Den Journalismus auf der Inhalte-Ebene zu verändern, nachdem wir ihn sehr stark auf der technologischen Ebene verändert haben, im Hinblick auf Ausspielwege usw., müssen wir jetzt den zweiten Schritt gehen und müssen sagen, jetzt sind die Inhalte dran. Und das ist Führungsaufgabe. Denn es hat sehr stark auch was damit zu tun, wie Journalismus weiterhin auch monetarisieren kann. Echte Insights aus der Medienbranche. Hier sind deine Innovation Minutes. Direkt aus dem Medialet Bayern.
Hallo, schön, dass du wieder dabei bist. Mein Name ist Sabrina Harper, die Host der Innovation Minutes. Ich entschuldige mich gleich. Ich bin ein bisschen angeschlagen, auch mich hat die Erkältung erwischt. Aber ich wollte unbedingt dieses Gespräch führen. Warum? Das erzähle ich dir am Ende. Das, was du eben am Anfang gehört hast, das war Ellen Heinrichs, die Gründerin des Bonn-Instituts. Das gibt es etwas mehr als zwei, fast drei Jahre.
Und das Kernthema heißt "konstruktiver Journalismus". Das ist eine Strömung im Journalismus, die dialogbasiert ist und Kontexte bedenkt. Denn es steht die Frage im Raum, muss der Journalismus sich neu aufstellen oder seine Werkzeugbox erweitern, wenn nicht sogar austauschen? Darüber spreche ich jetzt mit Ellen. Und damit herzlich willkommen im Podcast. (Dynamische Musik) Ellen, du bist Gründerin des Bonn-Instituts. Ich hab's eben schon im Intro erwähnt.
Du setzt dich für konstruktiven Journalismus ein. Was war dein persönlicher Wendepunkt, als du dir gedacht hast, der Journalismus braucht eine neue Richtung. Und ich mach jetzt das Bonn-Institut. Das ist tatsächlich schon einige Jahre her und hat auch tatsächlich einen persönlichen Hintergrund. Ich war damals für Innovationen bei der deutschen Welle zuständig und hab mich wahnsinnig viel mit Technologie beschäftigt.
Auch mit künstlicher Intelligenz, ganz vielen neuen Plattformen und Ausspielwegen für unsere Inhalte. Alles auch ganz wichtig im Rahmen der Digitalisierung. Aber ich hatte immer so ein bisschen das Gefühl, da fehlt was. Also, es fehlt mir die Diskussion darüber, wie eigentlich der Journalismus selber auf der inhaltlichen Ebene sich möglicherweise auch weiterentwickeln muss, wenn sich um uns herum alles in riesig schneller Geschwindigkeit verändert.
Und dann haben wir irgendwann meine Tochter, die war damals 12, und ich zusammen auf dem Sofa gesessen. Und ich hab sie immer angehalten, sag ich mal, die Tagesschau zu gucken mit mir. Und dann ist sie extrem wütend geworden an einem Abend und aufgesprungen und hat geschrien, muss man schon sagen, im Rauslaufen. Wer soll sich das denn alles anschauen? Nur Kriege und Katastrophen, das will doch keiner sehen. Das hat mich schon sehr berührt, muss ich sagen.
Und ich traf dann kurz darauf den dänischen Journalisten Ulrik Hargerub. Der hatte gerade ein Buch geschrieben, "Constructive News". Und da hab ich so einen Ansatz für mich gefunden, zu sagen, ja, man kann auch Journalismus noch mal neu denken. Und das ist umso wichtiger, wenn sich Nutzerbedürfnisse so ändern, wie sie es gerade tun. Und seitdem bin ich irgendwie an dem Thema dran.
Wenn du diese Situation gerade beschreibst, wenn wir nehmen auf, heute ist der 31.1., das heißt, es ist der Freitag. Die Woche ging es uns ja allen, glaub ich, genauso, dass wir am liebsten irgendwie rausgelaufen wären. Oder in den letzten Wochen, wenn wir Nachrichten geguckt haben. Und ich kann für mich persönlich sagen, ich hatte auch ein wütendes Gefühl in mir, häufiger. Also, es sind eben diese Zeiten voller Unsicherheit, voller Krisen, die diesen Nachrichten zyklos bestimmen.
