LdN370 Alexei Nawalny ist tot, Recap Interview Steffen Mau, Potential der deutschen Wirtschaft, Migration als Gewinner-Thema, Streit um die deutsche Solarindustrie (Interview Franziska Brantner, Grüne), Union blockiert Wachstumschancengesetz, Problem Bundesrat, Deutschland löscht CO₂-Zertifikate - podcast episode cover

LdN370 Alexei Nawalny ist tot, Recap Interview Steffen Mau, Potential der deutschen Wirtschaft, Migration als Gewinner-Thema, Streit um die deutsche Solarindustrie (Interview Franziska Brantner, Grüne), Union blockiert Wachstumschancengesetz, Problem Bundesrat, Deutschland löscht CO₂-Zertifikate

Feb 22, 20242 hr 41 minEp. 370
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LdN370 Alexei Nawalny ist tot, Recap Interview Steffen Mau, Potential der deutschen Wirtschaft, Migration als Gewinner-Thema, Streit um die deutsche Solarindustrie (Interview Franziska Brantner, Grüne), Union blockiert Wachstumschancengesetz, Problem Bundesrat, Deutschland löscht CO₂-Zertifikate

Transcript

Herzlich willkommen zur Lage der Nation. Die Ausgabe Nummer 370 habt ihr in den Ohren vom 22. Februar 2024 und wie immer im Lagezentrum für euch an den Mikrofonen sind Philip Banse, das bin ich. Und Ulf Buermeyer. Der Philip ist Journalist aus Berlin und ich bin Jurist. Schön, dass ihr wieder dabei seid, vielleicht auch zum Ersten Mal dabei seid. Wir hatten in den letzten Tagen große Freude beim Blick in die sozialen Netzwerke.

Es gab ganz viel tolles Feedback zu unserem Interview mit Professor Steffen Mau in der letzten Folge der 369. Und viele Leute haben die Lage weiterempfohlen, haben das Interview weiterempfohlen. Das freut uns sehr, denn das ist natürlich eine große Hilfe. In diesen Zeiten gibts 1000 Podcasts, an jeder Ecke wird gepodcastet. Also wenn euch die Lage gefällt, wenn euch ein Beitrag gefällt, freuen wir uns sehr, wenn ihr uns weiter empfiehlt. Das ist eine ganz große Hilfe.

Zu unserem ersten Thema: Diese Woche ist das der Tod von Alexej Nawalny. Er ist gestorben. Ich formuliere es mal vorsichtig in einer russischen Strafkolonie. Manche sagen auch Foltergefängnis jenseits des Polarkreises. Er wurde 47 Jahre alt. Alexej Nawalny ist der war, der, muss man sagen, mit Abstand populärste Oppositionspolitiker in Russland. Hintergrund dieses Todesfalls, um es mal ganz neutral zu formulieren, dürften auch die russischen Präsidentschaftswahlen im

März sein. Wladimir Putin will sich jetzt zum fünften Mal wiederwählen lassen, hat dafür extra, damit das überhaupt möglich ist, 2020 die russische Verfassung ändern lassen. Und in diesem, ja dieser Endphase des Wahlkampfs, der aber natürlich kein Wahlkampf im demokratischen Sinne ist, dazu kommen wir später noch, fällt jetzt eben der Tod von Alexej Nawalny, und ich glaube, wir müssen einfach mal rekapitulieren: Wer war denn Nawalny eigentlich?

Nawalny war, ich habe es gesagt, die Oppositionsfigur in Russland. Ja, natürlich, war auch keine einfache Figur, hat früher auch durchaus schwierige Äußerungen getätigt, hatte so eine Neigung zum Nationalismus, sagte überraschend wenig fand ich zur Annexion der Krim. Aber alles in allem, trotz dieser noch aus westlicher Perspektive durchaus kritikwürdigen Aspekte war er einfach die Hoffnung für viele auf ein anderes demokratisches Russland.

Und er war einfach das schlechte Gewissen des Putinregimes. Er hatte ein Team zusammengestellt, was sehr gewandt und faktentreu und faktensicher und durchrecherchiert Korruption und Machtmissbrauch im Land Putins aufgedeckt hat. Und er war damit einfach eine führende Stimme der russischen Opposition. Und zwar gar nicht mal quasi unmittelbar mit inhaltlichen politischen Thesen. Sondern er hat vor allem all die Korruption und alle möglichen anderen Missstände im Putinregime

aufgedeckt. Ich unter anderem gab es da so eine YouTube Reportage zu einer dekadenten Putinvilla. Das war, glaube ich sein bekanntestes Werk. Ja, er hat viele, viele Videos gemacht. Aber das ist eins, was auch viele, viele Millionen von Leuten gesehen haben, wo er halt mit aufwendiger Recherche und Drohnen und allem Pipapo wirklich aufgedeckt hat, wo Putin Geld abzweigt und was er damit alles so macht.

Und er hat es einfach mit seinem Team und mit seiner Bewegung geschafft, zum Teil Zehntausende auf die Straßen zu bringen. Mit viel Charme, mit viel Witz, mit Eloquenz, mit hoher Medienkompetenz und mit Technik und auch ein paar Leuten und einem großen Team hat er es eben geschafft, sich wirklich zu der Oppositionskraft in Putins Reich aufzuschwingen und zu positionieren. Und er war einfach alles, was Putin nicht ist mutig, mitreißend. Er war auch jung.

47, hab ich gesagt, ist er geworden, auch gut aussehend. Und das sind alles Eigenschaften, die Putin nicht vorzuweisen hat. Also schlug Putin zurück. Schon 2020 wollte er Alexej Nawalny mit dem Nervengift Nowitschok vergiften lassen.

Nawalny brach damals an Bord eines Fliegers noch über russischem Boden zusammen, wurde nach einer Notlandung irgendwo in der Provinz nur ganz knapp gerettet, ist dann nach Berlin geflohen, hat sich hier erholt, kehrte aber nach einigen Monaten nach Russland zurück, weil er da eben weiterhin die Oppositionsbewegung anführen wollte. Viele Menschen warnten schon damals, er geht in den Tod. Jedenfalls aber ging er zunächst mal

ins Gefängnis. Seine Stiftung, die er ja gegründet hatte, wurde verboten, und er selber wurde verhaftet, eingekerkert, in Isolationshaft gehalten und auch immer weiter weg verlegt, eben irgendwo nach Sibirien, um den Zugang zu ihm möglichst zu erschweren. Trotzdem Philip, davon hat er sich, soweit es unter diesen Knastbedingungen überhaupt möglich war, nicht unterkriegen lassen.

Ja, das war das Bemerkenswerte, dass jedes Mal, wenn er irgendwo auf Bildern zu sehen war, auf Videos zu sehen war, bei irgendwelchen Anhörungen hinter Gitterstäben, auch auf Fotos. Dann hat er immer gelacht. Hat immer Witze gemacht. Er war natürlich auch zynisch und bissig und so, aber er wirkte nie verzagt. Er wirkte nie resigniert. Er hat die Leute immer ermuntert. Er hat immer irgendwie so ein bisschen so ein positives, hoffnungsvolles Bild versucht abzugeben.

Er war einfach nicht tot zu bekommen bis zum 16. Februar 2024. Die Behörden sagen nun, Nawalny sei von einem Spaziergang, Freigang in seiner Strafkolonie zurückgekommen und dann zusammengebrochen. Sofort geholte Mediziner hätten ihn wiederbeleben wollen. Das sei aber gescheitert. Todesursache sei ein Blutgerinnsel. Jedenfalls, so die vorläufigen Erkenntnisse, und es laufe noch eine Untersuchung. Aber Philip, da gibt es einfach ganz massive Zweifel.

Ich glaube jedenfalls, außerhalb Russlands glaubt eigentlich kaum jemand diese Erklärung. Nein, man muss dazu sagen: Natürlich ist das möglich. Menschen können solche Blutgerinnsel bekommen. Und auch bis dahin kerngesunde Menschen können innerhalb von Sekunden an so was versterben, wo sich dann halt ein Blutgerinnsel löst und in einer Ader festsetzt, im Gehirn beispielsweise, und dann das zu einem sehr schnellen Tod führt. Ja, das kann sein. Aber in diesem Fall ist das einfach wenig glaubhaft.

Zum einen natürlich wegen der Rolle Nawalnys. Er war Staatsfeind Nummer eins. Er war nachweislich Opfer eines staatlich orchestrierten Giftanschlags in diesem Flugzeug. Das ist bewiesen, dass das Figuren aus dem russischen Geheimdienst gemacht haben. Und bis heute ist halt die Leiche von Nawalny nicht freigegeben. Die Mutter wartet vor Ort auf die Freigabe der Leiche. Weder sie noch andere unabhängige Mediziner haben diese Leiche untersuchen können.

Und so wird es einfach mit jedem Tag schwerer, die tatsächliche Todesursache wirklich unabhängig klären zu können. Und wenn die denn so klar wäre, dann läge es nahe, das auch schnell freizugeben. Das ist bisher nicht passiert. Also ich meine, ich bin nun natürlich auch kein Pathologe, kein Gerichtsmediziner, aber nach den Erfahrungen, die ich so aus einer gerichtlichen Perspektive mit solchen Untersuchungen gemacht habe als Richter, dauert das eben ein, zwei Tage maximal.

Also man muss natürlich die Leichenöffnung durchführen, man muss und wenn schon ein paar chemische Untersuchungen machen. Aber es ist einfach völlig absurd, dass das jetzt drei Tage und länger dauern soll. Es soll noch zwei Wochen jetzt dauern oder so, aber dann sind das, dann ist das mit dem Tod fast ein Monat her. Und das klingt einfach extrem danach, als wenn man jetzt durch diesen Zeitablauf Spuren verwischen möchte. Interessantes Detail am

Rande

Drei Tage nach dem Tod Nawalnys hat Wladimir Putin vier Spitzenbeamte der russischen Gefängnisverwaltung befördert. Russische offizielle Angaben, reiner Zufall. Habe nichts mit dem Tod Nawalnys zu tun. Ich glaube, das kann man in Zweifel ziehen. Und viele Experten ziehen das auch in Zweifel. Das wirkt eher wie eine Belohnung dafür, dass sie den aus dem Weg geräumt haben und soll Angst machen im Rest der Gesellschaft.

Die Witwe von Alexej Nawalny hat sehr kurz nach seinem Tod ein Video veröffentlicht, das wir euch nicht vorenthalten wollen. Das gehört mit in diesen Kontext. Und Julija Nawalnaja sagt in diesem Video folgendes:

Sie sagt

Hallo. Ich bin Julia Nawalnaja. Ich wende mich heute das erste Mal auf diesem Kanal an Sie. Ich sollte hier nicht sitzen, sondern ein anderer Mensch. Aber diesen Menschen hat Wladimir Putin umgebracht. Und sie sagt dann weiter: Wir wissen genau, wie Putin Alexej Nawalny vor drei Tagen umgebracht hat. Und wir werden euch hier sehr bald genau berichten, wer das genau war und wie dieses Verbrechen genau begangen wurde. Wir werden Namen nennen und Gesichter zeigen.

Ja. Und diese Warnung, diese Drohung hat durchaus Gewicht. Denn genau das hat ja das Team rund um Alexej Nawalny vor etwa vier Jahren mit denen gemacht, die Nawalny im Flugzeug vergiftet haben. Da sind ja genau die verantwortlichen Geheimdienstmitarbeiter hinterher namentlich benannt worden. Er hat sie sogar angerufen. Er hat sie angerufen und hat gesagt: Ja , hier Alexej Nawalny. Kann es sein, dass Sie mich umbringen?

Also genau deswegen bin ich da sehr gespannt, was die da wirklich, was die da recherchiert haben und was sie da zeigen. Und der nächste Aspekt ist halt für die Zukunft auch nicht ganz unwichtig, wie wird es weitergehen? Also Julia Nawalnaja sagt: Ich werde die Sache von Alexej fortsetzen, werde für unser Land kämpfen und ich rufe euch, Sie dazu auf, an meiner Seite zu stehen. Ich rufe euch auf, die Wut und den Hass auf jene zu teilen, die es wagen, unsere Zukunft zu zerstören.

Ja, das ist auf der einen Seite natürlich eine engagierte Ankündigung. Andererseits äußert sie die eben aus dem Exil. Das heißt also, Alexej Nawalny ist ja genau zurückgegangen nach Russland, weil er sich der Tatsache bewusst war, dass er aus dem Exil nur begrenzte Möglichkeiten haben würde. Aber zugleich dieser Geist weiterzukämpfen, ist natürlich auch der Geist, den Alexej Nawalny selber verbreiten wollte. Seine Frau trägt die Fackel jetzt weiter.

Ja, genau. Aber das ist ja auch sein Mantra, was er die ganze Zeit verbreitet hat. Ja, einfach weitermachen, nicht aufgeben. Das hat er auch übrigens in einer Doku aus dem Jahr 2022 glaube ich gesagt, wo er diesen damals noch hypothetischen Fall vorweggenommen hat, dass ihn das Regime umbringt. Und damals sagte er für diesen Fall. Also er ist ja eben damals nach seiner Behandlung freiwillig in die Höhle des Löwen zurückgegangen.

Er ahnte, dass ihm das das Leben kosten würde und nun sagte er: Ihr dürft nicht aufgeben. Wenn sie mich umbringen, sind wir in diesem Moment unglaublich stark. Aber wir müssen diese Stärke dann auch nutzen. Ihr dürft nicht aufgeben. Erinnert euch, dass wir eine riesige Kraft sind unter der Knute dieser Diebe und Verbrecher. Alles, was das Böse braucht, um zu triumphieren, ist das Nicht Handeln der Leute. Und deswegen gebt nicht auf. Das war seine Message. Und die trägt seine Witwe jetzt weiter.

Ausgang offen, würde ich mal sagen. Die Rahmenbedingung, in der sie die Fackel aufnimmt und weitertragen will, der russischen Opposition, die sind maximal schwierig. Die russische Propaganda, das fand ich auch ganz interessant, die hält dagegen. Ich habe mir da mal so ein, zwei Sachen angeguckt und da ist auch ein anderes Ereignis noch nach einen neuen Licht erschienen, was wir hier noch gar nicht erwähnt

haben. Also vor knapp zwei Wochen gab es ja ein sehr ausführliches zweistündiges Interview von Wladimir Putin mit diesem rechtsradikalen Talkshow Host aus den USA Tucker Carlson. Also nur, dass man den Namen einordnen kann. Ihr kennt Fox News wahrscheinlich als Schlagwort. Das ist ein extrem konservativer, manche würden sagen in Teilen seinerseits rechtsextremer Fernsehsender in den Vereinigten Staaten. Und dort ist Tucker Carlson rausgeflogen, weil er ihnen zu krass war. Also Vorwand waren

Lügen. Aber es gab halt einfach Tucker Carlson gewisse ideologische Probleme, weil er selbst für Fox News zu krass war. Und da ist er rausgeflogen. Hat jetzt so ein bisschen sein eigenes Unternehmen aufgemacht. So Loose Cannon inc. Und er ist nach Moskau geflogen, um sich da zwei Stunden mit Putin zu unterhalten. Hat auch noch ein paar ganz andere bizarre Videos gedreht. Aber im Mittelpunkt steht jetzt hier vor allen Dingen dieses Interview.

