
Herzlich willkommen zur Lage der Nation, Ausgabe Nummer 382 vom 17. Mai 2024, diesmal als Lage live aus Kiel.

Von der Digitalen Woche in Kiel. Ganz herzlich willkommen Kiel! (Applaus).

Es klingt wie vom Tonband ist aber...

Ist live!

Aus einem wunderschönen Kino, dem Metrokino in Kiel, wo wir heute Abend zu Gast sein dürfen. Auf der, wie gesagt, Digitalen Woche Kiel. Das ist heute die Abschlussveranstaltung hier, wo wir mit der Lage live zu Gast sind. Und ich denke Philip, wir springen doch mal direkt hinein in unser Pad.

Mein Sohn ruft gerade an, aber ich glaube, den drücke ich weg. Da rede ich nachher mit ihm. Wir sind ja beide große Fans von Georgien. Ich war im frühen 18. Jahrhundert hätte ich fast gesagt, also Ende der 90er Jahre mehrmals in Georgien für längere Zeit. Und du warst jetzt auch gerade da.

Genau. Vor zwei Jahren war ich im Sommer mal so zwei Wochen da. Ich habe einen alten Jugendfreund, der übrigens Kieler ist interessanterweise, und der inzwischen Tiblisi lebt in der Hauptstadt von Georgien. Auf Deutsch heißt sie, glaube ich, Tiflis. Und den habe ich da vor zwei Jahren im Sommer mal besucht und war auch so ein bisschen im Kaukasus, im Gebirge. Und du warst da früher ja im Grunde als Reporter.

Ja, genau ich war da als Reporter. Und ich habe auch meine Magisterarbeit über Georgien geschrieben und so, also kann man nur empfehlen. Wunderschönes Land, super nette Leute, lecker Wein, wunderschöne Landschaft, Kaukasus kann man nur empfehlen.

Aber wir müssen natürlich jetzt hoffen, dass Georgien nicht bald auf einer Liste der Reisewarnung des Auswärtigen Amtes auftaucht, denn Georgien ist ein Land mit einer auch in den letzten 20, 30 Jahren doch sehr wechselvollen Geschichte. Ursprünglich mal war es eine Sowjetrepublik, also Teil der Sowjetunion. Lustigerweise war sogar Stalin Georgier.

Der hat eine Datscha. Da war ich mal in Abchasien. Er hat eine Datscha gehabt am Schwarzen Meer und die kann man sich angucken.

Genau. Und dieses Georgien hat sich allerdings dann schon vor dem offiziellen Ende der Sowjetunion losgesagt.

Genau '89, '90 haben sie sich losgesagt und sind durch verschiedene Phasen gegangen und haben eine wacklige, aber doch funktionierende Demokratie aufgebaut und waren immer so in diesem Spannungsverhältnis zwischen Selbstbestimmung. Wir wollen uns loseisen, wir sind ein eigener Staat und wir orientieren uns vielleicht auch nach Westen und aber immer noch diesem Einflussbereich der ehemaligen Sowjetunion, also wie das
damals immer so hieß. Das nahe Ausland, also Russland als einer der 15 Sowjetrepubliken hat immer die anderen 14 als nahes Ausland und eigentlich russische Einflusssphäre bis heute betrachtet. Und das Land, also Russland hält ja immer noch so plus minus 20 % von georgischen Staatsgebiet besetzt. Also dieses Abchasien, dieser Zipfel, der da so am Schwarzen Meer langgeht und Südossetien, der Teil im Norden von Georgien, der an an Russland grenzt. Da stehen halt russische Truppen.
Gleichzeitig wollen aber 80 % der Leute in die EU und daher kommt halt dieses Spannungsverhältnis. Und ein großer Erfolg war für Georgien, dass die EU 2023 im Herbst oder im Winter war es viel mehr, glaube ich Georgien eben als Beitrittskandidaten offiziell anerkannt hat.

Was ja schon wirklich ein großer Erfolg ist, dass ein Land immerhin eine Perspektive eröffnet bekommt. Aber man weiß das zum Beispiel aus dem, sagen wir mal, Verhandlungsprozess aus dem Beitrittsprozess mit der Türkei, dass es natürlich die EU Mitgliedschaft auch nicht einfach so gibt, sondern dafür muss ein Staat, der der EU beitreten möchte, bestimmte Kriterien erfüllen, beispielsweise natürlich die Kriterien der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit.
Also in den letzten Jahren war das auch für Polen teilweise eine ganz schöne Hürde. Da gab es ja einige Diskussionen mit der EU Kommission in Brüssel. Und natürlich muss auch Georgien nachweisen, dass es eine funktionierende Demokratie ist und dass es Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit einhält. Und da muss man sagen, gab es in den letzten Tagen und Wochen doch einige Fragezeichen, ob Georgien da nicht auf dem Weg ist, doch Rückschritte zu machen.

Richtig, weil die Regierung diesen Drang des großen Teils der Bevölkerung in die EU nicht vollständig teilt. Die haben jetzt ein Gesetz ins Parlament gebracht und haben es jetzt auch verabschiedet, was dem Kampf gegen ausländische Agenten dienen soll, was in Wirklichkeit aber wahrscheinlich darauf hinausläuft, dass die Arbeit von ja meist eben demokratisch inspirierten, westlich inspirierten, menschenrechts inspirierten NGOs in Georgien behindern könnte.

Es geht also vor allem um Organisationen, die eben nicht rein mit georgischen Geld finanziert werden, sondern mit Geldern aus dem Westen, also zum Beispiel Stiftungen aus den Vereinigten Staaten. Wenn die Organisationen in Georgien unterstützen, dann könnte deren Arbeit massiv eingeschränkt werden, eben gegen dieses Gesetz, gegen sogenannte ausländische Agenten und die Zivilgesellschaft
in Georgien. Viele Menschen in Georgien, aber auch viele Menschen in der Europäischen Union sind in großer Sorge, weil ein ähnliches Gesetz vor einigen Jahren in Russland in Kraft getreten ist und dort ein zentrales Instrument der Unterdrückung war. Also mit diesem Gesetz hat Putin und seine Regierung die außerparlamentarische Opposition in Russland de facto kaltgestellt.

Ein Freund von mir ist auch in so einer Organisation, die in Russland auf so einer Liste steht. Und diese Organisationen in Russland kriegen dann sehr, sehr, sehr hohe Auflagen, die sie erfüllen müssen. Und wenn sie die dann nicht sofort erfüllen, dann ist das halt ein enormer Anlass, gegen diese Organisation auch vorzugehen. Und Mitglieder dieser Organisation dürfen sich auch nicht einfach mehr
an Russland bewegen. Also das ist ein riesen Hebel gegen die Zivilgesellschaft in Russland und deswegen heißt das Ding in Georgien auch russisches Gesetz, weil eben befürchtet wird, dieses Gesetz soll nicht im Kampf gegen ausländische Agenten dienen, sondern eben die Zivilgesellschaft und NGOs plattmachen.

Und wie gesagt: Die Menschen in Georgien oder jedenfalls sehr viele Menschen sehen das Gesetz mit großer Sorge. Sie protestieren zu Zehntausenden auf den Straßen von Tiblisi. Und dazu muss man wissen: Ganz Georgien hat etwa so viele Einwohnerinnen und Einwohner wie Berlin. Das heißt also, wenn da jetzt so viele Menschen auf die Straße gehen, dann ist das schon eine ganz beeindruckende Bürger:innenbewegung.
Vielleicht vergleichbar, wenn man so will mit den Montagsdemonstrationen in Leipzig im Zuge der Wende.

Zeigt eben auch, wie lebendig die Zivilgesellschaft in Georgien ist. Und vor diesem Hintergrund, um mal jetzt zu erfahren, wie es denn jetzt mit Georgien weitergeht, also nachdem sie es geht ja jetzt verabschiedet wurde und wohin das führen kann, haben wir uns mit einer Fachfrau verabredet.

Und zwar mit Katrin Bannach. Katrin Bannach ist Stationchief, also quasi die Büroleiterin der Friedrich Naumann Stiftung in der Hauptstadt Georgiens, also in Tiblisi, in Tiflis auf Deutsch und damit natürlich auch Mitarbeiterin einer Nichtregierungsorganisation, die potenziell von diesem jetzt umstrittenen Gesetz betroffen ist. Erst mal ganz herzlich willkommen in der Lage der Nation, Frau Bannach.
Hallo, ich grüße Sie aus Tiflis.

Frau Banach, schön, dass es klappt mit unserer kleinen Schalte hier. Wie ist die Stimmung in der Stadt gerade?
Angespannt. Also es wird jeden Abend demonstriert. Morgens kommen dann Kollegen oder auch wenn man Partner trifft. Die kommen dann alle mit dunklen Augenrändern ins Büro. Man weiß nie genau, was am nächsten Tag wieder passieren wird. Die Gesetze wurden ja superschnell durchs Parlament gepeitscht. Es gibt dann immer Ankündigungen zu irgendwelchen Zeitpläne, die werden nicht eingehalten. Man weiß nicht, was morgen passieren wird, sozusagen

Dieses Gesetz, das richtet sich ja gegen NGOs. Sie sind ja jetzt auch letztlich eine NGO als Friedrich Naumann Stiftung, also FDP nahe Stiftung in Georgien. Fühlen Sie sich denn bedroht?
Wir jetzt nicht direkt, aber unsere Partner haben Drohanrufe bekommen. Das gibt Anrufe, wo eben gefragt wird, ist man für das Gesetz und wenn ja, dann wird man beschimpft, man selber, aber auch Kinder, Partner. Dabei gibt es auch Morddrohungen. Dann gibt es nur Plakatkampagne, wo Leute eben mit Fotos drauf abgebildet sind. Da steht dann Agent und Hau ab.
Und diese Plakate kleben dann an Wohnungstüren der betroffenen Personen oder an Bürotüren und es wurden auch Partner von uns schon krankenhausreif geprügelt. Dann gibt es da so einen Schlägertrupp, der auf einen wartet. Also man könnte sagen, das Gesetz wirft seine Schatten schon voraus, denn es wurde immer vermutet, dass es zu politischen Zwecken genutzt wird, um politische Kritiker einzuschüchtern. Und das passiert jetzt schon, obwohl das Gesetz noch gar nicht in Kraft getreten ist.

Schauen wir uns aber trotzdem dieses Gesetz doch noch mal ein bisschen genauer an. Was steht denn da eigentlich drin und auf welche Art und Weise wird das Gesetz unmittelbar, also von seinem Inhalt her, Sie oder die Friedrich Naumann Stiftung in Ihrer Arbeit beeinträchtigen?
Das Gesetz sieht erst mal vor, dass man sich in eine neue Datei einträgt unter dem Motto, das sei ja transparenter. Es gibt alle möglichen Mechanismen schon um Transparenz zu erzeugen. Also es ist nicht so, dass wir irgendwas klandestin machen. Die Finanzbehörde kann auf jeden unserer Belege zugreifen. Es gibt eine Datenbank, wo wir unsere ganzen Gelder eintragen. Das gilt also jetzt vor allem der
Diffamierung. Man muss sich dann eben als sogenannter Agent eintragen oder eben Handlanger einer ausländischen Macht, wie der neue Titel heißt. Und dann hat das Justizministerium die Befugnis, jederzeit Akteneinsicht zu nehmen und auch auf personenbezogene Daten zuzugreifen. Und das öffnet natürlich Tor und Tür dafür, dass man sich von sogenannten Agenten fernhalten möchte. Also dass Leute Angst bekommen, an Seminaren teilzunehmen.
Denn sobald ihre Teilnehmerdaten bei uns erfasst sind und das brauchen wir aus zuwendungsrechtlichen Gründen, könnte man sie denunzieren und ihnen sagen, sie würden mit Agenten zusammenarbeiten. Und da gibt es ja schon eine lange Geschichte hier. Früher wurden Leute, die so gelabelt wurden, in Gefängnisse gesteckt oder eben auch ermordet. Und das wollen die Leute auf keinen Fall wieder so sehen.

Jetzt haben wir ja gehört, dass ein Großteil der Menschen in Georgien eigentlich für einen Beitritt zur EU sind. 80 %, das sind so die Zahlen, die immer herumgereicht werden. Wie kommt es denn, dass sich die gewählte, ja immerhin demokratisch gewählte Regierung so dieser großen Mehrheit widersetzt und auch gewaltsam das durchsetzt?
Das ist eben das große Rätsel. Es entbehrt jeglicher Logik, dass das jetzt so kurz vor den Wahlen durchgeboxt wird. Und es kann auch sein, dass das eben auch ein Eigentor für die Regierungspartei wird, weil zuvor hatten Sie eine janusköpfige Politik verfolgt.
Sie haben immer gesagt, das ist alles im Sinne eines EU Beitritts sagen Sie übrigens immer noch, aber es natürlich jetzt überhaupt nicht mehr glaubwürdig haben, aber im Hintergrund eigentlich keine Reformen umgesetzt oder sie im Teil sogar zurückgedreht im Rechtsstaat Bereich und haben alles getan zum eigenen Machterhalt. Aber eben nichts, um wirklich konkret das Land voranzubringen, was Demokratie angeht und Rechtsstaatlichkeit.
Und durch den Beginn des Ukrainekriegs musste sich die Regierung positionieren, war da schon in einer Zwickmühle. Wurde auch immer gedrängt von den Leuten auf der Straße gegen den Antrag Beitrittskandidat zu werden der EU. Den hat die Regierung auch erst gestellt, nach sehr großen Protesten hier.
Und es scheint jetzt so, als ob Iwanischwili, der informelle Machthaber im Hintergrund der Regierungspartei, aus irgendeinem Grund entschieden hat, dass er den Hebel jetzt anziehen muss vor der Partei, da eine andere Gangart einlegt, nicht mehr sagt, dass er der EU beitreten will, aber im Hintergrund immer das Gegenteil macht, sondern jetzt ganz deutliche Aktionen zur Repression seiner Gegner vornimmt.
Und es scheint der Regierungspartei jetzt eben auch leider egal zu sein, welche Beziehungen sie damit ruinieren und welche Brücken sie abbrechen. Und das ist eigentlich das Gefährliche daran, dass es jetzt keine Dialogbasis mehr gibt und dieses Abdriften in Richtung russische Einflusssphäre sehr deutlich spürbar ist und eben auch vollkommen hemmungslos so betrieben wird.

