
Herzlich willkommen zur Lage der Nation, Ausgabe Nummer 368 vom 15. Februar 2024. Ganz herzlich Willkommen aus dem Lagezentrum. Mein Name ist Philip Banse.

Und ich bin Ulf Buermeyer. Der Philip ist Journalist. Ich bin Jurist. Wir sind beide aus Berlin. Ja, schön, dass du wieder dabei bist, oder vielleicht sogar zum ersten Mal, wenn wir die politischen Ereignisse in Deutschland und der Welt zusammenkehren und analysieren, soweit sie uns interessieren und wir sie für relevant halten.

Wir haben viel vorbereitet. Deswegen ohne lange Vorrede hinein ins Pad, hinein in die Sendung. Heute ist Donnerstag, Ulf. Gestern war offensichtlich Mittwoch. Noch genauer war gestern Aschermittwoch. Also jener Tag, an dem laut Wikipedia, ich habe es mal nachgeguckt, die Westkirche seit dem Pontifikat Gregors des Großen die 40 tägige Fastenzeit beginnt.

Pontifikat, das ist für die Menschen, die nicht so tief drinstecken im Katholizismus, die Amtszeit eines Papstes. Der Papst heißt ja auf Latein Pontifex Maximus. Und da gab es offensichtlich vor sehr langer Zeit mal einen Papst Gregor, und der hat das eingeführt. Ja, und in Deutschland gibt es nun noch die Spielart des politischen Aschermittwochs. Das sind im Grunde, Philip, so politische Sportveranstaltungen, aber bei denen wird schon richtig geholzt.

Ja. Nichtsdestotrotz würde ich sagen, sind diese Veranstaltungen am politischen Aschermittwoch doch wichtige Institutionen, wichtige Veranstaltungen der deutschen Parteiendemokratie. Und so wollten auch die Grünen sich gestern wie eigentlich alle anderen Parteien auch versammeln. Und das machen sie seit Jahren in Biberach, Baden-Württemberg.

Ja, und parallel waren Demos von Bauern angemeldet, die protestieren wollten gegen die Politik der Ampel und offenbar spezifisch auch gegen die grüne Partei. Und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir von den Grünen hatte sich sogar noch bei einer nahegelegenen angemeldeten Demo und der Kritik der Landwirtinnen und Landwirte gestellt, mit ihnen über ihre Anliegen diskutiert und sagte im Anschluss, er habe den Umgang als sehr fair und anständig wahrgenommen. Philip, worum geht es den denn?

Ja, na gut, wir hatten diese Bauernproteste ja noch nicht in der Sendung, deswegen kann man das mal so kurz zusammenfassen. Also angeblich sind die Anliegen die Rücknahme der Streichung der Agrardieselsubvention. Also das sind Subventionen, die deutsche Bauern und Bäuerinnen bekommen, auf ihren Diesel, den sie halt für ihren Betrieb in Landmaschinen verbrauchen und der wird durch diese Subvention
billiger. Konkret sind halt in einem normalen Liter Diesel 0,47 € Steuern drin, wenn man den kauft und die Bauern bekommen halt 0,21 € davon zurück bisher. Das will die Ampel streichen. Jetzt nicht, das ist die Konzession sofort, sondern eben stückweise. Bis dann die Subventionen 2026 auf Null gefahren ist und Bauern Bäuerinnen für ihren Diesel eben genauso viel zahlen dann wie alle anderen.

Bauernverbände reden nun von Existenzbedrohungen. 7.000 € im Jahr könnten da hinterher in der Kasse fehlen. Das Bundeslandwirtschaftsministerium, also das Haus von Cem Özdemir, hält gegen. Es rechnet aus, die Betriebe bekamen im Wirtschaftsjahr 2020 und 2021 im Schnitt rund 3.000 € pro Topf, also nicht 7000. Und insofern kann man sich natürlich schon die Frage stellen,1 klar, 3.000 € haben oder nicht haben, das ist natürlich spürbar.
Aber ob das nun wirklich existenzbedrohend ist, da denke ich, ist schon ein Fragezeichen berechtigt.

Ja, und da scheinen doch noch andere Motive und Emotionen eine Rolle zu spielen. Es gibt ja auch ein paar Anzeichen, dass rechtsextreme Gruppen zumindest einige Bauern beeinflussen. Einige dieser Aktionen mindestens beeinflussen, würde ich sagen. Und da dürfte es halt um deutlich mehr gehen oder um andere Sachen als nur um die Subvention für den Agrardiesel.

Ja, also das ist natürlich so, das quasi Teil des Play Books so rechtsextremer Gruppen ist ja die Demokratie generell zu delegitimieren und ein Teil davon ist eben, die Ampel zu destabilisieren, die Lage in Deutschland zu destabilisieren und dementsprechend massiv sind auch die Proteste. Also vielleicht erinnern sich einige von euch noch an den Angriff auf Robert Habeck. Der war privat mit seiner Familie auf der Hallig Hooge in der Nordsee
unterwegs. Und als er dann mit dem Schiff zurückkam, da stand quasi an Land ein gewaltbereiter Mob und ich glaube das Schiff hat wieder abgelegt.

Das Schiff hat wieder abgelegt. Ähnlich, hatten wir hier noch nicht in der Lage, es haben die Bauern mit Treckern eine Druckerei blockiert, um die Auslieferung von Zeitungen zu verhindern, was ihnen eine Zeit lang dann auch gelungen ist. Auch die Süddeutsche Zeitung, andere Zeitungen aus dem Springer Verlag.

Und die Begründung war, dass ihnen die Berichte nicht passt.

Richtig, genau. Also wurde ausgeliefert die Zeitung und die Begründung war eben, uns passt die Berichterstattung nicht. Das ist schon-

Das ist schon Hardcore. Das ist wirklich ein ganz massiver und nicht nur quasi versehentlich, also ein ganz gezielter Eingriff in die Pressefreiheit. Also man kann natürlich die Berichterstattung von Medien kritisieren. Das passiert bei uns natürlich auch jede Woche, da gibt es das Lageforum dazu. Also selbstverständlich müssen sich Journalistinnen Journalisten der Kritik stellen.
Aber quasi gewaltsam die Publikation einer Zeitung zu verhindern zu versuchen oder jedenfalls dann im Ergebnis, es immerhin zu verzögern. Das ist schon, das ist schon einfach starker Tobak.

So, und jetzt also diese Proteste und dann auch Blockaden beim politischen Aschermittwoch der Grünen in Biberach. Die Zufahrt zum Veranstaltungsort wurde schon sehr früh mit Sandsäcken, Pflastersteinen und auch Treckern blockiert. Da wurde ein Misthaufen vor dem Eingang des Veranstaltungsorts abgeladen. Die Zufahrtsstraßen zur Stadthalle waren halt verstellt und blockiert mit Traktoren. Und wie das so üblich ist, lautes Gehupe und Musik war zu hören.

Und ein Sprecher der zuständigen Polizei in Ulm sagte dazu, von Teilen der Demonstrierenden sei es zu "aggressiven Protestaktionen" gekommen. Polizistinnen, Polizisten und Fahrzeuge seien mit Gegenständen beworfen worden. Drei Bedienstete seien da leicht verletzt worden, ein Polizeiwagen beschädigt und die Polizei habe darauf Pfefferspray und Schlagstöcke eingesetzt und ein Tatverdächtiger sei festgenommen worden.

Der grüne Europaabgeordnete Michael Bloss sagt, es sei auch die Scheibe eines Begleitfahrzeugs eingeworfen worden, nämlich eines Begleitfahrzeugs von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, der an der Veranstaltung ebenfalls teilnehmen wollte. Wer diese Proteste jetzt genau initiiert hat, ist nicht so ganz klar. Der Landesbauernverband in Baden-Württemberg sagt, wir waren es nicht, wir haben nicht aufgerufen. Wir haben die Proteste im Vorfeld auch nicht unterstützt.
Es seien, sagt halt der Kreisbauernverband, auch Bauern und auch Vorunternehmer vor Ort gewesen. Und diese Proteste seien initiiert worden von einigen kleinen Gruppen.

Was immer das heißt, im Zweifel in irgendwelchen Telegramgruppen oder so, aber wir haben das noch nicht konkret gefunden. Aber zum Beispiel bei diesem, sagen wir mal, bei diesem Mob, da an der Fähre, der Robert Habeck am quasi anlanden gehindert hat, da haben hinterher Recherchen rausgefunden, dass es da also Überschneidungen gab zwischen rechtsextremen Gruppierungen und den Leuten, die diesen Mob organisiert
haben. Deswegen müssen wir mal abwarten, was sich jetzt rausstellt, wer da hinter der Aktion in Biberach steht. Das ist Stand jetzt einfach noch nicht klar, wir nehmen Donnerstagmittag auf. Klar ist aber Philip, die Grünen haben ihre Parteiveranstaltung abgesagt.

Und als Grund nannte der Vorsitzende des Kreisverbandes in Biberach, Michael Gross, die aggressive Stimmung bei Demonstrationen im Vorfeld. Und da könne man jetzt sagen, na gut, okay, war halt ein bisschen viel los. Konnten halt ihre Veranstaltung nicht durchführen. Case closed.

Tja, und ich glaube, ganz so einfach sollten wir uns das nicht machen. Ich halte das schon für eine grobe Grenzüberschreitung. Warum? Klar, natürlich dürfen Bäuerinnen Bauern demonstrieren, so wie alle anderen Bevölkerungsgruppen auch. Meinetwegen auch blockieren. Ja, aber ich denke, Philip, hier war ja doch noch ein bisschen mehr im Spiel.

Ja. Also was mich dabei wundert und auch ein bisschen aufregt, ist, dass die Polizei dann nicht dafür sorgt, dass eine Veranstaltung einer demokratischen Partei trotz der Proteste stattfinden kann.

Also das muss ich ganz ehrlich sagen, da krieg ich auch Puls, wenn ich das höre. Ich meine, ich habe zum Beispiel in Leipzig studiert und Jahr für Jahr hat die Polizei dafür gesorgt, dass da rund um den 1. Mai irgendwelche Nazis demonstrieren konnten. Es gab in einem Jahr mal die Situation, wenn ich mich richtig entsinne, dass die Polizeikräfte nicht ausreichten. Da gab es zu viel Gegendemos, aber in aller Regel wurden da selbst Nazidemos durch die Stadt geprügelt.
Da hat die Polizei den Weg frei geräumt und friedliche Gegendemonstrierende teilweise auch schwer verletzt, um den Nazis den Weg freizuräumen. Und hier will jetzt eine demokratische Partei in einer Stadthalle oder was das da war, eine Parteiveranstaltung abhalten. Parteien, die eben an unserer Demokratie mitwirken, eine essentielle Rolle spielen in unserem demokratischen System. Und die soll da ihre, die sollen ihre Veranstaltung durchführen können?

Und das finde ich, das geht nicht. Die Frage ist, hätte die Polizei mehr machen können, was hätte sie machen können? Also das eine ist offensichtlich, sie hätten natürlich unter Umständen
mehr Leute gebraucht. Wir waren jetzt nicht vor Ort, aber das würde ich jetzt mal deduzieren, dass wenn sich die Partei genötigt sieht, das abzusagen, weil da ein Gefahrenpotenzial vorhanden ist, dann muss man das so verstehen, dass die vor Ort halt nicht wirklich geglaubt haben, dass die Polizei halt für die Sicherheit dieser Veranstaltung sorgen kann. Und da muss man sagen, diese Proteste waren angekündigt, das Klima war aufgeheizt.
Das kann nicht so überraschend gewesen sein, dass da Proteste stattfinden, weil die eben zum Teil angekündigt waren, weil das alles eine Vorgeschichte hat. Die Proteste haben auch schon begonnen. Am Mittwochmorgen, also am Abend, war die Veranstaltung und am Morgen haben die Leute angefangen, dort irgendwie Sachen zu blockieren und hinzustellen. Also da würde ich sagen, da war ausreichend Zeit, um noch ein paar Kollegen aus benachbarten, vielleicht auch Bundesländern da hinzufahren.

Und ich meine immerhin zwölf Stunden. Und vor allem hätte natürlich die Polizei hier auch viel robuster vorgehen können, denn wir hatten das Thema in der Lage, aus Anlass der sogenannten Klimakleber schon ganz oft, Blockaden können als Nötigung strafbar sein. Wir haben das ja oft diskutiert. Das Bundesverfassungsgericht hat Kriterien dafür aufgestellt, wann Blockaden quasi erlaubte Demonstrationen sind geschützt von der Versammlungsfreiheit.
Oder wann sie eben die Grenzen der Versammlungsfreiheit überschreiten und dann als Nötigung strafbar sein können. Maßgeblich sind zum Beispiel Fragen wie die inhaltliche Nähe der Protestform zum Thema. Da würde ich noch sagen okay. Also wenn man, wenn man meint, die Grünen seien verantwortlich für eine bestimmte Politik und dann eine grüne Veranstaltung blockiert, finde ich im Ansatz passt das so ein bisschen so wie keine Ahnung Sitzblockade vor dem Atomdepot.

