauso gut verkaufen würde. Aber es bräuchte halt dafür den Willen, dass man die Gesundheit der Menschen vor das Interesse Einzelner stellt. Und dafür gab es halt mit der FDP keine Chance.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Okay, aber wir interessieren uns ein bisschen für den Blick, sagen wir mal, in den politischen Maschinenraum. Können Sie da noch ein bisschen konkreter machen, wie das ausgebremst worden ist? Also gab es da Interventionen von bestimmten Industrieverbänden oder hat die FDP einfach gemauert? Also vielleicht können Sie das so ein bisschen beschreiben.

Cem Özdemir

Naja, die sind halt organisiert und machen ihre Interessen kenntlich. Das konnte man ja nachlesen bei Veranstaltungen, bei Protesten vor meinem Ministerium mit großen Anzeigen. Aber natürlich auch eben, indem man zu einzelnen Parteien oder Fraktionen Zugang hat und die dann halt einfach Nein sagen, indem sie deren Interessen am Kabinettstisch vertreten. Also im Prinzip, wenn ich mit der FDP verhandelte, habe ich mit Zucker, Tabak und wem auch immer verhandelt.

So muss man sich das praktisch vorstellen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das heißt, die haben schon sehr direkten Zugriff gehabt auf die Positionen, die dann wiederum die Liberalen vertreten haben in der Koalition?

Cem Özdemir

Man muss sich, glaube ich, ein bisschen lösen von der Vorstellung, dass die FDP so à la Lotte Dahrendorf, Gerhart Baum oder Herrn Hirsch oder Frau Hamm-Brücher oder wem auch immer, die großen Liberalen, die wir alle kennen und schätzen, sondern da saß halt eben ein Partner am Tisch, der sagte, "du gibst mir was bei Tabak und dann kriegst du was bei den Gesetzen".

Und das mach ich nicht. Um's so hart zu sagen. Ich bin meinem Amtseid verpflichtet, dem Wohl der Menschen im Lande und nicht einzelnen Lobbyinteressen.

Philip BansePhilip Banse

Na, gucken wir doch mal auf den Koalitionsvertrag, der jetzt vorliegt. Also da ist jetzt so ein bisschen Sie als Oppositioneller oder zukünftiger Oppositionelle gefragt. Wenn Sie sich diesen Koalitionsvertrag durchlesen, auch mit dem, was Sie jetzt als Minister gesehen gelernt haben. Was finden Sie denn gut an dem Vertrag?

Cem Özdemir

Also ich finde gut, und dazu haben die Grünen ja beigetragen, dass die künftige Regierung sich ehrlich gemacht hat.

Also das Gegenteil von dem macht, was sie im Wahlkampf versprochen hat, insbesondere Herr Merz und die CDU/CSU, dass wir bereit sind, das Land in der Verteidigung stärker aufzustellen und auch unsere Aufgabe, in Europa stärker wahrzunehmen, auch gegenüber der Ukraine wahrzunehmen und dass der Sicherheitsbegriff sich nicht nur darauf beschränkt, dass Panzer gebaut werden oder einzelne Wahlkreisabgeordnete Aufträge für ihren Wahlkreis bekommen, sondern dass man sieht,

ein 25 Millionen Panzer kann heute mit einer Drohne für wenige tausend Euro zerstört werden. Also geht es bei Sicherheit auch um Cybersecurity. Es geht um die Kapazitäten, was nachrichtendienstliche Möglichkeiten angeht. Vergessen Sie mal nicht, ein großer Teil der Informationen, die wir bekommen, kommt gegenwärtig aus den USA. Wenn wir die nicht mehr bekommen, sind wir de facto blind. Dann wissen wir einfach gar nichts. Und da müssen wir dringend besser

werden. Da bin ich sehr dankbar, dass die Grünen das mit rein verhandelt haben. Allein in der NATO kommen 76 Prozent der nachrichtendienstlichen militärischen Informationen, Lagebilder aus den USA. Stellen Sie sich mal vor, das alles fällt künftig weg. Das zeigt, wie schnell das gehen muss. Aber auch bei der Infrastruktur.

Unsere Wirtschaft, unsere Gesellschaft ist dringend darauf angewiesen, dass wir wegkommen von Diesel-Loks, dass wir wegkommen von Kupferkabeln, auch da müssen wir besser werden. Die Republik ist die Republik der Faxgeräte bis vor kurzem gewesen.

Da kann ich nur sagen, herzlichen Dank an Herrn Dobrindt, Herrn Ramsauer, Herrn Scheuer, das waren die Verkehrsminister vor Herrn Wissing, die uns ein Land hinterlassen haben, wo man ja schon froh sein muss, wenn man ein, zwei Züge vorher nimmt, dass man halbwegs pünktlich ankommt. Ich spreche von der Verbindung Stuttgart-Berlin. Neulich bin ich eingestiegen, um 23.10 Uhr sollte ich ankommen, um 2.50 Uhr bin ich angekommen am letzten Wochenende. Das sind doch alles keine Zustände.