Ja, das, was Sie da jetzt als Entwicklung beschreiben, das erinnert ja so ein bisschen an frühere Zeiten in der Ukraine, als es da ja auch immer so ein Hin und Her gab zwischen eher prorussischen Regierungen und prowestlichen Regierungen bis hin ja auch zu einem Putsch auf dem Maidan zum Beispiel. Wie schätzen Sie das denn ein?
Gibt es eine realistische Chance, dass die gegenwärtige georgische Regierung dann im Herbst tatsächlich abgewählt wird, wenn doch die Menschen in Georgien jedenfalls mit einer ganz breiten Mehrheit in die EU wollen? Oder rechnen sie dann eher quasi mit einem Staatsstreich der Noch Regierung oder der dann vielleicht abgewählten Regierung?
Also es gibt auf jeden Fall jetzt eine größere Chance, dass die Regierung abgewählt wird, weil zuvor waren junge Leute sehr desillusioniert von der Politik. Viele wollten gar nicht zur Wahl gehen. Ich vermute, sie sind jetzt sehr viel mobilisierter, aber sie müssen dann natürlich auch tatsächlich wählen gehen. Und sie brauchen auch eine politische Alternative, die wählbar ist. Momentan ist die Opposition noch sehr zersplittert, da ist nichts absehbar.
Aber in Georgien passieren Dinge eben auch sehr viel kurzfristiger. Und es kann sein, dass ich in den nächsten Wochen noch sehr viel verändert, was die Oppositionsaufstellung angeht. Und ich habe viele Leute auch gefragt: Was ist denn jetzt der Unterschied zwischen der Zeit 2003, der Rosenrevolution und jetzt? Wie groß ist die Chance, dass es tatsächlich zu einer Revolution kommt? Und viele haben mir gesagt: Georgien ist jetzt 20 Jahre weiter.
Leute wollen gerne den demokratischen Prozessen folgen. Sie wollen gerne die Regierung abwählen. Wenn die Regierung dann allerdings nicht abtritt, stellt sich die Frage, was dann passiert.

Ja, vielleicht eine letzte Frage noch mal kurz zum Einfluss Russlands eigentlich: Man sieht ja jetzt, dass die Regierung in Tiblisi immer weiter abgleitet in Richtung eines prorussischen Kurses. Haben Sie Erkenntnisse darüber, welche Rolle Moskau spielt in diesem Prozess formell oder auch hinter den Kulissen?
Da munkelt man natürlich viel, und das wirkt im Zweifel ja auch sehr geschickt und klandestin gemacht, so dass man hier eigentlich nur auf Mutmaßungen zurückgreifen kann. Die Unlogik der Tatsache, dass das jetzt so kurz vor den Wahlen auf Hauruckverfahren durchgedrückt wird, dieses Gesetz lässt darauf schließen, dass das entweder auf Druck oder auf Zuruf Russlands geschieht. Selbst die Präsidentin hat das so gesagt. Es trägt einfach eine zu deutliche russische Handschrift.
Nachweisen kann man das natürlich nicht. Es gibt ja enge Verbindungen der Regierungspartei zu Russland, aber auch die kann man eben schwer nachweisen.

Vielen Dank. Das war Katrin Bannach. Sie ist Bürochefin der Friedrich Naumann Stiftung, der FDP nahen Friedrich Naumann Stiftung in Georgien, in Tiflis. Alles Gute. Vielen Dank und alles Gute nach Tiflis.
Dankeschön. (Applaus)

Wir kommen zum nächsten Thema. Und zwar wird ja aktuell der Haushalt verhandelt. Man denkt immer so Haushalt '25 ist doch noch weit hin. Aber so was braucht natürlich Vorlauf und braucht Vorbereitung. Es braucht vor allen Dingen auch ein Gesetz, das im Juli abgestimmt werden soll. Und so wird also jetzt gerade über den Haushalt '25 schon verhandelt. Und diese Verhandlungen gestalten sich doch extrem schwierig, denn die Ampel ist der Meinung, dass sie extrem sparen müssen.

Ja, das ist tatsächlich so. Also schon bis vor einiger Zeit war die Ampel schon mehr oder weniger einig, dass die 20 bis 25 Milliarden Euro einsparen muss im Haushalt 2025 gegenüber dem heutigen Jahr gegenüber dem Jahr 2024. Dazu muss man sagen: Das ist natürlich nicht alternativlos, das ist eben politische Entscheidung. Und ich finde, das ist ganz wichtig an dieser Stelle.
Ich habe mich heute Morgen ehrlich gesagt geärgert über den Text in der Süddeutschen Zeitung, der so ein bisschen den Eindruck erweckte, als sei das gleichsam Naturgesetz, dass jetzt gespart werden muss. Das kann man politisch natürlich so machen, aber man könnte alternativ auch Steuern erhöhen. Oder man könnte Schulden machen. Stichwort Aussetzung der Schuldenbremse. Aber die Ampel hat sich eben entschieden, jedenfalls sagen wir mal, in großen Teilen mit unterschiedlichem Engagement.
Aber jedenfalls mal der Bundeskanzler und der Bundesfinanzminister sind der Meinung, dieses Geld muss gespart werden. Und wie gesagt, bisher waren es schon 20 bis 25 Milliarden. Philip, aber nun wird der Gürtel noch enger geschnallt.

Richtig, weil es ja regelmäßige Steuerschätzung gibt. Also da setzen sich Experten in der Expertin zusammen und gucken mal so Was können wir denn so an Steuereinnahmen demnächst erwarten? Und da war im Oktober schon was geschätzt worden. Das war schon nicht so dolle und jetzt wurde es halt noch mal geschätzt und es ist halt noch mal nicht so dolle. Also das heißt, in den nächsten Jahren müssen viele, viele zig Milliarden eingespart werden.
Für den Bund sind das in den nächsten paar Jahren 40 Milliarden, aber im nächsten Jahr heißt das so PI mal Daumen, dann müssen weil weniger Steuern reinkommen, noch mal zusätzlich 10 Milliarden € gespart werden. Das heißt, man liegt jetzt so bei 30, bei 35 Milliarden €, die im Vergleich zum aktuellen Haushalt im nächsten Jahr irgendwo eingespart werden müssen.

Und da kann man sich vorstellen, Christian Lindner sagt zwar, das hat er schon so ein bisschen auf dem Zettel gehabt, aber da jedenfalls geht das nicht für alle Ministerien, um es mal ganz vorsichtig zu sagen. Und völlig klar ist, dass diese Sparvorgaben die Reibungshitze in der Ampel nun absehbar noch mal deutlich erhöhen werden. Christian Lindner nämlich hat die übrigen Bundesministerien aufgefordert, Sparpläne vorzulegen, also quasi Haushaltsentwürfe mit Massiv eingesetztem Rotstift.
Und insbesondere fünf Ministerien wollen da nicht mitmachen.

Ja, richtig, das sind vier Ministerien von der SPD: Verteidigung mit Herrn Pistorius, Entwicklung mit Svenja Schulze, Arbeit und Soziales mit Hubertus Heil und das Innenministerium in Nancy Faeser. Die haben nicht nur nicht gesagt, wie sie sparen wollen, sondern sie haben gesagt Wir brauchen mehr Geld, als wir aktuell zur Verfügung haben. Und dann kommt noch das Außenministerium von Annalena Baerbock, die auch gesagt haben Sparen? Das passt leider nicht, Wir brauchen mehr Geld.

Aber wie gesagt, der Bundeskanzler hält von diesen Vorschlägen gar nichts. Im Gegenteil, er fällt im Stern seinen eigenen Minister:innen und auch Annalena Baerbock in den Rücken, indem er sagt, er steht hinter Christian Lindner und insbesondere die Schuldenbremse steht. Besonderen Druck macht Christian Lindner unterdessen auf das Arbeits- und Sozialministerium von Hubertus
Heil. Und zwar interessanterweise bei einem Thema, bei dem auch Christian Lindner eigentlich längst relativ hohen Ausgaben zugestimmt hat.

Richtig, nämlich bei der Rente. Wir erinnern uns, hatten wir in der Lage. Auch die Ampel hatte sich eigentlich auf eine Rentenreform geeinigt.

Vor ein paar Wochen erst.

Hubertus Heil und Christian Lindner waren sich da ganz einig, saßen in der Bundespressekonferenz, haben gesagt Ja, wir reformieren die Rente so ein bisschen, hier und da wird drüber geredet, aber eigentlich kommt so, das sollte dann eigentlich diesen Mittwoch durchs Kabinett gehen, aber das kam nicht dazu. Der Grund ist Die FDP hat sich's anders überlegt. Sie hätte doch noch gerne ein paar Änderungen hier und da in der Rente.
Und vor allen Dingen wird das befeuert durch eben dieses Vorstandspapier. Der Vorstand hat einige Punkte beschlossen, wie man denn jetzt die Wirtschaft wieder auf Trab bringen könnte, wie man, wie man die Ausgaben im Zaum halten könnte. Und da hat es ja vor dem Parteitag dieses Zwölf Punkte Papier gegeben, was für viel Wirbel gesorgt hat, weil es eigentlich in keinem der zwölf Punkte mit dem Koalitionsvertrag übereinstimmte.
Und nun hat der Vorstand fünf weitere Punkte verabschiedet, die im Grunde genommen Wunden wieder aufreißen, die eigentlich schon geklebt waren.

Unter anderem sagt der FDP Vorstand: "Rente mit 63 wie das Bürgergeld in seiner jetzigen Ausgestaltung setzen Fehlanreize, die wir uns nicht leisten können. Wir brauchen jeden und jede am Arbeitsmarkt, damit es in Deutschland für alle wieder aufwärts gehen kann." So also es geht in diesen fünf Punkten um dieses und jenes, aber im Zentrum steht das, was in diesem Satz vorkommt Rente mit 63 und Bürgergeld in seiner jetzigen Ausgestaltung.
Und wir schauen uns die Vorschläge der FDP, was daran geändert werden soll, jetzt mal etwas genauer.

Ja, auch weil das Ende ein bisschen überraschender ist, als viele jetzt erwarten unser Fazit. Also es geht um ersten Teil, um. Dieses so genannte, muss man sagen Rente mit 63 muss man erst mal fragen Was ist das eigentlich sogenannt? Weil korrekt heißt das Ding Altersrente für besonders langjährig Versicherte, die also 45 Jahre Beiträge in die gesetzliche Rente eingezahlt haben.

Dazu muss man wissen 45 Jahre Beiträge eingezahlt und dann kann man abschlagsfrei in Rente gehen, auch wenn man noch nicht das reguläre Rentenalter von inzwischen fast 67 Jahren erreicht hat. Dieses reguläre Renteneintrittsalter steigt so langsam an und wenn man 45 Jahre Beiträge gezahlt hat, kann man früher abschlagsfrei in Rente gehen und zwar früher heißt was, Philip?

Also früher hieß das mal 63 Jahre. Aber weil eben das Renteneintrittsalter das reguläre immer weiter nach oben Richtung 67 Jahren steigt, steigt auch dieses Eintrittsalter für diese abschlagsfreie Frührente bisschen nach oben. Und wir sind jetzt bei 64 Jahren und vier Monaten. Also wenn man 45 Jahre eingezahlt hat und jetzt 64 Jahre und vier Monate alt ist, kann man dann in Rente gehen und zwar ohne Abschläge. Man kriegt die volle Rente.

Und das ist so der Witz. Wie gesagt, das Renteneintrittsalter steigt so langsam an in Richtung 67 Jahre. Man kann aber unter relativ großzügigen Vorschriften auch vorher schon in Rente gehen, in Frührente gehen. Dann bekommt man aber ein bisschen weniger Rente. Normalerweise. Das nennt sich der Abschlag. Und das Besondere bei dieser sogenannten Rente mit 63 ist, dass man abschlagsfrei, also ohne Abzüge bei voller Rente vorzeitig sich verrenkten lassen kann.

Richtig. Die Idee dabei war, als das so eingeführt wurde okay, es stehen Wahlen vor der Tür, da sollten wir den Rentnern mal was Schönes präsentieren. Das war das eine. Aber die Begründung, die intellektuelle Begründung war, wenn Leute quasi ab dem 18. Lebensjahr voll durch gearbeitet haben, also wirklich jedes Jahr in die Rentenkasse eingezahlt haben, dann reichts irgendwann.
Dann haben sie es irgendwann mal verdient, ihre Lebensleistung und dann können sie halt früher in Rente gehen als alle anderen und trotzdem die volle Rente bekommen.

Ja, und Annahme war zugleich aber auch, dass diese sogenannte Rente mit 63 vor allem Menschen betreffen werde, die schwere körperliche und vielleicht etwas schlechter bezahlte Arbeit verrichtet habe. Also die Idee der SPD war so ein bisschen die Malocher, die eben viele, viele Jahre richtig reingehauen haben. Die sollen dann eben da quasi ein Bonbon bekommen durch eine frühzeitige Verrentung.
Und wir haben uns jetzt mal angeschaut, wie die Realität ausschaut, wer eigentlich tatsächlich von diesem Bonbon der Rentenversicherung profitiert.

Ja, und das klingt ja so ein bisschen so, als sei das irgendwie so ein Nischenprodukt für eine besonders verdiente Arbeiter und Arbeiterinnen. Tatsache ist: Von den Leuten, die sich pro Jahr verwenden lassen, eine gute Million aktuell, ist 1/3 Rente mit 63 sozusagen sind 1/3 Leute, die halt mit 64 Jahren in Rente gehen und die volle Rente kriegen.

Mit anderen Worten: Die sogenannte Rente mit 63 ist extrem beliebt. 30 % aller neuen Rentner nutzen dieses System. Und interessant ist auch, wer das eigentlich ist, denn die vorzeitige Rente nutzen gerade nicht die Rentner mit den kleinen Renten, die Malocher, sondern:

Sondern Leute, die extrem gut verdienen. Wir haben uns das mal einer in einer Statistik kann man sich anklicken bei der Rentenversicherung angeguckt, wenn man sich ansieht im Jahr 2022, wie viel Leute sind da ganz normal mit 66 Komma quietsch in Rente gegangen und was kriegen die eigentlich im Monat durchschnittlich wirklich überwiesen? Dann sind es im Schnitt knapp 700 €, 693 €. Männer, Frauen, wer regulär in Rente gegangen ist, 2022, dazu knapp 700 € im Monat Rente auf sein Konto bekommen.

Also wirklich, wenn man sich das mal überlegt, nicht so wahnsinnig viel Geld. Also von 700 € im Monat leben ist wahrlich kein Spaß.

Im Schnitt.

Ist der Schnitt klar. Aber wenn man, wenn man jetzt nicht zufällig mietfrei wohnt, wenn man es irgendwie geschafft hat, eine Eigentumswohnung, ein Häuschen abzubezahlen, dann wirds im Alter richtig eng. Nicht aber bei den Menschen, die eben von dieser sogenannten Rente mit 63 profitieren.

Die gehen früher in Rente und bekommen ausgezahlt im Schnitt 1.486 €. Das ist mehr als doppelt so viel wie die ganzen anderen im Schnitt bekommen. Also die Rentenversicherung konnte uns jetzt nicht genau sagen, woran das liegt. Aber Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sagen schon, das liegt einfach daran, dass das gute Facharbeiter und Facharbeiterinnen sind, die einfach viel verdienen.

Mit anderen Worten: Die Sozialversicherung subventioniert Menschen, die ohnehin schon eine weit überdurchschnittliche Rente bekommen. Höher war 2022 nur die Altersrente ein, wie soll ich sagen, einer relativ überschaubaren Gruppe mit einer ganz besonderen Erwerbsbiografie.

Die nennt sich Altersrente für langjährig untertage beschäftigte Bergleute. Davon sind 2022 45 in Rente gegangen. 45 Leute, 45 Leute, aber die bekommen halt im Schnitt über 2.500 € Rente. Das ist sozusagen die Spitzengruppe. Aber schon wirklich dicht dahinter ist dieses Drittel der jene, die früher in Rente gehen mit 1.500 € und die und dieser diese wirklich, dieses große Privileg für gut Verdienende ist halt auch echt teuer für die Rentenkasse.