Grüner Landwirtschaftsminister und so.

Das passt schon, würde ich auch sagen. Aber ein weiteres maßgebliche Kriterium ist eben die Dauer der Blockade. Und deswegen ist eben nicht jede Blockade legal, sondern man muss eben so ein bisschen abwägen, passt das noch? Und wenn man tatsächlich hier offensichtlich über viele Stunden, keine Ahnung, zwölf Stunden oder so diese Blockade durchzieht, das ist länger als jeder Klimakleber. Das muss man sich mal
überlegen. Und ich glaube, das ist auch das eigentliche Problem, wenn man da mal diesen Vergleich zieht, wie die Polizei gegenüber Klimaklebern vorgeht und wie sie gegenüber Landwirten agiert.

Ja, das macht, finde ich, diese Ungleichbehandlung noch viel deutlicher. Bei den Klimaklebern war es so, dass jeder da letztlich ein Strafverfahren wegen Nötigung bekommt. Allein in Berlin gibt es mehrere 1000 Verfahren. Manche Staatsanwaltschaften klagen sogar noch wegen Widerstands gegen Staatsgewalt an, obwohl die Klimakleber letztlich friedlich
sind. Und das Argument dabei ist immer, wer sich festklebt, leistet eben gewaltsamen Widerstand, weil man ja die Leute erst loslösen muss von der Straße.

Also muss man dazu sagen, ist juristisch extrem umstritten. Ich halte das für einen groben Verstoß gegen die Wortlautgrenze, weil in dem Moment, wo die Polizei handelt, natürlich gerade kein aktiver Widerstand mehr geleistet wird, da ist es ja der Kleber, der Widerstand leistet, nicht der Mensch, aber-

Es zeigt aber an, welches Werkzeug da aus dem Koffer geholt wird. Und bei den Bauernblockaden, da gibt es halt einzelne Strafanzeigen.

Und das war's. Das passt einfach überhaupt nicht zusammen. Warum werden die Blockaden der Bauern von der Polizei letztlich hingenommen, während diese Klimakleber hingegen kriminalisiert werden? Und ich meine, immerhin werden da in manchen Bundesländern Strafverfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung geführt. Da wird also das ganz grobe Besteck rausgeholt. Und das, obwohl die Bauern letztlich für ihr eigenes Portemonnaie demonstrieren. Ja, ob es nun 3000 oder 7.000 € sind.
Es ist jedenfalls ein egoistisches Motiv. Während die Klimabewegung ja für uns alle demonstriert und einen Wandel hin zu einer klimaschonenden Lebensführung für uns alle zum Schutz des Weltklimas fordert. Das finde ich, das springt einem so ins Gesicht, dass da einfach mit zweierlei Maß gemessen wird.

Dabei gäbe es durchaus wirksame Mittel, auch gegen diese Bauernproteste. Man kann ihnen zum Beispiel einfach den Trecker wegnehmen.

Und das ist der Witz. Und das verstehe ich nicht, wieso das in der Öffentlichkeit noch nicht angekommen ist, wieso das auch von den Polizeibehörden bislang völlig ignoriert wird. Wenn nämlich der Tatverdacht der Nötigung im Raum steht mittels eines Treckers, dann könnten diese Trecker beschlagnahmt werden. Das sind dann nämlich, wenn es tatsächlich zu einer Verurteilung kommt, zum Beispiel wegen Nötigung, Tatmittel, wie das juristisch heißt.
Dann sind diese Trecker ja quasi die Werkzeuge, mit denen die Bauern die Nötigung begangen haben. Und solche Tatmittel können nach dem Strafgesetzbuch eingezogen werden. Das heißt, dann verliert man das Eigentum an diesem Trecker und der Trecker wird dann zugunsten der Staatskasse versteigert.

Nach einem Urteil.

Genau. Also diese endgültige Einziehung als Tatmittel geht natürlich nur durch ein rechtskräftiges Urteil eines Strafgerichts. Aber es gibt natürlich auch in der Strafprozessordnung vorläufige Maßnahmen, um sicherzustellen, dass man auch später versteigern kann, sodass der Trecker nicht einfach weg ist. Deswegen kann man, wenn eben eine Einziehung später im Raum steht, ein Tatmittel gemäß Paragraph 111 b der Strafprozessordnung vorläufig beschlagnahmen.

Und wenn das nämlich die Polizei tatsächlich konsequent machen würde. Also es wäre mindestens ein herber Dämpfer für die Proteste, wenn die davon ausgehen müssen, wenn sie damit rechnen müssen, wir blockieren. Uns wird unterstellt, das ist Nötigung und die Polizei beschlagnahmt zumindest vorübergehend unsere Trecker.

Dann wären die Bauernproteste ganz schnell vorbei. Ich muss natürlich dazu sagen, man muss das vorsichtig machen, denn Demonstrationen und wenn sie noch so lästig sind, muss man hinnehmen. Genau das haben wir bei den Klimaklebern gesagt, das sehe ich bei den Bauerndemos ganz genauso. Solange die tatsächlich herumziehen, solange tatsächlich noch die Meinungskundgabe im Vordergrund steht, müssen wir als demokratische Gesellschaft das hinnehmen. Und wenn es noch so nervt.
Das ergibt sich auch letztlich aus den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts. Bei Blockaden sieht es aber ein bisschen anders aus. Da muss man eben immer schauen, wie ist die Verhältnismäßigkeit? Wann ist die Schwelle überschritten von dem, was noch als Versammlung geschützt ist, hin tatsächlich zu einer strafrechtlich relevanten Blockade? Wie gesagt, gibt ein Kriterienkatalog, aber irgendwo bei einer halben Stunde ist vorbei.
Zumal ja auf der anderen Seite eben auch die Grundrechte der Partei im Raum stehen. Das ist ja ein ganz massiver Eingriff in die politische Betätigung einer Partei.

Ja, und du hast es gesagt, die Blockade zum Beispiel der Druckerei, würde ich sagen, ist da auch mindestens zweifelhaft. Ich habe das jetzt nicht noch mal recherchiert, aber das wurde blockiert und die Auslieferung wurde über mehrere Stunden verhindert. Ich weiß nicht genau, ob da wann wer wie eingegriffen hat. Haben wir jetzt nicht noch mal recherchiert, aber-

Von Festnahmen war nicht die Rede.

Also, habe ich zumindest nicht gehört. Aber das ist ja auch dann relativ weit entfernt von ihrem inhaltlichen Anliegen, wenn sie einfach sagen, ihr berichtet Scheiße. Das ist jedenfalls weiter weg vom Anliegen als, da ist ein grüner Landwirtschaftsminister und wir finden, der macht eine falsche Politik. Da in die Medien- und Pressefreiheit so einzugreifen mit einer Blockade, da finde ich, kann man schon argumentieren, dass das in Richtung strafbarer
Nötigung geht. Und da könnte man dann das, was da genutzt wird, um zu blockieren, eben auch zumindest vorläufig mal beschlagnahmen.

Genau, und das finde ich, das finde ich, ist aus meiner Sicht einfach dringend geboten. Bei den sogenannten Klimaklebern hat man ja mit wirklich teilweise brutaler Härte ermittelt, mit Durchsuchungen und Festnahmen und Unterbindungsgewahrsam und so. Das ist natürlich das nächste Ding. Also man könnte natürlich auch so einen gewaltbereiten Bauern einfach mal 30 Tage einsperren und sagen, ja, du willst ja hier weiter demonstrieren, das wollen wir aber nicht.

In Bayern ja auch gerne präventiv.

Ja, genau das meine ich, genau, präventiv.

Unterbindungsgewahrsam.

Das ist jetzt eine Zuspitzung. Ich persönlich sehe Unterbindungsgewahrsam extrem kritisch. Ich würde dem natürlich nicht das Wort reden. Ich wollte damit nur sagen, dass man hier einfach ganz offensichtlich mit anderen, mit anderen Maßstäben misst. Und das ist, finde ich, eine sehr spannende Frage für Politikwissenschaftlerinnen oder Soziologen, warum eigentlich lässt die Polizei die Bauern weitgehend machen, was sie wollen?
Also es ist jedenfalls nur von einem Strafverfahren in der Presse die Rede, während friedliche Klimakleber, die für uns alle demonstrieren, eben regelmäßig mit der vollen Härte des Gesetzes konfrontiert sind. Also da finde ich, muss man einfach mal als Gesellschaft darüber diskutieren, ob wir da nicht einfach einen Fehler machen.

Der Ukraine gehen langsam Waffen und Munition aus. Das haben wir ja hier an dieser Stelle schon berichtet. Das liegt vor allem an den USA. Die sind als Einzelstaat nach wie vor der größte Unterstützer der Ukraine. Die EU insgesamt gibt mehr aus, aber als Einzelstaat geht halt, gibt halt kein Staat mehr an die Ukraine als die USA.
Zumindest war das lange so, denn 60 Milliarden Euro, die die Biden Administration eigentlich der Ukraine überweisen wollte, die lagen lange auf Eis und deswegen kommen halt jetzt auch Waffenproduktion, Waffenlieferung in der Ukraine ins Stocken.

Tja, nun hat wenigstens der US Senat, also eine Kammer des Kongresses, einem neuen Hilfspaket zugestimmt und zwar sogar überraschend deutlich mit 70 zu 29 Stimmen, also deutlich mehr Stimmen pro als die Demokraten von Präsident Joe Biden überhaupt an Stimmen haben im Senat. Inhalt dieses Pakets zusätzliche 60,1 Milliarden $ für die Ukraine. Damit sind es insgesamt inzwischen schon 170 Milliarden US Dollar. Das ist natürlich-.

Wären es.

Wären es, wenn das kommt, aber .und das ist wahrscheinlich so ein bisschen der politische Trick, da sind auch drin 14,1 Milliarden $ für Israel und auch fast 10 Milliarden humanitäre Hilfe für Zivilisten in Kriegsgebieten. Das bedeutet wohl insbesondere Gazastreifen.

Und der Trick war eine überparteiliche Arbeitsgruppe. Die hat also ein dickes Paket geschnürt. Hilfen für die Ukraine, aber eben auch für Israel und eben auch einige Milliarden für die Palästinenser mit dem Anliegen, okay, so kriegen wir alle unter einen Schirm und da müssen alle letztlich zustimmen, um ihr Anliegen dann auch durchzukriegen.

Für jeden so ein bisschen was dabei quasi.

Ja, richtig so. Aber damit das Geld fließt, muss jetzt aber auch noch das Repräsentantenhaus zustimmen, also die zweite Kammer des Parlaments. Und ob das gelingt, ist, würde ich sagen, ein bisschen mehr als offen fast.

Tja, also sogar einige demokratische Abgeordnete wollen nicht unbedingt zustimmen, und zwar wegen der Milliardenhilfen für Israel. Da sehen halt einfach einige Linke bei den Demokraten das große Problem, dass man damit letztlich den Krieg im Gazastreifen finanziert und damit eben das humanitäre Leid der Palästinenser:innen verschärft. Vor allem aber machen republikanische Abgeordnete Probleme.

Richtig, Der Speaker des Hauses, der will dieses Gesetz bisher, so stand heute, gar nicht zur Abstimmung bringen. Das ist so ein Mechanismus, wie wir ihn hier in Deutschland gar nicht so richtig kennen. Aber der ist letztlich dafür verantwortlich, eben dem Parlament die Dinge zur Abstimmung vorzulegen. Und wenn er das nicht macht, und das ist ein republikanischer Hardliner, dann ist es sehr, sehr, sehr, sehr schwer, an ihm vorbeizukommen und trotzdem über ein Gesetz
abzustimmen. Und er sagt, Stand heute, also, es wird keine Abstimmung geben und es wird vor allen Dingen auch keine Zustimmung zu diesem Gesetz, zu diesen Milliarden für die Ukraine geben, wenn wir nicht mehr Grenzschutz an unserer Grenze zu Mexiko bekommen.