Und da hat die Regierung sich vorgenommen, dass sie da endlich Geld reinsteckt, wir werden das aus der Opposition heraus und aus den Ländern kritisch begleiten, aufpassen, dass es nicht nur für Geschenke ausgegeben wird, nicht nur für konsumtive Ausgaben. Da ist natürlich eine gewisse Gefahr mit der CSU, Stichwort Mütterrente und sonstige Geschenke. Das Land muss ein funktionierendes Land werden. Nur so werden wir die AfD klein kriegen und werden wir die Trumps dieser Welt beeindrucken.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Schauen wir nochmal auf die inhaltliche Ausrichtung der Grünen in der Opposition. Sie haben darauf eine, sag ich mal, sehr pointierte Sicht. Vor kurzem im letzten Herbst sorgten sie für Wirbel, weil sie in einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung davon geschrieben haben, dass Menschen mit Migrationshintergrund in Berlin ihre Tochter, Zitat: "unangenehm begaffen", ja, ihre Tochter unangenehm begaffen.

Das klingt nach einem Plädoyer für einen weiteren Rechtsruck ihrer Partei, gerade in der Migrationspolitik. Wie sollten sich denn die Grünen bundespolitisch aufstellen, damit sie bei der nächsten Bundestagswahl wieder an die Regierung kommen?

Cem Özdemir

Also erstmal, ich habe eine ganze Seite fast in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung im Feuilleton geschrieben. Das bedeutet mir sehr viel als regelmäßiger Leser dieser Zeitung und des Feuilletons. Und in diesem Artikel gab es zwei Sätze, die Sie jetzt gerade zitiert haben. Und in demselben Absatz spreche ich auch davon, dass meine Tochter mit ihren Klassenkameraden an der Ostsee war und eine der Teilnehmerinnen hatte eine dunkle Hautfarbe und sie mussten vorzeitig

abreisen. Und was ich da erkläre ist, die Aufgabe, die ich nicht nur für die Grünen wünsche, sondern für alle in der Gesellschaft, dass es endlich einen Konsens gibt, dass wir uns gegen jede Art von Rassismus, Extremismus, Nationalismus, Fundamentalismus wenden. Und da dreh ich meine Hand nicht um, und ich hoffe, dass das jeder vernünftige Mensch so sieht. Keine Frau hat sich von irgendeinem Bruder, Vater, Religionsführer sagen zu lassen, wie sie sich anzuziehen hat.

Ein schwules, lesbisches Pärchen kann Händchen halten überall, in jedem Ort dieser Republik sich bewegen. Ein Jude mit Kippa, darf das, muss das überall können. Darum geht es doch. Und Menschen mit dunkler Hautfarbe müssen sich auch im Osten unseres Landes und wo auch immer sicher fühlen. Das ist mein Blick auf diese Dinge. Und ich finde es schade, dass immer jeder so seine Lieblingsminderheit hat und seine Lieblingsgruppe angreift. Ich mache das nicht. Für mich ist glasklar.

Jede Art von Menschenfeindlichkeit, jede Art von Extremismus muss hart bekämpft werden. Und das mache ich übrigens nicht nur seit gestern, sondern wer mich kennt, weiß, das mache ich schon sehr lange und da werde ich auch nicht nachlassen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, aber dieser Satz, den habe ich ja nicht einfach so zitiert, sondern deswegen, weil er eben Ausgangspunkt war, einer ziemlich aufgeregten innenpolitischen Debatte. Und zwar einfach deswegen, weil sie ja nicht einfach nur kritisiert haben, was, glaube ich, jeder unterschreiben würde, dass Frauen nicht begafft werden sollten, sondern weil sie eben gerade Männer mit Migrationshintergrund kritisieren haben, die ihre Tochter begaffen.

Und da haben jedenfalls einige rassistische Stereotype erkannt, dass sie eben grade diese Gruppe in den Blick nehmen bei diesen unangenehmen Erfahrungen ihrer Tochter. Und deswegen haben wir uns gefragt, was ist denn Ihre Position auf diesem Feld? Wie wollen Sie die Grünen da aufstellen?

Cem Özdemir

Meine Position ist da ganz einfach. Gerade weil die Grünen immer die Partei waren, die oft übrigens gegen die Konservativen mit Frauen bei der CDU/CSU, mit Sozialdemokraten durchgesetzt haben zum Beispiel das Thema Vergewaltigung in der Ehe, dass es endlich strafbar wird. Dass jeder selber entscheidet, ob er mit oder ohne Trauschein, ob er gleichgeschlechtlich oder heterosexuell sein Leben organisiert.

Das alles wurde hart erkämpft in unserer Gesellschaft, aber weil das hart erkämpft wurde, gilt das jetzt auch. Und das wird nicht erneut in Frage gestellt. Wer künftig ins Land kommt, weiß, er kommt ins Land des Grundgesetzes, weiß, er kommt in das Land, wo die Leute selber entscheiden, wie sie ihr Leben organisieren. Wer das auch so sieht, ist herzlich willkommen. Und wer es nicht so sieht, hat sich vielleicht das falsche Land ausgesucht. Das ist doch ganz einfach.

