LdN398 Grenzkontrollen in Frankfurt/Oder, Merz wird CDU-Kanzlerkandidat, Explodierende Pager und Funkgeräte im Libanon, Darknet geknackt, Kollaps der Carolabrücke, Ampel plant Riester-Reform, Feedback Baerbock-Reise, Update Förderung von E-Autos - podcast episode cover

LdN398 Grenzkontrollen in Frankfurt/Oder, Merz wird CDU-Kanzlerkandidat, Explodierende Pager und Funkgeräte im Libanon, Darknet geknackt, Kollaps der Carolabrücke, Ampel plant Riester-Reform, Feedback Baerbock-Reise, Update Förderung von E-Autos

Sep 19, 20241 hr 21 minEp. 398
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LdN398 Grenzkontrollen in Frankfurt/Oder, Merz wird CDU-Kanzlerkandidat, Explodierende Pager und Funkgeräte im Libanon, Darknet geknackt, Kollaps der Carolabrücke, Ampel plant Riester-Reform, Feedback Baerbock-Reise, Update Förderung von E-Autos

Transcript

Philip BansePhilip Banse

Wir sind unterwegs auf der A zwölf von Berlin Richtung Frankfurt Oder auf dem Weg zur polnischen Grenze. Denn seit Montag gelten ja bundesweit Grenzkontrollen an allen deutschen Außengrenzen. Und wir wollen uns mal anschauen, was das konkret heißt, wie das konkret aussieht. Ganz herzlich willkommen zur Lage der Nation, Ausgabe Nummer 398. Mein Name ist Philip Banse.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und hier ist Ulf Buermeyer. Herzlich willkommen auch von mir und wir fahren hier gerade auf die Grenze zu. Gerade war da ein Schild Noch ein Kilometer bis Polen. Aber was uns schon seit vielen Kilometern begleitet, ist der Stau. Denn die Bundespolizei hat die Autobahnen weitgehend abgeriegelt, auf eine Spur den Verkehr konzentriert und seit, ich würde mal sagen, so drei, vier Kilometern stauen sich hier PKW und LKW.

Philip BansePhilip Banse

Ich will mal so sagen: Das war nicht die Idee von Schengen. Die Idee war, dass Waren, Dienstleistungen und Personen sich frei bewegen können. Und das ist hier aktuell nicht der Fall. Wir kommen jetzt hier wahrscheinlich auch gleich in eine Kontrolle. Wir fahren mal Richtung Polen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Der polnischen Seite stehen drei Grenzer.

Philip BansePhilip Banse

Hier rechts.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das sind so die drei Grenzer. Hier stehen sie in ihren gelben Reflexwesten. Aber ehrlich gesagt sind die ziemlich entspannt bis gelangweilt aus. Da wird nämlich gar nichts kontrolliert. Wir fahren hier einfach durch nach Polen.

Philip BansePhilip Banse

Und jetzt sind wir da. Das ist recht easy gewesen und wir wollen ja uns gleich mal auf den Rückweg machen und gucken, was da passiert. Ja, was da an der deutsch polnischen Grenze noch so passiert ist, dass es ein Thema in dieser Lage vom 19. September 2024.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Außerdem erwartet euch in dieser Folge In unserem Programm: Wird Friedrich Merz Bundeskanzler?

Philip BansePhilip Banse

Außerdem sind im Libanon tausende Geräte, Funkgeräte, Pager explodiert. Wir analysieren das für euch.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Wir erzählen euch vom Flutlicht im Darknet. Wir erklären euch, warum mit einmal das Darknet und insbesondere die Software Tor, auf der das Darknet beruht, auch nicht mehr sicher ist.

Philip BansePhilip Banse

Und es geht darum, warum Deutschlands Brücken bröseln und auch zusammenbrechen und warum das mit den aktuellen Messmethoden wohl nicht so richtig vorhergesehen wurde.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Bevor es losgeht, noch ein kleiner Hinweis auf einen kostenlosen Service der Lage der Nation. Wir haben nämlich auch für euch einen Newsletter unter Lage der Nation.org/Newsletter könnt ihr den abonnieren. Ist kostenlos, wie gesagt. Und dann bekommt ihr pünktlich bei Veröffentlichung der Lage eine Email, wo drinsteht, worum es gehen wird in der aktuellen Lage der Nation und wo er vor allem auch unsere ganzen Quellen noch mal nachlesen könnt, die wir natürlich auch in die Shownotes packen.

Diese Quellen sind alle in der Email drin und so könnt ihr ganz entspannt am Laptop oder am Desktop, wo immer ihr diese Email lest, euch unsere Quellen anschauen, sie noch mal nachlesen und vertiefen, was ihr in der Lage hört. Wir haben es jetzt inzwischen in die Innenstadt geschafft von Slubice. Das ist die polnische Grenzstadt, die quasi Frankfurt Oder gegenüber liegt, auf dem östlichen Ufer der Oder.

Philip BansePhilip Banse

Und wir sind jetzt hier in die Stadt reingefahren und stehen im Stau. Es ist nicht ganz klar, warum. Aber ich sage mal so: Man darf natürlich vermuten, dass das was mit diesen Grenzkontrollen zu tun hat. Denn natürlich gibt es auch in Slubice einen Grenzübergang nach Frankfurt oder nach Deutschland, an dem vermutlich kontrolliert wird, wer immer da rein will. Rechts das bekannte Drei Sterne Hotel Relax.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das sieht einladend aus. Dann machen wir einfach noch mal Station. Ja, nun wissen wir natürlich auch Kontrollen an der Grenze zu Polen sind nicht ganz neu. Sie sind zwar auch eigentlich im Schengenraum nicht vorgesehen, aber die gibt es immerhin schon seit Herbst 2023. Neu sind sie in dieser Woche an den Grenzen, zum Beispiel zu Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden und Dänemark.

Aber wir wollten einfach mal live sehen, wie die Kontrollen an den deutschen Außengrenzen aussehen und wie sie sich praktisch auswirken.

Philip BansePhilip Banse

Beschlossen Initiiert haben diese bundesweiten Kontrollen an den Außengrenzen das Bundesinnenministerium mit der Bundesinnenminister Nancy Faeser von der SPD, auch und vor allem unter dem Druck der Union. Und diese Kontrollen sind auch eine Folge des Attentats in Solingen. Daran muss man einfach auch noch mal erinnern.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und wir haben da mal mit der Pressestelle der Bundespolizei in Frankfurt Oder gesprochen. Die Bundespolizei führt ja diese Grenzkontrollen durch, und wir wollten verstehen, was eigentlich das Ziel ist dieser Kontrollen.

Philip BansePhilip Banse

Richtig. Und die haben uns gesagt, es werden Menschen abgewiesen an der Grenze, zum Beispiel dort in Frankfurt Oder, die die Einreise Voraussetzungen nicht erfüllen, also keinen deutschen Pass haben, keinen EU Pass haben und falls erforderlich auch keinen Aufenthaltstitel haben.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Aber eben auch diejenigen, die es irgendwie nicht schaffen Asyl zu sagen, denn die können ja grundsätzlich erst mal rein und dann wollten wir besser verstehen: Was ist denn mit Menschen, für deren Asylverfahren nach der Dublin drei Verordnung, also nach europäischem Recht, ein anderes Land zuständig ist? Das Bundesinnenministerium sagt, hat es in der vergangenen Woche bekannt gegeben, das war quasi das Ergebnis dieser geplatzten Gespräche mit der Union. Das Bundesinnenministerium sagt:

Philip BansePhilip Banse

Das wollen wir an der Grenze prüfen. Dazu wollen wir die Menschen notfalls auch festhalten, Inhaftieren, könnte man sagen. Das haben die so wörtlich nicht gesagt. Aber darauf läuft es hinaus. Sprich, es müsste irgendeinen Lager geben oder irgendein Hausarrest in unmittelbarer Grenznähe. Und das muss man auch noch mal sagen. Das war ja vor allem auch der Anlass, diese Grenzkontrollen einzuführen. Der mutmaßliche Mörder aus Solingen hatte in Bulgarien ein Asylverfahren schon am Laufen.

Er hätte auch abgeschoben werden können aufgrund dieser Dublin drei Verordnung.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Die Bulgaren waren auch einverstanden.

Philip BansePhilip Banse

Aber die deutschen Behörden haben das aus Gründen nicht geschafft. Und nun war also die politische Absicht die politische Intention: Na ja, wir wollen solche Leute gar nicht erst richtig ins Land lassen, für deren Asylverfahren ein anderes europäisches Land zuständig ist. Und nun mal die Frage: Ja, ist das denn so? Also wird das denn wirklich jetzt auch schon gemacht dort an der Grenze?

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also die Bundespolizei wollte sich da erst nicht so richtig zu äußern. Da war so die Ansage: Fragen Sie mal im BMI nach und haben wir gesagt: Ja, machen wir auch. Aber wir würden jetzt gern mal wissen, wie sieht es denn bei Ihnen konkret aus in Ihrem Beritt? Was machen Sie denn da? Da war die Antwort: Bisher inhaftieren wir hier niemanden. Die Menschen werden an die Ausländerbehörde übergeben. Und dann prüft diese Ausländerbehörde diese Dublin drei Kriterien.

(Also können die in einen anderen EU Staat weitergeschickt werden in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge).

Philip BansePhilip Banse

Also alles wie immer.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Hat sich im Prinzip erstmal gar nichts geändert. Das heißt, es gibt zwar Grenzkontrollen, es werden auch Menschen zurückgewiesen, aber diese Menschen, für deren Asylverfahren eigentlich ein anderer EU Staat zuständig ist, die werden gerade nicht zurückgewiesen, sondern die kommen ins Land. So wie immer.

Philip BansePhilip Banse

Zumindest da in Frankfurt Oder. Aber was ist denn jetzt mit dem Stau auf der Autobahn, den wir gesehen haben auf der Hinfahrt? Ja, sagt die Bundespolizei, das waren wir sozusagen. Ja. Also wir haben auf der Bundesautobahn zwölf eine Kontrolle eingerichtet, und aus Sicherheitsgründen, sagen sie, mussten wir halt ein Geschwindigkeitstrichter einrichten.

Das heißt, damit halt die Polizistinnen Polizisten nicht gefährdet werden und die Kontrolle sicher durchgeführt werden kann, wurde halt eine Spur gesperrt. Die Autos wurden runtergebremst und dann wurde halt nicht jedes Auto kontrolliert. Es wurden nach bestimmten Verdachtskriterien Autos rausgewunken. Aber natürlich ist dieser Stau, dieser massive, kilometerlange Stau durch diese Grenzkontrollen entstanden.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Massiv muss man sagen. Also der war auf deutscher Seite, so mehrere Kilometer von der Grenze nach Deutschland rein. Das war das, wo ja ganz am Anfang dieser Sendung den O Ton gehört, während wir also quasi in Richtung Osten am Stau vorbeifuhren Richtung Polen, war es kein Problem, sahen wir die Autos und LKW, die eben kilometerlang in Richtung Westen Richtung Deutschland da im Stau standen, und zwar auch schon auf deutscher Seite, weil diese Kontrollstelle weit hinter der Grenze war.

Aber es gab eben auch einen Rückstau nach Polen rein. Wir haben das dann beobachtet. Wir sind dann quasi auf polnischer Seite, ein paar Kilometer hinter der Grenze runtergefahren von der Autobahn, und selbst da war noch Stau und auch auf der Landstraße auf die Autobahn rauf. Da reden wir von Verzögerungen von also mindestens ein, zwei Stunden, mindestens.

Philip BansePhilip Banse

Jetzt muss man ja, wir sind ja auch hingefahren, um sozusagen die Praxis kennenzulernen. Was heißt das denn genau? Ganz praktisch, wenn ein Mensch kein Recht zur Einreise hat, was machen die Polizisten dort vor Ort, wenn sie halt feststellen: Du hast kein Visum, du hast keinen Schengen Pass, du hast keinen deutschen Pass, du hast keinen anderen Aufenthaltstitel. Und das Wort Asyl können sie auch nicht sagen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Wir haben das uns mal erklären lassen. Und da sagte uns die Bundespolizei: Also zuallererst mal leiten wir ein Ermittlungsverfahren ein gegen diese Menschen wegen Versuchs der unerlaubten Einreise. Das ist nämlich eine Straftat. Also so viel zum Thema Kriminalstatistik Kriminalität von Ausländern. Also allein schon der Versuch nach Deutschland rein zu kommen ist eine Straftat, die dann natürlich einen Eintrag in der Statistik gibt. Ja, und dann werden die Menschen zurückgeschickt.

