Im österreichischen Graz hat es offenbar ein Ammocklauf an einer Schule gegeben. Dabei sind laut dem Innenministerium mehrere Menschen getötet worden. Nach dem Ammocklauf am Vormittag an einer Schule in Graz mit zehn Toten herrscht Fassungslosigkeit. Gegen zehn Uhr heilen Schüsse aus dem Gebäude des Bundesoberstufenreal-Gymnasiums Kurz-Borg in der Grazer Innenstadt. Am Dienstag, den 10. Juni, stürmt ein junger Mann in ein Schulgebäude in Graz.
Es ist sein ehemaliges Gymnasium. Er feuert mit einer Schrotflinte und einer Pistole um sich. Tötet zehn Menschen, neun Schülerinnen und Schüler und eine Lehrerin. Anschließend erschießt der Täter sich selbst. "Das heutige Tag ist ein dunkler Tag in der Geschichte unseres Landes." Nicht nur der österreichische Bundeskanzler Christian Stocker ringt Umfassung. Das ganze Land steht in Schockstarre.
Und auch ausländische Regierungschefs wie der deutsche Kanzler Friedrich Merz zeigen sich betroffen. "Wir teilen den Schmerz und die Trauer der Angehörigen. Ihnen gehört unser ganzes Mitgefühl." Es ist das wohl verherrnste Massaker in Österreich seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Und neben der Trauer ist es auch eine Frage, die viele Menschen umtreibt.
Wie ist es möglich, dass ein 21-Jähriger Kurz- und Langwaffe besitzt und die Möglichkeit hat, entsprechende Munition zu kaufen und damit diese grässliche Unheil anzurichten? Was Bundespräsident Alexander van der Bellen da anspricht, der Amokläufer kam ganz legal an Flinte und Pistole. Ich bin Lucia Heisterkamp vom Spiegel. Meine Kollegin Antonia Arbeiter-Raut ist gerade im Urlaub. In dieser Folge von "InsideOstShare" rekonstruiere ich zusammen mit meinen Kolleg*innen den Amoklauf in Graz.
Und ich frage, ob es in Österreich zu einfach ist, an eine Waffe zu kommen. Vorab noch ein Hinweis, in dieser Folge geht es auch um Suizid. Wenn Sie selbst betroffen sind oder jemand kennen der Hilfe braucht, finden Sie Hilfsangebote in den Show-Notes. Und jetzt geht's los. Wenn wir diese Podcast-Folge aufzeichnen, dann ist der Amoklauf in Graz gerade erst ein paar Tage her. Wir wissen noch längst nicht alles über das, was passiert ist, über die Opfer, den Täter.
Was wir sicher wissen, gegen 10 Uhr geht am Dienstag, den 10. Juni, ein Notruf in einer Polizeistelle in der Stadt Graz ein. Da haben sich Nachbarn gemeldet, dass die Schütze gehört haben, dass die Schreie aus der Schule gehört haben. Das ist Oner Kreuzleitner vom Standard. Wir erreichen sie per Telefon in Graz, deshalb ist die Tonqualität leider nicht so gut. Die Schule, von der sie hier spricht, das ist das Bundesoberstufen-Real-Gymnasium Kurzbork.
In der drei Schützengasse, nicht weit vom Hauptbahnhof in Graz entfernt. Dort fallen um 10 Uhr die Schüsse. Ich glaube, auf jeden Fall ist die Polizei mit allem, was sie zu bieten hat, sagen Sie immer, dort hingefahren, mit Polizeihutschrauben unterwegs gewesen, mit ihren Sondereinheiten. Hunderte Einsatzkräfte kommen in der drei Schützengasse an. Auf Videos, die später im Netz kursieren, sieht man ein graues, langgezogenes Schulgebäude. Dort ist ein 21-jähriger Mann eingedrungen.
Mit einer Pistole und einer Flinte feuert er auf Schülerinnen und Lehrer. 17 Minuten dauert es nach dem ersten Notruf, bis die Lage unter Kontrolle gebracht ist. Sehen, die von Augenzeugen gefilmt wurden, zeigen panisch umherrennende Jugendliche. Der Täter erschießt zehn Menschen, sieben davon Frauen, drei Männer. Die meisten sind zwischen 15 und 17 Jahre alt.
