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Wird alles immer schlimmer? Wie wir Vergangenheit und Gegenwart wahrnehmen

Mar 27, 202523 min
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Summary

Diese Episode untersucht, ob die Wahrnehmung, dass alles immer schlimmer wird, der Realität entspricht. Experten analysieren die Diskrepanz zwischen gefühlter und tatsächlicher Kriminalität, die Verzerrungen der Erinnerung und die Auswirkungen auf die gesellschaftliche Stimmung. Es werden sowohl positive Entwicklungen als auch Bedrohungen beleuchtet, um einen differenzierten Blick auf die Weltlage zu ermöglichen.

Episode description

Pocken oder Pest sind ausgerottet, die Lebenserwartung hat sich in Deutschland in den vergangenen 150 Jahren verdoppelt. Dennoch sind viele davon überzeugt: Alles wird immer schlimmer. Woran liegt es, dass die Vergangenheit so rosig, die Gegenwart so düster erscheint? Oder stehen wir tatsächlich an einem Wendepunkt? Ein Podcast von Daniela Remus. Wir wollen Eure Meinung! Macht mit bei unserer aktuellen IQ-Umfrage: https://1.ard.de/IQ_Umfrage. Zu gewinnen gibt es coole Bluetooth Boxen für euren Podcast-Sommer! Habt Ihr Feedback? Anregungen? Schreibt uns gerne: WhatsApp (https://wa.me/491746744240) oder [email protected].

Transcript

ARD. IQ Wissenschaft und Forschung. Wir wollen es wissen. Ein Podcast von Bayern 2 in der ARD Audiothek. Welcher der folgenden Aussagen würden Sie am ehesten zustimmen? Die Welt wird immer besser. Die Welt wird schlechter. Die Welt wird weder besser noch schlechter. In Deutschland denken viele Menschen, hier bei uns wird alles immer schlimmer und der Zustand der Welt verschlechtert sich irgendwie auch.

Früher fuhr die Bahn pünktlich, Zusammenhalt und Hilfsbereitschaft waren groß, jahrzehntelang kein Krieg vor der Haustür, genug Öl für die Heizungen und Autotanks, keine Pandemie und die Zukunft war sicher. Heute haben wir den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und die wirtschaftliche Rezession, Krankenhausschließungen, marode Bahngleise und die Erderwärmung. Doch war früher tatsächlich alles besser?

Schließlich haben doch selbst schon die Ägypter und Römer in ihrer jeweiligen Blütezeit über den Verfall der Sitten, kulturellen Niedergang und die unsichere Zukunft geklagt. Oder erleben wir ganz aktuell Doch ein Wendepunkt in der Geschichte? Ich bin unsicher. Vieles stimmt mich optimistisch. Die Errungenschaften der modernen Medizin.

Die soziale Absicherung auch derjenigen, die ihren Unterhalt nicht selbst erwirtschaften können oder die Verringerung des weltweiten Analphabetismus, um nur einiges zu nennen. Anderes macht mich sorgenvoll, vor allem der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Manchmal habe ich Angst, dass der Krieg sich ausweitet und auch zu uns kommt. Und hoffe intensiv, dass es so weit nicht kommen wird.

damit meine Kinder in Frieden leben können, so wie ich es bis jetzt konnte. Um besser einschätzen zu können, wie es um uns und unsere Welt steht, habe ich für dieses Feature recherchiert. Und deshalb geht es hier in IQ Wissenschaft und Forschung um die Frage, ob tatsächlich alles immer schlimmer wird. Mein Name ist Daniela Remus.

Wenn wir davon sprechen, dass alles immer schlimmer wird, kann das natürlich verschiedene Bereiche betreffen. Das moralische Miteinander, die wirtschaftliche Lage, Stabilität, Sicherheit, den eigenen Wohlstand. Welcher der folgenden Aussagen würden Sie am ehesten zustimmen? Das moralische Verhalten wird besser, das moralische Verhalten wird schlechter Ein Team von US-amerikanischen Psychologen hat im Sommer 2023 eine Studie veröffentlicht im renommierten Fachblatt Nature.

in der sie wissen wollten, wie Menschen weltweit das moralische Verhalten ihrer Mitmenschen einschätzen. Also haben wir erst mal damit angefangen zu fragen, stimmt das? Glauben das tatsächlich die meisten Menschen? dass das moralische Verhalten immer schlechter wird? Und die Antwort ist ja, überall auf der Welt, sagt die Mehrheit der Befragten, dass die Menschen schlechter zueinander sind, als sie es früher waren.

