
Herzlich willkommen zur Lage der Nation. Ausgabe Nummer 391, aufgenommen am 3. Juli 2024 und an den Mikrofonen begrüßen euch wie fast in jeder Woche Ulf Buermeyer. Das bin ich, Jurist aus Berlin und...

Philip Banse, Journalist. Ganz herzlich willkommen. Die reguläre Lage ist ja noch bis Anfang September in der Sommerpause. Bis dahin gibt es ungefähr alle zwei Wochen ein ausführliches Sommerinterview. Und in dieser Woche sind wir für dieses betreffende Interview nach Kiel gefahren.

Genau. Schleswig-Holstein wird ja von der CDU regiert, gemeinsam mit den Grünen in einer Koalition. Und wir wollten mal wissen, wie das so läuft und wie der Ministerpräsident des nördlichsten Bundeslandes auf die politische Lage im Bund blickt.

Bevor wir aber loslegen, gibt es noch eine kleine Hausmitteilung, die deinen, wie soll ich sagen beruflichen Status betrifft.

Ja, ganz genau. Also ich stelle mich hier mal als Jurist vor. Genaugenommen bin ich aber Richter des Landes Berlin, und zwar schon seit 2007. Allerdings jetzt seit ein paar Jahren beurlaubt, und zwar beurlaubt, vor allem zum Aufbau der Gesellschaft für Freiheitsrechte. Das sagen wir ja auch immer mal wieder in der Lage. Da bin ich also im Vorstand, habe das auch mitgegründet. So, und diese Aufgabe ist jetzt inzwischen allerdings würde ich sagen, beendet.
Also die GFF gibt es und ich habe mich da weitgehend rausgezogen. Das haben wir auch schon mal erwähnt. Der Vorstand ist weitgehend so eine Art Aufsichtsrat geworden. Das heißt also, dafür kann ich die Beurlaubung jetzt nicht länger verlängern. So, und jetzt war die große Frage: Gehe ich zurück in die Justiz? Fange ich wieder an, als Richter zu arbeiten in Moabit? Oder mache ich die Lage weiter? Denn beides ist einfach nicht kombinierbar, das muss man sagen.
Philip und ich arbeiten full time für die Lage der Nation. Da ist einfach kein Platz für das Richteramt. Und außerdem muss ich sagen, war das für mich auch eine, ja, einfach eine Frage der der Berufsethik. Ich finde, man kann nicht auf gut Deutsch auf einer Pobacke Richter sein. Man muss einfach dann auch voll der Justiz und vor allem natürlich den Menschen, über die man ja in einem Strafgericht zu Gericht sitzt, auch zur Verfügung stehen. Man muss da den Kopf frei haben.
Ja, und deswegen war die schwere Entscheidung für mich Lage der Nation oder Berliner Justiz und wir wollten einfach mit euch teilen: Diese Entscheidung habe ich getroffen. Ich habe also bei der Berliner Justiz vor ein paar Tagen meine Entlassung aus dem Dienst beantragt, zum 1. August oder zum Ablauf des 31. Juli. Und genau. Das heißt also, ich bin dann tatsächlich kein Richter mehr. Ich werde natürlich nachversichert in der Rentenversicherung.
Ich bin aber kein Richter mehr und bin dann Vollzeitjournalist bei der Lage der Nation.

Und du bist dann auch kein Beamter mehr.

Genau. Das heißt, dass diese Beamtenverhältns endet dann, bekomme dann wie gesagt eine Nachversicherung der Rentenversicherung und so, aber der Status als Richter endet dann und ich kann dann beantragen, dass ich mich in Zukunft als Richter am Landgericht i.R. oder a.D. oder nennen kann.

Und als Geschäftsführer der Lage der Nation Media GmbH und Co KG begrüße ich diesen Schritt ganz außerordentlich Herr Buermeyer. Wir danken für Ihr Vertrauen und Ihr großes Engagement.

Und es ist natürlich, das muss man an dieser Stelle auch noch mal sagen, natürlich ein Vertrauen in unsere Hörerinnen und Hörer. Denn das bedeutet natürlich auch: Ich gebe einen sehr sicheren Richterjob auf. Ich gebe das nicht besonders üppige, aber immerhin sehr verlässliche Einkommen aus der Justiz auf und baue darauf, dass wir mit unabhängigen politischen Journalismus auch weiterhin unseren Lebensunterhalt bestreiten können.
Und dir, Philip, natürlich auch ganz herzlichen Dank, dass wir das hier zusammen machen.

Ja, dann sage ich als Geschäftsführer der Lage und als Vertreter in diesem Fall der Hörer und Hörerinnen. Danke. Schleswig-Holstein, also das Land im Norden, wo Grüne und CDU nicht nur gemeinsam regieren, sondern auch gemeinsam zum Fußball gehen, ins Stadion gehen, wie wir festgestellt haben. Und das wirft natürlich jede Menge Fragen auf, das ist klar. Die können wir jetzt besprechen mit Daniel Günther, der CDU Ministerpräsident in
Schleswig-Holstein. Ganz herzlich willkommen, Herr Günther, in der Lage der Nation.
Moin, schön dabei zu sein.

Herr Günther. Dieses Interview hat ja seinen Anfang genommen, weil ein Grüner, mit dem wir hier mal ein Hintergrundgespräch geführt haben und so sagte, er gehe morgen mit dem Ministerpräsidenten ins Stadion. Er könne ja mal fragen, ob Interesse bestehe an einem Interview mit der Lage. Und wir fanden das eine sehr gute Idee. Herr Günther, jetzt sitzen wir hier zusammen. Sie halten also nicht jeden grünen Vorschlag für Unsinn?
Nö, auch den nicht. Ich will jetzt wissen, wer es war, aber ich glaube, ich weiß wer es war.

Sie ahnen es wahrscheinlich. Nein. Also, das ist natürlich für uns so ein bisschen auch ein kleines Symbol für das, was hier in Schleswig-Holstein relativ gut zu laufen scheint, so möchte ich mal sagen, nämlich eine Regierung von CDU und Grünen gemeinsam. Und Sie haben mal in einem Interview mit der Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung gesagt: "Das läuft so gut, weil man sich gönnen können muss." Was haben Sie denn den Grünen gegönnt?
Na ja, erst mal gilt das glaube ich, ganz grundsätzlich unabhängig davon, was wir uns gegenseitig gönnen. Aber ich glaube, wenn man erfolgreich zusammenarbeiten will und auch auf Dauer und auch alle Koalitionspartner Lust darauf haben, dann geht es nur, wenn man echte Erfolge erzielt. Wenn man überall nur im Minimalkonsens unterwegs ist, das würde in keinem anderen gesellschaftlichen Bereich funktionieren. Dann hat man irgendwann keine Lust mehr. Das merken wir im Moment in Berlin.
Und so haben wir es halt in Schleswig-Holstein sowohl unter Jamaika als auch jetzt unter schwarz grün so gehalten, dass wir gegenseitig uns gesagt haben, welche Punkte sind für uns einfach essenziell wichtig, die wir auch in einem Koalitionsvertrag festgeschrieben haben. Und die haben wir eins zu eins umsetzen dürfen. Ich würde mal 2017 sagen, ich bin damals ja eher überraschend ins Amt gekommen, als Herausforderer, als Notkandidat der CDU.
Aber eines unserer zentralen Themen war, dass wir G8 wieder rückabwickeln Richtung G9.

Also Abi, das Abi nach der 13.
Genau. Wir hatten Abi nach der Zwölften eingeführt. Auch wir als CDU, muss man sagen, haben das immer unterstützt. Und zur Überraschung aller haben wir nachher gesagt wir wollen eher Qualität geht vor Schnelligkeit. Und dann habe ich den Grünen auch ganz deutlich gesagt und auch der FDP, die damals mitregiert hat. Das ist für uns ein Punkt, wo wir einfach glauben: Deswegen haben uns 5 % der Leute mindestens noch mal zusätzlich gewählt.
Und da kann ich nicht einen Koalitionsvertrag machen, wo wir alle gegenseitig uns versuchen, das Minimale rauszuhandeln, sondern das muss ein echter Punkt für mich sein. Und genauso haben eben FDP und Grüne in dem Fall und jetzt 2022 die Grünen uns in den vertraulichen Gesprächen gesagt: Was ist für uns essentiell, Wo dürfen wir kein Wischiwaschi formulieren, keine Grautöne, sondern wo muss auch ein klarer Punkt gesetzt werden? Und das haben wir im Koalitionsvertrag festgeschrieben.
Das ist nachher für die Parteien gar nicht so leicht, wenn man wirklich wichtige Gewinnerpunkte bei den anderen hat. Dann hat man natürlich auch schwierige Parteitage danach. Aber für die Harmonie innerhalb einer Koalition, für die Lust daran, wirklich auch an einem Strang zu ziehen, ist die Herangehensweise nach meiner Wahrnehmung wirklich Gold wert. Und trägt jetzt mittlerweile seit sieben Jahren auch diese Koalitionen wirklich in Schleswig-Holstein.

Und würden Sie das auf einzelne politische Projekte beschränken oder würden Sie sagen, das auf ganze Politikfelder ausbreiten? Also in dem Politikfeld, weiß ich nicht, erneuerbare Energien können die Grünen sagen, wo es lang geht und bei Polizei, innere Sicherheit, Leute, da sagen wir, wo's lang geht. Oder würden Sie das auf einzelne Projekte beziehen?
Also das ist zwar immer doof, wenn man als Politiker sowohl als auch sagt, aber in dem Fall würde ich es schon ein bisschen unterstreichen, denn ein Projekt ist vielleicht auch ein bisschen wenig. Sondern es gibt auch bestimmte Kernbereiche. Und jetzt, wo Sie es ansprechen: Ein Kernbereich für uns als CDU ist das Thema Innere Sicherheit.
Und da haben wir auch jetzt in der schwarz grünen Koalition haben wir den Grünen sehr, sehr klar signalisiert, für uns ein zentraler Punkt: Wir müssen bei der Polizei was machen. Wir müssen dafür sorgen, dass sie gut ausgestattet sind, dass sie Bodycams beispielsweise auch in Wohnungen nutzen dürfen. Und das ist schon eher mehr als ein Projekt, sondern wirklich auch ein Kernthema, wo Union auch wiedererkennbar sein muss.
Und wir hatten ja über 43 % geholt und da war schon bei dem Thema für uns klar, da muss schon eine deutliche Unionshandschrift drin sein. Also von daher, es geht über Projekte hinaus und auch in Themenbereiche. Aber man darf es eben nicht zu sehr übertreiben. Also wenn man jetzt beispielsweise sagt bei der Migrationspolitik, das könnt ihr Grünen jetzt einfach so handhaben, wie ihr wollt. So weit würde ich jetzt nicht gehen wollen.

Können dann doch nicht.

Nein, aber jedenfalls grundsätzlich mal ist das ja ein interessanter Ansatz, denn wenn man mal auf die Ampel schaut, wo es jedenfalls nach Wahrnehmung vieler bei jedem einzelnen Thema riesen Zoff gibt, warum auch immer, irgendwer scheint immer zu blockieren, dann verstehe ich Ihren Ansatz so, dass Sie einfach schon sektorspezifisch, sagen wir mal einfach Prioritäten
geben. Das heißt, in einem Feld darf einer der Koalitionspartner eine besondere Handschrift zeigen, im anderen Feld ein anderer und es muss dann quasi unter dem Strich stimmen. Kann man das so zusammenfassen die Strategie?
Ja, das ist schon eine gute Zusammenfassung. So ungefähr läuft es. Das klingt jetzt in der Theorie sehr einfach, ist in der Praxis natürlich nachher aber doch ein bisschen komplizierter. Also zum Beispiel jetzt mal umgekehrt. Ich rede jetzt natürlich am liebsten in solchen Interviews über die Themen, wo wir uns als CDU durchgesetzt haben. Aber wir haben jetzt zum Beispiel das Thema Nationalpark Ostsee.
Nachher, in einer konkreten Umsetzung gibt es schon natürlich zwischen Parteien immer noch großen Diskussionsbedarf, so dass wir wussten, dass das für die Grünen essenzielles Thema ist. Aber am Ende ist es auch wichtig in der Umsetzung, dass aber die Handschrift auch beider Parteien erkennbar ist.