Philip BansePhilip Banse

Also für das nächste Thema muss ich ein bisschen ausholen, weil es ein bisschen komplizierter ist. Also Sie verlassen ja in Kürze die Bundespolitik und gehen zurück ins Ländle, wo Sie, das haben wir gesagt, den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmer als Ministerpräsident eben beerben wollen. So sollte das klappen, bleiben Sie natürlich irgendwie trotzdem ein bundespolitischer Akteur, denn die Stimmen von Baden-Württemberg werden im Bundesrat immer wieder gebraucht

werden. Damit sind wir bei einem Kernproblem des deutschen Föderalismus, das wir mal mit Ihnen erörtern wollten. Also sehr viele Gesetze, die der Bundestag schon beschlossen hat. Die brauchen ja auch, das wissen viele, die Zustimmung im Bundesrat. Sonst wird dieses Gesetz eben kein Gesetz. Und das ist gerade entscheidend bei Finanzen, zum Beispiel auch Bürgergeld. Da gibt es immer wieder diese Zustimmungsgesetze.

So, die Länder müssen sich also überlegen, stimmen wir solchen Gesetzen zu oder nicht? Ist sich die Koalition in einem Land einig, ist es einfach. Dann stimmt das Land halt zu und die Zustimmung zählt. Ist sich eine Koalition in einem Land aber nicht einig, dann heißt das in aller Regel in den Koalitionsverträgen, wir, das Land, wir enthalten uns im Bundesrat. Das klingt erst mal so, als hätte das keine Wirkung, als sei das furchtbar neutral.

Im deutschen Föderalismus ist es aber so, dass so eine Enthaltung wirkt wie ein Nein. Und das wird breit kritisiert, denn dadurch brauchen Reformen in Deutschland immer eine extrem breite Mehrheit, von der Union über die SPD bis zu den Grünen. Weil sich viele Landesregierungen wirklich einig sein müssen.

Und diese fatale Logik, die könnten Sie als Ministerpräsident ändern, indem Sie in Ihrer Koalition vereinbaren, wir stimmen zu, es sei denn, wir sind uns einig, dass das Gesetz wirklich schlecht ist für unser Land. Ansonsten stimmen wir immer zu. Werden Sie das machen?

Cem Özdemir

Ich bin Baden-Württemberger und bin baden-württembergischer Grüner. Insofern ist die Antwort ganz einfach. Wir verhalten uns konstruktiv. Das sollten Sie eigentlich an meiner Politik bislang gesehen haben.

Philip BansePhilip Banse

Aber konkret! Aber konkret! Konkret, das heißt, wenn Sie sich nicht einig sind meinetwegen mit der CDU, dass Sie sich dann nicht enthalten.

Cem Özdemir

Konkret kann man das nur sagen, fallbezogen. Ich kann doch jetzt nicht pauschal sagen, wenn die künftige Koalition das Geld zum Fenster rauswirft, werde ich es unterstützen. Ich bin dem Interesse des Landes verpflichtet. Also schaue ich es mir anlassbezogen an und entscheide anlassbezogen.

Aber ich schaute dabei nicht, was steht im Parteiprogramm, sondern ich schau dabei, was dient dem Interessen Deutschlands, was dient dem Interesse, wenn ich Ministerpräsident sein sollte, dem Interesse Baden-Württembergs. Und da gilt ausschließlich erst das Land. Dann kommt irgendwann die Partei und ganz zum Schluss kommt die Person.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, uns ging es jetzt ja auch nicht um einzelne Fragen, da haben Sie ja schon gesagt, da geht es um das Wohl des Landes. Uns geht es über die Entscheidungsregel, denn was im Interesse des Wohles des Landes ist, das kann ja durchaus zwischen Koalitionspartnern umstritten sein. Und bislang ist es so, im Zweifel für den Stillstand. Sobald irgendeiner von vielleicht irgendwann sogar mal drei Parteien, die in Baden-Württemberg eine Koalition eingehen, sagt...

Cem Özdemir

Ich möchte darauf hinweisen, dass Sie gerade ja nicht mit einem FDP-Politiker reden, sondern Sie reden ja mit einem Grünen. Und in den Ländern, in denen wir regieren, schauen Sie sich Nordrhein-Westfalen, schauen Sie Schleswig-Holstein, schauen sie sich Baden-Württemberg an, finden wir Konsense und regieren doch sehr einvernehmlich, sehr geräuschlos, sehr lösungsorientiert, finden immer gute Kompromisse. Nehmen Sie die Migrationspolitik.

Es waren die drei Länder, von denen ich gerade rede, die Vorschläge gemacht haben.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Alles richtig, nur ich würde mich einfach dafür interessieren, ob Sie sich zumindest engagieren dafür, diese fatale toxische Entscheidungsregel mal anzugehen, die in 16 deutschen Bundesländern-

Cem Özdemir

Das ist gar kein Problem, also Sie machen etwas zum Problem, was bei uns kein Problem ist, weil wir nicht so abstimmen. Wir stimmen so ab, dass wir gemeinsam zu einem Ergebnis im Regelfall kommen.

Das heißt, die Enthaltung ist die Ausnahme, im Regelfall stimmen wir gemeinsam ab, weil wir eben anders regieren, wie es die Ampel gemacht hat, dank der FDP, und wie es die künftige Koalition ja schon macht, noch bevor sie zusammengekommen ist, bei uns, noch mal, zählt nicht der kleinste gemeinsame Nenner bei uns zählt nicht erst der Blick ins Parteibuch, sondern bei uns zählt der Blick in die Gesellschaft, die Realitäten und die Notwendigkeiten.