Die Daten, die wir dazu aus den USA haben, gehen sogar zurück bis 1945. Also es scheint so zu sein, dass unabhängig von der Zeit und unabhängig vom Ort Viele Menschen denken, das soziale Verhalten in der Gesellschaft verschlechtere sich ständig im Vergleich zur Vergangenheit. Erklärt der Psychologe Adam Mastrojani, der an der Columbia Business School in New York forscht. Gemeinsam mit seinem Team wertete er Studien mit den wissenschaftlichen Daten aus über 60 Ländern aus.

Die Ergebnisse waren eindeutig. Nicht nur in den wohlhabenden westlichen Ländern antworteten mehr als die Hälfte der Menschen, dass sie Ehrlichkeit Höflichkeit und Hilfsbereitschaft ihrer Mitmenschen vermissten und dass dies früher besser gewesen sei. So gaben sie beispielsweise an, dass sie früher die Haustüre offen stehen lassen konnten, dass Politiker seltener gelogen hätten.

Und dass andere Menschen weniger egoistisch gewesen seien. Und als nächstes wollten wir deshalb wissen, was ist da dran? Stimmt das? Denn das, so der Psychologe, hätte Auswirkungen auf unser aller Zusammenleben. Deshalb hat das Team von Adam Mastroianni nicht nur danach gefragt, mit welchem Gefühl die Menschen auf Gegenwart und Vergangenheit schauen, sondern auch nach ihrem Verhalten und konkretem Erleben.

Haben Sie sich im letzten Jahr um die Pflanzen oder Tiere eines Nachbarn gekümmert? Haben Sie jemanden in einer Warteschlange vorgelassen, weil Sie meinten, er hätte es eiliger als Sie? Haben sie ein Ehrenamt ausgeführt? Oder ganz konkret, sind sie gestern respektvoll behandelt worden? Und bei all diesen Fragen sehen wir, die Menschen geben dieselben Antworten. Und das jedes einzelne Ja. Die Forschungen von Adam Mastroianni und seinem Team deuten darauf hin, dass sich die Beschwerden...

über den Zustand der Welt konstant auf dem gleichen Niveau halten. Und das über Jahre und Jahrzehnte. Daraus schlussfolgern sie, dass es keinen Zusammenhang gibt zwischen dem Gefühl, wie es um das Miteinander bestellt ist, und der objektiven gesellschaftlichen Situation. Das Empfinden der Gegenwart als negativ im Vergleich zu einem diffusen früher

ist also demnach keine Reaktion auf einen realen Anstieg von egoistischen Verhaltensweisen, sondern davon unabhängig. Deshalb haben die Forschenden für ihre Studie einen provokanten Titel gewählt. Die Illusion vom moralischen Verfall. Wie sieht es mit anderen Aspekten des Zusammenlebens aus, beispielsweise mit Verbrechen? Welcher der folgenden Aussagen stimmen Sie am ehesten zu? Die Kriminalität nimmt zu. Die Kriminalität nimmt ab. Die Kriminalität nimmt weder ab noch zu.

Gibt es auch bei diesem Thema einen Unterschied zwischen der subjektiven Wahrnehmung, also der gefühlten Kriminalität und den realen Lebensumständen? Fragen wir einen Sozialpsychologen. Es gibt diesen Unterschied zwischen der Wahrnehmung der Kriminalitätszunahme und der tatsächlichen Veränderung von Kriminalität.

Der Sozialpsychologe Frank Asbrock vom Zentrum für Kriminologische Forschung an der Technischen Universität in Chemnitz beschäftigt sich in seiner Forschung nicht nur mit der Frage, wie sich die Kriminalität in Deutschland entwickelt,

sondern vor allem auch damit, wie die Bevölkerung Kriminalität wahrnimmt. Wenn Sie Leute fragen, hat in den letzten fünf Jahren die Kriminalität zugenommen oder er abgenommen, dann sagen Ihnen 80, 90 Prozent der Befragten, sie hat zugenommen. Und das sagen die Ihnen nicht nur jetzt gerade.