Wo Sie das gerade sagen: Die Grünen wollen den Nationalpark Ostsee, den gibt es jetzt nicht.
Ja...

Kommen wir gleich noch drauf.
Ostseeschutz. Nö, hier jetzt nicht einfach nach vorne gehen und jetzt darf ich nichts dazu sagen. Wir können da nachher noch mal drüber reden. Aber wir haben ja, wir haben ja im Ostseeschutz trotzdem ne Menge gemacht. Also es ist auch so, dass die Grünen sagen, wir haben echten Punkt gemacht. Auch wenn das Instrument jetzt nicht gekommen ist, glaube ich, respektiert jeder, dass 12,5 % Fläche auf der Ostsee, wo wir wirklich strengen Schutz haben.
Wo wir im Prinzip nichts reinlassen und auch nichts rausnehmen dürfen. Das ist schon echt ne Hausnummer.

Ja gut, aber wo wir jetzt mal, dann ziehen wir das Thema jetzt nach wie vorne, wo Sie das ansprechen. Die Kritik ist natürlich, es war ein Nationalpark Ostsee geplant mit großflächigen Schutzgebieten. Jetzt gibt es so punktuell einige Schutzgebiete. Da ist die Frage: Wie soll das den Schutz bringen für die Ostsee, den sie braucht?
Na ja, also ich glaube nicht, dass die Nationalparkfläche größer geworden wäre. Wir haben in der Tat eine Potenzialfläche damals für den Nationalpark vorgelegt, die deutlich größer war. Aber es war von Anfang an klar, dass eine solche Nationalparkfläche nicht diese Dimension hat wie eine Potenzialfläche. Also von daher sind wir bei der Flächenkulisse im Prinzip gleich geblieben.
Der Unterschied ist, dass wir jetzt nicht einen einheitlichen Nationalpark haben, sondern dass wir sowohl die Natura 2000 Gebiete haben, dass wir zusätzliche Naturschutzgebiete haben und da drin wirklich ganz klar definieren, was ist erlaubt und was ist nicht erlaubt. Fischerei gar nicht in diesen Gebieten. Ganz viele touristische Wassersportnutzung, auch in diesen Gebieten auch durchaus ordentlich eingeschränkt.
Das heißt, der Anspruch, den wir auch an einen Nationalpark gestellt hätten, wird auch in diesen Schutzgebieten erfüllt. Aber es ist eine andere, eine andere Dimension. Es ist, glaube ich, auch eine höhere Akzeptanz dafür. Und deswegen, glaube ich, können auch alle Seiten mit dem gefundenen Ergebnis gut leben.

Also man muss dazu als Hintergrund sagen, der Ostsee geht es nicht gut. Die Ostsee leidet extrem unter Nährstoffeintrag von der Landwirtschaft, leidet extrem unter Überfischung. Die Fischbestände gehen zurück, es gibt enormes Algenwachstum. Das führt zu enormen Sauerstoffverbrauch, zu Todeszonen in der Ostsee. Und da war die Idee, wir machen einen Nationalpark Ostsee, so analog zum Nationalpark Wattenmeer, wo es ja auch Zonen gibt, wo er auch genau definiert ist, was in welcher Zone gemacht
werden darf. Warum jetzt keinen Nationalpark?
Na ja, weil wir auch Akzeptanz für das brauchen, was wir tun. Und wichtig ist, dass wir die Vorgaben von Europa her kommen. Alles, was an übergeordneten Regelungen da ist, nicht nur einhalten, sondern übererfüllen. Das heißt, wir haben eine höhere Fläche, die wir jetzt unter Schutz stellen. Und all das, was Sie angesprochen haben, wird auch in diesem Plan umgesetzt. Das Problem war ja immer ein bisschen, dass der Nationalpark manches von dem gar nicht gelöst
hätte. Und das hat schon auch für deutliche Diskussionen geführt, denn zum Beispiel Nährstoffeintrag in die Ostsee, da hätte der Nationalpark halt überhaupt gar nicht geholfen, weil dann wären die Flächen zwar auf der Ostsee geschützt gewesen, aber das Einleiten wäre trotzdem nicht unterbunden worden.
Jetzt haben wir in diesem Plan ja drin, dass wir noch mal über die Düngeverordnung, die der Bund gemacht hat, deutlich mehr Einsparung beim Nitrat, beim Phosphor auch mit freiwilligen Vereinbarungen mit der Landwirtschaft machen werden. Das heißt Schritt für Schritt 2030, 2035 noch mal 20 % Reduktion. Das ist weit mehr als all das, was vorher beim Nationalpark diskutiert worden ist und hilft der Ostsee aus meiner Sicht am Ende deutlich mehr.

Dazu gleich noch die letzte Frage, wo Sie das ansprechen. Diese Nährstoffe kommen ja in die Ostsee über die Landwirtschaft, über Dünger. Sie sagen, das soll jetzt reduziert werden bis 2030, 35 um 20 %. Die Frage ist wie? Also da gibt es ja freiwillige Vereinbarungen und man weiß von freiwilligen Vereinbarungen. Sie sind eben freiwillig und vielleicht sind noch ein paar Jahre hin, ist dann irgendwann die Bauernschaft nicht mehr so gewillt und dann passiert das halt nicht.
Wie wollen Sie sicherstellen, dass dieser Nitrateintrag zurückgeht?
Na ja, also ich bin nicht so skeptisch, was freiwillige Vereinbarung angeht. Also ich habe vor, vor einem Jahr eine 10-jährige Vereinbarung verlängert, auch auf freiwilliger Basis, um Schweinswale und Tauchenten auch zu schützen.
Und das war auch eine freiwillige Vereinbarung und der weit überwiegende Teil der Fischer, und zwar richtig viele haben dabei auch mitgemacht, das heißt mit eigenen Sensoren auch dafür gesorgt, dass sie selbst auch registrieren, wenn diese Fische auch in der Nähe sind, dass man dann darauf auch reagiert. Also das zeigt, Freiwilligkeit kann funktionieren, wenn man die Menschen mitnimmt.
Und im Moment arbeitet das Landwirtschaftsministerium schon mit den Bauernverbänden daran, diese freiwillige Vereinbarung auch umzusetzen, dass es eben diese Verpflichtung auch von Seiten der Landwirtschaft gibt. Und man kann ja die Verursacher auch in dem Bereich auch klar benennen, weil man ja weiß, wo sind die Flüsse, die die Fließrichtung Richtung Ostsee haben. Da müssen wir besonders ran.
Und wir haben im Übrigen auch deutlich gemacht, dass wir alle Bereiche, die für diese Einträge verantwortlich sind, auch adressieren. Das heißt nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch Kläranlagen. Überall haben wir das auch festgeschrieben, dass diese Reduzierung stattfinden muss, damit eben die Ostsee wirklich auch in einen deutlich besseren Zustand
kommt. Wir tun zumindest alles, was man aus Schleswig-Holsteinischer Sicht machen kann, wenn man noch ein paar mehr Anrainer, wo auch eine Menge getan werden muss.

Analoge Debatten werden ja in Mecklenburg Vorpommern zum Beispiel geführt, ebenfalls ein Bundesland, das an die Ostsee direkt angrenzt. Aber kommen wir doch mal zurück auf die Metaebene. Reden wir noch so ein bisschen über das Koalitionsklima und vielleicht auch so sagen wir, die Skills, die man so braucht, damit so eine Koalition funktioniert.
In dem eben schon zitierten Interview mit der SAZ zum Beispiel war der zweite Punkt, den Sie angesprochen haben, dass es einfach für das Koalitionsklima nicht hilft, mal ganz vorsichtig, wenn man sich öffentlich streitet. Wie schaffen Sie das, diesen öffentlichen Diskurs, dieses sich Fetzen auf offener Bühne, wie man es bei der Ampel täglich erleben kann, zu verhindern hier in Kiel?
Na ja, indem man miteinander redet, indem man einander vertraut und in dem wir uns gegenseitig aufeinander verlassen können, dass die Dinge, die wir vertraulich besprechen, auch nicht nach draußen getragen werden. Und ich bin ziemlich unmodern, was das Thema Transparenz angeht.
Ich finde nicht, dass jede Diskussion, die politisch geführt wird, sofort medial verbreitet werden muss oder auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden muss, sondern Politik braucht genauso wie alle anderen gesellschaftlichen Bereiche und auch wirtschaftlichen Bereiche, überall, wo man selbst Verantwortung trägt, weiß man, man braucht auch mal geschützte Räume, wo man mal einen Gedanken auch äußern kann, ohne dass er gleich zerredet oder zerschrieben wird.
Und das beherzigen wir bei uns in der Koalition. Wir haben jeden Montag unsere Koalitionsrunden, wo wir immer zusammensitzen und alle Konfliktthemen miteinander beraten. Und wir gehen da nicht raus, ohne dass wir eine Lösung gefunden haben. Und so schaffen wir es eben immer, dass diese Konflikte gar nicht so richtig hochgefahren werden, sondern wir am Ende Lösungen finden.
Und das führt einfach zu einer deutlich größeren Akzeptanz auch in einer solchen Koalition, wenn diese Konflikte eben nicht öffentlich ausgetragen werden.

Jetzt ist das ja hier und bei Ihnen eine Zweierkonstellation mit Grünen und CDU. Sie haben ja auch, so haben Sie gesagt, auch mal eine Dreierkonstellation angeführt mit der FDP. Ist das nur eine Frage der Anzahl der Koalitionspartner, die das natürlich schwieriger macht? Oder ist es wirklich auch eine personelle Sache, dass da Leute zusammenarbeiten müssen, die sich vertrauen, die angeführt werden müssen von jemandem, der auch mal Leute wieder in die Reihe zurückschickt?

Oder ist es ein strukturelles Problem mit der FDP, was ja viele Leute jedenfalls für den Bund sagen?
Na ja, aber wir beweisen ja, dass es auch mit der FDP funktioniert.

Auf Landesebene. Ja, genau. Ja gut. Aber ich würde sowieso auch immer sagen, bloß weil es bei uns funktioniert, würde ich nicht automatisch sagen, dass es sofort auch in Berlin funktioniert. Schwarz-Grün und jetzt?
Also das ist schon immer eine andere Dimension, weil man auch eine andere mediale Beobachtung dabei hat. In Berlin habe ich zumindest immer in den Gesprächen erlebt, ich habe ja mal bei Jamaika mitverhandelt auf Berliner Ebene. Und da war von dem Geist, den wir hier haben, relativ wenig zu spüren. Waren ja die gleichen Parteien, die miteinander regiert haben.

Also das wäre eine personelle Sache.
Ja, genau deswegen, weil meine Antwort wäre in der Tat wirklich, das hat was mit Personen zu tun. Es hat auch nicht zwingend was mit der Anzahl zu tun. Die Mechanismen funktionieren zumindest nach meiner Wahrnehmung zwischen zwei und drei Parteien fast identisch. Mehr habe ich jetzt auch noch nicht erlebt. Aber auch in einer Drei Parteien Konstellation hat diese Form, Politik zu machen, wirklich in dieser Zeit absolut funktioniert.
Ich glaube, selbst in der FDP würde im Nachhinein diese fünf Jahre niemand sagen, dass da nicht die Zusammenarbeit auch eine andere ist, als all das, was in einer Ampel im Moment in Berlin passiert.