Und Putin durfte halt in diesem Interview sich länglich und mehr oder weniger unwidersprochen darüber ausbreiten, warum die Ukraine eigentlich kein Existenzrecht hat. Und das beginnt im späten Mittelalter. Durfte er sich da länglich ausbreiten und dozieren. Und bottom Line ist so ein bisschen und deswegen war es auch okay, dass Russland die Ukraine nun erobert. Dieses Interview ist ehrlich gesagt wirklich total skurril.

Selbst Tucker Carlson sagt in so einem kurzen, kurzen Aufsager vorher, dass er irgendwann den Eindruck hatte, dass das Putin ihn im Grunde vollquatschen will. Also Tucker Carlson dachte schon, als Wladimir Putin wirklich irgendwie 45 Minuten am Stück seinen historischen Diskurs da abliefert, dass er ihn filibustern will, also quasi zu Tode quatschen will, bis die Interview Zeit abgelaufen ist. Ich glaube, damit lag er auch nicht völlig falsch.

Ich glaube, er lag wirklich falsch, denn Wladimir Putin glaubt das ja ganz offensichtlich. Also diese komische pseudohistorische Begründung liefert er ja bei jeder Gelegenheit ab. Nur vielleicht nicht ganz in dieser Länge. Aber man fragte sich so ein bisschen Warum macht Putin das? Was ist der Sinn und Zweck von diesem Interview? Und jetzt, nach dem Tod Nawalnys, ist das mir ehrlich gesagt ein bisschen klarer geworden.

Klarer geworden ist mir das anhand so eines Dialogs im russischen Staatsfernsehen. Da unterhält sich Wladimir Solowjow, eigentlich so der bekannteste Talkmaster in Russland im staatlichen Fernsehen und so was wie der Chef-Propagandist in Russland und er unterhält sich mit Margarita Simonjan, die ist Chefin von RT, also dem russischen Propaganda Auslandssender. Und da wurde doch klar, welche Rolle auch dieses Interview mit Tucker Carlson für die russische Propaganda spielt.

Und in diesem Ton geht es also darum, da fragt Margarita Simonjan: Du redest über Nawalny? Und Wladimir Solowjow sagt: Ja, es gibt momentan zu seinem Tod keine Informationen. Und ich glaube aber nicht an Zufall. Der Tod geschah quasi am Eröffnungstag der Münchner Sicherheitskonferenz, wo sich alle führenden Sektierer, also er meint westliche Politiker und russische Oppositionelle versammelt hatten. Und dann haben die alle ihre vorbereiteten Nachrufe verbreitet.

Sie haben ihre vorbereiteten Beschuldigungen verbreitet, und ich habe mich gefragt, sagt Solowjow: Wem nutzt das? Und damit einmal wird einem manches klar, denn er sagt: Es gab so unglaublich positive Reaktionen auf das Interview Putins mit Tucker Carlson, dass der Westen diese Sympathiewelle für Putin quasi brechen musste. Und deswegen nutzt der Tod Nawalnys vor allen Dingen dem Westen, weil der Westen, so die Lesart von Solowjow, den Tod Nawalnys nun Putin in die Schuhe schieben kann.

Also die Lesart ist, der war durch dieses Interview mit Tucker Carlson im Westen so populär geworden. Der Westen hatte verstanden, sagt Solowjow, warum Russland die Ukraine angreifen darf und erobern darf, dass der Westen nun diesen Tod herbeigeführt hat, um Putins Popularität im Westen zu brechen. Wie soll ich sagen? Das Argument leidet an dem kleinen Detail, dass ihn der Tod nicht irgendwo in London eintrat, sondern in einer russischen Strafkolonie.

Ich will nicht völlig ausschließen, dass die CIA da jemanden einschleusen kann. Aber das wäre Geheimdienst Hochreck. Für Wladimir Putin war's wahrscheinlich eine ganze Ecke mehr. Aber sie bringen dann noch das ergänzende Argument, dass das Timing Putin überhaupt nicht ins Konzept passte. Auch deswegen, weil ja gerade im März die Präsidentschaftswahlen anstehen, Putin angeblich gerade sehr populär

ist. Und es wird, dass er deswegen einfach quasi so einfach eine Welle rund um den Tod eines bekannten Oppositionellen gar nicht gebrauchen könne. Auf der anderen Seite ist natürlich völlig klar: Dieses Tucker Carlson Interview wird im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf eine große Rolle spielen. Wir haben es in der Lage schon berichtet. Auf republikanischer Seite gibt es zunehmend Zweifel an der Unterstützung der Ukraine.

Da waren ja die USA bislang jedenfalls quasi in Dollar gemessen die aktivsten Unterstützer. Die Republikaner sehen das quasi, also die klassischen Republikaner sehen das aus einer finanziellen Perspektive in der Tendenz skeptisch, waren bislang aber noch dafür. Aber die Trump Jünger insbesondere machen jetzt mobil gegen die Unterstützung der Ukraine.

Und da wiederum gibt es jedenfalls den Verdacht, dass das eine Menge damit zu tun haben könnte, dass Trump eben von Putin jedenfalls im letzten Präsidentschaftswahlkampf ja massiv unterstützt wurde. Und im vorletzten. Und das ist auch, glaube ich, der zentrale Grund, warum Putin dieses Interview gemacht hat. Dieses Interview ist jetzt Futter für diese ganzen republikanischen Hardliner, die sagen hier... Oder vor einem Trump Buddies.

Trump Buddies vielleicht, die sagen hier, braucht ihr das Interview nicht angucken. Wir sagen euch, Putin hat da gute Argumente, warum wir die Ukraine nicht mehr unterstützen sollten. Und das ist der Grund, warum Putin dieses Interview gegeben hat, um denen Futter zu geben für ihre Schlammschlacht zu sagen: Hey, Russland hat das Recht die Ukraine zu erobern, Hilfe für die Ukraine ist schlecht, nicht legitimiert. Bitte deswegen dieses Interview.

Ja und nun reiht sich eben Alexej Nawalny ein in die lange Reihe von toten Gegnern Putins. Kurze Zusammenfassung nur so der drei vielleicht bekanntesten Fälle. Jewgeni Prigoschin zettelte im vergangenen Jahr einen militärischen Aufstand gegen Putin an. Ihr wisst noch, dieser etwas schräge Marsch auf Moskau, starb dann einige Wochen später durch einen nie aufgeklärten Flugzeugabsturz.

Anderer Fall Boris Nemzow. Boris Nemzow war bis dahin führender Oppositionspolitiker in Russland, wurde 2015 direkt vorm Kreml erschossen. Auch Anna Politkowskaja war eine bekannte Journalistin, hat Gräueltaten in Tschetschenien aufgedeckt, hat Putin genervt bis zum Geht nicht mehr. Die wurde 2006 in ihrem Hausflur

erschossen. Das sind nur einige Beispiele von Dutzenden von toten Journalisten, Oppositionellen und anderen Abtrünnigen, die auch im Ausland, aber auch im Inland vergiftet wurden, erschossen wurden oder einfach verschwunden sind. Täter konnten oft ermittelt werden, nicht immer. Sie führten, wenn sie ermittelt werden konnten, nach Russland, in die Geheimdienste. Konsequenzen? Bisher eigentlich wirklich keine.

Ja, und gerade in diesen Tagen kam die Nachricht, dass ein russischer Deserteur, also ein russischer Soldat, der quasi auf die ukrainische Seite rübergemacht hatte, dann eben nach Spanien geflüchtet war. Dort sage ich mal auf harte Weise zu Tode kam. Zwölf Schüsse, glaube ich, waren es, mit denen er getötet wurde. Und dann wurde er noch mehrmals vom Auto überfahren. Also man kann sagen, er wurde grausam hingerichtet. Täter bisher unklar. Und so stellt sich auch hier die

Frage

War es jetzt Putin, der Nawalny umgebracht hat? Natürlich gibt es dafür bisher keine Beweise. Ja, es kann medizinisch sein, dass er eines natürlichen Todes gestorben ist. Wir sagten es eben schon, aber es spricht eben doch sehr viel dagegen. Die Punkte normal stichwortartig: kein Zugriff der Familie auf die Leiche, sodass etwaige Substanzen zwischenzeitlich sich vielleicht zersetzt haben. Nachweislich bereits mindestens ein Mordversuch an Nawalny durch den FSB, den russischen Geheimdienst.

Und Nawalny war eben im Wortsinne in der Hand der russischen Gefängnisbehörde. Und Mitarbeiter eben dieser Behörde werden nur Tage später befördert, sagen wir, das ist jedenfalls eine relativ dichte Indizien. Ja, jedenfalls hat das die deutsche Politik, sagen wir mal, hinreichend überzeugt. Der grüne Vorsitzender oder Covorsitzende Omid Nouripour, der sagte auch im Bundestag, Putin trage mindestens politisch die Verantwortung für die Ermordung

Nawalnys. Also er wurde immerhin eingeknastet unter wirklich folterartigen Bedingungen dort gehalten. Hatte schwere gesundheitliche Probleme. Nu ist er halt gestorben. Und Unionsaußenpolitiker Norbert Röttgen, der wurde noch etwas deutlicher, sagte: Diese Ermordung war selbstverständlich Chefsache. Putin ist der Täter. Die deutsche Unterstützung für die Ukraine mit Waffen und Munition müsse jetzt, sagte er, hochgefahren

werden. Außerdem müssten Gesetze erarbeitet werden, die die Verwendung von im Ausland eingefrorenen russischem Staatsvermögen für ukrainische Rüstungsaufgaben ermöglichten. Diese Gesetze sollten fortan Nawalny Gesetze genannt werden. Das ist die Forderung. Knapp 300 Milliarden oder so was Dollar eingefrorenen russischen Vermögens gibt es im Ausland als ein bisschen

die Frage

Was machen wir damit? Da gibt es viele Forderungen zu

sagen

Na ja, die nehmen wir, die beschlagnahmen wir und dafür kaufen wir Waffen für die Ukraine. Die EU hat unterdessen neue Sanktionen verhängt. Man fragt sich so langsam: Wo finden die eigentlich noch Optionen für eine Verschärfung? Ich glaube, die 13. oder 14. Sanktionsverschärfung. Aber das kann alles nicht darüber hinwegtäuschen. Das klang eben auch schon an in einem Nebensatz, dass die russische Opposition doch ziemlich am Boden liegt. Ja, um die Opposition ist es nicht

gut bestellt. Das sagt auch die Nowaja Gaseta Europa. Auf Russisch erscheint sie, und

sie schreibt

Mit Nawalnys Tod scheint es, dass die Ära der gesamten russischen Opposition gegen Wladimir Putin am Ende ist. Die Oppositionellen, die es noch gibt, die sind fast alle im Ausland oder im Gefängnis. Das reicht vom Schachweltmeister oder vom ehemaligen Schachweltmeister Kasparow bis zum ehemaligen Industriellen Chodorkowski. Die sind alle im Ausland. Es gibt noch einen Oppositionellen in Russland, Wladimir Karamursa. Der ist Journalist und Putin Kritiker. Aber auch der wurde schon zweimal

vergiftet. Der hat das überlebt. Der wurde dann verknackt zu 25 Jahren im Lager. Der sitzt jetzt auch in Sibirien. Und natürlich macht sich seine Frau jetzt, nach dem Tod Nawalnys ernsthafte Sorgen, ob der wirklich diese 25 Jahre überlebt. Also von der russischen Opposition, würde ich sagen, ist momentan nicht viel übrig.

Tja, und dann allerdings gab es ja diese eine Figur, doch es sah so aus, als gäbe es immerhin noch eine ernsthafte Oppositionsfigur in Russland, nämlich Boris Nadeschdin von der Partei Bürgerinitiative. Denn der immerhin hat ja den Ukrainekrieg öffentlich als "katastrophalen Fehler" bezeichnet und wollte Putin jetzt bei der Präsidentschaftswahl herausfordern. Ja, der hat es auch geschafft, überraschend viele Unterschriften zu

sammeln. Das muss man ja machen, um da bei den Präsidentschaftswahlen antreten zu dürfen. Aber er darf nicht an den Wahlen teilnehmen, weil sagt halt die Behörde zu viele dieser Unterschriften ungültig sind. Und da schreibt die Zeit, dass schon ein falsch gesetztes Komma in der Adresse oder eine schlecht lesbare Hausnummer reicht. Schon ist eine Signatur auf einer solchen Unterstützungsliste

ungültig. Und wer schon mal Unterschriften gesammelt hat in Deutschland zum Beispiel bei so einem Volksbegehren der weiß, na diese Listen sind natürlich jetzt alle nicht so, wie soll ich sagen, die sind natürlich alle so ein bisschen schwierig geführt mitunter, weil das halt einfach so

schwer ist. Du stehst da auf der Straße und dann verschreiben sich die Leute und so, also es ist halt einfach völlig klar, wenn du Fehler finden willst, dann kann es natürlich jede zweite Unterschrift irgendwie rauskegeln. Also da hat das hat das Regime dann natürlich leichtes Spiel, eine solche Kandidatur abzulehnen.

Ein zweites echt großes Problem ist nicht nur, dass er jetzt nicht antreten kann, sondern dass man sich fragen kann, ob das nicht alles im Grunde nur eine große Täuschungsaktion ist. Ja, ob das nicht einfach ein Mann war, den Putin ins Rennen geschickt hat, ins Rennen hat laufen lassen, um zu simulieren, dass es vielleicht doch demokratische Wahlen sind, die da in Russland im März stattfinden werden.

Die Zeit schreibt, die guten Beziehungen zum engen Putin Mitarbeiter Kirilenko und seine früheren Auftritte im TV nähren den Verdacht, dass Nadeschdins mögliche Kandidatur mit der Regierung abgesprochen sein könnte. Richtig belegt ist das glaube ich nicht. Aber nun darf er halt nicht mehr teilnehmen und damit ist das Ding dann auch durch. Jedenfalls werden Menschen, die in Russland um Alexej Nawalny trauern, zu Hunderten verhaftet

und eingesperrt. Ich muss erst mal sagen Chapeau, dass sich überhaupt noch Menschen auf die Straße trauen. Ja, die gehen da hin und wollen irgendwie Blumen an irgendwelchen Denkmälern ablegen. Also nicht der peacigste Protest, den man sich vorstellen kann. Aber selbst das lassen die russischen Behörden nicht zu. Bei den Protesten 2022 hatte Putin noch relativ milde reagiert.

Jetzt hingegen hat das Regime offensichtlich in den Angriffsmodus umgeschaltet, unterdrückt Proteste brutal, noch bevor sie überhaupt entstehen. Wie gesagt, wer Blumen ablegen will, wird angeschrien, verscheucht, verhaftet. Dystopische Szenen. So viel zum Thema Diktatur in Russland. Und ich denke, der Chefredakteur der Republik, Dimitri Kolesow, bringt das auf Telegram ganz gut auf den Punkt.