Und das bedeutet konkret, dass die Bundespolizei die polnischen Kolleginnen und Kollegen informiert. Manchmal wollen die dann auch dabei sein, lassen sich die Menschen quasi übergeben. Aber meistens läuft es ganz einfach so, dass die Bundespolizei die Menschen über die Brücke zurückschickt. Das heißt also, die laufen dann da auch Richtung Polen und die Bundespolizei guckt ihnen hinterher. Ab der Mitte der Brücke sind sie in Polen. Und dann ist so die Hoffnung, dass die auch in Polen bleiben.

Philip BansePhilip Banse

Also diese Kontrollen laufen an den deutschen Außengrenzen und sie führen mindestens zu massiven Behinderungen. Haben wir gesehen. Stau. Lieferketten werden abgebremst, mindestens Leute können nicht richtig pendeln.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Pendeln kannst du vergessen. Wenn du da ein, zwei Stunden im Stau stehst, kannst du das nicht mehr machen.

Philip BansePhilip Banse

Oder du fährst halt über Grenzübergänge, die die nicht kontrollieren. Und die Frage ist halt ein bisschen was bringt das Ganze? Wir haben es gesagt, über 3800 plusminus Kilometer deutsche Außengrenze abzudichten, wirklich dichtzumachen. Das ist, wenn nicht unmöglich, mindestens extrem schwierig. Aber dass diese Kontrollen so löchrig werden würden, wie sie das aktuell sind, das war dann doch überraschend. Auch für Uwe Conradt, CDU, Oberbürgermeister von

Saarbrücken. Der sagte nämlich im Deutschlandfunk.

Uwe Conradt

Die Kontrollen finden auf der Autobahn statt. Ja, aber es gibt dann auch noch Bundesstraßen, es gibt Landstraßen, es gibt andere Wege, und dort wird nicht kontrolliert. Das ist ein bisschen eine groteske Situation, weil wir haben insgesamt 13 Grenzübergänge auf einem Stadtgebiet. An einem wird kontrolliert, an den anderen nicht.

Philip BansePhilip Banse

Es gibt 13 Grenzübergänge und zwölf werden nicht kontrolliert auf dem Stadtgebiet von Saarbrücken.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Der eine, der kontrolliert wird, ist der Autobahnübergang, die sogenannte Goldene Bremm, die Autobahn von Frankreich nach Deutschland. Aber wir haben uns das auch meiner OpenStreetMap angeguckt. Also da gibt es halt einfach ohne Ende kleine Wege, teilweise einfach Waldwege oder so, quasi Dorfstraßen, so in der dreißiger Zone oder so und da kann natürlich jetzt nicht überall die Bundespolizei stehen.

Und der Kollege vom Deutschlandfunk hat dann den Bürgermeister auch gefragt, wie sinnvoll er vor diesem Hintergrund diese Grenzkontrollen findet.

Uwe Conradt

Für mich sieht das aus wie eine reine Symbolaktion, die hier vollzogen wird, aber einem die schwere Schäden zufügt im Miteinander und dem Vertrauen der Menschen im Grenzgebiet in Luxemburg, in Frankreich. Also von einem Grenzschutz, der illegale Migration schützen will, war da nichts erkennbar.

Philip BansePhilip Banse

Und einen ähnlichen Eindruck hatten wir ehrlich gesagt auch, als wir denn dann von Slubice Polen rüber über die Oder nach Frankfurt Oder gefahren sind. Also wir fahren jetzt hier über die Brücke von Slubice, über die Oder. Hier rechts ist das schöne Schild mit den europäischen Gelben Stern Bundesrepublik Deutschland.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Genau. Das steht irgendwie für die europäische Idee. Aber so richtig gut kommt die ja nicht weg. Phillip Na, jetzt haben wir wie lange im Stau gestanden. 45 Minuten, so grob?

Philip BansePhilip Banse

Wir haben 45 Minuten Stau gestanden. Und hier links vor uns ist jetzt dieses weiße Kontrollzelt aufgebaut. Kurz davor stehen zwei Beamte mit Schnellfeuergewehr Sturmgewehr, gucken offensichtlich, lassen uns durch. Und jetzt wird hier gerade in dem Zelt linkerhand ein SUV kontrolliert. Muss jetzt den Kofferraum aufmachen. Da stehen so 3, 4, 5 Beamte, zwei Polizeibusse. Aber jeden kontrollieren die hier nicht.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Die haben ganz offensichtlich so eine Art Beuteschema. Das sagen ja auch die Leute bei der Bundespolizei. PKW sind für sie nicht so spannend, sondern sie kontrollieren eher SUVs und Bullys und Lieferwagen. Einfach solche Fahrzeuge, in denen man potenziell Menschen verstecken könnte. Das sollen halt so die Schleuser Fahrzeuge sein und so, deswegen bei uns in der Schlange direkt vor und nach uns standen überwiegend PKW und die scheinen die nicht so zu interessieren.

Philip BansePhilip Banse

Also wir schleichen jetzt hier jedenfalls in Schrittgeschwindigkeit an diesem weißen Kontrollzelt vorbei und sind jetzt offensichtlich in Frankfurt Oder in Deutschland. Und alle potenziellen Migrantinnen, Migranten, die wir im Kofferraum haben, können gleich wieder aussteigen. Also von Grenzen dicht, würde ich sagen, kann auch in Frankfurt Oder nicht die Rede sein. Nun ist es aber so: Selbst wenn Polizisten denn mal Leute abfangen, von denen sie glauben, dass sie sie zurück nach Polen

schicken können. Aus den oben genannten Gründen wird das schnell zu einer Operation Sisyphos. Denn was mit Leuten passiert, die an der Grenze aufgefangen und dann zurückgewiesen werden, das konnten wir auch beobachten, und zwar mit unseren eigenen Augen. Also da hinten stand jetzt ein Transporter von der Polizei, unmarkiert so ein silberner. Mit dem wurden Migranten, die zurückgeschickt werden sollen, hier auf die deutsche Seite der Oderbrücke gefahren.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Bis an den Strich quasi.

Philip BansePhilip Banse

Danach stiegen die aus. Die zwei Beamten haben beobachtet, wie sie über die Oderbrücke gehen, bis sie in der Menge verschwanden. Dann haben sich die beiden Beamten wieder einen Bus gesetzt und sind weggefahren.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und haben noch kurz hinterher geguckt.

Philip BansePhilip Banse

Ja, ja, genau, Sie haben geguckt, verschwinden die da oder kommen die gleich zurück? Oder springen die in die Oder oder wie auch immer? Aber die waren dann immer weg und nach fünf Minuten sind die im Bus wieder angefahren.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das ist die sogenannte Zurückweisung. Das bedeutet jetzt durchaus nicht, dass man Menschen zurückschickt nach Afghanistan, sondern das bedeutet, dass man Menschen 50 Meter nach Polen schickt.

Philip BansePhilip Banse

Und ob die jetzt erst mal eine Fritte essen und dann nach einer halben Stunde wiederkommen...

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Who knows? Und viele kommen auch tatsächlich einfach gleich zurück. Das schrieb uns zum Beispiel ein Bundespolizist aus Süddeutschland, der sagte: Teilweise hat er dieselbe Person mehrmals am Tag an der Grenze aufgegriffen. Und das wiederum bestätigte ihm im Kern auch die Pressestelle der Bundespolizei in Frankfurt Oder.

Philip BansePhilip Banse

Ja, wir haben das mal gefragt: Sehen Sie denn dieselbe Person mehrmals? Da sagte er: Ja klar, kommen vor. Teilweise kennen sie die Leute schon. Und sonst sehen wir, sagt er, sonst sehen wir im Computer, dass die Menschen eben schon mal da waren.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und das gilt selbst dann, wenn Menschen in andere EU Länder gebracht werden. Es ist ja nichts einfacher als von Sophia an die deutsche Grenze zu fahren mit dem Flixbus oder so. Mit anderen Worten, die Zahl der Zurückweisungen hat erst, die ja dann immer ganz eindrucksvoll ist, immerhin ein paar 1000 sollen da ja zurückgewiesen werden, sagt das Bundesinnenministerium. Diese Zahl hat also erst mal nichts zu tun mit der Zahl der Menschen, die auch tatsächlich nicht nach Deutschland reinkommen.

Im Gegenteil Es spricht eigentlich sehr wenig dafür, dass es die Menschen nicht irgendwann schaffen. Denn es gibt ja weder in Polen noch in Tschechien irgendwelche Camps. Also an den Außengrenzen gibt es die teilweise beispielsweise in Belarus oder auch in der EU Außengrenze von Frankreich nach Großbritannien, also in Calais. Da gibt es überall ja so Elendscamps, anders kann man es nicht bezeichnen von Migrantinnen, Migranten, die nicht weiterkommen. Aber an den deutschen Außengrenzen

gibt es die nicht. Mit anderen Worten: Es sieht so aus, als wenn die Leute es alle irgendwann schaffen. Trotz der Kontrollen, trotz der Zurückweisung.

Philip BansePhilip Banse

Und der Aufwand und der Schaden ist eben würde ich denke extrem hoch. Wir haben jetzt wieder Grenzen, die trennen, denn das sind ja keine gemeinsamen Kontrollen. Hätte man sich ja auch vorstellen können.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Darauf weist auch der Oberbürgermeister hin.

Philip BansePhilip Banse

Richtig. Deutschland, Frankreich gemeinsam oder Polen und Deutsche gemeinsam. Nein, es sind die Deutschen, die da kontrollieren, einseitig. Ja, Pendler, Waren werden ausgebremst. Der Austausch in diesen Grenzstädten, ich würde nicht sagen, kommt zum Erliegen, wird aber doch erheblich gebremst. Und es ist eben ein wichtiges Symbol, dass es da jetzt wieder irgendwie eine Grenze gibt.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ich finde, das ist tatsächlich der Punkt. Deutschland schafft neue Grenzen, die wir in Europa eigentlich gerade abgeschafft haben! Diese Grenzen schafft Deutschland völlig neu. Und jetzt könnte man ja sagen, wenn wenigstens das Ziel erreicht würde, also eine effektive Begrenzung von Migration, dann könnte man auch drüber reden. Dann wäre aus meiner Sicht die Frage wenigstens ein Stück weit offen. Aber was wir bei unserer Recherche schon sehr deutlich sehen konnten, war Das ist totaler Kokolores.

Man könnte etwas zynisch sagen Nancys Security Show.

Philip BansePhilip Banse

Also wenn in Saarbrücken von 13 Grenzübergängen nur zwölf kontrolliert werden und wie auch in Frankfurt Oder gesehen haben, dass halt einzelne Autos rausgefinkt werden, aber die meisten halt durchfahren.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und trotzdem mega Stau auf der Autobahn, mega Stau in der Stadt.

Philip BansePhilip Banse

Da würde ich sagen, das ist nicht durch die Kontrolle entstanden in der Stadt. Dachten wir erst. Das ist halt entstanden, weil es da so ein bisschen so ein Engpass gibt. Aber die Kontrolle selber in der Innenstadt hat diesen Stau nicht verursacht.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Aber der dürfte mutmaßlich darauf beruhen, dass die Autobahn dicht ist und dann natürlich Leute sich andere Schleichwege suchen.

Philip BansePhilip Banse

Also dass es nervt ohne Ende ist offensichtlich und der Ertrag dürfte wirklich maximal gering sein. Nur um den Anschein würde ich denken von Kontrolle zu simulieren.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also eigentlich finde ich, ist das die Definition von Populismus. Man man zeigt den Leuten irgendetwas, von dem man eigentlich weiß, dass es Käse ist, dass es im Ergebnis nichts bringt. Aber man tut so, als wenn es die Lösung eines bestehenden Problems wäre.

Philip BansePhilip Banse

Warum also diese, wie sagt man, Eskalation an den Grenzen? Ohne Friedrich Merz, glaub ich, wär das nicht so weit gekommen.

Markus Söder

Um es kurz zu machen die Frage ist entschieden. Friedrich Merz machts. Ich bin damit fein und ich unterschütze dies ausdrücklich.

