Herzlich willkommen zur Lage der Nation. Ausgabe Nummer 408 vom 21. November 2024 und an den Mikrofonen hier im Berliner Lagestudio begrüßen euch Ulf Buermeyer, das bin ich und:
Philip Banse. Ganz herzlich willkommen auch von meiner Seite. Ich bin Journalist und begrüße euch natürlich ebenso aus dem warmen, kuscheligen Lage Studio bei herbstlichem, winterlichem Regenwetter hier in der Hauptstadt. Womit fangen wir an, Ulf?
Mit einem Dankeschön.
Mit einem Dankeschön. Natürlich.
Genau. Wir hatten ja in der letzten Woche noch mal angedeutet, wie wichtig diese Plus Abos sind, diese Abos, die uns einfach zeigen, dass ihr uns dauerhaft unterstützt, dass ihr wollt, dass es diesen Podcast weiter gibt. Und da muss man einfach sagen, da haben viele, viele Menschen sich ein Herz gefasst und haben sich jetzt ein solches Lage plus Abo geklickt. Und ja, man kann schon sagen, gab eine ganze Eintrittswelle und da muss ich einfach sagen, freue ich mich wahnsinnig über die
Unterstützung. Ist einfach total nett, diese Solidarität zu spüren.
Ja, nett und man kann das wirklich nicht überbetonen, was für eine wichtige Funktion dieses Abo für uns hat, was für eine Lebensversicherung das letztlich ist, wie krisenfest und unabhängig uns ihr mit eurer Unterstützung macht. Vielen Dank dafür.
Vielen, vielen Dank!
Ja, die Bundestagswahlen sind am, Stand heute, 23. Februar nächsten Jahres. Das sind keine 100 Tage mehr.
Aber die SPD hat nach wie vor keinen Kanzlerkandidaten. Sie hat nur einen Kandidatenkandidaten, nämlich den Bundeskanzler Olaf Scholz. Und es gibt einen inoffiziellen Gegenkandidaten. Das ist Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius. Philip, und da stellen wir uns natürlich in dieser Woche als Headliner in dieser Lage der Nation die Frage, was macht die K-Frage in der SPD?
Wer wird für die SPD in den Bundestag ziehen und wer hat den Anspruch, dort Kanzler zu werden? Diese Frage ist immer noch offen. Wir hatten ja immer auch in den letzten Lagen so gesagt, ja, das sind so ein paar Hinterbänkler, die sich dagegen Scholz positionieren und für Pistorius. Mittlerweile formieren sich deutlich sichtbare und auch jeweils sehr personell gut bestückte Lager.
Und ich glaube, die Bottomline dieser Woche ist, immer mehr Menschen aus der SPD stellen die Kandidatur von Olaf Scholz ganz offen in der Frage. Man kann bei diesen beiden Lagern, glaube ich, zwei grobe Linien erkennen. Da gibt es zum einen die Kader der SPD, so die Funktionärsebene. Die sind in der Tendenz eher für Olaf Scholz.
Und dann gibt es die Basis der SPD, vielleicht verkörpert vor allem von den Jusos, die sich mehr oder weniger verklausuliert, aber doch erkennbar für Boris Pistorius aussprechen. Und es gibt eben auch viele Stimmen, eher von der Basis oder von altgedienten Genossen, die sogar ganz offen für Pistorius Wahlkampf machen. Aber schauen wir uns doch diese Lager mal so ein bisschen an. Wer steht da wo?
Ja, ich würde sagen, bevor wir uns das noch mal anschauen, ein Hinweis noch, weil das vielleicht einige nicht so richtig sehen. Diese Frage ist deshalb so wichtig, weil sie darüber ganz maßgeblich entscheiden wird, wie stark wird die SPD? Und das wiederum ist ganz entscheidend dafür, wer am Ende Deutschland regieren wird. Ist es mutmaßlich die Union. Aber ob es die Union alleine ist, ist sehr unwahrscheinlich.
Aber ob es zu einer Großen Koalition oder irgendwelchen anderen Dreierkonstellation kommt, hängt ganz maßgeblich davon ab, wie stark die SPD wird. Und das hängt sehr stark davon ab, wer für die SPD als Spitzenkandidat ins Rennen geht. Und da gibt es jetzt diese Partei, die sagt, das muss Olaf Scholz machen, auch nach drei Jahren Ampel oder gerade nach drei
Jahren Ampel. Vielleicht ist er unser Spitzenkandidat, und dafür stehen maßgeblich die beiden Vorsitzenden der SPD, Lars Klingbeil und Saskia Esken.
Mit vielen anderen Leuten aus der Funktionärs- und Funktionärinnenriege, zum Beispiel Anke Rehlinger hat sich auch hinter Olaf Scholz eingereiht. Das ist die Landeschefin der SPD im Saarland und dort auch Ministerpräsidentin. Ebenso Svenja Schulze. Die ist aus dem SPD Vorstand von Nordrhein-Westfalen und im Bund Entwicklungsministerin.
Die sagt, also die hat jetzt nicht gesagt, Scholz muss es machen. Aber ihr Ton in dem Interview war schon so, also er hat einen guten Job gemacht und wir sollten das jetzt schnell beerdigen. Das klang schon so, als stünde sie eher hinter Scholz als hinter, hinter, hinter Pistorius.
Ja, und dann gibt es auch noch eine ganze Reihe von Mitgliedern des Deutschen Bundestages aus der SPD Fraktion, die sich für Scholz aussprechen. Auffälligerweise überwiegend Menschen aus der ersten Reihe. Das heißt also, das sind typischerweise die Leute, die so weit vorne auf den jeweiligen Landeslisten ihrer Partei stehen oder die sichere Direktmandate im Rücken haben, so dass sie auch dann noch in den Bundestag kommen würden, wenn die SPD bei 12 % landet.
Jetzt mal etwas zugespitzt, die Leute, denen es egal sein kann, ob nun Scholz oder Pistorius die SPD anführen, die sagen, ach der Olaf, da kommen dann zum Beispiel Argumente wie Besonnenheit und Berechenbarkeit.
Ja, und auch so das Argument, es sei gute alte Tradition, dass ein amtierender Kanzler auch für die Neuwahl dann der Spitzenkandidat ist. Man sollte da keinen Königsmord begehen. Das sind so traditionelle habituelle Argumente, und das ist auch dieses Argument, Scholz hätte sich das verdient.
Was immer das in der Politik heißt. Also ich muss ganz ehrlich sagen, das verstehe ich in dieser aktuellen Situation am allerwenigsten, weil, ich meine, immerhin die Ampelkoalition gescheitert ist, der Olaf Scholz ja nun vorstand. Seine Koalition quasi ist vor die Wand gefahren. Welchen Verantwortungsanteil man da auch immer bei Olaf Scholz persönlich verorten mag, jedenfalls ist das jetzt ja kein Erfolgsprogramm gewesen.
Und dann muss man sehen, steht die SPD in Umfragen, wie man weiß, extrem niedrig auf historischen Tiefstständen. Auch das unter Führung von Olaf Scholz.
Richtig. Und vor allen Dingen natürlich viel schlechter als bei der letzten Bundestagswahl, die Olaf Scholz gewonnen hat. Da ist in der Ampel auch viel verloren gegangen unter seiner Führung.
Und deswegen muss ich sagen, frage ich mich so ein bisschen, was dieses Argument "er hat das verdient" eigentlich konkret bedeuten soll in diesem Kontext. Interessant allerdings auch das Pro Scholz Lager behauptet nicht, soweit ich das wahrgenommen habe, mit ihm habe man die besten Chancen bei der Bundestagswahl. Das Argument habe ich noch nicht gehört, sondern eben Besonnenheit, Berechenbarkeit und Verdienen. Das sind so die Talking
Points, Philip. Aber es gibt auch immer mehr Menschen, die sich explizit contra Olaf Scholz aussprechen.
Richtig, das sind hinter den Kulissen viele Mitglieder der Bundestagsfraktion, die jetzt vielleicht nicht ganz oben stehen, sondern die eben wahrscheinlich aus dem Bundestag rausfliegen würden, wenn die SPD deutlich schlechter abschneidet, als das bei der letzten Wahl der Fall war. Du hast ja letztes Mal schon gesagt, so oder so wird die Fraktion kleiner wegen der Wahlreform, weil einfach weniger Leute in den Bundestag kommen.
Aber natürlich eben auch wegen der wahnsinnig schlechten Umfragewerte. Und da droht unter Umständen je nach Berechnung eine Halbierung der Fraktion. Also viele Leute sitzen aktuell gerade auf dem Schleudersitz und die argumentieren und rechnen sich durchaus bessere Chancen aus, ihr Mandat zu retten, wenn Boris Pistorius der Spitzenkandidat wäre.
Der gilt einfach vielen da in der Fraktion als ihre letzte Chance, ihr Mandat noch in die nächste Legislaturperiode zu retten. Und dementsprechend auch deutlichste Kritik von einigen aus der alten Garde der SPD, die sich da vielleicht weniger um die handelnden Personen konkret Gedanken machen als um die Partei als solche. Beispielsweise Franz Müntefering.
Ja, der ehemalige Vorsitzende der Sozialdemokraten und so der Elder Statesman.
Ja, der so schön mal irgendwann sagte, das sei das schönste Amt nach Papst. Der SPD Vorsitz.
Der sagt, wir sollten einen Sonderparteitag machen, um das zu entscheiden, und das ist, das ist, wie sagt man so, die Formulierung, mit der Kritiker an Scholz es vermeiden, ihn direkt zu kritisieren. "Das soll der Sonderparteitag entscheiden" bedeutet letztlich, das soll die Partei entscheiden. Und Scholz ist nicht der Richtige, sondern wir brauchen jemand anders. Das sagen die dann nicht so
deutlich. Aber wenn die Forderung kommt, wir sollten einen Sonderparteitag machen, auf dem wir das entscheiden. Damit vermeiden sie eben auch zu sagen, Scholz sollte es nicht machen.
Ich sage mal so, sie halten damit halt die Tür offen, dass sich jetzt irgendwelche Gremien vermeintlich final auf Scholz festlegen. Was ich sehr eindrucksvoll fand, war, dass auch zwei starke, mächtige Strömungen in der Bundestagsfraktion sich gegen Scholz ausgesprochen haben, nämlich sowohl Sprecher des Seeheimer Kreises, also der Konservativen in der SPD Fraktion, als auch Sprecher der Parlamentarischen Linken. Also quasi so der genau andere Flügel, der linke Flügel der SPD
Fraktion. Die sind nun wirklich selten einer Meinung. Aber nun erklärten Dirk Wiese und Wiebke Esdar Anfang der Woche, sie hörten "viel Zuspruch für Boris Pistorius". Und das sind eben genau diese, sagen wir mal, eher Hinterbänkler:innen aus der SPD Fraktion, die sich noch nicht explizit persönlich nach außen wagen, die aber einfach ihren Flügelchefs sagen, "also, wir sollten, wir sollten doch vielleicht lieber mit Boris in die Schlacht ziehen".
Zusätzliche Wucht hat dieser, ich glaube, offene Brief oder dieses Statement war's, bekommen, weil Dirk Wiese und Wiebke Esdar beide, glaube ich, aus NRW sind und beide für diese bedeutendste, eigentlich Landesgruppe der Sozialdemokraten zu sprechen scheinen. Und da haben sich jetzt eben auch Leute aus NRW gemeldet, SPD Leute aus NRW, die sagen, wir sind aus allen Wolken gefallen, als wir diesen Brief gesehen haben.
Weil in der NRW Landesgruppe hätte es darüber nie Debatten gegeben und nun erscheint das so, als wäre gesamt SPD NRW gegen Olaf Scholz und das sei eben nicht so. Da haben sich also viele aus, oder einer jetzt aus NRW auch gemeldet und gesagt, also Scholz sollte das machen. Die beiden haben nicht für NRW Landesgruppe gesprochen.
Ähnlich formuliert es auch Juso Chef Türmer, der, ich würde mal sagen, sprach sich auch gegen Scholz aus, in dem er eine offene Unterstützung für Scholz im Interview verweigerte.
Und zwar auf dreifache Nachfrage von dem DLF Moderator.
Er sagt auch, das muss die Partei entscheiden. Da müssen wir uns jetzt mal auskaspern. Was er eben nicht sagte, ist, ich bin für Olaf Scholz. Olaf Scholz soll's machen.