Er schreibt

Der Staat fürchtet, dass solange die Emotionen in der Gesellschaft wegen Nawalnys Tod sehr stark sind, seine Beerdigung zu einem wichtigen politischen Ereignis werden könnte und in Massendemonstrationen ausarten könnten. Das ist natürlich jetzt die große Frage: Was passiert in den nächsten Tagen? Anzeichen bisher gibt es, finde ich, keine, dass Massenproteste dort anstehen. Und mir scheint es, dass Putin sich doch sehr sicher

fühlt. Er fürchtet wirklich offensichtlich keine Konsequenzen, befördert die Verantwortlichen. Ermutigt ist er durch das Zögern des Westens, würde ich denken, in der Ukraine durch Bidens Schwäche, weil er natürlich um seine Wiederwahl kämpft und durch Trumps Stärke und die Umfragewerte, die Trump dort zu verzeichnen hat. Und das Signal, würde ich sagen

von Nawalnys Tod ist

Wagt es nicht, gegen mich anzutreten. Wagt es nicht, euren Kopf aus der Luke zu stecken, denn das endet mit eurem Tod. Ja, wie stark er sich wirklich fühlt, finde ich an der Stelle eine spannende Frage. Also gerade in dem Kontext dieses doch sehr harten Vorgehens gegenüber Protesten. Ich meine, mal ganz ehrlich. Nawalny ist nun tot. Ja, natürlich könnte rund um die Trauergesten so was wie eine Opposition entstehen oder die Opposition sich öffentlich zeigen.

Und ich finde das schon bemerkenswert, dass Putin trotz seiner doch vordergründig unangefochtenen Stellung in Russland nicht mal dieses kleine Ventil der Opposition oder der Trauer zulässt. Und dass er selbst da schon versucht, jedes Bild von vornherein zu verhindern, das irgendwie als als kritische Opposition interpretiert.

Michael Thumann zitiert in seinem Leitartikel einen Wissenschaftler, der das so erklärt, dass Putin sich halt mit Speichelleckern umgeben hat, wo Fehler nicht angesprochen werden können, wo es keinerlei Kritik gibt, sondern wo es so eine Eskalationsspirale sich entwickelt hat, wo die Leute um Putin herum sich versuchen zu übertreffen mit immer krasseren Aktionen, mit immer mehr Radikalisierung und mit immer mehr Unterdrückung, weil sie davon ausgehen, dass das die Vorgabe Putins ist und dass

das das ist, was Putin von ihnen erwartet und dass das dann vielleicht auch vor Ort in solchen Polizeiaktionen endet, wie wir sie an allen Denkmälern in vielen großen Städten, aber auch in Kleinstädten in Russland beobachten können. Ja, wir haben eine kleine Korrektur für euch, und zwar zu unserem Blog, wo wir über den abgesagten politischen Aschermittwoch der Grünen berichtet haben in der

vergangenen Woche. Da schreibt uns die Kollegin Iris Volk vom Südwestrundfunk: Ihr habt dort gesagt, der politische Aschermittwoch der Grünen sei für den Abend geplant gewesen. Das stimmt nicht. Die Veranstaltung war für 11:00 vormittags geplant. Machen wir natürlich immer, wenn es einen Fehler gibt in der Lage, wird das korrigiert. So auch in diesem Fall. Kleiner Nachtrag noch an

dieser Stelle

Wir hatten zu den Protesten gesagt, dass es sich höchstwahrscheinlich auch wieder um eine Unterwanderung durch rechtsextreme Kreise handeln könnte. Inzwischen hat sich dieser Verdacht bestätigt. Inzwischen haben auch Behörden offiziell gesagt es waren eben nicht nur Bauern Proteste, sondern unter die protestierenden Landwirtinnen und Landwirte hatten sich wieder Rechtsextremisten gemischt. Das ist mal wieder so ein inszenierter Protest von der ganz rechten Ecke.

Ja, wir kommen noch mal kurz auf das Interview mit Steffen Mau zurück, was ihr als letzte Folge in eurem Feed gefunden habt. Das ist ja recht gut angekommen, haben wir oben schon gesagt. Ich habe nur beim Schneiden gemerkt vom Interview, dass mir da einfach nur so ein paar Gedanken gekommen sind und ich dachte so, das lohnt sich vielleicht noch mal so ein paar Erkenntnisse von uns hier kompakt irgendwie zu bündeln, weil er ja doch schon einiges drinsteckte in diesem

Interview. Und einen Aspekt, den wir da ja besprochen hatten mit Herrn Mau war diese Frage, warum die Erhöhung, zum Beispiel das Bürgergeld vor allem von jenen kritisiert wird, die selber wenig finanzielle Ressourcen haben. Warum wollen die nicht lieber Geld von Reichen, sei es durch eine Steuer, Vermögenssteuer? Wie auch immer. Ja, das ist ja erst mal total kontraintuitiv.

Die, die selber nicht viel haben, treten gegen die, die noch weniger haben, anstatt mal zu schauen, ob es nicht vielleicht Menschen in der Gesellschaft gibt, die problemlos was abgeben könnten. Und da hatte Steffen Mau, fanden wir wirklich eine ganz spannende Sicht darauf. Na ja, gut, er sagt halt, weil wir halt insgesamt so die Gesellschaft eine Ideologie anhängt, dass eben Reichtum unter dem Verdacht steht, verdient

worden zu sein. So möchte ich es mal nennen, obwohl das die Zahlen halt oft nicht hergeben. Oft ist großer Reichtum eben nicht durch Arbeit verdient, sondern vererbt. Und trotzdem gibt es da wenig Debatte darüber, ob wir da nicht mal von oben nach unten verteilen sollen, sondern da kommt dann häufig die Debatte auf ab 15 € mehr Bürgergeld, das sind ja dann irgendwie 20 € mehr, als ich habe. Das ist irgendwie schwierig.

Was ich beim Schneiden noch so dachte, ist, weil er ja auch so sagte, dass die Bindekraft von Parteien und Gewerkschaften abgenommen hat und die nicht mehr so in der Lage sind, soziale Energien und Spannung, die es ja so gibt, aufzunehmen, dass Leute, sagen wir mal mit wenig finanziellen Ressourcen dann eben durch diese mangelnde Bindung auch nicht mehr die Kraft aufbringen, um sich mit mächtigeren Institutionen und Persönlichkeiten anzulegen, sondern dass es da

aufgrund dieser mangelnden weiß ich nicht Solidarität, Bindungskraft unter Leuten mit weniger finanziellen Ressourcen einfacher ist, Schwächere anzugreifen, als sich vielleicht gemeinsam organisiert mit Stärkeren anzulegen. Und man kann, glaube ich schon auch sagen jedenfalls in der Tendenz haben Menschen mit viel Geld auch leichter die Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen. Dem kann man was entgegensetzen durch Zusammenschluss.

Wenn Menschen, die individuell wenig Möglichkeiten haben, sich zusammenschließen, zum Beispiel zu Gewerkschaften oder zu Parteien, dann können sie eben selber soziale Energien einsammeln. Aber da, und das ist ja auch eine Binsenweisheit, das hat er dann noch mal wiederholt. Da gibt es aber das Problem, dass die Bindungskraft solcher Parteien und Gewerkschaften abgenommen hat und dementsprechend wächst das Gefühl der Machtlosigkeit bei denen, die eben individuell nicht so viel zu melden haben.

Richtig. In eine weitere Funktion solcher Institutionen wie Parteien und Gewerkschaften war, das habe ich so mitgenommen aus dem Interview eben das krasse Emotionen, spontane Emotionen, vielleicht auch irrationale Emotionen von diesen Institutionen wie Parteien quasi abgepuffert wurden. Die haben verhindert, dass diese Emotionen mehr oder weniger eins zu eins durchschlagen auf die öffentliche Debatte oder den politischen Diskurs oder eins zu eins transportiert wurden, meinetwegen ins Parlament.

Also extreme Gedanken wurden wirklich jahrzehntelang insbesondere von der Union aufgefangen. Es gab ja auch dieses berühmte Diktum von Franz Josef Strauß, dem ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten, selbst ein sehr konservativer Mensch. Und der hatte den Begriff geprägt, dass es einfach rechts von der Union keine Partei mehr geben dürfe. Dementsprechend hat die Union es einfach geschafft, viele, man muss auch sagen harte Nazis zu

integrieren. Also in den 50er Jahren gab es, hab ich keine Zahlen, aber mutmaßlich noch mehr Nazis als heute. Hoffentlich. Aber die haben eben im politischen Diskurs eigentlich keine Rolle gespielt. Es gab eine Splitterpartei, diese SRP, die wurde dann verboten, weil es einfach Adenauer und Co geschafft haben, diese Nazis halbwegs zu entschärfen und insbesondere sie zu gewinnen für die parlamentarische Demokratie.

Ja, es gab total problematische Figuren, denken wir an Herrn Globke und so einen harten Nazi, der in unmittelbarer Nähe von Adenauer und so, also ich will das gar nicht kleinreden, dass es ein Riesenproblem gab mit Altnazis. Aber die Union hat es geschafft, dass Nazi Ideen im politischen Diskurs einfach nicht mehr so eine Rolle gespielt haben.

Und auch da haben wir einfach erlebt, mit abnehmender Bindung der Union, insbesondere für sehr rechte Kräfte, gab es immer mehr freie Radikale und die haben sich dann mittelfristig eben in der AfD angesammelt.

Und so, das ist der nächste Punkt, finde ich, den ich so aus diesem Interview so mitgenommen habe, kommt es halt dazu, dass diese Emotion, diese Gefühle, die es natürlich immer schon gegeben hat, in gewissem Maß quasi heimatlos geworden sind und wie du es nun so beschreibst, als freie Radikale im politischen System wirken. Und diese Emotionen. Ich will nicht sagen, die neuen Kräfte sind aber in einer bisher ungekannten Stärke und Mächtigkeit im politischen System wirken.

Früher gab es Ideologien, Traditionen, Gewerkschaften, Gewohnheiten, die prägend waren für das politische Handeln. Heute sind es eben heimatlose Gefühle, die durch sozialen Wandel befeuert werden. Auch viele Ängste, die einfach eine sehr, sehr große Rolle spielen und sich auch gegen Feindbilder sehr leicht richten lassen.

Und eben sehr abrupt, vor allen Dingen sehr kurzlebig, sehr wechselhaft, aber gleichzeitig eben sehr mächtig sind und so das doch maßgeblich mitbestimmen, was wir derzeit so an fragmentierter Gesellschaft so erleben.

Da kommt dann auch wieder dieses Stichwort ins Spiel von den Polarisierungsunternehmern, also von Akteuren im politischen Diskurs, die einfach damit nicht Geld verdienen, aber politischen Einfluss gewinnenl dass sie eben polarisieren, dass sie eben Emotionen freisetzen, heimatlose Emotionen auch bündeln auf Feindbildern. Also diese ganze Migrationsdebatte beruht ja im Grunde darauf, dass das bestimmte Gruppen in der Gesellschaft zu Feindbildern gemacht werden, zu Sündenböcken gemacht werden.

Und das funktioniert eben vor allem gut durch Polarisierungsunternehmer, durch Leute, die wissen, wie man diese Emotionen schüren kann. Nur noch das

Stichwort

Was haben wir mitgenommen? Also, damit das richtig eingeordnet wird, das sind jetzt unsere Assoziationen zu dem Interview. Wir wollen damit nicht all das dem Professor Mau... Ne ne! Er hat das nicht alles so gesagt. Das wäre ein Missverständnis! Das sind Gedanken, die darüber hinausgehen. Basierend auf dem Interview.

Und eins ist eben diese Veränderungsmüdigkeit, dieses Stichwort, was man, finde ich ganz gut beschreibt, dass natürlich diese Emotionen, diese sozialen Emotionen auf beiden Seiten des politischen Spektrums vorhanden sind, dass sie aber am konservativen Ende oder noch viel mehr am rechtsextremen Ende eine viel größere Kraft haben, weil dort Wandel an sich mit viel größerer Skepsis aufgenommen wird.

Und wenn auf einer progressiven Seite, die an sich dem Wandel an sich sehr positiv und aufgeschlossen gegenübersteht, dann Emotionen aufkommt wie Das geht uns nicht schnell genug, dann haben die nicht die Kraft, wie politischer und gesellschaftlicher Wandel auf der konservativen Seite, die eher darauf aus ist Es müsste eigentlich so bleiben, wie es ist oder es müsste sogar zurückgedreht werden.

Und dass diese Emotionen, die in der Reibung von diesen Auffassungen und dem gesellschaftlichen Wandel entstehen, dass die einfach viel, viel mächtiger sind und sich dementsprechend auch viel leichter ausbeuten lassen. Zugleich war auch ein spannender Gedanke aus meiner Perspektive, dass die Gesellschaft ja einfach zu mehr bereit wäre, dass die Gesellschaft grundsätzlich gar nicht so veränderungsresistent ist, sondern es geht darum, dass man den Menschen erklärt, warum das

wichtig ist. Wir haben einfach momentan niemanden, der es schafft, dieses Potenzial zur positiven Gestaltung zu heben. Es fehlt so an der Vision, an der politischen Führung, auch an der Überzeugung der Menschen. Und was natürlich schon so ist, das hörte ich jetzt gerade noch mal im Deutschlandfunk, die da wiederum eine Studie wiedergegeben haben. Es gibt schon so was wie eine Veränderungsmüdigkeit auch in der Mitte der Gesellschaft.

Und zwar einfach wahrscheinlich, weil es ja immer ein bisschen schwer, so Gefühle und Einstellungen zu erklären kausal, aber wahrscheinlich aufgrund der Vielzahl an Krisen und viel zu an Herausforderungen der letzten Jahre. Die Menschen sehnen sich einfach nach so ein bisschen mehr nach einem ruhigen Hafen. Und das heißt jetzt nicht, dass sie deswegen gar keine Veränderung mehr

wollen. Also keine Ahnung. Der Klimawandel wird ja von über 80 % schon als großes Problem gesehen, aber es fehlt da an dem Menschen, der die Führung übernimmt. Und das, finde ich, wirft wieder diese sehr spannende Frage auf: Wann lassen sich denn eigentlich Leute auf Zumutungen ein? Ja, und da finde ich es im Interview mit Mau klar geworden: Es müssen ein paar Bedingungen erfüllt sein.

Das eine ist

Es muss natürlich eine politische Vision oder ein politisches Projekt geben, in das einzelne Maßnahmen einsortiert werden. Das muss in einem größeren Rahmen hängen, der Einzelne dann vielleicht auch schwierige Maßnahmen sinnvoll erscheinen lässt, weil eben am Ende des Tunnels ein Licht, ein Ziel zu erkennen ist, das ist das eine. Und bei diesem Prozess der Veränderung und der Zumutung muss es gerecht zugehen.

Es muss gerecht zugehen, damit all jene, die handeln sollen, verstehen: Ah, das ist so gerecht, dass ich nicht der oder die Einzige bin, die handelt. Sondern weil es so gerecht ist, werden noch viele, viele andere so handeln wie ich. Und das ist der Motor, der Leute dazu bringt, Zumutungen auch zu ertragen und mitzumachen und vielleicht auch selber zu gestalten.

Ja, und zu diesem Aspekt hat Philip in dieser Woche auch ein spannendes Interview im Spiegel gefunden mit der Ökonomin Ulrike Malmendier, die ist eine der sogenannten Wirtschaftsweisen, also ein Mitglied des Sachverständigenrats der Bundesregierung zur Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, forscht in den Vereinigten Staaten. Und sie sagte zum Thema Führung:.

Ich glaube, von der Bundesregierung jetzt eine eigene Version zu erwarten, nach dem Motto So machen wir das jetzt ist zu viel verlangt. Wir sind ja nicht China, sagt sie. Das kann nicht von oben kommen. Das muss von Unternehmen und Bürger und Bürgerinnen entwickelt und vorangetrieben werden, sagt sie. Was ich aber nicht verstehe, ist, warum die Bundesregierung das, was sie tut, nicht besser kommuniziert, etwa beim Gebäudeenergiegesetz, sagt sie.