Genau das ist momentan im amerikanischen Wahlkampf ein ganz heißes Thema. Der Schutz vor illegaler, wie das dann so schön heißt, immigration also vor allem aus Mittel- und Südamerika, über die Grenze von Mexiko in die USA. Und da ist die innenpolitische Lage wirklich einigermaßen bizarr. Denn vor etwa einer Woche ist im Senat ein größeres Gesetzespaket gescheitert.
Da war drin diese Hilfen, die jetzt beschlossen worden sind vom Senat, aber eben auch ein relativ scharfes Paket gegen Immigration in die Vereinigten Staaten. Da hatten sich die Demokraten ganz extrem weit bewegt, muss man sagen. Hatten da Maßnahmen zugestimmt, die sie eigentlich ablehnen. Und dieses Gesetz dann ist absurderweise im Senat durchgefallen. Warum ist das durchgefallen? Weil Donald Trump dagegen Stimmung gemacht hat.
Er will zwar eigentlich natürlich auch Immigration bekämpfen, das ist sein zentrales Wahlkampfthema. Aber genau deswegen will er verhindern, dass das Thema jetzt abgeräumt wird. Denn Donald Trump braucht quasi eine Krise rund um das Thema Migration, um damit Wahlkampf zu machen, muss man sich mal überlegen. Also der Speaker lehnt jetzt dieses Gesetz ab, weil er sagt, da steht ja nichts drin zum Thema Grenzschutz.
Aber das Gesetz, das mehr Grenzschutz gebracht hätte, ist vor einer Woche durchgefallen. Eben auch, weil die Republikaner dem nicht zugestimmt haben. Also das ist wirklich eine absurde innenpolitische Situation. Und ich glaube, Phillip, die zentrale Figur, ist tatsächlich einfach Donald Trump.

Ja, na klar. Er steht natürlich zwar noch im Vorwahlkampf als Präsidentschaftskandidat formell zur Kandidatur, ist da noch im Wettbewerb. Aber letztlich ist allen klar, er wird ziemlich, ziemlich sicher der Präsidentschaftskandidat der Republikaner werden. Und deswegen hetzt er eben trumptreue Republikaner im Haus auf, um diese Einigung zu verhindern.

Und zugleich tut er mit seiner Sabotage dieser Ukrainehilfen natürlich dem russischen Diktator Wladimir Putin einen großen Gefallen, denn die USA waren, wir haben es gesagt, bisher die wichtigste militärische Stütze der Ukraine. Und es fragt sich, warum stellt sich Trump so deutlich in dieser Frage im Ergebnis jedenfalls an die Seite von Wladimir Putin?
Well, wir erinnern uns im Wahlkampf 2016, also bevor Trump zum ersten Mal Präsident wurde, konnte er auf massive Unterstützung aus Moskau zählen. Unter anderem lieferten ihm damals russische Hacker Munition gegen Hillary Clinton. Es ist nie hundertprozentig nachgewiesen worden, Phillip, soweit ich weiß, ob der Kreml dahinter stand. Aber jedenfalls kam die Hilfe aus Russland. Man weiß es letztlich nicht.
Und da stellt sich, denke ich, schon die aus meiner Sicht absolut erschütternde Frage, kandidiert mit Donald Trump letztlich ein Mann für das Weiße Haus, der im Team Moskau spielt?

Also sicher ist das natürlich nicht. Es ist bekannt, dass er Sympathien für Putin hat und keine Scheu hat, mit ihm im Team zu spielen, wenn es ihm innenpolitisch passt. So würde ich es mal formulieren.

Also ich denke auch, sicher ist das nicht, aber jedenfalls ist die Nähe zwischen Trump und Putin irritierend, finde ich ehrlich gesagt. Und in dieser Woche kam jetzt noch ein neuer Aufreger dazu.

Donald Trump versetzte diese Woche nämlich die Welt, die NATO und vor allem Europa in helle Aufregung. Anlass war ein Wahlkampfauftritt in Conway, South Carolina, da, wo jetzt eben die nächsten Vorwahlen stattfinden, um den republikanischen Präsidentschaftskandidaten zu küren. Und dort hat Trump über ein Thema geredet, über das er schon viele, viele Jahre und immer wieder redet, nämlich, die USA zahlen angeblich immer noch überall zu viel Geld.
So auch sagen wir mal im Verhältnis zu anderen NATO Mitgliedsstaaten. Die NATO hat ja seit rund zehn Jahren das inoffizielle Ziel, dass alle Mitglieder 2 % ihres jeweiligen Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung ausgeben. Also jetzt nicht an die NATO zahlen, aber sozusagen ihre Kapazität, ihre militärische Leistungskraft dementsprechend finanzieren. Und seit Sommer letzten Jahres ist das sogar ein bindender Beschluss.
Alle NATO Mitglieder müssen dauerhaft mindestens 2 % ihres Bruttoinlandsprodukts für das Militär ausgeben.

Aber Donald Trump findet, viele andere NATO Länder zahlten einfach nicht genug. Und bei einem Wahlkampfauftritt in Conway in South Carolina, wo die nächsten Vorwahlen stattfinden, machte er deutlich, wie er säumige Staaten, die dieses 2 % Ziel nicht erreichen, bestrafen will.

Und zwar tat er das, indem er ein angebliches Gespräch wiedergab zwischen ihm und dem Präsidenten eines großen Landes, wie er sagte.
They asked me that question. One of the presidents of a big country stood up and said, well sir, if we don't pay and we're attacked by Russia, will you protect us? I said, you didn't pay, you're delinquent. He said, yes, let's say that happened. No, I would not protect you. In fact, I would encourage them to do whatever the hell they want. You gotta pay! You gotta pay your bills!

Ja, Also er behauptete, der Präsident eines großen Landes habe ihn gefragt, wenn wir dieses 2 % Ziel nicht erreichen, wenn wir nicht zahlen, werdet ihr uns vor Russland schützen? Und Trump will ihm dann gesagt haben, irgendwie am Rande einer Konferenz oder so, nein, ich würde euch nicht beschützen. Ich würde Russland sogar dazu ermutigen, zu tun, was zur Hölle sie immer tun wollen. Ihr müsst eure Rechnungen zahlen.

Fairerweise muss man sagen, er hat das Wort Russland nicht in den Mund genommen.

Will you protect us?

Will you protect us? Them, I would encourage THEM. Es liegt nahe, dass Russland gemeint ist und alle haben das so verstanden. Und nicht zuletzt Russland wird es und Putin wird es so verstanden haben. Also ob es diesen Präsidenten dieses angeblich großen Landes überhaupt gibt oder ihn nie gab oder das Ding erfunden ist, mit dieser Drohung und mit dieser Ankündigung löste Trump europaweit Schockwellen aus.

Die Sorge ist einfach, wie jetzt? Moment, die USA würden andere NATO Mitglieder im Fall eines militärischen Angriffs nicht schützen? Das wäre tatsächlich ein ziemlicher Skandal, denn es wäre ein offener Verstoß, jetzt mal die juristische Perspektive, gegen Art 5 des NATO Vertrages.

Dieser Artikel ist sozusagen Kern der NATO. Der verpflichtet alle Mitglieder der NATO zum gegenseitigen Beistand, wenn eben eines dieser Mitglieder angegriffen wird. Die USA müssten also angegriffenen Staaten beistehen. Wenn Russland im Baltikum einmarschiert, dann würde das quasi gelten wie ein Angriff auf die USA selbst. Auch wenn im Vertrag nicht genau festgelegt ist, wie denn nun
geholfen wird. Aber es wird eben so interpretiert, dass dieser Angriff auch meinetwegen auf das Baltikum, auf einen baltischen Staat so interpretiert werden müsste wie ein Angriff auf die USA selbst.

Tja, man muss natürlich fairerweise sagen, Trump hat auch einen Punkt. Also viele NATO Mitglieder zahlen jedenfalls noch nicht, was sie zugesagt haben. Auf der anderen Seite dieses 2 % Ziel war eben zehn Jahre lang nur so eine informelle Vorgabe der NATO. Viele Länder hielten sie nicht ein.
Die NATO Schätzungen von vor einem knappen Jahr, Juli 2023 lautete, von den 31 NATO Mitgliedsländern zahlten nur elf Länder so viel, dass sie eben dieses 2 % Ziel erreichten oder sogar überschritten, also ein gutes Drittel. 20 Staaten zahlten nicht genug, unter ihnen befand sich auch Deutschland.

Jetzt muss man sagen, verbindlich wurde dieses Mindestziel von 2 % eben erst letztes Jahr im Sommer und spätestens seitdem muss man sagen, fahren eben viele NATO Mitgliedsstaaten ihre Verteidigungshaushalte hoch. Natürlich auch wegen des Eindrucks des russischen Überfalls auf die Ukraine. Aber natürlich, das denke ich, gehört auch dazu, auch weil Donald Trump Druck gemacht hat.

Und schon acht Monate später meldete nun der NATO Generalsekretär Jens Stoltenberg unter dem Eindruck von Trumps Äußerungen, dass inzwischen 2024 immerhin 18/31 Mitgliedsstaaten der NATO diese 2 % Ziel einhalten werden, also NATO Partner in Europa werden diesem Minimum 2024 zumindest im Durchschnitt entsprechen. Das gilt übrigens auch
für Deutschland. Also ein Sprecher des Bundesverteidigungsministerium sagte in Berlin, das 2 % Ziel werde nun erstmals seit Anfang der 90er Jahre wieder eingehalten.

Also da gibt es deutliche Fortschritte. Und trotzdem. Die NATO setzt auf glaubwürdige Abschreckung. Und diese Abschreckung stellt Trump mit seiner Aussage einfach in Frage. Wie ernst er das meint, ist dabei fast egal. Die Aussage torpediert eben die Beistandspflicht dieser, auch die Überzeugungskraft dieses Artikel
5. Da müssen die USA gar nicht mal offiziell aus der NATO austreten, wie das Trump ja auch mal vorhatte, wenn Angreifer glauben dürfen, ja, ja, da gibt es diesen Artikel 5 und eigentlich müssen die sich alle beistehen, aber die USA halten sich dann im Ernstfall doch nicht dran, oder zumindest haben wir Anlass, daran zu zweifeln, dass die USA sich im Ernstfall daran halten. Dann ist die NATO eigentlich tot.
Dann kannst du das Ding einstampfen, weil das nur funktioniert, wenn potenzielle Angreifer davon ausgehen müssen, die stehen zusammen no matter what.

Ja, und zwar insbesondere die USA werden auch quasi zum Gegenschlag ausholen, denn die USA haben mit 877 Milliarden $ einfach mit Abstand den größten Verteidigungshaushalt in der NATO. Laut dem jüngsten NATO Jahresbericht haben die Vereinigten Staaten mehr als 2/3 aller Verteidigungsausgaben innerhalb des Bündnisses gestemmt und die US Streitkräfte bleiben, Stand heute, Europas zentrale Sicherheitsgarantie, sind mit mehr als 80.000 Soldatinnen Soldaten auf dem Kontinent vertreten.
Und da sagen einfach Expert:innen völlig eindeutig, deren Einsatzbereitschaft, deren Feuerkraft kann, so Stand heute, niemand ersetzen.

Außerdem muss man sagen, gibt es ja die NATO Strukturen, in denen die USA eine ganz zentrale Rolle spielen. Die NATO lebt ganz entscheidend auch von Intelligence, also von Informationen von Geheimdiensterkenntnissen aus den USA, von der NSA, von der National Security Agency. Sagen wir mal so, was das angeht, kann in Europa vielleicht allenfalls das britische Königreich da noch mithalten.

Und die sind, wie man weiß, ja nicht mehr EU Mitglied, aber immerhin NATO Mitglied. Na gut. Aber schlimmer noch finde ich als diese, wie soll ich sagen, diese Infragestellung der amerikanischen Bereitschaft, die Beistandspflicht aus Artikel 5 des NATO Vertrages zu erfüllen, schlimmer noch fand ich diese jedenfalls rhetorische Einladung, an "them" mutmaßlich Russland, auf solche säumigen Natostaaten notfalls auch einen militärischen Angriff zu starten.

Das hat Anne Applebaum auch moniert und darauf hingewiesen. Die ist bei der New York Times Journalistin und schreibt auf Twitter, Leute, lasst euch nicht irritieren, das geht hier nicht ums Geld. Die Europäer rüsten auf. Sie sind noch nicht da, wo sie hin sollten. Aber zusammengenommen geben die Europäer immerhin mittlerweile mehr Geld an die Ukraine als die USA. Es geht hier aber nicht ums Geld. Die wahre Story ist, Trump lädt Russland ein, die NATO zu
überfallen. Das war kein Witz und es wird in Moskau auch nicht als Witz verstanden werden, hat sie geschrieben.