Ja, wenn man das sich jetzt mal so anhört, Sie beschreiben eigentlich eine erfolgreiche Koalition in Kiel, sowohl in der Dreierkonstellation als auch jetzt mit den Grünen. Wenn man auf der anderen Seite mal sich so die Stimmen aus der CDU auf Bundesebene anhört, dann wie soll ich sagen, da hält sich die Liebe zu den Grünen da bei vielen ihrer Kolleginnen und Kollegen doch in engen Grenzen. Man könnte fast sagen, die Grünen seien für viele ein rotes Tuch.
Warum denn eigentlich, wenn es doch auch geht?
Na ja, ich glaube schon, dass es einen Unterschied ist, ob man selbst mit den Grünen erfolgreich regiert oder ob man auf Bundesebene die ganze Zeit eine Ampel erlebt, die ja durchaus auch zu einer großen Verunsicherung auch mit ihrer Politik führt. Und ich finde, davon darf man die Grünen auch nicht frei machen. Sie sind auch Teil dieser Ampel und haben deswegen auch eine Verantwortung dafür, wie eben diese Koalition wahrgenommen wird.
Deswegen glaube ich, ist das schon auch ein unterschiedlicher Blick. Und in all den Ländern, in denen die Union mit den Grünen regiert, ist die Stimmung in der Tat auch eine andere. Aber ich würde jetzt auch von meiner Seite aus nicht negieren, dass ich sage mal, der Vertrauensverlust durch die Ampel auch in der Stimmungslage durchaus auch in einem Land wie Schleswig-Holstein auch zu spüren
ist. Also das, was an Begeisterung 2022 für eine schwarz grüne Koalition auch in meiner Partei spürbar gewesen ist, hat sich heute auch ein bisschen relativiert durch Heizungsgesetz. Auch ich sage mal durch bestimmte Wahrnehmung der Ampel Regierung. Und wir mussten ja sowieso, das weiß ich, dass das ein bisschen kompliziert ist zu erklären. Aber die Landespolitik ist ja in den letzten zwei Jahren deutlich in den Hintergrund getreten.
Wir haben ja immer diese Corona-Phase davor gehabt, als plötzlich die Ministerpräsidentenkonferenz, also die Leute haben plötzlich mal gemerkt, dass eine Landespolitik was zu entscheiden hatte. Und wir gingen ja dann sofort in die Phase russischer Angriffskrieg auf die Ukraine, Außenpolitik, Energieversorgung, plötzlich nur noch Bundespolitik im Fokus.
Und ehrlich gesagt wirkt sich das natürlich auch ganz schön auch auf die Stimmung bei uns in Schleswig-Holstein aus, wenn da eine Bundesregierung nicht so richtig performt. Also von daher erklärt das vielleicht auch ein bisschen, warum in Teilen in der Union, ich sage mal die Grünen deutlich kritischer heute gesehen werden als vor 2 Jahren.

Aber Sie würden sagen nächste Bundestagswahl. Union Grüne ist auf jeden Fall eine Option.
Das ist auf jeden Fall eine Option. Ich würde niemandem raten, in der jetzigen Ausgangslage offensiv rauszugehen und zu sagen: Mit irgendeinem dieser Ampelparteien wollen wir jetzt regieren. Ich glaube, das wäre auch strategisch kaum nachvollziehbar, wenn wir das machen.

Oder auch nicht regieren.
Na ja, wir wollen ja immer regieren.

Naja, aber paraphrasiert, Ausschließeritis ist nicht ihr Ding.
Nein, überhaupt nicht. Ich glaube, das nimmt uns auch kein Mensch ab. Also, wenn wir uns hinstellen und sagen Mit den Grünen Niemals und wir regieren mit den Grünen in Nordrhein Westfalen, dem größten, bevölkerungsstärksten Land. Wir regieren in Schleswig-Holstein schwarz grün. Freiwillig. Wir hätten ja auch mit anderen regieren können. Wir regieren in Baden Württemberg unter einem grünen Ministerpräsidenten. Welcher Mensch würde der Union glauben, dass wir niemals mit den Grünen regieren?
Und solche Diskussionen, finde ich, die muss man sich einfach sparen. Den Leuten offen sagen, dass wir bereit sind, natürlich mit demokratischen Parteien auch zu regieren, dass wir das zu unseren Konditionen machen, dass wir möglichst stark werden wollen, das finde ich völlig legitim. Und ich sage mal, es ist einfach auch viel bequemer, wenn man so wie ich nach der Landtagswahl in Schleswig-Holstein zwischen vier Parteien entscheiden konnte und mit jeder einzelnen eine Koalition machen kann.
Das ist für Koalitionsverhandlungen der deutlich bequemere Weg.

Kommen wir noch mal zu einem anderen Thema mit einem spezifisch landespolitischen Fokus, das eigentlich sonst eher bundespolitisch diskutiert wird, nämlich Umgang mit Rechtsextremen, insbesondere Umgang mit der AfD. Die AfD war ja schon mal hier in Kiel im Landtag vertreten ist sie aber seit 2022 nicht mehr. Sie ist aus dem Landtag geflogen und zwar am Ende quasi der von Ihnen angeführten Jamaika Koalition zwischen Union, FDP und Grünen.
Was würden Sie denken, was war der zentrale Faktor, warum die AfD bei der letzten Landtagswahl 2022 keine 5 % der Wählenden mehr überzeugen konnte?
Also ich glaube, dass am meisten sich ausgewirkt hat, das andere politische Klima, was wir in Schleswig-Holstein haben, was wir auch natürlich durch die Jamaika Koalition auch geprägt haben, dadurch, dass wir gut zusammengearbeitet haben, gut übereinander geredet haben und bei bestimmten Themen, die die AfD für sich versucht sozusagen zu vereinnahmen, dass wir die nicht auf den Leim gegangen sind, bei diesen Themen trotzdem in der Sache argumentiert haben, versucht haben, diese Dinge
auch zu lösen und sie eben nicht zum Bestandteil einer harten parteipolitischen Auseinandersetzung zu machen. Und das hat wirklich funktioniert, dass es auch über Regierung hinaus auch mit der Opposition funktioniert hat, dass da alle auch an einem Strang gezogen haben. Und deswegen hat die AfD diese Bedeutung nicht gehabt und das paarte sich mit einer dann auch noch extrem schwachen AfD hier bei uns im Landtag, die kaum wahrnehmbar war.
Aber das muss man sagen, hält ja leider Wählerinnen und Wähler heute nicht davon ab, sie nicht trotzdem zu wählen.

Aber gehen Sie mal zum Beispiel in ein Politikfeld, ein Projekt, wo Sie sagen würden, okay, da hätte sich auch die AfD dran hochziehen können, wenn sich Opposition und Jamaika Koalition da die Köppe eingeschlagen hätten. Was wäre das gewesen?
Na ja, das war ja zu der damaligen Zeit durchaus auch so ein Thema wie Migrationspolitik. Das spielt ja auch in Schleswig-Holstein eine Rolle. Das spielt auch im Landtag eine Rolle. Und dann kann man natürlich dieses Thema stark emotionalisieren, den Leuten auch Riesenprobleme öffentlich beschreiben, aber den Leuten nicht erklären, wie man diese Probleme eigentlich löst.
Und das ist, glaube ich, aus meiner Sicht immer etwas, wo die AfD am Ende durch eine viel drastischere Sprache bei solchen Problemen am Ende eher sozusagen der Adressat ist und auch gewinnt. Und das haben wir wirklich völlig vermieden, auch in der Auseinandersetzung, sondern gesagt, das ist ein Thema, wo wir lösungsorientiert arbeiten müssen, wo es Probleme gibt, die wir auch noch nicht gelöst haben. Daran reden wir auch nicht vorbei.
Aber wir versuchen, es in der Sache hinzubekommen und streiten uns eben zwischen den demokratischen Parteien nicht zu sehr darüber.

Da ist mir bei der Vorbereitung noch ein Thema aufgefallen, und zwar das Thema Arbeitserlaubnisse für Geflüchtete. Wenn ich das richtig gesehen habe, ist es ja so, dass sie sich hier in Schleswig-Holstein besonders viel Mühe geben, dass geflüchtete Menschen schnell arbeiten können. Warum machen Sie das und wie klappt das?
Ich finde, das ist der Schlüssel dazu, wie man Akzeptanz bei diesem Thema bekommt. Dass man die Dinge einfach so angeht, wie man mit gesundem Menschenverstand an diese Dinge herangeht. Auf der einen Seite, glaube ich, muss man schon sagen wenn Menschen sich an unsere Regeln nicht halten, dann ist es halt schwierig mit der dauerhaften Präsenz in unserem Land.
Aber ich finde, wenn Menschen hierher kommen, dann muss man doch die Hemmnisse, die es gibt, wie diese Menschen sich für ihre um ihren eigenen Lebensunterhalt kümmern, möglichst minimieren. Also dass wir überhaupt noch Regeln haben, um das zu verhindern, stammt ja aus einer Zeit, als ich sage mal noch die Deutschen, die hier gelebt haben, Sorge haben mussten, dass diejenigen aus anderen Ländern, die hierher kommen, ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen.
Und ehrlich gesagt, dieser Zustand ist doch heute längst überwunden. Wir müssen uns ja über jeden freuen, der bereit ist, auf dem Arbeitsmarkt auch in die Lücken zu gehen, die hier einfach da sind. Und von da haben wir uns immer dafür eingesetzt, so wenig Regeln wie möglich hierfür zu haben. Und Menschen, die mindestens eine Bleibeperspektive hier haben, dass die so schnell wie möglich in Arbeit kommen.
Und ich glaube auch immer noch, dass wir manchmal noch ein bisschen zu große Ansprüche auch auf die an die Frage von Deutschkenntnissen haben, die man eigentlich eher parallel erwerben kann, während man schon im normalen Arbeitsleben ist. Und das würde zu einer solchen Akzeptanz führen. Ich habe noch niemals hier im Land irgendwie erlebt, dass Leute hier angekommen sind, die gesagt haben Ist ja schrecklich, dass derjenige hier arbeitet, der aus anderen Ländern kommt.
Ich habe aber viele Menschen erlebt, die sagen Warum arbeitet der eigentlich nicht und kriegt aber Geld vom Staat? Also es hat wirklich große Akzeptanz gefunden, dass wir diesen Weg auch so offensiv in Schleswig-Holstein gegangen sind.

Also ganz praktisch ist es ja so, dass es häufig daran scheitert, dass Leute für eine Arbeitserlaubnis zur Ausländerbehörde gehen müssen. Da wird dann aufwendig geprüft, da ist das Mindset eher so: Wir müssen hier abwehren, bloß verhindern, dass sich jemand hier integrieren könnte, weil dann können wir ihn ja nicht mehr abschieben. Das ist das erste. Wenn die denn da für einen ganz spezifischen Job eine Arbeitserlaubnis bekommen, dann gilt der aber auch wirklich nur für
diesen Job. Und wenn er den Job wechselt, kann er wieder neu hinlaufen. Und die Bundesagentur für Arbeit muss dann auch noch die Erlaubnis geben. Was haben Sie verwaltungstechnisch geändert, damit diese Leute schneller arbeiten?
Na ja, wir haben ja auf Bundesebene auch Änderungen durchgeführt, die wir in Schleswig-Holstein entsprechend auch umsetzen. Das ist zum großen Teil schon auch dadurch erleichtert worden. In der Praxis, da haben Sie das richtig beschrieben, haben wir diese Probleme auch noch. Dazu kommt übrigens auch, dass wir immer noch extrem kompliziert darin sind, auch Berufsabschlüsse zu übertragen, dass es eben auch eine Erlaubnis gibt, hier zu arbeiten. Das dauert zum Teil auch noch zu lang.
Da haben wir, finde ich, auch manchmal noch ein bisschen zu hohe Ansprüche an das, was dafür auch geleistet werden muss. Aber wir tun zumindest alles dafür im Land, dass da, wo wir selbst auch Verantwortung haben, dass wir diese Möglichkeiten auch so gut wie möglich nutzen. Aber ich will jetzt auch hier nichts erzählen. Wir sind auch in Schleswig-Holstein da noch nicht da, wo wir eigentlich hinkommen müssten.
Auch wir haben, ich sage mal, selbst bei Menschen aus der Ukraine, die zu uns kommen, immer noch eine zu niedrige Quote an denjenigen, die wirklich auf dem Arbeitsmarkt tätig sind. Da müssen auch wir in Schleswig-Holstein noch besser werden.