Philip BansePhilip Banse

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder diese Woche in der Bayerischen Landesvertretung in Berlin. Die Union hat sich also geeinigt, mit wem sie in die Bundestagswahl 2025 als Spitzenkandidat ziehen wollen: Friedrich Merz, Unionschef und Fraktionsvorsitzender.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Apropos Bundestagswahl 2025. Da steht inzwischen ein Termin. Lange war er in der Schwebe. Nun ist klar Am 28. September 2025 wird gewählt. Also von heute an kann man sagen grob in zwölf Monaten und zwei Wochen knapp. Und für die Union, für CDU und CSU wird Friedrich Merz in diese Schlacht ziehen. Markus Söder hatte es in den letzten Wochen immer noch mal wieder versucht zu sticheln. Wollte noch mal schauen, wie groß die Zustimmung zu Friedrich Merz in der Union wirklich ist.

Aber wenn man ehrlich ist, hat er damit glaube ich in seinen letzten paar Prozent Chancen noch endgültig eliminiert. Das hat nämlich jedenfalls die Menschen in der CDU massiv genervt und so konnte er letzten Endes nicht mehr anders als zurückziehen, nachdem eben auch der Dritte im Bunde, der noch gehandelt wurde als Kanzlerkandidat, nämlich Hendrik Wüst, Ministerpräsident von Nordrhein Westfalen, zurückgezogen hatte.

Hendrik Wüst wiederum hatte außerdem noch seinem Landesverband, der CDU, dem größten Landesverband in Deutschland, vorgeschlagen, Friedrich Merz zu unterstützen, was dieser Vorstand dann auch gemacht hat. Und damit war für Markus Söder klar: Hier ist der Zug abgefahren. Aber Philip, ich glaube, Begeisterung sieht anders aus.

Philip BansePhilip Banse

Also wenn er sagt, ich bin fein damit, das klingt so nach Wegen mir, meinetwegen machen wir es halt so. Ich glaube, er hat auch eingesehen, dass er so eine Wiederholung wie 2021, als er sich über Monate mit dem dann CDU Spitzenkandidaten Armin Laschet gekappelt hatte, dass die CDU das nicht noch mal dulden werden würde.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Zumal ja auch damals dieser Konflikt noch nicht mal endete, als Laschet dann offiziell inthronisiert war. Also dass es so was gibt wie einen innerparteilichen oder innerunionistischen Kampf um eine Kanzlerkandidatur, d'accord. Aber wenn dann die Entscheidung gefallen ist, dann ist es natürlich in jeder Partei, aber in der Union zumal eine Todsünde, diese gemeinsame Entscheidung nicht mitzutragen. Und ich meine, Söder hat Laschet ja auch im Bundestagswahlkampf immer wieder demontiert.

Philip BansePhilip Banse

Und jetzt sagte er, er sei damit fein, hat aber wirklich auch in dieser, in diesem Auftritt, in dieser Pressekonferenz immer wieder darauf hingewiesen, dass ja beide Kandidaten gleichermaßen geeignet seien, also er. Und dass die Beliebtheitswerte für beide ja mehr oder weniger gleich seien und so, aber dass er natürlich genauso gut geeignet gewesen

wäre. Aber dass die CDU als größere Partei nun mal das Vorschlagsrecht hätte und da würde er sich dem fügen und so, also das war schon klar, dass er sich für mindestens genauso geil hält wie Merz, wenn nicht sogar noch ein bisschen geiler. Aber dass er jetzt sagt: Na komm, dann ist es halt der Merz.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ist denn damit auch alles fein zwischen CDU und CSU? Ich denke, das kann man so nicht sagen. Ja, sie haben sich jetzt auf einen gemeinsamen Kandidaten geeinigt. Ja. Und Markus Söder trägt das auch, jedenfalls nach außen und zähneknirschend mit. Aber auch inhaltlich, denke ich, knirscht es da ganz gewaltig. Markus Söder beispielsweise hat Friedrich Merz schon mal eine etwaige Regierungsbildung nach der nächsten Bundestagswahl im Herbst 2025 massiv

erschwert. Denn Markus Söder schließt konsequent immer wieder jede Zusammenarbeit der Union mit den Grünen jedenfalls auf Bundesebene kategorisch aus. So hat er das also im Sommerinterview vor einigen Wochen gesagt, und seither hat er das noch mehrfach wiederholt. Friedrich Merz hingegen würde sich natürlich eigentlich lieber alle Optionen offenhalten. Lage Hörer kennen diesen Trick

schon. Man formuliert einfach super spezifisch und so, sagt Friedrich Merz: Aus heutiger Sicht schließe er eine Koalition mit den Grünen im Bund aus. Aber ob das weiter gelte, das liege in den Händen der Grünen.

Philip BansePhilip Banse

Jetzt kann man natürlich sagen okay, aus heutiger Sicht. Und wenn man dann sagt, okay, die Wahl ist vorbei, das ist dann natürlich nicht mehr heute, sondern eben nach der Wahl. Und vielleicht haben die Grünen dann auch ein, zwei Zugeständnisse gemacht an zentralen Punkten. Also haben sich die Grünen dann auch bewegt.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Kann man jedenfalls verkaufen.

Philip BansePhilip Banse

Also es wirkt jetzt so, als würde Merz eine Koalition mit den Grünen ausschließen. Aber da müssen wir uns nichts vormachen. Nach der Wahl also nicht heute, hat er alle Optionen, mit den Grünen eine Koalition zu starten.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Stichwort Optionen. Philip: Wird denn Friedrich Merz wirklich in einem Jahr Kanzler der Bundesrepublik Deutschland?

Philip BansePhilip Banse

Stand heute ist, sie führen in den Umfragen. Und wenn heute gewählt werden würde, wäre die Unionsfraktion die größte im Bundestag.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Auch etwa doppelt so groß wie die SPD.

Philip BansePhilip Banse

Wenn Sie sagen, wir machen es nicht mit der AfD, vom BSW wissen wir nicht, ob sie reinkommen. Aber gehen wir mal davon aus, dass sie reinkommen, wenn die FDP rausfliegt. Dann haben sie noch Grüne, SPD und BSW, mit denen sie eine Koalition machen können. Mit den Linken wollen sie ja auch nicht.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und selbst mit der FDP würde es mutmaßlich niemals reichen.

Philip BansePhilip Banse

Niemals reichen. Das heißt, als größte Fraktion stehen Sie natürlich besonders gut da, um eine Regierungskoalition zu schmieden. Und wenn sie das täten, hätten sie immer einen kleineren Koalitionspartner. Sie wären in jeder Konstellation der größte Koalitionspartner. Und dementsprechend wäre dann natürlich auch Merz Bundeskanzler.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das muss man so sehen. Also rein rechnerisch sieht es tatsächlich so aus. Gegen die Union jedenfalls dürfte es wohl sehr schwer werden, in einem Jahr eine Regierung zu bilden. Und traditionell stellt eben die größte Fraktion in einer Koalition auch den Kanzler. Insofern bin ich da völlig bei dir. Auf der anderen Seite sind zwölf Monate eben eine ganz schön lange Zeit. Vor zwölf Monaten war vom BSW im Grunde noch keine richtige Rede.

Gerade in jüngerer Zeit haben wir ja gesehen, wie das Parteiensystem in Deutschland zunehmend instabil wird, wie sich da einfach auch sehr schnell Wählerinnen Anteile verschieben können. Und deswegen würde ich sagen ja. Stand heute ist es genau so, wie du das analysiert hast. Wahrscheinlich hätte die Union schon mit der SPD alleine für eine GroKo eine Mehrheit, selbst wenn das nicht reichen sollte. Allerdings muss man sagen, könnte Friedrich Merz auf die Grünen angewiesen sein.

Das hängt sehr davon ab, welches Stimmergebnis die Union erreicht und die SPD. Aber es ist durchaus nicht sicher, dass die heute zusammen rund 45 % auch für eine absolute Mehrheit der Mandate reichen.

Philip BansePhilip Banse

Aber immer wäre er Kanzler.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Immer wär er Kanzler. Aber deswegen ist diese Intervention von Markus Söder so toxisch, weil diese rote Linie zu den Grünen dazu führen könnte, dass es Friedrich Merz in einem Jahr kaum gelingt, eine Mehrheit im Bundestag zu bekommen. Denn ob die FDP tatsächlich reinkommt, ist völlig offen. Das heißt also, der Wunschpartner der Union ist durchaus nicht gesetzt. Und dann könnte es auch sein, dass es auf die Grünen ankommt. Also insofern muss man sagen, eine rein toxische Intervention aus München.

Außerdem ein zweites, ganz großes Problem von Friedrich Merz bei der Bundestagswahl sind seine Beliebtheitswerte beim Publikum.

Philip BansePhilip Banse

Ja, er ist auf Augenhöhe mit Scholz. Was die Unbeliebtheit angeht. Also es ist kein gutes Zeichen für ihn. Rund 50 % der Menschen in Deutschland wollen weder Merz noch Scholz als Bundeskanzler. Es gibt eine aktuelle Forsa Umfrage, da wurden die Leute gefragt Welcher Unionskandidat eignet sich am besten als Kanzler?

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also da war schon die Auswahl auf die Unionsmenschen beschränkt. Das war jetzt nicht mal die Wahl Merz oder Scholz. Und es war wirklich nur die Auswahl unter den Unionsleuten.

Philip BansePhilip Banse

Wüst, Söder oder Merz. Und da haben nur 16 % gesagt, Merz wäre der beste Kandidat. Alle anderen Unionskandidaten hatten höhere Prozentanteile, mehr Zuspruch.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und das gilt insbesondere für den Zuspruch bei Wählerinnen anderer Parteien. Mit anderen Worten: Wenn Friedrich Merz tatsächlich die Bundestagswahl für die Union gewinnen will, dann reicht es ja nicht, eingefleischte Unionswählerinnen und Wähler zu gewinnen, sondern geht es ja gerade darum, Menschen zu gewinnen, die vielleicht noch so ein bisschen schwanken.

Und bei den Menschen, die heute sagen, wir hängen eher der SPD, den Grünen oder der FDP an, da sind die Werte von Friedrich Merz ziemlich desaströs. Also nur 9 % der SPD Anhänger:innen zum Beispiel halten Friedrich Merz für den am besten geeigneten. Von denen sprechen sich 47 % eher für Hendrik Wüst aus. Bei den Grünen ist es so ähnlich. Nur 14 % sind dafür Merz. 51 % hätten lieber Hendrik Wüst gesehen. Mit anderen Worten Friedrich Merz ist es.

Aber er dürfte zugleich für die Union eine große Hypothek sein für den Bundestagswahlkampf.

Philip BansePhilip Banse

Aber wir hatten ja auch das Gespräch mit Ursula Münch, also der Leiterin der Akademie in Tutzing. Die haben wir das ja damals auch gefragt. Sie ist Politologin, und wir haben wir sie ja damals auch gefragt: Ja, Merz hat ja so schlechte Umfrageergebnisse, pipapo.

Das war, glaube ich, im Rahmen des Bundesparteitags der CDU und da hat sie ja das Argument gemacht, Ja, mag ja sein, dass das aktuell schlecht ist, aber wenn er denn dann erst mal Spitzenkandidat ist und diese Frage die K-Frage geklärt ist, dann werden seine Popularitätswerte auch steigen, würde ich sagen. Das warten wir mal ab.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

In dieser Woche gab es im Libanon mehrere 1000 Explosionen, nämlich eine gezielte Attacke gegen führende Leute der sogenannten Hisbollah. Das ist also eine islamistische Terrororganisation im Libanon, vom Iran unterstützt, die auch einen Teil des Libanon tatsächlich so regierungsähnlich beherrscht. Und das Ganze lief unter dem Codenamen Project Gold Apollo AR924.

Philip BansePhilip Banse

Das ist der offizielle Name?

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das ist der Name des Pagers, der da in die Luft flog.

Philip BansePhilip Banse

Achso, genau. Also erst sind Pager explodiert. Mehrere 1000. Pager sind halt so ein bisschen so anachronistische, wie sagt man, Kommunikationsmodule würde ich mal denken.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also man kennt die aus dem Rettungsdienst, also Rettungssanitäter, Notärzte, die haben so so einen Piepser am Gürtel und wenn die Rettungsleitstelle sie alarmieren will, dann piepst der halt und dann rennt man zum Rettungswagen oder zum NEF. Und dann fährt man los.