Zum guten Schluss nach gutem Brauch noch das Statement von Sigmar Gabriel, der ja zu allem eine Meinung hat. Jetzt zum Beispiel gab er kund und zu wissen, es sei mutige politische Führung
gefragt. Wer das, also diese Diskussion, laufen lasse, der bringe die SPD unter 15 %. Und da, Philip, muss man sagen, was auch immer man jetzt von Sigmar Gabriel halten mag, ich finde, in dieser Diskussion hat er jetzt tatsächlich einen Punkt, denn ich denke, diese völlig wilde, immer wüstere Diskussion innerhalb der SPD zeigt letztlich die Führungslosigkeit der Partei.
Also, es macht den Eindruck, als hätte sich niemand darüber Gedanken gemacht, was passiert eigentlich, wenn der Kanzler sagt, er will die Vertrauensfrage stellen, die Koalition ist am Ende. Was passiert dann eigentlich mit dem Spitzenkandidaten? Wird es da eine Diskussion geben? Ist das automatisch Olaf Scholz? Und selbst wenn sie der Meinung gewesen wären, dass ist automatisch Olaf Scholz, dann hätten sie das sofort verkünden müssen.
Sie hätten quasi direkt als er dann sagte, hier, ich habe Lindner rausgeworfen, als er quasi dastand, als der starke Mann der SPD, der endlich mal Flagge zeigt und hier was durchsetzt, da hätte man quasi am nächsten Tag einen Vorstandsbeschluss gebraucht. Und das wird Neuwahlen geben. Und Olaf Scholz ist unser Spitzenkandidat. Ob das dann gezogen hätte und ob die Leute nicht trotzdem aus den Löchern gekrochen wären und hätten gesagt, aber Boris soll's doch machen.
Das muss man halt vorher klären. Also ich teile deine Einschätzung, dass man das sofort hätte verkünden müssen. Aber damit das dann auch funktioniert und damit eine solche Diskussion gar nicht erst aufkeimt, hätte man selbstverständlich vor dem Bruch der Ampel mit all diesen Leuten reden müssen.
Man hätte sich natürlich die Zustimmung sichern müssen und andersherum, wenn man dann bei diesen, bei diesen, sagen wir mal, innerparteilichen Sondierung den Eindruck gewinnt, verdammte Tat, da gibt es eine ganze Menge Opposition, das wird sich nicht unter der Decke halten lassen. Dann hätte Olaf Scholz vielleicht schlicht und ergreifend zugleich seinen Verzicht auf die Kanzlerkandidatur ankündigen müssen. Dann wäre der Fall ja auch klar
gewesen. Aber was auf jeden Fall gar nicht geht, ist, dass die Führung der SPD, also insbesondere Saskia Esken, Lars Klingbeil und eben Olaf Scholz, dass die eben nicht nur das Ende der Ampel verkünden und jetzt eben Neuwahlen anstreben, sondern dass sie auch noch diese Kanzlerfrage in der SPD ungeklärt lassen über Wochen, und sich diese Partei jetzt mehr oder weniger auf offener Bühne zerlegt.
Sie haben jetzt quasi zwei Fehleinschätzungen. Das eine war, wir können bestimmen, wann diese Vertrauensfrage gestellt wird und wann die Wahlen stattfinden. Da haben sie sich total verrechnet oder haben es nicht richtig durchgezogen. Jedenfalls ihr Plan ging nicht auf. Und der zweite ist eben, sie haben gedacht, die Kanzlerfrage Spitzenkandidat sei geklärt und das kann man so laufen lassen. Und auch das ist in die Hose gegangen.
Und zwar so richtig und das sind schon schwere Managementfehler. Und deswegen muss man schon ganz ehrlich sagen, was ist da eigentlich los in der SPD? Aber schauen wir doch jetzt mal auf die inhaltliche Frage: Scholz oder Pistorius? Ich denke, eins ist klar. Momentan nach dem Ende der Ampel ist die Stimmung in der Bevölkerung relativ deutlich. Es ist fast mit Händen zu greifen. Die Menschen wollen Wandel, sie wollen was Neues, sie wollen
Aufbruch. Und sie wollen vor allem die Ampel mit ihren vielen Streitereien vergessen. Ist Olaf Scholz dafür der richtige Mann?
Ich weiß nicht, ob sie Wandel wollen, aber Wandel vielleicht was anderes als Ampel. So was in der Richtung, muss man vielleicht sagen.
Na also Philip, ganz egal, ob man nun eher rechts oder eher links ist, natürlich alle Leute wollen Wandel. Alle Leute beklagen in diesem Land Stillstand. Es muss sich was ändern. Das muss man, glaube ich, gar nicht relativieren. Also da fällt mir jetzt eigentlich niemand ein, keine Gruppe in der Gesellschaft, die sagt och nö, läuft doch Bombe bei uns.
Die Frage ist halt, wohin soll der Wandel? Soll er nach vorne oder soll er nach hinten?
Ja, aber jedenfalls wollen die, alle wollen Wandel. Über die Richtung ist man sich nicht einig. Aber klar ist, es muss Wandel her. So, und deswegen meine Frage: ist Olaf Scholz dafür der richtige Mann?
Na ja, also er hat drei Jahre eine Ampel moderiert, die jetzt gescheitert ist und die viele, viele kritisieren. Noch dazu hat er das ja am Anfang überhaupt nur deshalb geschafft, diese ganzen Brüche und Widersprüche in dieser Koalition zu kitten, weil er genug Geld zur Verfügung
hatte. Er konnte die ersten anderthalb Jahre dieser Koalition nur deshalb überleben, weil da genug Geld war, namentlich diese berühmten 60 Milliarden aus der Coronahilfe, die halt umgewidmet wurden, die dieser Koalition dann zur Verfügung standen.
Wobei man natürlich immer sagen muss, das war jetzt nicht Geld, sondern das waren sogenannte Verpflichtungsermächtigungen, auf Deutsch, Genehmigung des Deutschen Bundestages, Schulden zu machen. Und Christian Lindner hat sich dann im Folgenden geweigert, diese Schulden unter einer anderen Überschrift zu machen. Und damit entstand eine massive Haushaltskrise in der Ampel.
Richtig. Aber diese Konstruktion, mit der die Koalition gestartet ist und mit der sie am Anfang ihre Widersprüche und Brüche kitten konnte, dieses Konstrukt war verfassungswidrig. Das hat das Bundesverfassungsgericht dann entschieden. Es war aber ein Konstrukt von Olaf Scholz.
Das er noch als Finanzminister erfunden hat.
Richtig, das er dann auch noch als Finanzminister erfunden hat. Also ihm ist das mehrfach um die Ohren geflogen dieses Konstrukt, mit dem er die Ampel am Anfang am Leben gehalten hat und über Wasser gehalten hat, das hat er erfunden, dass es ihm um die Ohren geflogen, das war verfassungswidrig. Und am Ende ist ihm dann eben auch diese Ampel um die Ohren geflogen. Und er hat, das hat er ja auch angedeutet, selber zu spät dann die Reißleine gezogen.
Also insofern weiß ich nicht, inwieweit Olaf Scholz das noch verkörpern kann, dass er in der Lage ist, eine Dreierkoalition A) zu moderieren und B) eben so zu verkaufen und zu gestalten, dass sie was anderes bringt als das, was er jetzt drei Jahre in der Ampel gemacht hat.
Ich würde es wirklich noch ein bisschen allgemeiner formulieren. Es geht aus meiner Sicht nicht nur um die Moderation einer Koalition, sondern es geht auch um Inhalte. Olaf Scholz kann nach drei Jahren Ampel Stillstand auch nicht mehr überzeugend auf eine Bühne treten und sagen, ich bringe dieses Land voran. Was immer dann im Einzelnen darunter zu verstehen sein mag. Aber er ist einfach nicht der Kanzler, der geliefert hat.
Was natürlich ein Stück weit auch unfair ist, weil die Ampel, das haben wir in der Lage ja schon öfter analysiert, ja auch eine ganze Menge an Dingen auf den Weg gebracht hat, eine ganze Menge verändert hat zum Guten, gerade im Bereich erneuerbare Energien.
Er würde ja auch argumentieren, ich habe die Zeitenwende vorangebracht. Wir haben diese Wirtschaftskrise, Gasmangellage gut überstanden, gut gemanagt.
Richtig, aber die Wahrnehmung ist halt einfach, Olaf Scholz liefert nicht, jetzt mal etwas zugespitzt. Ich will deutlich machen, das ist nicht ganz fair, dieses Bild. Aber das ist jedenfalls nach meiner Wahrnehmung und das spiegelt sich ja auch in den in den Umfragen, bei der Sonntagsfrage. Das ist meiner Ansicht nach so die Sicht auf Olaf Scholz. Da muss man sagen, da stünde Boris Pistorius als Verteidigungsminister deutlich besser da. Er gilt als starker Minister.
Aber natürlich gibt es auch gegen ihn deutliche Vorbehalte. Insbesondere muss man natürlich die Frage stellen, er ist Verteidigungsminister. Kann er denn überhaupt mehr als Verteidigungspolitik?
Das ist ja das Killerargument, was seine Kritiker gegen ihn anbringen. Er ist jetzt Verteidigungsminister, das macht er gut, das macht er gerne, das soll er bleiben, aber ansonsten ist er schwach. Beispiel, kann Boris Pistorius Wirtschaftswahlkampf? Es wird vermutlich, wir sind jetzt in einer Wirtschaftskrise, die Ampel ist über wirtschaftliche Fragen, Wirtschaftspolitik zerbrochen. Friedrich Merz wird das sicherlich auch zum Thema machen. Und es ist ja auch ein wichtiges
Thema. Ist Boris Pistorius da richtig inhaltlich aufgestellt? Kann er das liefern?
Und ich denke, diese Frage oder diese Skepsis an der Leistungsfähigkeit, an der inhaltlichen Kompetenz von Boris Pistorius, die übersieht eigentlich zwei Dinge. Zum einen wird dabei übersehen, dass man jetzt aus der Tatsache, dass Boris Pistorius aktuell wenig bis nichts zu diesen Fragen zur Wirtschaftspolitik, zum Beispiel Finanzpolitik sagt, das heißt ja nicht, dass er zu diesen Fragen nichts zu sagen hätte, denn er ist einfach nur, das ist jedenfalls meine Wahrnehmung, loyal zu Olaf Scholz.
Es käme einfach in der SPD gar nicht gut an, wenn er nun, während die K-Frage ungeklärt ist, so eine Art Schattenwahlkampf führen würde und selber mit Themen in die Öffentlichkeit gehen würde, die einfach nicht zu seinem Ressort als Verteidigungsminister gehören. Ich glaube, da muss, da sollte man sich nicht täuschen lassen. Weil er jetzt nichts sagt, heißt das noch lange nicht, dass er nichts zu sagen hätte.
Richtig. Und zweitens wird übersehen, dass Pistorius ja schon lange Politiker ist und ein guter Politiker bedeutet, er ist in der Lage, sich in diverse Sachthemen einzuarbeiten. Das hat er nicht zuletzt beim Verteidigungsministerium getan. Der Mann war vorher jahrelang Innenminister in Niedersachsen. Mit Verteidigung hatte er da nicht viel zu tun. Trotzdem gilt er jetzt als hervorragender Verteidigungsminister, weil er sich eingearbeitet hat. Davor war er Oberbürgermeister in Osnabrück.
Der kennt also auch, sagen wir mal, so was wie Innere Sicherheit durch Innenminister in Niedersachsen. Er kennt so kommunale, lokale Belange, weil er eben mal Bürgermeister war. Also er kennt diese ganzen Politikfelder und gerade eben auch aus der Perspektive der Kommunen. Und da spielt die Musik eben bei wichtigen Themen wie Integration, Wirtschaftsförderung, Digitalisierung, sprich er hat damit Berührungspunkte.
Und er hat bewiesen, dass er sich selbst in Themen, die von seiner bisherigen Tätigkeit maximal weit entfernt sind, wie Verteidigung eben einarbeiten kann.
Also insofern würde ich auch sagen, diese, was so in der Berliner Polit-Bubble gerade so ein bisschen kursiert, so diese Sorge, Boris Pistorius, das inhaltliche Leichtgewicht. Das ist ein gutes Stück unfair, denke ich mal. Und dann muss man ja einfach sagen, gibt's eben die Meinungsumfragen. Die haben wir ja in der Lage ja auch schon sehr häufig ausgebreitet.