Und Trumps Aussagen befeuern nun natürlich die Angst vor einem russischen Angriff. Und zwar insbesondere in den drei baltischen Staaten. Wir erinnern uns, diese drei Staaten Estland, Lettland und Litauen gehörten früher zur UdSSR, also zur Sowjetunion. Und wie soll ich sagen, das haben, glaube ich, noch nicht alle Menschen in Moskau verwunden, dass das jetzt souveräne Staaten sind.
Und klar, deswegen fühlen die sich einfach im Grunde seit Jahren, seit Putin sich wieder in so einer extrem aggressiven Außenpolitik befleißigt, bedroht. Und ich glaube, das ist auch nicht unrealistisch.

Russland wird sicher nicht sofort angreifen. Das auf keinen Fall. Der Ukrainekrieg läuft noch, braucht sehr viel Ressourcen. Aber was, wenn Russland da, wenn Putin mit der Ukraine irgendwann durch ist? Und Putin hat erst im Dezember schon auch den Ton gegenüber den baltischen Ländern verschärft. Hat zum Beispiel Rigas Umgang kritisiert mit der russischen Minderheit. Das ist ja auch so ein ganz klassisches Ding.
Während der Sowjetunion wurden halt in die 15 Sowjetrepubliken oder 14 plus Russland viele ethnische Russen ausgesiedelt, um eben dort eine Russifizierung durchzuführen. Viele der Menschen leben noch in diesen ehemaligen Sowjetrepubliken, wie zum Beispiel im Baltikum. Da gibt es in einigen der baltischen Staaten große russischsprachige Minderheiten. Und Putin sagt, die werden dort halt schlecht behandelt. Und das ist auch ein Jahrzehnten bekanntes altes Muster.
Der große Bruder Russland rettet eben die Landsleute in anderen Ländern, nicht zuletzt, indem er dann einfach in diese Länder einmarschiert. Das haben wir in Georgien so gesehen, ist auch in der Ukraine so gesehen. Entsprechend groß ist jetzt nach dieser Rhetorik aus Moskau die Sorge im Baltikum. Und da helfen natürlich solche Äußerungen wie von Trump jetzt überhaupt nicht, sondern die befeuern diese Sorge vor einem
Überfall. Zur Ehrlichkeit gehört aber auch dazu, baltische Länder könnten tatsächlich mit der russischen Minderheit besser umgehen. Also in Lettland, da muss man schon sagen, also ich kenne da auch ein, zwei Russen, die da leben in Riga, ja, da könnte die EU und da könnte Lettland schon mehr machen, um diese Leute zu integrieren. Das würde Putin natürlich im Zweifel nicht daran hindern zu sagen, den Russen in Lettland geht's scheiße, aber man könnte ihm so ein bisschen den Wind
aus den Segeln nehmen. Das glaube ich, wäre schon möglich. Das soll natürlich überhaupt nicht legitimieren, dass Putin jetzt rhetorisch aggressiver wird und dann womöglich gar ins Baltikum einmarschiert. Ich will nur sagen, die EU und auch Lettland könnte da mehr tun, um die Russen zu integrieren.

Ja, auf der andern Seite glaube ich, muss man sagen Putin erzählt hat eh, was er will. Wie die Minderheit behandelt wird, ist für Putin letztlich völlig egal. Was zählt ist halt einfach, dass Putin mit einer solchen Rhetorik schon mal quasi auf Vorrat Kriegsgründe schafft. Also er bereitet damit im Grunde schon das Narrativ vor, das ja vor allem sich an seine eigene Bevölkerung richtet. Jetzt müsse man eben leider in Lettland einmarschieren, das sei eine Mission zur Rettung bedrohter Russen.

Wie gut die dann da im Zweifel integriert sind, das interessiert die nicht. Ob sie jetzt gut integriert sind oder schlecht integriert sind, ob die sich da wohlfühlen oder nicht. Solange da Russen leben und er behaupten kann, denen geht's schlecht, die retten wir, wird das für die interne Propaganda mindestens funktionieren und missbraucht werden.

Und das reicht ihm ja letzten Endes ja, viel mehr braucht er da nicht. Also insofern ist es einfach bedrohlich zu beobachten, dass es jetzt da schon diese säbelrasselnde Rhetorik gibt. Die russische Minderheit und so, ja. Außerdem gehört zum Bild, auch wenn die Panzer bisher nur in der Ukraine rollen, greift Russland natürlich längst den Westen auf ganz verschiedenen Gebieten an, also insbesondere eben mit nichtmilitärischen Mitteln. Da steht Putin seit vielen Jahren im Krieg gegen den Westen.
Denn das Ziel ist einfach, westliche Demokratien zu destabilisieren, die EU zu schwächen, autokratische Systeme aufzubauen, die sich einfach dann besser beeinflussen lassen. Beispiel Ungarn, aber natürlich auch das Beispiel von Donald Trump in den USA.

Ja, und es gibt halt, das vergisst man immer so ein bisschen, das haben wir das ja noch mal aufgeschrieben in den letzten Jahren wirklich zahlreiche Beispiele für solche nichtmilitärischen Angriffe auf westliche Demokratien. Der Bundestag wurde gehackt, nachweislich unter Mitwirkung russischer Kräfte. Es gab diese ganzen Fake News Kampagnen zum Vorteil von Donald Trump im US Wahlkampf. Es gab die Einflussnahme
im Brexit. Es gab die Unterstützung des Front National, Rassemblement National in Frankreich. Es gab und gibt die Unterstützung der AfD in Deutschland. Also Russland ist da an vielen Fronten aktiv, auch wenn die Panzer noch nicht rollen.

Ja, und Donald Trumps Drohungen haben aber nicht nur das Baltikum, sondern auch den Rest der Europäischen Union und das politische Berlin in einen Alarmzustand versetzt. Was, wenn Donald Trump tatsächlich im Herbst die Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten gewinnt? Was, wenn die USA daraufhin ihr Engagement in Europa zurückfahren? Was, wenn wir nicht mehr auf die amerikanische Beistandspflicht vertrauen können?
Wenn wir darauf vertrauen können, dass quasi die amerikanische Atombombe tatsächlich auch abschreckend wirkt gegenüber allen fremden Mächten, sage ich mal ganz allgemein, die möglicherweise europäische Staaten bedrohen können?

Und dieses US Engagement, das hat im Kern jetzt zwei Elemente. Da gibt es einmal die atomare Abschreckung, also Waffen für den Gegenschlag bereitzustellen, bereit zu halten, sowohl in den USA als auch hier in Europa. Und zum Zweiten gibt es so den, ich sage mal, konventionellen Raketenabwehrschirm, zum Beispiel mit Patriotraketen, der eben konventionelle Raketen abfangen kann.

Oder auch Atomraketen.

Oder auch Atomraketen.

Ja, beides geht so ein bisschen durcheinander. Die Rede ist auch vom nuklearen Schutzschirm und dann weiß man nicht so ganz, ist das jetzt eigentlich nukleare Abschreckung? Oder geht es um einen Raketenabwehrschutzschirm gegen einfliegende Raketen? Aber ich glaube, im Zentrum der Debatte steht schon die Frage, was ist, wenn man sich nicht mehr auf die amerikanischen Atomwaffen verlassen kann?

Richig, genau. Also vorweg schicken muss man, glaube ich, ich glaube, mittlerweile ist Konsens in Europa weitgehend spätestens seit dem Überfall der Russen auf die Ukraine, wir müssen aufrüsten, sowohl die Nationalstaaten, aber letztlich auch wir als EU, als großer wirtschaftlicher Block. Wir müssen in der Lage sein, uns auch, ich will nicht sagen, ohne die USA, aber zumindest mit weniger Unterstützung durch die USA gegen Angreifer zu verteidigen.
Darunter fällt die Zeitenwenderede von Bundeskanzler Olaf Scholz. 100 Milliarden Sondervermögen alleine für die Bundeswehr. Ampel und Union wollen jetzt sogar noch mehr Geld für die Verteidigung ausgeben. Zumindest gibt es da laute Stimmen, die das fordern. Auch Unionsaußenpolitiker wie Roderich Kiesewetter fordern das. Er sagt, wir brauchen nicht 100 Milliarden, wir brauchen 300 Milliarden Sondervermögen für die
Bundeswehr. Anton Hofreiter von den Grünen und auch andere Grüne wollen ebenfalls das Sondervermögen aufstocken und auch entfristen also nicht auslaufen lassen. SPD Haushaltspolitiker Andreas Schwarz will die Ausgaben für Verteidigung und Zivilschutz dauerhaft von der Schuldenbremse ausnehmen. Das sind alles verschiedene Mechanismen, die alle darauf hinzielen, wir müssen und wollen mehr Geld für die Bundeswehr ausgeben.

Also ich muss schon ganz ehrlich sagen, auf der einen Seite finde ich das ganz furchtbar, dass nun wieder so viel Geld in Waffen fließt, wenn sich das überlegt. Alleine 100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr. Wenn man, wir haben in den letzten Wochen viel darüber gesprochen, dass bei uns in Deutschland die Infrastruktur an ganz vielen Stellen
kaputt ist. Wenn ich mir da überlege, was man mit 100 Milliarden tun könnte, wenn man die in die Bildung investiert, wenn man die in Schienenwege investiert, in die Bahn und so, also wir könnten so viel spürbar an Verbesserungen hinbekommen mit diesem Geld und jetzt fließt das in Waffensysteme.

Und wir haben demnächst jetzt 70 Milliarden jedes Jahr im Bundeshaushalt für die Bundeswehr, erst mal finanziert durch Sondervermögen. Aber wenn wir 2 % halten sollen, dann wird das jedes Jahr so sein. 70+ Milliarden für die Bundeswehr. Das schmerzt. Aber auf der anderen Seite ist es einfach so, ohne Frieden ist halt Freiheit nicht da. Existiert einfach nicht. Und diese Entspannungspolitik, die wir die letzten Jahre gefahren haben, so mit Kooperation und bisschen wirtschaftlicher
zusammenarbeiten. So, das ist einfach gescheitert.

Jedenfalls mit Russland.

Mit Russland auf absehbare Zeit. Putin will diesen Frieden nicht, sondern er will Macht und notfalls eben auch mit Krieg seine imperialistischen Ziele durchsetzen. Und wenn es eben mit Entspannung nicht geht, ja dann setzt Frieden eben ein Gleichgewicht der Kräfte voraus. Und das ist nur durch mehr Waffen herzustellen, so weh das tut, so schmerzhaft das ist. Aber ich glaube, dieser Angriff auf die Ukraine hat das
gezeigt. Und wenn man nach diesem Angriff nicht diese Schlüsse zöge, wäre das unverantwortlich.

Das sehe ich ehrlich gesagt auch so, ich finde es, ich wollte nur mal markieren, wie sehr ich damit hadere und ich glaube, ich glaube, dass das tatsächlich momentan der einzige Weg ist. Denn heute Morgen war er ein ehemaliger Präsident Litauens oder Lettlands oder so im Deutschlandfunk und der sagte sinngemäß, Schwäche ist letztlich eine Einladung zur Aggression. Und genau das ist das Problem.
Entweder muss man mit seinen Nachbarn in Frieden zusammenleben, aber wenn der Nachbar nun Wladimir Putin heißt, ist das schwierig mit dem Frieden. Und dann ist das Einzige, was wirklich funktioniert, Abschreckung. Ein kleines, wie soll ich sagen, ein kleiner, ein kleines Pflästerchen, das es ein bisschen leichter erträglich macht.
Immerhin ist Verteidigungspolitik Investition in Rüstung ja auch ein Stück weit Industriepolitik und Konjunkturpolitik also immerhin schafft die Arbeitsplätze und kann auch zur Infrastruktur beitragen.

Ja, ja. Also Aufrüstung. Was heißt das jetzt eigentlich konkret? Zunächst natürlich konventionelle Aufrüstung, also mehr Geschütze, mehr Panzer, mehr Kampfjets, vor allem mehr Munition haben wir ja auch zuletzt drüber geredet. Gerade letzte Woche wurde der Grundstein gelegt für eine neue Munitionsfabrik in Unterlüß in Niedersachsen. Aber selbst diese konventionelle Aufrüstung, das flog noch nicht
so richtig. Das dauert alles sehr lange, sowohl national in Deutschland, aber eben auch auf europäischer Ebene. Da muss halt kooperiert werden und so weiter und so fort. Das dauert alles. Und die Frage ist, kann das alles schnell genug gehen? Denn Donald Trump, wenn er denn gewinnt und gewählt wird, dann ist er ja nicht mal zwölf Monaten schon im Amt.