Der frühere Beginn der Rente führt dazu, dass in die Rentenkasse zum einen weniger Geld reinfließt, weil die Menschen, wenn sie in Rente sind, natürlich keine Rentenbeiträgen mehr zahlen. Und zum anderen fließt natürlich auch länger Geld ab aus der Rentenkasse, denn die Leute sind dann eben länger Rentner, beziehen länger Leistungen aus der Rentenkasse .und der Rentenexperte Axel Börsch-Supan sagte am Dienstag zur Süddeutschen Zeitung:.

"Wenn diese Personen", also die da in Frührente gegangen sind, "ohne Abschläge bis zur Regelaltersgrenze weitergearbeitet hätten, hätte die Rentenversicherung gute 10 Milliarden € weniger ausgeben müssen und zudem über 5 Milliarden € mehr Beiträge eingenommen." Sprich: Die Rente 63 kostet die Rentenkasse 15 Milliarden € aktuell für all jene, die schon vorzeitig abschlagsfrei in Rente gegangen sind.

Die Süddeutsche hat dann auch diesen Rentenexperten mal gefragt, ob das nicht vor allem körperlich hart arbeitende Arbeiter:innen sind, die dann vielleicht einfach quasi auch mal in Rente gehen müssen? Oder sind das möglicherweise eben doch gut verdienende Facharbeiter? Dazu Rentenexperte Axel Börsch-Supan:

"Die Nutznießer sind nach wie vor Menschen, die es geschafft haben, überhaupt so viele Jahre zu arbeiten und genug Entgeltpunkte angesammelt haben. Also keinesfalls die von Altersarmut gefährdeten, sondern überdurchschnittlich Verdienende.".

Und das ist die Gruppe, die quasi auf Kosten der Rentenkasse einen besonderen Schluck aus der Pulle bekommt. Und nun kann man sich natürlich fragen: Haben denn diese Menschen nicht mit 45 Beitragsjahren jetzt wirklich mal ihren Beitrag geleistet? Das ist so ein bisschen das Argument der Sozialdemokratie. Nach 45 Jahren reicht es doch auch mal, da müsste man doch in Rente gehen können.

Na ja, die Mathe der Rentenkasse funktioniert halt eigentlich anders. Denn Rentenhöhe richtet sich wie viele Rentenpunkte hast du eigentlich? Und wenn du die ganze Zeit wenig einzahlst und 45 Rentenpunkte kriegst oder spät, aber dafür sehr viel einzahlst und 45 Rentenpunkte kriegst, dann ist deine Lebensleistung eigentlich die
gleiche. Ich finde, das ist so ein bisschen so ein antiquiertes, antiquierte Vorstellung davon, was ist eigentlich eine Lebensleistung, das an den Rentenpunkten abzuzählen.

Jedenfalls ist es der Rentenkasse egal, ob jemand kurz, aber viel einzahlt oder lang und dafür wenig. Und deswegen ist es jedenfalls mal aus der Perspektive der Rentenversicherung etwas krudes Verständnis von Lebensleistung und die Länge der Zahlungen geht vor Höhe, so quasi die das Modell dahinter.
Und das orientiert sich vermutlich so an der Vorstellung, die sich da manche Politikerinnen und Politiker davon gemacht haben, wer sie so wählt, nämlich geringverdienende, aber dafür lang arbeitende Menschen. Aber wie gesagt, der Witz bei der bei dieser Rente mit 63 der sogenannten ist, dass in Wirklichkeit eben gerade nicht die Malocher verdienen, sondern eher gut verdienende Facharbeiter.

Und insofern würde ich sagen, hat die FDP da einen Punkt, das muss man einfach mal so sagen.

Würde ich auch sagen ja.

Diese Rente setzt einen falschen Anreiz. Die sagt, geh früher in Rente, nimmt eine volle Rente und verabschiedet sich in Ruhestand, anstatt noch weiter am Berufsleben teilzunehmen, weiter Steuern zu zahlen, weiter in die Rentenkasse einzuzahlen und vor allen Dingen weiter gegen den Fachkräftemangel mit vorzugehen.

Und ich würde einfach sagen, es gibt einfach keinen Grund dafür, gerade gut verdienenden Menschen einen vorzeitigen Exit aus dem Arbeitsmarkt ohne Abschläge zu finanzieren. Sie können ja gerne früher in Rente gehen, wenn Sie das wollen. Also sei den Menschen von Herzen gegönnt. Wenn sie mit 62, 63 sagen, reicht jetzt und ich habe genug gespart oder so! Nur dann sollte eben diese Verrentung nicht ohne Abschläge auf Kosten der Allgemeinheit möglich
sein. Wie gesagt, die Kosten belaufen sich insgesamt schon auf 15 Milliarden € schon für die bisherigen Frühverrenteten ohne Abschläge. Das ist nicht so ganz klar, was da jedes Jahr quasi an neuen Kosten auf die Rentenkasse zukommt. Aber so über den Daumen dürften das etwa anderthalb Milliarden Euro pro Jahr sein. Und das, wo die Rentenkasse ja ohnehin pro Jahr mehr als 100 Milliarden € Miese macht, also Deckungslücke hat, die dann aus dem laufenden Bundeshaushalt zu geschossen werden müssen.

Deswegen fordern ja auch führende Ökonominnen, Ökonomen wirklich, diese Rente mit 63 abzuschaffen, weil es einfach falsche Anreize setzt. Insofern finde ich, hat die FDP da einen Punkt, wo man handeln müsste in unseren Augen. Der zweite Punkt, den sie kritisieren: falsche Anreize durch das Bürgergeld. Auch hier sagt die FDP: Das geht in die falsche Richtung. Deswegen schauen wir uns das auch noch mal genau an.
Also die Ampel hatte ja quasi beim Übergang von Hartz4 zum Bürgergeld, was 2023 gestartet ist, schon einige Erleichterungen eingeführt. So schrittweise.

Also quasi die Sofortmaßnahme, relativ bald nach Beginn der Ampel war das sogenannte Moratorium für Sanktionen. Was also bedeutete, dass Menschen in Bezug von damals noch Hartz IV eben für einen bestimmten Zeitraum Juli bis Dezember 2022 keine Sanktion mehr befürchten mussten, wenn sie bestimmte Spielregeln von Hartz IV nicht eingehalten haben. Und im Januar 2023 dann trat die eigentliche Bürgergeld Reform in Kraft.
Die hat eben auch eine ganze Reihe von Erleichterungen für Menschen im Bezug von Bürgergeld eingeführt. Im ersten Jahr zum Beispiel dürfen die Menschen mehr Erspartes behalten. Sie müssen also quasi nicht sofort ihre gesamten Ersparnisse auf den Kopf hauen. Und eine ganz wichtige Änderung ist auch das die Priorität bei der Vermittlung von Menschen in Bezug von Bürgergeld jetzt nicht mehr ist, dass sie irgendeinen Job
machen. Ich sag Ihnen jetzt mal Mac Job ja irgendwie so und 1 € Job oder so was, sondern dass sie tatsächlich qualifiziert werden, vielleicht eine Berufsausbildung machen, um dann einen Job zu finden, in dem sie dann auch länger bleiben können. Und das Dritte, was natürlich so im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit stand, war, dass auch die Sanktionen für Fehlverhalten gegen die Bürgergeldspielregeln weniger hart ausfallen.

Richtig also, dass man sagt Du kriegst dann weniger Zahlung im Monat für eine bestimmte Zeit. Das wurde sozusagen mit diesem Bürgergeld eingeführt und das IAB hat sich jetzt mal die Effekte von diesen weicheren Sanktionen angeschaut. Das IAB ist das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung. Die sitzen bei der Bundesagentur für Arbeit. Und das Besondere an diesem Institut ist, die haben halt Zugriffe auf die ganzen Daten.
Die müssen nicht eine Stichprobe irgendwo nehmen, sondern die haben die ganzen Daten von allen Bürgergeldempfänger, Empfängerinnen können da überall reingucken, können es genau untersuchen. Und das Interessante ist auch: Sie haben auf diese Weise auch eine interessante Kontrollgruppe gefunden.

Also warum geht es bei Kontrollgruppen? Man hat ja bei der sozialwissenschaftlichen Forschung, aber auch zum Beispiel in der medizinischen Forschung immer so ein bisschen das Problem, selbst wenn man einen bestimmten Effekt messen kann, keine Ahnung. Das Fieber geht runter in der Medizin oder hier zum Beispiel Menschen nehmen häufiger oder weniger häufig einen neuen Job an, dann ist ja immer die Frage Kausalität.
Also welcher Faktor hat jetzt wirklich dazu geführt, dass sich Menschen so oder so verhalten oder dass das Fieber runtergeht? Und deswegen ist man die große Herausforderung, quasi die verschiedenen Einflussfaktoren auseinander zu rechnen. Und deswegen waren die Forscher vom IAB jetzt so froh zu sagen, es gibt da die allermeisten Menschen, die in Bezug von Bürgergeld sind, die eben tatsächlich auch Leistung
bekommen. Und da gibt es ja diese kleine Gruppe, die kein Geld bekommt, die deswegen natürlich auch keine Sanktion bekommen kann. Und deswegen ist so die These jedenfalls und ich finde das auch ganz plausibel, dass man, wenn man diese Gruppen gegeneinander hält, einfach sehr schön sehen kann, welchen Effekt haben denn jetzt tatsächlich finanziell geringere Leistungen?

Das Ergebnis ist doch ziemlich eindeutig und das kann man, glaube ich, so zusammenfassen: Das Moratorium im Sommer, also wir machen erst mal überhaupt keine Sanktionen, hat dazu geführt, dass 4 % weniger Jobs aufgenommen wurden aus dem Bürgergeld. Also wenn vorher Leute im Bürgergeld 100 Jobs angefangen haben, als es die Sanktionen noch gab, waren es, als es die Sanktionen nicht mehr gab, nur noch 96, die gesagt haben ich lass es mein Bürgergeld, Bürgergeld sein, ich fange ein Job an.

Und vielleicht, damit ihr euch das ein bisschen vorstellen könnt. Zum Vergleich In derselben Studie findet sich an anderer Stelle die Zahl 10 %, also 10 %, soll laut IAB der Effekt gewesen sein, den überhaupt die Agenda 2010, also die Hartz IV Reformen vor inzwischen ja fast 20 Jahren, damals hatten.
Also 10 % mehr Arbeitsaufnahmen, durch die Reformen vor etwa 20 Jahren und 4 % weniger Jobaufnahmen jetzt durch dieses Moratorium, also so über Daumen kann man sagen, etwa die Hälfte des Effekts von Hartz IV, so jedenfalls die These der Studie, ist durch das Moratorium aufgefressen worden. Und die eigentliche Bürgergeld Reform hat er sogar noch ein bisschen mehr Effekt. Da sind es nämlich dann 6 %.

6 %, also von vorher 100 Stellen, die vermittelt wurden, waren es dann nur noch 94 und übers Jahr gerechnet heißt das, 30.000 Stellen wurden nicht angetreten von Leuten, die im Bürgergeld sind.

Wobei man natürlich sagen muss, die 30.000 Stellen muss man im Verhältnis sehen zu über 5 Millionen Menschen, die überhaupt Bürgergeld bekommen, ungefähr 5,7 Mio. Also es ist schon eine vergleichsweise kleine Gruppe.

Aber hier geht es um den Effekt. Der Effekt ist belegt. Ganz klar weniger Druck, mehr Geld, weniger Sanktionen führt dazu, dass weniger Leute einen vollen Job aus dem Bürgergeld heraus aufnehmen. Jetzt muss man natürlich sagen, das war natürlich auch so ein bisschen die Idee, ja, das nicht mehr um jeden Preis ein Job angetreten werden muss mit diesem Bürgergeld, dass man nicht mehr sagt Komm, komm, mach hier. Die Qualität des Jobs ist egal.
(unaudible) Sondern es wurde gesagt, es soll mehr qualifiziert werden, um dann eben Jobs zu vermitteln, die auch lange tragen, damit die Leute nicht dann gleich wieder zurückkommen.

Also bildhaft gesprochen sollte durch diese Bürgergeld Reform auch dieser berühmt berüchtigte Drehtüreffekt vermieden werden. Rein und raus in den Job, raus aus den Job und so rein in Mac job, schnell wieder raus. Denn das wiederum hilft ja auch niemandem, wenn jemand immer nur kurzfristigen Job hat, um irgendwelche Auflagen des Jobcenters zu erfüllen, aber nicht wirklich in den Arbeitsmarkt integriert wird.
Da kann man sich fragen, ob er dann nicht an Arbeitskraft der Menschen im Jobcenter unterm Strich mehr verbrennt, als diese Jobaufnahme überhaupt eingespart hat. Insofern wäre dann die gesunkene Vermittlungsquote keine Überraschung, sondern genau die Idee der Reform. Aber da wiederum, muss man sagen, gibt es statistisch auch ein Gegenargument. Denn auch die Zahl der Weiterbildung ging nicht nach oben.

Richtig, es war das Ziel, wir wollen mehr weiterbilden, aber das ist eben auch nicht passiert. Und dann komme jetzt zu dem Punkt okay, offensichtlich der Effekt ist weniger Sanktionen, weniger Arbeitsaufnahme und dann kann man sich natürlich fragen, gibt es dann andere Gründe dafür, dass es am Anfang auch gesagt die Konjunktur war jetzt auch nicht so doll. Vielleicht gab es weniger Jobs und die Leute sind deshalb weniger aus dem Bürgergeld zum Arbeiten gekommen
und. Oder es gab in der Zeit natürlich auch viele Geflüchtete aus der Ukraine. Möglicherweise waren die Jobcenter auch so überlastet mit der Behandlung und Bearbeitung dieser ganzen Geflüchteten, dass sie überhaupt keine Zeit hatten, irgendwelche Leute aus dem Bürgergeld zu vermitteln. Das haben die aber getestet, sagen Sie.
Das haben sie getestet und sagen also, dass es nicht der maßgebliche Einfluss, sondern es sind, wie sie es immer so sagen, diese weicheren Sanktionen, diese weicheren Maßnahmen, die dazu geführt haben. So, aber die Studie macht auch Vorschläge.

Und das ist jetzt nämlich die spannende Frage. Man könnte ja so denken, das ist ja so ein bisschen so die Denke der FDP, na, wenn das denn so ist, dann muss man halt einfach mehr Sanktionen zum Beispiel verhängen oder das Bürgergeld senken. Und dann ist allerdings das IAB eher skeptisch. Sie schlagen nämlich stattdessen vor, man müsste bessere finanzielle Anreize setzen für eine Jobaufnahme aus dem Bürgergeld
heraus. Mit anderen Worten: Es müsste sich für die Menschen viel mehr lohnen, tatsächlich wenigstens ein bisschen anzufangen mit dem Arbeiten. Sie schlagen außerdem vor, so was wie Starthilfestipendien, also Menschen dabei zu helfen, sich selbstständig zu machen. Und sie schlagen auch schlauere Sanktionen vor.

