Dem Tod auf der Spur. Spannende Fälle aus der Hamburger Rechtsmedizin. Der Crime-Podcast vom Hamburger Abendblatt. Moin und herzlich willkommen zu unserem Crime-Podcast des Hamburger Abendblatts, dem Tod auf der Spur. Ich bin Bettina Mittelacher, Gerichtsreporterin beim Hamburger Abendblatt und wie immer ist Klaus Püschel dabei, Rechtsmediziner in Hamburg. Er ist der Mann, der in den Toten liest wie in einem Buch.
Ja, liebe Bertina, moin auch von mir. In der Tat können wir Rechtsmediziner aus einem Geschehensort, und durch die Untersuchung eines Toten sehr viele sehr wichtige Erkenntnisse gewinnen. Und am Ende können wir meist ziemlich genau rekonstruieren, was sich zugetragen hat und wie ein Opfer gestorben ist. Bei unserem heutigen Fall war das nach den üblichen Untersuchungen in der Rechtsmedizin nicht sofort klar.
Es waren zunächst einmal sehr umfangreiche chemisch-toxikologische Untersuchungen erforderlich, die dann Licht in die Angelegenheit gebracht haben. Die Hintergründe, warum der Mann umkam und wer dafür verantwortlich war, das war im Weiteren dann nicht so ganz leicht herauszufinden. Da hat die Kriminalpolizei mal wieder einen hervorragenden Job gemacht. Super ausermittelt, finde ich. Richtig, weil es ja nicht so ganz einfach war herauszufinden.
Dann kam es aber zu einem Ergebnis, zu einer Anklage. Und in einem Prozess, den ich dann als Gerichtsreporterin verfolgt habe, gab es dann wiederum ein klares und eindeutiges Urteil. Tatsächlich handelte es sich nämlich um ein recht raffiniert verübten Mord. Sehr ungewöhnlich, Bettina. Kann ich gleich schon mal sagen, Mord durch chemische Substanzen durch Gift, sehr selten. Also, was war passiert? Im April 2023 wurde in einer Wohnung in Hamburg eine Leiche gefunden.
Und zunächst sah es überhaupt nicht nach einem Tötungsdelikt aus. Der tote 39-Jährige lag unter einer Decke, bis über den Kopf ragte dieser Stoff, sodass von dem Leichnack eigentlich kaum noch etwas zu sehen war. Der Körper wirkte wie unversehrt, nicht wahr, Klaus? Ja, auf den ersten Blick schon. Dabei ist es übrigens auch geblieben. Relevante Verletzungen hatte der nicht.
Aber es gibt ja durchaus Todesursachen, die sehr schnell erkennbar sind, wenn beispielsweise Wunden von Messerstichen zu finden sind, in besonders empfindlichen Körperregionen wie Brustkopf oder Bauch, wo die lebenswichtigen Organe Herz, Lunge, Leber liegen. Dann liegt es auf der Hand, dass der Mensch gewaltsam durch diese Messerstiche zu Tode gekommen ist. Ähnlich sieht es natürlich mit Schusswunden aus oder mit schweren Kopfverletzungen,
die durch ein Schlagwerkzeug entstanden sein könnten. Hier war das aber alles ganz anders. Ja genau, bei diesem Toten, der da unter der Decke in dieser Wohnung in Hamburg gefunden worden war, war das alles nicht der Fall. Aber die Rechtsmedizin guckt natürlich genauer hin, oder? Ja, richtig. Natürlich geben wir uns in der Rechtsmedizin nicht damit zufrieden, dass jemand quasi einfach so gestorben ist. Wir gehen der Sache auf den Grund.
Und es gibt eine Reihe weiterführender Untersuchungen, auch nach der Sektion. Zum Beispiel mikroskopische Untersuchungen und vor allem chemisch-toxikologische Untersuchungen. Unser Labor spielt da eine ganz wichtige Rolle. Also wenn der Leichnam zumindest öfterlich unversehrt ist, dann wäre es doch beispielsweise möglich, dass es sich um einen Tod aus innerer Ursache handelt, also etwa einen Herzinfarkt?