Philip BansePhilip Banse

Und die Hamas im Libanon benutzt diese Pager ja angeblich vor allen Dingen deshalb, weil man die Nutzer und Nutzerinnen dieser Pager so gut wie nicht orten kann. Bei dem Handy ist das anders, dein Handy bucht sich irgendwie in ein oder mehrere Funkmasten ein und dann sieht man das Handy in diesen Funkmasten und kann damit ungefähr mehr oder weniger genau feststellen: Wo befindet sich denn jetzt dieses Handy? Bei diesem Pager, die funktionieren eher wie Radios.

Da werden halt Signale ausgesendet über Funk und die Pager empfangen diese Signale und reagieren nur, wenn ihre Nummer in diesen Signalen vorkommt. Und wenn man dann quasi dieses Signal empfängt oder wenn ein Pager dieses Signal empfängt, kann niemand irgendwie feststellen Ja, wo ist denn jetzt dieser Pager?

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Weil er halt gar nicht sendet.

Philip BansePhilip Banse

Weil der nicht sendet.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das ist der große Unterschied zum Handy. Ein Handy sendet, ein Pager empfängt nur. Und deswegen lässt sich da nix orten. Und die Hisbollah Leute im Libanon dachten nun mit diesem Piepern da sind wir halbwegs geschützt vor gezielten Luftschlägen der Israelis. Und das erwies sich jetzt als ein großer Irrtum. Denn wie gesagt, Anfang der Woche sind mehr als 2000 dieser Pager vom Typ Gold Apollo AR924 explodiert.

Es gab recht wenige Tote, wohl so etwa ein Dutzend, aber tausende Menschen sind im Krankenhaus gelandet. Denn kann man sich vorstellen, so ein Piepser, den trägt man halt meist am Gürtel oder in der Hosentasche. Und wenn der dann in die Luft fliegt, dann gibt es entsprechend schwere Verletzungen. Aber das war nicht das Ende der Anschlagsserie.

Philip BansePhilip Banse

Richtig, Einen Tag später sind nicht Pager, sondern Handfunkgeräte explodiert. Da gab es ungefähr 20 Tote, hunderte Verletzte. Und das Prinzip ist wieder wie bei den Pager. Diese Handys tragen die Leute halt am Körper und es ist überhaupt nicht zu kontrollieren, wer da drumherum steht. In welchen Lebenssituationen diese Leute sich gerade befinden. Sind sie im Kampf, im Krankenhaus oder in der Familie? Dementsprechend hoch sind diese

Opferzahlen. Der Verdacht, es ist nicht bewiesen, aber der Verdacht, und alle Expertinnen Experten gehen davon aus, dass der israelische Auslandsgeheimdienst Mossad hinter diesen Angriffen steht, dass er diese Geräte irgendwie abgefangen hat, bevor sie bei der Hisbollah gelandet sind, eben Platinen mit Sprengstoff in diesen Geräten montiert hat, um dann quasi durch bestimmte Signale die Explosion dieser Geräte auslösen zu können. Wie gesagt, Beweis steht aus.

Aber alle gehen eigentlich davon aus, dass es der Mossad ist, der hinter diesen Anschlägen steht.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Entsprechend groß der Schock natürlich bei der Hisbollah, dieser islamistischen Terrororganisation im Libanon, aber nicht nur bei der Organisation selber. Denn offenbar wurden auch viele Unbeteiligte verletzt. Frauen und Kinder, kann man sich

vorstellen. Man kann ja überhaupt nicht kontrollieren, wer denn so einen Pager gerade in der Hand hat, wenn nicht mehr Papa, der vielleicht wirklich islamistischer Terrorist ist, den Pager bei sich trägt, sondern keine Ahnung, der 9-jährige Sohn, damit man ihn in der Schule erreichen kann oder so, dann wurde eben dieses Kind von dem explodierenden Pager verletzt oder im Extremfall auch getötet. Und wir haben uns jetzt gefragt, Philip wie würde man das eigentlich nennen?

Was würde man eigentlich sagen, wenn die Hamas mehrere 1000 kleine Bomben an israelische Offiziere geschickt hätte? Also wenn die dann verletzt und getötet worden wären. Aber eben nicht nur sie, sondern unter Umständen ihre Frauen und Kinder.

Philip BansePhilip Banse

Und wenn die Offiziere vielleicht im Krankenhaus gelegen hätten und gar nicht am Kampf beteiligt waren? Natürlich hätte man das als Terrorangriff der Hisbollah oder der Hamas zu Recht und ich würde sagen, man kann hier sagen, Israel geht mit Terror gegen Terror vor.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Das Traurige daran ist, dass es ja noch ein weiteres Problem gibt, nämlich ob Israel überhaupt völkerrechtlich legal handelte. Dazu hat LTO also das Onlineportal Legal Tribune Online Professor Dr. Matthias Goldmann gefragt vom Max Planck Institut für ausländisches und internationales Öffentliches Recht in Heidelberg. Und Professor Goldmann sagt dazu: Der Anschlag Israels auf die Pager und auf die Handfunkgeräte war wohl völkerrechtswidrig.

Zwar darf Israel natürlich Kombattanten, also zum Beispiel Hamas und Hisbollah Kämpfer töten, aber das muss dann natürlich maximal zielgenau und mit möglichst wenigen zivilen Opfern passieren. Und Professor Goldmann sagt: Völkerrechtlich spricht vieles dafür, dass das so nicht in Ordnung war. Vor allem, weil diese Attacke nicht zielgenau genug war. Weil viel zu viele nicht Kämpfer unter den Opfern waren.

Eben weil beispielsweise auch Menschen im Krankenhaus getroffen wurden, weil ZivilistInnen und Zivilisten getroffen wurden. Also er sieht das rechtlich extrem kritisch.

Philip BansePhilip Banse

Aber diese Rechtsfrage scheint mindestens zweitrangig zu sein aus israelischer Perspektive, würde ich mal sagen. Der Eindruck, der sich einstellt, ist, dass es eher darum geht, Angst und Schrecken unter den Feinden Israels zu verbreiten, allen voran natürlich unter den Terrororganisationen Hamas und Hisbollah. Wie gesagt, ob es der Mossad war, ist nicht bewiesen. Aber es gibt doch vieles, was darauf hindeutet.

Und wahrscheinlich geht es dem Mossad eben auch darum, sein Ansehen wiederherzustellen nach diesem kompletten Scheitern vor fast einem Jahr, am 7. Oktober 2023, als Hamas Kämpfer in Israel eingefallen sind und über 1200 Menschen umgebracht haben und der Geheimdienst davon eben nichts mitbekommen hatte.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also dieses Wiedererrichten des Mythos, denke ich mal, das dürfte jedenfalls zum Teil erfolgreich sein, denn es ist ja aus einer rein technisch operativen Perspektive eine sehr beeindruckende Aktion. Also diese Pager irgendwie auf dem Weg in den Libanon abzufangen und dann eben tausende von diesen Pagern mit einer kleinen Sprengladung zu versehen.

Philip BansePhilip Banse

Dito die Handfunkgeräte.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also da würde ich schon echt sagen, das ist finde ich ziemlich beeindruckend. Also Chapeau für den israelischen Geheimdienst, dass sie das technisch hinbekommen haben. Aber das ändert natürlich nichts daran, dass es rechtlich ausgesprochen problematisch ist. Und man kann sich natürlich auch die Frage stellen Philip, was ist denn das strategische Ziel? Es war ja klar, dass da nur vergleichsweise wenig Menschen zu Tode kommen würden.

Das heißt also, quasi, rein militärisch ist der Ertrag der Aktion gering. Der Erfolg ist vor allem psychologisch. Was wollte Israel damit erreichen, die Hisbollah auf diese Art und Weise zu provozieren? Ja, ich glaube.

Philip BansePhilip Banse

Dazu muss man einmal kurz den Fokus ein bisschen weiten. Wir haben da ja auch in der letzten Folge ausführlich darüber berichtet. Es gibt ja in Israel de facto mehrere Kriege, wenn man so will. Das ist natürlich einmal der Krieg im Gazastreifen im südlichen Teil Israels, haben wir viel drüber gesprochen, aber es gibt eben auch einen weiteren Krieg, Konflikt im Norden Israels.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Den die Hisbollah aber begonnen hat.

Philip BansePhilip Banse

Den schon durch die Hisbollah ganz klar begonnen hat. Die Hisbollah beschießt seit Monaten den Norden Israels aus dem südlichen Libanon mit Raketen. Das hat dazu geführt, dass der Norden Israels de facto unbewohnbar geworden ist und dass eben Tausende israelische Familien aus dem Norden Israels weggezogen sind.

Die leben jetzt ja außer Reichweite dieser Raketen aus dem Libanon, irgendwo bei Verwandten oder in Hotels oder Flüchtlingslagern oder so, und das will Israel nicht hinnehmen, natürlich nachvollziehbarerweise, die wollen halt diese Pufferzone, also diese Pufferzone, die die israelische Bevölkerung im Norden Israels schützt vor Hisbollah

Raketen. Die soll in Südlibanon eigentlich platziert sein und diese Pufferzone will Israel wieder herstellen und bombardiert deswegen ja auch Stellungen der Hisbollah. Und die Frage ist jetzt so ein bisschen, warum dann diese Attacke mit den Pagern?

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also der Verteidigungsminister Galant hat angekündigt, dass der Krieg zwischen Israel und Hamas und Hisbollah jetzt in eine neue Phase eintrete. Was das konkret bedeutet, weiß man natürlich nicht. Aber es liegt eben sehr nahe, dass Israel eigentlich am liebsten im Libanon selber eingreifen möchte, um diese von dir geschilderte Pufferzone wieder herzustellen, weil das eben mit Luftangriffen alleine nicht zu schaffen ist.

Und der Deutschlandfunk Korrespondent in Israel deutete in der heutigen Morgensendung an, welche Rolle in diesem Kontext die Attacke mit den Pagern und den Funkgeräten spielen könnte. Israel will, so die Vermutung, eben nicht einfach so im Libanon einmarschieren, sondern man möchte lieber sagen können: Wir verteidigen uns ja nur.

Und daher geht es vermutlich um eine Provokation der Hisbollah, damit sie zuschlägt auf eine Weise, die dann wiederum eine israelische Eskalation im Süden des Libanon, sagen wir mal, plausibel erscheinen lässt.

Philip BansePhilip Banse

Ich finde das so ein bisschen mäßig überzeugend, weil ja schon heute die Hisbollah Israel angreift, bombardiert mit Raketen, Tausende sind vertrieben, und wenn Israel wirklich einen Vorwand suchen würde, um im Südlibanon einzumarschieren, dann hätten sie den.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also ich sag mal so, das ist ja letzten Endes immer ein kommunikatives Spiel. Natürlich könnte Israel das auch heute schon tun. Die Frage ist halt immer, wie plausibel ist das? Und schauen wir uns den Krieg im Gazastreifen an. Dort steht Israel massiv in der Kritik wegen seiner dortigen Kriegsführung, wegen der gravierenden humanitären Folgen, obwohl es einen Angriff der Hamas gab. Der Ausgangspunkt des Ganzen ist Du hast es gesagt, diese diese unmenschliche Terroraktionen vom 7.

Oktober. Und obwohl die Hamas da derart brutal zugeschlagen hat, gibt es Fragen, mal ganz vorsichtig gesagt gegenüber der israelischen Reaktion. Und da muss man ganz ehrlich sagen, wenn jetzt Israel in ähnlicher Weise im Südlibanon eingreift, weil in Anführungsstrichen Raketen gekommen sind, dann würden die Fragen natürlich noch entsprechend drastischer ausfallen. Also die die Hypothese ist, dass Israel eigentlich so was wie 7.

Oktober oder jedenfalls eine gravierende Aktion der Hisbollah provozieren will, um dann tatsächlich einen Einmarsch zu rechtfertigen. Aber letztlich weiß das niemand, was genau der Hintergrund ist. Strategisch, muss man sagen, führt es jedenfalls nicht zu Deeskalation in der Region.