Die SPD hat, wenn man sich so diese Tabelle der 20 beliebtesten oder unbeliebtesten Politiker anschaut und Politikerinnen, dann hat die SPD sowohl den unbeliebtesten, nämlich Olaf Scholz und den beliebtesten, nämlich Boris Pistorius, in ihren Reihen. Und das wenige Wochen vor einer Bundestagswahl. Und da haben wir uns natürlich schon so ein bisschen gefragt, wer verklickert das eigentlich mal Olaf
Scholz. Oder so quasi Parallele zu der Situation in den Vereinigten Staaten, wer macht in Deutschland die Nancy Pelosi?
Die halt Joe Biden maßgeblich dazu gebracht hat, auf die Kandidatur zu verzichten. Na ja, letztlich gibt es über einen groben Daumen gepeilt drei Szenarien. Also das erste ist, Scholz geht freiwillig, das zweite ist, Scholz wird als Kandidat abgesetzt, also geht nicht freiwillig. Und das letzte Szenario ist, Scholz bleibt eben Kandidat. Wir können ja mal mit Nummer drei anfangen. Also Scholz bleibt Kandidat.
Dann würde ich prognostizieren, dass die SPD diese Debatte wahrscheinlich nicht unter Kontrolle kriegen wird. Und, ich glaube, da wird sich auch nichts dran ändern, falls der Vorstand jetzt geschlossen sagen würde, er ist der Kandidat. Dafür gibt es einfach zu viele Gegenstimmen, die das nicht akzeptieren werden.
Und es soll ja im Januar noch mal einen Parteitag geben, die mindestens bis zu diesem Parteitag sagen werden, also, wir sollten wenigstens abstimmen, ob Boris Pistorius nicht doch der Bessere ist.
Und das muss man sich mal überlegen. Wenn die SPD jetzt allen Ernstes so knapp die Hälfte dieses ohnehin schon sehr kurzen Bundestagswahlkampfs mit Personalfragen verbummeln würde und sich eben nicht geschlossen hinter ihren Kandidaten stellen kann. Also da muss man sagen, das wäre für die SPD glaube ich eine absolute Katastrophe.
Und selbst wenn dann nach dem Parteitag zum Beispiel Olaf Scholz der Kandidat der Partei wäre, der dann irgendwie mit Mehrheit auf den Schild gehoben worden ist, dann bliebe er aber ein Kandidat, von dem einfach jeder im Lande weiß, dass selbst die eigene Partei nicht so richtig an ihn glaubt. Auch nicht gerade das überzeugendste Argument. Ich meine, das hat ja Armin Laschet im letzten Bundestagswahlkampf erleben müssen. Der hat auch ein paar Fehler gemacht. Wissen wir alle noch.
Aber ein großes Manko von Armin Laschet war eben auch dieser lange innerparteiliche Wahlkampf oder Innerunionswahlkampf genauer gegen Markus Söder, wo einfach die Menschen in Deutschland gemerkt haben, die Unionsleute sind sich bei weitem nicht einig. Und Laschet hat sich nur ganz knapp durchgesetzt. Und genau so ein beschädigter Kanzlerkandidat wäre Olaf Scholz. Mit anderen Worten, er ginge also mit starken Gegenwind dann in die letzten Wochen vor der Wahl.
Ja, also man könnte der SPD wünschen, dass sie es einfach schnell schafft, dass sie sich sehr schnell für Pistorius entscheidet, oder?
Ich glaube, wenn man es gut meint mit der SPD, wäre das der Wunsch, den man haben müsste. Ich glaube, Boris Pistorius birgt für die SPD die einzige Chance auf ein gutes Ergebnis bei der Bundestagswahl.
Weil so viel schlechter kann es jetzt eigentlich nicht laufen als mit Scholz. Es geht seit Jahren bergab. Jetzt sind sie bei 14, 15 % und es fällt schwer, sich vorzustellen, dass das mit Pistorius nicht besser laufen würde. Insbesondere weil eben der Kontrast zwischen Pistorius und Merz doch relativ groß ist. Und mit Pistorius hätte die SPD vielleicht sogar die Chance, noch an der Union vorbeizuziehen. Aber dazu muss es halt richtig, richtig, richtig, richtig Bombe
laufen. Dazu muss wirklich eine Rakete gezündet werden. Und das hat ja selbst Scholz geschafft. Er hat ja 2021 in 100 Tagen elf Punkte quasi aufgeholt. Aber das geht eben nur, wenn die Partei wirklich hinter dir steht, wenn ein Spirit entsteht, wenn auch in der Bevölkerung klar wird, aha, da gibt es was, da ist eine Veränderung, dafür können wir uns erwärmen.
Ja, und vor allem, wenn man noch so quasi als der Joker auftreten kann. Olaf Scholz vor drei Jahren ist einfach nicht mehr die Marke Olaf Scholz von heute. Olaf Scholz damals war der leidlich beliebte, leidlich erfolgreiche erste Bürgermeister der Hansestadt Hamburg und war Finanzminister und konnte so irgendwie als sozialdemokratischer Hoffnungsträger im Wahlkampf durchgehen. Hat mit diesem Respektwahlkampf Punkte gemacht.
Und heute ist Olaf Scholz einfach nicht mehr dieses unbeschriebene Blatt oder relativ unbeschriebene Blatt. Jetzt haben die Leute da eine sehr konkrete Vorstellung und diese sehr konkrete Vorstellung führt dazu, dass Scholz eben ähnlich unbeliebt ist wie Friedrich Merz. Und da muss man ganz einfach sagen, für die SPD kann man eigentlich nicht wünschen, dass es einen Scholzwahlkampf gibt.
Und dann könnte man ja auch argumentieren, dass es fast seine Pflicht wäre, die Kandidatur an Pistorius zu übergeben oder ihn zumindest vorzuschlagen. Also A) rettet er damit vielen, vermutlich, MdB das Mandat. Er würde vermutlich die Partei einen.
Also stellen wir uns die Situation vor. Stellen wir uns vor, Olaf Scholz tritt heute, Donnerstag, 15:00, vor die Hauptstadtpresse und sagt, ich merke es einfach. Der Rückenwind reicht nicht. Ich habe alles gegeben. Aber ich weiß, ich bin auch verantwortlich für dieses Land und für diese Partei. Ich glaube, Boris Pistorius wird die Sozialdemokratie stärker machen. Ich bin raus. Ich bitte Boris Pistorius zu kandidieren. Stellen wir uns diese Rede vor.
Und selbst wenn er das nur symbolisch argumentiert, gar nicht jetzt inhaltlich, sondern rein symbolisch. Ich weiß, Politik ist auch Symbolik. Wir brauchen jemanden, der einen Neuanfang verkörpert. Das kann ich nicht, weil ich bin seit drei Jahren hier Kanzler und wir brauchen neuen Wind. Und deswegen bitte übernimm du. Das würde ja schon reichen.
Das würde ja schon reichen. Und wenn er das tun würde, muss man ehrlich sagen, dann wäre ihm der Dank der ganzen Partei sicher. Er wäre so ein bisschen so ein Held der Sozialdemokratie. Er bliebe ein Kanzler mit bestenfalls gemischter Bilanz, das muss man sagen. Aber er hätte jedenfalls einen richtig starken Abgang hingelegt. Und auf der anderen Seite, muss man sagen, hat er doch, finde ich, auch gar nicht mehr so wahnsinnig viel zu verlieren. Also seien wir mal
realistisch. Bundeskanzler wird er nach menschlichem Ermessen nicht bleiben. Und ob das nun wirklich so geil wäre, noch mal unter Friedrich Merz Außenminister oder Finanzminister zu werden, mal ganz ehrlich, da kann doch auch ein Olaf Scholz lieber als Held der Sozialdemokratie in Politrente gehen.
Also wenn du schon mit seinem Ego argumentierst, würde ich sagen, so wie man ihn kennengelernt hat, könnte das durchaus ein Ziel für ihn sein. Also wenn er denn jetzt mit 12, 13, 14, 15 % einschreitet und irgendwie Teil einer Regierungskoalition unter Merz Führung wird und er macht das als Spitzenkandidat, dann hätte er zumindest das erste Zugriffsrecht auf ein SPD Ministerium. Das ist dann vielleicht nicht Finanzen, sondern Arbeit oder Soziales oder Wirtschaft.
Ob das Spaß macht, weiß ich nicht. Aber er hat das ja in der GroKo unter Merkel auch gemacht. Und hat das gerne gemacht.
Ich kann mir das nicht vorstellen, dass es irgendwie Spaß macht, wenn man Bundeskanzler war, wenn man die Richtlinien der Politik bestimmt hat, sort of, dass man dann sich noch mal quasi eine Reihe oder zwei Reihen degradieren lässt. I don't know.
Ja, maybe, ich würde nur denken, das hat Frank Capellan ja auch heute im Deutschlandfunk gesagt, ein Kollege, der Olaf Scholz zum G20 Gipfel nach Brasilien begleitet hat. Also, da hat er formuliert, Scholz mache nicht den Eindruck, als würde er von selber abtreten wollen. Und der hat schon so viele Tiefs und Krisen und Niederlagen erlebt, und immer hat er weitergemacht.
Es fällt irgendwie schwer vorzustellen, dass er jetzt sagt, okay, jetzt habe ich das hier über die Bühne gebracht, jetzt trete ich ab. Würde mich zumindest überraschen. Dann ist halt die Frage, wer ihm das sagt und sagt, dann gibt es einen Putsch. Dann gibt es irgendwie im Vorstand jemanden, der sagt, ja, du willst zwar weitermachen, aber wir wollen das nicht. Auch danach sieht es ehrlich gesagt nicht aus.
Nein, das ist genau das Problem, das in der SPD an den Leuten fehlt. Insbesondere wäre das natürlich die Rolle von Lars Klingbeil und Saskia Esken zu sagen, Olaf, ist Game over. Diese Leute gibt es nicht. Und damit liegt die Entscheidung wohl jedenfalls fürs Erste bei Scholz. Und alles läuft auf die Frage zu, was kommt für Scholz zuerst: die Partei oder das Ego?
Olaf Scholz hatte diese Woche ein Versuch unternommen, sich auf außenpolitischer Bühne noch mal zu präsentieren und deutlich zu machen, dass er nicht nur für Waffenlieferungen an die Ukraine steht, sondern auch für einen diplomatischen Ansatz und mit diplomatischen Mitteln versucht, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Und das hat zu der Entscheidung geführt, dass es doch mal wieder an der Zeit wäre, Wladimir Putin anzurufen.
Das hat er zwei Jahre lang nicht gemacht, mit der Begründung, man hat sich nichts mehr zu sagen. Da bewegt sich nichts. Nun hat sich das offensichtlich geändert und er hat zum Hörer gegriffen und eine Stunde mit dem russischen Diktator, Autokraten telefoniert.
Ja, und zwar wohl auf Russisch, obwohl Putin ja auch ein bisschen Deutsch kann. Aber offiziell wurden keine Inhalte oder Ergebnisse dieses Telefongesprächs bekannt gegeben. Die Aktion war offenbar auch mit niemandem vorher abgestimmt. Jedenfalls waren die internationalen Reaktionen, sagen wir, unterkühlt.
Also offenbar nicht abgestimmt. Dem würde das Bundeskanzleramt widersprechen. Die haben gesagt, wir haben uns vor diesem Telefonat mit unseren westlichen Verbündeten in Verbindung gesetzt und sie darüber informiert. Das ist insofern etwas überraschend und irritierend, weil die Reaktionen nach diesem Telefonat doch wirklich unterkühlt, skeptisch, kritisch waren. Wolodymyr Selenskyi, Präsident der Ukraine, zeigte sich, würde ich sagen, geradezu verstört.
Der sagt, also mit so einem Anruf hat Olaf Scholz die Büchse der Pandora geöffnet. Gemeint ist, bisher war Wladimir Putin zumindest in der westlichen Welt einigermaßen isoliert. Das ist jetzt nicht mehr der Fall. Und Olaf Scholz hat mit seinem Anruf für alle anderen sozusagen die Möglichkeit eröffnet, doch auch mal anzurufen und Putin so die Möglichkeit gegeben, zu sagen, also isoliert sind wir nicht mehr. Der Westen will mit uns reden und auch Polen war genervt.