Wie diese Schülerinnen und Schüler ausgewählt wurden, ob sie überhaupt ausgewählt wurden oder ob der Täter einfach nur um sich geschossen hat, ist man mir dann noch nicht klar, das wird noch von der Polizei ermittelt. Eine schwer verletzte Lehrerin stirbt im Krankenhaus. Weitere Verletzte müssen notoperiert werden. Der Amokläufer begeht nach dem Blutbad auf der Schultoilette Suizid. Wir wissen bis Radaktionsschluss noch nicht viel über den Täter und seine Motive.
Ja, er war 21 Jahre alt aus Graz, einem Vorort von Graz. Mein Kollege Fabian Schmidt vom Standard verfolgt für uns die Ermittlung der Behörden, die er gerade erst begonnen haben. Klar ist, der Amokläufer war österreichischer Staatsbürger und er hat die Schule, also das Borg-Gymnasium, offenbar vor einigen Jahren selbst besucht. Er war dort sitzen geblieben und hatte die Schule dann abgebrochen.
Es gibt jetzt Berichte, dass er noch in der Berufsschule war, dass er diverse Jobs bekommen hat, aber dass er quasi Schwierigkeiten hatte, tatsächlich Fuß zu fassen und das Erwachsenenleben zu beginnen. Einige ehemalige Mitschülerinnen und Mitschüler berichten über Mobbing-Erfahrung, die der Täter angeblich während der Schulzeit gemacht hat.
Da gibt es schon so wiederkehrende Erzählungen, dass er gemobbt wurde oder sich zumindest gemobbt gefühlt hat, aber gleichzeitig ist es natürlich jetzt nicht so handfestes. Denn bestätigt wurde das von offizieller Stelle bisher nicht. Nach dem Amoklauf durchsucht die Polizei auch die Wohnung des Täters in Graz, wo er mit seiner Mutter gelebt hat. Die Beamten finden dort einen Abschiedsbrief, in dem sich der Täter offenbar von seinen Eltern verabschiedet.
Hinweise auf ein mögliches Motiv gibt der Brief aber laut den Behörden nicht. Außerdem stößt die Polizei in der Wohnung auf eine Rohrbombe, die allerdings nicht funktionsfähig ist. Und sie finden auch Pläne für einen Sprengstoffanschlag. Den wollte der Attentäter offenbar ursprünglich in seiner alten Schule durchführen und hat die Pläne dann aber wieder verworfen. Online findet man so gut wie nichts über den Mann. Er ist wie ein Phantom, kein Instagram-Account, kein TikTok-Profil.
Was wir sonst noch über den Täter wissen, ist, dass er einen Waffenschein hatte. Für den muss man in Österreich mindestens 21 Jahre alt sein. Der Amokläufer war ja gerade 21. Das heißt, er kann ihn vor nicht so langer Zeit gemacht haben. Kolleg*innen der österreichischen Zeitung Profil haben einen Schützenverein ausfindig gemacht, wo der Mann trainiert hat. Laut dem Bericht ist er dann ein paar Monate vor der Tat das erste Mal aufgetaucht.
Ein Vereinsmitglied beschreibt ihn als empathielos und hat erzählt, dass der Mann nach dem Schießtraining apathisch in der Ecke gesessen hätte. Was den Täter möglicherweise zu dem Massaker angetrieben hat, ob er sich irgendwo radikalisiert hat, all das werden dann hoffentlich die Ermittlungen zeigen, die er gerade erst am Anfang sind.
Also da wird man jetzt schon abwarten müssen, was die Polizei rekonstruiert, die ja jetzt wahrscheinlich sehr viele Personen einvernehmen wird und befragen wird. Auch zur Person des Tätors. Der Amoklauf an der Schule hier in Graz, dem Borgter Schützengasse ist eine nationale Tragödie, die uns zutiefst erschüttert. Am Tag des Massakars reist der österreichische Bundeskanzler Christian Stocker sofort in die Steiermark nach Graz.