Und daher steht einfach die Frage im Raum, wofür dieses viele Geld nun ausgeben? Reicht die konventionelle Rüstung? Also nicht atomare Rüstung? Was müssen Deutschland und Europa eigentlich können, wenn Donald Trump uns wirklich alleine lässt? Und insbesondere im Zentrum der Debatte steht aktuell die Frage, wie lässt sich die amerikanische Abschreckung durch Atomwaffen denn eigentlich ersetzen?

Soll sie ersetzt werden und wenn ja, wie? Also dazu noch mal so eine kleine Erinnerung. Das haben viele wahrscheinlich auch nicht auf dem Zettel. Heute schon gibt es amerikanische Atombomben auf deutschem Boden. So richtig offiziell zugegeben
wird das nicht. Aber alle gehen glaube ich davon aus, dass in Büchel in der Eifel unter der Erde US-Atombomben lagern, die dann im Zweifel, wenn sie denn eingesetzt werden, von deutschen heute noch Tornados demnächst dann F 35 Kampfbombern ans Ziel geflogen werden. Dieses Konzept nennt sich nukleare Teilhabe,.Also die Hardware liefern die USA, die Atombomben, und die deutschen Soldaten fliegen dann diese Bomben ans Ziel. Das nennt sich nukleare Teilhabe.
Das ist das Konzept, was heute aktuell hier auf deutschem Boden wirkt.

Aber das lebt eben letztlich von der Mitwirkung der Vereinigten Staaten. Das sind eben amerikanische Bomben. Und eine Alternative zu diesem Konzept brachte vor ein, zwei Wochen der französische Präsident Emmanuel Macron ins Spiel. Er dachte nämlich laut über eine Ausdehnung des nuklearen Potenzials von Frankreich über die französischen Grenzen hinaus nach, also über einen quasi französischen nuklearen Schutzschirm.
Frankreich, so kleine Erinnerung, ist neben dem Vereinigten Königreich die einzige Atommacht in Europa, zurzeit sogar die einzige Atommacht in der Europäischen Union. Macron war zu Besuch in Schweden, also einem angehenden Natomitglied, hielt da eine Rede vor einer Militärakademie und sagte:

"Unsere vitalen Interessen sind heute weitgehend europäisch, was uns bei der nuklearen Abschreckung eine spezielle Verantwortung einräumt", sagte Macron. Und dieser Vorschlag traf direkt auf polnische Unterstützung. Polen investiert ja gerade massiv in seinem Militär. Fast 4 % des Bruttoinlandsprodukts geben die Polen aus für die Rüstung.
Und der neue polnische Ministerpräsident Donald Tusk sagte am Montag nach einem Treffen mit Olaf Scholz, dass man das Angebot des französischen Präsidenten zu einer möglichen Europäisierung der französischen Atomwaffen, wie er sagte, wirklich ernst nehmen soll. Da stellt sich natürlich jetzt die Frage, was heißt das eigentlich genau? Europäisierung der französischen Atomwaffen? Und wie realistisch ist das eigentlich?

Fangen wir zunächst mal an mit einer militärischen Perspektive. Dann kommt gleich noch die politische. Aber erst mal militärisch. Muss man sehen. Frankreich ist seit dem Brexit eben die einzige verbleibende Atommacht in der EU, verfügt über, genau weiß man das nicht, circa 300 nukleare Sprengköpfe und die können von U-Booten und von Rafale Jägern aus abgefeuert
werden. Ja, Frankreich hat bedeutend weniger Sprengköpfe als die jeweils mehr als 5000 Atombomben Russlands und der USA, wollte eigentlich sogar noch weiter abrüsten. Aber seit Beginn des Kriegs gegen die Ukraine ist von Abrüstung natürlich keine Rede mehr.

Nein, die Sprengköpfe werden nun systematisch modernisiert. Atomwaffenfähige U-Boote laufen doppelt so häufig aus, wie das vorher der Fall war. Und vor drei Monaten testete Paris eine neue nukleare Langstreckenrakete mit einer Reichweite von 10.000 Kilometern. Und damit wäre dann eben ganz Russland erreichbar. 300 solcher Sprengköpfe, solcher strategischen Raketen reichen aus, um Russland auszuradieren. Und das betonte auch der französische Verteidigungsminister.

Sébastien Lecornu meinte, sie reichen vollständig zur nuklearen Abschreckung. Das Problem ist nur, welche Atomwaffen Frankreich genau besitzt. Das sind nämlich vor allem sogenannte strategische Atomwaffen. Das sind, ich sage jetzt mal, ganz große Bomben. Die sind aber eben vor allem geeignet, um größerflächige Zerstörung herbeizuführen. Es gibt dazu noch quasi kleinere Atomwaffen, die sogenannten taktischen Nuklearwaffen. Und davon hat Frankreich bislang kaum welche.

Ja, wir reden ja hier von einem, wir müssen hier immer in Szenarien denken. Also angenommen, es gibt einen konventionellen Angriff der Russen auf das Baltikum, auf einen baltischen Staat. Die marschieren da mit ihren Panzern ein, so wie sie das in der Ukraine auch gemacht haben. Wie könnte dann Frankreich nuklear reagieren?
Die könnten eigentlich nur ihre großen strategischen Atomwaffen abschießen und mehr oder weniger Sankt Petersburg oder irgendeine andere große Stadt oder weite Landstriche auslöschen.
Sie hätten aber nicht die Möglichkeit, so wie das die USA könnten, differenzierter, angemessener vielleicht zu reagieren mit einer in Anführungsstrichen kleinen Atombombe oder können damit auch nicht drohen, also so einen Angriff, wie die Franzosen ihn machen könnten, wäre völlig unverhältnismäßig und daher eben auch als Abschreckung relativ unglaubwürdig.
Die Russen könnten davon ausgehen, wir gehen da mit Panzern rein und die Franzosen werden nie und nimmer diese Atomwaffen einsetzen, die sie haben, weil das natürlich wiederum einen massiven Gegenschlag der Russen provozieren würde und deswegen eben sehr unwahrscheinlich ist. Und deswegen funktioniert Abschreckung mit den französischen Atomraketen eigentlich nicht wirklich.

So semi. Also gegen einen großen, groß angelegten Angriff ja, aber gegen genau das, was das realistischere Szenario ist, Einmarsch in irgendeinem baltischen Staat, eher nicht so richtig. Ja, das führt uns zur politischen Perspektive. Man kann natürlich auch die Frage sich stellen, würden denn die Franzosen wirklich Paris fürs Baltikum riskieren? Also diese Diskussion gab es ja auch schon in den dreißiger Jahren, also angesichts der Aggressionen von Hitlerdeutschland.
Damals gab es in Frankreich eine große Debatte um das Stichwort "Mourir pour Dantzig?". Also wollen wir wirklich für Danzig sterben? Das wollten schon 1939 viele Menschen in Frankreich nicht. Rechtlich-

Ja, aber vieleicht nochmal was das bedeutet? Das bedeutet einfach, dass wenn die Russen in Litauen einmarschieren, dass dann eben Frankreich sagen müsste okay, das ist wie ein Angriff auf Frankreich.

Wir gehen jetzt all in.

Wir gehen jetzt all in. Ja, und das müsste ein französischer Präsident oder eine Präsidentin, kommen wir gleich noch zu, eben verkaufen. Glaubhaft verkaufen.

Und wieder, die Debatte hatten die Franzosen 1939. Und da gab es, also letztlich weiß man, hat natürlich Frankreich Deutschland den Krieg erklärt nach dem Angriff auf Polen, aber eben zum Beispiel nicht nach dem Angriff auf Österreich oder nach dem Angriff auf die Tschechoslowakei.

Dazu kommt, das hast du eben angedeutet, dass es rechtlich so gesehen auch keine Schutzlücke gibt für Deutschland. Wenn sich die USA defensiver verhalten würden und sich zurückzögen beispielsweise aus der NATO.

Nein, rechtlich muss man sagen verpflichtet dadurch der NATO Vertrag schon die Atommacht Frankreich, genau wie zum Beispiel das UK, zum Beistand. Auch die EU Verträge, da ist UK jetzt raus, aber Frankreich natürlich nicht, enthalten ein Beistandsgebot, das reicht sogar noch weiter als der NATO Vertrag. Also Artikel 5 Natovertrag lässt ja viele Spielräume, wie man tatsächlich seiner Beistandspflicht nachkommt. Der EU Vertrag ist da strenger.
Und zwischen Deutschland und Frankreich gibt es ja quasi noch eine dritte Grundlage für eine Beistandspflicht eine bilaterale völkerrechtliche Beistandspflicht, nämlich nach dem Aachener Vertrag, der 2019 geschlossen wurde, 2020 in Kraft getreten ist. Danach sind nämlich beide Staaten verpflichtet, einander im Falle eines bewaffneten Angriffs auf ihre Hoheitsgebiete jede in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung zu leisten. Das schließt eben militärische Mittel ein.

Richtig. Also die rechtliche Lücke ist nicht da. Die Frage ist halt, könnte das Frankreich mit den Waffen, die Frankreich zur Verfügung stehen und, angenommen sie rüsten auf und die Waffen sind dann irgendwann da, stellt sich halt die Frage, will Frankreich das? Mit einem Präsident Macron. Gut, das ist ein überzeugter Europäer. Der will jetzt zumindest Gespräche darüber führen, wie und in welcher Weise das funktionieren
könnte. Aber wir dürfen nicht vergessen, 2027 sind in Frankreich Präsidentschaftswahlen, und es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass so jemand wie Marine Le Pen Präsidentin in Frankreich wird. Und die hat nun mehrmals gesagt, also, das sind unsere Atomwaffen, das ist ein nationales Heiligtum. Und erstens werden nur wir darüber entscheiden, wie wir die einsetzen. Und zweitens, das kann ich jetzt schon versprechen, werden wir sie nicht dafür einsetzen, um das Baltikum zu retten.

Hat sie schon so deutlich gesagt?

Ich paraphrasiere, aber das ging in die Richtung.

Also ich hätte es eher so verstanden, dass sie, dass sie sich quasi gegen eine Europäisierung stemmt. Aber auf jeden Fall machen natürlich die Äußerungen von Marine Le Pen deutlich, dass sich das Trumpproblem, wackelige Staatsführung, potenziell auch in Frankreich stärkt. Genauso wie Trump die Wahl gewinnen kann, könnte eben Le Pen die Wahl
gewinnen. Und da muss man sehen, ihre Äußerungen jetzt mal hin oder her, sie wird einfach auch massiv von Wladimir Putin unterstützt, genau wie Trump 2016, wie Trump mutmaßlich heute. So wird auch Marine Le Pen von Moskau unterstützt. Kaum vorstellbar, dass sie Putin drohen würde. Und da muss man auch sagen, Abschreckung geht einfach anders.
Auch Frankreich ist einfach leider kein hundertprozentig verlässlicher Partner, wenn es darum geht, Wladimir Putin zu sagen, also Finger weg vom Baltikum oder Finger weg von Polen.

Und das bleibt eben auch nach dem französischen Denkanstoß so. Es gibt bisher keine Antwort auf diese Frage. Es gibt keine Reaktion zum Beispiel von Olaf Scholz auf dieses Angebot. Lass doch mal wenigstens drüber reden.

So bleibt also letztlich die Frage, wie kann die EU militärisch wirksam abschrecken? Und zwar so, dass Wahlen in einzelnen Mitgliedsstaaten oder Wahlen in den USA nicht mehr die ganze Abschreckung infrage stellen? Und das läuft letztlich auf die Frage hinaus, brauchen wir in irgendeiner Art und Weise eine europäische Armee oder jedenfalls europäische Teilstreitkräfte?

Um sozusagen nicht nur auf Frankreich zu gucken?

Ja genau, und die Diskussion, ja. Und die Diskussion dazu läuft ja auch schon ewig. Der erste Versuch zu gemeinsamen Streitkräften ist schon überraschend alt. Das war die Europäische Verteidigungsgemeinschaft. Dieser Vorschlag kam 1952 aus Frankreich, direkt nach der Gründung der EU Vorläuferorganisation, also der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Aber dieser Vorstoß ist dann 1954 am Widerstand des französischen Parlaments gescheitert.
Und seitdem, muss man sagen, ist das Thema einfach nicht mehr so richtig in Fahrt gekommen. So gibt es bis heute keine europäischen Streitkräfte. Es gibt so mini Ansätze deutsch-französische Brigaden, Eurokorps und so. Philip, du hast ja sogar mal beim Eurokorpsmanöver glaube ich dem spanischen König die Hand geschüttelt.