Es gibt ja einen pragmatischen Vorschlag, wie man die Behörden entlasten kann und Menschen schneller in Arbeit bringen kann, nämlich dass man das bisherige Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Also erst mal Antrag stellen, Arbeitserlaubnis abwarten, die für einen bestimmten Job gilt. Dann darf man arbeiten, dass man dieses Verbot mit Erlaubnisvorbehalt umdreht und sagt, man muss nur eine Arbeitsaufnahme anzeigen.
Also pragmatischer Weise dann der Arbeitgeber, weil der besser Deutsch kann meistens, dass der Arbeitgeber meldet, ich habe hier den Syrer soundso eingestellt. Folgendes ist der Arbeitsvertrag. Mit freundlichen Grüßen Und wenn Sie ein Problem haben, melden Sie sich. Also nicht verboten und muss eine Erlaubnis beantragen, sondern erst mal ist es okay, man meldet es. Und wenn die Behörde Bedenken hat, dann grätscht sie quasi hinein. Klingt das für Sie nach einer pragmatischen Lösung?
Das klingt für mich nach einer sehr pragmatischen Lösung. Ich halte das auch für gangbar. Und wir arbeiten ja in allen Bereichen mittlerweile daran, dass wir genau diese Praxis auch umdrehen. Ich sage mal, ich will jetzt nicht Menschen mit Bauanträgen vergleichen. Ich weiß, dass das
schwierig ist. Aber wir haben zum Beispiel in Schleswig-Holstein jetzt auch bei uns festgelegt, dass man nach einer bestimmten Zeit, wo eine Behörde keine Antwort gegeben hat, nach drei Monaten automatisch eine Genehmigung bekommt.
So, und ich glaube, dass das richtig ist, so zu arbeiten, dass man das eben umkehrt, weil das finde ich auch eine ganz andere Offenheit auch zum Ausdruck bringt und das eigentlich Gewünschte, dass Menschen arbeiten in den Mittelpunkt geht und nicht die Frage wie kann man das irgendwie verhindern, dass jemand wirklich auf den Arbeitsmarkt kommt? Also von da halte ich das wirklich für einen sehr pragmatischen Weg.

Eine andere Frage, die wir noch zu diesem ganzen Komplex haben, ist auch Umgang mit Rechtsextremen, mit dem wir ja angefangen haben war so diese Karte nach den Europawahlen, die ja viele doch noch mal überrascht hat, dass man auf Deutschland guckt und sieht okay, an der alten Bundesrepublik haben in den Wahlkreisen in der Regel fast ausnahmslos Unionsparteien die Mehrheit errungen und in der alten ehemaligen DDR fast ausnahmslos die AfD in diesen Wahlkreisen die Mehrheit
errungen hat. Und das führt dann natürlich 35 Jahre nach der Einheit zu der Frage: Was ist da eigentlich schiefgelaufen? Warum ist nach 35 Jahren nach der Einheit noch so ein offensichtlicher Unterschied bei den Menschen vorhanden?
Na ja, wenn ich die Frage beantworten kann, eine Lösung hätte, dann wäre ich auch glücklicher. Ich glaube in der Tat, dass es da bestimmt viele Ursachen dafür gibt. Ich glaube schon, dass man generell sagen kann, dass in den Bundesländern, die seit 35 Jahren dabei sind, es noch eine größere Abneigung gegenüber bestimmten politischen Entscheidungen auch aus Berlin generell gibt. Also dass man schon auch eine größere Distanz zum Politikbetrieb hat.
Und das lässt sich sicherlich auch ein bisschen damit begründen, dass jetzt auch ein größerer Teil derjenigen, die auch von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, diese anderen Zeiten auch erlebt haben und es immer auch eine gewisse Skepsis durchaus auch natürlich gegenüber dem Obrigkeitsstaat in dem Bereich auch auch gab und gegenüber der politischen Elite, die heute eben auch noch deutlich spürbarer ist, dass bestimmte Dinge, die in Westdeutschland einfach auch gelebte Realität
gewesen sind, dass man die eigene Verfassung, dass den das wichtig ist, 75 Jahre Grundgesetz, das Wort Verfassungspatriotismus irgendwo auch eine gewisse Rolle spielt. Und das glaube ich, ist schon auch einer der Gründe dafür, warum das jetzt auch so sehr stark auch in diesem Wahlergebnis noch ablesbar ist, wo eben damals die Grenze auch durch Deutschland gegangen ist.

Der Soziologe Steffen Mau, der hat ja, so die These, der Westen, die alte Bundesrepublik ist davon ausgegangen, okay, Wiedervereinigung fein, jetzt wird sich der Osten mit allem, was er hat, an die westdeutschen Standards angleichen. Wahlverhalten, Wertesystem, Beurteilung von außenpolitischen Aktionen. Und er sagt und das sehen wir ja auch, dass es bis heute nicht passiert. Und er argumentiert: Das wird auch nicht mehr passieren.
Der Osten wird bis auf Weiteres substanziell sich unterscheiden aufgrund der Erfahrungen aus der DDR, aufgrund bestimmter Einstellung von Westdeutschland. Und das wird sich manifestieren auch in einem eigenen ostdeutschen Parteiensystem, wo eigene Werte auch parteipolitische Vorstellungen dominieren und eben auch die AfD bis auf Weiteres eine dominante Stellung haben
wird. Und die Frage ist auch aus westdeutscher Perspektive aus Schleswig-Holstein: Was wird das für Deutschland bedeuten, wenn sich da so ein eigenes System manifestiert?
Na ja, wir beobachten das ja jetzt schon, dass das in der Tat auch zumindest vom Trend her so ist. Ich würde vielen von dem auch zustimmen, was er sagt. Mir ist nur vielleicht auch eines dabei auch noch wichtig: Ich finde, dass wir in der Vergangenheit immer zu sehr Unterschiede auch als etwas Negatives diskutiert
haben. Also ich finde, man hätte ja durchaus auch mal bestimmte Dinge auch mal anerkennen können und auch mal anerkennen können, dass Unterschiede innerhalb eines Landes eigentlich auch eher als Stärke definiert werden können.

Zumal das ist jetzt zwischen Bayern und Schleswig-Holstein auch mit Händen zu greifen. Das muss man auch sehen.
Das würde ich sehr, sehr deutlich auch unterstützen. Aber ich meine, selbst innerhalb eines Bundeslandes haben wir solche regionalen Eigenheiten, also wenn ich in Schleswig-Holstein ein Dithmarscher mit einem Lübecker Vergleiche würde man auch sagen, da gibt es schon Mentalitätsunterschiede.

Wenn die beide platt sprechen, verstehen die sich nicht.
Ja, das ist wirklich so!

Wenn Philip und ich platt sprechen, verstehen wir uns auch nicht mehr, denn zwischen uns liegen auch 200 Kilometer. Das ist halt zu weit.
Aber ich finde, es ist auch immer so, diese Diskussion Angleichung von Lebensverhältnissen und es gibt immer noch so große Unterschiede zwischen Ost und West als etwas Oh, das ist ja schrecklich, dass das so ist. Und das war nie eine positiv besetzte Diskussion.

Na gut, ich meine, die Ostdeutschen werden sagen, wir sind einfach in Ostdeutschland massiv unterrepräsentiert. Wir sehen nicht, wie wir das als positiven Unterschied definieren wollen.
Ja, das finde ich. Also genau. Ich meine aber ich würde mal sagen, natürlich wird diese Diskussion auch immer bei Einkommensniveau und welche Rentenunterschiede gibt es. Die gibt es ehrlich gesagt auch zwischen westdeutschen Ländern untereinander. Ich meine, gucken wir uns die wirtschaftliche Stärke auch von südlichen Bundesländern im Gegensatz zu Schleswig-Holstein an.
Ich sage mal, unsere Eltern zahlen immer noch erhebliche Kitabeiträge bei uns in Schleswig-Holstein, weil wir uns bestimmte Dinge nicht leisten können. Also da, da würden wir auch nie eine Angleichung hinbekommen.

Aber das muss man ja auch hier der Fairness halber sagen: Ein Rentenpunkt im Westen ist jetzt so viel wert wie ein Rentenpunkt Osten. Also diesen Unterschied gibt es nicht mehr.
Ne, aber das natürlich das Lohn- und das Einkommensniveau unterschiedlich ist, dass die Lebenshaltungskosten auch bei uns von Bundesland zu Bundesland total variieren und der Staat auch in bestimmten Bereichen viel, viel mehr Ressourcen hat, auch in einzelnen Ländern, das ist ein Unterschied, der überall stattfindet.
Aber das Thema Repräsentanz, glaube ich, ist schon auch eines der Schlüsselelemente, dass ich sage mal viele Menschen in Ostdeutschland ja nicht nur das Gefühl haben, dass sie in Berlin nicht repräsentiert werden, sondern dass sie auch das Gefühl haben, dass selbst in den staatlichen Institutionen, in ihren eigenen Bundesländern diese Repräsentanz nicht stattfindet.
Also Reiner Haseloff hat mir ganz oft immer vorgerechnet, wie viele Mitglieder in den Präsidien der Hochschulen in Ostdeutschland eine westdeutsche Biografie haben und nicht aus dem Osten komme. Ich glaube, da gab es keinen einzigen Präsidenten, der eine Zeit lang zumindest in einer ostdeutschen Universität oder Fachhochschule von einem echten Ossi in dem Fall auch geleitet worden ist.
Und dass das natürlich schon immer so ein bisschen dieses Gefühl verstärkt, wir werden hier untergebuttert in diesem Staat. Und unsere Rechte und das, was wir uns ausmacht, wird in diesem Staat zu wenig beachtet, finde ich ist menschlich total nachvollziehbar und wahrscheinlich auch einer der entscheidenden Gründe, warum eben auch diese Unterschiede zwischen Ost und West in der Tat auch in den politischen Wahlen, im Wahlverhalten im Moment absehbar ist.

Kommen wir noch mal zu einem Thema, also der der Sachpolitik so mit Händen zu greifen, nämlich zum Thema Energiewende. Wenn man Chat GPT, fragt, welche politischen Themen Ihnen besonders am Herzen liegen, dann ist das eines der Stichworte, das da fällt. Zugleich muss man sagen: Auch hier in Schleswig-Holstein haben natürlich nicht immer alle Menschen bei neuen Windrädern und Stromkabeln applaudiert. Auf der anderen Seite ist Schleswig-Holstein jetzt gerade beim Thema Windkraftausbau ganz vorne
dabei. Auch beim Thema Produktion von Wasserstoff aus quasi überschüssigen Windstrom, Hydrolyseure und so. Was sind denn da so ihre Erfahrungen? Was fördert die Akzeptanz von Investitionen in die Energiewende? Wie schafft man das so das Land mitzunehmen, dass eben Windkraftanlagen zum Beispiel gebaut werden können?
Also der Schlüssel ist auf jeden Fall, dass die Menschen dann auch erkennen, dass sie auch selbst was davon haben, dass man das macht. Also es muss schon alles sowieso Sinn und Verstand haben, dass man irgendwo auch akzeptiert, dass Ausbau von erneuerbaren Energien auch generell ein Gewinn ist. Aber er muss eben auch für die Menschen wahrnehmbar etwas sein, was ihnen persönlich auch etwas nützt. So, und wir sind ja ein Weg auch in Schleswig-Holstein gegangen.
2017 bin ich als Ministerpräsident gewählt worden und wir hatten damals, das kann man sich kaum noch dran erinnern, aber auch ein gespaltenes Land beim Thema Windkraft.

Jetzt in Schleswig-Holstein.
In Schleswig-Holstein auch selbst. Wir hatten in den Umfragen, die Hälfte der Leute fanden das richtig gut mit dem Ausbau. Die andere Hälfte hat das kritisch gesehen. Und es war immer so, dass es deutliche Mehrheiten, wenn Sie jetzt auf die Kieler Förde gucken, in Kiel fanden die Leute es total super, dass Windkraftanlagen gebaut werden. Aber hier wurde natürlich auch keine einzige gebaut.
Im ländlichen Raum sah man das wirklich weit kritischer und wir haben es in einem ersten Schritt hinbekommen, das zu befrieden, weil wir einfach die Abstandsregelung zu Wohnbebauung erhöht haben und andere Standards ein bisschen abgesenkt haben. Aber wir haben generell gesagt, 1000 Meter Abstand ist absolut Pflicht, und das haben wir bis heute nicht aufgeweicht. Diese Regelung gilt immer noch, die hat zu einer deutlichen Akzeptanz geführt.
Und dann erkennen natürlich Menschen noch viel stärker in Schleswig-Holstein, dass durch diesen zusätzlichen Strom, den wir produzieren, wir eben auch wirtschaftliche Vorteile haben.