Ja, das kann schon sein, das ist möglich, wenn es auch bei einem noch vergleichsweise so jungen Menschen wie hier, also 39 Jahre, nicht so sehr wahrscheinlich ist, könnte aber sein. Denkbar wären auch ungewöhnliche Sachen, wie zum Beispiel ein Stromschlag, der ebenfalls keine oder nur wenig äußerlich sichtbare Spuren hinterlässt. Also es könnte ein spurenarmes Tötungsdelikt auch sein. Und dann muss man natürlich immer auch an eine Vergiftung denken.
Und dafür haben wir unser toxikologisches Labor. Also eine Vergiftung, da kommen ja sehr viele Dinge in Betracht. Alkohol beispielsweise, der in großen Mengen wie Gift wirkt? Ja, ganz allgemein erstmal, wie immer, die Dosis macht das Gift. Tatsächlich könnte auch eine Alkoholvergiftung zum Tode führen. Auch Medikamente, die für den einen bestimmten Menschen überlebenswichtig sind, können für andere wie Gift wirken, beispielsweise Insulin.
Darum geht es heute nicht. Wahrscheinlich wissen die meisten unserer Hörer, dass Menschen, die an Diabetes erkrankt sind, ich meine speziell den Diabetes Typ 1, dass diese sich regelmäßig Insulin spritzen müssen. Für andere kann Insulin allerdings dann tödlich sein, wenn sie davon eine Überdose spritzen. So verhält es sich auch mit sehr vielen anderen Medikamenten. Für den einen sind sie ein Segen, für andere können sie brandgefährlich werden.
Und es kommt auch bei diesen Medikamenten natürlich immer auf die Dosierung an. Aber es gibt ja auch andere Stoffe, also nicht nur Alkohol beispielsweise oder Medikamente, die wirklich hochgefährlich sein können, eben wenn sie stark überdosiert werden. Ich denke da beispielsweise an Salz. Ja, noch einmal. Die Dosis macht das Gift ganz richtig. Also Salz ist ein gutes Beispiel.
Der menschliche Körper braucht Salz für seinen Elektrolythaushalt und das wird geregelt vor allen Dingen über die Nieren. Aber wenn jemand sehr viel Salz zu sich nimmt, kann er sich damit auch vergiften. Man spricht regelrecht von einer Salzvergiftung. Was aber klar sein sollte, es ist natürlich schwierig, einen erwachsenen Menschen mit einer Salzlösung zu töten. Also eine Fremdtötung kommt da kaum in Betracht. Aber bei Kindern habe ich so etwas schon erlebt.
Kommen wir jetzt aber zurück zu diesem 39-Jährigen, der tot in der Wohnung gefunden wurde. Letztlich habt ihr festgestellt, dass er an Drogen gestorben war, oder? Ja, genau. Wenn man das zuspitzt, dann kann man feststellen, dass dieser Mensch durch eine Methadonvergiftung gestorben ist. Methadon, das kennt man doch als sogenannte Ersatzdroge.
Ja, Methadon ist ein künstlich hergestelltes opiatähnliches Medikament, das eingesetzt wird, um Heroin zu ersetzen als Substitutionsmittel, aber auch eigenständig, um starke Schmerzen zu behandeln. Am häufigsten wird Methadon in der Substitutionsbehandlung verwendet. Das habe ich ja schon gesagt. Das Gute ist, dass man Methadon auch als Lösung oder an Tablettenformen oral zu sich nehmen kann.
Gut ist auch, dass Methadon sehr lange wirkt, also die Anflutungswirkung fehlt, dadurch ist auch das Suchtpotenzial weniger ausgeprägt als beim Heroin. Wenn der Körper aber erst einmal davon abhängig ist, dann brauche es jeden Tag zugeführt. Die Infektionsgefahren sind mit diesem Substitutionsmittel auch geringer, weil es eben nicht gespritzt wird. Und insgesamt in der Behandlung von Drogenabhängigen eine sehr segensreiche Substanz.