Das war inhaltlich richtig, in der Verkaufe aber echter Murks. In dieser Koalition sitzen einige der besten Kommunikatoren, die ich kenne. Ich habe viele von ihnen schon gefragt, wie es sein kann, dass sie ihre politischen Maßnahmen mitunter auch die nötigen Zumutungen für die Leute nicht besser erklären können. Dazu haben wir in der Lage ja schon häufig was gesagt.

Ich glaube, der wesentliche Grund, wieso Ihnen das Verkaufen nicht gelingt, ist diese Sehnsucht nach der inneren Distanzierung, sobald es schwierig wird. Also bei der SPD, ist das durch die Bank besonders krass, natürlich geführt vom Bundeskanzler, dass sie einfach immer so ein bisschen spüren, dass sie den Leuten eigentlich lieber nichts zumuten wollen und deswegen eben das nicht schaffen zu sagen, Ja, wir verkaufen das jetzt aber auch bei der FDP, auch bei den

Grünen sieht man das. Bei der FDP ist dieses Abgrenzen von der Ampel noch stärker wahrscheinlich ausgeprägt als bei den Sozialdemokraten. Und es ist halt schwierig, etwas engagiert zu verkaufen, wenn man zugleich das Gefühl hat, ich möchte mich davon am liebsten distanzieren, weil es die Leute eigentlich nicht hören wollen.

Richtig. Und natürlich spielt das eine Rolle, dass eben vielen Politiker, Politikerinnen, denke ich, auch so das größere politische Projekt fehlt oder zumindest sie nicht in der Lage sind, das so zu skizzieren, damit sie dann auch in der Lage sind, Zumutungen den Leuten vernünftig zu verkaufen. Und auch zu dieser irrationalen Skepsis vieler Menschen in Deutschland gegenüber Zuwanderung hat die Wirtschaftsweise Malmendier finde ich was ganz Interessantes gesagt.

Sie sagt ja, letztes Jahr ist die deutsche Wirtschaft um 0,3 % geschrumpft. Ja, in diesem Jahr ist die Prognose eher Stagnation. Mit anderen Worten, der Wirtschaft in Deutschland geht es jedenfalls wenn man dieses Wachstumskriterium anlegt, nicht so wahnsinnig gut. Aber sie appelliert an die Menschen in Deutschland, auch gerade an die Wirtschaft, die Politik, die Chancen zu sehen und zu nutzen.

Sie sagt, viel wichtiger jetzt als diese kurzfristigen, relativ kurzfristigen Wachstumszahlen, sagt sie, wäre es meiner Meinung nach, über das langfristige Potenzialwachstum zu sprechen, also die ökonomische Größe, die wir erreichen könnten, wenn wir denn alle unsere Produktionsfaktoren richtig auslasten, also Arbeit, Maschinen und Energie. Dieses Szenario, sagt sie, sieht für Deutschland wesentlich besser aus, wenn wir es denn richtig anstellen.

Also weniger auf die Zahlen gucken, sondern darauf, ob wir die Chancen auch nutzen, die wir haben. Und da sieht sie einfach großes Potenzial, das brachliegt. Und einen Akzent hat sie dabei gelegt auf einen Faktor, wo Deutschland sein Potenzial bisher überhaupt nicht ausschöpft und damit das Wachstum ausbremst.

Sie sagt

Der wesentliche Grund dafür, dass wir so unser Potenzialwachstum nicht ausschöpfen, sind die fehlenden Arbeitskräfte. Da geht es nicht nur um Hochkaräter. Es wird schlicht einfach auf allen Ebenen der Gesellschaft zu wenig gearbeitet. Vor allem aber kommen zu wenig Fachkräfte ins Land, um all die Arbeit zu erledigen.

Und da sagt sie auch, da geht es jetzt nicht nur um Hochschulprofessoren, Professorinnen, sondern es geht einfach durch das komplette Qualifikationsspektrum vom Pizzaboten, Botin bis zu Hochschulprofessorin. Du hast ja schon im Bereich Raumpflege hast du ja große Probleme. Und das fand ich interessant, dass

sie sagt

Guckt nicht so auf diese kurzfristigen Zahlen. Das wäre so ein politisches Projekt, dass man sagt ja, das läuft grad nicht rund, aber wir könnten einiges erreichen. Wir sind das skizziert sie in dem Interview auch, wir haben so viele Qualitäten. Biotechnologie, alle möglichen anderen Industriesparten, auf die wir jetzt gar nicht so sehen. Da stecken enorme Potenziale drin. Wir haben unglaubliche Fähigkeiten. Es gibt nur ein paar Stellschrauben, an denen wir drehen müssen, um das auszuschöpfen.

Eine davon ist eben

Es müssen mehr Leute ins Land kommen, um hier zu arbeiten. Und die, die hier sind, sollen wir natürlich auch mal arbeiten lassen. Das ist natürlich auch ein großes Thema, dass es immer noch große Gruppen von zum Beispiel geflüchteten Menschen gibt, die wir nicht arbeiten lassen. Absurdes Thema aber gut, wollen wir an dieser Stelle nicht vertiefen.

Spannend ist aber, dass diese Interviews sowohl mit Steffen Mau in der Lage als auch mit Ulrike Malmendier im Spiegel quasi das argumentative Rüstzeug liefern, um eine Frage zu beantworten, die uns schon vor ein paar Wochen ein Hörer geschickt hat und die wir sehr spannend fanden. Hörer jJan schreibt uns nämlich:. Wenn ich es richtig verstehe, ist der demografische Wandel die Schlange, vor dem kleinste bis größere Wirtschaftslenker wie ein Kaninchen sitzen.

Gleichzeitig aber treibt die AfD die Politik vor sich her, bis diese ja bereits anfängt, thematische Konzessionen zu machen. Wie so in aller Welt, fragt Jan, aber dreht die Politik den Spieß nicht um? Wieso ist es möglich, dass die AfD alle Parteien mit dem Migrationsthema vor sich hertreibt? Natürlich muss viel gemacht werden. Wohnungsbauprogramme müssen in großem Stil auf den Tisch. Es müsste viel mehr in Bildung und Eingliederung investiert werden.

Alle Migranten, die schon hier sitzen, müssten in den Arbeitsmarkt integriert werden. Aber so könnte man dann der AfD doch vollkommen dieses Thema abgraben. Da kann man nur sagen: Ja, das haben wir in der Lage auch schon häufiger so berichtet. Denn die Abwehr von Migration ist völlig irrational, sagt Steffen Mau. Sagt Ulrike Malmendier. Und das sagt nicht zuletzt auch die Bundesagentur für Arbeit. Wir brauchen 400.000 Menschen netto zusätzlich im Jahr.

Ohne Migration brechen manche Bereiche unserer Wirtschaft heute schon zusammen. Gerade der soziale und medizinische Bereich. Wer macht denn die Pflegedienste in den Krankenhäusern? Pflegekräfte haben sehr oft schon heute einen Migrationshintergrund. Außerdem guckt euch Restaurants, Kneipen, Lieferdienste an. Und Malmendieer und Mau, die sind sich einig. Wir bräuchten ein positives Verständnis von der Zuwanderung, und zwar nicht zuletzt aus ökonomischen Gründen.

Und das interessanterweise sieht auch Siegfried Russwurm so. Der ist nichts weniger als der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie. Also mehr Vertretung alter großer deutscher Industrie geht nicht. Und mehr CDU Nähe geht fast auch nicht bei einem Lobbyverband. Und der plädierte heute früh im Deutschlandfunk für eine bessere Willkommenskultur. Denn Deutschland, so warnt er, sei eben nicht das einzige Land, das quasi um Immigration konkurriere, in das Menschen einwandern können.

Das heißt, wir sind im Wettbewerb, und damit ist Offenheit einladen, verstehen, dass wir diese Menschen dringend brauchen in einem Land, das immer mehr altert und in dem 400.000 Menschen mehr jährlich in Rente gehen, als neu aus den Schulen in den Arbeitsmarkt gehen. Wir müssen diese Menschen willkommen heißen und das überall ausdrücken in unserer Kommunikation, auf unseren Straßen, in der direkten Begegnung.

Angesichts von hohen Umfragewerten für die AfD sieht Russwurm gerade auch die Unternehmen in der Pflicht, den Menschen in Deutschland zu sagen, dass es einfach ohne Migration nicht gehen wird. Mehr als vielleicht jedes Land auf der Welt haben wir in den letzten Jahrzehnten von Weltoffenheit, von internationaler Vernetzung profitiert.

Das müssen auch wir Unternehmer den Menschen immer wieder sagen, damit nicht andere, die vermeintlich einfache Antworten auf komplexe Fragen haben, die letztlich ja keine Antworten sind, die Oberhand gewinnen. Häufig kommt dann natürlich das

Argument

Aber wir brauchen doch andere, wir wollen nicht die Geflüchteten, nein, wir wollen halt andere Fachkräfte. Wir brauchen ausschließlich Fachkräfte, IT, Profis, Professorinnen, Professoren. Wir wollen nicht diese ganzen Geflüchteten. Und das stimmt einfach nicht mehr. Ich meine, das sagt Malmendier auch. Malmendier sagt in diesem Interview: Wir brauchen einfach alle.

Ich habe es oben, sagt von der Pizza Bäckerin, von der Pflegerin über die Lieferantenbotin, Pizza ausfahren bis in Uni Berufe, Architekten, Ärztinnen, Professoren. Man muss einfach sehen: Jeder Mensch kann lernen im Prinzip, wenn er nicht gerade zum Beispiel erblindet ist, ein Bus zu fahren. Jeder Mensch kann eigentlich lernen, wenn er nicht gerade gelähmt ist, Senioren zu pflegen. Beispiel Bauindustrie.

Da hatten wir vor ein paar Monaten ja das Interview mit den Mitarbeitenden da von der Firma Goldbeck, die versuchen, Menschen in ihr Unternehmen zu integrieren. Die sagen auch, wir brauchen nur ein paar Wochen, um die anzulernen. Das Riesenproblem ist eben, dass die Ausländerbehörden so lange brauchen, um den Menschen Arbeitserlaubnisse auszustellen. Das ist das Problem. Aber nicht, dass die Menschen nicht arbeiten wollen, sondern sie dürfen nicht.

Und wir leben halt so ein bisschen auch noch in dieser Selbstlüge, dass alle Welt nach Deutschland will. Gerade die, die halt eine Hochschulqualifikation haben und besonders spezialisiert sind in irgendwelchen Topberufen. Und das ist halt nicht mehr so. Die Leute hier in Deutschland sprechen viel zu wenig Englisch. Es gibt an allen Ecken und Enden Rassismus. Indische Programmierer, glaube ich, weiß ich nicht, ob ich denen empfehlen würde, nach Sachsen zu gehen.

Im Zweifel lieber nicht, weil man weiß ja nicht, was mit denen da so geschieht. Also es stellt sich natürlich die Frage, warum macht die Politik dieses irrationale Spiel mit? Ja, viele Menschen lehnen Migration ab, manchmal auch mit der Fußnote Ja, wir wollen ja gerne Fachkräfte und so. Und mal ganz ehrlich, mehr als 80 % fanden die Abschiebethesen von Scholz gut und da würde ich jetzt gegenhalten im Anschluss an das, was wir in dem Interview mit Steffen Mau besprochen haben.

Stichwort Man muss die Menschen überzeugen, es braucht Vision und Führung. Aus meiner Sicht ist das das eigentliche Versagen der Ampel. Sie schafft es nicht, ein komplett positives Bild auf Migration zu vertreten. Ja, es gibt Probleme mit Migration. Aber das Problem ist nicht, dass zu viele Menschen kommen, sondern dass wir es bislang noch nicht schaffen, sie hinreichend zu integrieren. Und das ist quasi der der entscheidende Unterschied.

Natürlich geht es nicht darum, Probleme mit Migration kleinzureden, von Schulen über Wohnung. Natürlich gibt es Probleme. Das sagt ja auch unser unser Hörer, der diese Frage gestellt hat. Aber die Lösung ist halt nicht weniger Menschen, sondern die Lösung muss immer sein, die Menschen, die da sind, besser zu integrieren. Wir können sie uns eben auch nicht mehr aussuchen und wir brauchen sie. Das passiert aber nicht.

In unterschiedlichen Abstufungen läuft auch die demokratische Politik diesem absurden Abwehrnarrativ der Rassisten und der AfD hinterher. Und sie wundert sich dann zugleich immer, dass die AfD immer stärker wird. Das sagt Steffen Mau im Interview ja auch die AfD hat einfach dieses diese Ownership für das Thema Abwehr von Menschen, Abwehr von Migration und sobald man Migration diskutiert als Abwehr Narrativ gewinnt immer die AfD.

Dabei könnte die Ampel zum Beispiel die AfD und leider ja auch in Teilen die Union inhaltlich stellen, indem

sie einfach sagt

Was sind denn die echten Integrationshindernisse? Beispiel, dass man immer noch bei der Behörde fragen muss, ob ein Migrant überhaupt arbeiten darf zum Beispiel. Das blockiert maßgeblich auch die Union. Auch in der Ampel sagen wir die FDP ist ja nicht so ganz sicher, was sie davon halten soll. Aber das haben wir schon in mehreren Interviews herausgearbeitet, dass man immer noch erst mal die Ausländerbehörde fragen muss, ob man arbeiten darf. Das behindert einfach die Arbeitsaufnahme.

Vor allem, dass die Bundesagentur für Arbeit dann auch noch mal zustimmen muss. Und dann geht das wieder zurück an die Ausländerbehörde. Und da haben wir auch gesagt, das haben wir auch in verschiedenen Interviews, in Gesprächen mit Politikern und Politikerinnen mal

gesagt

Dreht es doch um! Lasst die Leute einfach arbeiten. Meldet das. Und wenn die Bundesagentur für Arbeit oder die Ausländerbehörde irgenwelche Probleme sieht, dann kann sie im Nachhinein prüfen und vielleicht auch die Arbeitserlaubnis wieder entziehen. Und das ist halt Bürokratieabbau par excellence. Du fragst nicht mehr vorher die Behörde und dann dauert das Monate und wenn das okay kommt, ist der Job weg. Sondern es müsste doch so sein, dass wie du es gesagt hast, Philip.

Man kann einfach arbeiten. Man meldet den Arbeitsvertrag, der Arbeitgeber meldet den Arbeitsvertrag. Und wenn dann irgendeine Behörde oder die Bundesagentur für Arbeit ein Problem hat, können sie immer

noch sagen

Hallo, hallo, der Lohn ist so niedrig, das ist Dumping oder was weiß ich. Aber da könnte man so viel Bürokratie sparen. Und das Problem ist halt momentan ist by default No. Also wenn nichts passiert, wenn die Behörde überfordert, überlastet ist, wenn alle krank sind oder Corona haben, geht gar nichts voran und das kann nicht gehen. Das wäre echt mal Bürokratieabbau und auch politisch total cool. Da könnte die Ampel, sagen wir mal die Union, die AfD stellen. Was ist hier los?