Welche Rolle? Auch wenn wir jetzt auf die letzten Wochen zum Beispiel schauen, weil ich glaube, die sind uns allen sehr nah, kann und sollte konstruktiver Journalismus in so einem Umfeld spielen. Also, erst mal finde ich, dass ja gut, dass du wütend geworden bist. Weil sehr viele andere Menschen spüren eher ein Gefühl der Hilflosigkeit in sich aufsteigen, zunehmend.
Und das drückt sich dann halt eher aus in Rückzug und eben auch darin, dass die Leute zunehmend Nachrichten einfach vermeiden und sich eben so ins Private zurückziehen und sagen, macht ja eh keinen Unterschied, was ich tue, ob ich was tue. Und das ist natürlich total gefährlich auch für unsere Demokratie. Und letztlich natürlich auch keine gute Entwicklung für Medienunternehmen, muss man ja auch sagen.
Und deswegen spreche ich in letzter Zeit gar nicht mehr so richtig viel über den konstruktiven Journalismus, weil sich das immer so ein bisschen so anhört, wie irgendwie so eine kleine Extraorchideen-Disziplin vom Journalismus, die sich irgendwie für das Gute einsetzt, sondern mir geht es darum, den Journalismus an sich wach zu rütteln und zu sagen, Leute, ihr müsst euch alle verändern.
Denn jetzt braucht unsere Demokratie wirklich einen starken Journalismus, der eben auch auf seine Wirkung achtet und eben nicht die Leute weiter in diese erlernte Hilflosigkeit reintreibt und ans Verzweifeln bringt, sondern ihm auch Geschichten über sie selbst erzählt, die zeigen Menschen können was bewegen, das tun sie auch, Menschen finden und haben auch immer Lösungen gefunden für große gesellschaftliche Probleme.
Und das ist eben konstruktiver Journalismus, der ist geprägt von Lösungsorientierung, Perspektivenvielfalt und der bewussten Anstrengung, eben konstruktiven Dialog in unserer Demokratie zu fördern. Und das war nie wichtiger als heute. Und deswegen ist das eine Richtung, in die sich aus meiner Sicht der Journalismus insgesamt entwickeln sollte. Denn man muss sich das ja klar machen, ohne Demokratie kein Journalismus.
Deswegen kann man sich nicht außerhalb des Systems stellen und so tun, als ob ein das irgendwie nicht anginge. Also, there is no view from nowhere, hat der Kuratoriums, das Kuratoriumsmitglied des Bonn Institute, der amerikanische Professor Jay Rosen schon vor vielen Jahren gesagt, wir können nicht außerhalb stehen. Wir stehen auf Seiten der Demokratie und das muss sich eben jetzt auch ausdrücken dieser Tage. Du sagst sollte, das ist ein Konjunktiv.
Gibt es denn auch schon Präsenz quasi? Also siehst du schon Veränderungen, gibt es Beispiele, wo du sagst, da finde ich die gehen in eine gute Richtung. Oder diese Story fand ich gut oder spannend, weil sie eben konstruktiven Journalismus abgebildet hat? Ja, also ich weiß ja, dass du dich auch viel mit Journalismus in Kriegs- und Krisengebieten beschäftigt hast.
Und wenn ich mir zum Beispiel das anschaue, was die Ligolo aus der Ukraine oft mitbringt an Berichterstattungen, dann finde ich das sehr vorbildhaft. Also wir haben selber auch im Bonn Institute eine Studie gemacht vor zwei Jahren. Da ging es um Kriegsberichterstattung und was Menschen sich eben davon wünschen, damit sie nicht abschalten.
Und die sagen halt, nee, ich möchte nicht die Probleme ausgespart haben, aber ich möchte viel mehr verstehen, wie die Menschen vor Ort eigentlich in diesen Ausnahmesituationen trotzdem klarkommen. Also und das ist ja was, was er oft zeigt in seiner Berichterstattung aus der Ukraine, dass er oder auch Isabel Shaiani, wenn sie unterwegs ist oder das machen auch andere.