Ja, sie sagen macht es nicht, wie die CDU vorschlägt, von jetzt auf gleich runter auf Null, sondern macht's einfach länger, sagt, es sind etwas geringere Sanktionen. Die können wir aber länger wirken lassen, dann aber auch jederzeit wieder loslassen, wenn Leute kooperieren und sich willig zeigen, einen Job aufzunehmen. Sie sagen auch, ja jetzt das Bürgergeld nicht.
Es ist ja jetzt momentan die Erhöhung des Bürgergelds an den Lohn, an die Lohnentwicklung und an die Inflation gebunden, was jetzt dazu geführt hat, dass es halt sehr steil nach oben ging auf Grund verschiedener Faktoren, die sagen lass den Lohn raus, nimm nur die Inflation. Damit es dann aber auch schnell auf die Inflation reagieren kann und sie sagen mehr in diese Einzelfallbetreuung reinzugehen.
Aber was ich halt den entscheidenden Punkt finde, ist das, was du gesagt hast, nämlich: Sieh zu, dass die Leute schneller was dazuverdienen können und seht zu, dass ihr die Weiterbildung mit diesen Jobangeboten verbindet, dass es nicht die Weiterbildung gibt und dann da den Job, sondern dass das quasi verbunden ist, die Weiterbildung und die dann auch gleich einen Job bekommen.
Und vor höheren Sanktionen oder härteren Sanktionen warnen sie sogar ausdrücklich. Sie sagen nämlich, kurzfristige Geldkürzungen bergen das Risiko, langfristige Ziele, dass sich die Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, nicht zu erreichen. Deswegen würde ich denken, wenn man da mal einen Strich drunter macht. Philip dann hat die FDP aus meiner Sicht quasi einen halben Punkt. Ja, weniger Sanktionen senken den Anreiz, Jobs aufzunehmen. Und genau das Gleiche gilt für ein höheres Bürgergeld.
Auch das senkt den Anreiz, Job aufzunehmen. Aber einfach nur sanktionieren bringt auch keine langfristig positiven Effekte. Kurz also: Die Diagnose der FDP ist schon richtig gestellt, aber die verordnete Therapie doch ausgesprochen zweifelhaft. Denn beide Daumenschrauben, also Bürgergeld runter oder Sanktionen rauf haben ja auch einen hohen Preis.

Richtig. Also Bürgergeld runter heißt, dann wird unter Umständen das Existenzminimum nicht mehr sichergestellt. Das hat das Bundesverfassungsgericht aber vorgeschrieben. Das muss so sein. Und wenn man Sanktionen hochschraubt, dann setzt es natürlich immer mit Druck verbunden auf Menschen, die eh schon genug Probleme in ihrem Leben haben. Also das müssen wir vielleicht auch nicht wollen. Und dann stellt sich die Frage: Gibt es denn nicht eine dritte Option?
Gibt es nicht was eine dritte, eine bessere Lösung, die nicht nur auf Sanktionen und weniger Geld setzt, die dann aber trotzdem dazu führt, dass Leute schneller in bessere Jobs kommen?

Tja, und da ist so die Idee, das klang ja auch gerade schon an Statt da quasi draufzuhauen, könnte man es leichter und vor allem finanziell attraktiver machen, arbeiten zu gehen. Vielleicht auch am Anfang nur ein bisschen arbeiten zu gehen.
Denn viele Menschen, die zurzeit arbeitslos sind oder vor allem wenn sie länger arbeitslos sind, haben auch einfach, wie soll ich sagen, schon so ein bisschen Probleme damit, ihren Tagesablauf zu strukturieren und so, da ist es schon eine große Hilfe, wenn die überhaupt mal langsam wieder anfangen zu arbeiten. Aber da muss man sagen, setzt unser Rechtssystem bislang nicht so wahnsinnig schlaue Anreize.
Denn es gibt viele, viele Fälle, wo die Leute zwar einen Euro dazuverdienen, aber auf Grund aller möglicher Anrechnungsvorschriften unter dem Strich mehr als 1 € weniger auf dem Konto haben. Mit anderen Worten: Sie werden quasi dafür bestraft, dass sie Geld dazuverdienen. Und das kritisierte uns gegenüber auch der bekannte liberale Ökonom Rüdiger Bachmann von der University of Notterdam in den Vereinigten Staaten.
Es gibt hier eine klare Reihenfolge in der Politik. Bevor man mit harten Sanktionen kommt, sollte man erst mal diese Irrationalität der Gesetzgebung, das wie gesagt in manchen Fällen die Zusammenwirkung von diesen verschiedenen Transfers eben so ist, dass es sich eben überhaupt nicht lohnt, einen Euro mehr zu verdienen oder 100 € mehr zu verdienen, weil am Ende habe ich sogar dann weniger Netto raus. Das ist ja die Absurdität. Das sollte man als allererstes
beseitigen. Und dann guckt man, dann evaluieren wir das mal, und wenn man dann noch glaubt, Sanktionen machen müssen, dann können wir dadrüber auch noch reden.

Richtig, weil der Effekt ist jetzt, du hast dein Bürgergeld. Du verdienst was dazu und musst davon so viel abgeben unter Umständen, dass du arbeitend weniger auf deinem Konto hast, als wenn du einfach nicht arbeitest und nur Bürgergeld oder andere Sozialleistung bekommst. Daran muss man, muss man ran. Aber das setzt natürlich voraus, oder daraus folgt, sagt er, dass man diese ganzen Sozialleistungen natürlich auch vereinfacht, bündelt und verschlankt, damit das überhaupt zu berechnen ist.
Welchen Effekt hat denn, wenn ich die Sozialleistung in Anspruch nehme, arbeiten gehe und die dagegen rechne? Das ist heute, haben wir auch mit dem IAB telefoniert, fast nicht zu prognostizieren.

Das muss man sich mal überlegen. Das heißt also, eigentlich müsste doch gerade auch der Sozialstaat die richtigen Anreize setzen, um Menschen wieder zu aktivieren. Das Ziel müsste ja sein: Jeder verdiente Euro lohnt sich, so dass man quasi so langsam sich rausschleicht aus dem Bürgergeld, immer weniger staatliche Unterstützung beziehen muss, wenn man anfängt zu arbeiten und vielleicht auch immer mehr zu verdienen. Und so läuft es halt
bislang nicht. Im Gegenteil ist es ein großer Wust, wo es auch teilweise wirklich sehr negative Effekte gibt. Dazu muss man sehen: Eine solche grundlegende Reform von Sozialleistung ist natürlich die mit Abstand komplizierteste Lösung und wahrscheinlich müsste man dann auch hier und da mal auf Einzelfallgerechtigkeit verzichten. Das ist so ein bisschen so die Krux des Sozialversicherungsrechts oder gerade auch des Sozialstaats an dieser Stelle. Da gibt es dann immer 1000 Sonderregeln.

Dem wollen immer alle gerecht werden. In der Familie, mit dem Kind und hier gerecht werden. Und wenn der dann aber aus dem Haus geht, dann muss das doch auch wieder gerecht sein. Und das führt zu einer enormen Komplexität.

Die letztlich dann gar nicht mehr zu berechnen ist. Und damit setzt dann so ein Rechtssystem quasi aus der Vogelperspektive einfach keine klaren Anreize mehr. Da muss man einfach sagen, gibt es ganz viele Regeln, ganz viele Töpfe, aus denen man so bisschen was bekommt. Und wie die dann wiederum zusammenspielen, weiß einfach niemand mehr. Aber klar ist: Da müsste man eigentlich ran. Klar, viel einfacher sieht es mal aus, wenn man einfach sagt Sanktionen rauf.
Aber da sagt jedenfalls Professor Bachmann, das ist einfach total unfair. Da müsste der Staat schon erst mal selber seine Hausaufgaben machen und da müssten die vielen Sozialleistungen logisch aufeinander abgestimmt werden. Und das würde dann unterm Strich viel mehr bringen. Und wäre es, wenn das wirklich nicht reichen sollte, wenn es dann immer noch diese berühmt berüchtigten Totalverweigerer gibt, dann muss man sich die Frage stellen, wie man denen beikommt.

Richtig, er weißt da auch auf ifo Studien hin vom ifo Institut, die sagen, wir können das umbauen, wir können möglicherweise auch einigen ein bisschen mehr zahlen, weil es nicht auf jeden Einzelfall so gerecht zugeschnitten ist. Aber unterm Strich ist es für den Staat ein Nullsummenspiel.
Er zahlt zwar hier ein bisschen mehr Sozialleistung unter Umständen, bringt die Leute aber schneller und besser in Arbeit als heute, wodurch sie dann weniger Sozialleistungen in Anspruch nehmen, Steuern zahlen und sich das für den Staat unterm Strich dann sogar entweder rechnet, aber er zumindest nicht draufzahlen muss. Und die Frage ist also, wenn die FDP denn hier einen Punkt hat, wo ist die Kritik? Na ja, die Kritik ist: Warum kommen Sie damit jetzt um die Ecke?

Ja, denn das Rentenpaket haben Sie ja erst vor ein paar Wochen miteinander beschlossen. Jetzt mit einem Mal ist das alles wieder Murks. Ja, man kann daran Kritik üben, Haben wir eben dargestellt. Aber warum jetzt? Und auch diese Bürgergeld Reform, muss man sagen. Das war ja ein gemeinsames Ampelprojekt. Wieso sie da jetzt wieder Opposition in der Koalition machen könnte.

Könnte was mit Europa zu tun haben...

Wer weiß...Wir haben eine gute Nachricht. Es gibt auch gute Nachricht und zwar, und jetzt haltet euch fest, schnallt euch an, ihr glaubt es nicht. Hol das Popcorn raus. Wir haben eine gute Nachricht aus dem Bereich Digitalisierung: IT des Bundes.

Richtig ist wirklich. Ich habe es eben, wir haben es eben durchgespielt. Es macht, ich würde sagen, es macht fast Spaß.

Macht Spaß, ist auch ästhetisch eine Freude. Das ist ja auch nicht ganz selbstverständlich. Wir haben ja auch, wie soll ich sagen, auf hoheitlichen Seiten auch schon Webdesign aus den frühen 90er Jahren gesehen.

Jetzt sind wir Ende der 90er. Das ist auch schon mal fein.

Du bist zu streng. Philip würde mal sagen, so 2010 haben sie schon erreicht. Wir wollten doch jetzt mal was Nettes sagen. Ich finde die Seite schön und praktisch, denn jetzt lange, lange anmoderiert. Worum geht's? Es geht darum, wie findet man eigentlich das beste Krankenhaus für eine spezielle Behandlung?

Wer von euch stand schon mal vor der vor dem Problem? Ich habe irgendwie ein Problem. Oder man muss eine OP machen oder Familienmitglied hat Probleme. Ist vielleicht ein bisschen komplizierter. Ich will jetzt nicht einfach irgendwo hingehen. Wer stand schon mal vor dem Problem, ein Krankenhaus zu suchen, was für eine bestimmte Behandlung das Beste ist in Deutschland?

Wir gucken in den Saal. Na, ich würde mal denken, so etwa vielleicht jeder zehnte?

10 % oder sowas in der Art? Genau. Es ist ein bisschen schwer zu erkennen, aber irgendwas in der Größenordnung.

Hochgerechnet auf Deutschland wären das ja immerhin 8 Millionen Menschen. So geht Sozialforschung.

Für Anfänger. Ich glaube, ich kenne das auch. Man hat das in der Familie auch schon oft gehabt. Man will ja nicht irgendwo hingehen, man will die beste Versorgung haben. Da gibt es natürlich Portale, da haben wir auch schon mal erzählt In der Lage. Gibt es natürlich auch Daten, die die Krankenhäuser liefern müssen. Dann gibts Portale, die die aufbereiten. Ich habe die alle angeguckt, ich finde die alle unübersichtlich und mies. Ich bin da nie richtig fündig
geworden. Ich bin da nie richtig schlau draus geworden. Was ist denn jetzt das beste Krankenhaus für mein Fall oder aus der Familie?

Und nun kommt die gute Nachricht Seit heute soll das nicht nur besser gehen, seit heute geht das besser, denn wir hatten ja über das Krankenhaustransparenzgesetz gesprochen vor einigen Wochen in der Lage der Nation. Ist ein ganz wichtiger Teil der Gesundheitsreform oder der Krankenhausreform des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach. Und der hat gerade heute tatsächlich live geschaltet den Krankenhausatlas.

Hört auf den Namen www.bundes-klinik-atlas.de. Also die URL kann man sich natürlich irgendwie gut merken, ist keine Frage. Wir haben das mal ausprobiert. Also die Idee ist, man geht dahin und tippt seine Diagnose ein und findet dann hoffentlich das beste Krankenhaus in Deutschland. Also wir haben das mal hier getestet. Es ist immer so ein bisschen so eine Downer, diese Krankheiten. Wir haben mal Dickdarmkrebs im Bereich des Mastdarms haben wir mal genommen, nennt sich Rektumkrebs.

Ne, das wär was anderes. Mastdarm oder Rektum, ist auch egal. Ja, das sind zwei Krebsarten. Egal, aber diese werden in einen Topf gegeben: Also Krebs am Popo. Ja, und jetzt wollt ihr wissen, wo lasse ich die OP am besten machen, um diesen Krebs fixen zu lassen? Ja, und dazu gibt es jetzt eben eine transparente Seite, die für alle Krankenhäuser in Deutschland auflistet. Wie viele Behandlungsfälle hatten Sie denn in diesem Bereich? Und auch ganz spannend: Welchen Pflegepersonalquotient
haben Sie? Also wie viele Patientinnen und Patienten pro Pflegekraft unter Berücksichtigung auch der Schwere des Falls?

Wir haben das jetzt mal mit diesem Fall, mit dieser Diagnose ausprobiert für Kiel. Man kann auch bundesweit suchen, aber wir haben jetzt mal auf Kiel eingeschränkt und da wurden dann im Kern oben drei Krankenhäuser ausgeworfen Universitätsklinikum Schleswig Holstein, Campus Kiel. Da steht Behandlungsfälle, sehr viele also da steht dann eine Zahl und auch eine Einschätzung, Das sind sehr viele. Pflegepersonal Quotient ist so mittel.

Das muss man wollen. Das heißt also, die haben zwar viel Erfahrung mit dieser OP. Auf der anderen Seite muss man dann mitunter dreimal klingeln, bis der Pfleger kommt.

Dann gibt es das Friedrich Ebert Krankenhaus Neumünster. Da gibt es ebenfalls sehr viele Behandlungsfälle. Der Pflegepersonal Quotient ist unterdurchschnittlich. Möchte man eher nicht.

Ich hätte fast gelesen unterirdisch, aber jedenfalls ist er so, dass man da nicht hin will. Aber jetzt kommt jetzt kommt die richtig gute Nachricht!

Das städtische Krankenhaus in Kiel hat viele Behandlungsfälle! Wer klatscht denn da?

Na, wahrscheinlich der Chefarzt.

Das städtische Krankenhaus in Kiel hat viele Behandlungsfälle, aber der Pflegepersonalquotient ist überdurchschnittlich. Und wir haben uns gestritten Wo gehen wir mit unserem...da sollte man keine Witze machen, oder?