Also ganz kurz mal eben: Vorher war der Abstand wie hoch, bevor es auf tausend Meter gegangen ist? Zu festen oder geschlossenen Siedlungen 800 Meter.
Also die 200 Meter haben... Wirklich was gebracht! Das ist schon, wenn Sie mal so einen Windkraftanlage neben sich haben, wenn sie da wohnen, das macht schon ganz schön Unterschied aus, wenn man da in den in den Abständen deutlich nach hinten geht.

Okay.
Ja, das mag sich wenig anhören, aber für diejenigen, die da jeden Tag leben, ist das schon auch echt ein Unterschied. Und man muss aber auch sagen natürlich, diese wirtschaftlichen Erfolge dadurch, dass wir Überschussstrom haben, der hat das Übrige getan.
Und jetzt, ich sage mal, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat natürlich vielen Menschen, auch bei uns in unserem Land in Schleswig-Holstein noch mal richtig verdeutlicht, wie schlau es gewesen ist, auch mit erneuerbaren Energien durchaus besser auch geschützt zu sein davor.
Also von daher hat die gesamte Entwicklung in den letzten sieben Jahren natürlich der Umstellung auf erneuerbare Energien im Prinzip Recht gegeben, sodass die Akzeptanz einfach in diesen Jahren deutlich gewachsen ist.

Also Sie haben eben gesagt, die Leute müssen die Vorteile sehen. Jetzt gibt es so Ansiedlung wie Northvolt, großer Batteriehersteller, der sich Deutschland niederlässt, auch weil es hier so viel Ökostrom gibt, subventioniert auch mit vielen Milliarden. Das darf man auch nicht verschweigen vom Bund.
Aber die andere Frage, die ja häufig diskutiert wird ist und die in Süddeutschland ja manchmal auch umgesetzt wird wie kann man Leute vor Ort, also in kleinen Dörfern, wirklich monetär an diesen Gewinnen, die die Windräder am Ortsrand erwirtschaften, beteiligen? Das eine ist ja das große Ganze, aber von Northvolt, das sehen die Leute toll, dass die Industrie kommt. Aber ich selber habe davon
erst mal direkt nichts. Anders ist das ja, wenn ich mir ein Schwimmbad bauen kann in einer Kommune, weil wir 20 Windräder auf kommunalen Grundstücken gebaut haben. Wie kann man das vom Land fördern, so was?
Na ja, also ich finde schon, dass man Northvolt, wo es übrigens nicht viele Milliarden sind, um das ein bisschen zumindest zu relativieren, das waren andere Projekte, die so viel Geld bekommen haben, sondern wir reden über knapp 1 Milliarde €, die insgesamt dort reingegangen sind. Aber ich finde trotzdem gut investiertes Geld. Und die Menschen in Dithmarschen freuen sich darüber zum weit überwiegenden Teil, dass Northvolt
kommt. Weil natürlich damit auch verbunden ist, eine bessere Infrastruktur, die dorthin kommt, die ja auch den Menschen nützt, die dort unterwegs sind. Das wir über die Fachhochschulen stärken, also solche Ankerinvestitionen führen schon auch zu einer höheren Akzeptanz. Aber natürlich muss man sagen, ist die Akzeptanz bei uns auch an der Westküste so hoch, weil wir dort zu einem ganz großen Teil auch über Bürgerwindparks diese Akzeptanz geschaffen haben.
Das heißt, Menschen, die auch selbst einen Mehrwert haben, auch ein bisschen was damit verdienen, haben einen deutlich anderen Blick auf eine Windkraftanlage, die dort steht. Und mittlerweile sind ja auch die rechtlichen Rahmen so gelegt worden, dass die Windkraftanlagen Betreiber an die Kommune, in denen die Windkraftanlage steht, auch eigene Beträge abführen, von denen ja auch ich sage mal etwas für die Gemeinden gemacht wird.

Das sind die Änderungen im Gewerbesteuergesetz gewesen?
Genau. Genau das war wirklich eine kluge Entscheidung. Und man muss sagen, wir haben schon ein weit überwiegenden Teil von Projektierern, die aus dem Land kommen. Und in den letzten zwei Jahren, das darf man öffentlich noch mal gar nicht so laut sagen, haben ja diese Windkraftanlagen Betreiber noch mal besonders profitiert. Auch davon, dass hier die Strompreise so in die Höhe gegangen sind. Das ist ja auch unsere Regulatorik.
Da könnten wir lange drüber reden, dass es nicht sehr schlau ist, dass der Gaspreis am Ende auch entscheidet, dass der Strom aus erneuerbaren Energien teurer wird. Aber das hat ja zu wahnsinnigen Gewinnen geführt.
Und ganz viele von diesen regional verwurzelten Windkraftanlagen Betreibern haben wirklich riesige Ausschüttungen gemacht, Projekte unterstützt, Initiativen unterstützt, sodass eben Menschen auch wirklich gesehen haben, dass das auch dazu führt, dass eben auch alle Leute was davon haben, dass dieser Ausbau funktioniert.

Letzte Frage vielleicht dazu Die Ampel hat ja eine Menge Änderungen gesetzlicher Art in diesem Bereich gemacht. Jetzt wird an der Ampel viel kritisiert. Wie sehen Sie das denn, als jemand, der so ein Windland führt, sehr auf erneuerbare Energien setzt und das ausbauen will, haben diese gesetzlichen Änderungen der Ampel da geholfen?
Ja, da ist viel Gutes passiert. Eines ist noch nicht gut genug gelöst. Aber das will ich nicht nur der Ampel ankreiden, sondern da brauchen wir auch die südlichen Bundesländer. Einer der entscheidenden Treiber von Stromkosten sind die Netzentgelte. Und da gibt es einen Vorschlag der Bundesnetzagentur, wie man das nivellieren kann.

Also Netzentgelte sind quasi so eine, quasi so eine Miet oder so eine Maut, die die Stromnetzbetreiber kassieren, weil halt Strom durchgeführt wird. Und mit diesem Entgelt bezahlen die halt unter anderem den Ausbau der Stromnetze. Das ist das Konzept.
Genau. Aber das Gravierende ist eben, dass diese Netzentgelte sich auch danach berechnen, wenn eine neue Windkraftanlage angeschlossen wird, dann muss logischerweise da ein Anschluss gelegt werden, das heißt, das Netz muss ausgebaut werden. Diese Kosten werden nur auf diejenigen umgelegt, die in diesen Netzausbau Gebiet wohnen. Das heißt, Sie wissen in Deutschland, in ganz Deutschland Übrigens, wenn bei Ihnen eine Windkraftanlage entsteht, dann geht automatisch der Strompreis in die Höhe.
Und nur mal, um mal zu sehen, wie gravierend das ist. Wir haben ein Unternehmen in Schleswig-Holstein, die einen Sitz in Schleswig-Holstein haben und in Bayern. Der Unterschied des Strompreises beträgt durch die Netzentgelte zum Teil 0,13 € pro Kilowattstunde.

Für den Endverbraucher.

Das sind so 40 % des Endpreises etwa.
Und dann kann man sich mal ausmalen, wenn ich weiß, diese Windkraftanlage führt dazu, dass mein Strompreis plötzlich um 0,13 € steigt...

Weil die angeschlossen werden muss, weil das Geld kostet, weil der Netzbetreiber das auf die Endverbraucher umlegen darf. Und gleichzeitig gibt es ja in Deutschland nur einen Strompreis für die Stromerzeugung. Das kommt ja auch dazu. Wenn Sie billiger hier oben im Norden Strom erzeugen, dann ist der auch in Bayern billig, obwohl die eigentlich relativ teuer Strom erzeugen.

Dann gibt es natürlich noch das Detail. Ein Problem, das noch die GroKo beschlossen hat, dass Überlandleitungen eben möglichst in der Erde verlegt werden sollen, was die Verlegung natürlich drastisch teurer macht, als wenn man so die klassischen Hochspannungsleitungen mit Masten bauen würde. Auch das treibt die Netzentgelte nach oben. Ja, sie haben eben schon mehrfach so die Situation der Kommunen jedenfalls am Rande gestreift.
Gerade beim Thema Energiewende, beim Thema Ausbau von Windkraftanlagen zum Beispiel. Und wir wollen jetzt mit Ihnen noch mal ein bisschen genauer die Lage der Kommunen, gerade die finanzielle Lage in den Blick nehmen. Denn Studien zeigen ja, dass Menschen weniger rechtsextrem wählen, wenn in diesem dieser Studie die Europäische Union in die lokale oder die regionale Infrastruktur investiert. Das macht so 2 bis 3 Prozentpunkte tatsächlich aus.
Andersherum schwindet das Vertrauen in den Staat, auch weil die Infrastruktur vor Ort häufig kaputt ist. Und sie ist kaputt, weil vielen Kommunen schlicht das Geld fehlt. So jedenfalls eine Analyse der Bertelsmann Stiftung.

Die schreiben, vor einem halben Jahr muss man dazu sagen: Die Abhängigkeit von Konjunktur und Bundespolitik bei den Kommunen ist nach wie vor sehr groß. Viele Kommunen in Schleswig-Holstein werden ihrer Verantwortung für die Nachhaltigkeitswende nicht gerecht werden können. Und das liegt nicht so sehr daran, dass die aktuellen Einnahmen Ausgaben so gering sind.
Das auch, aber dass vor allem die Schulden so groß sind, dass viele Kommunen so hohe Schulden haben, die sie natürlich irgendwie bedienen müssen, das ist schlicht und ergreifend das Geld fehlt, um in Transformation, in große Pumpwerke etc. Deich, Bla zu investieren. Was wollen Sie machen, um diese Kommunen, die großen Schulden der Kommunen wegzukriegen?
Also ich muss jetzt sagen, dass ich nicht genau die Bertelsmann Studie kenne, aber ich bin mir sehr sicher, weil ich alle Zahlen, die ich über Schuldenstände kenne, bestätigen, dass wir in Schleswig-Holstein relativ gering verschuldete Kommunen haben. Da haben wir Bundesländer, wo das viel, viel gravierender ist.
Und wenn Sie sich die Schulden bei den Kommunen in den letzten Jahren angucken, jetzt und auch, ich muss mich ja vor allem für die Zeit rechtfertigen, in der ich selbst als Ministerpräsident Verantwortung trage. Aber die Schuldenstände bei den Kreisen, bei den kreisfreien Städten sind in den letzten Jahren deutlich runtergegangen und insgesamt auch in den Gemeinden, weil wir etliche Maßnahmen getroffen haben, die die Kommunen bei der Bewältigung der Herausforderung besser gestellt
haben. Im kommunalen Finanzausgleich reformiert, wo wir den Kommunen deutlich mehr Geld zur Verfügung gestellt haben. Und wir reden da wirklich über hohe Beiträge. Fast 100 Millionen €, die wir alleine durch strukturelle Veränderungen daran mehr Geld in die Kommunen gegeben haben. Und gucken Sie sich auch unsere gesamten Herausforderung an, die wir gemeinsam begehen. Ganztagsschule bereiten wir uns im Moment darauf vor.
Das Land Schleswig-Holstein zahlt bei der Umsetzung der Kosten sowohl bei den Betriebskosten als auch bei den Investitionskosten den weit überwiegenden Anteil. Das machen andere Bundesländer nicht. Also ich finde wirklich, in Schleswig-Holstein bereiten wir die Kommunen so gut es geht darauf vor, dass sie diese Herausforderungen bewältigen können.
Und ja, das ist so, bei der Energiewende oder insgesamt bei der Wärmewende haben die Kommunen einfach jetzt einen riesen Investitionsbedarf auch in der nächsten Zeit. Aber ich glaube, wir tun für die Finanzschwäche, die Schleswig-Holstein im Verhältnis zu anderen Bundesländern hat, wirklich das Maximale, um die Kommunen möglichst gut in diese Zeit auch zu bringen.