Warum lassen wir die Leute nicht arbeiten? Auf der Habenseite der Ampel, die gibt es ja auch. Und da stehen nicht nur 1, 2, 3 Punkte drauf, sondern da stehen schon einige substanzielle Errungenschaften drauf, die sie umgesetzt haben. Und eine Erfolgsgeschichte ist sicherlich und definitiv der boomende Ausbau der Solarenergie in Deutschland. Der Ausbau geht durch die Decke, alle Ziele wurden übertroffen, auch die Erwartungen wurden übertroffen.

Also PV in Deutschland boomt und die Wirtschaftswoche hat dazu letzte Woche mal einen ganz guten, sehr interessanten Überblicksartikel. Haben wir natürlich verlinkt. Laut diesem Artikel sagt das Freiburger Fraunhofer Institut für solare Energiesysteme: In Deutschland wurden im vergangenen Jahr 14,1 Gigawatt Kapazität neu installiert. Das ist weit mehr als geplant worden. Ich glaube, geplant waren neun, das sind fünf Gigawatt mehr. Das ist ein neuer Rekord.

Und insgesamt sind jetzt in Deutschland mehr als 80 Gigawatt Solarleistung installiert, verteilt auf 3,7 fast 4 Millionen Anlagen. Also das ist wirklich eine absolute Erfolgsbilanz. Und das hat auch erst angefangen mit der Ampel. Das gab es vorher nicht wirklich. Das geht aufs Konto der Ampel. Und dieser Solarboom, der schafft eben massiv auch Arbeitsplätze beim Montieren neuer Anlagen auf Dächern und Wiesen. Und zwar so viele, dass auch da natürlich ein großer Arbeitskräftemangel herrscht.

Wohlgemerkt nicht Fachkräfte, sondern auch einfach nur Leute, die mit vier Wochen Training übers Dach hüpfen können. Doch woher kommen eigentlich die Solarpanels, die man braucht, um sie montieren zu können? Diese Produktion der Pannel wird auch von ein paar deutschen Firmen betrieben. Ein paar gibt es auch in Deutschland. Ursprünglich gab es aber mal viel mehr. Dann aber Philip gab es einen Crash, weil nämlich die Förderung gestrichen wurde.

Richtig. Genau das war glaube ich mit Merkel II, Union-FDP Regierung um 2010. Da gab es dann so einen Deckel, dann wurde die Förderung zusammengestrichen und da ist sehr, sehr viel von der deutschen Solarindustrie dann über den Jordan gegangen. Solarworld, glaube ich, hat 2017 dann Konkurs angemeldet. Also da ist ein riesen Schaden angerichtet worden. Und heute gibt es aber wieder Solarfirmen in Deutschland, vor allem in Ostdeutschland.

Aber, und das ist der entscheidende Punkt sie stellen halt nur einen sehr, sehr geringen Anteil der Panels her, die dann auch wirklich in Deutschland verbaut werden. Und zwar also unter 10 % alles zusammen. Die meisten Solarpanel, nämlich mehr als 90 %, werden heute in China hergestellt, denn auf jeden Fall sind sie einen Tick billiger. Klar, und manche Brancheninsider sagen uns, sie seien auch besser, weil sie modernere Technologien

nutzen. Die in Deutschland tätigen Hersteller würden das vermutlich etwas anders sehen, aber das ist jedenfalls umstritten, ob die nicht mindestens genauso gut sind, wenn nicht besser. Richtig, Es war ja mal eine Zeit lang so, dass die wirklich scheiße waren. Die waren minderwertig und das ist völlig vorbei. Das ist heute definitiv vorbei. So, und in den vergangenen Monaten brach nun ein regelrechter Preiskrieg auf dem Markt für Solarpanels aus.

Die Preise für Module in Europa sind drastisch gefallen, binnen eines Jahres um bis zu 40 %. Das lag unter anderem auch daran, dass die Vereinigten Staaten und Indien Protektionismus betrieben haben, also ihre Märkte für chinesische Panel über Zölle quasi geschlossen haben. Und dann mussten die in China produzierten Panel natürlich irgendwo hin. Dadurch entstand ein Überangebot. Die Panel drängen jetzt auf den europäischen Markt.

Und die Wirtschaftswoche zitiert eine Analyse der Agentur Rysler Energy. Demnach lagerten in Europa im vergangenen Oktober, also vor einem guten halben Jahr, unverkaufte PV Module mit einer Kapazität von 80 Gigawatt, 80 Gigawatt! Und ein großer Teil davon eben aus China. Dazu muss man wissen: Im ganzen letzten Jahr 2023 wurden in Europa Solarpanele verbaut mit einer Kapazität von 56 Gigawatt. Das heißt da liegen auf Halde weit mehr als ein ganzer Jahresbedarf für ganz Europa.

Ja, und das drückt natürlich auf die Preise. Und irgendwann sind die Preise dann so niedrig, dass die Deutschen Panel überhaupt nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Und der Vorwurf der deutschen Hersteller von Solarpanels, die mit anderen Betrieben im Bundesverband Solarwirtschaft organisiert sind, sagen: Unsere Panels sind genauso gut wie die chinesischen. Aber die chinesischen Panels sind viel zu billig, weil der chinesische Staat sie subventioniert.

Und da könnten wir, die deutschen Hersteller, nicht mithalten. Und die Folge ist jetzt in Deutschland stehen wieder mal muss man sagen Arbeitsplätze in der Solarindustrie auf der Kippe. Also prominentestes Beispiel ist das Unternehmen Meyer Burger ist, glaube ich, ein Schweizer Unternehmen. Aber haben zwei oder drei Werke in Ostdeutschland, mehrere Werke in Sachsen. Und die schreiben: Wir bereiten die Schließung der Modulproduktion in Deutschland vor.

Sie sagen, ein Teil des Plans wäre bedauerlicherweise die Schließung des Werks in Freiberg, Deutschland bereits Anfang April 2024, also in wenigen Wochen. Dabei handelt es sich um die größte in Betrieb befindliche Solarmodulproduktion Europas. Hiervon wären rund 500 Beschäftigte betroffen. Und Meyer Burger schreibt in der

Mitteilung weiter

Für den Fall ausbleibender Maßnahmen der Politik zur Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen sollen auf diese Weise die derzeitig unhaltbaren Verluste abgestellt werden. Eine endgültige Entscheidung müsste bis zur 2. Februar hälfte getroffen werden. Jetzt! In diesen Tagen. Also die machen ordentlich Druck. Sonst schließen die PV Produktionswerke in Ostdeutschland sagen sie jedenfalls.

Kann man sich vorstellen, Schließen von solchen Werken, gerade in Ostdeutschland, kann man sich vorstellen, wie sich das auf ihr Wahlverhalten auswirkt. Und die Region ist außerdem ja auch noch traumatisiert vom ersten Sterben der PV Produktion nach den 2010 er Jahren. Ja, da haben wir eben schon gesagt, boomende Industrie mit riesen Hoffnungen. Dann wurden die Förderung zusammengestrichen und es entstanden eben Wüsten.

Dementsprechend hoch ist nun der Druck, diese Arbeitsplätze diesmal schnell zu retten. Man möchte fast hinzusetzen Irgendwie. Dazu kommen dann aber noch strategische Gedanken, die in die Richtung gehen: Wollen wir eigentlich diese Zukunftstechnik Solar PV wirklich komplett den Chinesen überlassen? Dabei geht es ja nicht nur um die Module, sondern du hast ja auch Wechselrichter. Du hast einen ganzen Zoo an Technik, den du brauchst um im großen Stil PV Module aufzustellen.

Ein bisschen was davon auch in Deutschland. Ein bisschen was auch in Deutschland. Aber trotzdem In all diesen Techniksparten kommt die ganz, ganz große Mehrheit der Produktion mittlerweile aus China. Und da steckt natürlich

die Sorge drin

Was, wenn China irgendwann mal so eine Eskalation betreibt wie Russland? Die jetzt zum Beispiel mal Taiwan angreifen? Ich meine, denn dann könnte natürlich auch Deutschland dem nicht tatenlos zuschauen. Mutmaßlich würde man dann wieder versuchen, irgendwie mit Sanktionen eine Änderung des chinesischen Verhaltens zu erreichen. Das würde aber dann möglicherweise wiederum die Energiewende massiv

beeinträchtigen. Also ein Handelskrieg mit China würde Stand heute bedeuten, dass in Deutschland praktisch keine Solaranlage mehr gebaut wird. Also wenn die wirklich dicht machen, ihr kriegt von uns nichts mehr, dann würde hier Stillstand sein. Das bezweifelt auch keiner. Ja, es gibt PV Produktion in Europa, aber die reicht nicht annähernd aus, um hier diesen Boom zu füttern, der aktuell stattfindet. Also dann wäre jedenfalls für Monate, wenn nicht Jahre, wäre der Ausbau dann vorbei.

Und da stellt sich natürlich die Frage müssen wir nicht resiliente, also widerstandsfähiger werden, indem auch Europa eine ja florierende Solarindustrie hat oder aufbaut? So nach dem Motto Solar oder Strom ist eben das neue Gas. Wir brauchen das. Wir können uns da nicht abhängig machen von China. Wir sind schon abhängig und wir müssen uns unabhängiger machen. Das ist die strategische Überlegung.

Und da hat nun der Bundesverband Solarindustrie dazu im Herbst einen Vorschlag gemacht und seine Idee ist ein sogenannter Resilienzbonus. Ihr wisst ja, wenn man eine PV Anlage baut unter bestimmten Voraussetzungen Versteigerung usw usw, dann bekommt man für jede Kilowattstunde, die man in das öffentliche Stromnetz einspeist, einen bestimmten Centbetrag. Das ist die sogenannte Einspeisevergütung.

Im privaten Bereich sind das gerade gut 0,08 €. Und da, das ist die Idee mit dem Resilienzbonus, da soll es einen Zuschlag geben zwischen ein und 3,5 Cent pro Kilowattstunde, je nachdem, wie viel von der Hardware in der Solaranlage, aus der der Strom kommt, in Europa produziert wurde. Das die Idee. Der Anreiz soll halt sein. Verbaut halt möglichst viel Anlagen aus Europa, Technik aus Europa. Das stützt die heimische Produktion. Und ihr kriegt pro Kilowattstunde halt noch oben was drauf.

Das gleicht dann mindestens die Mehrkosten aus, die ihr halt für diese etwas teurere Technik aus Europa zahlt. Das ist das ein und da würde man ja erst mal denken. Ja, das klingt doch logisch. Dann gibt es aber noch diese andere Seite der Solarindustrie, die halt nicht irgendwie einzelne Panels herstellen oder Technik für die Installation solcher Anlagen, sondern die einfach komplette Solaranlagen an Endkunden verkaufen.

Und die kaufen halt größtenteils ihre Einzelteile momentan günstig in China ein. Und die haben natürlich überhaupt keine Lust dazu, jetzt irgendwie in Deutschland teurere Technik einzukaufen. Und außerdem warnen sie auch so ein bisschen vor der Unsicherheit, die da entstehen

könnte. Also Unternehmen wie Enpal zum Beispiel oder 1,5 Grad, deutsche Unternehmen mit tausenden Mitarbeitenden, die warnen: Wir könnten extrem viele Probleme bekommen, wenn jetzt tatsächlich dieser Resilienzbonus am Horizont auftaucht. Und was das konkret bedeutet, das haben wir mal Mario Kohle gefragt. Der ist der CEO, also der Boss quasi des Solaranbieters Enpal. Er sagt:.

Förderung der europäischen Solarindustrie, okay, aber nicht bitte mit einem Resilienzbonus für Leute, die eben europäische Solartechnik aufs Dach setzen. Direkte Folge der aktuell diskutierten Förderung über einen komplizierten Endkundenbonus wäre ein Chaos auf dem Solarmarkt zulasten des Handwerks. Kunden würden bestehende Aufträge stornieren und auf die Verfügbarkeit der geförderten Module warten, die es in der benötigten Menge gar nicht

gibt. Der Einbruch der Nachfrage bedeutet ein verheerendes Stop and Go, das tausende Arbeitsplätze aufs Spiel setzt und die Existenz vieler Solarbetriebe gefährdet. Die Solar Ausbauziele und die Klimaziele kämen unter die Räder. Okay, also wenn es dieser Resilienz Bonus nicht ist, kann man diesen Firmen, wenn man denn will, dass die in der EU produzieren, nicht einfach direkt Geld überweisen? Das ist zum Beispiel so eine Frage, die da im Raum steht.

Und um das mal kompetent zu klären, haben wir uns verabredet mit Franziska Brantner. Sie ist Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Also im Hause Habeck, 44 Jahre alt, promovierte Politikwissenschaftlerin, hat unter anderem studiert am Sciences Po in Paris und an der SIPA, der School of Public International Affairs, der Columbia University in New York City. Herzlich willkommen in der Lage der Nation. Ich danke für die Möglichkeit.

Wir haben es eben gehört. Resilienzbonus für die Solarbranche in Deutschland - Ja oder nein? Wir haben in einer in Europa und auch in Deutschland zwei relevante Ziele. Wir wollen sehr schnell den Ausbau der Erneuerbaren haben. Dazu gehört natürlich auch Solar. Und gleichzeitig wollen wir auch bei der Technologie Weiterentwicklung dabei sein.

Wir wollen auch bei uns einen Teil der Wertschöpfung haben, um sicherzustellen, dass wir auch in Zukunft hier selber agieren können, wenn es auch nötig sein sollte und zu große Abhängigkeiten in diesem Bereich vermeiden. Wir haben in den letzten zwei Jahren gemerkt, wie schmerzhaft es ist, wenn man für eine Energie Branche von einem anderen Land zu sehr abhängig ist. Deswegen wollen wir das für die Zukunft gerne vermeiden. Und deswegen sind das zwei Ziele und die müssen wir gut in Einklang

bringen. Und eine Option ist es

eben zu sagen

Es gibt einen sehr begrenzten, sehr limitierten Bereich, in dem auch ein Kriterium wie weniger Verwundbarkeit, größere Sicherheit, größere Innovationskraft bei uns auch ein relevanter Punkt sein kann. Das heißt also, sind Sie für einen Resilienzbonus? Die Frage ist immer, wie es ausgestaltet wird. Also sind Sie dafür.

Ich bin im Prinzip dafür, sich zu überlegen, wie man diese gemeinsamen Ziele gut so ausgestalten kann, dass wir eine billige, eine schnelle, einen schnellen Ausbau der Erneuerbaren bei uns in Deutschland haben und gleichzeitig nicht komplett die Technologien bei uns auch verlieren. Okay, nun ist natürlich die Frage ist dieser Resilienz Bonus tatsächlich das Instrument, das uns hier weiterführt? Wir haben die Kritik von einem der führenden Anbieter von quasi schlüsselfertigen Solaranlagen eben

gehört. Wenn die Politik will, dass auch in Europa Photovoltaiktechnik produziert wird, warum geben wir Herstellern wie zum Beispiel der Firma Meyer Burger, die ja in Sachsen Produktionsbetriebe unterhält, nicht einfach Geld? Warum sagen wir denen nicht einfach okay, die Chinesen werfen viel Geld in ihre Unternehmen. Das machen wir jetzt eben auch, damit die international konkurrenzfähig sind. Na ja, die Frage ist ja immer Geld kommt ja nicht vom Himmel, sondern muss ja auch irgendwo herkommen.