Und wenn das Parteiprogramm dazu passt, umso besser, aber nicht umgekehrt.

Philip BansePhilip Banse

Vielen Dank, das war der geschäftsführende Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir-

Cem Özdemir

Und Bundesminister für Bildung und Forschung.

Philip BansePhilip Banse

Und Bundesminister für Bildung und Forschung und demnächst wahrscheinlich auch Kandidat, Spitzenkandidat der Grünen im Land Baden-Württemberg. Vielen, vielen Dank für Ihre Zeit und alles Gute.

Cem Özdemir

Ich danke Ihnen, herzlichen Dank, alles Gute.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

The emergency is here. Das ist jetzt der Ernstfall. So hat Ezra Klein die neueste Episode seines Podcasts genannt. Ezra Klein ist einer der bekanntesten politischen Kommentatoren in den Vereinigten Staaten und hat einen eigenen Podcast bei der New York Times, The Ezra Klein Show. Und die Frage ist, Philip, warum Ernstfall?

Philip BansePhilip Banse

Ja, also wir haben ja immer gesagt, ja Trump verfolgt eine unglaublich dumme Agenda, vor allen Dingen bei den Zöllen. Ja, Trump verstößt immer wieder ganz bewusst auch wohl gegen geltendes Recht. Ja, er versucht sich der Kontrolle durch andere Säulen der Gewaltenteilung zu entziehen. Immer mehr Macht will er in seinen Händen konzentrieren. Die Legislative ist längst auf Linie, also das Parlament, die Judikative attackiert er wo er nur kann, also die Gerichte.

Richter werden beschimpft, Richter werden mit Amtsenthebungsverfahren bedroht und überzogen. Aber war das bisher wirklich schon eine Verfassungskrise?

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Unsere Position war da bisher, das hängt davon ab, ob Trump die Justiz noch respektiert. Wird sich Trump einem Urteil des Obersten US-Gerichtshofs beugen, also des Supreme Court, oder wird er auch den Obersten Gerichtshof ignorieren und die Staatskrise damit auf eine neue Ebene heben? Das war so aus unserer Sicht die rote Linie zwischen einem gefährlichen autoritären Rechtspopulismus und einer offenen Diktatur.

Philip BansePhilip Banse

Und die Gretchenfrage: "lieber Trump, wie hältst du es mit dem Rechtsstaat?" Und diese Frage, die ist beantwortet. Diese rote Linie hat Trump in den letzten Tagen nun überschritten, denn seit dieser Woche wissen wir, Trump will sich auch vom obersten Gericht der USA nicht kontrollieren lassen. Worum geht es?

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, also Donald Trumps zentrale Wahlkampfaussage war ja im Kern rassistisch. Er hat versprochen, wenn ich ans Ruder komme, werfen wir Millionen Migrantinnen, Migranten aus dem Land. Das sind laut Trump nämlich alles Mörder, Vergewaltiger und Gangmitglieder. Die Zahlen laut Trump waren so 15 bis 20 Millionen Menschen, die er aus dem Land werfen wollte.

In Wirklichkeit leben in den Vereinigten Staaten wohl so ca. 11 Millionen sogenannte illegale Einwanderer:innen und die leben übrigens auch im Schnitt seit 16 Jahren im Land. Es ist jetzt nicht so, dass da jetzt eine große Welle gerade über das Land geschwappt wäre, sondern im Gegenteil. Es gibt einfach seit Jahrzehnten eine kontinuierliche, nicht offiziell akzeptierte Migration, die aber zugleich quasi inoffiziell völlig akzeptiert ist.

Die Leute zahlen zum Beispiel weit überwiegend Steuern, arbeiten ganz normal, haben eine Sozialversicherungsnummer, nur sie haben eben offiziell quasi kein Visum und natürlich auch keinen Pass.

Philip BansePhilip Banse

Und seit Trump nun also im Ruder ist, wollten seine Leute eigentlich alle Rekorde brechen bei Festnahmen. Also die Anti-Migrationsbehörde ICE bekam tägliche Festnahmequoten. Mindestens 1200 bis 1500 Menschen sollten sie festnehmen, aber das scheint nicht zu klappen. Seit dem Amtsantritt bis Mitte März lagen die Verhaftungen bei so rund 700 Menschen pro Tag. Das ist immer noch eine Menge, aber sogar weniger als unter Trumps Vorgänger Präsident Biden.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Woran liegt das? Erst mal überraschend. Ja, zum einen ganz einfach weniger Migration. Also die Rhetorik von Trump hat dazu geführt, dass viele Menschen in Mexiko abwarten, wie sich die Lage entwickelt, dass sie gar nicht erst versuchen, in die Vereinigten Staaten einzuwandern.

Dafür entwickelt sich jetzt natürlich, könnt ihr euch vorstellen, an der Grenze oder in den Städten südlich der Grenze da eine ziemlich schwierige humanitäre Lage, weil die Menschen da eben häufig unter wirklich schauderhaften Bedingungen hocken. Aber gut, sie kommen jetzt erstmal nicht in die USA, können dementsprechend auch nicht einfach so verhaftet werden.