Ja, da war ich in Spanien bei so einem Eurokorpsmanöver und da hieß es ja, der spanische König kommt, der spanische König kommt. Wir brauchen ein paar Leute für's Spalier und die waren irgendwie alle weg und unterwegs und auf Manöver. Und dann wurden halt die anwesenden Journalisten gefragt, sagt mal könnt ihr euch nicht in die Kantine stellen und dann, so ein kind of Spalier machen.
Und das haben wir dann gemacht. Dann kam halt der spanische König und ich musste mich vorher erkundigen, was sagt man denn dann und dann sagt man Your Majesty. Und dann schüttelt man die Hand. Also so bin ich dazu gekommen, den spanischen König mal die Hand zu schütteln in einer andalusischen Kasernenkantine. Man stellt fest, auch ein spanischer König ist letztlich nur ein alter Mann. Aber das wusste man schon vorher. Aber es war interessant, das da mal zu sehen.
Wie dem auch sei, seitdem ist einfach keine europäische Streitkraft entstanden. So viel kann man sagen. Es gab viele Versuche und es gibt natürlich auch viele Verbindungen und Kooperationen zwischen niederländischer Armee und der Bundeswehr. Ich glaube, die Niederlande haben gar keinen richtigen Panzer mehr, weil sie davon ausgehen, dass man halt eh kooperiert. Aber so was wie eine europäische Armee, die noch dazu in der Lage wäre, irgendwie atomar zurückzuschlagen, gibt es halt nicht.

Und wenn es eine Kooperation gibt zwischen europäischen Staaten, sind das ganz häufig NATO Strukturen und keine eigenen EU Strukturen.

Dazu kommt noch dazu. Ich meine, man muss ja sagen, wenn du jetzt davon redest, eine eigene Armee aufzubauen, europäische, die kriegen es ja nicht mal eine halbwegs kohärente europäische Außenpolitik auf die Bretter zu bringen, die den Namen auch verdient hat.

Das ist jetzt nicht meine Idee. Die Diskussion läuft ja, ich zitiere die ja nur. Aber wie gesagt, nicht mal Außenpolitik. Und man würde ja irgendwie denken, dass eine Armee im Zweifel noch, wie soll ich sagen, noch das dickere Brett ist, das man da eben bohren muss. Aber wenn man sich noch nicht mal außenpolitisch koordiniert bekommt.
Na gut. Trotzdem hat Katarina Barley von der SPD, die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, jetzt mit einem Interview im Tagesspiegel eine ehrlich gesagt ziemlich hektische Diskussion ausgelöst um eine atomare Bewaffnung der Europäischen Union.

Hier der Tagesspiegel hat Frau Barley gefragt, ob die EU eine eigene Atombombe braucht? Und Frau Barley antwortet darauf:

"Derzeit liegt die nukleare Abschreckung für Europa bei der NATO wie NATO Generalsekretär Jens Stoltenberg richtig bemerkte, liegt es weiter im Interesse der Amerikaner, diese maßgeblich bereitzustellen. Angesichts der jüngsten Äußerungen von Donald Trump ist darauf kein Verlass mehr. Auf dem Weg zu einer europäischen Armee kann also auch das [können also auch Atomwaffen] ein Thema werden."

Das wird jetzt immer so gedeutet, Barley fordert die atomare Bewaffnung einer europäischen Armee. Also sie hat es sehr vorsichtig formuliert, aber Tatsache ist, sie hat damit eine Debatte angestoßen, ob also Europa eigene Atombomben braucht.

Da kamen dann ganz viele bunte Stimmen. Christian Lindner zum Beispiel, Vorsitzender der FDP und Bundesfinanzminister, will eine solche Debatte über eine Art EU Atombombe. Der FDP Chef zeigte sich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung offen für eine nukleare Bewaffnung Europas. Ob nun im Rahmen einer europäischen Armee oder irgendwie so isoliert, wurde noch nicht deutlich.
Barley wiederum hatte ja die Frage gerade nicht isoliert gestellt, sondern sie hat sie mit der Frage einer europäischen Armee verknüpft. Ihr seht schon, diese Diskussion verläuft gerade so ein bisschen unstrukturiert. Die Union warnt eher vor Diskussionen um eine europäische Atombombe.

Der CDU Bundestagsabgeordnete und Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter sagte, dieser Vorschlag ist abstrus und würde die Amerikaner aus Europa treiben und bei uns die Verteidigungskosten verfünffachen. Man müsse die USA überzeugen, ihre Atomwaffen hier zu behalten, also in Deutschland und Europa. Weder können französische noch britische Atomwaffen das ausgleichen. Noch sind die Europäer in der Lage, innerhalb weniger Jahre den amerikanischen Nuklearschirm zu ersetzen, sagte Kiesewetter.

Auch Katarina Barleys Parteifreund Boris Pistorius von der SPD.

Der Verteidigungsminister, der Deutsche.

Zeigte sich im Deutschlandfunk skeptisch gegenüber einer EU Atomstreitmacht. Er bezeichnete das als eine aufgeregte Debatte und sagte:
Also die Nukleardebatte brauchen wir jetzt aktuell wirklich als letztes.

Hintergrund ist, ich denke, ist klar. Das kann man Pistorius so unterstellen. Pistorius hat Probleme genug. Der ist jetzt aktuell beschäftigt, konventionell aufzurüsten, die Bundeswehr halbwegs kriegsbereit zu machen, das ist jetzt schon ein riesiges Projekt. Wenn es gelingt, wird es Jahre dauern. Und wenn ihm die Leute jetzt noch kommen, Ja, aber ihr braucht irgendwie auch eine nukleare Kampfstruktur. Das würde die Bundeswehr, ihn, das Ministerium und das Budget natürlich vollends überfordern.
Das ist ein politischer Schauplatz, den er absolut nicht gebrauchen kann.

Die Sorge ist ein bisschen, dass man sich dann total verzetteln würde. Die Alternative, die letztlich Kiesewetter von der Union und Pistorius, dem Verteidigungsminister, vorschwebt, ist, lasst uns doch erst mal konventionell aufrüsten. Also Panzer, Geschütze und Geschosse und Kampfjets kaufen, Kriegsbereitschaft herstellen und so die USA überzeugen, dass die Europäer tatsächlich auch bereit sind, ihren eigenen Beitrag zu leisten.

Um die USA dann zu bewegen, okay, dann lassen wir unser Nuklearschirm eben über euch, weil ihr seid ja willens. Die Befürchtung, die Kiesewetter ja geäußert hat, ist wenn wir jetzt auch noch anfangen, eigene Atomstreitmächte aufzubauen, dann ist das Wasser auf die Mühlen der Republikaner, die in den USA sagen, na, seht ihr doch, die Europäer machen das selber, die haben ihren eigenen Nuklearschirm.

Schauen wir mal, ob der funktioniert.

Schauen wir mal, ob der funktioniert. Also uns brauchen die jedenfalls nicht mehr.

Der Militärhistoriker Sönke Neitzel sagte dazu in der Süddeutschen Zeitung, die USA zu ersetzen mit konventionellen Waffen sei völlig unrealistisch. Aber auch die Atomdebatte sei völlig unrealistisch. Da komme natürlich gar nichts dabei raus. Es ist so ein bisschen so ein Doomsday Szenario, was der da aufmacht.
Also wenn die Bundesregierung es nicht einmal schaffe, die Wehrpflicht wieder einzuführen oder die Munitionsproduktion wirklich zu steigern, so Neitzel, dann müssen wir von einer solchen Dimension gar nicht erst reden.

Schließlich, und das ist nicht ganz egal, gibt es ja auch noch rechtliche Probleme, nicht zuletzt den Atomwaffensperrvertrag von 1970, den viele europäische Staaten unterschrieben haben. Und dieser Atomwaffensperrvertrag soll eben verhindern, dass sich über die anerkannten Nuklearmächte hinaus Staaten atomar bewaffnen, also anerkannte Atommächte, das sind halt bisher die fünf Staaten USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und China.
Und ja, ich meine, dass das bisher so leidlich funktioniert, das zeigen eben die anderen Atommächte, die es mittlerweile gibt. Indien, Pakistan, Nordkorea und nicht offiziell bestätigt, aber doch allgemein anerkannt Israel. All die haben Atomwaffen, obwohl sie nicht offiziell anerkannt sind. Iran steht kurz vor der Bombe. Also, Deutschland hat sich immer vehement für diesen Nichtverbreitungsvertrag eingesetzt.
Und wenn die jetzt auf einmal sagen würden na ja, auch wir brauchen irgendwie Atomwaffen, auch die EU braucht Atomwaffen, dann wird sich natürlich auch Polen melden und sagen, natürlich brauchen auch Polen Atomwaffen und dann ist das mit diesem Atomwaffensperrvertrag nicht mehr so weit her.

Nein, also würde ich auch denken. Ohne den amerikanischen Atomschirm mit einer nuklearen Aufrüstung in Europa stünde das ganze System der Nonproliferation, der Nichtverbreitung, der ganze Vertrag letztlich zur Disposition. Ja, Philip, wenn man das jetzt mal so zusammenbindet, ihr seht schon, es ist eine unübersichtliche Diskussion. Wir haben auch relativ viel Infos jetzt in diesem Block gepackt, weil wir uns gedacht haben, wir wollen versuchen, ein möglichst differenziertes Bild zu zeichnen.
Aber wenn man das mal so zusammenbindet. Ich glaube, was man schon sagen kann, ist, als unsere Position jetzt hier als Kommentatoren, der Dialog über die europäische Verteidigung ist auf jeden Fall gut. Also wir brauchen da dieses Gespräch, denn eine wirksame Abschreckung überfordert, glaube ich, alle Nationalstaaten. Wir können das nicht allein rocken.

Richtig. Wir haben uns halt Jahrzehnte ein bisschen bequem auf die USA verlassen, haben gedacht, na, die machen das schon. Außerdem gibt es ja gerade eh keine so richtige Bedrohung, Deswegen können wir unser Geld gern woanders investieren. Also diese sogenannte Friedensdividende, also das Geld, was wir sparen, weil wir sie nicht in Verteidigung stecken müssen, die haben wir voll ausgekostet und daher fehlen jetzt Kapazitäten an allen Ecken und Enden.
Und daher würde ich übrigens auch sagen, diese Diskussion um das, was Pistorius gesagt hat, wir müssen kriegsbereit sein. Das finde ich, ist eine Binse.

Also es ist leider so.

Wenn du sagst, die Bundeswehr ist da, um ein Land zu verteidigen, ja dann kannst du dir jetzt in der Ukraine angucken, was das heißt, ein Land zu verteidigen. Ein Land befindet sich dann im Krieg. Wenn Panzer einer anderen Macht bei dir einrollen, dann bist du halt im Krieg. Und wenn du dein Land verteidigen willst, dann heißt das, du musst kriegsbereit sein. Du musst in der Lage sein, diesen Krieg zu führen und zu gewinnen, sonst kannst du dein Land nicht
verteidigen. Deswegen finde ich das völlig normal und keiner Diskussion eigentlich wert.

Ja, und seit 2020 liegt ja auch schon ein Angebot von Emmanuel Macron auf dem Tisch. Der hat ja damals in einer Rede, ich glaube an der Sorbonne war es einen strategischen Dialog angeregt und die Süddeutsche Zeitung schickt mahnende Worte an die Bundesregierung. Sie schreiben nämlich, in Berlin müsse man sich fragen, ob Deutschland nicht doch ein Interesse daran hätte, diesen Dialog wenigstens zu beginnen.
Es wäre sinnvoll, wenn sich beide Staaten hier zumindest austauschen würden, statt die bestehenden Missverständnisse zu erhalten.

Andererseits ist aber auch klar, die Sicherheit der EU ist ohne nukleare Abschreckung eben nicht zu garantieren. Das ist einfach so und die Hausaufgabe ist daher, wenn die USA und Frankreich nicht hundertprozentig berechenbar sind, dann braucht es eben auch dafür eine Alternative.

Und nationale Atomstreitkräfte für Polen, Deutschland oder Italien sind unrealistisch, weil es national viel zu teuer ist. Deswegen denke ich, eine europäische Lösung auch für eine nukleare Abschreckung wäre daher doch noch die plausibelste Idee. Vielleicht könnte ja so sogar eine rein defensiv ausgerichtete, kleine, aber eben doch wirkungsstarke Nuklearstreitmacht so quasi der Nukleus, der Kern einer europäischen Armee sein.
Vielleicht muss man ja nicht gleich eine komplette europäische Armee aufbauen, aber eben doch wenigstens einen europäischen Abwehrschirm aus Raketenabwehr und Gegenschlagskapazitäten.