Philip BansePhilip Banse

Das ist sicher. Und so hat sich ja auch der US Außenminister Anthony Blinken ein bisschen frustriert geäußert. Er sagt: Wir reden in Kairo, in Ägypten, da laufen Verhandlungen für einen Waffenstillstand in Gaza. Und er sagt jedes Mal, wenn wir da irgendwie ein Komma klären und ein Halbsatz hinzufügen, gibt es irgendwo in Israel ein neues Ereignis, was uns in den Verhandlungen mindestens blockiert, wenn nicht sogar zurückwirft.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und man muss auch sagen, die Hisbollah hat schon xfach angekündigt, dass diese Raketenangriffe auf den Norden Israels alleine das Ziel verfolgten, Israel zum Friedensschluss im Gaza oder jedenfalls zu einem Waffenstillstand im Gazastreifen zu motivieren. Die Hisbollah hat schon mehrfach angekündigt: Sobald es einen Waffenstillstand im Gazastreifen gibt, stellen wir auch unsere

Angriffe ein. Aber das sieht, da sieht man so ein bisschen wie auch in Israel einfach, ich sag mal, die Falken momentan die Oberhand haben. Also theoretisch wäre ja tatsächlich denkbar, dass sich Israel um eine Friedenslösung bemüht und insbesondere den Gaza Konflikt befriedet und damit zugleich offenbar auch den Krieg im Norden Israels beendet. Aber das ist eine Position, die in Israels Regierung jedenfalls zurzeit nicht mehrheitsfähig ist. Stattdessen setzt man auf eine Politik der Härte.

Mit anderen Worten Schläge gegen die Hisbollah, Weiterführung des Krieges im Gazastreifen und nicht zuletzt darüber haben in der vergangenen Woche gesprochen, eine Offensive im Westjordanland.

Philip BansePhilip Banse

Du hast es eben angesprochen: Falken in der israelischen Regierung. Über die hatten wir letzte Woche auch gesprochen. Allerdings haben wir da einen falschen Namen benutzt. Wir haben über zwei rechtsextreme Minister in der israelischen Regierung gesprochen. Die heißen aber Itamar Ben-Gvir, der ist National Security Minister und Bezalel Smotrich. Der ist Finanzminister und zugleich auch für die völkerrechtswidrigen Siedlungen im Westjordanland zuständig.

Der Verteidigungsminister, den wir hatten, Galant, ist hingegen kein rechtsextremer Politiker. Vielmehr ist er ein Gegenspieler Netanjahus in der Regierung. Im Streit um die Justizreform war er schon mal im März 2023 entlassen worden, und nur Massenproteste konnten eine wirksame Absetzung wirklich verhindern. Das gilt es richtig zu stellen, nur um den Eindruck zu vermeiden, dass das Verteidigungsministerium in Israel von einem Rechtsextremen geführt wird.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also im Gegenteil, der Galant versucht halt immer mal wieder auszugleichen. Der ist, wenn man so will, so ein bisschen adult in the room in diesem israelischen Kabinett. Dann haben wir noch einen kleinen Nachtrag zu unserer Schilderung unserer Reise. Es kam ja so ein paar Nachfragen wegen dieser doch sehr hohen Hotelkosten in Riad.

Philip BansePhilip Banse

Also wir hatten es gesagt, wir haben da für das Hotelzimmer in Riad pro Person gut 500 € bezahlt und dann war der Tenor so, ah, machen die da Luxusreisen? Also nicht wir, sondern auch das Außenministerium. Minister Luxusreisen auf Staatskosten. Und da muss man sagen, das Ministerium Außenministerium versucht, die Kosten niedrig zu halten. Und das sieht man allein daran, dass das Hotel in Tel Aviv deutlich billiger war. Wir haben da für unser Zimmer so gut 200 € pro Zimmer bezahlt.

Jetzt auch noch kein Schnäppchenurlaub, aber trotzdem natürlich die Hälfte von dem, was wir in Riad gezahlt haben. Und auch in Tel Aviv gibt es Hotels, für die kannst du viel, viel mehr Geld bezahlen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und auch ein paar schönere.

Philip BansePhilip Banse

Und man muss dazu sagen, dass das Außenamt hat eben nicht die völlig freie Wahl, in welchen Hotels sie die Außenministerin unterbringt. Das hängt auch immer ein bisschen mit Sicherheitsbedenken zusammen. Für die Sicherheit von Staatsgästen ist natürlich dann der jeweilige Gaststaat zuständig. Und der sagt dann auch: Na komm, diese Sicherheit können wir nicht in jedem Hotel garantieren. Da haben wir dies und dies und jenes. Und in Riad hätte es wohl auch noch deutlich teurere Hotels gegeben.

Also das nur so ein bisschen als relativierenden Hinweis, dass jetzt nicht immer das beste Hotel am Platz genommen wird, scheißegal, was das kostet.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Viele von euch haben sicherlich schon mal vom Darknet gehört, das ist ein Bereich des Internets, in dem man sich jedenfalls bisher glaubte, weitgehend anonym bewegen zu können. Und das ist super, um zum Beispiel in Diktaturen unzensierte Nachrichten zu lesen, um Internetsperren zu umgehen, um geheim zu kommunizieren.

Aber natürlich, wie jede Technologie kann man auch das Darknet missbrauchen, zum Beispiel um alle möglichen verbotenen Dinge zu tun, Waffen zu kaufen oder noch schlimmer Missbrauchsdarstellungen runterzuladen, also die sogenannten Kinderpornos.

Philip BansePhilip Banse

Also wie immer eine zweischneidige Sache, diese Technik. Anonymität ist ein Menschenrecht. Sie hat aber auch gefahren, Stichwort Dual Use. Also man kann die Technik auf zwei Arten nutzen für gute Sachen, aber eben auch für schlechte Sachen. Das ist also das, was im Darknet im Prinzip möglich war. Und das Darknet als Darknet, das gibt es eigentlich nur aufgrund einer bestimmten Software. Und diese Software nennt sich Tor.

Und was immer man jetzt auch von Tor und dem Darknet hält, es war klar oder zumindest Konsens: Die Technik dahinter ist ziemlich sicher.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Also insbesondere war der Mythos, sag ich mal rund um Darknet und Tor, dass Polizei und Staatsanwaltschaften andere Ermittlungsbehörden im Darknet weitgehend einpacken können. Denn diese Daten, die mit der Torsoftware in dem sogenannten Darknet unterwegs sind, die fließen eben nicht von einem Computer direkt zum anderen, sondern über viele sogenannte Nodes. Das sind so Server in diesem Darknet und Zwischenstation.

Genau. Und dadurch das eben so ein bisschen stille Post gespielt wird und die Daten über ganz viele Zwischenstationen laufen, wird die Identität der User dieses Darknet verschleiert. Und deswegen war so die Annahme, selbst wenn Ermittlungsbehörden es gelingen sollte, einen Server im Darknet zu übernehmen, also beispielsweise so ein Forum, wo Darstellungen von sexuellem Missbrauch getauscht werden, dann kommt man an die User dieses Forums trotzdem nicht ran.

Philip und da hat sich jetzt rausgestellt, das stimmt einfach nicht.

Philip BansePhilip Banse

Richtig. Das hat ein Team des Norddeutschen Rundfunks recherchiert und die haben rausgefunden, dass dieses Technikversprechen, was die ganze Zeit hinter dem Darknet stand, nämlich Anonymität, Nutzer bleiben unerkannt, dass das so nicht stimmt. Aber bevor wir das erklären, müssen wir, glaube ich, einmal noch bisschen plastischer machen, wie dieses Darknet, wie Tor eigentlich funktioniert.

Und wenn wir das mal auf unsere Alltagswelt übertragen, können wir das und so ein bisschen natürlich simplifiziert und beispielhaft so vorstellen. Also ich versuche also per Post an Ulf ein Päckchen zu schicken und will aber um jeden Preis verhindern, dass Ulf und alle, die irgendwie zwischendrin dieses Päckchen mal in der Hand halten, wissen, von wem das abgeschickt wurde.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und wenn sich jetzt mal vorstellt, die Daten in diesem Tornetzwerk wären so ein Päckchen, da muss man sich das so vorstellen. Also Philip schickt das Päckchen erstmal zum Postverteilzentrum in Köln und in Köln wird als allererstes mal mit einem großen Edding der Absender durchgestrichen, unkenntlich gemacht und dann geht das Päckchen weiter zum Postverteilzentrum nach München.

Philip BansePhilip Banse

Mit dem Absender Postverteilzentrum Köln. Und in München passiert dasselbe. Da wird wieder der Absender gestrichen und es wird als neuen Absender Verteilzentrum München draufgeschrieben. Dann geht es nach Kiel zum Beispiel. Auch da passiert das, da wird der Absender unkenntlich gemacht. Der neue Absender ist jetzt einfach Verteilzentrum Kiel. Und dann schickt das Verteilzentrum Kiel das Päckchen an Ulf nach Berlin.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und wer immer dieses Päckchen jetzt also unterwegs abfängt, zum Beispiel kurz bevor es mich erreicht, der sieht nur, der Absender ist das Verteilzentrum Kiel. Und wenn man irgendwo anders in der Kette draufschaut, dann sieht man halt irgendein irgendwelche Verteilzentren als Absender und Empfänger. Aber völlig klar, keiner hat eine Chance, diese Kette zurückzuverfolgen und zu klären, von wem kam das Päckchen denn ursprünglich?

Philip BansePhilip Banse

Weil man eben auch bei diesem Verteilzentrum nicht einfach anklopfen kann und sagen: von wem kam das denn? Sondern das ist verschlüsselt und geheim. Das geht also nicht.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Auf diese Art und Weise konnte man gefahrlos über das Darknet Bilder und Videos und Webseiten und Ähnliches laden, einfach weil es nicht möglich war, die Person zu identifizieren, die tatsächlich auf einen Darknetserver zugegriffen hat. Weil das Darknet eben nicht aus Verteilzentren bestand, sondern aus sogenannten Nodes. Das sind halt einfach Server, auf denen die Torsoftware läuft und die die Daten so lange durchs Netz hin und her schicken, bis komplette Verwirrung herrscht.

So Philip. Und da stellt sich natürlich die Frage: Wie haben denn die Ermittler es dennoch geschafft, den Datenverkehr im Tornetzwerk im Darknet zu deanonymisieren?

Philip BansePhilip Banse

Ja, das hat eben dieses Team vom NDR aufgedeckt. Wird glaube ich, heute Abend oder dieser Tage. Es ist schon online, bei Strg F und Tagesschau und so kann man das nachschauen. Also die haben aufgedeckt, dass die Ermittlungsbehörden inzwischen sehr genau feststellen können, wer sich mit dem Tornetzwerk verbindet und eben auch, welche Seiten er oder sie dann dort im Darknet aufruft. Und die Frage ist, wie haben sie das

gemacht? Und es stellt sich raus, die Ermittler haben das auf zwei Arten gemacht.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Bildhaft gesprochen, wir bleiben mal bei unserem Beispiel mit den Verteilzentren. Die haben zum einen einfach eigene Verteilzentren für Päckchen aufgemacht, die sie natürlich komplett unter Kontrolle haben. Und sie haben vor anderen Verteilzentren Beobachter postiert. Technisch gesprochen: Sie haben eigene Nodes aufgemacht, also eigene eigene Server gestartet, die sie dann in das Tornetzwerk eingeschleust

haben. Und sie haben Server, die es schon gab, im Tornetzwerk kontrolliert, überwacht, infiltriert, um dort mitzuschneiden, welcher Datenverkehr durchläuft. Und in beiden Fällen haben sie insbesondere genau gemessen: Wann geht ein Paket hier rein in unser Verteilzentrum und wann kommt es beim nächsten Verteilzentrum an?

Philip BansePhilip Banse

Sie hatten genügend Verteilzentren unter ihrer Kontrolle, um zu sehen: Aha, da geht also dann ein Paket rein. Dann geht es raus. Und dann beim nächsten kommt es dann an und geht dann wieder raus. Und so konnten sie mit statistischen Methoden ziemlich genau feststellen, dass dieses Paket irgendwann halt von meiner Adresse aufgegeben wurde. Also Philip. So ist das technisch umgesetzt.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Kann man sich vorstellen. Bei den eigenen Nodes haben sie sowieso alles im Griff. Aber auch wenn sie auf diese Nodes durch einen richterlichen Beschluss zum Beispiel Zugriff haben, können sie auch den Datenverkehr mitschneiden. Was bedeutet das jetzt im Ergebnis? Das ist quasi der große Knall für die IT Security. Man kann Tor einfach nicht mehr als ein Tool ansehen, das die anonyme Nutzung des Internet oder des Darknet

ermöglicht. Muss man sagen: man konnte mit Tor ja nicht nur Darknet Seiten aufrufen, sondern auch ganz normale Internetseiten. Beides sollte angeblich anonym möglich sein. Da muss man einfach ganz deutlich sagen: Das geht nicht mehr. Die Behörden haben quasi im Darknet das Licht angeknipst und sie haben außerdem die anonyme Nutzung von normalen Webseiten über Tor unmöglich gemacht.