Also es ist für mich etwas, was man immer wiedersehen kann, dass man eben den Blick auf die Menschen richtet und nicht ausschließlich auf die Macht haben. Denn wenn wir uns ausschließlich auf das fokussieren, was Putin tut oder was Elon Musk gerade macht oder der Herr Merz, dann haben wir das Gefühl, obwohl wir in der Demokratie leben, wir sind machtlos.
So, die Berichterstattung aber über Menschen, die selbst in Ausnahmesituationen einander unterstützen, die kleine Fortschritte feiern, die das tun, was eben in ihrer Möglichkeit steht. Das ist total relevant, das konnten wir feststellen in unserer Studie für die Menschen hier. Wir machen da in unseren Gehirn gar nicht so einen großen Unterschied, ob einer in der Ukraine lebt oder hier.
Wenn wir sehen, dass Menschen in Ausnahmesituationen nicht hilflos sind, auch wenn wir zum Beispiel über Naturkatastrophen berichten, wenn wir Menschen zeigen, wie Invalentier, die einander unterstützen und unterhaken, gibt das ein anderes Bild vom Umgang mit solchen Ausnahmesituationen, als wenn wir nur die Wassermassen sehen, die das Ahrthalb plattwalzen.
Und das zeigt halt die Macht, die in den Bildern steckt und die Möglichkeiten, die Journalisten haben, unterschiedliche Herangehensweisen zu wählen, die trotzdem alle Fakten versiert sind.
Und da finde ich, da würde ich jetzt gar nicht ein Medium herausgreifen, weil ich weiß, dass in sehr vielen Medien jetzt sich da die Leute Gedanken machen, was ausprobieren, sowohl in den öffentlich-rechtlichen als aber auch nur bei unserem Partner RTL oder selbst der Spiegel hatte über Weihnachten ein Cover mit 100 Menschen, die Hoffnung machen. Ich sehe da schon Bewegungen in der Branche tatsächlich. Ich finde dein Beispiel sehr schön mit Valencia und dem Ahrthal.
Da erinnere ich mich eben auch gut daran. Damals im Ahrthal, die ganzen Überschwemmungen, und dann gab es noch Ärger, weil die Ministerin nicht kam. Und sehr viel Wut und alles war schlimm. Also, es war auch schlimm, nur wie die Leute das wieder aufgebaut haben. Das hat man erst so zwei Jahre später, ein Jahr später, kam so ein bisschen Wasser, erinnere ich mich noch.
Und in Valencia weiß ich noch, wie die Bilder durch die Tagesschau gingen, wie die da zusammenhalten, unter ihre Wohnungen von Schlamm befreien und so weiter. Ich finde dieses Beispiel macht sehr, sehr viel deutlich. Was würdest du dir jetzt wünschen oder wie würdest du es angehen in eine Redaktion, dass man eben in diesem ersten Impuls nicht über die wütenden Menschen berichtet, sondern über die Menschen, die da zusammenhalten.
Und B, wie stellt man sicher, dass man da nichts ausspart? Also, dass man nicht nur die eine Hälfte der Geschichte erzählt. Das ist ja sozusagen schon seit vielen Jahren passiert, dass wir nur die eine Hälfte der Geschichte erzählen, dass wir eher auf das schauen, was nicht funktioniert und die Probleme analysieren und nicht falsch verstehen. Das ist auch Aufgabe von Journalismus.
Also, ich bewundere absolut die Arbeit von Investigativjournalisten, die einfach Missstände aufdecken und Verantwortung benennen. Das wird auch weiterhin total wichtig sein. Jedoch wünsche ich mir, dass Journalismus auch dann Schritt weitergeht und sagt, wenn wir jetzt verstanden haben, was das Problem ist, fragen wir eben auch, wer könnte es beheben? Wo wurde es vielleicht schon mal behoben? Was können wir daraus lernen?
Lassen sich Lösungen, die woanders gefunden wurden oder in einer anderen Zeit schon mal gefunden wurden, vielleicht auf unser heutiges Problem übertragen, sodass wir auch hier zu besseren Umständen kommen können. Wer könnte was machen? Auch die Menschen fragen, was würde euch jetzt helfen? Das ist dann ja ein ausgewogener Journalismus, der eben sowohl auf die Probleme schaut als auch auf Möglichkeiten und positive Entwicklungen, wenn es sie gibt.