Das haben die auch vor fünf oder vor zehn oder vor 15 Jahren schon gesagt. Und diese Wahrnehmung, die ist nun mal relativ unabhängig tatsächlich von der objektiven Kriminalitätsentwicklung. Die Leute eben meinen, es wird immer schlimmer. Dabei ist die allgemeine Kriminalität in den vergangenen Jahren leicht gesunken. Sie lag 2003 bei 6,5 Millionen gemeldeten Straftaten, 20 Jahre später

2023 wurden dagegen 5,9 Millionen Straftaten gemeldet, bei gleichzeitigem Anstieg der Gesamtbevölkerung. Die meisten Straftaten sind sogenannte Bagatelldelikte, sagt Frank Asbrock. Aber damit wolle er nicht den Eindruck erwecken, dass alles gut ist, betont der Sozialpsychologe. Aktuell sehen wir wieder einen Anstieg der Straftaten, wobei der Tiefpunkt 2021 auch mit der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen zusammenhängt.

Und es gebe durchaus einzelne Bereiche mit einem Kriminalitätsanstieg, zum Beispiel bei der Jugendkriminalität oder bei Straftaten im Internet wie Datenklau oder Cybermobbing. Dennoch passe die gefühlte Kriminalitätsfurcht vieler Menschen nicht zum Gesamtbild der gemeldeten Straftaten.

Wir sind als Menschen insgesamt nicht so gut da drin, mit Wahrscheinlichkeiten und mit Risikoeinschätzungen umzugehen. Und die Wahrscheinlichkeit, dass man Opfer einer Straftat wird, ist an den meisten Plätzen in Deutschland sehr, sehr gering. Das soll überhaupt nicht heißen, dass es keine Kriminalität gibt, aber wir sind sehr schlecht darin, allgemeine Risikoeinschätzungen abzugeben. Deshalb bewegen wir uns beispielsweise auch weiter mit Rad oder Auto im Straßenverkehr.

Obwohl das Risiko zu verunglücken im Vergleich zu Bus oder Zug höher ist. Aber das spielt bei den täglichen Überlegungen, nehme ich das Rad oder doch den Bus, ganz offensichtlich keine Rolle. Weil der Straßenverkehr aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken ist, haben wir das Gefühl, uns damit auszukennen, seine Risiken einschätzen zu können, auch wenn wir sie systematisch unterschätzen.

Genauso verhält es sich mit dem Rauchen oder Trinken von Alkohol. Obwohl seit Jahren bekannt ist, dass damit die Wahrscheinlichkeit an Krebs zu erkranken deutlich ansteigt, unterschätzen wir das Risiko. Wir tun viele Dinge. von denen wir eigentlich wissen könnten, wie schädlich und riskant sie für uns sind. Aber wir nehmen die Fakten häufig nicht zur Kenntnis oder ignorieren sie schlichtweg.

Und so ist es auch beim Thema Kriminalität oder gesellschaftliches Miteinander. Wir schätzen beides häufig falsch ein, auch weil wir als Vergleich eine diffuse Vergangenheit heranziehen. Dabei ist gerade die Vergangenheit dafür, kein verlässlicher Ratgeber. Warum? Das erklärt Adam Mastrojani. Was die Forschenden herausgefunden haben, ist, dass sowohl gute als auch schlechte Erfahrungen ihre Qualität im Laufe der Zeit verlieren.

Etwas, was großartig ist im Moment, fühlt sich fünf Jahre später nicht mehr so großartig an. Und etwas, was sich schlecht anfühlt, fühlt sich auch fünf Jahre später nicht mehr so schlecht an.

Und die schlechten Erinnerungen verblassen dabei schneller als die guten Erinnerungen. Verschiedene Studien haben diesen Effekt seither bestätigt. Und da das Gedächtnis zentral dafür ist, Wie wir uns an die Vergangenheit erinnern, ist das ein wichtiger Befund, um zu verstehen, warum die Einschätzung von Gegenwart und Vergangenheit häufig nicht zur Realität passt, sondern eher subjektive Gefühle und Wahrnehmungen ausdrückt. Ein Beispiel zeigt das sehr eindrücklich.