Philip BansePhilip Banse

Und in Frage, ist das jetzt total überflüssig und tot, diese Torsoftware, dieses Torprojekt. Und dazu schreiben die Macher und Macherinnen, die diese Software schreiben und organisieren: Für die große Mehrheit der Nutzer Nutzerinnen weltweit, die ihre Privatsphäre schützen wollen, ist Tor nach wie vor die beste Lösung.

Die Ermittlung der Adressen der Absender Adressen waren nur deshalb erfolgreich, schreiben sie, weil der Täter, die Täterin, eine veraltete Software, eine veraltete Version der Software genutzt habe. Und dazu muss man sagen also zur ersten Aussage sagen wir gleich, war es immer noch die beste Möglichkeit für viele, maybe? Aber dass es jetzt nur gelungen war, das da Licht anzumachen im Darknet, weil einer oder eine eine veraltete Software genutzt hat, das stimmt nicht so richtig.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Nein, das kann man. Das ist einfach falsch, ist eine Irreführung. Und die alte Software hat die Ermittlungen zwar einfacher gemacht, aber die Timing Analysen, also dass man quasi schon, wenn man nur eine bestimmte Anzahl an Servern kontrolliert, dann eben herausfinden kann, wie ein Päckchen seinen Weg durch das Tor Netzwerk genommen hat, insbesondere wo es herkommt. Diese Timingattacken sind ein strukturelles Problem der

Torsoftware. Das ist eigentlich theoretisch schon seit Jahren bekannt, aber eben von den Torleuten bisher nicht gelöst worden. Und ich muss ganz ehrlich sagen, es weckt wenig Vertrauen, wenn das Tor Projekt dieses strukturelle Problem seiner Protokolle in seiner bisherigen öffentlichen Kommunikation kleinredet. Es ist eben nicht nur ein Problem fehlender Update, sondern es ist ein systematisches Problem des Tornetzwerks.

Und wenn Sie tatsächlich mit Anonymität und ähnlichem werben, dann müssen Sie auch liefern. Und das tun Sie bislang eben nicht zuverlässig. Ja, die Ermittlungsbehörden haben einen hohen Aufwand betrieben, aber das kann man jetzt nicht kleinreden und sagen, das liegt nur daran, dass Leute kein Update eingespielt haben, sondern da muss Tor einfach grundsätzlich ran. Und es wäre eigentlich eine Warnung fällig zu sagen Tor kann gerade keine Anonymität garantieren.

Philip BansePhilip Banse

Zumindest keine hundertprozentige. Denn sie sagen und da haben sie recht: Tor ist nicht tot. Ja, Tor bleibt ein wichtiges Tool für viele, um Sperren zu umgehen. Denn der Aufwand, diese Ermittlungen zu machen, ist extrem. Das lohnt sich nur bei ganz erheblichen Zielen.

Aber wenn man denn so ein ausreichend attraktives Ziel ist, etwa indem man ein Forum betreibt, in dem viel Missbrauchsmaterial vertrieben wird, oder indem man riesige Marktplätze betreibt im Darknet, auf denen Drogen und Waffen und so was verkauft werden. Dann kann man sich eben nicht mehr hundertprozentig sicher sein, dass die Software einen davor schützt, entdeckt zu werden.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Mit anderen Worten: Anonymität kann Tor nicht mehr garantieren. Es bleibt aber ein wichtiges Tool, zum Beispiel auch, um einfach zum Beispiel Server erreichbar zu machen, also sogenannte Hidden Services anzubieten im Tornetzwerk, damit man sich da einloggen kann von außen, auch wenn man die IP des Servers nicht kennt und so, also es gibt da nach wie vor eine ganze Menge an sinnvollen Anwendungszwecken.

Ich glaube, auch in Diktaturen bleibt es wichtig, um Webseiten im ganz normalen Clearweb aufzurufen. Also Tor hat nach wie vor ganz viele Anwendungszwecke, aber dieses Anonymitätsversprechen kann Tor nicht halten und ich glaube, das sollte man wissen.

Philip BansePhilip Banse

Wir haben ja letzte Woche über die geplanten Förderungen für elektrische, batterieelektrische Autos berichtet und wie das in Norwegen so läuft und hatten da einige norwegische Maßnahmen gepriesen, so mit dem Unterton, die gibt es nur in Norwegen und stellt sich raus, einige der norwegischen Initiativen, um Elektroautos zu fördern, gibt es auch hier in Deutschland. Darauf hat uns jetzt ein Hörer hingewiesen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, ganz genau. Wir hätten ja gesagt, Steuervorteile sind das eine, aber wenn man eAutos so richtig attraktiv machen will, dann bietet es sich an, auch andere Vorteile mit dem eAuto zu verbinden. Und die Landeshauptstadt Stuttgart, also die Hauptstadt Baden Württembergs, experimentiert jetzt mit Sonderspuren für Fahrzeuge mit Blaulicht. Klar, Einsatzfahrzeuge, aber eben auch für eAutos.

Und zwar soll es eine Sonderfahrspur geben auf der B 14 im Zuge der Cannstatter Straße, die eben nur durch Elektroautos, Taxis und Einsatzfahrzeuge von Polizei und Hilfsorganisationen genutzt werden darf. Diese Spur war bislang allein Bussen vorbehalten, war ziemlich ungenutzt und wie gesagt, jetzt wurde sie auch für eAutos freigegeben und der Hörer schreibt, an der Stelle sei eben regelmäßig Stau und insofern sei das auch ein echter Vorteil, wenn man mit dem eAuto am Stau vorbeiziehen kann.

Philip BansePhilip Banse

Ja, und offensichtlich gibt es noch mehr Städte in Deutschland, die solche Sachen planen oder schon umgesetzt haben. Also viele Städte haben zum Beispiel eben Busspuren für eAutos freigegeben. Interessanterweise ist das rechtlich heute auch möglich. Dann kriegt halt die Busspur ein Zusatzschild Auto mit Stecker und dann darf man auf der Busspur eben auch mit einem Auto fahren, das mit einem Stecker geladen wird.

Also da ist eine Menge Potenzial, finde ich, um so leichter Anreize noch zu schaffen, sich doch ein eAuto zuzulegen, obwohl das, wie wir ja gesagt haben, immer noch alles relativ teuer ist.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Vor einer Woche ist ja die Carola Brücke über die Elbe im schönen Dresden teilweise eingestürzt. Teilweise heißt diese Brücke hat drei Teile, die sogenannten Zügel ABC nebeneinander, A und B sind stehengeblieben, aber der Zug C ist zusammengebrochen. Mit viel Glück ist dabei niemand verletzt worden. Philip, aber das war wahrscheinlich wirklich Glückssache, weil das irgendwie mitten in der Nacht passiert ist.

Philip BansePhilip Banse

Mitten in der Nacht am frühen Morgen. Eine Straßenbahn, die letzte war gerade rübergefahren, auch ein Schwerlasttransport war rübergefahren, Fahrräder waren rübergefahren. Also das war Glück, dass da niemand zu Schaden gekommen ist. Aber die Überraschung und das Entsetzen war natürlich groß. Nun liegt also dieses rund 100 Meter langes Stück mehr oder weniger in der Elbe. Oder lag, wurde zum Teil gesprengt und wird jetzt auch weggeräumt, weil natürlich das Hochwasser nähert.

Und da alle sich gefragt haben, was werden denn jetzt die Nebenwirkungen sein, wenn da jetzt auch noch das Hochwasser rum spült, drunterspült, wird dann die Brücke unterspült, staut sich das nach hinten auf? Da droht glaube ich keine Katastrophe. Aber deswegen sind jetzt schnell auch einige Teile da eben schon raus geräumt worden. Und die Untersuchungen laufen natürlich jetzt. Warum ist denn diese Brücke bzw ein Teil dieser Brücke eingestürzt?

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ja, da gibt es jetzt schon erste Strafanzeigen gegen den Baubürgermeister Stephan Kühn von den Grünen. Da geht es also um Sachbeschädigung und Baugefährdung. Holger Kalbe, Abteilungsleiter der Brücken und Ingenieurbauwerke bei der Stadt Dresden, vermutet Korrosion also Rost auf Deutsch und Materialermüdung als Grund für den Einsturz.

Und dazu muss man sagen, solche Brücken stehen ja nicht einfach nur so in der Stadt herum und man hofft, dass es gut geht, sondern die werden regelmäßig durch speziell ausgebildete Prüfer:innen inspiziert. Da gibt es sogar eine DIN Norm dafür, die DIN 1076. Und die klingt erst mal ganz gut, wenn man das so hört.

Philip BansePhilip Banse

Mindestens einmal jährlich gibt es eine Sichtprüfung solcher Brücke. Hier kommt also jemand und schaut die sich mehr oder weniger von außen an. Alle drei Jahre gibt es eine einfache Prüfung und alle sechs Jahre einer Hauptprüfung, wo dann auch auf Herz und Nieren diese Brücke hoffentlich geprüft wird. Und dabei werden dann Noten vergeben. 1 bis 4 eins ist halt top. Neubau vier ist ja bitte nicht mehr rübergehen, sofort abreißen und sanieren.

Die Carola Brücke, die in Dresden war 2021 untersucht worden und hat dann die Bewertung drei bekommen, also 3 bis 3,4 und das heißt also nicht ausreichend. Also da würdest du erstmal denken, nicht ausreichend der Zustand? Dann wird die doch gesperrt und abgerissen und neu gebaut oder mindestens saniert. Aber so ist es halt nicht. Diese Zustandsnote bedeutet, dass die Standsicherheit der Brücke beeinträchtigt ist. Eine umgehende Instandsetzung ist dann laut Norm erforderlich.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Klingt ja erst mal so, als müsste dann sofort die Brücke gesperrt werden, weil Standsicherheit beeinträchtigt. Da denkt der Laie, das klingt nach Könnte einstürzen.

Philip BansePhilip Banse

Richtig. Aber Fachleute sagen, die Note alleine sei noch keine Veranlassung, die Brücke eben sofort zu sperren. Aber natürlich ist eine Sanierung, das ist ja oben auch angeklungen, umgehende Instandsetzung eigentlich sehr hurtig angesagt, so wie ich das mal formulieren.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und genau das ist nicht passiert, sondern man hat sich Zeit gelassen. Die Brücke besteht, wie wir gesagt haben, aus drei Zügen, nämlich drei Teilen und man hat dann einen Zug nach dem anderen saniert, beginnend eben mit dieser Untersuchung aus dem Jahr 2021. Gut, nun gibt es Bauexperten, die äußern auch Zweifel an diesen Prüfmethoden. Vielleicht hätte das Votum schärfer ausfallen müssen. Aber trotzdem war ja eigentlich die Botschaft durchaus angekommen bei der Stadt Dresden. Sanierung muss sein.

Aber wie gesagt, man hat sich so ein bisschen Zeit gelassen. Und zwei von diesen drei Zügen sind in den letzten drei Jahren saniert worden. Aber die Sanierung des zusammengebrochenen Zugs, die hat man eben noch nicht in Angriff genommen. Die war erst für das nächste Jahr geplant. Und 5,8 Millionen € hatte der Stadtrat von Dresden dafür gerade vor ein paar Monaten

bewilligt. Und da fragt man sich natürlich: Warum wird so eine Brücke, wenn "die Standsicherheit beeinträchtigt ist" in aller Seelenruhe über mehrere Jahre saniert und nicht einfach sofort?

Philip BansePhilip Banse

Ja und warum, wenn man das dann teilweise macht, dafür mag es ja Gründe geben, nicht in umgekehrter Reihenfolge? Diese anderen Züge waren noch in relativ gutem Zustand und man hätte ja mit dem Zug anfangen können, der im schlechtesten Zustand gewesen oder war.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Zumal wenn der Straßenbahnen drüberfahren, die ja nun, wie man sich vorstellen kann, relativ schwer sind.