Und aus meiner Sicht ist das der bestmögliche Journalismus, weil er ein möglichst breites Bild von der Realität zeichnet. Die Welt mit beiden Augen sehen sozusagen und nicht nur immer auf das unbedingt starten, was nicht schon funktioniert. Ich stelle es mir allerdings relativ schwierig vor, wenn ich in einem Medienhaus getrieben von Zeitdruck, vielleicht auch noch von Personalmangel, und dann habe ich irgendwie, es ist nach wie vor, die Klickzahlen noch im Kopf.
Und jetzt komme ich da in die Redaktionskonferenz und Ellen erzählt mir, lass uns doch über die Menschen sprechen, die das jetzt erreicht haben oder über eine Initiative. Und ich sage, nein, wir müssen darüber sprechen, dass im Bundestag die Hütte brennt. So würde ich es mal ausdrücken. Find ich sehr praxisfern, ehrlich gesagt. Und mir erscheint es unmöglich, mich da durchzusetzen, dann mit meinem Themenvorschlag.
Denn ich habe eben eine Priorisierungsliste, nenn ich es mal, ein Erfolgsdruck, ein wirtschaftlichen Druck. Und natürlich schon eingefahrene Strukturen, die da auch noch sind. Was würdest du mir raten? Wie komme ich da voran? Wie mache ich das klug? Ja, du hast natürlich vollkommen recht mit deinen Bedenken. Und auf die treffe ich auch, andauernd in meiner Arbeit.
Und deswegen arbeiten wir zum Beispiel im Bonn-Institut gar nicht nur vorwiegend mit Reporterinnen oder Redakteuren, sondern ich bemühe mich sehr intensiv eben auch mit Führungskräften ins Gespräch zu kommen. Denn konstruktive Ansätze, das hat zwar einerseits viel mit Handwerk zu tun, aber andererseits ist es auch letztlich ein Mindset.
Das können die Leute auf der Arbeitsebene, die, wie du ihr sagst, seit Jahren unter extremem Zeitdruck arbeiten, durch die Digitalisierung ja auch sehr stark bedingt. Und dadurch, dass Redaktionen runtergespart wurden und so weiter und so fort, das können die nicht alleine richten. Also für mich ist das ganz klar ein Innovationsprojekt.
Also den Journalismus auf der Inhalte-Ebene zu verändern, nachdem wir ihn sehr stark auf der technologischen Ebene verändert haben, im Hinblick auf Ausspielwege und so weiter, müssen wir jetzt den zweiten Schritt gehen und müssen sagen, jetzt sind die Inhalte dran. Und das ist Führungsaufgabe. Das heißt, die Weiterentwicklung von Journalismus ist Führungsaufgabe. Denn es hat sehr stark auch was damit zu tun, wie Journalismus weiterhin auch monetarisieren kann.
Nur, indem Journalismus weiterhin relevant ist, wird er auch zukünftig Geld verdienen können. Es wird immer schwieriger. Ja, SEO wird abnehmen in der Bedeutung, tut es schon, Drittplattformen nehmen rapider ab in der Bedeutung als Ausspielwege. Das heißt, wir müssen neue Wege finden, die Menschen von unseren Produkten zu überzeugen. Und sie müssen Vertrauen zu uns entwickeln.
Und Vertrauen entwickeln sie eben stärker, wenn eben Journalismus sich auch den Bedürfnissen der Menschen viel stärker ernährt. Und genau das tut der konstruktive Journalismus auch. Und wenn das eben bedeutet, dass man weniger produziert oder auch langsamer produziert, dann ist das eben so. Es ist sozusagen kein gottgegebenes Gesetz, dass Redaktionen wie im Hamsterrat Content ins Internet raushauen.
Und ich habe auch noch nie eine Userin, ein User getroffen, die gesagt hat, der Journalismus muss dringend schneller werden und noch mehr Content produzieren. Aber dass sich das ändert, das ist E-Beführungsaufgabe. Hast du denn schon Userinnen getroffen, die gesagt haben, ich hätte gern mehr Kontext oder ich würde mich gerne besser abgeholt fühlen? Ich treffe andauernd Userinnen und User und übrigens auch Journalistinnen und Journalisten, die das sagen.