Polen. Dasselbe gilt für Joe Biden, den scheidenden US Präsidenten. Aber auch Frankreich zeigte sich schwer irritiert von diesem diplomatischen, also wenn man nach den Reaktionen geht, offenbar Alleingang. Also ich finde auch das ist alleine schon wieder irgendwie interessant, dass es noch nicht mal klar ist, ob es vorher abgestimmt war. Aber sämtliche Reaktionen der Verbündeten zeigen, dass sie offenbar nicht eingebunden waren. Deswegen sagte ich oben, war offenbar nicht abgestimmt.
Also da fragt man sich schon, wieso sagt das Kanzleramt, es war abgestimmt, wenn niemand anderes das bestätigt.
Ja, ich würde, ich würde ja argumentieren, auch selbst wenn es Vorwarnung gegeben hat und die Leute dann hinterher sehen, was es gebracht hat und wie es abgelaufen ist, kann es trotzdem beides richtig sein. Sie waren vielleicht vorgewarnt und waren vielleicht eingebunden. Wie da ihre Reaktion war, weiß man ja auch nicht. Vielleicht haben sie ja vorher schon gesagt-
Please don't.
Please don't. Macht es besser nicht. Dann haben sie das Ergebnis gesehen und sich halt so geäußert, wie sie sich jetzt geäußert haben. Interessant ist auch, Russland hat sich gefreut. Die haben das als richtigen, schönen Propagandaerfolg verkauft, haben gesagt, der Westen will mit uns reden. Olaf Scholz hat uns angerufen und das kann man natürlich auch so interpretieren, dass sie einfach feiern, der Westen ist schwach, jetzt knicken sie ein. Isolation ist passé.
Sie melden sich, weil sie reden wollen.
Genau. Und ob Russland das tatsächlich als Schwäche des Westens interpretiert hat, das wiederum kann man, denke ich, am besten ablesen an der Reaktion Putins. Man könnte ja denken, ah, jetzt wird geredet, jetzt ist irgendwie Entspannung angesagt. Putin mäßigt sich, macht vielleicht Zusagen, beschreitet erste Schritte in Richtung einer Friedenslösung. Aber ganz im Gegenteil. Wladimir Putin hat stattdessen eine Großoffensive in der Ukraine gestartet.
Ja, es gab in der Nacht wirklich, glaube ich, nach dem Telefonat die intensivsten Luftangriffe auf die Ukraine seit Monaten. Folge waren stundenlange Stromausfälle in der Ukraine. Und er hat ja auch noch mal bekräftigt, ja, ja, wir können ja gerne reden, aber es muss auf Basis der, wie es hieß, neuen territorialen Gegebenheiten
passieren. Und das bedeutet, letztlich nur unter der Voraussetzung, dass alles, was wir jetzt besetzen haben, Krim, auch alles, was wir nicht besetzt haben, ist Russland, denn die haben ja auch in der Verfassung eingemeindet und als zu Russland gehörig definiert, Gebiete, die zur Ukraine gehören, die Russland aber jetzt noch nicht besetzt hat. Auch das sei sozusagen Grundlage für Verhandlungen. Das ist natürlich für niemanden im Westen zu akzeptieren und deswegen fragen sich alle, was sollte
das? Was war das Reasoning? Was war die Kalkulation, das Kalkül hinter diesem Anruf?
Das war wichtig, um ihm auch zu sagen, dass er nicht darauf rechnen darf, dass die Unterstützung Deutschlands, Europas und vieler anderer in der Welt für die Ukraine nachlassen wird, sondern dass es jetzt auch an ihm ist, dafür Sorge zu tragen, dass der Krieg ein Ende findet, auch indem er ihn beendet, von seiner Seite und Truppen zurückzieht.
Sagt Olaf Scholz. Und seine Leute, sein Umkreis, sein Kreis, seine Berater haben dem Spiegel gesagt, niemand habe von Putin einen Durchbruch, Geständnis, Zugeständnisse oder ein konkretes Angebot für Friedensverhandlungen erwartet. Okay. Dennoch sei der Anruf sinnvoll gewesen. Scholz habe Putin, das hatte Scholz eben auch selber gesagt, ein Bild vermitteln wollen vom tatsächlichen Kriegsgeschehen und davon, wie kritisch Russland international gesehen werde.
Ich wundere mich da so ein bisschen, dass Olaf Scholz offensichtlich glaubt, dass Wladimir Putin nicht weiß, was geht. Also hältst du das, hältst du das für realistisch, dass Putin quasi Nachhilfe aus Berlin braucht, um die Kriegslage realistisch einzuschätzen? Zumal die Kriegslage für Russland ja verhalten positiv ist. Die Front der Ukraine ist jetzt nicht gerade zusammengebrochen, aber Russland macht beharrlich Fortschritte.
Macht beharrlich Fortschritte. Man kann argumentieren, Putin lebt in seinem Paralleluniversum, wird nur noch von seinen Lakaien beraten. Vielleicht weiß er wirklich nicht so genau, wie es auf dem Boden aussieht. Aber ob Olaf Scholz jetzt der Richtige ist, um ihm da detaillierte taktische Analysen und das Kriegsgeschehen zu geben, weiß ich nicht. Verwirrender finde ich aber auch die Idee, dass man mit so einem Anruf Putin klarmachen könnte, der Westen steht zusammen.
Also wenn Putin klar zu machen ist, der Westen steht zusammen, dann geht das nicht durch Reden, sondern das muss man ihm zeigen.
Zum Beispiel indem man keine unabgestimmten Telefonanrufe startet oder jedenfalls vorher sicherstellt, dass diese Telefonanrufe dann nicht von sämtlichen westlichen Partnern mehr oder weniger deutlich kritisiert werden.
Also wenn du schon anrufst, dann muss klar sein, hinterher sagen alle, wir stehen hinter Scholz. Das war eine super Idee. Der Westen stehe zusammen. Was jetzt passiert ist, auch dem Letzten im Kreml ist klar geworden, also Einigkeit herrscht da nicht.
Scholz ist isoliert, der Westen sieht ihn kritisch. Aber Olaf Scholz sagt, er habe herausgefunden, dass Putin an seinen imperialistischen Zielen festhalte, also weiter Nachbarstaaten, die er zu seinem Einflussbereich zählt, erobern und unterwerfen will.
Übrigens ist das auch wichtig im Hinblick auf diejenigen, die glauben, es wäre ganz einfach, diesen Krieg zu beenden. Aber der kann ja nur beendet werden, wenn der russische Präsident auch bereit ist, von seinen imperialistischen Zielen abzulassen. Und denen, die das in Deutschland sagen, muss man die Botschaft hinterlassen, dafür gibt es keine Anzeichen. So einfach ist das nicht. Wir werden die Ukraine weiter unterstützen müssen, dass sie sich verteidigen kann.
Also angesichts des Feedbacks aus dem Westen. Null Erkenntnis eigentlich bei diesem Anruf. Null Wirkung in irgendeiner positiven Hinsicht.
Also jedenfalls keine positive Wirkung für den Westen. Man kann sich die Frage stellen, was war da der Plan? Und wir haben uns gefragt, ob nicht eventuell das eigentliche Motiv von Olaf Scholz eher ein innenpolitisches war, nämlich quasi Wahlkampf als Friedenskanzler zu machen. Denn das war ja schon seine Strategie im Wahlkampf für die Europawahl im Frühjahr diesen Jahres. Da hat er auch darauf gesetzt, er sei ein Friedenskanzler.
Und natürlich schmerzen die SPD gerade aktuell die Wahlerfolge des Bündnisses Sahra Wagenknecht, völlig klar. Quälende Koalitionsverhandlungen in Thüringen sind jetzt gerade wohl zu einem positiven Abschluss gekommen, aber haben echt nicht Spaß gemacht. In Sachsen ist es extrem schwierig, in Brandenburg ist es extrem
schwierig. Insofern, meine persönliche Deutung wäre, dass er versucht hat, sich noch mal als Friedenskanzler zu inszenieren, weil ja Sahra Wagenknecht quasi gebetsmühlenartig Verhandlungen fordert.
Eine andere Erklärung fällt mir da jetzt ehrlich gesagt auch nicht ein. Innenpolitik war auch immer das Motiv, warum er so zögerlich Waffen geliefert hat. Das Muster war ja immer das gleiche. Irgendjemand fordert was, dann sagt man Nein, machen wir nicht. Dann gibt es irgendwie wochenlange Diskussionen. Dann sagt die USA, na gut, wir liefern. Und dann ist Scholz auch dabei gewesen. Das hat sich immer wiederholt und das Motiv war immer, glaube ich, ein innenpolitisches.
Er wollte nach innen deutlich machen, ich bin besonnen, ich denke nach. Wir wägen ab. Wir sorgen nicht für unnötige Eskalation. Und so, glaube ich, ist es jetzt auch hier, auf der diplomatischen Ebene nach innen zu signalisieren, ja, wir liefern Waffen, wir müssen auch weiter Waffen liefern. Aber ich stehe auch für diplomatische Bemühung.
Das Problem ist, dass diese Selbstinszenierung als Friedenskanzler natürlich schon im Europawahlkampf für die SPD nicht so wahnsinnig gut funktioniert hat. Also die Leute, die, ich sage jetzt mal, deutlich eher auf Putins Seite stehen, die sagen, der Westen soll doch bitte die Ukraine fallen lassen, soll auf gar keinen Fall Waffen liefern. Die finden Scholz natürlich nach wie vor viel zu aktiv auf Seiten der Ukraine.
Und auf der anderen Seite, Menschen, die finden, die Ukraine muss diesen Krieg nicht nur irgendwie bestehen können, sondern die soll ihn gewinnen. Die soll vielleicht Russland sogar aus dem Land vertreiben können. Die finden natürlich, Olaf Scholz tut zu wenig. Und ich denke, so ein halbgarer Kurs, ja, Ukraine unterstützen aber auch nicht all in, der lässt sich einfach extrem schlecht
kommunizieren. Kaum jemand versteht diesen Kurs und vor allem Philip habe ich den Eindruck, dass man da im Grunde denselben Fehler macht wie im Umgang mit dem Rechtsextremismus. Also wir haben schon ganz oft in der Lage analysiert, das will ich jetzt wirklich nur schlagwortartig zitieren, man bekämpft Rechtsextremismus, man bekämpft Nazis nicht, indem man ihre Rezepte
kopiert. So ein bisschen Rassismus ist einfach keine Lösung, um Rassismus zu kontern, sondern der Weg, politische Auffassung, die man falsch findet, zu kontern, besteht darin, Widerspruch zu üben und insbesondere den Menschen, die diesen Kurs wählen, zu sagen, nein, wir sind anderer Meinung, und zwar aus folgendem Grund. Und ich glaube, dasselbe funktioniert genauso für's BSW.
Diesen völlig unrealistischen Pazifismus, den sogenannten Pazifismus einer Sahra Wagenknecht, den kontert man nicht, in dem man solche Anrufe mit Putin inszeniert, sondern mit Fakten, indem man eben den Menschen in Deutschland erklärt, warum die Freiheit und die Sicherheit der Bundesrepublik nicht zuletzt auch in der Ukraine verteidigt wird.
Und das Bizarre ist ja, dass er das ja eigentlich glaubt zu tun. Er hat das ja in dem O-Ton eben auch gesagt. Putin rückt von seinen imperialistischen Ambitionen nicht ab. Deswegen müssen wir die Ukraine weiter unterstützen. Gleichzeitig geht er aber nicht den ganzen Weg. Gleichzeitig sagt er Taurus, Raketen, die 500 Kilometer nach Russland rein fliegen, liefern wir nicht. Obwohl Joe Biden jetzt die Erlaubnis gegeben hat-
ATACMS einzusetzen.
ATACMS einzusetzen und eben auch Ziele in Russland anzugreifen, obwohl die USA jetzt sogar wohl erlauben, Minen einzusetzen. Und auch Frankreich und Großbritannien haben wohl die Erlaubnis gegeben, ihre Raketen auch auf russische Ziele abzufeuern. Und das war ja bisher immer das Muster, dass Olaf Scholz darauf gewartet hat, dass die vorweg gehen und dann zuckelt Deutschland hinterher. Und das passiert jetzt aber beim Taurus nicht.