Philip BansePhilip Banse

Die Untersuchungen laufen noch. Da gibt es viele offene Fragen, die hoffentlich geklärt werden. 100 Prozentig wissen wir das nicht. Aber man kann schon sagen, dass offensichtlich die Sanierung zu spät in Angriff genommen wurde, denn sonst wäre sie ja jetzt nicht zusammengebrochen. Ich meine, gut, wenn jetzt bei den Untersuchungen rauskommt, dass diese ganzen Prüfmethoden, mit denen dieser sogenannte Brücken TÜV da vorgeht, dass die zumindest nicht für jede Brücke adäquat sind, ja dann...

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Mag ja sein, aber im konkreten Fall kam ja raus, muss saniert werden. Das ist ja drei Jahre nicht passiert. Da muss man sagen, Prüfmethoden hin oder her, vielleicht sind die nicht gut genug. Das mag alles sein, aber jedenfalls im konkreten Fall hat der Alarm ja laut genug geklingelt.

Philip BansePhilip Banse

Richtig. Und dass Sanierung zu spät oder auch gar nicht beauftragt werden, das kommt immer wieder vor. Und deswegen gibt es nun eine große Debatte in Deutschland über den Zustand der Brücken im Land allgemein. Der Deutsche Städte und Gemeindebund fordert wegen der schlechten Zustands der Brücken "eine Investitionsoffensive Infrastruktur". Den Kommunen fehle das Geld für die dringend notwendige Sanierung, sagte der Hauptgeschäftsführer André Bergheggerder Funke Mediengruppe.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

"Der Einsturz der Carola Brücke in Dresden macht auf erschreckende Weise deutlich, dass Deutschland von der Substanz lebt." Ich sage mal so: Lage Hörerinnen und Hörer werden sich da erinnert fühlen an unsere Berichterstattung. Auch der Bundesverkehrsminister Volker Wissing von der FDP wies am vergangenen Mittwoch in der Haushaltsdebatte im Deutschen Bundestag darauf hin, dass im kommenden Jahr mehr als 9 Milliarden € für Investitionen in Bundesfernstraßen und Brücken bereit stünden.

Mit Blick auf die Carola Brücke allerdings sagte er, sie stehe in kommunaler Verantwortung, also nicht in der Verantwortung des Bundes.

Philip BansePhilip Banse

Richtig, Und das stimmt. Und die Kommunen sind eben am Limit. Wir hatten das ja schon mal vor einem Jahr recherchiert, in den Ausgaben 363 und 64, wenn ich mich da richtig erinnere. Und da war Thema auch Oberhausen im Ruhrgebiet. Und auch diese Stadt kann eben längst nicht alle Brücken sanieren lassen, die dringend repariert

werden müsste. Auf dieses Problem hat uns damals auch schon Oberhausen Stadtkämmerer Apostolos Tsalastras hingewiesen, der in seiner Stadt eigentlich sieben Brücken hat, die dringend saniert werden müssten.

Apostolos Tsalastras

Die können wir gar nicht finanzieren im Augenblick. Das heißt, jedes Jahr machen wir eine Brücke statt die sieben, die unbedingt gemacht werden müssen. Auf einmal können wir gar nicht.

Philip BansePhilip Banse

Wie gesagt, ob das in Dresden das Problem war, können wir heute nicht sagen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Wissen wir nicht mit Sicherheit. Aber ehrlich gesagt, es klingt schon sehr nach so einem Fall wie Oberhausen. In Dresden brauchen drei Züge einer Brückensanierung. Das wusste man seit 2021. Trotzdem gibt der Stadtrat von Dresden erst 2024, drei Jahre später die Mittel für den dritten Zug frei. Irgendwann dieses oder nächstes Jahr hätte man dann sanieren können. Aber Folge dieser in Anführungsstrichen Sparmaßnahme mutmaßlich wissen wir nicht sicher, aber so nach dem Kontext sieht so

aus. Folge der ganzen Aktion ist, dass man jetzt in Dresden eine ganz neue Carola Brücke bauen muss, mit Kosten irgendwo im dreistelligen Millionenbereich. Also jedenfalls mehr als 100 Millionen €. Und man vergleiche das mal mit den 5,7, die die Sanierung gekostet hätte.

Philip BansePhilip Banse

Warum Kommunen in Deutschland so knapp bei Kasse sind, nicht immer, es gibt da Unterschiede, aber eben viel zu oft, dazu haben wir schon ein bisschen was recherchiert und auch veröffentlicht. Ich habe es gesagt, könnt ihr nachhören. In den beiden Sonderfolgen Infrastruktur LdN 363 und 364 haben wir auch wie immer in den Shownotes verlinkt und ihr könnt das natürlich auch nachlesen in unserem Buch Baustellen der Nation gibt es gerade auch als Taschenbuch findet ihr unter Lage.Link/TB.

Taschenbuch. Lage.Link/TB.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Eigentlich wissen es vermutlich die meisten von euch. Solange man nicht in Rente ist, muss man sparen. Und zwar, damit man im Alter nicht in die Armut rutscht. Denn die Rente ist vielleicht sicher. Hoffen wir mal, aber sicher ist auch alleine reicht eine Rente eigentlich fast nie für ein angenehmes Leben im Alter. Dazu ist die Rente in aller aller Regel nämlich zu niedrig. Und die große Frage ist nur wie spart man denn am besten fürs Alter?

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Vor allen Dingen, wie kann einem der Staat dabei vielleicht helfen? Ein Mittel für die Altersvorsorge und auch die staatlich unterstützte Altersvorsorge sollen sogenannte Riesterverträge sein, die vor rund 20 Jahren eingeführt wurden. Das sind Rentenversicherungen, die man mit privaten Firmen schließt. Das sind nicht nur Rentenversicherung, man kann ja auch Fondssparpläne und solche Sachen machen.

Also verschiedene Vorsorgeprodukte, die man mit privaten Firmen abschließt und die dann der Staat unterstützt, mit Zuschüssen, aber auch mit Steuervorteilen.

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Aber diese Riesterverträge stehen auch seit langem scharf in der Kritik. Denn die Gebühren der Versicherungsgesellschaften, mit denen man die Riesterverträge schließt, sind einfach sehr hoch. Das heißt, vieles von dem Geld, was man da einzahlt, landet gar nicht so richtig auf der hohen Kante, sondern in den Bilanzen der Versicherungen. Außerdem bringen solche Riesterverträge relativ wenig

Rendite. Denn, das ist die gesetzliche Vorgabe, mindestens das Geld, das die Menschen eingezahlt haben, das müssen sie am Ende auch wieder rausbekommen. Das heißt also, so eine Art Garantie für das eingesetzte Kapital. Und dieses Nullrisiko ist einfach sehr teuer, wenn man das am Kapitalmarkt refinanzieren muss, wenn man so ein Riesterprodukt anbieten will. Und das führt dazu, dass die Rendite dieser Riesterprodukte in der Tendenz extrem niedrig liegt.

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Nun zieht eine aktuelle Studie von Finanztip.de, das ist also ein gemeinnütziges Verbraucher Verbraucherinnen Informationsportal zu Finanzfragen. Nach mehr als 20 Jahren Riestern, eine, wie sie selber schreiben, verheerende Bilanz. Zwar wurden bis 2023 mehr als 20 Millionen Riesterverträge abgeschlossen, aber rund 1/4, ungefähr 4,5 Millionen dieser Verträge, die existieren gar nicht mehr, die sind quasi gekündigt

worden. Und damit leisten sie dann eben auch keinen Beitrag zur Altersvorsorge, zur zusätzlichen Absicherung neben der staatlichen Rente.

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Das heißt, die Leute sind da ausgestiegen, wahrscheinlich, weil sie das Geld brauchten. Und das hatte dramatische Folgen. Denn, so jedenfalls die Kritik von Finanztip, die Kündigung sind viel zu teuer. Finanztip Altersversorgungsexperte Martin Klotz warnt:

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Die Kündigung eines Riestervertrags kommt Sparern teuer zu stehen. Zum einen müssen sie alle erhaltenen Zulagen und Steuervorteile zurückzahlen. Im Schnitt sind das immerhin fast 2.000 € pro Vertrag gewesen, wenn er gekündigt wurde. Und zum anderen behalten die Anbieter einen Teil des eingezahlten Geldes, und zwar die Provisionen sowie die Verwaltungs- und Fondkosten. Also man kriegt nicht mal das komplette Geld zurück, was man da eingezahlt hat, wenn man kündigt.

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Und daher sagt Klotz, auch wenn die Verträge vielleicht ungünstig sind, lieber nicht kündigen, wenn man es irgendwie vermeiden kann, sondern allenfalls stilllegen. Also quasi nicht noch weiteres Geld in dem ungünstigen Riestervertrag versenken, aber auch lieber liegen lassen und hoffen, dass man irgendwann das Geld so halbwegs unfallfrei rausbekommen kann, wenigstens ohne dass man die staatlichen Zulagen zurückzahlen

kann. Aber wenn man sich das alles mal anguckt: Das politische Ziel, das der Bund vor gut 20 Jahren mit dem Riestern verfolgte, war ja eigentlich, die Rentenlücke zu schließen, die durch die Reform der staatlichen Altersvorsorge entstanden ist. Menschen sollten damals anfangen zu riestern, damit es im Alter reicht. Und gemessen an diesem Ziel findet jedenfalls Finanztip Experte Klotz doch recht deutliche Worte für das Riester System.

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Mit Blick auf diese Zahlen schreibt er, ist die Riesterrente nicht einfach nur gescheitert. Sie ist ein Desaster. Das sind ja schon mal deutliche Worte. Und da muss man sagen, dass jetzt kein Geheimwissen mehr, das ist mittlerweile Konsens, das wissen alle. Riester hat nicht funktioniert und das ist auch bei der Regierung angekommen. Das ist bei der Ampel angekommen.

Und die hat eingesehen, dass sie die Regeln für die private Altersvorsorge, für die staatlich unterstützte private Altersvorsorge, muss man sagen, reformieren muss. Und die Ampel hat dafür, muss man sagen, einen recht vielversprechenden Plan vorgelegt. Das sind noch keine Eckpunkte, ist noch kein Gesetz, noch kein Gesetzentwurf, sondern es ist ein Plan. Es ist eine Absichtserklärung. Deswegen ist das nur so ein bisschen nebulös.

Aber was da skizziert ist, das geht eindeutig in die richtige Richtung. Es sollen nämlich ETF Sparpläne staatlich bezuschusst und gefördert werden können.

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So kann man sich fragen: ETF what the fuck? Was soll denn das bitte sein? Das ist doch bestimmt wieder so ein obskures Finanzprodukt. Hmm, ich glaube in diesem Fall jedenfalls lohnt es sich, sich das mal so ein bisschen genauer anzuschauen. Denn ETFs können der Schlüssel sein zu einer ausgesprochen lukrativen Altersvorsorge. Und zwar insbesondere, wenn man sie längere Zeit über bespart. Philip, was sind denn jetzt solche ETFs?

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Also das sind Anlagen, die die Entwicklung eines Indexes abbilden. Also ein Index ist eine Ansammlung von bestimmten Aktien, wie zum Beispiel im DAX und so die größten deutschen Industrieaktien sind also in diesem DAX zusammengefasst und die die kumulierten Werte dieser Aktien geben sozusagen ein Wert. Und das ist der Wert dieses Aktien Indexes. Und davon diesen Indizes gibt es natürlich eine ganze Menge, aber kann man fast wahrscheinlich nicht

zählen. Aber man kauft, wenn man also ein Anteil an einem ETF kauft, quasi Anteile an einem großen Depot, also an einem Korb voller Aktien, die halt alle in diesem Index auch vorhanden sind.

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Also der große Witz im Vergleich zu einem zu einem gemanagten Fonds ist, dass da relativ wenig Gebühren anfallen. Also es gibt ja schon seit ewigen Zeiten sogenannte Aktienfonds, das heißt also, da gibt es dann irgendeine Firma, die sagt, wir können die Entwicklung des Aktienmarkts besonders gut vorhersehen, und die kauft dann von dem Geld der Anliegenden bestimmte Aktien und hofft, dass dieses Aktiendepot im Wert schneller steigt als die Inflation und vielleicht auch schneller als irgendwelche

Fonds. Das Problem ist bloß, dass natürlich die schlauen Fondsmanager auch alle bezahlt werden müssen und deswegen sieht es da mit der Rendite manchmal auch nicht so gut aus. Und der Witz bei diesen ETFs ist halt, dass sie sich den Fondsmanager sparen. Die bilden halt einfach ganz Stulle den Dax nach. Das heißt also, die Aktien, die im DAX sind, werden auch gekauft, wenn du quasi Geld anlegst in einem

DAX ETF. Und die Aktien, die keine Ahnung im Dow Jones, dem amerikanischen wichtigsten Aktienindex, vertreten sind, werden gekauft wenn du quasi einen Dow Jones ETF kaufst. Und das spart halt enorm Verwaltungsgebühren und deswegen ist die Rendite von diesen ETFs relativ hoch.