Ich finde, man hört ihm hier wirklich an, wie bestürzt er ist. Und nicht nur er, das ganze Land ist erschüttert. Über dem Parlament in Wien, wen die Flaggen auf Halbmast, eine dreitige Gestarztrauer wird angeordnet. Sogar Herbert Kickel, der rechtsradikale FPÖ-Chef, fällt sich mit Äußerung zurück und versucht nicht wie sonst aus dem Blutbad irgendwelches Kapital zu schlagen. Gut, man muss auch sagen, der Täter war ein österreichischer Staatsbürger.
Der hatte jetzt keinen ausländischen Namen. Wehe man die Betroffenheit auch so richtig anhören kann, das ist die Grazer Bürgermeisterin, Ecke K. von der kommunistischen KPO. Am Abend nach dem Massaka bricht die im ORF-Interview fast die Stimme. In Wirklichkeit ist das Schlimmste der Moment gewesen, wo einfach die Eltern und Angehörigen und Freunde gartet haben. Ist mein Kind, meine Freundin, darunter oder nicht.
Und das ist unbeschreiblich, da kann man eigentlich keine wirkliche Worte dafür finden. Das ist einfach nur tief traurig alles. Auf dem Hauptplatz in Graz kommen am Abend hunderte Menschen zusammen und legen dort Kerzen ab. Bis spät in die Nacht stehen die Leute Schlange, um für die Verletzten des Amoklaufs Blut zu spenden. Am Tag nach dem Massaka findet in Österreich eine Schweigeminute für die Opfer statt. Die Leute sind alle wirklich es schüttert.
Wenn man sie fragt, sagen die meisten, es fehlen ihnen eigentlich die Worte, wieso etwas Schlimmes passieren konnte. Ich habe mit einer Johnfrau heute vor der Schule gesprochen, die dort Kerzen aufgestellt hat, deren Freundinnen selber in die Schule gehen, die, wie sie sagt, das eben miterlebt haben, die da evakuiert wurden, nicht schaffen können. Traurig sind natürlich alle. Unsere Kollegin Ona Kreuzleitner ist in Graz mit vielen Leuten ins Gespräch gekommen.
Also, es sind alle recht geschockt, was natürlich völlig nachvollziehbar ist, auch wenn man nicht hier ist, haben einer kann fassen, dass jemand in eine Schule gegangen ist und dort Schülerinnen und Schüler ungebracht hat. Viele sagen, die Schule sollte ja eigentlich ein sicherer Ort zum Lernen sein. Ältere Leute reden darüber, welche Sorgen sie sich um ihre eigenen Kinder und Enkelkinder machen. Also, die Betroffenheit ist sehr groß.
Der Amoklauf ist der wohl schlimmste in der Geschichte Österreichs. Ein tödlichen Vorfall an einer Schule, das gab es bisher nur einmal, 1997 in Niederösterreich. Damals hat ein 15-jähriger Schüler eine Lehrerin erschossen. Und ausgerechnet die Stadt Graz hat fast auf den Tag genau vor zehn Jahren schonmal eine furchtbare Amokfahrt erlebt, begangen von einem bosnischdämmigen Mann.
Der Mann ist damals nicht nur durch die engere Innenstadt Graz, sondern hat eine ziemlich lange Strecke zurückgelegt und zig Leute schwer verletzt, dreigetötet. Meine Kollegin Colette Schmidt vom Standard kommt selbst aus Graz. Sie war damals kurz nach der Amokfahrt direkt am Tatort. Und auch damals hat sie erlebt, wie die Stadt nach der schrecklichen Tat eng zusammengerückt ist.
Das ist unglaublich wichtig, dieses Gefühl, wir halten zusammen und das, was Schreckliches passiert, wir finden es alle traurig. Wir lassen uns jetzt nicht spalten für die Leute, die tatsächlich tolle Opfer zu beklagen haben in ihrer Familie, in ihrem Umkreis, ist das wahrscheinlich auch natürlich nicht genug. Aber für eine, ich sage mal, traumatisierte Stadt ist das sehr wichtig.