Ja gut, dann ist das natürlich auch nicht mehr defensiv, wenn du dann Gegenschlagskapazitäten hast, aber klar. Also ich glaube, das Problem ist jetzt halt, dass das für viele aktuelle Politiker zur Unzeit kommt, weil sie eben so viel damit zu tun haben, sich konventionell besser aufzustellen. Aber unterm Strich denke ich, brauchst du das, um so Leute wie Putin abzuschrecken. Und dazu zählt nicht nur Material, sondern es gehört auch die Mentalität dazu.

Die Mentalität und die Strukturen.

Die Mentalität und die Strukturen. Du musst so einen wie Putin nicht nur materiell signalisieren, wir sind dazu in der Lage, sondern wir sind auch willens. Wir sind einig, unsere Gesellschaften stehen dahinter und es ist für dich zu gefährlich, uns anzugreifen. Und da ist noch ein weiter Weg zurückzulegen.

Auf der anderen Seite muss man sehen, ja, wenn wir sagen, wir brauchen eine nukleare Abschreckungskapazität, die auch wirklich berechenbar ist.
Das wird natürlich überhaupt nicht billig, aber auf der anderen Seite fängt man ja auch nicht bei Null an, also es gibt ja eben schon die französischen Waffensysteme, die können jetzt nicht alles, was man bräuchte, aber ich denke, auf der Grundlage dessen, was schon da ist in Frankreich müsste sich ja innerhalb von ein paar Jahren, vielleicht einem Jahrzehnt auch so ein Abschreckungspotenzial schaffen lassen. Ich bin sehr gespannt, wie sich da die Diskussion weiterentwickeln wird.
Aber ich glaube, ganz ohne so eine glaubhafte, auch nukleare Abschreckung wird es Frieden in Europa mittelfristig nicht geben können. Ich finde es ganz furchtbar, dass sich da im Grunde wieder so ein Kalter Krieg entwickelt. Aber ich glaube, Philip, anders geht es halt nicht.

Wir haben uns das nicht ausgesucht.

Wir haben uns das nicht ausgesucht. Das hat sich jemand anders so ausgesucht. Und wie heißt es so schön, wenn du Frieden willst, musst du dich auf den Krieg vorbereiten.

Zu unserem nächsten Thema. Wir bekommen ja schon grundsätzlich relativ viel Feedback, vor allen Dingen unter talk.lagedernation.org. Aber so viel wie zu unserem letzten Beitrag über die Finanzierung der deutschen Krankenhäuser gibt es doch selten. Muss man ganz ehrlich sagen.

Dabei haben wir im Grunde ja noch nicht mal über die Reformpläne gesprochen im Detail. Sondern die haben ja nur so angeteasert. Wir haben ja vor allem quasi mal eine Bestandsaufnahme gemacht, wo brennt denn die Hütte eigentlich? Aber das hat offensichtlich auch schon viele Menschen getriggert. Da haben uns also ganz viele Leute geschrieben, Ärzt:innen, Krankenhausmanager, Pressesprecher von allen möglichen Klinikkonzernen, Beamte aus Länderministerien, alles war dabei.
Und zuallererst mal ganz, ganz herzliches Dankeschön an der Stelle. Es ist super wertvoll für uns. Wir werden uns bei einigen von euch auch noch mal melden, denn unser Bericht über die eigentliche Reform, der steht ja noch aus. Und da haben wir schon in den Emails jetzt gesehen, da habt ihr einfach total spannende Perspektiven. Und damit das dann von allen Seiten beleuchtet wird, versuchen wir da noch mal so ein paar Perspektiven auch einzuholen.

Richtig. Und dieses Feedback ist natürlich vor allem auch deshalb so wertvoll, weil wir damit natürlich auf Fehler, faktische Fehler gestoßen werden, die wir dann auch hier natürlich korrigieren können. Da gibt es zwei Sachen, die wir hier noch anmerken müssen, und das eine ist relativ schnell abgeräumt. Wir hatten gesagt, dass Vivantes ein privater Klinikkonzern ist. Man kann argumentieren ja, es ist doch eine GmbH, also eine privatrechtliche Organisationsform.
Aber sie ist eben in hundertprozentiger Trägerschaft der Stadt Berlin. Also eigentlich ist es ein kommunales Krankenhaus und eben kein privater Krankenhauskonzern. Das kann man schnell abräumen. Das zweite, was wir gesagt haben, ist ein bisschen komplexer. Es ging ja in dem Bericht auch darum, dass bei Rückenproblemen häufig überflüssige Operationen gemacht werden, weil diese Rückenoperationen eben sehr, sehr üppig bezahlt werden, honoriert
werden. Und da hatten wir als Beispiel eine sehr teure OP sehr teure Diagnose genannt. Diese Diagnose gibt es auch. Sie ist real. Sie bringt dem Krankenhaus auch sehr viel ein. Aber sie wird halt nicht angewendet für eine OP, die man mal macht, wenn man mal Rücken hat und die Bandscheibe klemmt. Darauf haben uns halt mehrere von euch hingewiesen, unter anderem der Arzt Michael Kertai.

Er schreibt uns, es geht hier also keineswegs um einen Eingriff an der Bandscheibe, sondern um die Behandlung eines Tumors über die Eröffnung des Kopfes oder der Wirbelsäule und Operation am zentralen Nervensystem. Mit anderen Worten, das war jetzt nicht das perfekte Beispiel dafür, dass man mal eine Diagnose stellt, die vielleicht gar nicht zwingend wäre.

Genau das Beispiel gibt es, aber der Kontext, in dem wir das Beispiel genannt haben, war falsch. Das passte einfach nicht. Das war das falsche Beispiel am falschen Punkt.

Das hätte man sich besser geklemmt, denn die grundsätzliche Aussage ist ja völlig.

Richtig, die ist richtig. Und dabei bleiben wir auch. Und es gibt natürlich 1000 andere OPs am Rücken, die sehr viel Geld bringen. Vielleicht nicht ganz so viel wie diese jetzt, die dann auch angewendet werden, wenn man eben über Rücken klagt. Aber eben ausgerechnet jetzt nicht diese.

Da haben wir ein bisschen daneben gegriffen. Ansonsten muss man sagen, hat das Thema wirklich einen Nerv getroffen. Also wir haben stapelweise Emails von Menschen aus dem medizinischen System bekommen, die uns schreiben, ja, genau. Endlich sagt es mal jemand laut, was wir jeden Tag erleiden müssen. Klar, es gab auch ein paar Ärztinnen und Ärzte, die sich irgendwie bei ihrer Ehre gepackt sehen. So, Stichwort, wir würden doch nie sinnlose OPs machen. Derselbe Arzt schreibt uns wiederum:

"Die Annahme, Ärzte und Ärztinnen würden eine Dialyse initiieren, um die Fallpauschale in die Höhe zu treiben, ist nicht zutreffend. Solch gravierende Fälle der wirtschaftlich motivierten Veränderung medizinischer Indikation habe ich in den 20 Jahren meiner ärztlichen Tätigkeit nie gesehen". So. Glauben wir auch. Dialyse ist da sicherlich auch ein drastisches Beispiel. War glaube ich auch so ein bisschen aus dem Affekt einfach mal reingeworfen.
Aber an dem Grundproblem ,glaube ich, ändert das nichts. Wir haben einfach viele Studien jetzt auch im Nachgang noch mal geliefert bekommen, die einfach bergeweise Hinweise darauf sehen und auch liefern, dass unnötige OPs gemacht werden, weil den Kliniken einfach Geld in der Kasse fehlt. Und das deutet auch der selbe Arzt an, den wir oben zitiert haben Michael Kertai, der schreibt:

"Teilweise ist vielen Ärzt:innen, insbesondere jüngerer Generation gar nicht bewusst, dass konservative Behandlung (das sind Behandlung ohne OP) zu ähnlichen Erfolgen führen wie die operative und eine echte Alternative darstellen. Dies betrifft zum Beispiel den Bereich der Orthopädie und Unfallchirurgie, in dem ich letztendlich auch tätig bin. Das hat damit zu tun, dass die stationäre operative Behandlung um ein Vielfaches besser vergütet wird als die ambulante.
Hier kam und kommt es in Grenzfällen dann leicht zum Entscheid für die operative Option".

Ja, wir haben ja auch einen Chefarzt dazu interviewt, der anonym bleiben will, aber der auch sagt, solche OPs werden gemacht, es wird überflüssige Leistung erbracht, weil das einfach Geld bringt. Was völlig unstrittig ist, ist das der Anreiz da ist, Geldlöcher mit OPs
zu stopfen. Dieser Anreiz ist riesig und es gibt eben viele Hinweise und das hat sich in diesen Emails auch noch mal bestätigt, viele Hinweise darauf, dass einige Ärzte, Ärztinnen, aber auch Klinikleitungen eben diesem Anreiz durchaus erliegen.

Ja, genau. Und das, was uns ganz wichtig ist, ist einfach der Hinweis, es geht uns nicht darum, die einzelne Ärztin, den einzelnen Arzt an den Pranger zu stellen. Es geht uns darum, ein System zu kritisieren, das Ärztinnen und Ärzte unter Druck setzt, medizinisch fragwürdige Entscheidungen zu treffen. Denn darum geht es ja letzten Endes.
Und insofern sehen wir das Feedback auch letzten Endes als prototypisch dafür, wie das eben so ist, wenn man einen grundsätzlichen systemischen Missstand kritisiert. Es ist wie immer, wenn man ein kaputtes System kritisiert. Einige in diesem System, sehen die Journalistinnen, Journalisten dann als Nestbeschmutzer. Die wollen dann lieber die Misere irgendwie gesundbeten. Aber die meisten sind doch froh, wenn die Presse über Missstände berichtet.
Und zwar zumal, wenn, wie hier jetzt gerade im Bereich der Krankenhausfinanzierung, ja eine politische Debatte läuft. Denn jetzt gerade gibt es wirklich die Chance, etwas zu verbessern. Und das zeigt eben auch die große Mehrheit der Emails. Wie gesagt, es gab ein paar kritische Rückmeldungen, aber die meisten waren sehr positiv. Frei nach dem Motto, endlich sagt es mal einer und deswegen haben wir das Gefühl, dass wir da auf dem richtigen Weg sind.
Aber wir haben für euch noch so ein kleines Beispiel für die Absurditäten, zu denen einfach die finanziellen Zwänge führen können, unter denen viele Kliniken stehen.

Da schreibt uns ein Arzt: Liebes Lage-Team, ich komme gerade aus einer meiner letzten Schichten als Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg in einem Universitätsklinikum in Norddeutschland. Ich möchte bezüglich dem Punkt der finanziell beeinflussten Indikationsstellung bei Operationen im deutschen Gesundheitssystem aufzeigen, welche Folgen es für die Gesundheitsversorgung mit sich bringen kann. Ich kann konkret die Situation unserer Klinik anführen.
Aufgrund einer finanziellen Schieflage eines Hauses werden kurzfristig die Kliniken für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde sowie die Klinik für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie und plastische Operationen geschlossen.

Der Hintergrund, die Geschäftsführung möchte die freigewordenen OP Kapazität, sind die Operateure der Abteilung weg, steht neue OP Kapazität zur Verfügung, nutzen, um Operationen durchzuführen, die finanziell einträglicher sind als die von den beiden genannten Kliniken erbrachten Leistungen. Die Folge ist ein massiver Einschnitt in die Patientenversorgung im Landkreis und darüber hinaus.
Um in einer Hals-Nasen-Ohrenklinik oder einer Klinik für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie versorgt zu werden, müssen teilweise Fahrtwege von über anderthalb Stunden auf sich genommen werden. Fahrtwege, die nicht nur eine große Hürde für gerade ältere Patienten mit eingeschränkter Mobilität darstellen, sondern zur realen Bedrohung werden können, wenn es schnell gehen muss.

Ich, und ich denke, ein Großteil meiner Kollegen und Kolleginnen, sind froh über jede Berichterstattung dahingehend. Wir geben uns Mühe. Wie gesagt, da folgt noch was über die konkreten Reformideen. Grundsätzlich muss man an dieser Stelle mal sagen, wir sind jetzt hier ein bisschen vorsichtig, haben das schon versucht, ein bisschen zu anonymisieren.
Grundsätzlich muss man hier an dieser Sache, an dieser Stelle mal sagen, wenn ihr im Forum oder per Mail uns was schreibt und ihr schreibt euren Namen da rein und eure Funktion, dann interpretieren wir das als Leserbrief, wo wir auch sagen können, wer ihr seid.

Ja, also das könnt ihr nicht vermeiden. Es ist total wichtig, dass ihr sagt, wer ihr seid, weil wir nachrecherchieren müssen, ob es euch gibt, ob es das Krankenhaus gibt. Wir prüfen natürlich die Mails auf Plausibilität. Deswegen ist es ganz wichtig, dass ihr Namen und Funktion angebt. Auf der anderen Seite, wenn ihr nicht wollt, dass wir euch nennen, dann sag es uns.