Und zum Zweiten, und das ist schon fast wieder skurril, Personalmangel und Chaos bei dieser Behörde, bei US Immigration and Customs Enforcement. Warum nämlich? Elon Musk's Attacke auf die Bürokratie legt eben sogar ICE teilweise lahm, sodass die einfach ihren Job nicht mehr so machen können, wie Trump das von ihnen will. So, nun stimmen also die Zahlen nicht. Was macht Donald Trump nun?

Philip BansePhilip Banse

Er setzt stattdessen auf symbolische Härte gegen, wie er sagt, illegale Migration. Also ICE setzt nun auf Razzien an Orten, wo die bisher tabu waren. Also zum Beispiel in Kirchen. Teilweise werden Menschen bei Anhörungen zu ihrer Einbürgerung verhaftet. Gehen Leute und werden angehört und wollen eingebürgert werden und dann kommen sie und werden verhaftet wegen angeblicher Vergehen gegen Migrationsgesetze. Und Trumps Leute posten dann gerne Fotos von Migranten in Handschellen.

Influencer, rechte Influencer werden eingeladen und dürfen eben diese Razzien von ICE mitmachen, beobachten und dann natürlich in die Netzwerke tragen. Aber besonders perfide ist die Methode von Trumps Abschiebeflügen und da schließt sich so ein bisschen der Kreis zur roten Linie bzw. zur Gretchenfrage.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Die Methode an sich ist auch nicht neu, also natürlich gab es auch schon unter Joe Biden Abschiebeflüge, es gibt interessanterweise jetzt unter Trump nicht mal zahlenmäßig mehr Flüge als unter Biden, schreibt der Economist, der sich diese ganzen Zahlen mal angeguckt hat, aber die Menschen werden nun, und das ist das Neue, in Drittländer transportiert, egal ob sie eigentlich aus diesem Land stammen.

Beispielsweise per Flugzeug nach El Salvador und werden von dem dortigen Diktator Bukele in ein berüchtigtes Terrorgefängnis gesteckt, den Centro de Confinamento del Terrorismo, kurz CECOT.

Philip BansePhilip Banse

Frei nach dem Motto Hauptsache weg, raus aus den USA, egal was den Menschen da für ein Schicksal blüht und letztlich auch ob es überhaupt eine rechtliche Grundlage dafür gibt, sie dahin rauszufliegen, alles egal und nun stellte sich also heraus, einer dieser auf dieser Art mit einem Flugzeug Deportierten trägt den Namen Kilmar Abrego Garcia, der ist geboren in El Salvador. Floh dann von dort mit 16 jahren vor Gangs in El Salvador in die USA.

Diese Gangs hatten halt Schutzgeld von seinem Vater erpressen wollen und deswegen ist er mit 16 abgehauen in die USA, kam da also 2011 an ohne Visum, also als illegaler Einwanderer, lebt und arbeitet aber seitdem in den USA.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und das ist da eben wie gesagt völlig normal. Das machen Millionen Menschen so. Also ganz klassisch die ganze Gastronomie, Gärtnerarbeiten, Pflege, also ganze Industrien würden da mehr oder weniger zusammenbrechen, wenn man die Leute wirklich, wie Trump immer sagt, alle deportieren würde.

So 2019 wird dieser Mann nun also wegen eines Einwanderungsvergehens aufgegriffen, landet vor einem Immigration Judge und der hat die Auslieferung nach El Salvador dann verboten und zwar wegen einer Gefahr für Leib und Leben. Und damit durfte Abrego Garcia legal in den USA leben und arbeiten.

Philip BansePhilip Banse

Also er arbeitet also weiter, meldet sich dann auch brav bei den Einwanderungsbehörden regelmäßig, hat dann geheiratet, bekommt dann drei Kinder und trotzdem wird er dann also vor einigen Wochen wieder von ICE, dieser Immigrationsbehörde, verhaftet und mit einem Flugzeug und anderen angeblichen Kriminellen und Gangmitgliedern ausgeflogen nach El Salvador.

Also genau in das Land, in das er laut dieser richterlichen Anordnung nicht ausgewiesen werden durfte und zwar diesmal ohne Anhörung, ohne Prozess. Einfach Flugzeug El Salvador.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Jetzt sitzt er da in diesem CECOT, da in El Salvador, da sitzt er jetzt fest und damit allerdings, muss man sagen, haben die Trump-Leute offensichtlich den falschen Migranten erwischt, denn seine Frau, wie gesagt geborene Amerikanerin, die hat nun eine Kampagne gestartet, um ihren Mann aus diesem Anti-Terror-Knast zu befreien und hat natürlich auch gegen seine Abschiebung geklagt.

Und das war ein sehr denkwürdiges Verfahren, da für die US-Regierung trat als Anwalt da ein gewisser Erez Reuveni auf und der gab zu:

Philip BansePhilip Banse

"The facts are conceded, plaintiff Abrego Garcia should not have been removed." Sagt er, oh, ein kleiner Verfahrensfehler, das hätte nicht passieren sollen. So, wo man ja erstmal denkt, na gut, das ist ja eine überraschend rationale Entscheidung. Eine ehrlicher Vortrag, das Gericht wird respektiert und kein Quatsch aufgetischt. Aber die Verwunderung über so viel Vernunft und Ratio, die hielt halt nicht lange an.