Und ich habe mich damals auch viel beschäftigt mit anderen europäischen Städten, wo ähnliches vorgekommen ist, dieses gemeinsam zusammenstehen ist überall wahnsinnig wichtig. Neben der Trauer ist es aber auch eine politische Frage, die gerade viele in Österreich beschäftigt. Der Bundespräsident Alexander van der Bellen formuliert es bei seinem Besuch in Graz nach dem Amoklauf so.
Wie ist es möglich, dass ein 21-Jähriger Kurz- und Langwaffe besitzt und die Möglichkeit hat, entsprechende Munition zu kaufen und damit dieses grässliche Unheil anzurichten? Wir haben es ja schon erwähnt, der Täter hat sich die Pistole und die Schrotflinte völlig legal besorgt. Also ich frage mich da schon auch, wie kann das sein? In Deutschland haben wir ein relativ strenges Waffengesetz. Wer eine Schusswaffe jeglicher Art kaufen will, der braucht ein Waffenschein.
Und es ist ziemlich schwierig, den zu kriegen. Ich habe mich also gefragt, wie kommt man in Österreich an eine Waffe? Dazu muss ich ein bisschen ausholen, dass österreichische Waffenrecht kennt drei verschiedene Waffenkategorien. Das ist Peter Zellinger vom Standard. Er ist nicht nur Journalist, sondern auch Sportschütze und besitzt deshalb selbst einige Schusswaffen. Ganz legal natürlich. Er kann mir also bestens erklären, wie man an eine Waffe kommt.
Diese drei Kategorien, von denen er hier spricht, das sind A) Kriegswaffen, die in Österreich natürlich nicht in privaten Händen sind. Dann gibt es Kategorie B) Da fallen Pistolen wie z.B. Faustfeuerwaffen runter, von denen auch der Täter eine besessen hat. Er hatte eine Pistole der Firma Glock. Um die zu kriegen, muss man den sogenannten Waffenführerschein machen. Das ist im Prinzip ein Sachkunde-Nachweis, damit man weiß, okay, die Person kann sicher mit einer Waffe umgehen.
Waffenhändler mit spezielle Ausbildung. Dieser Kurs dauert dann normalerweise so drei bis sechs Stunden. Danach muss man noch ein Theorie- und Praxistest absolvieren und bekommt den Waffenführerschein, der dann unbefristet gültig ist. Also wenn ich da an meinen Autoführerschein denke, das war wirklich hundertmal schwieriger, den zu bekommen. Aber gut, neben diesem Waffenführerschein braucht man aber auch noch eine Waffenbesitzkarte, um sich Pistolen aus dieser Kategorie B zu besorgen.
Dazu braucht es einen Psychothest, der über mehrere Stunden dauert. Das sind ein paar hundert Fragen. Dieser Test soll sicherstellen, dass man eben auch psychisch in der Verfassung ist, mit einer Waffe umzugehen und damit nichts Gefährliches macht. Nur das in einem Multiplit Choice-Test mit Ankreuzfragen nachzuweisen, ist halt so eine Sache. Unser Kollege hat den Test
auch gemacht. Die Fragen selber, ja, die wirken teilweise sind ein bisschen absurd. Also man muss jetzt zum Beispiel ankreuzen, ob man schon mal darüber nachgedacht hat, giftige Schlangen zu zähmen. Okay, alles klar. Oder auch so Dinge wie die Konzentration nuklearer Partikel in der Erdatmosphäre bereitet mir Sorge. Ja eh. Solche Fragen klingen für mich jetzt erst mal ein bisschen lächerlich. Hintergrund ist allerdings, dass man damit psychisch kranke Menschen aussehen will.