Dann muss das irgendwie da groß drüber stehen. Ich ich heiße XY und mache das und das. Bitte nennt meinen Namen nicht. Sonst sind das hier einfach Leserbriefe. Das macht es aber natürlich viel, viel überzeugender, wenn wir Namen und Funktion nennen können.

Zum Beispiel bekommen wir auch gar nicht so selten Hinweise von Polizeibehörden. Dann sagen uns die Leute natürlich, ich will um Gottes willen nicht genannt werden. Und dann sagen wir häufig, ja, okay, aber ich muss natürlich schon wissen, ob es dich gibt. Und dann kriegen wir zum Beispiel ein Foto vom Dienstausweis. Dann wissen wir den Menschen gibt es das, löschen wir sofort. Wir wollen ja nur prüfen, ist das quasi, ist das quasi wahr, was der Mensch uns da schreibt?

Richtig, Genau. Also nur um das nochmal zu sagen, es war für uns auch interessant jetzt diese Art Berichterstattung, weil es für uns so ein bisschen war, wir werfen einen Stein ins Wasser. Also wir haben jetzt sozusagen den Hintergrund ausgeleuchtet. Da gab es jetzt sehr viel Feedback, das uns natürlich enorm dabei hilft, jetzt vielleicht diesen zweiten Teil über die Reform und so besser zu machen, als wir das ohne dieses Feedback gekonnt hätten.
Deswegen, wenn es da jetzt noch spezielle Wortmeldungen von euch gibt zu diesen Reformen, aus welcher Position auch immer, immer herzlich willkommen unter talk.lagedernation.com.

Ja, wir haben noch mal eine kleine Aufgabe für euch. Wir wollen nämlich gerne etwas verlosen. Wir sind am 7. März in Köln zu Gast bei der lit.Cologne und wir verlosen einen Besuch bei uns. Also eine Reise für zwei Personen zur lit.Cologne mit der Deutschen Bahn inklusive Anreise und Hotel in Köln inklusive eben der Lesung mit dem Lagebuch und inklusive einem exklusiven Backstagebesuch. Wenn ihr wollt, könnt ihr also mit uns ein Bier, ein Wasser, was auch immer trinken vor der
Show. Aber das ist wie das so bei Verlosung so ist, natürlich an eine kleine Bedingung gekoppelt.

Richtig, es gibt eine Aufgabe und zwar müsst ihr eine Story auf Instagram erstellen über unser Buch "Baustellen der Nation". Viele von euch machen das ja auch schon und wir freuen uns jedes Mal, wenn wir das sehen. Aber wir würden das gerne noch ein bisschen unterstützen und ihr könnt in dieser Story im Prinzip alles machen, was ihr wollt, Hauptsache das Buch ist irgendwie zu sehen. Also ob ihr nun Video macht oder ein Foto ist völlig egal.
Ihr könnt das Buch dort einfach platzieren, wo ihr es am liebsten lest. Ihr könnt einfach ein Foto von dem Buch machen, denkt euch irgendwas aus. Und was uns besonders gut gefällt, das werden wir in unserer Story auch reposten. Wichtig sind dabei vor allen Dingen zwei Sachen. A) Ihr müsst in euer Story oder in eurem Post unseren Kanal taggen. Lagedernation und in der Story muss der Link zu finden sein, wo man das Buch käuflich erwerben kann.
Das ist natürlich so ein bisschen der Witz an der ganzen Sache, dass wir ein bisschen Aufmerksamkeit für das Buch generieren. Lage.link/buch. Das ist der Link, der auftauchen muss. Lage.link/buch.

Wenn ihr das so macht, wir machen dann Screenshots von diesen ganzen Stories, tun in einen großen Lostopf und verlosen dann die Reise zur lit.Cologne nach Köln. Diese Challenge, dieser Wettbewerb läuft ab heute vom 15. Februar bis zum nächsten Sonntag, dem 25.02 mittags um zwölf.

Richtig. Und wir sind bei der lit.Cologne am siebten.

Am 7. März.

7. März. Abends ist das irgendwie.

Genaue Uhrzeit weiß ich nicht, 19/20:00.

Irgendwie so was in der Gegend.

Also, 7. März. Das ist ein Donnerstag in zwei, drei Wochen. Da könnt ihr mit uns nach Köln fahren. Wenn ihr eine Story postet mit dem Lagebuch zwischen dem 15. Februar, das ist heute und dem kommenden Sonntag, den 25. Februar.

Kanal taggen und Link einfügen.

Zu unserem nächsten Thema. In Berlin fand am letzten Sonntag die Bundestagswahl statt. Nicht die komplette Bundestagswahl, aber doch immerhin in über 400 Wahllokalen. Und, Philip, die Ergebnisse sind inzwischen natürlich da. Und es gab doch eine ganz schöne Ohrfeige für die Ampel, insbesondere die SPD und die FDP. Was sind die Zahlen?

Ja, also das sind jetzt nur die Wahllokale, die noch mal gewählt haben. Da haben insgesamt in Berlin 27, gut 27 % für die Grünen gestimmt, 14,6 für die SPD. Das ist ein sattes Minus von acht, fast 8 %. Die CDU hat zugelegt, um fast sieben Prozentpunkte auf 20,6 %. Die Linken sind mehr oder weniger stabil geblieben, bei gut 12 %. Die FDP hat massiv verloren, hat fast sechs Prozentpunkte verloren und nur noch 3,3 % der Stimmen bekommen.
Und zugelegt hat auch die AfD mit weit über fünf Prozentpunkten auf 12,6 %. Und dann gibt es halt noch die sonstigen, die auch stabil geblieben sind. Also unterm Strich die Ampel, vor allen Dingen die SPD und die FDP, haben massiv verloren und rechte und rechtsradikale Parteien wie die CDU und die AfD haben massiv gewonnen bei der Nachwahl für die Bundestagswahl in Berlin. Und das hat dazu geführt, dass tatsächlich die FDP einen Sitz im Bundestag verloren hat.
Und es hat in einigen, ich glaube in vier Haushalten doch zur erheblichen Überraschung geführt, dass sie noch in den Bundestag wieder eingezogen sind.

Ja, in der Tat ganz bemerkenswert. Und ich finde auch bemerkenswert, dass die Grünen so stabil geblieben sind. Denn wie soll ich sagen, das Klima im Land ist doch zurzeit extrem Grünenfeindlich. Wir haben ganz am Anfang davon berichtet, wie nicht mal eine Grünen-Parteiveranstaltung zum politischen Aschermittwoch stattfinden konnte. Es gibt einfach unfassbar viel Hass gegen die
Grünen. Dass sie aber in Berlin nicht nur stabil geblieben sind in diesen Wahllokalen, sondern sogar noch einen halben Prozentpunkt zugelegt haben. Das finde ich ganz interessant. Das heißt also die Kritik an der Ampelpolitik, die trifft so gefühlt zwar vor allem die Grünen, aber wenn es dann an die Wahlurne geht, dann äußert sich die Kritik vor allem gegen SPD und FDP.

In einem Teil.

Von Berlin.

Von Berlin.

Klar, mehr ist das natürlich nicht. Das ist natürlich nicht eine bundesweit repräsentative Erhebung, aber ich finde, das ist jedenfalls in der Tendenz schon ein ganz interessantes Ergebnis, denn die Wahlbezirke sind ja sicher doch relativ breit gestreut. Das ist jetzt nicht alles in Kreuzberg oder so.

Und natürlich auf der Schattenseite, würde ich sagen, stehen die doch großen Zuwächse für die AfD in diesen Bezirken, in denen jetzt nachgewählt wurde, zum Teil in Ostberlin kommen die da auf 40 % in manchen Wahlbezirken. Und natürlich fragt man sich da wieder mal, woher kommt es, dass die Leute so wählen? Driftet da unsere Gesellschaft auseinander? Sind das vor allen Dingen neue Phänomene? Erleben wir das jetzt einfach neu oder gibt es das schon länger? Wenn ja, was hat sich da verändert?
Warum explodieren auch Debatten gerade so an bestimmten Stellen? Also von dem Heizungsgesetz übers Tempolimit bis eben zu diesen Bauernprotesten. Warum kochen da alle emotional so über?

Ja, und dazu haben wir uns diese Woche zusammengesetzt mit einem Forscher, der genau diese Phänomene untersucht hat und da mit zwei Kollegen ein Buch zugeschrieben hat, nämlich mit Professor Dr. Steffen Mau. Der ist Makrosoziologe hier an der Humboldt Universität in Berlin und Koautor des Buches Triggerpunkte. Und er sagt, im Grunde ist unsere Gesellschaft gerade nicht
gespalten. Ganz im Gegenteil. Wir haben viel mehr politische Gemeinsamkeiten, gemeinsame Grundüberzeugungen, als gemeinhin angenommen wird. Aber es gibt eben doch bestimmte Punkte, wo Spaltung der Gesellschaft ganz aktiv betrieben wird, ganz bewusst politisch auch instrumentalisiert wird.
Üblicherweise sagt man, es gibt eine gesellschaftliche Spaltung, und auf der politischen Ebene wird die eigentlich nur widergespiegelt und reflektiert. Also wir sind Repräsentanten dieser schon vorpolitischen gesellschaftlichen Spaltung und wir sagen, das stimmt eigentlich gar nicht. Die Gesellschaft ist nicht so gespalten, aber die Spaltung wird von oben durch politische Akteure
erzeugt. Das kann auch die Politikwissenschaft in Vergleichende Studien sehr gut zeigen, dass überall da Spaltung auftritt, wo Polarisierungsunternehmer sehr aktiv eine solche Agenda setzen und bespielen können.

Also was sind Polarisierungsunternehmer? Das ist ein Thema in diesem Interview. Ist eine gute Stunde lang. Ich fand es mega interessant.

Mega, die spannendsten 70 Minuten seit Weihnachten mindestens.

Also da habt ihr sehr viel food for thought, wie das immer so heißt, also Denkanstöße bekommen. Wir hoffen, das geht euch auch so und wenn ihr Lust auf das Interview habt, das fällt wahrscheinlich am Wochenende aus dem Internet in euer Hörgerät.

Genau. Wir haben uns nämlich überlegt, weil Steffen Mau so viel zu sagen hat, weil wir so spannend fanden, wird das jetzt nicht nur ein Teil in dieser Lagefolge, sondern es ist eine eigene Sonderlagefolge. Die Lage der Nation 369, runde 70 Minuten Steffen Mau in der Lage zu Gast.

Zum Abschluss der Sendung. Bevor wir hier wirklich die Ziellinie überqueren, noch eine Korrektur, die wir euch schulden. Wir hatten über den Nahostkrieg, den Nahostkonflikt, den sich ausweitenden, berichtet und dort auch die Huthi Miliz erwähnt und erwähnt, dass sie ein US Stützpunkt angegriffen hat.

Und da haben wir uns mit einem kleinen Detail vertan, nämlich mit dem Ort, wo dieser Angriff letztlich stattfand. Das war nämlich in Jordanien, das wollen wir an dieser Stelle korrigieren. Und außerdem haben wir den Namen dieser Miliz nicht so richtig korrekt ausgesprochen. Diese Miliz heißt Huthi, also tatsächlich mit so einer Art /th/ im
Englischen. Das ist zwar eine arabische Bezeichnung, aber was wir bei dieser Gelegenheit gelernt haben, auch im Arabischen gibt es offensichtlich so eine Art /th/, also Huthi und nicht nur ein einfaches /t/.

Und damit ist die Lage für diese Woche abschließend ausführlich, wie er das nicht anders kennt, beantwortet. Wir danken für euer Interesse.

Schön, dass ihr dabei seid bis zum Ende dieser Folge. Wenn's euch gefallen hat, dann haben wir eine Bitte an euch. Sagt es weiter. Wir leben ganz besonders davon, dass Menschen, die die Lage gerne hören, andere Menschen davon überzeugen, das auch zu tun. Und ich glaube, das ist ein aktiver Beitrag auch für die demokratische Kultur in diesem Lande. Also wenn es euch gefallen hat, dann ladet eure Freunde, Bekannten, Arbeitskolleg:innen ein,
die Lage zu hören. Sie ist ja, wie ihr wisst, kostenlos in diesem Internet verfügbar.

Und wenn ihr mögt, hört ihr dann am Wochenende das Interview mit Steffen Mau und wir hören uns dann wieder nächste Woche, wahrscheinlich am Donnerstag. Danke fürs Zuhören. Bis dann.

Bis dahin. Tschüss.