Ja, Stichwort Finanzschwäche. Das ist ja ein generelles Problem. Auch auf Bundesebene wird viel diskutiert. Wie kann tatsächlich mehr Geld in die Kasse kommen? Sie haben die Herausforderung angedeutet. Ihr Kollege Michael Kretschmer, der sächsische Ministerpräsident, hat im Deutschlandfunk einen überraschenden Vorschlag gemacht. Er fordert nämlich ein Sondervermögen in das Grundgesetz
zu schreiben. Also quasi eine Ausnahme, ein Umweg, um die sogenannte Schuldenbremse drum herum mit dem Ziel, Geld zu mobilisieren für Kommunen, Bildung und Infrastruktur. Dazu möchte er eben eine Grundgesetzänderung erreichen. Wie stehen Sie zu dieser Idee?
Ich halte das für einen spannenden Vorschlag, und das meine ich jetzt nicht so, wie manchmal Politiker spannend sagen, indem sie versuchen da drum herumzudrücken. Ich glaube schon, dass das sinnvoll ist, sich genau darüber zu unterhalten, weil wir in der Tat im Moment ja auch merken, dass wir Investitionsbedarf in Bund, Land und Kommunen haben, den wir jetzt im Moment auch angehen müssen. Also das heißt, die Frage, wie geht man trotz einer Schuldenbremse, die ich übrigens für richtig halte.

So, wie sie jetzt da ist? Nein.

Die Idee ja, aber die Umsetzung...
Nicht nur die Idee, sondern ich glaube, eine Schuldenbremse, um auch zu verhindern, dass der Staat sich konsumtiv, ich sage mal, dann auch in die Situation bringt, dass er nicht mehr handlungsfähig ist. Das kann niemand wollen. Aber wir müssen ja schon auch sehen, dass die Schuldenbremse dazu geführt hat bei uns in Deutschland, dass der Schuldenstand ja deutlich runtergegangen ist.
Wenn ich das richtig aus dem Kopf weiß, kamen wir mal, wenn man das Bruttoinlandsprodukt zum Vergleich nimmt, von einer Schuldenquote bei uns in Deutschland von über 80 % und wir sind jetzt bei etwas über 60 %. Also wenn wir uns mit anderen Ländern vergleichen, sind wir immer noch vorbildlich.

In Euro. In Euro sind die Schulden gesunken, in Infrastruktur sind die Schulden gestiegen. Genau richtig. Genau. Aber ich wollte damit erst mal nur beschreiben: Also der reine Schuldenstand ist deutlich gesunken und wir sind auch im Vergleich immer noch in einer Situation, wo man wirklich sagen kann, wir sind extrem solide als Staat aufgestellt, wenn es rein um diesen Schuldenstand geht.
Aber Investitionsbedarf ist höher als in anderen Bereichen und wir werden diesen Investitionsbedarf in den nächsten Jahren decken müssen. Also auf Bundesebene mal als ein Beispiel Verteidigung- Die Ausgaben, die wir tätigen müssen, die muss jede nächste Bundesregierung sicherstellen, auch eine unionsgeführte Bundesregierung. Und da gibt es auch kein schwarz weiß. Oder kann man da irgendwie drum rum gehen?
Wenn wir unsere Verteidigungsfähigkeit sicherstellen wollen, muss man in diesen Bereichen was machen. Heute 50 Milliarden, demnächst eher 70 Milliarden. Die müssen irgendwoher kommen.
Genau. Und deswegen werden wir uns... Sondervermögen ist der Vorschlag von Michael Kretschmer, halte ich durchaus auch für einen gangbaren Weg, auch in dem Bereich. Aber wir haben eben auch in den Ländern Herausforderungen, die wir in den jetzigen Regeln der Schuldenbremse nicht bewerkstelligen können. Ich meine, wir haben uns als Länder natürlich sowieso ein bisschen bei der Reform auch selbst die Möglichkeiten genommen.
Denn die Stabilitätsregeln der Europäischen Union erlauben ja mehr strukturelle Schulden, als wir uns im Moment erlauben können. Damals haben die Vorgänger Ministerpräsidenten generös gesagt, sie verzichten auf die 0,15 %. Der Bund hat von den 0,5 die 0,35 genommen. Die Länder haben gesagt, wir verzichten freiwillig darauf. Aber das bedeutet eben Strukturell dürfen wir im Prinzip überhaupt keine Verschuldung auch bei uns in den Ländern zulassen.
Und jetzt ist ja die Situation so auch durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, dass wir durch die Jährigkeit und die Jährlichkeit, das heißt, wenn eine Notlage eintritt, dann muss in dem Haushaltsjahr, in dem sie eintritt, diese Notlage auch mit den zusätzlichen Krediten ausfinanziert werden. Das funktioniert in der Praxis nicht. Wenn Sie hier auf die Ostsee gucken, unsere Sturmflut, die Schäden, die können wir nicht innerhalb eines Haushaltsjahres bewerkstelligen.
Das heißt, da haben wir schon einen Reformbedarf.

Stichwort Infrastrukturgesellschaften zum Beispiel, um das einfach das Geld strecken zu können, über zwei, drei Jahre.
Genau. Und so handhabt man das ja irgendwie, um mit diesen Regeln auch umgehen zu können. Nur wenn Sie von einer solchen Notlage Situation wieder in eine Normalsituation übergehen sollen. Das heißt, wir haben ja Corona Notlage gehabt, wir haben Ukraine Notlage gehabt. Wir haben einen Konsolidierungsbedarf von 1 Milliarde € da durch. Das kriegen Sie in einem Landeshaushalt mit Personalausgaben, mit zusätzlichen Kostensteigerungen, die im Moment da sind, überhaupt nicht eingespart.
Das heißt, man braucht ein Übergangsfahrt, mindestens. Und wenn man sich mal anguckt, was die Wirtschaftsforschungsinstitute vorgelegt haben, das sind genau diese. Änderungen, die sie selbst auch für richtig halten. Und ich kenne eigentlich kaum noch ein Institut, was eine andere Empfehlung gibt. Und deswegen glaube ich, brauchen wir da wirklich auch eine Reform der Schuldenbremse.

Die dann so aussieht, wie das Jahr Rudi Bachmann bei uns auch beschrieben hat. Notlage okay, man darf die Schuldenbremse übersteigen. Notlage weg heißt heute, dann gilt die Schuldenbremse sofort wieder 0,35 %. Mehr darf nicht sein. Und Sie würden auch dafür plädieren, dann lass uns das doch abfedern. Auch im Jahr nach der Notlage dürfen wir noch was, was ich 0,5 machen und im zweiten Jahr 0,45 und dann in dritten gilt wieder 0,35. Irgendsowas.
Ich will nicht die Urheberschaft für Ihren Vorschlag übernehmen, aber ich finde die Idee gut.

Das ist ja auch nicht meine Idee, kam von Rudi Bachmann. Genau. Aber so was schwebt Ihnen vor? Die andere Frage war ja, das ist so: Wie gehen wir um mit Notlagen finanziell. Aber wir haben ja noch ein viel, viel größeren Pott von es ist keine Notlage, sondern wir müssen Brücken, Schulen, Eisenbahnen, diese ganze Infrastruktur klimaneutral aufbauen. Dafür brauchen wir auf die nächsten Jahre absehbar Geld.

Und zwar richtig viel Geld.
Und ein Weg, wie man das mit der aktuellen Schuldenbremse machen kann, sind diese Investitionsgesellschaften. Es wird eine Firma gegründet, der Bund kauft Anteile 100 % an dieser Firma. Dadurch kommt diese Firma an Geld. Das, was der Bund da reinsteckt, ist aufgrund der aktuell geltenden Gesetze möglich, trotz Schuldenbremse. Das gilt an der Schuldenbremse vorbei. Das zählt nicht gegen die Schuldenbremse, was der Bund da
reinsteckt. Und die Frage wäre: Wären Sie dafür, solche Infrastrukturgesellschaften einzurichten für Brücken, für Schulen? Ich habe ja schon zu dem Vorschlag von Michael Kretschmer gesagt, dass ich das für einen Vorschlag halte, die man umsetzen kann. Das gilt auch für solche Gesellschaften, auch in dem Bereich. Denn wir haben diesen Investitionsbedarf, den bestreitet auch niemand.
Und wir müssen eben nur verhindern, dass wir ein Regelwerk schaffen, was am Ende wieder dazu verleitet, dass man das Geld nicht in diese Bereiche steckt, sondern sich wirklich strukturell dauerhaft verschuldet. So, und da, finde ich, sind wir jetzt mit den Vorschlägen, die auf dem Tisch liegen, noch nicht ganz perfekt ausgestaltet.
Denn wenn man sich mal der Fairness halber an die alten Regelungen erinnert vor der Schuldenbremse, die haben eben mitnichten dazu geführt, dass der Staat wirklich auch mit seinen Mitteln solide umgegangen ist.

Also früher nur für unsere Hörer und Hörer. Früher galt die sogenannte Goldene Regel, wonach, also es gab ja immer schon Grenzen für die Staatsverschuldung, gerade für konsumtive Ausgaben. Aber da wurden dann quasi Investitionen rausgerechnet. Und der Vorwurf jedenfalls ist, dass da, sagen wir mal, ein bisschen zu großzügig früher geprüft wurde, was wirklich Investitionen sind und was konsumtive.
Man muss es, glaube ich, ein bisschen sortieren, denn Michael Kretschmer hat ja gerade keine Investitionsgesellschaften vorgeschlagen. Michael Kretschmer treibt nämlich auch ausweislich dieses Interviews die Sorge um, das Ausnahmen von der Schuldenbremse in konsumtive Ausgaben gesteckt werden könnten. Deswegen schlägt er tatsächlich explizit ein Sondervermögen im Grundgesetz vor.
Da wäre natürlich die Frage jetzt ist Mitte 2024, in etwas über einem Jahr wird der Bundestag neu gewählt, bis eine neue, vielleicht unionsgeführte Bundesregierung wirklich im Amt ist, bis 2026. Das heißt also, dann würde 18 Monate erst mal gar nichts mehr passieren. Kann Deutschland so lange warten?
Nein, Ich finde auch nicht, dass man solche Diskussionen mit Blick auf Wahltermine machen sollte, sondern diese Diskussion findet ja auch statt jetzt darüber, wie man das auch bewerkstelligt bekommt. Ich habe in meiner Funktion als Ministerpräsident immer wieder auch öffentlich gesagt, dass ich auch bereit bin, diese Diskussion zu führen und auch zu gucken, ob wir da zu einem Regelwerk kommen, was auch praxistauglich hierbei
ist. Und das Thema Sondervermögen ist definitiv eins, was man dabei auch führen muss. Im Übrigen will ich auch daran erinnern, dass auch die jetzige Bundesregierung ja Sondervermögen gemacht hat, die Union auch Sondervermögen zugestimmt hat, 100 Milliarden € für die Bundeswehr zur Verfügung gestellt wurden. Da hat ja die Union auch zugestimmt. Also von daher gibt es ja auch die Bereitschaft, in den Bereichen auch mitzuhelfen, das hinzubekommen.
Und das ist kein Thema, was man dauerhaft in die Zukunft schieben kann.

Rechnen Sie damit, dass in dieser Legislatur ja nach Sondervermögen mit Zustimmung der Union eingerichtet werden?

Und das kann man ja noch mal zuspitzen. Also Friedrich Merz, immerhin der Vorsitzende Ihrer Partei, hat im Bundestag, ich meine, gestern war es gesagt, also gerichtet an die an die Ampelkoalition, man solle doch jetzt endlich mal aufhören mit diesen Kooperationsangeboten an die Union, das werde nicht mehr passieren.
Ja, und trotzdem glaube ich, dass wir auch aus Sicht von uns Ländern diese Debatte natürlich auch führen müssen. Das ist unbenommen dafür, wie die Union natürlich in diesen Bereichen auch im im Deutschen Bundestag agieren muss, auch in den Bereichen. Das macht Friedrich Merz als Fraktionsvorsitzender ja da auch in der Verantwortung, die er dort auch trägt. Aber die Union hat eben auch in der Vergangenheit gezeigt, dass sie bei bestimmten Projekten auch bereit ist, dann hierbei mit anzupacken.
Aber wir haben einen Reformbedarf, Das haben wir im ja alle Ministerpräsidenten der Union auch schon sehr, sehr deutlich gesagt. Und wir sind bereit, diese Debatte zu führen, unabhängig von Wahlterminen.