Das Problem ist nur, auch wer keine psychische Erkrankung hat, kann ja ein potenzieller Gefährnis verzerrter sein. Der Test beinhaltet dann auch noch ein Gespräch mit einem Waffenpsychologen. Die Durchfallquote liegt bei 5%. Hat man den Test bestanden, dann muss man außerdem mindestens 21 Jahre alt sein und ein berechtigtes Interesse nachweisen, eine Waffe zu besitzen. Dieses berechtigte
Interesse wird in Österreich aber relativ weit gefasst. Man muss zum Beispiel nicht zwingend Jäger oder Mitglied im Schützenverein sein, häufig reicht es sogar anzugeben, dass man sich innerhalb der eigenen Wohnung selbst verteidigen möchte. Der Amokläufer von Graz hatte so eine Waffenbesitzkarte. Dabei wissen wir inzwischen, dass der Mann bei der Musterung fürs Bundesheer durchgefallen ist, und zwar mit der Begründung, dass er aus psychologischen Gründen untauglich für den Dienst
an der Waffe sei. Aus Datenschutzgründen darf das Bundesheer solche Informationen aber nicht an andere Behörden weitergeben. Deshalb hat es bei der Waffenbesitzkarte auch keine Rolle gespielt. Und so durfte der Mann die Glockpistole auch ganz legal kaufen. Was die Waffenbesitzkarte allerdings nicht erlaubt ist, die Waffe in der Öffentlichkeit mit sich rumzuführen, also außerhalb zum Beispiel
vom eigenen Grundstück oder vom Schützenverein. Das ist in Österreich nur den Inhabern eines Waffenpasses vorbehalten und dazu muss man dann schon sehr genau nachweisen, warum man jetzt im Supermarkt eine Glock mit haben muss. Und das kriegen die wenigsten. Also wenn du jetzt nicht gerade Polizist bei der Justizwache oder Jäger bist, wird es ganz schwierig. Es gibt dann noch eine dritte Kategorie C in Österreich und die gilt als besonders umstritten.
Darunter fallen viele Gewehre, Kleinkaliber oder Jagdwaffen, auch die Schrotflinte, mit der der Amaukläufer geschossen hat. Und für diese Waffen gibt es fast gar keine Voraussetzungen. Dann reicht es einfach, wenn ich volljährig bin. Da kann ich zum Waffenhändler gehen und sagen, ich hätte gerne, bis es ich, einen Mauserkarabiner, den kann ich mir dann innerhalb von drei Tagen mitnehmen. Jeder ab 18 Jahren, der einen Wohnsitz in Österreich und keine Vorstrafen hat, kann
solche Waffen kaufen. Ohne Schulung, ohne psychologischen Test. Also aus deutscher Sicht finde ich das schon ziemlich krass. In Deutschland ist das Waffen recht viel strenger. Man braucht für alle Schusswaffen eine Waffenbesitzkarte. Um die zu bekommen, muss man Zuverlässigkeit, Sachkunde und ein berechtigtes Bedürfnis nachweisen. Dieses berechtigte Bedürfnis wird auch sehr
streng überprüft. Die zuständigen Behörden kontrollieren auch, ob der Anprachsteller ein sauberes polizeiliches Führungszeugnis vorweisen kann und fragen sogar bei den Gesundheitsämtern ab, ob Hinweise auf eine psychische Erkrankung vorliegen. Im internationalen Vergleich gelten die Anforderungen für die Besitzkarte in Deutschland als relativ hoch. Die Regelungen wurden in vergangenen Jahren auch mehrmals verschärft. Anders als in Österreich.