Das ist am Ende auch Steuerzahlergeld. Und momentan haben wir auch dort gewisse Begrenzungen. Sie haben die Debatten vielleicht mitbekommen. Schuldenbremse lässt grüßen. Und deswegen ist auch die Frage, wie man hier ein Level playing field herstellt, weil natürlich wir auch wissen, unter welchen Bedingungen und wie in China viele dieser Solarpanele ja auch hergestellt wird.

Und zu einem gewissen Grad unsere Europäer da auch ja, der faire Wettbewerb vielleicht nicht gegeben ist und wir zusätzlich noch eine besondere Situation haben, dass die amerikanische Seite den Markt zugemacht haben für Produkte aus Zwangsarbeit, was auch ganz stark die Solarbranche betrifft und deswegen jetzt natürlich noch mal mehr zu uns kommt. Das ist nicht, kann man nicht die Chinesen dafür schuldig

machen. Aber es sind natürlich Auswirkungen, die wir in Europa und auch in Deutschland zu spüren haben. Also sie sind im Prinzip dafür, Solarproduktion PV Produktion in Europa zu halten aus politischen Gründen. Wir wollen uns nicht abhängig machen. Die Amerikaner, haben sie gesagt, wollen das auch. Die Amerikaner haben die Zölle zum Beispiel erhöht.

Auch weil es bei Solarmodulen den Vorwurf häufig gibt, dass sie in China mit Zwangsarbeit und unter schwierigen Arbeitsbedingungen hergestellt werden. Warum sagen wir, warum sagt EU dann nicht erst recht okay, dann erhöhen auch wir die Zölle, dann sind die Paneele aus China teurer. Unsere Leute in Europa haben wieder eine Chance und nebenbei bekämpfen wir auch noch menschenrechtswidrige Arbeitsbedingungen. Also unser Ziel ist ja nicht wie in den USA zu sagen, wir machen das jetzt alles selber.

Also ich halte nichts davon zu sagen, jedes Solarpanele, was in Deutschland auf dem Dach kommt, wird in Deutschland hergestellt, auch nicht in Europa. Wir haben schon bei vielen anderen Dingen überhaupt nicht genügend Arbeitskräfte. Das wäre absurd zu sagen, wir machen das jetzt alles selber. Das ist auch nicht das Ziel. Und das ist durchaus anders als in

anderen Regionen. Und unser Ziel ist zu sagen, wir wollen bei der Technologie, zumindest bei der Weiterentwicklung und auch bei der Innovationskraft weiter mit dabei sein können, um zum Beispiel auch im Zweifel es selber wieder mal zu können. Und das ist ein Unterschied zu Ich mache alles selber. Deswegen ist auch unser Ziel nicht wir wollen per se nichts mehr aus China bekommen. Wir wollen natürlich, dass dort die Zwangsarbeit

endet. Deswegen diskutieren wir auf europäischer Ebene eine Richtlinie gegen Zwangsarbeit. Das ist aber noch mal ein anderes Thema, aber hängt damit zusammen, um hier auch ein Level Playing Field herzustellen. Aber der Anspruch ist nicht zu sagen Wir wollen nichts mehr aus China oder wir wollen unseren Markt komplett abschotten, sondern die

Frage ist

Wie schaffen wir es, dass wir Resilienz, man kann auch sagen weniger Verwundbarkeit haben, dass wir bei der Innovation auch weiterhin bei uns noch mitspielen können. Und das ist ein Ja, ein Ziel. Da haben wir auch gute Akteure im Markt. Und natürlich gibt es da ein gewisses Spannungsfeld zwischen den Akteuren, und wir versuchen, das in eine gute Balance zu bringen. Ja, Sie haben es gerade schon angedeutet Geld fällt nicht vom

Himmel. Es geht also unter anderem auch darum, das vorhandene Geld möglichst sinnvoll einzusetzen bei angespannter Haushaltslage jedenfalls, solange wenigstens einen Koalitionspartner konsequent keine Steuern erhöhen will. Also der Bund ist ja nicht einfach so arm oder knapp bei Kasse, sondern ist deswegen knapp bei Kasse, weil die FDP sich gegen bestimmte Besteuerung wendet.

Aber gut, gehen wir mal davon aus, man muss das Geld möglichst sinnvoll einsetzen und das in einer Situation, wo es ja auch eine Debatte gibt darum, wie steht eigentlich die deutsche Wirtschaft da? Also Herr Lindner und Herr Habeck sind sich im Ansatz einig Deutschland steckt in einer Wirtschaftskrise. Andere Leute sind bei dieser Diagnose nicht so scharf, sagen das Wachstum ist an der Nulllinie. Wir haben eine Wachstumskrise, aber zugleich herrscht ja fast Vollbeschäftigung in vielen

Bereichen. Sie sagten, es fehlen Arbeitskräfte auf allen Qualifikationsstufen. Also schon fraglich, ob nicht auch ein Mangel an Menschen ein relevanter Flaschenhals ist. Aber gehen wir mal davon aus, dass die Wirtschaft tatsächlich staatliche Hilfe braucht, dann setzt ja dieser Streit ein ums richtige Rezept, nicht nur im Bereich PV, sondern im Bereich Industriepolitik

generell. Die FDP bringt immer wieder ins Spiel, man könne doch Unternehmenssteuern senken und oder den Solidaritätszuschlag für Unternehmen streichen. Wie sehen Sie das? Ich teile die Zielrichtung, die auch die FDP hat, dass wir die Innovationskraft in unserem Land stärken müssen und sicherstellen müssen, dass Innovationen finanziert werden.

Dass wir es schaffen, die nächsten Technologien nicht nur zu entwickeln, sondern auch auf die Straße zu bringen, sie zu exportieren in den in den gesamten Weltmarkt. Dass es die deutsche Stärke. Und hier müssen wir auch wieder wettbewerbsfähiger werden. Ein Punkt ist Facharbeitskräfte, da haben Sie absolut recht. Das ist ein limitierende Faktor. Übrigens auch der Krankheitsstand, den wir hatten, ist ein limitierende Faktor. Wir haben den Faktor Energiepreise. Das wird wieder besser.

Da sind wir auf einem guten Weg. Und dann haben wir die Frage Bürokratieabbau, die uns alle umtreibt und wo wir viel machen. Und dann ist die Frage natürlich: Wie hoch sind die Steuern? Und da haben wir in Deutschland, sind wir etwas über dem Durchschnitt bei den Unternehmenssteuern. Gleichzeitig haben wir natürlich hier auch ein gutes Umfeld.

Und jetzt ist die Frage aber, wie man Steuergeld, weil jede Steuersenkung bedeutet ja auch, dass was anderes irgendwo gekürzt werden muss, wie man damit gut umgeht und vor allem wie es zielgerichtet eingesetzt werden muss. Was für uns wichtig ist, ist, dass wir es am Ende wirklich auch schaffen, dass wir mehr Investitionen in Innovationen in unseren Standort auch erreichen. Und nicht jede Unternehmenssteuersenkung bewirkt das.

Deswegen führen wir jetzt die Debatte, wie man das zielgerichtet hinbekommen kann. Und das ist, glaube ich, auch die Aufgabe, weil ja, wenn man gleichzeitig vor allen Dingen sagt, man hält die Schuldenbremse ein, muss man auch sagen, wo man uns dann kürzen will, weil die Mindereinnahmen führen ja woanders sofort auch dann zu Kürzungen.

Heute ist Dienstag, morgen ist Mittwoch folglich, und das ist der Tag, an dem im Vermittlungsausschuss über das Wachstumchancengesetz im Vermittlungsausschuss verhandelt wird. Abschließend das soll dann am Donnerstag beschlossen werden. Was wird da beschlossen werden? Was steht da drin? Ich hoffe, dass es jetzt endlich kommt. Also das ist auch nicht mehr akzeptabel, dass das im Bundesrat aufgehalten wird.

Ich weiß, dass Herr Söder immer noch gerne möchte, dass wir darüber die Frage des Haushalts und die Frage Wie gehen wir mit der Landwirtschaft um klären. Aber das wird unseren Unternehmen nicht gerecht. Die haben jetzt auch selber gesagt, die 18 Wirtschaftsverbände: Jetzt hört endlich auf mit dieser Blockade im Bundesrat. Und ich hoffe, dass wir da jetzt auch wirklich durchkommen und endlich diese Entlastung für Unternehmen auch geben können.

Die Entlastung, wenn das denn so durchgeht, wie man sich das so vorstellt. Die laufen ja so darauf hinaus, dass Unternehmen, die Schulden machen, weniger Steuern zahlen müssen, weil sie ihre Verluste ins Vorjahr und in die Vorjahre übertragen können. Es geht darum da aber auch, dass bestimmte Zuschüsse gewährt werden, wenn sinnvolle Klimainvestitionen getätigt werden.

Aber es läuft schon viel darauf hinaus, dass einfach Unternehmen weniger Steuern werden zahlen müssen, ob sie investieren oder nicht. Und da ist halt die Debatte, ob das eine sinnvolle Sache ist. Insbesondere der Volkswirtschaftsprofessor Sebastian Dullien kritisiert das. Er ist Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, kurz IMK in der Hans Böckler Stiftung, also ein gewerkschaftsnaher Wissenschaftler.

Er hält wenig von pauschalen Steuersenkungen, wie er uns vor diesem Interview gesagt hat. Tatsächlich sind solche allgemeinen Steuersenkungen ein extrem wenig zielgenaues Mittel, die Investitionstätigkeit im Land anzukurbeln. Solche Steuersenkungen bedeuten zunächst, dass alle, die Gewinne machen, mehr von diesen Gewinn behalten dürfen.

Ob dann mit diesen Gewinnen auch tatsächlich in neue Ausrüstung und Anlagen investiert wird und ob solche Investitionen auch in Deutschland stattfinden, das steht auf einem ganz anderen Blatt. Außerdem fallen jene Unternehmen durchs Raster, die derzeit keine Gewinne machen, aber trotzdem investieren würden. Das ist oft bei Startups der Fall, aber auch bei Unternehmen in einer Phase der Umstrukturierung. Steuersenkungen sind ein typisches Beispiel der Gießkanne.

Die können wir uns gerade nicht leisten, weil wir durch Schuldenbremse und Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht unbegrenzt Mittel zur Verfügung haben. Und das geht so ein bisschen darüber hinaus, was im Wachstumschancengesetz stehen wird, sondern das betrifft eher die Forderung von Christian

Lindner und anderen

Wir wollen generell Unternehmenssteuern runter. Genau, weil es Wachstumschancen Gesetz. Sie haben ja schon ein paar Punkte erwähnt. Da ist auch zum Beispiel noch eine Forschungsförderung drin, eine steuerbasierte, die explizit an Forschungsinvestitionen geknüpft ist. Also das ist eigentlich ein zielgerichtetes Instrument, was wir ausweiten, das existiert ja auch

schon vorher. Aber es wird noch ausgeweitet, weil die Unternehmen sagen, das hilft uns, um relativ bürokratiearm und flexibel auch wirklich dann in die Forschung reinzugehen. Deswegen Herrn Dullein an sich würde ich dem zustimmen. Also genau, wir haben die Aufgabe, zielgerichtet staatliche Gelder einzusetzen. Das, finde ich, ist die Pflicht. Das kann auch zu Debatten führen. Aber ich finde, das ist eine Aufgabe, der wir uns stellen müssen.

Aber bei dem Wachstumschancengesetz würde ich jetzt sagen, da sind eben viele Dinge drin, die wirklich auch zielgerichtet sind. Ja, das ist natürlich richtig. Es sind, wie Sie sagen, viele Aspekte da drin in diesem Gesetz, vorbehaltlich der Einigung im Vermittlungsausschuss. Aber es gibt eben ja auch die Gießkannenelemente. Philip hat eben gerade die Verlustvorträge und Verlustrückträge genannt, die Unternehmen eben auch dann steuerlich entlasten, wenn sie keinen Cent investieren.

Und genau da haben wir vor der Sendung wiederum einen kritischen Ton eingesammelt von einem anderen Wissenschaftler. Nämlich Jens Südekum. Der kritisiert zwei Sachen. Die eine hören wir gleich im O-Ton und die andere beziehen auf das, was Sie gesagt haben. Er sagt: Im Prinzip ist das eine gute Idee mit den Wachstumschancengesetz, aber es ist viel zu gering. Selbst diese 7 Milliarden, die wir da irgendwie mal hatten und jetzt wahrscheinlich runtergedampfwerden auf drei oder dreieinhalb.

Tropfen auf den heißen Stein. Okay, das sind ja zwei unterschiedliche Kritikpunkte. Das eine ist es zu klein. Wir würden es gerne größer machen, also gerade die Forschungsförderung. Die Frage ist ja nur, woher nehmen, wenn nicht stehlen? Und die andere Frage ist mit der Verlust vorrechnen, wie man das anrechnet. Das bedeutet ja nicht, dass die Leute die Steuern nicht zahlen. Das finde ich, ist auch wichtig, immer wieder zu betonen, sondern es ist die Frage, wann und wie.

Und da gibt es viele Unternehmen, die in ökonomisch schwierigeren Zeiten, wenn es wieder bessere Phasen gab oder gibt, wie man das besser gestalten kann. Das ist eine Frage der Gestaltung, die für viele Unternehmen aber sehr relevant sein kann. Und das hat natürlich Auswirkung über die Haushaltsjahre. Also das stimmt auch, aber es ist nicht das Gleiche, wie einfach zu sagen, wir senken Unternehmenssteuern.

Nochmals

Wir haben mit Professor Dr. Jens Südekum gesprochen, der ist Professor für International Economics an der Heinrich Heine Universität in Düsseldorf. Und er fordert noch mal explizit eben nicht nur mehr Einsatz von Steuergeldern, sondern auch zielgerichteter Einsatz von Steuergeldern, wie er uns in diesem folgendem O-Ton sagte. Was wir brauchen, ist eine effektive steuerliche Entlastung für Unternehmen, aber eben nur für solche Unternehmen, die auch tatsächlich mehr investieren.

Die sollten entlastet werden, sei es durch günstige Abschreibungsregeln oder durch echte Investitionsprämien, so wie sie im Wachstumschancengesetz, was ja gerade im Vermittlungsausschuss liegt, ja im Prinzip eigentlich auch angedacht waren. Investitionsprämie heißt, ein Unternehmen investiert sinnvoll nach einer Definition, also Klimaschutz, und dann kriegen sie quasi Zuschüsse, richtiges Bargeld. Aber davon gibt es eben zu wenig.

Wir sind, glaube ich, die Letzten, die sagen, wir würden nicht gerne hier noch die Unternehmen stärker entlasten. Ich finde, das ist Teil einer Gesamtdebatte, wie wir in Deutschland nicht nur es schaffen, unsere Modernisierung der Infrastruktur zu finanzieren, also Schiene, Schule, Schwimmbäder, was wir alles zu sanieren haben, sondern gleichzeitig es auch noch schaffen, unsere Wirtschaft so gestaltet zu gestalten, dass sie auf diesen Planeten passt.

Und das erfordert eben unglaubliche Investitionen. Und private wie auch staatliche und wie man das in Zeiten eines Krieges, der auf unserem Planeten und auch in uns, auf unserem Kontinent gerade passiert, in der Ukraine. Wie man das gleichzeitig stemmen soll, wenn man die Schuldenbremse hat in ihrer aktuellen Ausgestaltung, ist die Aufgabe, die wir ja die wir als

Regierung haben. Und ich finde, dass diese Debatte an sich geführt werden muss und nicht nur an einem Wie groß ist es Wachstumschancengesetz, ist das zu groß, einer zu klein? Sondern wir müssen generell die Frage beantworten: Wie finanzieren wir unsere Verteidigungsfähigkeit, unsere Unterstützung für die Ukraine, die Modernisierung unserer Infrastruktur plus die Transformation, die digitale und die mit Blick auf das Klima. Das sind enorme Leistungen, die wir zu stemmen haben.