Nein, nein!

Wo gehen wir mit unserem, mit unserer Krankheit hin? Und ich wäre ja ins Uniklinikum gegangen, weil dort eben es sehr viele Behandlungsfälle gibt.

Und ich hätte gesagt Behandlungsfälle viele. Damit haben die immerhin noch genügend Routine und vergessen jetzt nicht irgendwie die Schere im Bauch oder im Popo. Und mir ist wichtig der Pflegepersonalquotient überdurchschnittlich.

Ich mache das im Zweifel lieber alleine. Hauptsache die haben genug Erfahrung.

Ja, Philip Menschen sind auch schwierig. Das muss man nicht übertreiben.

Die sollen mich anrufen. Also ich glaube, dass alles Entscheidende für die höchste Wahrscheinlichkeit einer gelungenen OP ist: Wie oft machen die das eigentlich? Und deswegen finde ich das super hilfreich, dass das da so prominent steht.

Ich brauche auch, ich brauche menschliche Zuwendung. Aber immerhin. Das ist ja das Schöne an so einer Transparenzseite, dass das jeder für sich persönlich entscheiden kann, wo er oder sie die Priorität hinlegt. Und deswegen finde ich, ist das einfach erst mal großartig, dass tatsächlich das Bundesgesundheitsministerium, das die Ampelkoalition das jetzt auf die Beine gestellt hat, dass es dieses Portal gibt, dass es so gut funktioniert, dass es so übersichtlich ist.
Also ich finde, das ist echt mal eine gelungene IT des Bundes. Ist ja nicht selbstverständlich. Hier aber hat es aber gut geklappt und ich finde auch klasse, jetzt mal so ein bisschen so ein kleiner kleine Seitenbemerkung aus der Nerd Perspektive: Minimum viable product statt Wasserfall.
Auf Deutsch: Die haben nicht erst 50 Jahre entwickelt, bis sie die optimale Website ins Netz stellen, die jeden edge case abbildet, sondern sie haben ein Produkt ins Netz gestellt, das erst mal nur zwei Parameter nennt, eben Behandlungsfälle und Pflegepersonalquotient. Und dann kann man das ja iterativ in immer neuen Schritten verbessern. Aber es ist doch einfach erst mal total hilfreich, dass das Ding überhaupt im Netz steht.

Da soll jetzt auch noch mehr dazukommen. Also Facharztschlüssel. Wie viele Fachärzte Fachärztinnen sind da eigentlich pro Patient? Ist das zertifiziert diese Abteilung von der zuständigen Fachgesellschaften? Meinetwegen gibt es Komplikationen. Also wie sind die Komplikationsraten, also wie viele von diesen OPs gehen daneben oder machen Probleme? Ist ja auch nicht ganz unwichtig zu
wissen. Besonders umstritten ist dann halt noch, das haben wir auch gesagt, die Einteilung der Kliniken in sogenannte Leistungsstufen. Das soll, glaube ich, nächstes Jahr kommen. Das ist sicherlich alles gut und hilfreich, aber auch so finde ich, hat das schon mal einen deutlichen Mehrwert für alle, die ein vernünftiges
Krankenhaus suchen. Ich hab das auch mit so ein paar Sachen in der Familie ausprobiert, wurde auch gerade was gesucht wird oder auch in der Vergangenheit, wo wir gute Erfahrungen gemacht haben. Und genau die Krankenhäuser poppen da als erstes auf. Genau so wäre man da hingegangen. Also das ist gut. Jetzt muss man aber sagen, das eigentliche Signature Projekt, wie das immer so heißt, also das große, ich sag mal so der größte Haufen.

Vorbildprojekt oder wie sagt man das? Also das wichtigste Projekt!
Das wichtigste Projekt, machen wir es so. Das wichtigste Projekt...

Leuchtturmprojekt!

Leuchtturmprojekt! Also das wichtigste Leuchtturmprojekt von Karl Lauterbach als Gesundheitsminister ist aber die eigentliche Krankenhausreform, nicht so eine Website, so schön sie auch sein mag, sondern er will ja die gesamte Krankenhauslandschaft in Deutschland reformieren. Wir hatten das ja ausführlich schon mal geschildert. Viele Kliniken von diesen 1700 und paar zerquetschen Kliniken Krankenhäusern in Deutschland sind von der Pleite bedroht. Pro Jahr gehen so 20 22 pleite. Woran liegt das?
Zum einen sind die Kosten gestiegen, die zahlen höhere Löhne. Die Tarife sind nach oben gegangen. Die haben auch mit Inflation zu kämpfen, müssen natürlich mehr für das Zeug zahlen, was sie einkaufen. Gleichzeitig sind natürlich die Länder zu großen Teilen zuständig, um diese Krankenhäuser zu finanzieren. Also vor allen Dingen die Investitionen, Gebäude, Geräte, solche Sachen. Und die Länder zahlen die Krankenhäusern in Deutschland einfach zu wenig Geld, um das zu
machen. Die Folge davon ist: Kliniken müssen die Kohle irgendwo anders auftreiben und da bleibt den eigentlich nicht viel mehr anderes übrig, als mehr zu behandeln, OPs zu machen und auch OPs zu machen, die medizinisch vielleicht nicht zwingend notwendig sind mit allem was da dran hängt.

Das ist ein bisschen das Problem. Eigentlich würde man sich ja wünschen und das ist auch die gesetzliche Konzeption, dass die Länder die Krankenhäuser im Prinzip so ausstatten, dass sie die Gebäude und die Geräte und das alles bezahlen können. Und die sogenannten Fallpauschalen, also das Geld, das Krankenhäuser für jede einzelne Behandlung bekommen, zum Beispiel für eine OP. Das soll eben gerade die Kosten spezifisch für diese OP abdecken, aber nicht die Infrastrukturkosten
zum Beispiel. Und weil die Länder an dieser Stelle eben systematisch sparen, haben die Krankenhäuser ein Problem. Das müssen wir objektiv anerkennen. Und quasi das einzige Überdruckventil, das Sie dann noch haben, sind eben Behandlungen, damit sie Fallpauschalen abrechnen können. Wir hatten das ausführlich vor ein paar Wochen. Wir hatten ja auch durchaus Kritik bekommen, weil natürlich Medizinerinnen und Mediziner sagen: Ich behandle doch nicht, wenn es nicht nötig ist.
Das muss man fairerweise auch sagen, da fühlen sich viele Menschen dann auch wiederum quasi in ihrer Berufsehre angegriffen. Deswegen wollen wir das niemandem konkret unterstellen.

Aber es passiert!

Aber in der Summe passiert es eben. Das lässt sich eben auch nachweisen. Das ist kein Angriff gegen einzelne Medizinerinnen und Mediziner, aber das System zeigt eben einfach an dieser Stelle systemische Probleme.

Richtig. Und jetzt hat also Karl Lauterbach eine Reform gestrickt, ist seit Monaten dabei und die wurde jetzt tatsächlich im Kabinett beschlossen diese Woche. Und so die Eckpunkte sind, da soll der Finanzdruck für die Kliniken und Krankenhäuser rausgenommen werden. Denn diese Kliniken und Krankenhäuser sollen 60 % ihres Budgets einfach dafür bekommen, dass sie etwas leisten können, dass sie etwas vorhalten, bestimmte Geräte, bestimmte Abteilungen, Fachärzte, Fachärzten, dass die einfach da
sind. Dafür sollen sie ein Budget kriegen. Und sie sollen auch nur dann Geld für bestimmte Leistungen bekommen, wenn sie ein bestimmtes Level erfüllen. Wenn sie das oft genug machen, wenn sie die Technik da haben, wenn sie weniger haben und sie trotzdem das alles anbieten und machen. Aber sie kriegen halt kein Geld mehr dafür. Und das ist so die Idee. Und das Ziel ist ganz klar: Es muss weniger, aber viel, viel bessere Krankenhäuser geben. Die Krankenhäuser sind in Deutschland ausgelastet.
Ungefähr 60 %, 40 % stehen leer. Da ist also viel Luft nach oben, wenn man das noch abzieht, was eigentlich ambulant gemacht könnte.

Nicht 40 % der Krankenhäuser stehen leer...

Nein, 40 Prozent der Betten. Und wenn man dann noch abzieht davon, was eigentlich ambulant gemacht werden könnte, ohne dass dia da übernachten, dann ist man bei einer Auslastung von plus minus 50 % der Betten. Und da ist allen klar: Wir haben zu viele Krankenhäuser, es müssen weniger werden, Aber eben, sagen wir mal geordnet. Und dafür die, die bleiben eben besser.

Und das ist das dicke Brett. Quasi der zweite Schritt der Krankenhausreform von Karl Lauterbach und Co. Transparenz war nur so der erste, eigentlich auch der kleinere Schritt. Und dieses Gesetz allerdings, das besprechen wir heute nicht mehr im Detail, sollten wir wirklich nur darauf hinweisen. Das ist weiterhin im Prozess. Warum machen wir das nicht im Detail? Ganz einfach. Die Widerstände dagegen sind enorm. Ja, der Beschluss des Kabinetts ist ein erster Schritt.
Jetzt kann das Gesetz ins parlamentarische Verfahren kommen. Geht erst mal in den Bundesrat und in den Bundestag und so, aber es muss jetzt eben erst mal noch vom Parlament beschlossen werden. Im Bundestag kann schon noch eine Menge passieren, weil auch die Ampelkoalition sich jetzt nicht 150 Prozentig einig ist bei allem. Na, es gibt viele Wahlkämpfe. Der Bundestagswahlkampf wirft seinen Schatten so langsam voraus. Da weiß man nie, welche der Ampelparteien möglicherweise da von
der Fahne geht. Und vor allem ist natürlich auch die Frage: Wie sieht es denn eigentlich im Bundesrat aus? Das jetzt geplante gesetz soll zwar so gestrickt sein, dass der Bundesrat nicht zustimmen muss. Es soll also quasi nur ein Einspruchsgesetz sein. Aber auch beim Einspruchsgesetz könnte der Bundesrat ja zumindest den Vermittlungsausschuss anrufen und das Gesetz damit massiv ausbremsen, schlimmstenfalls bis die Legislaturperiode endet. Und dann gilt der sogenannte Diskontinuitätsgrundsatz.
Das heißt, dann ist das Gesetz quasi vom Tisch. Das wird dann nicht quasi in der nächsten Legislaturperiode wieder aus dem Archiv geholt, sondern das wäre dann einfach durch und müsste auch vom Bundestag neu beschlossen werden.

Wenn das so kommt, ist das wirklich eine substanzielle Reform. Aber weil da eben noch so viel unterwegs jetzt geändert werden kann, wenn sie denn überhaupt kommt, wenden wir uns diesem Thema in einer anderen Lage noch mal zu.

Wir schauen noch mal auf das Thema Gewalt gegen Politikerinnen und Politiker, denn da gab es in dieser Woche eine ganze Menge an Verwirrung und zwar über die Statistik der Opferzahlen. Wir hatten in der letzten Woche aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD im Deutschen Bundestag zitiert. Danach, nach dieser Studie werden Personen und Einrichtungen der Grünen mit großem Abstand am häufigsten attackiert.
Nun geistert aber durch die Debatte, dass in einer Unterdisziplin dieser Studie die AfD am meisten betroffen sei, also am meisten Opfer sei, nicht Täter. Wie kommt das Philip?

Also worauf wir uns bezogen hatten, das war eben die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD Fraktion. Also die können immer Fragen stellen an die Regierung und die müssen dann in der Regel auch beantwortet werden. Und um diese Statistik war also eine Debatte entflammt. Denn je nach Lesart ergibt sich so ein bisschen, wie das bei Statistiken häufig so ist, ein leicht unterschiedliches Bild. Und ich finde, am besten aufbereitet hat das eigentlich T-Online.

Ja, muss man sagen. Ganz toller Artikel, haben wir natürlich auch verlinkt. Für alle diese Zahlen, die sich auch jetzt T-Online sich noch mal genau angeguckt hat, die da quasi den Anhang bilden, der Antwort der Bundesregierung für alle diese Zahlen gilt: Die kommen von der Polizei, werden dann vom Bundeskriminalamt zusammengestellt und es sind damit genau wie die Polizeiliche Kriminalstatistik eben nur Anzeigen und keine Urteile.
Und da sind eine ganze Menge an Wertungen und Einschätzungen eben von Polizeibehörden und damit typischerweise nicht von Juristinnen und Juristen drin. Und da muss man natürlich sagen, neben den Verzerrungen, quasi durch die Verarbeitung dieser Daten durch die Polizei, gibt es natürlich auch Verzerrungen durch ein sehr unterschiedliches Anzeigeverhalten. Also zum Beispiel ist es so, dass die AfD systematisch alles anzeigt, was sich irgendwie anzeigen lässt.
Andere haben resigniert oder eben auch eine Anzeigenoffensive gestartet. Das heißt also, das Anzeigeverhalten beeinflusst natürlich, welche Zahlen da letzten Endes so zusammenkommen. Das hat alles Einfluss auf die Statistik, Aber ich glaube, Philip, viel Differenzierung zu diesen Zahlen kann man schon mal raushalten.

Die erste Behauptung, die man, glaube ich, richtigerweise aufstellen kann, basierend auf diesen Zahlen, ist: Die meisten Angriffe auf Parteibüros und Parteieinrichtungen erfolgten gegen Einrichtungen der Grünen. Die meisten aber, und das ist die Differenzierung, Angriffe sind in dieser Statistik ziemlich weit gefasst. Also zum Beispiel sagt T-Online, wurden der AfD in Heilbronn Büroschilder geklaut.

12 € Schaden. Ist ein Angriff! Auf eine Partei. Ist nicht ok.

Aber ist halt auch kein Bombenanschlag.

Ist ein bisschen kurz über Mäusepingeln würde ich sagen.

Das muss man dazu sagen. Ja, die meisten Angriffe in den letzten Jahren, also 2019 bis 22, das war die Statistik, erfolgten auf Einrichtung der Grünen. Aber Angriff ist halt extrem weit gefasst. So weit die Differenzierung.

Der schwerste Angriff in tatsächlich Singular weil es Zahl eins ist, betraf eine Parteieinrichtung der AfD. Ja, aber es handelte sich nicht um einen Angriff durch Extremisten, sondern eigentlich eher eine skurrile Geschichte.

Drei Freunde waren im Skiurlaub in Tschechien, sind zurückgekommen, haben einen illegalen Böller gekauft, den besoffen vom AfD Gebäude angezündet und waren überrascht über die Wirkung. Ich glaube, so kann man das zusammenfassen.

So kann man das zusammenfassen. Sie haben nämlich nicht nur die Scheibe des AfD Büros gesprengt, sondern auch auf der anderen Straßenseite noch eine Reihe Scheiben in die Luft gejagt.

Und Autos beschädigt.

Also es war ein riesen Böller.

Ja, das AfD Büro in Döbeln wurde ziemlich beschädigt. Ja, aber als Angriff durch Extremisten, Linksextremisten auf die AfD kann man das glaube ich nicht bezeichnen.