Denn dieser Anwalt, der dort im Namen der Regierung gesprochen hatte, die Wahrheit gesprochen hatte, der wurde in die Wüste geschickt und sein Vorgesetzter gleich mit. Und die Argumentation von der Regierung Trump lautet nun:

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ein anonymer Informant soll den deportierten Abrego Garcia mit einer Gang in Verbindung gebracht haben. Beweise allerdings legt die Regierung nicht vor und vor allem ist er natürlich deswegen auch nie verurteilt worden.

Also es gibt allenfalls vage Verdachtsmomente der Regierung und selbst wenn das stimmen sollte, selbst wenn er da irgendwie mit dieser Gang was zu tun haben sollte, dann gibt es ja immer noch diese richterliche Anordnung von 2019, wonach die Regierung gar kein Recht hatte, ihn zu deportieren und zwar schon gar nicht nach El Salvador, also wenn überhaupt hätte man quasi dieses Verfahren neu eröffnen müssen, aber das kann man nicht einfach ignorieren, was der Richter damals gesagt hat.

Philip BansePhilip Banse

So nun entschied also am 4. April 2025, also vor ungefähr zwei Wochen, die Richterin Paula Xinis, die Inhaftierung ohne jegliche gerichtliche Begründung sei rechtswidrig. Die Regierung müsse die Rückkehr von Abrego Garcia in die USA spätestens bis zum 7. April sicher stellen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Tja, und dagegen hat natürlich die Regierung Trump Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat die Entscheidung drei Tage später aber einstimmig bestätigt. Denn "the government has no legal authority to snatch a person who is lawfully present in the United States off the street and remove him from the country without due process. The government's contention otherwise and its argument that the federal courts are powerless to intervene are unconscionable."

Philip BansePhilip Banse

Also Übersetzung, die Regierung hat also keine rechtliche Befugnis, eine Person, die sich rechtmäßig in den Vereinigten Staaten aufhält, von der Straße zu holen und sie ohne ein ordentliches Verfahren aus dem Land zu bringen. Die gegenteilige Behauptung der Regierung und ihr Argument, dass die Bundesgerichte nicht in der Lage sind einzugreifen, die sei nicht nachvollziehbar.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Natürlich geht die Trump-Regierung auch noch zum Supreme Court, der inzwischen zu guten Teilen von Trump selbst besetzt wurde und seither 6 zu 3 konservativ besetzt ist und trotzdem entscheidet auch das Supreme Court im Grundsatz für Abrego Garcia.

Philip BansePhilip Banse

Die Richterin Xinis habe, Zitat, "die Regierung zurecht aufgefordert Abrego Garcia's Entlassung aus der Haft in El Salvador zu erleichtern und sicherzustellen, so dass sein Fall so behandelt wird, wie er behandelt worden wäre, wenn er nicht unrechtmäßig nach El Salvador geschickt worden wäre." Aber Richterin Xinis hatte die Regierung noch angewiesen, die Rückkehr von Abrego Garcia zu erleichtern und zu bewirken.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, also der Supreme Court gab hier nur dem Teil erleichtern statt, bezeichnete bewirken als unklar und möglicherweise außerhalb ihrer Kompetenzen, einfach deswegen, weil der Mann ja einfach gar nicht mehr in der unmittelbaren Gewalt amerikanischer Behörden ist, sondern eben in der Gewalt von Behörden von El Salvador.

Philip BansePhilip Banse

Aber Bottom Line ist, das oberste Gericht hat gesagt, Leute, Regierung, jetzt kommt mal in die Puschen. Das war ein Fehler, das war falsch, und ihr müsst jetzt irgendwie alles dafür tun, dass der Mann irgendwie wieder zurückkommt.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Genau, nun liegt der Fall wieder bei Richterin Xinis und auch sie fordert einfach von der Trump-Regierung jetzt tägliche Updates. Was habt ihr denn jetzt konkret gemacht, Stichwort Facilitate, um den Mann zurückzuholen? Was habt ihr getan, um seine Rückkehr zu erleichtern? Aber von nun muss man einfach sagen, stellt sich die Regierung fast tot. Es kommen zwar diese täglichen Updates, aber sie enthalten keine neuen Infos und vor allem, Abrego Garcia sitzt weiter in El Salvador im Knast.

Philip BansePhilip Banse

Währenddessen Showtime mal wieder im Oval Office, wieder mit den Darstellern Donald Trump und J.D. Vance und diesmal als Starring Guest der Diktator von El Salvador, Herr Bukele.

Und da würde man jetzt ja denken, okay, also wenn das oberste Gericht sagt, hört mal zu, ihr müsst alles tun, damit dieser Typ, den ihr da illegalerweise deportiert habt, wieder zurück in die USA kommt, dann wäre doch der Besuch des Staatslenkers von El Salvador eine ganz gute Gelegenheit, mit ihm mal ins Gespräch zu kommen, wenn er denn schon neben euch im Oval Office sitzt.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Na, wir fliegen einfach mal mit dem Flieger dahin. Wir schieben meinetwegen auch noch 100 Leute ab. Aber auf dem Rückflug nehmen wir den Mann wieder mit zurück, von dem unser Oberstes Gericht sagt, der muss zurück. Aber es passiert komplett was anderes.