Im Rahmen einer Längsschnittstudie sollten die Studienteilnehmer über ihre Kindheit urteilen. Im Alter zwischen 20 und 30 Jahren gab ein Drittel von ihnen an, ihre Kindheit sei schön gewesen. 20 Jahre später hatte sich deren Blick auf die Kindheit verändert. Jetzt sagte die Hälfte der Gruppe, sie hätten eine schöne Kindheit gehabt.

Der Blick auf die eigene Vergangenheit ist also im Laufe des Lebens positiver geworden. Und das ist nicht verwunderlich, denn Erinnerungen sind alles andere als objektiv und unverrückbar. Das Gedächtnis ist hochgradig selektiv und grundsätzlich, muss man sagen, immer rekonstruktiv. Das heißt, wir rufen nichts eins zu eins ab, was irgendwie mal gespeichert wurde, sonst wird immer wieder neu zusammengesetzt aus Fragmenten.

Erklärt der Psychologe Rüdiger Pohl, emeritierter Professor von der Universität Mannheim. Wir basteln uns das so ein bisschen zurecht, unsere eigene Vergangenheit. Wir reden uns das schön und wir basteln uns zurecht, vergessen eher. Peinliche, unangenehme Dinge, an die tollen Dinge, an die Erfolge, wo wir glücklich waren, wo schöne Dinge erlebt haben, die sind dann präsenter im Gedächtnis.

Die Erinnerung wird also, je länger ein Ereignis zurückliegt, desto positiver. Fading-Effekt nennt das die Wissenschaft. Ausgenommen davon sind lediglich traumatische Ereignisse. Das Gehirn setzt jede Erinnerung, jedes Mal, wenn sie abgerufen wird, nach Situation, Umstand und Anlass neu zusammen, überschreibt sie und reichert sie mit Aspekten an, die plausibel erscheinen.

So geht es uns mit autobiografischen Alltagssituationen. Was habe ich beim ersten Kuss getragen? Aber auch mit Ereignissen, die wir lediglich als Zuschauer beobachtet haben. Auch sie schwächen sich im Laufe der Jahre ab. und verlieren damit häufig ihren Schrecken. Es gibt übrigens ein schönes Beispiel, das nennt man die Blitzlichterinnerungen oder Flashbulb-Memories im Englischen.

Das ist immer dann, wenn was ganz Gravierendes passiert. Zum Beispiel als 9-11 passiert ist und Menschen davon erfahren haben. haben viele das Gefühl, es hat sich so eingebrannt wie ein Blitzlicht, dieser Moment, als ich davon erfahren habe. Und ich weiß noch genau, wo ich war und wer dabei war und welche Uhrzeit es war und was ich gerade gemacht habe und so. Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau. Kurz vor 9 Uhr Ortszeit in New York.

Ein US-Passagierflugzeug stürzt auf einen der Türme des World Trade Centers. Wenig später rast eine zweite Maschine in den anderen Turm. Beide Gebäude stürzen kurze Zeit später nacheinander in sich zusammen. Da gibt es Studien zu, die das auch erhoben haben, direkt einen Tag später und ein halbes Jahr später und da stimmte fast gar nichts mehr. Also das ist auch kein eingebranntes Gedächtnis.

Man glaubt so, dass das so sei, aber ist es auch nicht. Es unterliegt auch Rekonstruktion. Denn bei der Nachbefragung ein halbes Jahr später wurde klar, dass die Menschen beispielsweise noch wussten, dass sie gearbeitet hatten, aber mit wem? Und was sie genau gemacht hatten, das wussten sie offenbar nicht mehr so genau. Also ergänzten sie die Namen von Kolleginnen und Kollegen, mit denen sie zusammengestanden oder Mittag gegessen hatten. Unser Gedächtnis ist also …

So viel steht für die psychologische und neurowissenschaftliche Forschung fest, kein verlässlicher Informant. Ganz im Gegenteil. Die Arbeitsweise des Gedächtnisses ist ein maßgeblicher Grund dafür, Warum wir dazu neigen, die Vergangenheit unrealistisch zu schönen und deshalb Gegenwart und Zukunft negativer und skeptischer zu betrachten. Aber damit nicht genug.

Das Gedächtnis bewahrt auch nicht alle Phasen und Ereignisse unseres Lebens gleichermaßen auf. Vieles vergessen wir komplett, aber emotional bewegende Geschehnisse bleiben intensiver im Gedächtnis. Und deswegen hat die Zeit des Heranwachsens und des jungen Erwachsenseins im autobiografischen Gedächtnis eine besonders prominente Rolle.