Es gibt echt keinen Tag, wo ich nicht sozusagen das Feedback bekomme. Was ihr sagt, ist genau das, was jetzt passieren muss. Ich halte es nicht mehr aus. Und ich muss wirklich sagen, das betrifft ganz normalerweise Bürgerinnen und Bürger genauso wie die Leute, die in den Redaktionen arbeiten. Also die Burnout-Raten im Journalismus war nie höher. Nie haben sich mehr Journalistinnen und Journalisten einfach mit
den Gedanken getragen, die Branche zu verlassen. Das muss man halt auch sehen. Ich habe gerade gestern irgendwie so ein paar Zeilen geschrieben, wo es darum geht, wie kann man sich eigentlich in diesen wirklich sehr belastenden Zeiten als Medien schaffender verhalten und als Medien nutzender und da haben auch Journalisten drunter kommentiert so nach dem Motto "Bitte nicht vergessen, dass auch wir Medien schaffende, extrem belastet sind von diesen Ereignissen und dass wir Wege finden müssen,
auch unsere psychische Gesundheit zu bewahren." Auch wenn wir die ganze Zeit uns mit diesem Schmutz beschäftigen, hat das eben massive Auswirkungen und auch da sind natürlich verantwortliche aufgerufen, sich zu überlegen, wie soll das eigentlich weitergehen und könnte man da nicht auch gegensteuern, indem man Journalismus eben etwas stärker ausbalanciert und sagt, hey, es geht nicht nur um das, was an Hass und an Hetze und an Problemen gerade da ist, es geht eben
auch um die, die was tun, die was voranbringen und auch das ist relevant, denn das sind alles Geschichten, die wir uns über uns selber erzählen. Journalismus erzählt uns die Geschichte über unsere Gesellschaft und deswegen hat es eine immense Wirkung, was genau wir berichten. Also wenn ich das zusammenfasse, dann sind so deine Argumente zum einen Resilienz, Gesundheit von Mitarbeitenden in dieser Branche, als auch Belastung von Nutzerninnen, dann der wirtschaftliche
Aspekt perspektivisch gesehen, da Journalismus an Relevanz verliert bzw. dass Journalismus relevant bleibt, habe ich noch mitgenommen und dann habe ich noch mitgenommen, dass die Inhalte breiter aufgestellt werden sollten, um mehr Menschen abzuholen. Habe ich da so alles erfasst nochmal?
Genau, also zusammenfassend nochmal könnte man sagen, es geht darum, die Interessen der Medien nutzen dann wirklich in den Mittelpunkt zu stellen, sich zu fragen, was ist das, was die Leute jetzt gerade brauchen, welche Wirkung möchte ich erzielen, das heißt, was trage ich sozusagen zur gesellschaftlichen Debatte bei, aber was ist halt auch relevant für die Leute, so dass sie sich
weiter auch für Journalismus interessieren. Und wie kann, das ist letztlich auch ein wichtiger Punkt, wie kann Journalismus heutzutage wirklich seine selbstgewählte Rolle als vierte Säule der Demokratie erfüllen? Weil, wenn man eine Säule ist, da muss man etwas beitragen, dann kann man nicht einfach nur am Rande stehen und das finde ich ist auch sehr, sehr, sehr wichtig. Ein anderer Aspekt, der mir vorhin noch eingefallen ist, als du erwähnt hast, dass man sich auch Community
sucht oder eben schaut, wo man was bewirken kann. Und ich hatte eben ja schon kritisch gesagt konjunktiv und ist das wirklich so, du hast ja auch das BeFuture Festival auf die Beine gestellt. Also das Bonn-Institut macht das BeFuture Festival. Das ist ein Festival, das sich dem konstruktiven Journalismus widmet, das in der Innenstadt von Bonn stattfindet und bei dem Journalisten, Journalistinnen sind und auch andere Menschen, die in Medien arbeiten und
Bevölkerung. Da kann einfach jeder, der da wohnt, der da ist, zu Veranstaltungen gehen. Was ist der Gedanke da dahinter? Ja, ich finde einfach, wenn man so große Forderungen aufstellt, wie ich das ja gerade nochmal wieder getan habe, dann ist das total sinnvoll, wenn man selber sich auch daran hält. Also practice what you preach. Und das war tatsächlich die Überlegung mit dem
Bonn-Institut. Wir haben total viel Zuspruch. Also es gibt uns jetzt seit zweieinhalb Jahren und wir haben total viel Zuspruch von Beginn an für unsere Arbeit bekommen, weil viele Menschen wirklich merken, dass es wirklich jetzt dran ist. Man kann das aber natürlich irgendwie, sagen wir mal, wenn man uns jetzt als Start-up betrachtet, schwer skalieren. Und es fehlt ja auch so ein Stück weit