Also da ist für ihn sozusagen die Grenze erreicht und es ist nicht richtig zu erklären. Einerseits, ja, imperialistische Ambitionen. Wir müssen weiter Waffen liefern, die Ukraine darf nicht verlieren. Aber wir machen nicht alles dafür. Das, was wir machen können, was selbst unsere Verbündeten machen, machen wir nicht.
Und zwar ohne eine irgendwie nachvollziehbare Begründung. Die einzige, die dann geliefert wird, ist, wir wollen auf gar keinen Fall, dass deutsche Soldaten in der Ukraine bei der Programmierung dieser Taurus eingesetzt werden müssen. Und da wiederum sagen Militärexperten, müssen wir auch gar nicht, machen die Franzosen und die Briten nämlich auch nicht.
Ja, vor allen Dingen macht das die Industrie. Also uns sagen ja so Leute wie Gustav Gressel, ehemals Wissenschaftler in Berlin, jetzt wieder zurück beim österreichischen Verteidigungsministerium, der sagt, nein, man kann Taurus dort einsetzen und man kann die Ziele programmieren. Das machen aber Techniker der Industrie, da müssten keine deutschen Soldaten involviert werden. Sprich Deutschland wäre deshalb nicht automatisch Kriegsteilnehmer. Und das ist ja das, was Scholz befürchtet.
Das ist Scholz Befürchtung. Und Frankreich und Großbritannien haben es halt geschafft, ukrainische Soldaten so gut auszubilden, dass die inzwischen auch selber diese Raketen programmieren können. Das heißt, das ist also so, das ist so ein klassisches Scheinargument, was auch relativ gut durchschaubar ist. Und dann fragt man sich natürlich, was ist der wirkliche Grund dafür, dass Olaf Scholz an der Stelle so zaudert?
Also ich glaube ehrlich gesagt, dieser Kurs überzeugt einfach die wenigsten Menschen in Deutschland, vor allem auch vor dem Hintergrund, dass ja Russland auf der anderen Seite den Konflikt immer weiter eskaliert. Wir haben eben schon gesprochen von der großen Luft Offensive Russlands in Reaktion tatsächlich auf das
Telefonat. Und zweitens gibt es ja seit einigen Wochen den Einsatz von etwa 11.000 nordkoreanischen Soldaten, die jetzt in die russische Armee integriert worden sind und die jetzt dabei helfen sollen, quasi die ukrainische Invasion in dem russischen Oblast Kursk zurückzuführen.
Richtig. Und ich glaube ja auch, dass man, wenn du sagst, Wirkung nach innen, wenn man argumentiert, das Telefonat soll erst Wirkung nach innen zeigen, dann sind es natürlich einerseits potenzielle Wähler Wählerinnen der SPD, aber ich glaube auch eben ein Signal an die Partei jetzt im Wahlkampf, dass es natürlich sehr viele in der SPD gibt, die genau das wollen. Die wollen Diplomatie, die wollen Verhandlungen, die wollen weniger Waffenlieferungen und an die ist das auch ein Signal.
Und Boris Pistorius steht nun wirklich für einen anderen Kurs. Der verfolgt in der Ukraine, würde ich sagen, argumentativ zumindest eher den Kurs einer konsequenten Bewaffnung auch mit Taurus. Und das können natürlich viele in der SPD auch nicht schlucken.
Und das ist, finde ich, eine ganz interessante Seite. Wir hatten ja eben über den Konflikt zwischen Scholz und Pistorius eher aus einer taktischen Perspektive berichtet. Also wer hat welche Chancen im Bundestagswahlkampf? Was hätte das für Folgen? Es gibt auch, jedenfalls öffentlich erkennbar, bislang nicht so wahnsinnig viele inhaltliche Unterschiede zwischen den beiden. Aber das, was du gerade angesprochen hast, Philip, das ist ein sehr greifbarer Unterschied.
Scholz steht ja für so einen, ich sag mal so, einen halbgaren Kurs der Mittellage, wo er immer sagt, Ukraine darf nicht verlieren. Aber wo er auch bei weitem nicht alles tut, damit die Ukraine diesen Krieg gewinnt. Und da, glaube ich, wäre Boris Pistorius deutlich entschiedener und damit interessanterweise näher an den Grünen und auch näher
an der Union. Das ist ja so diese irgendwie ein bisschen skurrile innenpolitische Situation, dass Grüne und Union sich in diesem Punkt Ukraine sehr nahe sind.
Okay, gut, ich glaube, damit haben es dann so einigermaßen abgebunden. Das wird sicherlich auch wieder Thema sein in der nächsten Lage nächste Woche. Gehe ich mal ganz fest davon aus.
Zu unserem nächsten Thema. Wir hatten im Dezember des vergangenen Jahres mal einen ausführlichen Blog, sogar mit einem Interview mit Julia Gruschwitz vom Mitteldeutschen Rundfunk zum Thema Femizide. Und dieses Thema wollen wir in dieser Woche wieder aufgreifen. Und zwar, weil es vom Bundeskriminalamt spannende Neuigkeiten gibt. Das Bundeskriminalamt hat in diesem Jahr erstmals ein sogenanntes Lagebild Gewalt gegen Frauen erstellt.
Also Femizide. Wie gesagt, gibt es unterschiedliche Definitionen, aber ich glaube, man kann das auf den Kern eindampfen. Femizide sind Morde an Frauen in, ich würde mal sagen, im weitesten Sinne Partnerkonstellationen. Also im Kern geht es darum Ehemann bringt seine Ehefrau um oder ehemaliger Partner bringt seine ehemalige Partnerin um. Ich glaube, das ist so der Kern dessen, was man so als Femizid bezeichnen kann.
Und wir hatten, das hast du ja auch schon gesagt, wir hatten dieses Thema ja auch schon mal am 14. Dezember 23, also fast genau vor einem Jahr im Interview eben mit Julia Gruschwitz vom MDR, Link findet ihr auch in den Shownotes oder findet eben auch unter lage.link/ldn/361.
Genau, diesen Punkt wollte ich an der Stelle mal ganz kurz einflechten. Kleiner Servicehinweis. Manchmal sprechen wir ja Lagefolgen mit der Nummer an und wir haben vor einiger Zeit unsere Lage IT insofern verbessert, dass man jetzt auf Lagefolgen mit der Nummer verlinken kann. Das geht immer so, ihr schreibt einfach lage.link/ldn/nummer, also zum Beispiel lage.link/ldn/361, wenn ihr in die Folge 361 springen wollt.
Also wir hatten das Thema damals schon im Programm. Wir haben das jetzt noch mal reingenommen, weil es neue Zahlen gibt, die sich auch ein bisschen von denen unterscheiden, die wir damals hatten, vom BKA. Aber wir wollten da eben auch noch mal drauf hinweisen, dass es in der Gesellschaft durchaus Themen gibt, die sehr, sehr unterschiedlich wahrgenommen, dargestellt und mit gesellschaftlichem Interesse gesegnet sind.
Also denken wir an den sogenannten Fall Solingen. Ein Migrant ermordet Menschen auf einem Stadtfest, verletzt ein paar andere. Die Republik steht Kopf. Wochenlang wird über krasse Verschärfungen im Migrationsrecht und überhaupt im Sicherheitsrecht gesprochen. Inzwischen ist einiges davon auch beschlossen. Das ist die eine Seite. Schlimme Straftat, wollen wir überhaupt nicht relativieren, mit einer extremen Reaktion der Öffentlichkeit und der Politik
in Deutschland. Und auf der anderen Seite muss man sich einen Fall vorstellen, ein Mann tötet seine Partnerin oder Ex Partnerin, dann redet da eigentlich kaum jemand drüber. Vielleicht hat die Bildzeitung noch mal irgendwie eine krasse Schlagzeile, aber im Prinzip heißt es dann immer einfach nur "Das sei ein Familiendrama", so als sei ein solcher Mord quasi ein Naturgesetz. Und wir finden ehrlich gesagt diese Schwerpunktsetzung falsch.
Also wir hatten da ja wie gesagt schon mal drüber gesprochen. Jetzt machen wir die Dose noch mal auf, weil es wie gesagt Neuigkeiten vom Bundeskriminalamt gibt. Neue Zahlen, die deutlich machen, dass die Situation von Frauen noch deutlich schlimmer ist, als wir das ohnehin schon dachten. Es gibt nämlich nach diesen Zahlen rund dreimal so viele Femizide pro Jahr wie bisher bekannt. Und auch sonst gibt es halt immer mehr Straftaten gegen Frauen, und zwar gerade, weil sie Frauen
sind. Diese Zahlen stammen aus dem Bundeslagebild für Straftaten gegen Frauen, was das BKA jetzt erstmals erstellt hat.
Genau. Und in diesen Bundeslagebildern fasst das Bundeskriminalamt regelmäßig Straftaten zu bestimmten Deliktsbereichen zusammen. Also in diesem Fall geht es um Taten, die "überwiegend zum Nachteil von Frauen begangen werden oder in ihrer Ausprägung primär Frauen betreffen".
Und das BKA richtet in diesem Bundeslagebild den Blick auf Sexualstraftaten, häusliche Gewalt, Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung, also das bedeutet auf Deutsch sogenannte Zwangsprostitution, digitale Gewalt, politisch motivierte Kriminalität mit frauenfeindlichen Vorurteilen und eben Femizide. Und das Ergebnis dieses Lagebilds ist schon ziemlich ernüchternd.
In jeder Fallgruppe, schreibt das BKA, in jeder Fallgruppe ist im Vergleich zum Vorjahr die Anzahl der weiblichen Opfer gestiegen. Jetzt ist das eine Statistik des Bundeskriminalamts und da muss man ja so ein paar Fußnoten dran machen. Grundlage für dieses Lagebild, für diese Spezialauswertung, so möchte ich es mal nennen, ist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Das heißt, hier geht es um Strafanzeigen. Das ist so eine Art Tätigkeitsbericht
der Polizei. Es geht also nicht um begangene Taten, die womöglich schon vor Gericht verurteilt wurden, sondern es geht um Strafanzeigen, die eingegangen sind in diesen Bereichen Sexualstraftaten, häusliche Gewalt, Femizide usw.
Und die Folge, dass es eben nicht um eine Verurteilungsstatistik geht, sondern um eine Statistik der Anzeigen ist, dass ein statistischer Anstieg auch nicht zwingend bedeuten muss, dass auch so viel mehr Taten begangen wurden. Also ein Anstieg in der BKS kann auch daran liegen, dass es in einem bestimmten Deliktsbereich einfach eine größere Bereitschaft zur Anzeige gibt. Oder auch daran, dass die Polizei Opfer vielleicht ernster nimmt als früher, weniger abwimmelt.
Das ist ja eine Kritik, die man sehr häufig hören kann, gerade im Bereich von Straftaten gegen Frauen, dass sich Frauen bei der Polizei nicht ernst genommen fühlen, sagen, die hatten die hat überhaupt kein Bock auf die Anzeige, die haben das alles kleingeredet. Stellen Sie sich mal nicht so an und so, und wenn die Polizei jetzt das weniger tun würde, wenn sie die Opfer ernst nehmen würde, dann wäre das ja erst mal eine positive
Nachricht. Quasi mehr Awareness bei der Polizei und vielleicht auch mehr Mut, Taten zur Anzeige zu bringen bei den Opfern. Aber ich glaube Philip, die Anstiege, die jetzt in diesem Bundeslagebild zu sehen sind, die sind doch jedenfalls in Teilen so drastisch, dass ich so ein bisschen skeptisch bin, ob man das alleine und komplett durch solche statistischen Effekte erklären.
Ja, wir wissen es nicht. Aber der Anstieg ist doch so drastisch, dass man zumindest einen educated guess machen kann und annehmen kann, dass das schon etwas zu tun hat mit einer realen Veränderung tatsächlich bei den Straftaten und nicht einfach nur ein statistischer Effekt ist. Ein paar Beispiele: also es gibt ja diese, diesen Aspekt hatten wir oben auch gesagt, politisch motivierte Hasskriminalität gegen Frauen.
Darunter versteht das BKA Taten aufgrund einer Ideologie der Ablehnung von Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit der Geschlechter. Da gibt es über 56 % mehr angezeigte Straftaten als im Vorjahr. Liegt das daran, dass da Leute mehr hinhören, dass es irgendwie ernster genommen wird? Oder gibt es tatsächlich mehr dieser Straftaten? Vermutlich sind es mehr.