An was erinnert man sich am meisten? Am meisten erinnert man sich an die Phase in den eigenen Zwanzigern. Das ist so diese Phase im Leben, die so am präsentesten ist. Man ist von zu Hause ausgezogen, in eine neue Wohnung, hat irgendwo eine Arbeit angefangen, hat eine Partnerin oder Partner.

fürs Leben kennengelernt, da ging es ab. Erklärt der Neurowissenschaftler Henning Beck den sogenannten Reminiszenz-Effekt. Alles, was nach dieser Phase kommt, Konsolidierung im Beruf oder die Familienphase, fällt dagegen ab. erscheint eher langweilig. Denn es passiert in der Regel deutlich weniger komplett Neues als in der Zeit zwischen 15 und 25 Jahren.

Dieser Grundton, dass man danach nicht so viel erlebt, führt dazu, dass man im Laufe des Lebens sagt, ach ja, früher, da ging es rund, da habe ich viel gemacht, da war alles gut und jetzt ist eigentlich viel weniger los und es wird eigentlich immer schlechter. Die Psychologen und Neurobiologen können also sehr gut erklären, warum Menschen ganz subjektiv sehnsuchtsvoll auf eine scheinbar harmonische, goldene und friedliche Vergangenheit zurückblicken.

Und dieser verklärte Blick beeinflusst nicht nur unser Urteil über unser eigenes Leben, sondern auch das über die Gesellschaft, in der wir leben und das über die Weltlage. Welcher der folgenden Aussagen würden Sie am ehesten zustimmen? Ihnen wird es in Zukunft besser gehen. Ihnen wird es in Zukunft schlechter gehen. Ihnen wird es in Zukunft weder besser noch schlechter gehen.

Wir haben als Gesellschaft einen Zustand erreicht, der kaum noch verbesserungsfähig ist in unserer Vorstellung. So, welche Möglichkeiten hast du darauf, psychologisch zu reagieren? Okay, du schaust dir an, wo es eben schlechter werden kann und hast Angst davor. Du fängst also an zu verteidigen, dass...

Eine Umfrage des Forsa-Instituts vom September 2023 hat beispielsweise ergeben, in Deutschland sind rund 46 Prozent der Befragten der Ansicht, dass es ihnen in zehn Jahren deutlich schlechter gehen wird als heute.

Nur 17 Prozent blicken optimistisch in die Zukunft und erwarten, dass es ihnen besser gehen wird. Eine gesellschaftliche Stimmung also, die eindeutig negativ ist und die ihre Ursachen nicht nur in der Angst vor Verlusten hat, sondern auch darin, dass das, was gut läuft, nicht als positiv wahrgenommen wird.

Das Glück nimmt man eigentlich als selbstverständlich hin. Also das, was früher eine medizinische Sensation war, also früher war es eine Sensation, wenn du 90 Jahre alt geworden bist, ja. Heute regen sich 70-, 80-jährige Menschen auf, wenn sie in der Corona-Pandemie nicht mit dem Kreuzfahrtschiff fahren können. Trotzdem haben wir handfeste Probleme.

Ob Terrorattacken von religiösen, rechten oder linken Terroristen wie in Solingen, Hanau oder Halle mit vielen Toten und Verletzten. Angriffe auf Rettungskräfte und Polizei, Cybermobbing oder Kinderpornografie. Das gibt es alles und es ist schrecklich und beunruhigend. Und auch weltpolitisch müssen wir mit Krisen und Bedrohungen leben. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und der Krieg im Nahen Osten.

Die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie und der Anstieg des Meeresspiegels, um nur einige wenige zu nennen. Aber war es früher wirklich besser? Oder beschreiben die vielen existenziellen Krisen Jetzt doch ein Wendepunkt? Gucken wir beispielsweise auf die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Auch meine Großeltern und Eltern haben beim Blick zurück, vor allem über das Wirtschaftswunder Wohlstand.