Und es war auch noch nie in der Vergangenheit so, dass eine Generation die Eisenbahn aufgebaut hat oder das gesamte Stromnetz. Es wurde immer gestreckt über Generationen. Und hier müssen wir Wege finden, wie man das besser gestalten kann. Da gibt es unterschiedlichste Vorschläge, auch von den Ökonomen, die Sie gerade zitiert hatten, von einem Sondervermögen über eine Anpassung der Schuldenregel.

Es gibt ja sehr viele Modelle, und ich denke, dass diese Debatte eine ist, die wir gemeinsam führen müssen, damit dieses Land und Europa nicht nur krisenfest ist, sondern vor allen Dingen auch in Zukunft wettbewerbsfähig ist. Es gibt noch mehr Kritik, die wir abgefragt haben. Unter anderem haben wir Rudi Bachmann gefragt. Er ist Ökonom in den USA. Professor of Economics, und zwar an der University of Notre Dame. Der hat uns heute Nacht was geschickt.

Er hat uns heute Nacht was geschickt, und der knüpft auch an an diesen Wachstumschancengesetz und den Prinzipien. Aber er sagt das Problem liegt eigentlich viel tiefer. Ich sehe die Probleme für den Standort Deutschland ganz woanders. Es ist ja eine geradezu paradoxe Kombination aus überbordender Bürokratie auf der einen und einem erstaunlichen Mangel an staatlicher Leistungsfähigkeit auf der anderen Seite.

So haben wir gerade erfahren, dass Investitionsprämien gar nicht ausgezahlt werden können, weil dem Bund die Daten dazu fehlen. Das ist Schilda. Das ist Schilda. Also er bezieht sich, soweit ich das verstehe, eben auf diese Investition, wo festgestellt wurde Na, selbst wenn wir das jetzt im Vermittlungsausschuss beschließen, das Gesetz, und das gilt ja rückwirkend dann ab 1.

01. 24, können wir diese Investitionsprämie eigentlich frühestens 1. 01. 25 auszahlen, weil uns einfach Technik und Daten fehlen. Das heißt, bis das dann wirklich wirkt und sich in Arbeitsplätzen und Umsätzen auszahlt, wird es im Zweifel 2026. Also dass Deutschland mit Blick auf Digitalisierung und Datenzugänge zehn 15, wenn nicht mehr Jahre im Vergleich zu seinen Nachbarländern hintendran ist, darf ja keinen überraschen, dass wir das jetzt endlich angehen. Ja, zum Glück.

Das ist die gleiche Frage gewesen während der Energiekrise. Warum können wir nicht jedem was auszahlen? Ja, jeder muss Steuern zahlen, aber nicht jeder kann was vom Staat bekommen. Das ist jetzt das BMF endlich angegangen. Hoffentlich haben wir das bald. Es gibt ganz viele Bereiche, in denen wir. Diese Herausforderung haben wir übrigens diese Woche.

Gute, gute News. Das Onlinezugangsgesetz, was am Freitag im Bundestag verabschiedet wird, was endlich auch mit Blick auf die Verwaltung den Onlinezugang Digitalisierung so vorsieht, dass es nicht nur online eingegeben wird und danach ausgedruckt wird und die Akte wieder abgeheftet wird, sondern das ist wirklich digital ist. Wir revolutionieren da gerade relativ viel. Geht es mir alle schnell genug? Ich könnte es mir auch noch schneller vorstellen, aber immerhin gehen wir jetzt diese Schritte.

Da hat Herr Bachmann ja komplett recht. Wir haben da Nachholdefizite, was enorm ist. Und wir sind auch dran bei der Bürokratie. Da hat sich viel aufgebaut über die letzten Jahrzehnte... Was machen Sie da konkret? Also Bürokratieabbau, ist ja immer so ganz. Was bauen Sie ab? Ja, ich mach es Ihnen mal konkret. Also zum Beispiel haben wir in Deutschland nicht digitalisierte Energienetze während der Ukrainekrise, meine baltischen, nordischen, die

immer gefragt haben

Warum nutzen denn nicht eure Bürgerinnen und Bürger stärker die Vorteile, dass sie den Strom nutzen, wenn er billig ist? Man sagt ja, das ist ja im Konzept alles richtig bei euch auch seit zehn Jahren möglich. Bei uns ist der Ausbau der Smart Meter aber sehr gering. Da gab es Drittigkeiten zwischen BMI, Innenministerium, Wirtschaftsministerium, über die der Datenschutz ausgestaltet werden muss, die Sicherheit dieser Dinger. Und es war so, dass es alles blockiert hat über Jahre.

Das haben wir zum Beispiel sehr schnell angegangen, das Gesetz Smart Meter Gesetz. Und dann haben wir gemerkt, dass wir dort eben die Vorgaben für die Handwerker einfach drastisch reduziert haben, damit sie sich das für die überhaupt lohnt, diese Smart Meter einzubauen. Dann haben wir gemerkt Oh, das fehlt noch was im Eichrecht jetzt. Eichrecht ist sehr spezifisch, aber da steckt Bürokratie drin.

Aber dann haben wir gesagt, wir müssen jetzt das, weil es digital ist, nicht mehr die gleichen Anforderungen haben aus dem Eichrecht als für einen analogen Zähler. Weil er anders funktioniert. So deswegen haben das Eichrecht jetzt im Januar noch mal geändert und damit noch mal wieder Bürokratie

weggehauen. So, das ist ganz konkret und präzise Bürokratieabbau, den wir machen und das ist eben nicht nur blabla und generell sind alle dafür, sondern ganz konkret und präzise betrifft das das Eichrecht zum Beispiel. Ein weiterer Faktor, der häufig zitiert wird. Um zu begründen, warum Deutschland als Standort für die Industrie zurzeit weniger attraktiv sei, ist der vermeintlich oder tatsächlich hohe Strompreis

für die Industrie. Zwischenzeitlich gab es ja auch mal die Diskussion um den sogenannte Industriestrompreis, also einen staatlich gedeckelten Industriepreis für bestimmte Industriebetriebe. Wie ist denn da der Stand der Debatte? Ist der Strompreis wirklich noch so hoch? Ist der wirklich noch eine Belastung für den Standort Deutschland? Also wir haben jetzt im Januar einen Strompreis an der Börse gehabt, der niedriger war als zuletzt im Mai '21.

Das bedeutet noch nicht, dass er bei jedem Unternehmen und bei jeder Bürgerin auf dem Niveau ist. Das ist der Preis an der Börse. Aber es ist trotzdem schon mal ein Signal. Sie erinnern sich, als der Skyrocketing war und wir gedacht haben Gott, das Land explodiert. Von daher ist es trotzdem schon mal eher good news als Bad news. Wir haben aber trotzdem natürlich in den energieintensiven Branchen immer noch Kosten, die höher sind als in Nachbarländern oder in Wettbewerbsländern.

Deswegen haben wir zwar nicht den Industriestrompreis hinbekommen, wie er ursprünglich anvisiert war. Wir haben aber letztes Jahr noch, das war schon vor Weihnachten, noch mal Entlastung gemacht bei der Stromsteuer. Wir haben auch für die besonders Energieintensiven eine Verlängerung gehabt von einer Förderung auch in Milliardenhöhe. Das hat auch die Haushaltsnachverhandlungen überlebt. Das wurde jetzt zwar nicht mehr neu thematisiert, deswegen geht es manchmal unter.

Aber natürlich ist das auch eine relevante Unterstützung der energieintensiven Industrie in Milliardenhöhe. Aber wo Sie sagen, sorgsamer Umgang mit Steuergeldern, wenn Sie einfach die Stromsteuer senken, dann ist das Gießkanne pur. Davon profitieren alle Unternehmen, die Strom verbrauchen.

Ob sie viel verbrauchen, ob sie klimaschädliche arbeiten oder nicht klimaschädlich arbeiten, für alle wird der Strom billiger und der Industrie Strompreis hat ja wenigstens vorgesehen, dass nur die davon profitieren, die auch investieren in Klimaschutz. Also dann passt das nicht zusammen. Wir haben ja die Debatte in Deutschland mitbekommen. Aber Sie tun immer so, als hätten sie damit nichts zu tun. Sie sitzen da und beobachten.

Und sie sind nun mal in dieser Regierung und die macht das und macht das. Ich hätte gerne was anderes, aber na ja, nun ist das noch mal so. Es ist ja so, dass man in der Regierung Kompromisse finden muss und am Ende was hinzubekommen. Es ist genau Teil das das Schöne auch an der Demokratie, dass Demokratie nicht bedeutet, das was ich will, setzt sich durch, sondern dass man sich auseinandersetzt und am Ende etwas bekommt, was hoffentlich besser ist als der

Status quo. Und da bin ich immer noch der Meinung, dass es besser ist als der Status quo und auch viele natürlich kleinere Unternehmen davon profitieren. Aber der Industrie Strompreis an sich, Sie haben die Debatte verfolgt, die haben wir ja auch ausführlich, ich glaube über ein halbes Jahr lang diskutiert. Mir war es wichtig, dass wir am Ende diese Unternehmen zum Beispiel im Rohstoffbereich, aber auch in anderen Chemiebereich, Glas dass wir die bei uns halten

können. Das sind relevante Wertschöpfungsbereiche, übrigens auch resilienzrelevant. Wir haben am Anfang über Resilienz gesprochen. Weniger Verwundbarkeiten dafür sind ja auch relevant. Und deswegen ist es schon etwas, wohin ich auch stehe. Auch wenn es natürlich, wenn das ein rein grüner Entwurf gewesen wäre oder ein rein grünes Ergebnis, hätte es etwas anders ausgesehen. Ja, vielleicht nur für unsere Hörerinnen und Hörer der kleine

Nachtrag

Was Frau Brantner gesagt hat zum Strompreis, das ist in der Tat Stand der Dinge. Es hat uns auch überrascht. Bei der Recherche für dieses Interview war unter anderem auch eine Botschaft von Professor Jens Südekum auf Twitter. Er sagt nämlich aktuelle Strompreisanalyse vom Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft in Deutschland, also den energieversorgenden Unternehmen. Und der Strompreis für die Industrie in Deutschland ist tatsächlich deutlich gesunken.

Er bewegt sich heute unter dem Niveau des Jahres 2021 nur noch knapp über dem Niveau von 2020. Das heißt also, das Thema Strompreis ist für die Industrie durch. Sie haben es angedeutet, für die Haushalte noch nicht ganz. Da hängen Verbraucherinnen teilweise noch fest in zu teuren Verträgen. Aber jedenfalls im Grundsatz ist das Thema Strompreis in Deutschland durch. Und das bei über 50 % grüner Energie. Das ist schon, finde ich, eine große...

Deswegen habe ich ja gesagt, das waren Good News im Januar. Also das kann man nicht anders bezeichnen. Die Frage ist natürlich immer, was kommt in der Zukunft und so, aber ehrlich gesagt, wir waren vor zwei Jahren oder besser wir haben jetzt zwei Jahre des grausamen Angriffs Putins gegen die Ukraine. Ich weiß noch, damals haben alle gesagt, das wird katastrophal. Und dass wir zwei Jahre später bei einem niedrigeren Preis an der Börse sind als im Jahr 21.

Ohne den Krieg. Ohne den Krieg, da finde ich, muss man sich nicht vor verstecken. Wie sagt man in Amerika, wo sie ja

auch studiert haben

leave on a high note. We were at the same University. That's right. Und ich habe tatsächlich meinen Master auch gemacht und die SIPA ist neben der Law School. Genau, ich war immer in der Law School Library. Frau Brantner, ganz herzlichen Dank für dieses Interview. Schön, dass Sie Zeit hatten für die Lage der Nation. Herzlichen Dank. Genau im Nachklang zu diesem Interview fand ich noch mal dieses Interview mit Ulrike Malmendier in ihrem Spiegel ganz

interessant. Musste beim Lesen an unser Interview mit Frau Brantner denken, weil es auch in dem

Interview darum ging

Ja, wir müssen ja sparsam mit Steuergeld umgehen und wir können das nicht einfach rauspullern, auch wenn der Anlass und das Ziel noch so klimafreundlich ist. Und Frau Malmendier argumentiert ein bisschen dagegen mit dem Beispiel USA, die sagt, in den USA wird das ein bisschen anders gehandhabt. Da wird weniger konkret vorgegeben, welche Heizung die Leute sich jetzt wann bis wohin einbauen sollen, sondern da wird gesagt über diesen Inflation

Reduction Act

Pass mal auf, wenn du dir klimafreundliche Technik anschaffst oder darin investierst, sei es ein Auto, sei es eine Batterieproduktion, dann bekommst du Geld bzw da musst du deutlich weniger Steuern zahlen. Und das deutsche Argument, das deutsche Gegenargument gegen so was ist dann immer der Mitnahmeeffekt. Ja was wenn die Leute sich sowieso ein eAuto kaufen? Was, wenn sie sowieso eine Batteriefabrik bauen wollen? Dann kriegen sie doch jetzt extra noch Steuergeld oder einen Steuerbonus.

Das ist doch ineffizient. Und das findet sie persönlich nicht so wahnsinnig überzeugend.

Sie sagt dazu

Natürlich ist dieser generelle Ansatz manchmal ineffizienter. Da bekommen Leute und Unternehmen Geld, die sich sowieso ein eAuto gekauft oder in eine Batteriefabrik investiert hätten. Sowas macht uns in Deutschland immer sehr nervös. Mitnahmeeffekte ist ja ein Klassiker, aber wir wollen ja nichts verschwenden, also machen wir dann lieber erst mal gar nichts. Ich glaube, wir sollten es viel öfter mal andersherum versuchen.

Einfach mal etwas ausprobieren in dem Wissen, das ist jetzt noch nicht perfekt, aber es wird uns weiterbringen. Da können wir von den USA lernen. Ja, das geht aber nur mit Kohle. Das geht natürlich nur mit Kohle und das ist genau das Problem. Da sind wir dann wieder bei einem großen Problem Deutschlandbremse/Schuldenbremse. Und ich finde, an der Stelle kam mir noch ein Gedanke. Das kam wiederum in dem Interview mit Herrn Russwurm, dem Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Industrie.

Der wies nämlich auch darauf hin, dass einfach die Unternehmen in Deutschland unter überbordender Bürokratie leiden. Und das ist natürlich auch genau das Ding. Bevor man irgendwas subventioniert, was nicht 150 % treffsicher ist, lassen wir natürlich Unternehmen auch gerne mal 150 seitige Anträge ausfüllen, die dann natürlich wiederum von hunderten von Leuten in den Behörden geprüft werden müssen.

Und da hat sie jetzt nicht ausdrücklich gesagt im Spiegel, aber da passt, finde ich dieser Russwurm Gedanke ganz wunderbar dazu. Wenn man, sagen wir mal etwas weniger treffsicher subventioniert, etwas weniger kontrolliert, dann schafft man auch nicht diesen bürokratischen Overhead. Einen zweiten Nachtrag, den wir liefern müssen zu dem Interview ist natürlich dieser Vermittlungsausschuss in Sachen Wachstumschancengesetz.