Philip BansePhilip Banse

Richtig. Es entspinnt sich also wieder mal so ein Oval Office Drama, wo Trumps Leute vortragen, warum sie jetzt ja nicht mehr zuständig sind. Der Mann säße ja in El Salvador, sei irgendwie auch kein Amerikaner, sondern hätte die El salvadorianische Staatsbürgerschaft. Sie können da jetzt also wenig machen. Man müsste sich also an den Mann dort auf dem Sessel wenden, den Diktator von El Salvador Herr Bukele. Daraufhin fragt eine Frau von CNN, ja, werter Herr Staatschef Bukele.

Wie sieht es denn aus? Wollen Sie denn diesen Mann zurückbringen in die USA? Und Bukele antwortet:

Kaitlan Collins

Do you plan to return him?

Nayib Bukele

I hope you're not suggesting that I smuggle a terrorist into the United States.

Donald TrumpDonald Trump

That's how we see it.

Nayib Bukele

How can I smuggle, how can I return him to the United States? Like I smuggle him into the United States or what do I do? Of course, I am not going to do it. It's like, I mean, the question is preposterous. How can i smuggle the terrorist into the United States? I don't have the power to return him to United States.

Philip BansePhilip Banse

Er sagt dann, also Leute, ihr meint doch nicht im Ernst, dass ich einen Terroristen in die USA entführen soll, also ein Staatsbürger von El Salvador entführt soll, ein Terrorist, und ihn in die USA bringen, das kann doch nicht euer Ernst sein, also das werde ich auf gar keinen Fall machen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also mit anderen Worten, da sitzt Donald Trump mit seinem Diktatorenkumpel Bukele im Oval Office. Sie klopfen sich wechselseitig auf die Schulter. Nice, wie wir hier so zusammen dafür sorgen, dass ein Mensch unschuldig im Anti-Terror-Gefängnis sitzt. Nebenbei lügen sie noch die Presse an, was der Supreme Court eigentlich entschieden habe. Wir haben gewonnen und so, verbreiten ganz offiziell Fake News, als gäbe es kein Morgen.

Philip BansePhilip Banse

Und was ist jetzt mit der Kontrolle der Exekutive, also der Regierung, der Ministerien durch die Justiz? Das ist ja eigentlich eine wirklich fundamentale Vorstellung zu eines modernen Staats, Gewaltenteilung. Es gibt halt diese drei Gewalten und die kontrollieren sich halt gegenseitig, damit nicht eine alle Macht anhäufen kann und handeln und walten kann, wie sie denn möchte. Und deswegen gibt sie Justiz, was ist denn jetzt damit?

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Maybe gone, sagt Adam Serwer von The Atlantic. Die Trump-Administration widersetzt sich einer Anordnung des Obersten Gerichtshofs, einen im Ausland in einem Gulag festgehaltenen Mann zurückzuholen und tut gleichzeitig so, als würde sie die Anordnung befolgen. Was sie ihm antun könnte, das könnte sie jedem antun.

Das Roberts-Gericht, also der Supreme Court, wird nun entscheiden müssen, ob es sich auf die Seite der Verfassung oder auf die Seite eines gesetzlosen Präsidenten stellt, der die Macht hat, Menschen nach Belieben verschwinden zu lassen. Und das ist keine Macht, die irgendeine Person, geschweige denn ein amerikanischer Präsident, haben sollte.

Philip BansePhilip Banse

Ja, und das spricht ja hier auf einen Punkt an, den er ja auch mal wieder so halbwegs in einem Nebensatz gesagt hat. Er wurde ja gefragt, hören Sie mal, würden Sie das denn auch mit Leuten machen, die einen amerikanischen Pass haben? Und so, ja, wenn die schlimm genug sind, wenn sie übel genug sind, natürlich.

Und das würde nichts anderes bedeuten, als dass jeder, und jede, der in den USA lebt, damit rechnen muss, wenn sie irgendwie mit Trump überquer kommen, dass sie von der Straße gefischt werden, ohne Anhörung, ohne Prozess, in einen Flieger gesetzt werden, in ein drittes Land ausgeflogen werden und dort ebenfalls ohne Anhörung, ohne Prozess in irgendeinem Kerker landen, ohne dass im Zweifel irgendwer davon erfährt.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und selbst wenn jemand was davon mitbekommt und dagegen klagt, dann wird das halt einfach ignoriert. Und das ist aus meiner Sicht die entscheidende Frage. Kommt Donald Trump damit durch? Er verstößt offensichtlich gegen die Anordnung, diese Rückkehr jedenfalls mal zu erleichtern. Er gibt der Richterin nichtsagende Auskünfte. Ja, da kommt täglich irgendein Fax, aber da steht halt nichts drin.