das Fachpersonal. Davon gibt es ja nicht so viele Leute, die jetzt sagen, ja, ich kann jetzt durch die Redaktion turen und in ganz vielen Workshops irgendwie mit Journalisten besprechen, wie man
weiter vorangehen kann. Und deswegen habe ich gedacht, mach ich ein Festival und lade einfach alle ein, die ähnliche Gedanken in ihren Köpfen tragen oder schon rum experimentieren in den verschiedensten Redaktionen, sich bei uns zu treffen beim Befeucha Festival und good practices auszutauschen und auf die Art und Weise eben das zu skalieren, was uns so sehr am Herzen liegt,
ohne dass wir dauernd selber reden müssen. Ich glaube auch, dass das sowieso besser ist, weil natürlich mit so einer großen Menge an Expertinnen und Experten, wie wir sie dann zusammentrommeln,
kriegt man ja noch viel besseren und diverser Input hin. So und dann dachte ich aber, es wäre jetzt ungewut, das schon wieder sozusagen abseits der Bevölkerung zu tun, weil ich fahre seit Jahren auf Journalismuskonferenzen und dann sagen immer alle, ja, wir müssen irgendwie viel näher ran an unsere Audiences und irgendwie, also Community Management total wichtig und das macht man dann irgendwo in irgendwelchen Hotels oder auf jeden Fall abgeschirmt von der Bevölkerung und das
wollte ich halt anders machen und einfach sagen, nee, nee, also wenn wir das machen, dann muss das eben auch ein Dialog-Event sein und das ist ehrlich gesagt auch das ganz besondere, was es auch wirklich nur bei uns gibt, dass du einerseits ein hochwertiges Journalismus-Branche-Event hast, wo wirklich die innovativsten Köpfe zusammenkommen und diskutieren und dann aber auch ganz viele Veranstaltungen, wo Medienschaffende auf die Bevölkerung treffen und neue Dialogvermörter
ausprobieren und selber auch ein Stück weit erleben, wie ist das eigentlich, wenn man sich auf Augenhöhe begibt, ja, also auch mal zuhört anstatt immer nur zu sagen, was ist, ja. Das heißt, es sieht vordergründig so ein bisschen aus, als ob wir netterweise auch ein Angebot für die Bevölkerung machen, aber de facto ist der öffentliche Teil des Befeuchtschefestivals auch eine große Fortbildungs Veranstaltung für die Medienschaffenden, die sich da erstmalig so richtig austoben können und
neue Herangehensweisen für Dialog mit dem Publikum ausprobieren können. Würdest du sagen, es ist auch ein Vorteil, dass man sich im wahren Leben trifft? Also 100 Prozent. Unsere Gesellschaft wirklich ist so ausgedurstet nach wie vor nach persönlicher Begegnung, also ich glaube immer noch spät folgender Pandemie, aber auch ganz gravierend die Auswirkungen der Digitalisierung, der Vereinzlung, Vereinsamung ja auch unserer Gesellschaft, dass Journalismus da einfach auch
ein ihres Potenzial hat. Also wer kann die Menschen eigentlich besser zusammenbringen, um mit unterschiedlichen Perspektiven zu diskutieren, einander zuzuhören, zu sehen, gibt es gemeinsame Richtungen, in die wir gehen wollen, wie könnten wir das machen? Wer kann das machen, besser machen
als Journalistinnen und Journalisten? Also Politikerinnen und Politiker, die stehen für Parteien, aber wir stehen für die Gesellschaft und unsere Aufgabe kann es wirklich sein, sozusagen der Kit der Gesellschaft zu sein und dann regelt sich auch dieses Relevanzproblem, denn dann sind wir wirklich richtig wichtig und deswegen ist das Befeatschaffestival auch so erfolgreich, weil die Leute sagen, boah toll, hier wird mir wirklich zugehört, hier kann ich neue
Sichtweisen entdecken und wir haben das evaluiert letztes Jahr und es ist wirklich sehr, sehr gut angekommen und ich freue mich auch, dass wir es dieses Jahr im Oktober dann wieder machen können. Ja Link kann ich gerne in die Show Notes packen, ich glaube der Call for Participation geht auch dem Nächst los, wenn ich es richtig auf Kopf habe. Heute sogar, also da sind wir ganz nah dran, wie vorgekommen am Montag raus, also pack ich auf jeden Fall in die Show Notes, warum ich dich das
gefragt habe mit dem Zusammenkommen ist, ich habe mir noch Gedanken um Social Media gemacht. Ich erinnere mich eben noch an die Zeit, lasst es jetzt 10 Jahre, 15 Jahre sein, wo dieser Push kam. Wir müssen jetzt alle auf Social Media und dann, wie sie alle heißen, Facebook, Instagram, Twitter, Journalismus muss überall auf Social Media sein, es muss schnell sein, so kommen wir wieder an die Leute ran und jetzt ist es ja so, dass auf Social Media eigentlich alle ihr eigenes Ding machen.