Aber sieht denn Friedrich Merz die Situation der in den Bundesländern dann nicht, wenn er so ausdrücklich diese Kooperation jedenfalls bis zur Bundestagswahl ausschließt?
Na ja. Sie reden ja mit mir. Deswegen kann ich ja nicht für Friedrich Merz antworten. Aber ich kann auf jeden Fall sagen, dass Friedrich Merz die Situation in den Bundesländern absolut genau sieht und dass wir ihm das natürlich auch geschildert haben, wie die Situation in den Länderhaushalten ist. Und da ist Schleswig-Holstein nicht das einzige Land, sondern alle anderen Bundesländer haben diese Probleme auch.
Sie sind sogar auch in den südlichen Bundesländern, die da doch noch ein bisschen finanzstärker sind, auch deutlich zu spüren. Aber die Situation ist Friedrich Merz absolut bewusst und auch bekannt, dass da auch Handlungsbedarf in den Bereichen ist.

Aber gehen Sie denn jetzt davon aus, dass vor der Bundestagswahl noch ein weiteres Sondervermögen eingerichtet wird?
Ich käme ins Spekulieren, und das mag ich nicht.

Aber ausschließen können Sie es jetzt auch nicht.
Das würde ich sowieso nie.

Aber viel spannender finde ich persönlich ja noch die Frage Möchten Sie das? Also wenn Sie jetzt gefragt werden, finden Sie, fänden Sie es richtig, ein Sondervermögen für Investitionen zielgerichtet einzurichten?
Na ja. Ich finde es definitiv richtig, dass wir die Frage beantworten, wie wir den Investitionsbedarf in Deutschland in den nächsten Jahren decken wollen. Und da bin ich tatsächlich der Auffassung, dass wir jetzt nicht Zeit ins Land gehen lassen dürfen, sondern dieser Investitionsbedarf steht im Moment. Wir werden Klimaziele, Umbau auch von unserem Energiesystem, Transformation diese Dinge nicht in den Griff bekommen, wenn wir diese Investitionen nicht tätigen.
Und ich bin mitnichten der Auffassung, wie viele Sozialdemokraten, die mir auch immer sagen, das muss alles der Staat machen. Nur ein Beispiel: Bei uns in Schleswig-Holstein hat die SPD im Landtag beantragt, dass wir 12 Milliarden € Sondervermögen jetzt aufnehmen müssen, um im Prinzip auf einmal alle Investitionen zu tätigen. Und da sage ich immer: Es gibt staatliche Verantwortung. Aber es gibt auch Bereiche, wo durchaus auch privates Kapital bewegt werden kann.
Also von daher, Ich finde schon, dass man das ein bisschen differenziert betrachten muss. Aber wir haben jetzt Investitionsbedarf und deswegen müssen auch sehr, sehr schnell die Entscheidungen getroffen werden, die wir das am Ende umsetzen.

Ich meine, da gibt es ja auch so diesen, diesen gewissen Hebel Effekt, dass also ein staatlich investierte Euro, wenn man das schlau anstellt, mehrere Euro privater Investitionen auslösen kann. Im Interview mit uns hat es der Ökonom Rüdiger Bachmann vor einigen Wochen beschrieben als Forward Fiscal Guideance.also der Staat muss den privaten Akteuren in der Wirtschaft quasi sagen, wohin soll die Reise gehen?
Das kann er zum Beispiel tun über Subventionen und dann so jedenfalls die These von Herrn Bachmann, dann setzt sich quasi die Karawane in Gang und dann wird viel mehr Geld mobilisiert, als der Staat selber in die Hand genommen hat. Finden Sie das eine plausible Idee?
Das ist plausibel. Und das ist ja auch in der Praxis bewiesen, dass so was funktioniert. Also wir haben ja in vielen Bereichen auch Anschubfinanzierung gehabt. Ich meine, die gesamte Geschichte der Windenergie lebte am Anfang von Subventionen. Und wenn Sie heute Windparks ausschreiben, dann haben Sie zum Teil wirklich überhaupt gar keinen Subventionsbedarf mehr.
Also all das, was man gehofft hat, dass irgendwann mal Windkraftanlagen sich auf dem Markt selbst behaupten, ist am Ende Realität geworden. Das heißt, in der Anfangsphase braucht man das definitiv. Aber ich will trotz alledem noch mal, nur um meine These auch zu untermauern. Auch in dem Fall ist es halt so: Wenn man jetzt zum Beispiel Wärmenetze ausbaut, dann kann man sagen, es muss alles der Staat machen.
Der Staat muss jetzt quasi dafür sorgen, dass jeder Haushalt auch entsprechend an ein Wärmenetz angeschlossen wird.

Fernwärme?
Genau. Aber in dem Bereich haben wir in Schleswig-Holstein zum Beispiel entschieden, dass wir eine Bürgschaft hierfür zur Verfügung stellen, damit eben die Energieversorger oder auch private Unternehmen, die Lust darauf haben, einfach eine gewisse Sicherheit auch für ihre Investitionen haben. Aber die holen sich natürlich das Geld dann auch entsprechend über die Gebühren, die dann auch entrichtet werden, auch in den Bereichen
zurück. Das heißt, hier sieht man ja auch daran, dass das nicht alles vom Staat bezahlt werden muss, sondern dass bestimmte Bereiche der Infrastruktur auch in Unterstützung durch Privatwirtschaft auch umgesetzt werden.

Können Sie das schon ansprechen: Angenommen, da wird ein Wärmenetz gebaut von einem privaten Unternehmen, dann gibt es in diesem Ort genau ein Wärmenetz und nicht zwei und nicht drei und vier. Das macht einfach keinen Sinn, sondern es gibt eins. Aktuell sind die Preise in diesem Wärmenetz nicht reguliert. Das heißt, die können nehmen, was sie wollen.
Wie verhindern Sie, dass ein Privater mit einer staatlichen Bürgschaft sagt: Ich baue ein Fernwärmenetz, und das kostet am Anfang 0,10 €. Aber das steigt, und das wird immer teurer und immer teurer und immer teurer. Und die Leute, die an diesem Wärmenetz jetzt dran sind, müssen am Ende die hohen Gebühren zahlen.
Also wir haben bei uns erst mal schon mal durch einen Schritt für Datentransparenz, dass auch diese Vergleiche gezogen werden. Das hilft schon mal eine ganze Menge. Aber ich räume ein, dass ich das dänische Modell in dem Bereich nicht ganz schlecht finde. In Dänemark werden diese Preise reguliert.

Es ist Vorraussetzung, damit das geht.
Und gucken sich Dänemark an, in Dänemark haben sie 70 % aller Stromkunden sind mit Fernwärmenetzen versorgt und die haben eine Preisregulierung gemacht. Die haben Höchstpreise auch dort definiert und haben das trotzdem hingekriegt, dass es Privatunternehmen gab, die in dem Rahmen sich auch bewegt haben. Also von daher gibt es Möglichkeiten, so etwas auch
umzusetzen. Und ich finde, wenn die Dänen was gut machen und die machen in vielen Bereichen auch vieles gut, hätte ich keine Probleme, so was ja auch in Deutschland, durchaus auch in der Umsetzung vorzustellen.

Ja, auch jetzt kein völlig neues Modell, Preise bei so natürlichen Monopolen zu regulieren. Das gibt es bei der Eisenbahn. Es gibt bei der Telekommunikation, also bei der Fernwärme ist das eher eine Ausnahme, dass das noch nicht da ist.

Trassenentgelte jetzt, ne? Aber schauen wir doch noch mal auf die Bundesebene. Denn noch hat die Union ja für die Bundestagswahl im kommenden Jahr gar keinen Kanzlerkandidaten. Sie haben im Interview mit der Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung kürzlich gerade noch mal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Entscheidung erst im Herbst fällt, also längst nicht ausgemacht ist, wer da antritt, ob das Friedrich Merz oder jemand anderes ist.
Zunächst mal allgemein gefragt: Welche Qualitäten muss denn aus Ihrer Sicht der nächste Kandidat oder vielleicht auch die nächste Kandidatin der Union haben, worauf wird es ankommem im nächsten Bundestagswahlkampf?
Na ja, also erst mal bleibt es bei der Aussage, dass wir die Entscheidung erst im Herbst treffen. Und wenn Sie diesen Podcast erst im Herbst ausstrahlen würden, würde ich mich ein bisschen offener dazu äußern. Aber das werden Sie mir ja nicht tun, den Gefallen.

Aber der muss nicht Friedrich heißen, glaube ich. So viel kann man festhalten.

Das ist keine realistische Antwort.
Nee, also wir haben in der Tat solche Anforderungen würden niemals in einem Profil drinstehen, Aber es würde auch nicht drinstehen, das er nicht Friedrich und weder er muss Friedrich heißen.

Sie kommen da wieder raus. Keine Sorge.
Okay, dann bin ich beruhigt. Nein, aber ich glaube schon, dass natürlich eine gewisse Führungsstärke auch in den Krisenzeiten, in denen wir uns befinden, auch damit verbunden sein muss. Und ich glaube, dass die Menschen in Deutschland sich wirklich auch nach Führung sehnen, die der jetzige Kanzler ja am Anfang eigentlich versprochen hat.
Und ich glaube, diese Person muss auch eine gewisse Garantie dafür geben, dass auch ich sage mal, Entscheidungen auch in diesem Land möglichst schnell getroffen werden. Ich glaube, das ist schon eine Grundvoraussetzung in Krisenzeiten, um eben auch glaubhaft eine Partei auch in einen solchen Wahlkampf zu führen. Und das, glaube ich, ist schon sehr entscheidendes Kriterium dafür.

Wie steht es mit Regierungserfahrung?
Das ist nie schädlich. Aber ich kann ja nur sagen: Ich bin ja auch mal Ministerpräsident geworden und hatte gar keine Regierungserfahrung. Das hat die Leute nicht davon abgehalten, mich zu wählen. Und ich bin auch nicht aus dem Amt nach fünf Jahren gejagt worden. Also von daher.

Das muss man sehen. Sie sind ja, sind ja erfolgreich wiedergewählt worden, wie gesagt 43 %. Nun ist Schleswig-Holstein, bei allem Respekt für dieses wunderschöne Bundesland, wo ich ja zur Hälfte auch aufgewachsen bin, natürlich nicht ganz vergleichbar mit dem Bund. Ich weiß nicht, Sie haben glaub ich 3,5 Millionen Einwohner:innen so über den Daumen.
Nee, noch nicht mal 3 Millionen. Aber immerhin.

Sagen wir mal knappe drei. Im Bund leben so etwa 83 Millionen Menschen. Da sieht man schon, die Dimensionen sind andere. Also Sie meinen Bundeskanzler kann man sein, wenn man vorher keine Regierung angeführt hat oder auch noch nicht mal Minister war?
Also es ist für mich kein Ausschlusskriterium. Also ich finde Regierungserfahrung gut, das würde Sie aber auch nicht wundern.

Also nach unserem Eindruck hat Friedrich Merz ja in der letzten Zeit so einen kleinen Wandel durchgemacht. Also der hat ein paar Mal schon richtig auf die Sahne gehauen und ein paar Statements rausgelassen von den kleinen Paschas und den Ukrainern, die sich beim Zahnarzt die Zähne machen lassen usw. Das waren glaube ich keine Ukrainer, einfach generell so Geflüchtete.
Geflüchtete waren es glaube ich. Und auf dem Parteitag und auch jetzt in aktuellen Interviews scheint er so ein bisschen Kreide gefressen zu haben. Er scheint sich so ein bisschen moderater, friedfertiger, nicht mehr ganz so aufbrausend präsentieren zu wollen. Nehmen Sie das auch so wahr, dass er da einen Wandel durchgemacht hat?
Ja, das nehme ich auch so wahr.

Ist das gecoacht oder kommt das aus ihm heraus, weil er sich so gewandelt hat?
Na ja, ich finde, es spricht ja für einen Menschen in Führungsverantwortung, dass man in diesem Amt auch wächst. Das schaffen ja nicht viele Menschen. Aber ich finde, entscheidende Führungspersönlichkeiten schaffen das schon. Und ich nehme das wirklich extrem positiv wahr und mache auch keinen Hehl daraus, dass ich mit ihm wirklich auch ausgesprochen gut zusammenarbeite.
Und die Art, jetzt auch Themen zu adressieren und sie auch anzusprechen, muss ich sagen: Das macht er in den letzten Monaten wirklich ausgesprochen professionell und das respektiere ich nicht nur, sondern das finde ich natürlich ausdrücklich gut.