Also das österreichische Waffenrecht ist im Vergleich zum Deutschen sehr, sehr liberal. In Deutschland muss man zum Beispiel die Waffe und die Munition immer getrennt voneinander verwahren. Das ist in Österreich nicht so. Ich kann eine Waffe geladen und entsichert in den Schrank stellen. Das ist völlig erlaubt. Der Zugang zu Waffen in Österreich ist viel, viel einfacher als in Deutschland auch, dass ich sie mit nach Hause nehmen darf. Ich glaube, sie sind in Deutschland
gar nicht so einfach. Wenn es um den privaten Waffenbesitz geht, liegt Österreich weltweit gesehen auf dem 12. Platz. Das geht aus dem Recherche-Projekt Small Arms Survey 2017 hervor. Die USA stehen da an erster Stelle. Deutschland belegt Platz 23. In Österreich kommen laut der Studie 30 Schusswaffen auf 100 Einwohnerinnen und Einwohner. Wobei man bei solchen Statistiken
auch vorsichtig sein muss, meint unser Kollege Peter Zellinger. Wenn du jetzt zum Beispiel ein Sportschütze bist, dann hast du ja nicht nur eine Waffe, sondern du hast ja mehrere, weil du willst ja in verschiedenen Disziplinen teilnehmen. Dazu kommen noch die Gewehre von Jägern und Jagdsport. Das ist in Österreich, laut unserem Kollegen, gerade voll im Aufwind. Da merkt man auch, dass viele junge Leute die Jagd wieder für sich entdecken und aufgereifen. Und auch ein
Jäger braucht unterschiedliche Waffen. Also ein Jäger geht ja nicht mit einem Gewehr auf die Jagd. Der hat ja unterschiedliche Flinden. Der hat unterschiedliche Büchsen für unterschiedliche Wildarten. Das heißt also, die Zahlen an Privatwaffen in einem Land allein sagen jetzt noch nicht alles über das Gefahrenpotenzial. Trotzdem. Die Debatte um ein strengeres Waffengesetz in Österreich ist nicht neu. Und erst vor wenigen Wochen, Anfang Mai, ist sie auch wieder neu
aufgeflammt. Da hatte nämlich ein Mann seine Ex-Partnerin mit einer Schusswaffe auf offener Straße getötet. Wir haben über diesen Femizid auch hier im Podcast gesprochen. Der Mann hatte ebenfalls einen Waffenbesitzschein und konnte sich damit ganz legal eine Faustfeuerwaffe kaufen. Die Grünen, die in Österreich ja in der Opposition sind, fordern seitdem regelmäßige Verlässlichkeitsprüfung für Waffenbesitzer. Denn der Waffenbesitzschein gilt ja bislang
unbegrenzt, so wie ein Autoführerschein. Nach dem Amoklauf in Graz haben die Grünen ihre Forderungen nach Verschärfung des Waffenrechts auch nochmal wiederholt. Und die kommunistische Bürgermeisterin von Graz, LKK, fordert im ORF sogar ein grundsätzliches Verbot von privaten Waffen. Ich finde das einfach. Waffenscheine zu schnell vergeben werden aus meiner Sicht gehörter Waffenverbot. Für die Sicherheit und den Schutz und Waffen sollten nur unsere Exekutive tragen und
keine Privatpersonen. Das ist meine persönliche Meinung, die habe ich immer vertreten und das überzeugt mich gerade, dass diese Situation erst recht. Österreichs Bundespräsident Alexander van der Bellen wurde bei seiner Reise nach Graz von einer Journalistin ebenfalls nach dem Waffenrecht gefragt. Gibt es neue Diskussionen zum Thema Waffenrecht? Das ist etwas, was gerade überall diskutiert wird. Es wird ein bisschen vorgemacht, weil es sei zu liberal in Österreich. Was wird
da jetzt angestoßen seitens der Politik? Das werden wir uns sicher, also wir, also wenn sich Politikerinnen und Politiker sowohl auf Bundeswehr, auf Landesebene mit Sicherheit anschauen. Ich habe auch schon Medien entnummern, dass Österreich angeblich ein liberales Waffenrecht hat. Aber unabhängig von dieser Frage, wie können wir die Wahrscheinlichkeit solcher Morde in Zukunft
verhindern? Mein Kollege Peter Zellinger vom Standard hält es für sinnvoll, zumindest die Anforderungen für Waffen aus der Kategorie C, also Flinden oder Kleinkaliber, anzuheben, damit eben nicht mehr jeder in Österreich über 18 so einfach an Schusswaffen kommt. Ob es jetzt die allein gültige Lösung ist, das traue ich mir jetzt so kurz nach den Ereignissen von Graz eigentlich, nicht zu beurteilen. Ja, es ist eine Möglichkeit, ob es die allein gültige letzte Weisheit ist,