Und Bildung für alle gesprochen. Deutlich seltener geht es beim Blick zurück um die Kubakrise, den Koreakrieg und Vietnamkrieg, den Bürgerkrieg in Nordirland, ETA-Terror in Spanien. Die geburtenstarken Jahrgänge, die sogenannte Boomer-Generation, ist aufgewachsen mit dem Terror der RAF in Deutschland, mit der Ölkrise in den 1970er Jahren, der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl.

und dem Apartheid-System in Südafrika. Trotzdem haben heute viele von ihnen das Gefühl, erst jetzt sei die Welt aus den Fugen geraten. Jetzt seien wir wirklich an einem Wendepunkt, von dem es nur noch bergab gehe. Krisenforscher wie Frank Roselieb, der das Institut für Krisenforschung in Kiel leitet, teilt diese Einschätzung nicht.

Wir hatten das, was wir jetzt erleben, eigentlich schon immer. Also wenn Sie zurückgehen, das Jahr der Wiedervereinigung 1990, wir hatten ein Jahr später bereits den nächsten Krieg auf europäischem Boden. Das war der Jugoslawienkrieg, der war viel näher dran als der Russland-Ukraine-Krieg. zehn Jahre, das war auch für uns viel dramatischer. Und der Krisenforscher zählt weiter auf. Die Terroranschläge auf das World Trade Center 2001, die sehe ich daran anschließenden Kriege.

Der Tsunami 2004 in Asien mit über 200.000 Toten, der Bürgerkrieg in Syrien, die Nuklearkatastrophe in Fukushima 2011. Krisenforscher Frank Roselieb spricht von rund 250 Krisen weltweit. Und das jedes Jahr. Sein Fazit? Wir leben mit den vielfältigsten Krisen. Wir bewältigen sie mal besser, mal schlechter.

Und das war und ist schon immer so. Krisen gehören zu unserem Leben dazu. Ganz anders sieht das der Historiker Tobias Becker von der Freien Universität in Berlin. Für ihn ist der sehnsüchtige Blick zurück. der auch häufig als Nostalgie bezeichnet wird, nicht verwunderlich. Er zeige vielmehr, dass die Fortschrittsversprechen der Moderne nicht mehr funktionierten, nicht mehr eingelöst werden könnten.

Also ist in der Moderne tatsächlich alles besser? Wird die Zukunft immer besser? Oder ist es nicht so, quasi jedes, was wir... uns als Fortschritt erhoffen, siehe Atomkraft, große Hoffnung der Nachkriegszeit, riesige Kosten, wohin mit dem Atommüll und dann natürlich 80er Jahre bewahrheiten sich mit Tschernobyl diese dystopischen Zukunftsperspektiven.

die atomare Vernichtung, der Unfall und so weiter. Viele Menschen hätten deshalb die Überzeugung verloren, so der Historiker, dass es Fortschritt gibt und dass die Zukunft besser wird als die Vergangenheit. Was wir festhalten können, nicht alles wird schlechter auf dieser Welt. Der Großteil geht nach wie vor rücksichtsvoll mit seinen Mitmenschen um. Die Kriminalität ist im Vergleich zu früher sogar gesunken.

Aber klar, wir leben auch mit Bedrohungen. Mit einem russischen Präsidenten, der mit Atomwaffen droht und mit einer globalen Klimakrise mit Extremwettern. Inseln, die schon in sehr naher Zukunft untergehen werden und extremen Hitzewellen. Werden die Menschen auch diese Krisen bewältigen oder werden sie sich tatsächlich als unlösbar entpuppen? Wie so oft im Leben.

ist es kompliziert. Es gibt Gutes und Schlechtes, Fortschritt und Rückschritt. Für mich bleibt die Frage, wie umgehen mit diesem Gefühl, früher war alles besser und jetzt wird einfach alles immer schlimmer. kann es helfen, verstärkt auf das zu gucken, was sich verändert hat, zum Positiven, und das weltweit. Forschende bejahen das und verweisen beispielsweise auf den Rückgang der Armut.

Die Verringerung der Feinstaubbelastung, die gestiegene Lebenserwartung, die bessere Gesundheitsversorgung oder die Schulbildung für Mädchen und die Zunahme der Ernteerträge. Das gilt weltweit und wurde alles in den vergangenen Jahrzehnten erreicht. Es gibt sie die guten, positiven Nachrichten von Krisen und Missständen, die noch vor wenigen Jahrzehnten übermächtig erschienen und für die die Menschen mit Zuversicht Lösungen entwickelt haben.

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