Vermutlich sind es mehr. Mehr als 56 % Anstieg sind ja einfach schon sehr drastisch. Und das deckt sich ja auch mit der allgemeinen Wahrnehmung, dass das Klima gerade in sozialen Medien, um die es ja hier auch geht, einfach immer rauer wird.
Häusliche Gewalt. Da gibt es gut 180.000 weibliche Betroffene, die bei der Polizei angezeigt haben, hey, ich bin Opfer häuslicher Gewalt geworden, bitte tut etwas. Und das sind 6,2 % mehr als im Jahr 2022. Digitale Gewalt gegen Frauen ist das nächste Thema, betrifft Nötigung, Bedrohung, aber auch Stalking, bei minderjährigen Opfern auch Missbrauchstraftaten, zum Beispiel Nacktbildern von Teenagern. Hier gibt es einen Anstieg der angezeigten Straftaten von 25 % gegenüber 2022.
Also es ist ganz auffallend, in diesem Deliktsfeld Digitales sowohl Hasskriminalität als auch übrige digitale Gewalt hat man einfach die markantesten Anstiege 56 bzw 25 %, was sicherlich damit zu tun hat, dass es einfach immer mehr Straftaten online gibt. Das wird man kaum wegreden können. Und dann kommen wir noch mal zum Schluss wieder zu diesem Themenfeld Femizide. Da hat das Bundeskriminalamt eben eine Verdreifachung gegenüber den bisher bekannten Zahlen bekannt
gegeben. 360 Frauen wurden bei einem Femizid getötet. Das ist fast eine Frau pro Tag. Muss man sich überlegen. Bislang war immer so die Schätzung, etwa alle 2 bis 3 Tage. Jetzt sind es fast jeden Tag ein Femizid. Hinzu kommen 578 Fälle einer versuchten Tötung. Und es ist eben auch nicht immer, aber doch in vier von fünf Fällen so, dass es ein Mann ist, der seiner Partnerin oder Ex Partnerin etwas antut. Nur in einem Fünftel der Fälle ist es andersherum, so das BKA.
Also sie schreiben, der Anteil weiblicher Opfer von Tötungsdelikten innerhalb von Partnerschaften liegt bei über 80 %. Also wenn es zu einem Tötungsdelikt innerhalb einer Partnerschaft kommt, dann sind es in acht von zehn Fällen Frauen, die da getötet werden. Hier gebe es, schreibt das BKA, Aufklärungs-, Abgrenzungs- und Forschungsbedarf.
Aufklärung- und Forschungsbedarf insbesondere deswegen, weil viele Menschen bis heute mit diesem Begriff Femizid, also mit der Tötung, die nicht "einfach so" geschieht, sondern gerade in einer toxischen Partnerschaftskonstellation, einfach gar nichts anfangen können und dieses mangelnde Problembewusstsein eben auch bei den Sicherheitsbehörden.
Das führt oft dazu, dass die Polizei selbst Todesdrohungen, "ich bring dich um" nicht ernst nimmt, warnt Journalistin Julia Gruschwitz im Mitteldeutschen Rundfunk.
Es ist häufig so, dass Dinge immer noch nicht ernst genommen werden. Dass Drohungen auch Todesdrohungen, wenn die Frau, das hatten wir so oft in den letzten Jahren, auch in den letzten Wochen wieder, die Frau geht zur Polizei und sagt, der Mann bedroht mich mit dem Tod. Dann sagen die, och, na ja, mal gucken. Und es passiert dann tatsächlich, dass die Frau umgebracht wird.
Was ist also zu tun? Wichtig wäre natürlich Fortbildung, Fortbildung, Fortbildung. Gerade bei der Polizei und Justiz. Also eine Sensibilisierung für dieses Phänomen. Und es braucht einfach bessere Angebote auch für Frauen, die Opfer eben von Gewalt werden, sagt oben schon zitierte Journalistin Julia Gruschwitz im MDR.
Wir haben die Problematik, dass wir viel zu wenig Frauenhausplätze haben. 14.000 Frauenhausplätze fehlen. Es ist heute Realität, dass eine Frau drei Tage telefonieren muss, bis sie überhaupt einen Frauenhausplatz findet. Und der ist dann am anderen Ende der Republik. Also es werden auch hier in Leipzig regelmäßig Frauen abgewiesen, die keinen Platz mehr bekommen können in einer Schutzeinrichtung. Und das darf eigentlich nicht sein.
Und das liegt natürlich am Geld. Bei vielen ist die Finanzierung einfach prekär. Und dieser Lage hat das Ampelende, glaube ich, auch nicht gut getan.
Nee, also eigentlich hatte die Ampel in den Koalitionsvertrag geschrieben, dass sie die Finanzierung von Frauenhäusern sicherstellen wollte durch ein sogenanntes Gewalthilfegesetz. Bislang ist das aber nicht passiert. Und zwar einfach deswegen, weil der FDP das zu teuer war. Aber dieses Gewalthilfegesetz ist noch nicht ganz tot. Der Spiegel schrieb vor zwei Tagen, das solle jetzt ins Kabinett. Soll also noch beschlossen werden von dieser rot-grünen Minderheitsregierung, die es ja noch
gibt. Also es gibt ja noch ein arbeitsfähiges Kabinett, das einen Gesetzentwurf beschließen und einbringen könnte. Es kann dann aber natürlich nur mit den Stimmen aus der Opposition im Bundestag verabschiedet werden. Das heißt also, Union und oder FDP müssten sich für diesen besseren Schutz von Frauen vor Gewalt erwärmen können. Ja, wir bleiben mal dran, ob das geschehen wird und ob es tatsächlich noch zu einem Gewalthilfegesetz oder einer alternativen Finanzierung für Frauenhäuser kommt.
Geräusche.
Was ihr hört, ist das RheinMain CongressCenter in Wiesbaden. Kenner Kennerinnen werden es am Klang erkannt haben. Denn nicht nur die SPD stellt sich natürlich die K-Frage, auch die CDU, die haben es mittlerweile beantwortet, sondern vor allem hier auch die Grünen. Und in Wiesbaden hat sich nun am vergangenen Wochenende die Partei getroffen zur 50. Bundesdelegiertenkonferenz. Das ist so eine Art Bundesparteitag. Heißt halt bei den Grünen so ein bischen anders. Und Ulf war da.
Wir haben es angekündigt, erst mal hingefahren als Korri. Als Lagekorrespondent. Wurdest du erkannt?
Genau. Ich habe mir natürlich so ein kleines Lage-Hütchen aufgesetzt.
Mit Fähnchen?
Lage-Hoodie und so.
So einen Bommel am Rucksack.
Genau, Lage-Rucksack oder Lage-Jutebeutel oder so. Nein, ich finde, das ist erst noch mal die günstige Gelegenheit, einfach allen Menschen Danke zu sagen mit einem Plusabo. Denn mit diesem Abo ermöglicht ihr natürlich auch, dass wir solche Reisen unternehmen können. Die kosten ja auch ein bisschen Geld. Ja, und was ich mitgebracht habe aus Wiesbaden, das ist ein ganz klarer Eindruck. Bei den Grünen herrscht Aufbruchsstimmung galore.
Man könnte ja denken, Ampel gescheitert, Koalition am Ende, Katerstimmung. Aber das Gegenteil ist der Fall.
Umfragehoch ist jetzt auch nicht gerade der Fall.
Nein. Aber man muss einfach sagen. Bei den Grünen herrscht Aufbruchstimmung. Die Grünen wirkten wie befreit. Man hat so das Gefühl, bei den Grünen herrscht die Stimmung. Jetzt geht's los, jetzt rocken wir es so richtig. Und interessanterweise hat diese Stimmung ja ganz offenbar auch, sagen wir mal so, das grünnahe Milieu an der Basis erfreut.
Die Grünen melden 700.000 € an Kleinspenden und jetzt letzter Stand ist, glaube ich, mehr als 13.000 Parteieintritte seit Ampelende. Und die anderen Parteien, also die anderen Ampelparteien, Ex-Ampelparteien verzeichnen so, wenn ich das richtig gesehen habe, so 2000-3000 Parteieintritte nach dem Aus der Ampel. Bei den Grünen sind es 13.000 mittlerweile. Und du hattest ja auch berichtet, quasi per Insta vom Parteitag und auch ein bisschen mal gefragt Hey, habt ihr Fragen zu dem was hier passiert?
Und Rolgadinapfefferminza fragt nämlich: was haben denn diese vielen Parteieintritte nach Ende der Ampel bitteschön zu bedeuten?
Also ich habe mich da natürlich auch mit vielen Journalistinnen Journalisten ausgetauscht, vielen Kollegen, wie sie das so sehen. Und da sagte ein Kollege, das Ampel aus war "Doping für die Grünen". So, das war jedenfalls der Eindruck eines Kollegen. Und das ist, glaube ich, auch die Antwort. Inzwischen haben die Grünen eben über 140.000 Mitglieder, Ende 2023 waren es noch 125.000.
Also ich glaube, ganz viele Menschen haben das Gefühl, die Grünen konnten in der Ampelkoalition einfach ihr Potenzial überhaupt nicht ausspielen. Also, glaube ich, die allgemeine Wahrnehmung ist, das lag daran, dass die FDP so viel blockiert hat. Das ist aber jetzt nicht nur die grüne Basis. Auch viele grüne Delegierte zeigten sich einfach super erleichtert über das Ampelaus.
Richtig. Also bei so einem Parteitag gibt es natürlich auch viele zahlreiche Reden. Das ging ja wirklich über zwei Tage, glaube ich. Da hat ja auch Robert Habeck an Tag eins was gesagt, glaube ich, acht Minuten geredet. Was war da der Spirit?
Also, muss man sehen, am Freitag war es nur so ein kurzes Statement, wo er sich vor allem aber bei ein paar Leuten bedankt hat. Seine eigentliche Rede war dann am Sonntag vor der Wahl. Aber am Freitag schon in diesen acht Minuten, da sagte er unter anderem, um mal so ein bisschen die Stimmung auch an der Basis einzufangen, eigentlich hätte man sich auf diesem Parteitag fragen müssen, wie geht es weiter in der Ampel?
Und möglicherweise hätten wir uns Debatten geliefert über rote Linien und Vorgaben, welche Kompromisse mit der FDP oder Christian Lindner nicht mehr möglich sind oder wie weit man gehen kann. Nun, das müssen wir alles nicht mehr machen. Es gibt keine FDP und es gibt kein Christian Lindner mehr in der Regierung. Diese Debatte, diese Debatte haben wir nicht mehr zu führen.
Applaus, Applaus, Applaus. Das fanden sie toll.
Das muss man einfach sagen, diese Erleichterung, endlich ist er weg, der Lindner. Endlich sind wir nicht mehr mit der FDP in dieser Ampel. Also das, das war mit Händen zu greifen, welche Erleichterung das im Grunde auf allen Ebenen ausgelöst hat. Wie gesagt, bei den Delegierten im Saal, die man ja jetzt gerade gehört hat überwiegend, aber eben auch bei vielen Basisgrünen, mit denen ich da am Rande des Parteitages gesprochen habe.
Also auf der einen Seite ist das nachvollziehbar. FDP hat uns eingeengt, jetzt sind wir raus aus dieser Regierung, jetzt können wir wieder wir sein. Auf der anderen Seite sind die Umfragen nicht toll und die Aussicht, irgendwie maßgeblich zu regieren, sind ja jetzt auch nicht so toll. Wie speist sich so dieses, unsere Inhalte sind wichtig, jetzt können wir wieder wer sein?
Also ich hab das so verstanden, dass quasi die Krise der Grünen darauf zurückgeführt wird, dass man einfach nicht mehr grün sein konnte in der Ampel. Das ist, glaube ich, die relativ einfache Erklärung. Die Ampel, insbesondere die FDP, hat das Bild der Grünen total verwässert. Die hat dazu geführt, dass die Leute nicht mehr wissen, wofür stehen die Grünen? Und deswegen diese große Erleichterung. Jetzt können wir endlich wieder die Grünen sein.
Und das sieht man ja auch an dieser enormen Unterstützung für Robert Habeck. Und es ist jetzt durchaus nicht so, dass Robert Habeck in allen Punkten immer hundertprozentig die Linie vertritt, die an der Basis der Grünen am aller populärsten ist. Er gilt eben sehr als Realo. Viele an der Basis sind deutlich quasi grüner, deutlich linker eingestellt.