Also gilt auch hier wieder, Methadon ist für bestimmte Personen und sicherlich auch, wenn es unter ärztlicher Aufsicht eingenommen wird, ein wichtiges Präparat. Aber eben unter bestimmten Voraussetzungen auch hochgefährlich. Hier in dem Fall, über den wir heute reden, soll der 39-Jährige mit dem Methadon sogar gezielt umgebracht worden sein. Und zwar von Leuten, denen er eigentlich vertraute. Also tatsächlich spielte sich der Tod hinter verschlossenen Türen ab.
Und er kam offenbar schleichend und für das ahnungslose Opfer aus dem Nichts. Ja, wenn man so den Zeugenaussagen in der Gerichtsverhandlung folgt, dann soll es so gewesen sein, dass das spätere Todesopfer, das wir hier in unserem Podcast Martin R. Nennen wollen, eigentlich mit den drei anderen Männern zu einem feuchtfröhlichen Treffen verabredet war. Aber sie setzten sich in einer Wohnung in Hamburg-Steilshoop zusammen, tranken Alkohol und zwar nicht wenig und sie konsumierten Drogen.
Doch wenige Stunden später war der 39-jährige tot. Und nachdem ihr in der Rechtsmedizin herausgefunden habt, dass der Mann an einer Methadonvergiftung gestorben war, wurde er an seinem Umfeld ermittelt. Schließlich gab es Hinweise, dass dem Hamburger ohne sein Wissen die Ersatzdroge Methadon in ein Getränk gegeben wurde. Demnach war die Absicht, ihn tatsächlich umzubringen. Und deshalb mussten sich schließlich drei Männer in einem Prozess vor dem Schwurgericht in Hamburg verantworten.
Die Angeklagten waren 26, 38 und 41 Jahre alt. Und die Staatsanwaltschaft warf ihnen unter anderem Mord und Raub mit Todesfolge vor. Sie sollen ihr Opfer unter anderem aus Habgier und Heimtürkisch getötet haben. Noch einmal, ich finde, dass die Polizei in diesem Fall der Sache wirklich sehr auf den Grund gegangen ist und hier außerordentlich gründlich ermittelt hat.
Die Staatsanwaltschaft ging dann basierend auf den polizeilichen Ermittlungsergebnissen in ihrer Anklageschrift von folgendem Sachverhalt aus, nämlich ... Diese vier Männer trafen sich am 13. April 2023 in der Wohnung eines der späteren Angeklagten, um Alkohol und Drogen zu konsumieren.
Irgendwann in der Nacht sollen drei der Männer, die wir hier Ali A., Kanat P. Und Milan S. nennen wollen, aufgrund eines gemeinsamen Tatplans, dem ahnungslosen Vierten, das Methadon in sein Getränk gemischt haben. Damit verfolgten sie den Ermittlungen zufolge das Ziel, ihr Opfer auszurauben. Der Mann habe mit einem Angriff nicht gerechnet und sei wehrlos gewesen, hieß es darüber hinaus in der Anklage.
Verstorben ist das Opfer demnach entweder noch in der gleichen Nacht oder am nächsten Vormittag an einer Überdosis Methadon. Übrigens wurde der 39-Jährige erst nach einem anonymen Hinweis bei Polizei und Feuerwehr am 15. April entdeckt. Also mindestens einen Tag nach dem Versterben des Mannes. Und es hieß seinerzeit, die Polizei habe die Tür zu der Wohnung aufbrechen müssen, um in die verdächtige Wohnung zu gelangen.
Ja, und wie wir schon erwähnt haben, der Leichnang habe dann unter einer Decke gelegen. Klaus, noch eine Frage zur eigentlichen Tat. Wenn Methadon heimlich in ein Getränk gemischt worden sein soll, schmeckt man es nicht? dass da etwas im Bier oder im Schnaps ist, was da nicht reingehört? Oder ist Methadon geschmackslos? Also Bettina, erst mal Methadon gibt es in Tablettenform oder auch als Saft. Ja, meistens spricht man dann übrigens vom Polamidon.
Und das schmeckt man sicher nicht heraus, wenn es in ein aromatisches Getränk hineingemischt ist. Und ich will jetzt noch kurz etwas zu den Sektionsbefunden sagen. Der Verstorbene wies keinerlei Merkmale äußerer Gewalteinwirkung auf. Insbesondere haben die Obduzenten festgestellt, dass ihm das Methadon also sicher nicht gewaltsam eingeflößt wurde. Er hatte es selbst getrunken und hatte in der Umgebung von Mund und Nase und im Rachenraum keinerlei Verletzungen.