traue ich mir jetzt wirklich nicht beurteilen. Die rechtsradikale FPÖ ist grundsätzlich gegen Verschärfungen des Waffenrechts. Die Regierungsparteien ÖVP, SPÖ und NEOS halten sich bislang zurück, zumindest ist es der Stand bei Redaktionsschluss. Wir können aber ziemlich sicher davon ausgehen, dass die Debatte in Österreich noch weitergeht. Etwas anderes wird in den Tagen
nach dem Amoklauf aber auch diskutiert und das ist die mediale Berichterstattung. Einige Medienvertreter, österreichische, aber auch ausländische sind direkt nach der Tat zum Haus des Amokläufer gefahren, um dort mit seiner Mutter zu sprechen. Meine Kollegin Colette Schmidt vom Standard sieht es ziemlich kritisch. Also das finde ich ist nicht unser Berufsstandeswürdig. Ich sage nicht,
dass wir nicht ab sofort investigativ arbeiten müssen, was denn da los war. Ich finde es sehr interessant oder wichtig, einfach absolut wichtig zu erfahren, woher der weltanschaulich ideologisch kommt, ob er sich irgendwo radikalisiert hat, weil das wäre dann ein Teich, den man vielleicht trockenlegen sollte, wenn junge Männer sich dort so radikalisieren. Das wissen wir alles
noch nicht. Ich glaube nicht, dass man das erfährt, wenn man bei einer trauernden, geschockten Mutter, die das Schlimmste, was man sich vorstellen kann, nämlich sein Kind zu verlieren, gerade erlebt, am gleichen Tag anklopft. Was meine Kollegin außerdem kritisiert, einige Medien haben auch Videos von Augenzeugen veröffentlicht, die während des Amoklaufs in der Schule gefilmt haben. Man hört darauf Schüsse und sieht panische Jugendliche um Herren. Ja, ich glaube, da muss ich nicht
das Journalistin reden, sondern als Mensch. Wer von uns würde, wenn wir selbst oder unsere Kinder, unsere Geschwister, unsere Eltern in einer Situation in totaler Panik sind, nackte Todesangst, irgendwo Rennen schreien, wer würde da gerne gefilmt werden? Ich muss dazu sagen, auch beim Spiegel haben wir auf Instagram Ausschnitte aus einem Video veröffentlicht, das solche Szenen zeigt. Ausländische Medien wie z.B. die New York Times haben das ebenfalls getan. Man erkennt auf den
Ausschnitten keine Gesichter. Aber das Video hat in den sozialen Medien viel Kritik ausgelöst und auch bei uns in der Redaktion noch einmal zu einer Diskussion darüber geführt, wie man mit solchem Videomaterial umgehen soll. Weil es ist bei Amokläufen oder Attentaten eben immer ein ziemlich schwieriger Grad zwischen Dokumentation und Voyeurismus. Auch ich als Journalistin habe da keine abgeschlossene Meinung. Wie sieht ihr das? Schreibt mir das doch gerne in die Kommentare
bei Spotify, es würde mich wirklich interessieren. Wie lange es dauert, bis in Österreich wieder so was wie Normalität einkärt, das wissen wir nicht. Zumindest passiert gerade etwas, dass in Österreich sonst eher selten ist. Das Land steht eng zusammen, über parteipolitische Grenzen hinweg. In Graz wird es wohl noch sehr lange dauern, bis die Stadt richtig heilen kann, glaubt meine Kollegin Colette Schmidt. Wir wissen ja noch nicht alles, ich habe heute erfahren, dass die schwer verletzten
außer Lebensgefahr sind. Gott sei Dank, also das ist einmal etwas, aber wir werden sicher noch viel erfahren, was uns noch einmal erschüttern wird. Ich glaube, das wird Jahre dauern, ganz ehrlich. Für die Kinder und Jugendlichen am Borg- Gymnasium ist es natürlich besonders wichtig, dass sie ausreichend psychologische Hilfe bekommen. Da gibt Graz und auch die Steuermarkt gerade alles, was sie
zur Verfügung haben, ob das genug ist, ist die Frage. Wir wissen ja alle, dass man bei Psychotherapie für Jugendliche gerade nicht gut aufgestellt sind, nicht gut genug in Österreich und dass wir immer Plätze fehlen. Also vielleicht ist es wieder meinen Anlass auch dahin zu schauen. Und was das Waffengesetz angeht, da werden wir mit "Inside Austria" auch ganz genau hinschauen, wie die Debatte weitergeht.
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und Christoph Neuwirt. Ich bin Lucia Heisterkamp und sage diesmal tschüss und baba.