Also jedes Individuum kann sein eigenen Channel starten, kann Nachrichten verbreiten, Informationen verbreiten, Journalistisch tun oder auch journalistisch sein. Es ist schwierig, glaube ich, für den Leinen manchmal zu unterscheiden. Also die Plattformen haben die Gatekeeper Funktion einfach angegriffen, wenn nicht sogar aufgelöst, weil es gibt ja auch keine Kuration, ich kann dem folgen oder jenem folgen und das ist dann eben mein Thema und vielleicht auch, was ich hören möchte.
Konstruktiver Journalismus, kann der auch auf Social Media nach irgendwie Durchdringen wirken? Im Hinterkopf haben wir natürlich auch die ganze Situation, wie es gerade um Social Media steht, hatte ich auch in den letzten zwei Folgen kurz thematisiert. Wie siehst du das? Konstruktiver Journalismus und Social Media? Also ich bin wahnsinnig kritisch zur Social Media dieser
Tage eingestellt. Ich war auch schon sehr lange sehr kritisch, weil wir einfach ja schon seit vielen Jahren verfolgen konnten, wie Debatten verruhen auf den Plattformen und das hat ja jetzt nochmal wieder Fahrt aufgenommen in den letzten Wochen und Monaten. Wir zum Beispiel als Bonn Institute
sind auf X beispielsweise gar nicht mehr aktiv seit den Wahlen in den USA. Ich sehe aber zugleich, dass auf Plattformen Inhalte die neue Perspektiven öffnen, zum Beispiel auf TikTok, also Creators, die in Weltregionen sitzen beispielsweise, die wir gar nicht so gut kennen und die da auch aus ihrem Alltag beispielsweise berichten, dass sie enorm Erfolg haben zum Teil. Ich sehe das Geschichten, die auch sehr stark im Lokalen verwurzelt sind, wo jemand was Gutes gemacht hat. Das Besondere
ist, die inspirieren einfach auch sehr gut laufen. Ich sehe das lösungsorientierte Geschichten, wenn sie gut gemacht sind. Dazu gehört natürlich auch immer Bildebene und so weiter. All das Basiswissen auch sehr gut laufen können und meine Partner bei der deutschen Welle, die nach wie vor noch relativ viel auf Social Media unterwegs sind, sagen tatsächlich, sie machen auch Reichweite über
konstruktive Inhalte. Nur insgesamt muss ich schon sagen, dieses Pivot to Facebook Live, Pivot to whatever auf Social Media, dieses hinterherrennen, den Algorithmenänderungen durch die Plattformen und so weiter. Das hat dem Journalismus wirklich gar nichts gebracht. Ich halte diese krasse Reichweitenfixierung, die sich über die Jahre da breit gemacht hat für ein Irrweg. Reichweite bedeutet nicht Vertrauen beispielsweise. Reichweite bedeutet wirklich nur Reichweite. Das hat gar
nichts mit Qualität zu tun. Von den Creators auf Social Media kann man vielleicht lernen, wie man Vertrauenschaft, wie man Vertrauenschaft, indem man sich eben wirklich auf Augenhöhe mit dem eigenen Publikum begibt, wie man wirklich auch Fragen ernst nimmt und auch antwortet, wie heutzutage Journalismus sehr viel stärker eine Zweibahnstraße sein kann. Und das muss im
Journalismus noch viel stärker praktiziert werden. Also eine sehr viel stärkere Hinwendung zum Dialog, zur eigenen Community, vielleicht auch sehr viel spitzere Angebote für vermeintliche Nischenzielgruppen, die dann in Wahrheit doch relativ groß sind und Formate lohnenswert machen.