Bukele, muss man einfach mal sagen, ist so eine Art Vertragspartner von Trump, der betreibt halt diesen Knast. Er hält Trumps Gefangene in seinem eigenen Knast fest und er kriegt 6 Millionen Euro. Ja, kannst du mal überlegen, der ist quasi bezahlter Knastchef. So, und ein Satz von Trump, ist doch völlig offensichtlich, ein Satzen von Trump, dann säße Abrego Garcia im Flieger in Richtung USA. Aber wie man an dieser Oval Office Szene wunderbar sehen kann, Trump will einfach nicht.

Es geht darum, ein symbolisches Zeichen zu setzen. Wer ist hier der Boss? Ich meine, er könnte den Mann doch zurückfliegen. Sorry, Familienvater, war ein Fehler, Fehler passieren. Aber das ist einfach nicht Trump. Er will das durchziehen und das Problem ist, dann kann er in Zukunft machen, was er will.

Philip BansePhilip Banse

Dann kann er machen was er will und wie gesagt, also niemand muss sich darüber Gedanken machen, ob die USA das durchkriegen könnten oder nicht. Ich meine, das ist der mächtigste Staat der Welt, sie zahlen 6 Millionen Euro damit sie diese Leute da abwerfen können, wenn sie das Geld nicht zahlen und wenn sie Druck machen, dann würden die natürlich morgen diesen Typen zurückfliegen. Das ist überhaupt keine Frage.

Aber sie wollen es nicht wie du sagst und das ist jetzt tatsächlich so ein bisschen der Rubikon, der überschritten wurde. Das ist das höchste Gericht, was vom Präsidenten ignoriert wird.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und da muss man sich einfach die Frage stellen, was ist dann noch off Limits? Und ich würde sagen, nicht mehr viel. Was könnte man denn dann eigentlich noch gegen Verstöße beim Wahlrecht tun? Was kann man denn eigentlich noch tun, wenn zum Beispiel republikanische Bundesstaaten noch mal wesentlich härter versuchen, zum Beispiel People of Color davon abzuhalten, zur Wahl zu

gehen? Oder wenn sie einfach irgendwelche anderen Tricks anwenden, um dafür zu sorgen, dass bei der nächsten Präsidentschaftswahl wieder Trump gewählt wird. Da geht's ja schon mal wieder mit los. Er schließt ja nicht mal aus, dass er nochmal antritt. Nach der Verfassung kann er keine dritte Amtszeit anstreben. Aber was will man denn machen, wenn er einfach nochmal antritt, wenn er von irgendeiner Wahlkommission

zugelassen wird? Da können die Demokraten klagen, bis sie schwarz werden, wenn die Gerichtsentscheidungen einfach nicht mehr zählen.

Philip BansePhilip Banse

Ich meine, die Strategie ist ja, dass J.D. Vance antritt und er dann Trump sein Stellvertreter ist und sein Vize und J. D. Vance dann zwar, ja, da gibt es alle möglichen Tricks, dass er dann abtritt und Trump dann Präsident wird. Dann hat er sich nicht zur Wahl gestellt, aber ist dann doch Präsident.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Mir ging es jetzt nicht um diese Tricks, die ja sogar noch semi-legal sind, die jedenfalls dem Wortlaut der Verfassung nicht widersprechen würden. Mir ging's um quasi blatantly unconstitutional moves, also wo sie quasi offen den Wortlaut der Verfassung brechen. Das können sie ja machen. Denn was kannst du dagegen noch tun? Du kannst halt nur klagen. Und wenn die Gerichtsentscheidungen aber nicht mehr zählen ...

Und das ist der Punkt, wieso wir das mal so ausführlich dargestellt haben, denn ich denke, das ist jetzt wirklich ein constitutional moment. In diesem Moment wird einfach darüber entschieden, was wird aus der Verfassungsordnung der Vereinigten Staaten. Gibt es noch so was wie judicial review? Gibt ist noch eine gerichtliche Kontrolle der Exekutive? Wenn das der Supreme Court nicht durchsetzt, in diesem konkreten Fall, dann ist die Verfassung umgeschrieben.

Und dann haben wir es in den USA endgültig mit einer Diktatur zu tun, denn dann kann Trump sich quasi als Präsident auf Lebenszeit einsetzen lassen und du kannst nichts mehr machen.

Philip BansePhilip Banse

Mit dieser etwas nachdenklichen und vielleicht auch deprimierenden Note entlassen wir euch ins Wochenende. Wir haben die Lage versucht, ausführlich und natürlich wie immer abschließend zu analysieren.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Wir hoffen, ihr habt was mitgenommen aus dieser Sendung, wir hoffen ihr habt vielleicht was gelernt und auch ein bisschen Spaß gehabt dabei. Und wenn euch diese Folge der Lage der Nation gefallen hat, dann könnt ihr uns unterstützen, indem ihr ein Mitglied der Lage werdet.

Philip BansePhilip Banse

Unter lagedernation.org/plus könnt ihr Mitglied werden und unsere Arbeit unterstützen, damit wir auf ewig unabhängig bleiben. In diesem Sinne alles Gute, macht es gut, bis nächste Woche.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Schönen Wochenende und frohe Ostern! Alles klar!

Philip BansePhilip Banse

Alles klar, frohe Ostern, bis dann!

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