Wo hat er denn Führungsstärke bewiesen?
Na ja. Er beweist täglich Führungsstärke. Also wenn ich mir angucke, wie sich die Partei unter seiner Führung und auch die Fraktion entwickelt hat, so finde ich, ist die Union deutlich wahrnehmbarer, auch deutlich präsenter, auch in Themen. Und mindestens ein Bereich wirklich gut funktioniert, wo man sich auch mit der Regierung so auseinandersetzt, dass die Menschen auch verstehen, wo die Kritikpunkte der Union da dran sind.
Und wenn ich mir den gesamten Prozess auch für das Grundsatzprogramm angucke, wie da finde ich jetzt auch einen CDU Markenkern auch gebildet wurde, den ich auch für absolut richtig und gut halte, kann ich nur sagen: Das trägt eben auch seine Handschrift. Und das ist die Führungsstärke, die man auch braucht, um Partei- und Fraktionsvorsitzender zu sein.

Also im Vergleich zu den Merkeljahren, sage ich jetzt mal, ist die Union unter der Führung von Friedrich Merz und sicher auch ein Stück weit von Carsten Linnemann, der ja den Programmprozess moderiert hat, eher nach rechts gerückt, ist wieder eine konservativere Partei geworden. Philip hat eben schon auf die Punkte hingewiesen, wo gerade Friedrich Merz mal so ein bisschen auf die Sahne gehauen hat.
Aber ein zweiter Punkt, wo das, glaube ich, deutlich wird, ist die starke Abgrenzung, jedenfalls rhetorisch von den Grünen und jenseits allen Personalfragen oder Persönlichkeitsfragen stellen wir uns die strategische Frage, ob die Union eigentlich eine Bundestagswahl gewinnen kann mit so einem Profil deutlich rechts von der Mitte?
Na ja, das ist Ihre Interpretation der Ausrichtung der Union. Ich würde dem widersprechen. Ich finde nicht, dass die Union nach rechts gerückt ist, sondern ich glaube, dass sie die Position in der Mitte etwas prononcierter vertritt und auch in dem Programm finde ich sehr, sehr gut niedergeschrieben hat, sodass sie auch verständlich sind.
Und ich glaube in der Tat, das war übrigens die Überzeugung auch zu Merkels Zeiten schon, dass es schon auch Bereiche gibt, wo ich es durchaus auch richtig finde, dass die CDU auch konservativer wahrgenommen wird. Also mein Credo war immer, in bestimmten gesellschaftspolitischen Bereichen keine Kämpfe der Vergangenheit zu führen.
Aber in Bereichen wie zum Beispiel innere Sicherheit finde ich es absolut richtig und notwendig, dass eine Union die Partei ist, wo die Leute wirklich sagen den kannst du unsere innere Sicherheit anvertrauen. Und das, glaube ich, ist übrigens auch ein Thema, was in Stadt und Land überall viele Menschen vereint. Dieses Bedürfnis danach, dass eine der Grund aufgaben des Staates ist, die innere Sicherheit zu gewährleisten. Das ist eines, was absolut auch bei uns auch einzahlt.
Und ich finde das jetzt auch deutlicher zu machen und das auch programmatisch zu beschreiben hat, finde ich nichts damit zu tun, dass man in irgendeiner Weise im politischen Koordinatensystem weiter nach rechts rückt, sondern es ist einfach das, was notwendig ist, um sich auch von der Ampel abzugrenzen. Also von daher finde ich diesen Weg absolut richtig. Könnte ich noch viel über die Grünen sagen, aber das habe ich ja vorhin schon gesagt.

Also ich muss da gerade drüber nachdenken, wenn Sie sagen Führungsstärke und so ist die Union nach rechts gerückt, Ja oder nein? Es gibt ja die große Spannung zwischen der Ost und West CDU. Im Osten gibt es eine große Nähe zur AfD. Auf Landesebene, würde ich sagen kann man da vielleicht Koalitionen noch verhindern. Aber auf kommunaler Ebene gibt es im Osten eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen Union und AfD. Auch Grüne kooperieren kommunal
mitunter mit der AfD. Die SPD macht das auch, aber die Union macht das eindeutig häufiger im Osten. Und da frag ich mich, was passiert, wenn das nicht nur auf einer kommunalen Ebene hängen bleibt, sondern wenn diese Kooperation mit der AfD weiter hoch wandert, vielleicht auch in die Landesebene. Zerreißt Ihnen das die Partei?
Also eine Zusammenarbeit auf Ebene der Länder zwischen CDU und AfD darf es an keinem Punkt geben.

Was bedeutet denn Zusammenarbeit?
Na ja, jegliche Form der Zusammenarbeit, natürlich keine gemeinsame Regierung.

Auch keine Tolerierung, oder generell?
Das ist völlig, völlig undenkbar. Und ich kenne ehrlich gesagt auch niemanden in Verantwortung in den ostdeutschen Ländern innerhalb der Union, die das auch nur irgendwie in Erwägung zieht. Also da ist wirklich die Haltung der Union extrem klar und auch die Haltung klar, dass wir eine Regierungsbildung ermöglichen müssen, damit die AfD niemals in Regierungsverantwortung kommt.

Auf kommunale Ebene ist der Zug abgefahren.
Na ja, es gibt schon keine organisierte Zusammenarbeit in den Bereichen. Ich glaube schon, dass das auf kommunaler Ebene deutlich schwieriger ist, gar nicht miteinander zu reden. Also da könnte ich mich natürlich ehrlich gesagt auch mit der westdeutschen Brille und aus Schleswig-Holsteinischer Sicht gemütlich zurücklehnen. Wir haben bei uns eine Vereinbarung, die alle Kommunen auch einhalten. Kein Anträgen der AfD wird zugestimmt.
Aber natürlich ist die Lage in Ostdeutschland, wo es mittlerweile den Landrat gibt, der kann man ja nicht sagen, mit dem redet man überhaupt gar nicht. Der macht ja nun auch entsprechende Vorlagen. Und wir haben auch durch die Kommunalwahlen in Ostdeutschland ja jetzt in vielen Bereichen auch die AfD als stärkste Kraft in Kreistagen. Das ist eine andere Situation. Und in den Kommunen wird auch natürlich anders Politik gemacht, als in den Ländern das der Fall ist.
Aber klar muss eben immer sein, dass auf allen Ebenen die Union mit der AfD keine Zusammenarbeit anstrebt und auf Landesebene diese Zusammenarbeit wirklich fundamental ausgeschlossen wird. Und da, glaube ich, gibt es keinen Zweifel, da haben wir eine klare Haltung zu.

Das ist ja auch die Beschlusslage Ihrer Partei. Auf der anderen Seite ist es natürlich so, dass nach den Landtagswahlen, die jetzt in drei östlichen Bundesländern anstehen, Anfang und Mitte September einfach es mathematisch ein Problem geben wird. Also man braucht ja eine Mehrheit im Landtag, um eine Landesregierung bilden zu können. Und es ist nicht absehbar, dass die Union in einem dieser Länder eine absolute Mehrheit
bekommt. Es ist auch nicht absehbar, dass es zum Beispiel mit der SPD oder den Grünen reichen könnte. Das heißt also, dann bleiben Partner Parteien, die aus Sicht der Union ich glaube, da gehe ich nicht zu weit, eher unappetitlich sind also Linkspartei, BSW und AfD. Was würden Sie denken, was ist dann für Ihre Partei die kleinere Kröte?
Na ja, die AfD ist ja undenkbar und unser Kampf muss immer darauf ausgerichtet sein, dass die AfD überhaupt nicht in die Gefahr kommen darf, irgendwann mal Regierungsverantwortung zu übernehmen. Und man muss ja auch sagen, auch bei den Wahlen, die jetzt anstehen, ist die AfD natürlich noch mal zusätzliche extremer. Wird vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingeschätzt. Also von daher ist das ja eine undenkbare Option.
Und da habe ich eben auch gesagt, ist ja die Haltung auch an der Stelle klar. Die Union muss immer bereit sein, dann Regierungsverantwortung zu übernehmen. Das heißt, unsere Antwort kann ja nicht sein, Die AfD darf nicht regieren, aber wir regieren auch nicht mit. Sondern natürlich muss nachher der Anspruch sein, auch zu regieren.
Und da, glaube ich, brauchen unsere ostdeutschen Landesverbände keine Empfehlung von jemandem, der 43 % hat und sich den Koalitionspartner im demokratischen Spektrum aussuchen darf. Da haben die sich ja auch klar zu positioniert.

Wir haben jetzt Mario Vogt, Spitzenkandidat in Thüringen, für die CDU und Fraktionsvorsitzende, gesprochen und ihn gefragt: Würden Sie mit der Linkspartei regieren? Sagt er Nein.

Und dann wird es langsam schwierig. Wenn Sie jetzt mit guten Gründen sagen Stichwort gesichert Rechtsextreme AfD ist es nicht. Dann bleibt ja nur noch die Linkspartei oder das BSW.

Also würden Sie Linkspartei ausschließen, sollte er mit der Linkspartei gehen?
Ich habe dazu ja schon häufiger auch öffentlich Stellung bezogen. Wir haben ja einen Grundsatzbeschluss auch in der Partei. Der gilt auch in beide Richtungen. Das bestreitet auch niemand. Trotzdem bleibt meine Analyse, dass eine Union immer bereit sein muss, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Wir haben übrigens jetzt ja auch schon die Situation in Thüringen, dass die Union ja toleriert hat, dass es eine links geführte Regierung auch gibt mit einem Ministerpräsidenten Bodo Ramelow.
Auch das ist natürlich keine Wunschvorstellung. Aber unser Ziel muss natürlich sein, dass wir möglichst bei allen ostdeutschen Wahlen, die jetzt stattfinden, am Ende auch einen Ministerpräsidenten stellen können. Und da, glaube ich, sind die Kolleginnen und Kollegen im Osten unseres Landes gut in der Lage, auch selbst zu entscheiden, wie man nachher, wenn die Situation eingetreten ist, die sie beschreiben, man dann auch eine verantwortungsvolle Regierung auch bilden kann.

Ja, letzte Frage: Die Union ist bei der letzten Bundestagswahl, das ist kein Geheimnis unter ihren Möglichkeiten geblieben. Einer der wohl wesentlichen Gründe war, dass Armin Laschet die Menschen nicht so überzeugen konnte wie das, wie sich das vielleicht viele gewünscht hätten. Nun ist es so, Friedrich Merz wird jedenfalls gehandelt. Der ist natürlich als Vorsitzender der Union ein natürlicher Kandidat für die Kanzlerkandidatur. Er ist aber auch sehr unbeliebt bei den Menschen in Deutschland.
Aber Philip, nach meiner Wahrnehmung traut sich da bislang einfach niemand so richtig aus den Büschen.

Manchmal erinnert man sich vielleicht so ein bisschen an Joe Biden, wo alle wissen, der ist einfach zu alt. Jetzt sagt es ihm halt mal, er ist zu alt. Und warum sagt Friedrich Merz keiner: Junge, du bist zu unbeliebt. Das wird nicht funktionieren.
Also der Vergleich, den weiß ich erst mal zurück, den Sie gezogen haben. Aber es bleibt dabei, was ich vorhin gesagt habe Ich weiß, es ist immer reizvoll, darüber zu sprechen, aber die Frage der Kanzlerkandidatur beantworten wir wie verabredet wenn die Wahlen stattgefunden haben.

Dann ist die Lage Sommerpause auch vorbei. In diesem Sinne würde ich sagen ganz herzlichen Dank. Daniel Günther, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein und für dieses Gespräch. Vielen Dank, dass Sie zu Gast waren in der Lage dazu, dass wir physisch jedenfalls bei Ihnen in Kiel zu Gast sein durften.
Danke. Sie sind hier immer wieder herzlich willkommen. Das war die Lage der Nation. Ausgabe Nummer 391 mit einem langen Interview aus dem Gästehaus der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung in Kiel. Wir sagen Danke fürs Zuhören. Die Lage-Pause dauert noch an bis Anfang September.

Bis dahin wünschen wir euch einen schönen Sommer. Er genießt die warmen Tage, genießt die Sonne, bleibt uns gewogen und bis.

Bis dann. Tschüss.