Da waren wir während des Interviews am Dienstag davon ausgegangen, dass das dann am Mittwoch abgeräumt wird und dann zack zack beschlossen wird. Well, es kam anders. Also gestern tagte zwar der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat, der notwendig geworden war, weil die unionsgeführten Länder im Herbst das Wachstumschancengesetz im Bundesrat zunächst abgelehnt hatten. Es gab auch einige Einigung in anderen Fragen, aber eben keine Einigung beim Thema Wachstumschancengesetz.

Der Vermittlungsausschuss hat zwar abgestimmt, aber dieses Verhandlungsergebnis letztlich nur mit den Stimmen der Koalition beschlossen. Die Union hat da nicht zugestimmt. Im Vermittlungsausschuss hatte sie dazu die nötigen Stimmen, aber eben nicht im Plenum des Bundesrats. Und da steht nun ein Showdown an, voraussichtlich am 22. März. Es war noch völlig unklar, ob die Unionsländer da das Wachstumschancengesetz passieren lassen werden oder nicht. Stand heute würde ich denken, eher

nein. Auf der anderen Seite gibt es aber natürlich insbesondere auch viele Wirtschaftsverbände, die seit Wochen an die Union appellieren, ihren Widerstand aufzugeben.

Und sagen wir mal so

Das Spannende dabei ist ja, dass die Union dieses Wachstumschancengesetz nicht etwa deswegen ablehnt, weil sie das Gesetz inhaltlich falsch finden. Eigentlich wollten die ja sogar noch mehr. Also ursprünglich ging es ja mal um 7 Milliarden, die die Wirtschaft entlastet werden sollten. Jetzt in den Verhandlungen waren es dann eher so gute 3 Milliarden. Die Union hatte eigentlich immer noch viel, viel mehr als 7 Milliarden gefordert.

Also das ist nicht der Grund, warum die Union dieses Gesetz über den Bundesrat blockiert, sondern die blockieren es, weil sie mit dieser Entscheidung über die steuerliche Förderung von Unternehmen ein anderes Thema verbinden. Ja, sie sind nämlich zu einem ganz anderen Thema, anderer Meinung als die Ampel. Die Union will Subventionen für Agrardiesel erhalten, die die Ampel streichen will. Allerdings sagt die Union nicht, wo das Geld dafür herkommen

soll. Und sie will natürlich auch nicht an der Schuldenbremse rütteln. Andere Steuern erhöhen will die Union schon gar nicht. Deswegen ist es, glaube ich, nicht überinterpretiert, wenn man sagt, es handelt sich dabei um eine Charmeoffensive der Opposition gegenüber den Landwirtinnen und Landwirten, die natürlich nicht wollen, dass diese Agrardieselsubventionen eingespart werden. Aber diese Charmeoffensive ist eben nicht finanziert. Und weiß ich nicht, wie fundiert man das finden soll.

Ja, genau. Die Ampel hat ja diese Subvention für den Agrardiesel gestrichen, weil sie Geld einsparen muss oder weil sie glaubt, Geld einsparen zu müssen durch das KTF Urteil und nun sagt

die Union

Na ja, wir würden diese Subvention weiter gern erhalten. Also muss das Geld woanders herkommen. Und woher, sagt sie, aber nicht. Woher, sagt sie nicht. Und die Frage ist natürlich außerdem und das ist der Vorwurf an die Union. Hey, jetzt vermischt das doch nicht alles. Wir reden hier über die Entlastung der deutschen Industrie, der deutschen Wirtschaft. Was bitte hat denn der Agrardiesel mit dem Wachstumschancengesetz zu tun? Und die Union sagt: Na ja, Landwirtschaft ist eben auch

Wirtschaft. Ihr könnt nicht darüber reden, Steuern für die Industrie zu senken und gleichzeitig Steuern für die Landwirtschaft quasi zu erhöhen. Wobei natürlich die Landwirtschaft von den Regelungen im Wachstumschancengesetz auch profitieren würde. Ist jetzt nicht so, dass die Landwirtschaft ausgeklammert ist. Sie würde eben nur durch die Streichung oder das langsame Abschmelzen der Agrardieselsubventionen an anderer Stelle belastet. Industrievertreter jedenfalls sehen das anders als die Union.

So fragte Moderator Christoph Heinemann heute früh auch den Präsidenten des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Siegfried Russwurm. Was hat Agrardiesel mit Wachstumschancen zu tun? Ich glaube, die Problemstellungen Deutschlands, die Herausforderungen, die auf uns zukommen, sind vielgestaltig. Und ich halte es wirklich für schwierig, dann solche Verbindungen einzugehen. Einzelne Themen miteinander zu verknüpfen. Es passiert das eine nur dann, wenn das andere nicht passiert oder umgekehrt.

Eine sehr schwierige Argumentation. Und weil die Union diesen Beschluss eben nicht mitträgt, wird nun erst am 22. März im Bundesrat klar, ob dieses Wachstumschancengesetz nun durchkommt oder nicht. Dann rückwirkend zum 1.1., aber das ist natürlich dann doch ein schon ewiges Hin und Her, muss man sagen. Und ich finde, das lohnt an dieser Stelle auch noch mal einen Hinweis auf das grundsätzliche Problem der Blockaden im Bundesrat. Man sieht es hier wieder. Die Ampel hat im Bundestag eine

Mehrheit. Sie hat ein Problem aufgrund der KTF Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom letzten Herbst fehlt Geld. Sie muss dann und hat dafür auch ein Mandat der Menschen in Deutschland, die politische Entscheidung treffen: Wo wollen wir sparen und wo nicht? Und sie hat nun die Entscheidung getroffen Wir wollen die Wirtschaft entlasten. Da will man nicht sparen. Das lassen wir uns sogar im letzten Stand noch 3 Milliarden € kosten.

Aber wir wollen Geld einsparen bei Subventionen für Agrardiesel. Das ist die politische Entscheidung der Ampel. Die kann sie aber jetzt nicht durchsetzen, weil nämlich die Opposition die CDU, CSU über den Bundesrat da reingrätschen kann. Ja, und jetzt würde man ja erst mal sagen Na komm.

Also, wenn die Bundesregierung beschließt, wir entlasten die Wirtschaft um 7 Milliarden € und die Hälfte davon sollen die Länder bezahlen, dann finde ich es erst mal plausibel und legitim und richtig, dass der Bundesrat dort mitentscheiden kann. Also wenn der Bundesrat für irgendwas da ist, dann für so was. Ja, wobei man sagen muss, es werden vor allem auch die Kommunen belastet. Aber trotzdem, auch deren Interessen sollen ja die Länder

wahren. Da würde ich auch sagen, wenn die Union im Bundesrat sagen würde, wir finden das Wachstumschancengesetz zu teuer, das können sich die Länder nicht leisten, deswegen sind wir dagegen, dann würde ich sagen absolut legitim. Das ist quasi ein Blockadegrund. Für den wurde das Zustimmungsfordernis im Bundesrat ursprünglich mal geschaffen. Bovenschulte In Bremen macht das genau das. Der ist es lustigerweise sogar ein SPD Regierungschef in Bremen

sagt

Sorry, liebe Leute, wir können da nicht zustimmen. Wir haben einfach jetzt schon derart Ebbe in der Kasse, dass wir nicht mitmachen können. Das halte ich für legitim. Aber die Union sagt ja nicht, das Wachstumschancengesetz ist zu teuer für die Länder, die wollen das ja sogar noch ausbauen. Die Union sagt nur Agrardiesel! Völlig anderes Thema. Und das ist aus meiner Sicht ein Musterbeispiel dafür, wofür eben die Blockademacht des Bundesrats nicht geschaffen wurde, sondern wo die Union sie

missbraucht. Der Fairness halber: Das machen alle Parteien. Genau das ist in dieser Institution mittlerweile eingewebt. Und das Argument ist ja, dieses Wachstumschancengesetz, das ist eine Angelegenheit auch des Bundesrates. Aber die Senkung oder das Abschmelzen der Agrardieselsubventionen, das ist nun mal eine Entscheidung der Bundesregierung. Dafür ist sie legitimiert, über den Bundestag das zu tun.

Und wenn die Union das jetzt blockiert, dann kann sie das nur machen, weil sie in den Ländern eine bestimmte Mehrheit hat und so über den Bundesrat blockieren kann, mit einem sachfremden Thema. Hat mit Wachstumschancen nichts zu tun. Und so, so verhindert sie, so sagt sie Ich bin nicht einverstanden mit dieser Agrardieselsubvention, wie ihr damit umgeht. Ich habe zwar im Bundestag keine Mehrheit dafür. Aber ich grätsche einfach rein. Über den Bundesrat grätsche ich in dieses Thema rein.

Und das Problem ist natürlich kann man diese Pakete beliebig dick schnüren. Mit dieser Argumentation könnte die Union im Prinzip die gesamte Bundesgesetzgebung torpedieren. Möglicherweise kommen sie als nächstes damit um die Ecke und sagen Also Cannabis Liberalisierung? Nicht mit uns. Keine Ahnung. Finden wir halt politisch falsch. Ist doch super, wies bisher alles läuft. Das machen wir auch nicht.

Das wäre dieselbe Argumentationsstruktur, haben sie noch nicht gesagt, können wir der Union nicht unterstellen. Kann aber sein, dass das als nächstes passiert. Und deswegen sieht man, so wie das zurzeit läuft, funktioniert das einfach nicht im Bundesrat. Und wie das zu lösen sein könnte, dazu haben wir ja schon ausführlich was geschrieben in unserem Föderalismus Kapitel im Buch "Baustellen der Nation".

Wir wollten an dieser Stelle nur mal darauf hinweisen, dass das ein riesen Problem ist, dass der Bundesrat dazu führt, so wie er heute gelebt wird, wie er ausgestaltet ist, dass die Bundestagswahl leider Gottes nicht mehr dazu führt, dass die Mehrheit des Bundestags entscheiden kann. Weil sonst wäre das jetzt einfach. Genau! Normalerweise wäre es jetzt so Agrardiesel runter, Wachstumschancengesetz kommt,

fertig. Passiert aber alles nicht, weil der Bundesrat seine Macht an dieser Stelle in illegitimer Weise ausübt. So wie es auch nie geplant war, von den Menschen, die das die das Grundgesetz mal geschrieben haben.

Und wieder, das ist kein spezifischer Vorwurf gegen die Union, die macht das jetzt aber das haben auch SPD und Grüne an anderer Stelle schon gemacht und deswegen unser Plädoyer wäre da: Man muss die Macht, die Blockademacht des Bundesrats beschneiden, und zwar zur Stärkung der Demokratie, damit die Menschen, die die Mehrheit im Bundestag bestimmen, bei der Bundestagswahl auch wieder die Leitlinien der Politik bestimmen und nicht nur das bestimmen, was der Bundestag macht.

Und dann kommt die Opposition und letzten Endes gibt es einen großen Cocktail, wo irgendwie alle mitmachen müssen, von Grünen bis CSU. Das hat mit Demokratie nix mehr zu tun. Zum guten Schluss, nach gutem Brauch die gute Nachricht der Woche: Deutschland hat sich ja vorgenommen, bis spätestens 2038 aus der Kohle raus zu sein, die letzten Kohlekraftwerke abgeschaltet zu haben. In den Westrevieren, da wird das wahrscheinlich schneller gehen.

Da ist das jetzt bis 2030 schon vereinbart, also in knapp fünf, sechs Jahren. Eventuell sollen auch die Kohlekraftwerke in den Ostrevieren dann abgeschaltet sein. Es steht noch nicht so ganz fest. Und so gut das erst mal klingt, Kritiker haben immer moniert: Na dann ist ja alles gut und schön, wenn ihr da eure Kohlekraftwerke im Westen und Osten abschaltet. Aber das hat ja keinen Klimaeffekt, das bringt ja, das bringt ja in Europa nicht weniger CO2.

Die große Sorge war der sogenannte Wasserbetteffekt. Wasserbetten könnt ihr euch vorstellen. Auf der einen Seite liegt man sich aus Wasserbett und dann geht es auf der anderen Seite hoch wie so eine Welle. Und viele Menschen haben sich einfach Sorgen gemacht, dass es mit den CO2 Emissionen genauso läuft. Und zwar wegen des Emissionshandels in der Europäischen Union. Für jede Tonne CO2 Emissionen braucht es ja einen Erlaubnisschein, ein sogenanntes Zertifikat.

Und nun gibt es für ganz Europa eine fixe Menge solcher CO2 Emissionszertifikate. Und die Sorge war, wenn Deutschland seine Erlaubnisscheine jetzt nicht verbraucht für deutsche Kohlekraftwerke... Weil die alle abgeschaltet werden. ...dann können diese Zertifikate ja einfach frei gehandelt werden. Die kommen wieder auf den Markt.

Andere Kraftwerke in Europa können die Zertifikate dann nutzen, CO2 emittieren und durch den deutschen Kohleausstieg würde der CO2 Ausstoß in Europa dann gar nicht sinken. Das wäre eben dieser klassische Wasserbetteffekt und dann wäre das alles ein Nullsummenspiel. Und was ist jetzt passiert? Die Ampel hat einen, finde ich, bedeutenden Schritt gemacht.

Sie hat jetzt gesagt

Wir löschen diese Zertifikate, die durch den deutschen Kohleausstieg freiwerden. Diese Zertifikate, die frei werden, die sollen nach Auskunft der Bundesregierung jetzt nicht mehr auf den Markt kommen. Damit können sie auch anderswo in Europa im System des Emissionshandels nicht mehr für weiteren CO2 Ausstoß genutzt werden. Dazu muss man sagen Deutschland muss das nicht machen. Man hätte die weiter handeln können, die Zertifikate. Die sind auch viel Geld wert.

Also da kann man ja einiges mitverdienen. Aber die Staaten können eben etwa nach Stellung fossiler Kraftwerke eine entsprechende Menge an Emissionsrechten streichen. Lassen die EU, ermuntern die Staaten dazu ausdrücklich sogar. Und die Bundesregierung hat das jetzt eben gemacht. Und das ist, finde ich, eine sehr gute Nachricht, weil das für den Klimaschutz und den CO2 Ausstoß in Europa wirklich dann ein substantieller Fortschritt ist.

Und sie macht das eben auch und das finde ich spannend aus politischer Überzeugung und nicht, weil sie europarechtlich zwingend dazu verpflichtet wäre. Insofern, da muss man auch sagen, da hat die Ampel aus einer Klimaschutzperspektive tatsächlich geliefert. Damit ist die Lage für diese Woche abschließend ausführlichst erörtert, wie er das nicht anders gewohnt seid. Wir danken euch fürs Zuhören.

Wir danken euch auch für nettes Feedback und wenn euch die Lage gefällt, schreibt uns doch einen netten Satz in der Podcast App eures Vertrauens. Ist ja wie immer im Internet. Auch bei uns schlägt leider immer mal wieder Hass auf in den Kommentaren auf iTunes und in anderen Podcastapps. Und euer Feedback, euer freundlicher Satz würde uns sehr dabei helfen, dass diese einzelnen Hasskommentare in einem Rausch von Flausch untergehen. Ganz herzlichen Dank und einen schönes Wochenende!

Bis nächste Woche Chao.

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