Aber die Verantwortlichen haben tatsächlich Haftstrafen bekommen. Auf Bewährung zwar wenn ich es richtig habe, aber doch, das ist ja auch einfach mal ein Sprengstoffanschlag. Mit besoffenen Kopf...

Ein Böller so groß wie ein Bierkasten. Was kann schon schiefgehen?

Differenzierung Nummer drei: Tatsächlich die meisten Attacken auf Parteivertreterinnen und Mitglieder wiederum zum Nachteil der Grünen. Aber da muss man sagen, in diese Schublade fallen vergleichsweise milde Attacken auch, also zum Beispiel Beleidigung, üble Nachrede und Bedrohung. Wobei man auf der anderen Seite sehen muss, auch Beleidigung, üble Nachrede, Bedrohung. Auch das kann natürlich Menschen davon abhalten, sich politisch zu engagieren.
Also ich denke schon, dass man das auch nicht kleinreden darf. Das ist genau jetzt Teil des Problems, dass viele Polizeibeamtinnen Polizeibeamten solche Anzeigen jedenfalls nach Aussage der Geschädigten nicht so wahnsinnig ernst nehmen und sagen Ja, gehen Sie halt raus aus Twitter, wenn sie da beleidigt werden oder aus X. Aber das natürlich auch keine Lösung. Man will ja gerade nicht hinnehmen, dass Menschen auf diese Art und Weise für ihr politisches Engagement sanktioniert werden.

Und auch schon diese Attacken Angriffe in Form von Verbalattacken decken wieder ein breites Spektrum ab. Das reicht von Hassbotschaften mit einer Platzpatrone und einem gemalten Hakenkreuz im Briefkasten.

Was nicht lustig ist...

Was ein CDU Vertreter in Bremen im Briefkasten gefunden hat bis zu Sie sind ja mal wieder dämlich. Ja, hat sich ein Linker in Frankfurt anhören müssen. Das ist die Spannbreite.

Da muss ich ehrlich sagen, das müssen wir uns auch jede Woche anhören im Lageforum. Wenn ich das alles anzeigen würde, bräuchte ich sonst keine Hobbys mehr. Differenzierung Nummer vier: Laut Statistik trifft die meisten Angriffe mit physischer Gewalt tatsächlich Parteimitglieder der AfD. Und das ist die Zahl, auf die die AfD immer verweist. Genau das ist die Zahl, auf die die AfD immer wieder verweist. 2022 waren noch die Grünen vorn, aber insgesamt hat 2019 die AfD.
Und da fand ich, ist im Grunde so der Punkt, wo dieser Artikel von T Online am meisten aufgedeckt hat, denn physische Gewalt gegen Parteimitglieder betrifft und das ist so ein bisschen irritierend, aber das ist tatsächlich die Datengrundlage, betrifft eben gerade nicht zwingend immer Menschen, die auch in der AfD sind. Denn hinein gerechnet werden zum Beispiel auch Gewalttaten bei Gegendemonstrationen.
Also Beispiel: Eine Demo in Heidelberg von Impfgegnern und Impfgegnerinnen mit Unterstützung der AfD. Da wurden störende Aktivistinnen von der Antifa von der Polizei weggedrängt, da gab es dann Widerstandshandlungen und die Anzeigen, die da eben gestellt wurden gegen irgendwelche Aktivisten, Gegendemonstrierende, die wurden dann gerechnet als physische Attacken auf die AfD.

Weil sie Polizisten angegriffen, aber nicht die AfD. Sie haben Polizisten angegriffen, ein Polizist wurde verletzt, Polizistin Anzeige erstattet und das wurde gewertet als physische Attacke gegen die AfD, weil AfD Leute diese Demo mitorganisiert hatten. Die Folge davon ist...

So kann man das hochrechnen.

Die Statistik sagt ja, es gab die meisten physischen Angriffe gegen AfD Leute. Da physische Angriffe aber so definiert sind, auch so definiert sind, wie wir das hier gesagt haben, muss man sagen, kann man das auf Basis dieser Statistik eigentlich
nicht sagen. Unter physischem Angriff, wenn wir den so definieren wie den Angriff meinetwegen auf den SPD Mann Ecke, ja physisch angegriffen, verletzt, Krankenhaus, dann kann man das aus dieser Statistik nicht errechnen, welche Partei die meisten Angriffe zu erdulden hat physischer Art.

Und dann, das war jetzt quasi der Blick auf die Opfer. Also wer steht quasi auf der Opferseite von Taten aus politischen Gründen? Aber dann gibt es ja auch noch den Blick auf die Täter und da weißt T-Online auch auf, sagen wir mal interessante Verzerrungen bei der Statistik hin. Denn die Polizei erfasst auch in dieser Statistik, welchem Milieu, Spektrum, welcher politischen Einstellung sie die Tätergruppe zuordnet.
Und das fließt dann unter anderem ein in die sogenannte Statistik Politisch motivierte Kriminalität links und Politisch motivierte Kriminalität rechts, also PMK links und PMK rechts. Und da wiederum finde ich, gibt es recht interessante Verzerrungen.

Ja, die Motive sind nämlich oft unklar. Also Angriffe gegen die AfD werden in dieser Statistik oft einfach als von links eingeordnet. Füllt dann also die Spalte Politisch motivierte Kriminalität links. Während ähnliche Angriffe gegen andere Parteien nicht immer so richtig erfasst werden.

Zum Beispiel bei den Grünen ist es so, dass fast 3/4 der Taten angeblich politisch nicht zuzuordnen waren. Da kann man sich natürlich schon fragen: Wie kommt denn das? Ich glaube 73 % war die Zahl, wo dann quasi das Grau blieb. Da wusste man dann eben nicht, aus welcher Ecke kommt das. Das ist natürlich nicht völlig von der Hand zu weisen, einfach weil es Angriffe auf die Grünen aus beiden politischen Richtungen gibt.
Es gibt die Angriffe eher aus der Rechten, es gibt sie aber auch von Linksextremisten, die die Grünen quasi zu Wischiwaschi finden, das gibt's natürlich auch.

Oder als Verräter bezeichnen.

Verrat. Lützerath ist so ein Beispiel. Lützi, diese Braunkohlengrube. Da haben ja die Grünen in Nordrhein Westfalen zugestimmt und das hat in der linken linksextremen Szene natürlich auch nicht allen gefallen.

That's said: Diese ganzen Differenzierungen. Es bleibt aber natürlich unterm Strich klar Gewalt darf und kann kein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein. Und die Frage bleibt nach wie vor Was tun? Wir haben das letzte Lage gesagt. Ja, im Kern muss der Staat das machen, haben wir gesagt. Und da war eine Frage: Strafrecht verschärfen, neue Straftatbestände erfinden.

Da hat es insofern Neuigkeiten gegeben, als inzwischen ein Vorschlag des Bundeslandes Sachsen, des Freistaats Sachsen auf dem Tisch liegt, soll in den Bundesrat eingebracht werden. Der sollen zwei neue Strafrechtstatbestände geschaffen werden. Das schauen wir uns noch mal ganz in Ruhe an, das ist nämlich einigermaßen komplex und da haben wir uns gedacht, das wird heute einfach zu lang. Wollten wir euch aber schon mal sagen, da ist tatsächlich was in der Mache.
Das lag auch, glaube ich, den Innenministerien schon mal vor bei ihrer Konferenz in der vergangenen Woche. Aber auch ohne Verschärfung des Strafrechts ist doch klar: Auch auf der Grundlage des geltenden Rechts können und müssen Polizei und Staatsanwaltschaften engagiert ermitteln. Und das scheint bislang jedenfalls nicht systematisch und immer zu klappen.

Weil viele Betroffene einfach darüber klagen, dass ihre Anzeigen bei der Polizei nicht ernstgenommen werden. Wir haben da auch mit Leipzigs Bürgermeister nicht drüber gesprochen, aber wir hatten den als O Ton in der Sendung. Und wir hätten jetzt noch einen konkreten Vorschlag, wie man noch darüber hinaus gehen könnte, um politisch motivierte Straftaten und Gewalt gegen Menschen, die Politik machen, schneller und konsequenter zu
verfolgen. Denn das ist ja das, was wirklich präventiv zu machen ist.
Bislang gibt es da halt häufig Einheiten, die einfach sich irgendwie Staatsschutz nennen und die dann aber für alles zuständig sind, wo man so ein bisschen politische Motive vermutet, Islamismus, Linksextremismus, Rechtsextremismus und so und da, wenn man das schon so hört, dann ahnt man, da schlägt dann ganz schnell das berühmt berüchtigte Hufeisen zu, dass also die Menschen, die da arbeiten, alle Formen irgendwie gleich schlimm finden.
Aber wir leben nun mal gerade in einer Zeit, wo die mit Abstand meisten Anschläge, die meisten Gewalttaten aus der rechten Ecke kommen, wo einfach die rechtsextreme Seite Extremen auch leider in einigen Bundesländern vor allem gesellschaftlichen Aufwind
hat. Und deswegen wäre unser Vorschlag damit tatsächlich die Menschen, die von rechtsextremer Gewalt betroffen sind, sich in Zukunft wirklich auch bei der Polizei, bei der Staatsanwaltschaft angenommen fühlen: Richtet doch einfach Sondereinheiten ein, die sich um rechte Gewalt kümmern. Das ist doch gerade die Gefahr. Wir sind uns alle einig. Eventuell haben wir eine Partei im Land, die sogar verboten werden muss wegen Rechtsextremismus. Wir kommen gleich noch zu der Entscheidung des OVG Münster.
Also liegt es doch total nahe, auch bei Polizei und Staatsanwaltschaften Menschen anzusiedeln, die ganz spezifisch sich auf die Gewalttaten, Straftaten aus diesem Spektrum kümmern. Also eine Abteilung beim Landeskriminalamt zum Beispiel, da gibt es ja ganz viele in Deutschland, wo dann eben Menschen arbeiten, die garantiert kein Rechtsdrall haben. Also wir wollen ja auf gar keinen Fall pauschale Vorwürfe gegen die
Polizei erheben. Aber es gibt nun eben immer wieder Menschen, die bei der Polizei die Erfahrung machen, mit Straftaten aus der rechten Ecke wollen die lieber nichts zu tun haben. Also richtet man doch eine Abteilung ein, die an dieser Stelle eben keine Scheuklappen trägt, sondern die sich dann da tatsächlich engagiert drum kümmert. Und dasselbe würde ich mir auch bei der Staatsanwaltschaften wünschen.
Spezialabteilungen PMK rechts, die dann eben konsequent vorgehen können und die zum Beispiel dann auch das nötige Strukturwissen haben. Also es ist ja auch immer wieder so, dass bei Rechtsextremen Straftaten dann aufpoppt. Häufig ehrlich gesagt leider nur durch journalistische Aufklärung und nicht durch die Ermittlungsbehörden, dass dahinter Strukturen stehen. Denken wir an Walter Lübke zum Beispiel, wo dann rauskam, dass es da Querverbindungen gab, zum sogenannten NSU zum Beispiel.

Ja, das ist aber ein langfristiges Projekt. Und jetzt ist natürlich am 9. Juni die Europawahl.

Ich weiß nicht, also ich finde eigentlich, das könnten die Innenministerinnen und Justizminister in den Ländern sofort veranlassen. Das ist eine Dienstanweisung: Staatsanwaltschaft, so hier richte eine Abteilung ein, die sich spezifisch kümmert um rechtsextreme Gewalt.

Und wie lange dauert es dann, bis das Abteilungs...

Das muss natürlich gefaxt werden. Klar, das dauert schon ein bisschen. Aber ich würde mal denken, wenn man das wirklich will, dann kann eine solche Abteilung innerhalb von vier Wochen einsatzbereit sein. Das ist doch genau der Punkt. Wenn man das will, geht eine Menge. Ich meine, schauen wir doch mal, schauen wir doch einfach noch mal 40 Jahre zurück. Bedrohung durch die RAF. Da musste man in Deutschland niemandem klar machen, dass linksextreme Gewalt ein großes
Problem ist. Überall gab es Straßensperren, Sondereinheiten usw usw das ganze Land hat man das Gefühl war vereint mit Ausnahme von paar 1000 Sympathisanten, vielleicht im Kampf gegen linksextreme Gewalt. Und ich vermisse einfach bei den Ermittlungsbehörden ein auch nur ansatzweise verleichbares, konsequentes Vorgehen gegen Rechtsextremismus.

Wenn du sagst vier Wochen dauert das...(Applaus) Wenn du sagst, vier Wochen dauert das, so eine Abteilung einzurichten, dann würde ich sagen ja, dann sind aber die Europawahlen rum. Und deswegen stellt sich jetzt so ein bisschen die Frage:.

Ja, das ist ja dann auch fix?

Ja, also das stellt sich jetzt ein bisschen die Frage, was können denn die Leute während dieses Wahlkampfs für die Europawahl machen? Da gibt es zwei, wie ich finde, ganz konstruktive, lustige und bürokratisch sehr niederschwellige Angebote oder Ideen. Das eine ist: Wenn ihr in der Stadt Leute seht, die Plakate aufhängen, dann könnte man sich zu ihnen gesellen. Man könnte einfach sagen Hey, brauchst nen Kaffee? Sollen wir dich begleiten? So schönes Wetter.
Wir versammeln uns einfach und halten dir vielleicht auch noch die Leiter fest, so dass die Leute nicht alleine durch die Stadt und den Ort marschieren, sondern dann auf einmal da 3, 4, 5, 6, vielleicht zehn Leute sind, was dann so eine Art Minidemo eigentlich für Demokratie angesehen werden könnte.

Ich finde es großartig! Ist nicht unsere Idee, haben wir aus dem Spiegel. Da heißt es so schön: "Angenommen, dass bei jeder Plakatklebeaktion einer demokratischen Partei immer eine kleine Traube Bürger mit liefe. Passanten, die zufällig vor Ort sind, Bürgerinnen und Bürger. Es würde jede Plakataktionen in eine Demonstration verwandeln für die Demokratie." Finde ich total sympathisch.

Finde ich super, lässt sich total schnell organisieren (Applaus) und da wäre wirklich interessant, ob sich da lokal so Initiativen finden, wie man das irgendwie koordiniert. Die andere Idee richtet sich an die Parteien selber. Na, wenn ihr doch eh alle jetzt Plakate aufhängt, dann macht es halt gemeinsam. Dann geht halt gemeinsam durch die Schanze.

Ganz banal. Es gibt halt einfach gerade in der Fläche in ländlichen Regionen vielleicht nicht immer die Möglichkeit, so viele Menschen zu mobilisieren, dass man so eine Demo
hat. Vielleicht ist es schon ein räumliches Problem, wenn man halt einfach im einen Dorf zwei Plakate klebt und dann muss man fünf Kilometer fahren bis zum nächsten Dorf und so, also mit einem Worten, da ist das mit der Demo vielleicht nicht so einfach, aber dann könnte man sich ja überlegen, ob einfach die demokratischen Parteien jedenfalls sich zusammentun und sagen dann gehen eben SPD und CDU mal gemeinsam kleben.
Denn bei allen politischen Differenzen ist doch mal klar, dass man eigentlich gemeinsam auf dem Boden des Grundgesetzes steht.