Trotzdem gab es da einfach wahnsinnig viel Wohlwollen, einfach weil man sich gedacht hat, Robert Habeck ist jetzt einfach die Figur, die wieder symbolisiert, wofür die Grünen stehen. Deswegen ganz viel Wohlwollen und ganz viel Klatschen. Auch bei diesen, bei seinen Reden. Wirklich bei jeder sich irgendwie bietenden Gelegenheit.
Ja, er hat ja dann mit 96 % ein überraschend gutes Ergebnis erzielt bei der Wahl zum Spitzenkandidaten. Aber ich das mal so richtig zusammenfasst, dann ist das so, also die Grünen sind froh, raus aus dieser Ampel zu sein, weil sie jetzt wieder grün sein können und sich mit Robert Habeck die Hoffnung verbindet, dass sie da wieder zumindestens ein klares Profil machen können, in welcher Regierungskoalition das dann auch immer endet.
Aber sie haben jetzt die Möglichkeit, wieder Identität zu zeigen und sind dadurch motiviert. Kann man das so zusammenfassen?
So kann man das zusammenfassen. Endlich sind wir wieder Grüne. Jetzt mal etwas zugespitzt. Ich glaube, das ist so die allgemeine Wahrnehmung gewesen. Und dieses Hochgefühl, diese Aufbruchsstimmung, die zeigte sich dann ja eben, du hast das gesagt, zum einen bei der K-Frage. 96 % für Habeck, wobei die Grünen dann noch, wie soll ich sagen, von der Regie her das sehr geschickt gemacht haben, indem sie ja so auf den letzten Metern quasi noch so eine Doppelkanzlerkandidatur
eingeführt haben. Annalena Baerbock soll jetzt irgendwie auch in so einem Team mit Robert Habeck mitmischen. Wie das konkret aussehen soll, das blieb auch in Hintergrundgesprächen relativ unklar. Also, es ist klar Habeck ist der Kandidat, aber Annalena Baerbock soll ihn im Wahlkampf unterstützen, soll auch irgendwie oben mit dabei sein. Und dann hatten die Grünen ja auch noch einen Vorstand neu gewählt. Wir hatten das hier berichtet.
Der bisherige Vorstand Omid Nouripour und Ricarda Lang waren vor ein paar Wochen zurückgetreten. Und da gab es auch ein wirklich sensationelles Ergebnis für Felix Banaszak, den neuen Co-Vorsitzenden mit rund 92 %. Der gilt, sagen wir mal so, als der Linkere von beiden, gilt so ein bisschen als der Vertreter der progressiven Basis. Ein bisschen abgestraft wurde allerdings Franziska Brantner. Die bekam, ich glaube, 75 % der Stimmen über den Daumen.
Und das galt, sagen wir mal so, als kleiner Warnschuss, insbesondere in Richtung Robert Habeck. Wie gesagt, er persönlich hat enormen Rückenwind. Aber Franziska Brantner gilt eben als Oberreala, als vergleichsweise konservative Grüne. Und das wurde allgemein so interpretiert, ihr relativ schlechtes Wahlergebnis, ja, alles schön und gut, Robert, wir stehen total hinter dir, aber inhaltlich bitte mehr Banaszak und weniger Brantner.
Aber jetzt hab ich doch noch mal eine Frage. Gerade weil wir oben ja auch so viel über Scholz geredet haben. Das sind zwei Männer, die in der Ampel maßgeblich mitgewirkt haben. Ich meine, Habeck war Vizekanzler. Scholz war Kanzler, ist Kanzler. Scholz steht extrem schlecht da. Es gibt eine Riesendebatte, haben wir oben nachgezeichnet. Habeck wird mit 96 % von seiner Partei zum Spitzenkandidaten gekürt. Und die Partei will auch
anders sein. Es ist jetzt ja nicht so, dass sie sagen alle bei den Grünen, Ampel war super. Habeck war super, Habeck war in der Ampel. Deswegen wählen wir Habeck. Woher kommt diese große Unterstützung? Wo ist da der große Unterschied zwischen diesen beiden Leuten?
Ich glaube, der große Unterschied liegt tatsächlich in Habecks Fähigkeit, Menschen zu überzeugen, Menschen zu mobilisieren. Das sah man vor allem auch in dieser kurzen Rede am Freitagabend, wie der in wenigen Minuten den Saal zum Kochen brachte. Wir hatten ja eben schon einen O-Ton. Wir haben gleich noch einen zweiten hier auf dem Zettel für euch. Habeck ist einfach jedenfalls im progressiven Milieu ein Menschenfänger. Er hat genau die Fähigkeiten, die Olaf Scholz fehlen.
Und ich glaube, deswegen setzen die Grünen auch tatsächlich mit einer solchen sensationellen Geschlossenheit auf die Führungsfigur Habeck im Wahlkampf, während sie, und das zeigen eben die Ergebnisse zum Vorstand, inhaltlich eher Team Banaszak sind als Team Brantner oder, wenn man ehrlich ist, auch ein bisschen eher Banaszak als Habeck.
Aber es gibt einfach auf der sehr progressiven, sehr grünen Seite der Grünen Partei gerade keine auch nur ansatzweise vergleichbare Führungsfigur, weil Annalena Baerbock diese Rolle weder inhaltlich noch von ihrem Charisma her jemals hat ausfüllen können.
Und die Grünen haben ja auch ein irres Glück gehabt. Diese Bundesdelegiertenkonferenz war ja geplant, längst bevor die Ampel zu Ende war. Und denen ist genau das in den Schoss gefallen, was der SPD fehlt, nämlich ein Parteitag direkt nach Ampelaus
Und eine Figur, hinter der man sich dann wirklich sehr schnell auch versammeln konnte.
Also gut, jetzt wäre die Frage gewesen, was wäre, wenn die SPD einen Parteitag schon geplant hätte, eine Woche nach Ampelaus? Wahrscheinlich hätten sie Scholz gekürt und wahrscheinlich wäre dann die Diskussion auch mehr oder weniger grummelnd zu Ende gewesen. Möglicherweise.
Bin ich nach wie vor, bin ich nach wie vor skeptisch, ob dann die Diskussion wirklich vorbei gewesen wäre.
Aber für die Grünen war es ein Geschenk.
Für die Grünen war es ein Geschenk, weil sie eben diese Führungsfigur haben. Und wie gesagt, diese differenzierten Wahlergebnisse zeigen ja schon auch, dass die Delegierten unterscheiden zwischen der Führungsfigur Habeck auf der einen Seite und der Programmatik. Interessanterweise wurde über Inhalte auf diesem Parteitag nämlich vergleichsweise wenig gesprochen.
Also zunächst mal gab es im Vorfeld nämlich die Befürchtung, dass es inhaltlich einen Riesenzoff geben könnte, weil es einfach sehr, sehr viele Änderungsanträge von Basisgruppierungen der Grünen gab oder auch von einzelnen Menschen von der Basis. Damit ist die Parteitagsregie sehr geschickt umgegangen, denke ich, indem man einfach ganz viele Änderungsanträge in andere Anträge integriert hat, also so, ich sage mal, Kompromissanträge formuliert
hat. Teilweise wurden die Debatten aber auch verschoben. Deswegen soll es jetzt im Januar noch eine Art Programmparteitag geben. Also es ist innerhalb der Grünen noch so ein bisschen umstritten gewesen, wie der genau aussieht und wann der stattfindet und so, aber jedenfalls soll da im Januar noch mal über inhaltliche Fragen gesprochen werden. Dann haben wir natürlich in Hintergrundgesprächen gefragt, na ja, aber wieso? Wieso erst im Januar?
Kann dann die Basis überhaupt noch den Wahlkampf inhaltlich beeinflussen? Aber das scheint man bei den Grünen entspannt zu sehen. Also man plant einfach jetzt mal den Wahlkampf ohne diese inhaltlichen Festlegungen und geht davon aus, das wird schon gut gehen.
Aber Habeck hat sich ja auch inhaltlich geäußert. Da spielen wir auch noch mal den Ton, für den er auch viel Beifall bekommen hat.
Wir wissen, dass die Menschen, die in diesem Land als Geflohene gekommen sind, inzwischen unsere Freunde, Kollegen und Mitbürger sind und nicht abgeschoben gehören, wenn sie sich hier verdient machen sollen. Das findet sich nur in dieser Halle bei Bündnis 90/Die Grünen.
Aber du hast ja auch schon angedeutet, Inhalte fehlt natürlich nicht komplett, aber so für den Vibe, für den Spirit, für den Kern dieses Bundesparteitags, dieser Bundesdelegiertenkonferenz waren Inhalte nicht so primär wichtig, sondern es ging vielen an der Basis eigentlich auch ein bisschen mehr ums gute Gefühl.
Ja, und da haben, da habe ich noch mal so mit einigen Menschen gesprochen, einfach so in der Halle. War auch total nett. Ganz viele Menschen haben mich auch angesprochen, haben sich für die Lage bedankt und total spannendes Feedback gegeben. Und einige Menschen habe ich dann auch mal nach ihrer Einschätzung gefragt, was es jetzt so braucht und wie so ihre Stimmungslage ist. Beispielsweise hat sich da Nicole geäußert.
Hallo, ich bin Nicole, ich bin Kreissprecherin, Basismitglied und ich wünsche mir von der BDK Aufbruchsstimmung, mehr Demokratie, mehr miteinander. Und ich glaube, da muss ein Ruck durch uns, unsere Partei und die Menschen gehen.
Ja, und ähnlich waren die Erwartung von Diana.
Mein Name ist Diana, ich bin Basisgrüne und von der BDK erhoffe ich mir, dass sie meinem Gefühl der Beklommenheit nach dieser weltpolitischen Explosion letzte Woche ein bisschen entgegenwirkt. Und ich merke das schon. Hier ist Aufbruch, hier ist Zusammenhalt. Ich bin da am richtigen Ort und kann mich engagieren.
Na also, das bestätigt ja so ein bisschen auch deinen Eindruck.
Das würde ich auch sagen. Und vor allem muss ich schon ehrlich sagen, war das einfach, glaube ich, für die Lage ein großer Gewinn, da mal hinzufahren. Das war ja mein erster Bundesparteitag einer Partei. Und tatsächlich mit ganz vielen Menschen zu reden und so ein Gefühl dafür zu entwickeln, was sich da so tut. Also das werden wir weiter machen. Wir fahren natürlich selbstverständlich nicht nur zu den Grünen. Ich hab mich schon angemeldet
jetzt, am 11. Januar ist Parteitag der SPD, habe ich der Pressestelle schon eine Mail geschrieben. Kam noch nix, aber es wird schon gut gehen. Und wenn die Union sich noch mal trifft oder die FDP, dann fahren wir natürlich auch hin. Also das muss man schon ehrlich sagen, so dieser, dieser persönliche Eindruck vor Ort.
Ja klar, die Reden kann man auch im Internet gucken, aber mit Menschen zu reden in der Partei und so ein paar Gedanken auch mal zu probieren und und abzuklopfen, das war schon klasse.
In Baku, da geht die Weltklimakonferenz, die COP29, ihrem Ende entgegen. Es gibt jetzt einen Entwurf für eine Abschlusserklärung, der viele Fragen noch offen lässt. Aber das wird verhandelt. Noch bis mindestens morgen, Freitag, vielleicht noch ein bisschen länger. Die Grundstimmung ist, glaube ich, eher so ein bisschen verkatert. Mit Trump in den USA fällt viel raus. Die werden wahrscheinlich den Vertrag komplett verlassen.
Und hier in Baku, da ging es ja vor allen Dingen auch darum, wie kann die Welt ärmeren Ländern helfen, mit dem Klimawandel klarzukommen und die Folgen zu bekämpfen? Und auch da wird Geld aus den USA nicht mehr zu erwarten sein. Gleichzeitig sind da die Lobbyisten der Fossilindustrien sehr, sehr breitbeinig aufgetreten. Deswegen würde ich schon sagen viel, viel Katerstimmung, viel schlechte Stimmung. Und die Zahlen sind natürlich auch nicht erfreulich, so wie sie sich aktuell darstellen.