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Und jetzt ist der DAX ein bisschen speziell, weil relativ wenig Aktien drin sind und man natürlich schon, wenn eine Aktie oder zwei oder drei davon in Keller gehen, schon erhebliche Wertverluste auch hat, sondern ist dann einem recht hohen Risiko ausgesetzt. Deswegen empfehlen Verbraucherschützende häufig Indizes, in denen sehr viele Aktien drin sind, wie zum Beispiel der MSCI World, in dem so fast 2000 große große Aktienwerte drin sind.

Und wenn da 2, 3, 4, 5, 10 Firmen mal in die Krise schlittern, dann beeinträchtigt das den Wert des Depots nicht so groß. Und am besten spart ihr so einen in so einen ETF, in dem man einfach monatlich ein Sparplan anlegt und wo dann monatlich von einem Konto Geld abgebucht wird, um sich einen Anteil oder mehrere Anteile an so einen ETF zu kaufen.

Und das schöne daran ist, man kann das einmal einrichten und vergessen und in den nächsten zehn Jahren nicht mehr drauf gucken und macht dabei in der Regel keinen Fehler. Du hast gesagt, die Gebühren sind gering und man kauft, wenn der Kurs im Keller ist, halt relativ viel Anteile für das gleiche Geld und profitiert, wenn die Kurse dann wieder steigen.

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Der große Witz dabei ist, dass man jedenfalls wenn man in die Vergangenheit schaut, eigentlich fast immer gutes Plus gemacht hat mit diesen ETFs. Fast egal, wenn man angefangen hat zu sparen. Und wenn man das Geld wieder rausholt, wenn man nur lange genug gespart hat, hat man eigentlich immer sehr gut plus getan im Sinne von mehr als auf jedem Sparbuch.

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Man soll die mindestens 15 Jahre halten. Nein, das ist nichts, um mal schnell Rendite zu machen. Aber wer seine Aktien, seine Anteile an solchen ETFs länger als 15 Jahre in der Vergangenheit gehalten hat, der hat eigentlich nie Minus gemacht.

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Und dann profitiert man natürlich mit diesen ETFs noch von so einem Zinseszinseffekt. Das heißt also, dass die Wertsteigerung sich natürlich über einen längeren Zeitraum auch enorm summieren. Und der Witz dabei ist, wenn man eben über einen längeren Zeitraum relativ geringe Summen anspart, dann hat man unterm Strich doch sehr viel Geld.

Also zum Beispiel wenn man mit 30 anfängt, dann kann man bis zur Rente schon richtig ein Vermögen aufgebaut haben, wie ein Rechenbeispiel zeigt, das wir ich glaub aus dem Spiegel haben.

Philip BansePhilip Banse

Ich glaube ja. Da steht wer mit 30 anfängt und monatlich 263 € in einen breit gestreuten Aktienmarkt ETF wie zum Beispiel in einem MSCI World investiert kann durch diesen Zinseszinseffekt bis zum Alter von 67 Jahren ein Vermögen von 400.000 € aufbauen. Das ist schon mal ein substanzieller Batzen durch 263 € im Monat. Das muss man natürlich dann auch die ganze Zeit zahlen.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Ist dann ja eine Menge Geld.

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Aber da kommt schon auch was zusammen.

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Also vor allem, wenn man sich mal kurz das Verhältnis anschaut zwischen dem eingezahlten Geld und dem Geld, das man rausnimmt. Ich habe jetzt, meine Damen, 37 Jahre mal zwölf Monate, mal 263 € im Monat macht eine Einzahlung von nicht mal 117.000 €. Und aus diesen 117.000 werden jedenfalls nach diesem Rechenbeispiel 400.000. Das ist einfach schon enorm, was dabei rauskommt.

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Das macht auch noch Sinn, wenn man die Mitte des Lebens schon im Blick oder schon überschritten hat. Denn wer später anfängt, muss natürlich aber auch um höhere monatliche Beträge zahlen, um auf dasselbe Vermögen von 400.000 € zu kommen bei Renteneintritt mit 67. Beispielsweise muss man 1.185 € berappen, wenn man 50 ist und hat dann aber in 20 Jahren eben auch seine 400.000 €

zusammen. So die ganze Magie, dieses Mechanismus, dieses Zinseszinseffekts kombiniert mit einem frühen Start dieses Sparens, das hat die FAZ mal ausgerechnet. Die sagen: Nehmen wir mal an, mein Sohn, der fängt jetzt an, was er sich mit 22 monatlich 100 € in einen ETF Sparplan auf dem MSCI World zu investieren. Und der macht dann im Schnitt vielleicht eine Rendite über die Jahre von 8 % pro Jahr. Das ist schon relativ viel gerechnet.

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Aber das war die historische Zahl, die dieser Index erreicht hat.

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Aber nicht unrealistisch. So 45 Jahre später, also zum Beginn seines gesetzlichen Renteneintrittsalters, hat er, wie du das eben auch gesagt hat, aus der eigenen Tasche eingezahlt 54.000 €. Aber in seinem Depot schlummern 480.000 €.

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Fast 427.000 der 480.000 € sind Zins und Zinseszinsgewinne. Das ist wirklich Magie.

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Wenn du früh anfängst, das habe ich meinem Sohn auch gesagt, Junge, egal ob es zehn 20 und richte was ein, richte es ein und spare. Und viele denken immer schaff es nicht, ich schaff es nicht. Und wenn man es dann einmal eingereicht hat, dann geht es doch irgendwie und man kann das dann ja auch pausieren zur Not. Man kann ja auch sagen, ich kann jetzt drei Monate nicht zahlen oder so, da drückt man auf Pause, hat überhaupt kein Risiko.

Aber das Anfang ist das Zentrale und je eher man anfängt, desto lukrativer ist das.

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Nun muss man sich fairerweise sagen: Es gibt keine Garantie, dass ich auch in Zukunft diese 8 % Rendite im jahreslangjährigen Mittel erwirtschaften lassen. Das muss man fairerweise sagen. In der Theorie könnten Aktienmärkte auch mal langfristig bergab gehen. Der Punkt ist nur: Das hat's langfristig halt einfach noch nicht gegeben. Das heißt also ja, man könnte sagen induktiver Fehlschluss. Also philosophisch ist das sicher nicht so ganz sauber.

Auf der anderen Seite gibt es natürlich bestimmte kapitalistische Gesetzmäßigkeiten, die dafür sprechen, dass es auch in Zukunft so weitergehen wird. Insofern kann man sagen, dass diese ETFs natürlich nicht so 150 Prozentig sicher sind wie meinetwegen eine Bundesanleihe. Aber auf der anderen Seite ist das Chancenrisikoverhältnis einfach sehr gut und deswegen sollte das eigentlich Teil jeder Altersvorsorge sein.

Philip BansePhilip Banse

Richtig. Ja, natürlich. Wenn man dann auf die Rente zugeht, muss man vielleicht auch mal umschichten, weil man, wenn man drei Jahre vor der Rente in einen riesen Börsencrash reinläuft. Es ist natürlich auch blöd, aber wenn man zehn Jahre vor der Rente anfängt ein bisschen umzuschichten, kann man das Risiko auch weiter minimieren.

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Und das hat jetzt auch die Ampel gesehen. Und deswegen will die Ampel vom Riestern tendenziell weg und stattdessen jedenfalls auch das Sparen in diesen ETF Sparplänen fördern und hat dazu sogar schon sagen wir mal, wie du sagst kein Eckpunktepapier, aber immerhin ein Konzept vorgelegt.

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Da ist zum Beispiel vorgesehen, dass man bis zu 3.600 € jedes Jahr, die man in so ein ETF steckt, von der Steuer absetzen kann. Bisher sind es 2.100 €, die man von der Steuer absetzen kann, wenn man in so Riesterverträge einzahlt. Also das soll deutlich mehr werden und da kann man also deutlich auch mehr profitieren von Steuerersparnissen, wenn man denn sein Geld in so ein ETF

steckt. Außerdem soll es nicht nur Steuerersparnisse geben, sondern eben auch Zuschüsse, so wie im aktuellen Riester auch. Man kriegt dann einen Zuschuss für den Sparenden, aber eben auch pro Kind einen zusätzlichen Zuschuss. Das heißt, man kriegt einfach Geld in seinen ETF reingezahlt. Der Staat kauft einem sozusagen ein oder mehrere Anteile. Außerdem soll man eine freie Fondsauswahl haben. Also soll einfach egal, Hauptsache ein ETF. Man wird, so ist der Plan aber ein separates Depot anlegen

müssen. Also man kann jetzt nicht sein aktuelles Depot einfach zu einem Riester oder oder einem staatlich geförderten Depot ummünzen, sondern muss ein extra Depot einrichten, in das man dann einzahlt, in den auch das in den auch der Staat einzahlen kann. Und es ist geplant, dass man eben auch jederzeit Auszahlung vornehmen kann. Das bedeutet dann natürlich, dass man Zuschüsse und Steuervorteile unter anderem zurückzahlen muss.

Aber die Rendite, die man über die Jahre mit diesen Zuschüssen gemacht hat, die soll man behalten dürfen.

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Und überhaupt auch mit den Anlagen.

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Und auch mit den Anleihen, natürlich auch mit denen.

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Und das ist eben der große Unterschied. Bei den Riesterverträgen muss man an die Steuervorteile und die Zuschüsse zurückzahlen und hat außerdem trotzdem noch die Verwaltungsgebühren durch die Versicherungsgesellschaften verloren. Deswegen war das Riestern im Vergleich zu ETF Sparplänen so vergleichsweise unattraktiv. Es fordert jetzt eben auch Finanztip.de oder jedenfalls deren Experte Klotz, dass es so eine Art Spurwechselmöglichkeit geben soll.

Das heißt also, wer zurzeit in einem eher unattraktiven Riestervertrag feststeckt, der soll ohne irgendwas zurückzahlen zu müssen wechseln können in ein ETF Depot. Das heißt also quasi Riestervertrag kündigen, aber ohne die Nachteile, die bisher an so einer Kündigung hängen und stattdessen Spurwechsel hinein in so einen ETF Sparplan nach dem neuen Fördermodell. Und das klingt ehrlich gesagt nach einer sehr sinnvollen Regelung.

Sollte sich die Ampel mal anschauen, ob sie das nicht in ihren Gesetzentwurf übernimmt. Apropos: Es gibt noch keinen. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Florian Tonka von der FDP, sagte, dass ein solcher Entwurf im Herbst dieses Jahres vorliegen solle. Und wir warten jetzt gespannt, was da kommt. Aber Philip Ich glaube, im Ansatz kann man sagen da ist die Ampel auf dem richtigen Weg.

Philip BansePhilip Banse

Da ist die Ampel auf dem richtigen Weg. Und ich vermute, dass das auch stark unter dem Einfluss der FDP geboren ist dieses Konzept und ich halte das für eine wirklich gute Idee. Man muss dann wirklich am Ende mal sehen, was dann drinsteht. Natürlich, wir kennen den Zustand der Ampel. Keiner weiß, ob sie die Kraft haben, das jetzt noch aufs Gleis zu setzen. Ob das dann irgendwann mal kommt. Aber ich glaube, die Message ist hier, ob das kommt oder nicht.

Wenn ihr heute anfangt, Geld in so einen ETF zu investieren, macht ihr nichts falsch.

Ulf BuermeyerUlf Buermeyer

Und damit ist die Lage der Nation wie immer umfassend und abschließend erörtert. Wir hoffen, es hat Spaß gemacht. Ich hab vielleicht ein bisschen was mitgenommen, ein bisschen was gelernt. Wenn euch die Lage gefallen hat, dann freuen wir uns über einen netten Kommentar in der App eures Vertrauens und wünschen euch bis dahin eine schöne Restwoche. Ein schönes Wochenende. Bis bald!

Philip BansePhilip Banse

Bis dann. Und dann hören wir, wenn ihr mögt, uns nächste Woche wieder. Bis dann. Tschüss.

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