Aber ich sag dir eins: Da gibt es die eine geile Ampel mitten auf der Kreuzung im Dorf und da passt genau ein Plakat hin. Der Ampel Streit. Da kann sich Berlin wirklich. Es wird so groß dann.

Da ich ich glaube das einzige, was wirklich hilft ist Hightech, nämlich einen Würfel. Da nimmt man einfach einen Würfel und Würfelbecher mit und dann wird halt ausgewürfelt, wer hängt oben, wer hängt unten.

Also ich finde, dazu sollten demokratische Parteien in der Lage sein auszuwürfeln, wer denn das Plakat an der Ampel ganz oben aufhängen darf.

Wir haben leider noch ein kleinen Downer für euch und zwar die Wissenschaft hat's festgestellt: Die Wissenschaft hat sich nämlich Baumringe angesehen.

Sind selten Thema in der Lage. Viel zu selten.

Die Baumringe sind sind einfach völlig unterschätzt, aber sie sind, wenn man ehrlich ist, sehr gute Zeugen, viel bessere Zeugen als Menschen vor Gericht. Da kann ich ein Liedchen von singen. Man kann nämlich an Baumringen erkennen, wie das Klima war, und zwar auch vor sehr, sehr langer Zeit, weil es interessanterweise Sammlungen gibt von sehr altem Holz. Das Holz wiederum kann man ganz gut datieren mit der sogenannten C14
Methode. Dann weiß man relativ gut, wie alt Holz ist und man kann dann tatsächlich, inzwischen gibt es so Karten quasi von Baumringen und damit von dem historischem Klima bis zurück zurzeit der Römer. Und da muss man sagen, gibt es interessante Neuigkeiten zum Sommer 2023.

Der Sommer 2023, so sagen es uns die Bäume, war der wärmste seit 2000 Jahren.

Dazu Zitat aus der Studie der Universität Mainz und der Uni Cambridge: "Selbst wenn man die natürlichen Klimaschwankungen über hunderte von Jahren berücksichtigt, war 2023 immer noch der wärmste Sommer seit dem Höhepunkt des Römischen Reichs und übertraf die Extreme der natürlichen Klimavariabilität, also Klimaschwankungen um ein halbes Grad Celsius.".

Also man hat das so ein bisschen geahnt, aber es ist doch immer noch mal was, wenn man das wissenschaftlich in Lancet Peer Reviewed liest.

Ja, also das ist, das ist also finde ich, doch eine sehr klare Botschaft, gerade gegenüber den Menschen, die sagen ja Klimaschwankungen, Wetterschwankungen hat es ja immer schon gegeben. Ne! Das ist eben genau der Punkt. Was wir zurzeit erleben, ist ein riesengroßer Ausreißer. Und das ist eben keine natürliche Schwankung mehr, sondern das ist tatsächlich ein Klimaextrem, man kann auch sagen eine Klimakatastrophe.

Und deswegen müssen wir umso mehr darauf achten, dass unsere Regierungen ausreichend den Klimawandel bekämpfen. Und das passiert in Deutschland zu wenig. Das hat jetzt das Oberverwaltungsgericht in Brandenburg festgestellt. Und zwar ist es so, dass die Regierung sowieso schon nicht genug macht. Also der Plan reicht schon nicht aus, um das zu machen, was eigentlich notwendig wäre.
Und jetzt hat das Gericht auch noch festgestellt, dass die Regierung selbst zu wenig macht, um diesen Plan, den sie sich selber gestellt hat, zu erreichen. Also, was sagt das Oberverwaltungsgericht in Brandenburg?

Geklagt hatte dort die Deutsche Umwelthilfe wegen Verletzung des Klimaschutzgesetzes des Bundes durch die Klimapolitik der Bundesregierung. Konkret: Das Klimaschutzprogramm der Ampel reiche nicht, so die Klage der Deutschen Umwelthilfe, um die Vorgaben des Klimaschutzgesetzes zu erfüllen. Und das Oberverwaltungsgericht Berlin Brandenburg hat diese Position jetzt geteilt.
Die Bundesregierung sagt zwar: Nach unseren Prognosen werden wir die Ziele einhalten, weil in diese Prognosen eben eine ganze Menge an Klimaschutzmaßnahmen mit reingerechnet werden.

Haben Sie auch darüber berichtet. Wir werden das erreichen 2030, schaffen wir so in der Bundesregierung.

Aber da sind eben Klimaschutzmaßnahmen mit drin, die es in der Zukunft überhaupt getroffen werden sollen. Und das Problem ist, das hat natürlich häufig auch ein Preisschild. Und wie wir alle wissen, fehlt der Bundesregierung an allen Ecken und Enden das Geld.
Nicht zuletzt im sogenannten Klimatransformationsfonds, dem sogenannten KTF, seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im letzten Jahr, die ja über 60 Milliarden aus diesem KTF quasi rausgestrichen hat und deswegen ist Brigitte Knopf vom Sachverständigenrat für Klimafragen außerordentlich skeptisch, ob diese Prognosen noch haltbar sind.

Sie sagt sinngemäß: Die Prognosen sind nicht belastbar, weil die Prognosen der Bundesregierung nicht mit einberechnet, dass es dieses KTF Urteil gibt, dass es deswegen weniger Geld wahrscheinlich gibt und dass deswegen wahrscheinlich nicht alle Klimaschutzmaßnahmen, die in diesen Prognosen berücksichtigt sind, auch umgesetzt werden können. Deswegen sind diese Prognosen Wir schaffen das mit unseren Maßnahmen, unsere Ziele zu erreichen, bis 2030 nicht belastbar.
Und dem hat das Gericht jetzt Recht gegeben und gesagt: Die Bundesregierung macht zu wenig, um das Klima zu schützen. Und der Chef quasi der Kläger Organisation der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, sagt: Ist ein guter Tag fürs Klima. Da würde ich sagen, ist eine kühne These.

Ja, das muss man so sehen. Denn die Bundesregierung dürfte gegen die Entscheidung des Oberverwaltungsgericht in Revision gehen. Das Verfahren dürfte dann beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig landen. Und was dort rechtlich geschehen wird, ist Stand heute relativ unklar. Denn das Bundesverwaltungsgericht Leipzig könnte sagen: Das mag ja alles sein, dass das alles nach Stand im Sommer 2024 defizitär ist.
Aber nun hat sich ja leider die Rechtsgrundlage geändert, denn das Klimaschutzprogramm genügt vielleicht nicht dem alten Klimaschutzgesetz, aber das alte Klimaschutzgesetz in der damaligen Form gibt es ja gar nicht mehr. Denn jetzt gibt es ja ein neues Klimaschutzgesetz, und das regelt Klimaschutz anders und deutlich milder. Also deutlich weniger Klimaschutz.

Neues Klimaschutzgesetz? Genau! Heute wurde ein neues Klimaschutzgesetz vom Bundesrat genehmigt, das ist heute durchgegangen. Und wenn Bundespräsident, Herr Steinmeier das unterschreibt, dann gilt Klimaschutzmaßnahmen sind nur noch vorgeschrieben, wenn Prognosen in die Zukunft zwei Jahre hintereinander sagen, diese Ziele, die wir uns gesteckt haben, die werden nicht erreicht. Bisher ist es ja so...

Und zwar über alle Sektoren!

Über alle Sektoren insgesamt, von Verkehr bis Energieindustrie. Wenn wir das prognostizieren zwei Jahre hintereinander, dass wir die Ziele nicht erreichen, erst dann muss irgendwas passieren, auch nicht verpflichtend. Bisher galt ja Es muss in die Vergangenheit geguckt werden.
Wenn im vergangenen Jahr jeder Sektor sein Ziel nicht erreicht hat, dann muss das Ministerium, was für diesen Sektor zuständig ist, verpflichtend einen Plan vorlegen, was denn geschehen soll, um die zu viel ausgestoßenen Emissionen in den nächsten Jahren wieder einzusparen. Das fällt weg.

Und deswegen macht dieses Urteil des Oberverwaltungsgericht noch mal klar, warum diese Novelle jetzt kommen muss. Die aus Sicht jedenfalls insbesondere von Herrn Wissing. Denn die Folgen dürften sein, wenn das tatsächlich so in Kraft tritt, viel weniger Druck auf die Regierung, viel weniger Druck auf einzelne Ministerien, insbesondere weil ja diese Sektorverantwortlichkeit deutlich abgeschwächt wird. Maßnahmen werden, wenn überhaupt, viel zu spät angehoben. Das nimmt jetzt den Druck raus.
Dadurch wird natürlich das Ganze später viel, viel teurer. Aber jedenfalls wird es keine verpflichtenden Sofortprogramme mehr geben. Aber wie Leipzig mit dieser Änderung der Rechtsgrundlage umgehen wird, ist Stand heute muss man ehrlich sagen offen. Wir haben uns da auch mit Insidern noch mal unterhalten, die an diesem Verfahren beteiligt waren und da sind sogar und die sagen uns auch, was das jetzt ganz konkret bedeutet, was Leipzig tun wird, das ist unklar.
Aber natürlich, die Änderung des Klimaschutzgesetzes würde die Anforderung an die Bundesregierung deutlich abschwächen. Würde.

Würde, würde, würde. Denn der Mechanismus ist so was wie das OVG entschieden hat, wäre mit diesem neuen Klimaschutzgesetz wahrscheinlich nicht der Fall gewesen. Und deswegen wäre der Druck auf die Regierung mit diesen neuen Klimaschutzgesetz geringer, wenn es denn wirklich kommt. Wir haben gesagt, der Bundesrat hat es beschlossen, der Bundestag schon vorher. Aber ein Gesetz ist in Deutschland kein Gesetz, wenn es nicht vom Bundespräsidenten unterschrieben ist.

Der Bundespräsident muss das Gesetz, wie das so schön heißt, ausfertigen. Das heißt also unterschreiben, wie so ein Notar bestätigen, dass das verfassungskonform zustande gekommen ist, dann wird es im Bundesgesetzblatt verkündet. Und hier gibt es eine ganze Reihe von Gründen für den Bundespräsidenten genau das nicht zu tun, das Gesetz also nicht auszufertigen.
Rechtsanwalt Professor Remo Klinger, der an diesem Verfahren auch beteiligt war, hat jetzt gerade einen 16 Seiten langen Brief an den Bundespräsidenten geschrieben, in dem er argumentiert, warum dieses Gesetz, diese Novelle des Klimaschutzgesetzes, materiell verfassungswidrig sei weil es nämlich zu wenig Klimaschutz enthält. Klar, im Klimaschutz ist ja auch ein Verfassungsziel.
Aber und das ist der zweite Grund, warum man sich fragen kann, ob es wirklich eine gute Idee wäre, das Gesetz jetzt zu verkünden. Das Gesetz enthält nämlich quasi auch einen richtigen fetten Tippfehler.

Also das finde ich ehrlich gesagt ziemlich kurios und das bestreitet auch niemand.

Nein, das ist mal nicht politisch umstritten!

Das ist nicht irgendwie, das ist fehlerhaft, sondern es ist fehlerhaft. Es bestreitet niemand, denn in diesem neuen Klimaschutzgesetz gibt es einen Verweis. Also wenn dann, Artikel dieses, Artikel jenes, verweisen wir auf diese, auf eine Rechtsverordnung. Das ist nichts Besonderes. Das Problem ist dieser Verweis, bitte lesen Sie danach, der führt ins Leere.

Ist Falsch!

Einfach falsch! Denn man folgt diesen Verweis aus dem Gesetz. Und stellt fest: das macht alles keinen Sinn. Das passt doch alles, das gibt es doch gar nicht und niemand bestreitet das. Es ist einfach ein Fehler in dieser Gesetzesarchitektur. Der steht da drin und das ist auch dem Bundeswirtschaftsministerium aufgefallen.
Und die sind dann zum Parlament gegangen, haben gesagt Ihr habt das Ding jetzt verabschiedet, das ist auch schon durch die dritte Lesung, also da kann man jetzt eigentlich nichts mehr machen. Aber es gibt ja diese informelle Regelung. Wenn wir da Tippfehler im Gesetz haben, dann kann der Umweltausschuss, der Zuständige, auch nach der dritten Lesung hingehen und sagen: Wir ändern jetzt dieses Gesetz, was eigentlich schon durch den Bundestag ist, und geben das dann in den Bundesrat oder so.

Aber das hat eben nicht geklappt. Der Umweltausschuss hat das nicht getan. Warum ganz genau, dem sind wir jetzt nicht nachgegangen. Jedenfalls liegt jetzt also ein anerkannt fehlerhaftes Gesetz beim Bundespräsidenten. Pragmatisch wäre natürlich, dass der Bundespräsident das Gesetz jetzt einfach liegen lässt, bis der Bundestag wiederum ein Änderungsgesetz beschlossen hat, das diesen Tippfehler beseitigt. Dazu muss jetzt kein ganz neues Gesetzgebungsverfahren gestartet
werden. Also der pragmatische Weg ist dann, dass man so eine kleine Änderung, die ja in der Sache völlig unumstritten ist, quasi huckepack mit einem anderen Gesetzgebungsverfahren durchs Parlament bringt. Das muss also jetzt keine Monate dauern, sondern eher Wochen. Aber da gibt es wiederum politisch so eine kleine Implikationen.

Ja, wenn Steinmeier das jetzt liegen lässt, weil er sagt, dieses Gesetz meinetwegen, aber diesen Fehler, den unterschreibe ich nicht, bitte gib mir ein Gesetz, was diesen Fehler nicht enthält, dann dauert
das. Und so lange gilt natürlich das alte Klimaschutzgesetz und das alte Klimaschutzgesetz schreibt vor: Dieser Sektor Verkehr, der da im letzten Jahr zu viel CO2 ausgestoßen hat, der muss jetzt in diesem Jahr ein Sofortprogramm vorlegen, wie denn dieser zu viel ausgestoßene CO2 demnächst nicht mehr ausgestoßen werden soll. Und das müsste bis zum 15.
Juli passieren. Das heißt: Volker Wissing, wenn Steinmeier das jetzt liegen lässt, kommt in die dämliche Lage, dass ihm seine schöne Klimaschutznovelle nicht wirklich aus der Patsche hilft, sondern er nach dem alten Klimaschutzgesetz weiter Politik machen muss und sich rechtskonform verhalten müsste und am 15. Juli ein Sofortprogramm vorlegen muss.

Nun muss man natürlich fairerweise sagen: So stressig ist es vielleicht für Volker Wissing dann doch wieder nicht, denn er hat sich ja auch in den letzten Jahren immer geweigert, was vorzulegen. Also er hat schon seit, ja, also jetzt schon seit Jahren das Gesetz nicht eingehalten. Aber auf der anderen Seite ist die FDP jedenfalls theoretisch eine Rechtsstaatspartei. Also da müsste man muss noch mal irgendjemanden Volker Wissing reden, wie er das bitte ausbügeln möchte.

Wir haben aber auch aus diesem Bereich auch noch eine weitere gute Nachricht. Neben diesem ganzen Klimamurks gibt es ermutigende Nachrichten, und zwar auf einer ganz großen Skala. Und zwar stellen wir dieser Tage fest, dass die Energieerzeugung weltweit sich gerade fundamental ändert und deutlich sichtbar hin zu erneuerbaren Energien Quellen schwenkt.