Nein, insbesondere die globalen Zahlen. Betrachtet man nämlich den CO2 Ausstoß auf der ganzen Erdkugel, dann liegt der zurzeit, man mag es kaum aussprechen auf Rekordniveau. Das heißt also, global betrachtet sind wir noch nicht dabei, weniger CO2 auszustoßen, sondern es wird immer mehr und die Folgen sind immer drastischer. 2024 wird wohl das wärmste Jahr auf der Erdkugel seit Jahrtausenden sein.
Auch dieses Jahr wird so viel CO2 ausgestoßen wie nie zuvor und der EU Klimadienst Kopernikus erwartet, dass die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter in diesem Jahr praktisch sicher die 1,5 Grad Marke überschreiten wird. So viel zum Doomsday Szenario. Aber Phillip, es geht eben nicht nur bergab.
Nein, es geht nicht nur bergab und das finde ich, gehört auch zum kompletten Bild hinzu. Zum Beispiel muss man schon sich der Erkenntnis stellen, dass diese globale Klimapolitik, so zäh sie dann auch ist und so langsam sie auch ist und so viel zu langsam sie auch ist, doch Fortschritte gebiert und trotzdem irgendwie auch funktioniert. Lange sah es so aus, dass die Welt auf einer Erderwärmung von fünf oder sechs Grad zuläuft.
Ein absolutes Katastrophenszenario. 2009 in Kopenhagen sah das schon anders aus. Die Konferenz gilt als gescheitert oder gilt als Rückschlag. Und trotzdem gab es damals Minderungszusagen, die wenn dann umgesetzt auf 3,5 Grad Erderwärmung hinausliefen. Immer noch viel zu viel, aber doch weniger als fünf Grad. Und dann 2015 Konferenz in Paris. Großer Erfolg. Zusagen gab es da, die, wenn sie denn umgesetzt werden, auf eine Erderwärmung von nur noch 2,7 Grad hinauslaufen.
Und die Zusagen, die dann in Glasgow 2021 gegeben wurden, die würden dann laut Climate Action Tracker auf 2,1 Grad Erderwärmung hin zulaufen. Daran wird sich jetzt in Baku nicht groß was ändern. Aber diese Entwicklungen zeigen doch, es gibt Fortschritte. Das Bewusstsein wächst und die Maßnahmen, die verkündet werden, werden strenger und reduzieren die Erderwärmung doch merklich.
Aber seien wir jetzt mal ganz ehrlich, Philip, es sind doch jetzt zunächst mal Einsparzusagen. Und eine Einsparzusage übersetzt sich ja leider, leider nicht eins zu eins in eine tatsächliche Reduktion von CO2 Emissionen.
Nein, das nicht. Und natürlich sind die Maßnahmen, die dann letztendlich getroffen werden, immer noch hinter den eigentlichen Zusagen hinterher. Und trotzdem sehen wir aber, dass die Emission in den USA und in Europa aber sinken. Da ist der Peak überschritten. Ja, sie sinken zu langsam. Eigentlich müssten wir bis 2030 40 % Reduktion hinkriegen. Danach sieht es nicht aus. Aber sie sinken in den USA und in Europa. Warum, du hast es gesagt, warum steigen sie global immer noch an?
Insgesamt, na ja, weil Indien und vor allen Dingen China Rekordausstöße von CO2 haben. China ist mit Abstand, mit großem Abstand der größte CO2 Emittent in der Welt. Und dass die ihr Peak erreichen, ist noch nicht wirklich abzusehen.
Ja, also ich habe bei der letzten COP, also bei der Berichterstattung über die COP28 mal recherchiert, dass China mit einem Peak rechnet im Jahr 2030. Das liegt daran, dass China eben sich so rasant industrialisiert. Deswegen bauen die, oder haben die vor allem gebaut, sehr viele Kohlekraftwerke, die jetzt entsprechend viel emittieren. Zugleich aber setzt China ja auf erneuerbare Energien, insbesondere auf Windkraft.
Und das wird dazu führen, dass China immer mehr Kohlekraftwerke auch innerhalb der nächsten Jahre schon wieder abschalten kann.
Richtig. Und das ist auch so der Hoffnungsschimmer, den Klimaforscher wie Niklas Höhne sehen. Höhne forscht am NewClimate Institute zu internationaler Klimapolitik und ist eben auch an diesem Climate Action Tracker beteiligt, der also genau misst, was haben Staaten versprochen, was haben sie umgesetzt, um das Klima zu schützen? Und er sieht ein bisschen Grund für
Optimismus. Und die SZ zitiert ihn mit den Worten "Wir sehen jetzt, dass die Emissionen nach 2030 sehr viel schneller fallen können, als wir das bisher gedacht haben."
Also dieser Peak oder diese hohen Emissionen, die wir gerade sehen, die sind tatsächlich schlimm, weil dieses CO2 ja erst mal in der Atmosphäre landet und ja auch so schnell nicht wieder rausgeht. Aber auf der anderen Seite gibt es eben am Horizont auch sehr konkrete Hoffnungsschimmer.
Richtig. Und das hängt zusammen mit dem, was du genannt hast, Ausbau erneuerbarer Energien. Das geht sehr viel schneller, als sich das viele gedacht hätten, vor allen Dingen auch in China. Und deswegen rechnet er durchaus damit, dass, wie gesagt, nach 2030 die Emissionen schneller fallen können, als es bisher gedacht ist. Reicht das für 1,5 Grad? Wahrscheinlich erst mal nicht mehr.
Aber zwei Grad so wie das ja in Paris eigentlich auch ein bisschen das Ziel war, zwei Grad scheinen durchaus noch möglich, wenn denn die Zusagen, die gemacht wurden, wirklich umgesetzt werden. Und du hast es schon gesagt, das ist natürlich nicht sehr wahrscheinlich, dass das eins zu eins umgesetzt wird. Das heißt, ja, es geht zu langsam, es passiert zu wenig. Aber es ist nicht so, dass nichts passiert.
Und es ist nicht so, dass diese Mechanismen, die wir jetzt nun mal etabliert haben, völlig wirkungslos sind. Das ist so ein bisschen der Punkt, den ich mal machen wollte und dass es durchaus auch Tendenzen gibt, bei denen es besser läuft als bisher erwartet. Stichwort Ausbau erneuerbarer Energien. China, du hast es gesagt, ursprünglich glaube ich, wollen sie ihren Peak 2030 erreichen.
Möglicherweise erreichen sie ihn schon ein bisschen eher als bisher geplant, weil sie eben so viel auf erneuerbare Energien setzen.
Und weil die dann halt auch billiger sind. Das ist ja der Witz. Klar, du musst sie erst mal bauen, aber wenn das Windrad dann steht, produziert es extrem billigen Strom und dann ist es sogar für Länder wie China dann einfach günstiger zu sagen, wir schalten die Kohlekraftwerke ab, dann sind die vielleicht nur fünf oder zehn Jahre gelaufen und danach schaltet selbst China um auf Grün.
Also insofern, was ja auch häufig gerade so von Menschen, die Klimaschutzmaßnahmen skeptisch sehen, ins Feld geführt wird, ist, ja, aber China. Und dann muss man sagen, ja, heute. Aber China ist mittelfristig auf einem mindestens so guten Weg wie wir.
Und darum ging es natürlich jetzt auch in Baku. China ist aktuell der größte CO2 Emittent der Welt und in Baku ging's natürlich vor allen Dingen jetzt um die Frage, wie soll denn diese Gerechtigkeitsfrage beantwortet werden? Ja, wir haben diese Klimaproblematik vor allen Dingen auch deshalb, weil die industrialisierten Länder lange Zeit CO2 ausgestoßen haben wie blöde.
Also haben sie jetzt eigentlich auch die größte Verantwortung, denen zu helfen, die unter dem Klimawandel, der dadurch verursacht wird, am meisten leiden. Aber diese Industrieländer sagen jetzt eben auch, na gut, wir sind vielleicht historisch am meisten dafür verantwortlich. Aber aktuell ist China das größte Problem. Also soll China sich bitteschön auch an diesen Zahlungen beteiligen, die dem ärmeren Teil der Welt eben helfen, mit dem Klimawandel klarzukommen.
Ob das dazu kommt, dazu wird noch verhandelt. Das werden wir wahrscheinlich wirklich erst nächste Woche wissen.
Dann hat uns noch eine kleine Korrektur erreicht. Und zwar hatten wir ja in der Lage, vor kurzem das Thema Pinnrücksetzbriefe, das sind diese Briefe, mit denen man jetzt mal kurz zusammengefasst quasi seinen elektronischen Personalausweis wieder freischalten kann, wenn man seine PIN vergessen
hat. Da hatten wir in der Lage berichtet, dass diese Pinrücksetzbriefe rund 29 Millionen € gekostet haben und das war dem Bundesinnenministerium zu viel, weswegen sie diesen ganzen Service eingestellt haben. Jetzt muss man mit seinem Personalausweis zum Amt rennen, um den Perso wieder nutzen zu können für elektronische Dienstleistung im Internet. Und da hat uns jetzt ein Sprecher geschrieben des Bundesinnenministeriums.
Richtig, Wir haben uns diese 29 Millionen €, die das gekostet haben soll, natürlich nicht aus den Fingern gesogen, sondern es war eine Info vom Bundesinnenministerium. Jetzt schreibt uns das Bundesinnenministerium: "Sehr geehrter Herr Buermeyer, wir haben Ihnen leider eine nicht korrekte Zahl zu den Kosten der Pinrücksetzbriefe übermittelt. Die Gesamtkosten der für die Bürger und Bürgerinnen kostenlosen Pinrücksetzbriefe beliefen sich im Jahr 2023 auf insgesamt 21.500.000 €
brutto. Rund. Die ursprünglich übermittelte Zahl 29 Millionen € brutto belief sich auf den Zeitraum Februar 22 bis Ende 23. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen. Also die haben quasi einen falschen Zeitraum angenommen. Nun sind die Kosten also günstiger, als wir zunächst berichtet hatten auf Basis der Information vom BMI.
Also noch mal 1/3 billiger als wir berichtet hatten.
Richtig, Das heißt das Argument, wir können diesen Pinrücksetzbrief nicht mehr verschicken, weil er ist so teuer, ist noch ein bisschen schwächer geworden.
Und damit dürften die Kosten eher in dem Bereich liegen, den nicht mal ein Monat Kontrollsimulation an den deutschen Außengrenzen kostet. Das muss man sich ja auch immer politisch vorstellen. Das ist nämlich dasselbe Haus, derselbe Etat. Die geben Geld lieber dafür aus, dass Bundespolizisten an der Grenze freundlich winken, als dass wir Menschen in Deutschland unseren elektronischen Personalausweis einfach per Brief wieder freischalten können. Warum Simulation?
Da kann man natürlich jetzt sagen, ja, die Lage agitiert wieder. Ne, uns erreichen immer wieder Nachrichten von frustrierten Menschen aus der Bundespolizei, die darauf hinweisen, wie sinnlos dieser Einsatz ist. An dieser Stelle noch mal ganz herzlichen Dank auch an die Menschen aus den Polizeibehörden, die uns immer wieder und sehr zuverlässig mit, sagen wir mal, Informationen von der Front versorgen.
Gehen wir bei Gelegenheit noch mal genauer darauf ein, brauchen ein bisschen Zeit, um das natürlich zu verifizieren und zu recherchieren, aber-
Da haben wir noch ein paar spannende Mails in der Inbox. Genau. Also meine persönliche Forderung wäre an Nancy Faeser, nun hören Sie doch mal auf mit dieser Security Show. Nehmen Sie das Geld lieber, das Sie da sparen können, damit das eGovernment in Deutschland endlich vorankommt. Und mal ganz ehrlich, der elektronische Personalausweis, also das man sich online ausweisen kann ohne irgendeinen Zirkus, das ist einfach ein ganz zentraler Baustein und den muss der Bund
liefern. Und deswegen ist das einfach aus meiner Sicht ein Skandal, dass dieser Pinrücksetzbrief zurzeit nicht verschickt wird.
Und damit ist die Lage für diese Woche wie immer abschließend natürlich und ausführlich erörtert.
Und umfassend!
Und umfassend. Ihr kennt das nicht anders. Wir danken für euer Vertrauen. Wir danken für eure plus Abos, die ihr zahlreich abschließt. Wir danken für eure Geduld und dann freuen wir uns auf nächste Woche.
Habt ein schönes Wochenende. Bis bald.
Tschüss. Tschüss.