Braucht es trotzdem Journalisten? Ja, unbedingt. Denn eine Studie, die jetzt gerade in den USA rausgekommen ist vor, ich glaube so zwei, drei Wochen, hat jetzt noch mehr ergeben, dass natürlich auch diese sogenannten News Influencer oftmals "Kind Fact Checking" betreiben, nicht also zu sagen auf dem Boden der Wahrheit sich bewegen, kommerzielle Interessen sehr stark einfließen lassen in das, was sie produzieren. Und insofern gibt es Dinge, die kann man lernen.
Und gleichzeitig ist die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten wichtig. Wir müssen uns eben nur um dieses Vertrauen wirklich bewerben bei den Leuten, bloß weil wir was richtig machen. Kriegen wir keinen Vertrauen. Die Leute vertrauen nicht, weil man die Fakten richtig hat. Sie vertrauen, wenn sie eine Verbindung spüren und da müssen wir eben dran arbeiten im Journalismus. Ellen, unsere Zeit ist leider schon vorbei. Ich hätte noch 50 Anschlussfragen, wenn du gerade
kommst mit Vertrauen und sie brauchen eine Beziehung. Da würde ich an dieser Stelle mal vielleicht auf die KI-Volgen von diesem Podcast verweisen, die da glaube ich weiterführend sind. Ich möchte an dieser Stelle vielen, vielen Dank sagen, dass du dir die Zeit genommen hast, mit uns nochmal auf dieses wichtige Thema zu schauen und uns auch deine Insights hier ganz vertrauensvoll zu sagen. Vielen Dank. Sehr gerne. Hat mich Spaß gemacht. Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber mich hat das
Ganze wirklich nochmal zum Nachdenken gebracht. Wie gesagt, ich verweise auch nochmal auf die KI-Volgen. Ich sage ja immer, wenn die Frage kommt, sollten wir KI-Inhalte kennzeichnen. Absolut. Ihr solltet aber auch kennzeichnen, wenn eine menschliche Hand etwas geschrieben hat, denn dadurch entsteht Beziehung mit dem Lesenden, dem Zuhörenden, wie auch immer. Ich schulde dir jetzt ja noch eine Antwort. Ich habe ja gesagt, ich wollte dieses Gespräch unbedingt noch führen,
trotz leichter Erkältung, denn das waren die letzten Innovation Minutes mit mir als Host. Und das war eben nur noch heute möglich. Die Innovation Minutes gehen nun in eine Pause und am besten jetzt sofort diesen Podcast folgen, um nicht zu verpassen, wie es weitergeht und wann es weitergeht.
Ich möchte mich an dieser Stelle bei all den tollen Gesprächspartnern und Gesprächspartnerinnen bedanken, die ich in den zahlreichen Folgen und letzten Jahren begrüßen durfte, fühlt euch gedrückt und natürlich auch dankern alle, die einschalten, reinhören, diesen Podcast zu porten und diesen Podcast überhaupt möglich gemacht haben. Ich wünsche euch allen alles alles Gute und wie immer viel Erfolg bei allem, was du tust. Das waren deine Innovation Minutes, direkt aus dem Media Lab
Bayern. Du willst mehr? Dann besuch uns auf media-lab.de und starte dein eigenes Projekt. Last but not least, dieser Podcast ist möglich, weil wir tolle Unterstützer und Unterstützerinnen haben. Besondere Dank geht an die Staatskanzlei Bayern, die Bayerische Landeszentrale für neue Medien, BLM und natürlich an meine Kollegen und Kolleginnen in der Medien Bayern. [Musik]