Also da gibt es einen Thinktank namens Ember und dieser Thinktank Ember hat die weltweite Energieproduktion im Jahr 2023 untersucht und kam zu dem Ergebnis, dass 2023 schon 30 % der Energie weltweit aus erneuerbaren Quellen kam. 1/3 muss man sich überlegen. In Deutschland waren es knapp über 50 %.

Aber jetzt zeitweise im ersten Jahr, waren es 66, 2/3 .

Jetzt in 24, aber die letzten Jahre waren es knapp über 50. Und was aber natürlich auch ein großer Anlass zu großer Freude gab, ist quasi die Entwicklung. Denn Solarenergie alleine in '23 plus 23 %. Das heißt 1/4 mehr. Muss man sich mal überlegen. Weltweit! Und Windkraft immerhin plus 10 %. Mit anderen Worten: Es geht richtig rauf bei den erneuerbaren Energien. Zugleich wachsen fossile
Quellen. Also keine Ahnung, Kohlekraftwerke oder so kaum noch plus 0,8 % natürlich ist das immer noch schlecht, dass die weiter wachsen. Aber die Prognose von Ember geht dahin, dass 2023 wahrscheinlich das letzte Jahr war, wo mehr fossile Energien erzeugt wurden. Vermutlich werden die CO2 Emissionen aus der weltweiten Stromerzeugung schon in diesem jetzt laufenden Jahr zu fallen beginnen.

Für 1,5 Grad müssten wir 2030 die CO2 Emissionen halbiert haben. Das ist natürlich noch eine andere Liga als wir fangen jetzt an, die fossilen Energiequellen zurückzufahren. Aber trotzdem. Ember schreibt, es stehe eine neue Ära fallender fossiler Stromerzeugung unmittelbar bevor. Die Absatzmärkte für Öl und Gas seien im Begriff zu schrumpfen. Die Energieproduktion aus Fossilen dürfte nächstes Jahr weltweit zu sinken beginnen. Und das Tempo mag nicht reichen.
Aber es zeigt: Der Tanker dreht sich, und zwar messbar.

Wir schauen noch mal auf die AfD, denn für die läuft es gerade wenn man ehrlich ist, juristisch nicht so richtig rund. Also der der Ober AfDler, Herr Höcke wurde gerade in der vergangenen Woche verurteilt wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Auf Deutsch: Er hatte Nazisymbolik verwendet. Es ist allerdings noch nicht rechtskräftig, dieses Urteil. 100 Tagessätze immerhin. Das heißt also, das wäre auch eine Verurteilung, die im Führungszeugnis einzutragen wäre.
Aber das ist noch nicht rechtskräftig. Er hat gegen die Verurteilung Revision eingelegt. Da gibt es ein zweites Strafverfahren, das in den letzten Tagen für Aufsehen gesorgt hat, nämlich Durchsuchungen im Deutschen Bundestag und auch eines Anwesens auf Mallorca. Dem liegt zu Grunde ein Strafverfahren gegen Piotr Bystron.

Der sieht sich dem Vorwurf der Bestechlichkeit und der Geldwäsche ausgesetzt. Haben wir auch schon drüber berichtet. Diese dubiose angebliche Medienorganisation Voice of Europe soll ihm, so der Verdacht, Geld zugeschustert haben aus Russland als Bestechung, um bestimmte Sachen zu machen. Dann ist noch heute die Immunität gegen einen weiteren AfD Abgeordneten aufgehoben worden, gegen den die Bundeswehr ermittelt. Also da ist viel los bei der AfD.
Aber dass die wichtigste Botschaft, die kam diese Woche vom Oberverwaltungsgericht in Münster.

Da ist also die viel oder lange erwartete Entscheidung verkündet worden im Verfahren der AfD gegen die Bundesrepublik Deutschland, und zwar wegen der Beobachtung der AfD durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet die AfD ja schon seit einigen Jahren, behandelt sie als Verdachtsfall einer rechtsextremistischen Organisation. Dagegen hat sich die AfD gewendet. Schon vor dem Verwaltungsgericht in Köln ist sie baden gegangen.
Jetzt kann man sich fragen: Wieso Verwaltungsgericht Köln? Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat seinen Sitz in Köln. Deswegen ist das VG dort zuständig. Da hat die AfD verloren vor etwa zwei Jahren. Und dagegen hat sie Rechtsmittel eingelegt und hat nun auch vor dem Oberverwaltungsgericht Münster, also quasi der nächsten Instanz, verloren. Denn das Oberverwaltungsgericht hat entschieden: Die Einstufung der AfD als Verdachtsfall einer rechtsextremen Organisation ist rechtmäßig.

Ja, nach Überzeugung des Senats lägen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass die AfD Bestrebungen verfolge, die a) gegen die Menschenwürde etwa von Migranten und Muslimen verstoßen. Und zweitens verstoßen gegen das sogenannte Demokratieprinzip. Also der Verdacht wurde bestätigt, der Verfassungsschutz darf weiter beobachten, aber es ist eben noch nicht festgestellt. Es ist ein Haftbefehl, aber eben kein Urteil, was Sie da gesprochen.

Das muss man so sehen. Das heißt also, die AfD wird jetzt weiterhin beobachtet. Sie lässt natürlich auch dieses Urteil jetzt nicht auf sich sitzen. Sie hat schon Rechtsmittel angekündigt. Wird eine sogenannte Nicht Zulassungsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht einlegen, um das Verfahren weiter zu treiben. Aber zunächst mal kann das Bundesamt für Verfassungsschutz seine Beobachtung der AfD auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln fortsetzen.

Aber sagen doch mal mal was dazu zu dem Einwand der AfD: Wir haben so viel Beweisanträge gestellt, dieses Gericht hat die alle verworfen. Das geht doch gar nicht. Das war kein gutes Verfahren.

Ja, in der Tat. Die AfD hat ja versucht, dieses Verfahren in die Länge zu ziehen, indem sie eben ganz viele, überwiegend auch identische Beweisanträge gestellt haben. Die wollten sie dann erst alle mündlich verlesen. Das hätte einige Monate gedauert. Das hat das Gericht dann nicht zugelassen. Es hat gesagt, die müsste jetzt zu den Akten reichen. Und dann hat das Gericht die schriftlichen Verfahren sich mal angeschaut und hat entschieden, dass es diesen 470 Beweisanträgen nicht nachgehen möchte.
Und zwar einfach deswegen, weil das Gericht zu der Auffassung gekommen ist, dass diese Beweisanträge zur Aufklärung des Sachverhalts nichts beitragen. Schlicht und ergreifend. Mit anderen Worten...

Das ist ja nicht so gut eigentlich.
Wie soll ich sagen, denn die haben ja noch ein paar andere Hobbies. Das heißt also, sie erheben selbstverständlich keine Beweise, die für die Entscheidung des konkreten Sachverhalts überhaupt nicht erforderlich sind. Dazu kommt, dass ein Verwaltungsgericht ja ohnehin quasi von Amts wegen den Sachverhalt aufklärt. Das gibt gilt im verwaltungs gerichtlichen Verfahren der sogenannte Grundsatz der Amtsermittlung. Das heißt, das Gericht macht das schon von Amts
wegen. Natürlich darf man Beweisanträge stellen, wenn man den Eindruck hat, das Gericht kümmert sich nicht hinreichend darum, wirklich den Sachverhalt zu analysieren. Aber hier wiederum waren diese 470 Beweisanträge aus Sicht des Gerichts letztlich substanzlos. Ja, das bedeutet eben weiterhin wird sich das Bundesamt für Verfassungsschutz jetzt die AfD anschauen und es wird jetzt außerdem erwartet, dass das Bundesamt in Kürze ein neues Gutachten über die AfD vorlegen wird.
Und dann könnte tatsächlich Ergebnis sein die Hochstufung vom Verdachtsfall zur einer gesicherten rechtsextremistischen Bestrebung.

Und zwar bundesweit.

Und zwar bundesweit. Bislang ist es ja so, dass die AfD in drei Bundesländern Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen als gesichert rechtsextremistische Bestrebungen, jedenfalls von den jeweiligen Landesverfassungsschutzbehörden eingestuft wird. Und hier geht es jetzt um das Bundesamt für Verfassungsschutz und die bundesweite Einschätzung der AfD und auch der Jungen Alternative, also der Jugendorganisation.
Und dann dritte Organisation ist der sogenannte Flügel der AfD, der ja offiziell aufgelöst ist. Aber inoffiziell ist das quasi so der Höcke Fanclub in der AfD.

Das Urteil kam natürlich bei der AfD nicht gut an. Beatrix von Storch schreibt: "Ein Unrechtsurteil, nichts weiter. Alle unsere Beweisanträge 470 abgelehnt. Eine Prozesssimulation, um der Form Genüge zu tun. #Rechtsstaatssimulation #Münster #AfD".

Also ich muss ganz ehrlich sagen, aus meiner Sicht dokumentiert auch dieser Tweet von Beatrix von Storch einfach nur, dass sie letzten Endes ganz bewusst Stimmung macht gegen den Rechtsstaat in Deutschland. Damit will ich nicht sagen, dass man nicht Urteile auch kritisieren darf. Selbstverständlich, das tun wir hier auch. Das tun wir als GFF, als Gesellschaft für Freiheitsrechte, wo ich ja im Vorstand bin, auch regelmäßig. Wir gewinnen ja auch nicht immer und manchmal auch erst
in höheren Instanzen. Also insofern ein Urteil zu kritisieren ist das eine. Ja, das muss man dann aber aus meiner Sicht mit juristischen Argumenten tun. Und man kann nicht einfach quasi dem Urteil per se die Rechtsstaatlichkeit absprechen, Stichwort Rechtsstaatssimulation oder Unrechtsurteil oder Prozesssimulation. Ich glaube, das ist einfach unfair. Und es gab ja auch Menschen, die sich dieses Verfahren vor Ort
angeschaut haben. Wir hatten vor einigen Wochen einen Kollegen von der Süddeutschen Zeitung in der Sendung, der uns das mal beschrieben hat. Also ich glaube, rechtsstaatliche Grundsätze hat da nach meiner Wahrnehmung, ich war nicht im Saal, aber nach allem, was ich lesen und hören kann, eher die AfD verletzt, indem sie eben mit dieser Unzahl von Beweisanträgen bewusst versucht hat, das Verfahren zu sabotieren. Der Tweet von Beatrix von Storch geht da noch ziemlich krass weiter.

Sie schreibt: "Aber dass Deutschland kein Rechtsstaat ist (!) hat der EuGH Emoji bereits 2019 festgestellt wegen fehlender Unabhängigkeit der Justiz von der Regierung. Dreifacher Zeigefinger Emoji. Aktenzeichen Caesar 50818219 und so weiter...

Also das ist zum Beispiel auch sehr schön: bewusste Desinformation. Denn sie hat das ja nicht verlinkt das Urteil des EuGH, sie hat nur diese Aktenzeichen genannt. Folgt man diesen Aktenzeichen, findet man raus: Es geht überhaupt nicht um die Unabhängigkeit der Justiz, sondern es geht um die Frage, ob Staatsanwaltschaften Haftbefehle ausstellen können. Nein, das können sie natürlich nicht. Aber das ist wenig überraschend. Das ist auch im deutschen Strafrecht systemisch
nicht vorgesehen. Haftbefehle werden eben von der Staatsanwaltschaft beantragt, aber dann eben von Gerichten ausgestellt. Und die sind, und das hat der EuGH auch nie in Zweifel gezogen, selbstverständlich unabhängig in Deutschland. Unabhängigkeit der Justiz bedeutet eben Unabhängigkeit von Richterinnen und Richtern und nicht Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft. Das ist in anderen europäischen Ländern teilweise anders, aber das ist als solches kein Problem.
Es führt eben nur dazu, dass Staatsanwaltschaften keine Haftbefehle ausstellen können. Aber das ist im deutschen Verfahren ja auch nicht Usus. Also das finde ich auch einfach wirklich bitter. Wie sie solche offenen Falschbehauptungen aufstellt wie Deutschland ist kein Rechtsstaat. Das hat der EuGH nicht gesagt. Und ich persönlich würde auch sagen, das wirft ein bedenkliches Licht auf ihre eigene Verfassungstreue.

Zum Schluss haben wir noch einen Aufruf. Also wir leben ja hier, das werdet ihr alle schon gehört haben, unter anderem davon, dass wir in der Lage der Nation ab und an sehr dezent Werbung einblenden.

Von Philip mit sonorer Stimme gesprochen.

So natürlich, wir machen das und wir haben ja auch unsere Richtlinien und so, aber natürlich denken wir auch, dass diese Werbung so wenig wie möglich stören soll. Im besten Fall ist sie sogar vielleicht noch informativ. Und wir sind natürlich immer auch dabei, uns um zu gucken, wie können wir die Lage als Produkt und für euch noch angenehmer und attraktiver machen.

Deswegen dachten wir uns, wir fragen euch einfach mal, wie die Werbung in der Lage attraktiver, noch relevanter werden könnte, sodass sie sie vielleicht sogar gern hört. Übrigens ist es heute schon so, also uns schreiben immer wieder Leute, dass sie sagen ja, die Werbung höre ich mir eigentlich ganz gerne an, ist ja ganz lustig, aber wir wollen versuchen, dazu zu kommen, dass tatsächlich alle Leute, die die Werbung hören sagen super
spannend. Daher unsere Frage an euch: Welche Produkte und Dienstleistungen findet ihr wirklich gut?

Persönlich. Also welche nutzt ihr vielleicht? Welche würdet ihr auch vielleicht weiterempfehlen? Produkte, die natürlich ökologisch demokratisch total gut sind und auch zu uns passen. Und wenn ihr da Ideen habt, dann freut sich unsere zuständige Abteilungsleiterin Marketing Werbung Daniela sehr über eure Email, die ihr schicken könnt an Werbung@lagederNation.org.

Und wenn diese bestimmten Namen öfter fallen, dann sprechen wir mal mit dem Unternehmen. Aber ganz wichtig ist uns die Trennung zwischen Redaktion, also Philip und Ulf und der Werbeabteilung. Deswegen diese Infos. Welche Unternehmen könntet ihr euch als Werbepartnerinnen und Werbepartner vorstellen? Schickt die bitte nicht an uns an die Redaktion.
Schickt sie bitte wirklich nur an die Adresse Werbung@LagederNation.org Wir haben da eine ganz strikte Trennung zwischen dem Werbemarketing und der Redaktion.

Wir lesen auch diese Emails nicht. Da schauen wir nicht rein. Die werden an Daniela weitergeleitet und kann sich dann darum kümmern oder auch nicht. Wir reden auch nicht ihr darüber.

Und damit ist die Lage der Nation für diese Woche abschließend und umfassend erörtert. Ganz herzlichen Dank für Eure Aufmerksamkeit und vor allem ganz herzlichen Dank an das tolle Publikum hier in Kiel.

Vielen Dank, dass ihr so lange ausgehalten. (Applaus)