Er hatte eine gewisse Vorkrankheit, sein Herz war vergrößert, also er hatte einen Bluthochdruckleiden. Und im Hinblick auf die chemisch-toxikologischen Untersuchungen, die dann noch einige Zeit in Anspruch genommen haben, ließ sich eindeutig feststellen, dass der 39-Jährige Kokain konsumiert hatte. Und zwar nicht nur an diesem Tag. Kokain war bei ihm auch in seinen Haaren nachweisbar
und Kokainabbauprodukte. Er hatte auch ein antiepileptisch wirkendes Medikament zu sich genommen, das gelegentlich in der Drogenszene konsumiert wird. Die Blutalkoholkonzentration betrug 1,4 Promille, also nicht wenig. Und dann entscheidend, er stand unter der Einwirkung von Methadon. Dieses war bei ihm im Blut in einer Konzentration nachzuweisen, die bei Menschen, die dieses Medikament nicht kennen, die es also vorher nicht eingenommen haben, tödlich wirkt.
Bettina, sag mal, im Weiteren, wie es hieß, war es ja so, dass die Angeklagten das spätere Opfer ausrauben wollten. Gingen Sie denn eigentlich davon aus, dass bei ihm was zu holen sein würde? Das spielt ja auch eine wichtige Rolle, denke ich, in diesem Fall. Das war offenbar so, denn Martin R., ein Mann, der in der Altenpflege tätig war. Ist offenbar labil gewesen, hat jemand gebraucht, der ihn beschützte oder unterstützte.
Und in seinem Streben nach Anerkennung hat er offenbar damit geprahlt, dass er auf einem Vermögen von ungefähr 100.000 Euro sitze, also beziehungsweise, dass er rund 100.000 Euro besitze. Und das hat er wohl offen herum erzählt. Also aus meiner Sicht, das klingt ja nach real, richtig viel Geld also. Da gibt es sicherlich gerade in der Szene schnell Neider, die an das Geld heran wollen, vor allen Dingen, wenn jemand zu offen damit prahlt.
Also tatsächlich soll es dann laut Ermittlungen so gewesen sein. Demnach haben die drei Männer, die mit dem Martin R. Zusammensaßen, unter anderem von ihm eine Armbanduhr sowie Bargeld geraubt. Und die Staatsanwaltschaft ging zudem davon aus, dass die Angeklagten auch auf den Namen des 39-Jährigen dann diverse Bestellungen tätigten.
Zudem, so hieß es in der Anklage weiter, seien sie dann mit dem Schlüssel des Opfers in dessen Wohnung gelangt und hätten außerdem dort noch zahlreiche Wertgegenstände gestohlen. Die Rede ist unter anderem von einem iPad, einem Laptop sowie einem iPhone. Das sind ja jedenfalls... Ganz günstige Geräte. Solche Geräte lassen sich doch wahrscheinlich auf dem Schwarzmarkt ganz gut verkaufen. Was haben denn die Angeklagten zu diesen Vorwürfen gesagt?
Also zu Prozessbeginn wollte sich keiner der Angeklagten zunächst zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft äußern. Aber später dann im Verlauf des Prozesses haben sie alle drei bestritten, für den Tod des 39-Jährigen verantwortlich zu sein. Einer hat dann vor Gericht angegeben, er habe, Zitat, einen Freund verloren, Zitat Ende. Und einer gab an, er wisse gar nicht, wie es zu dem Tod des Opfers gekommen sei. Die Angeklagten stellten das Geschehen gewissermaßen als Konsumunfall dar.
Ja, Konsumunfall, den Ausdruck habe ich früher schon öfter mal gehört. Damit wäre dann vermutlich gemeint, dass das spätere Opfer selbstbewusst und freiwillig das Methadon konsumiert hat und dann versehentlich so viel eingenommen hat, dass die Dosis letztlich tödlich war.
Also ein selbstverschuldeter Drogenunfall. So sollte man die Aussage der Angeklagten wohl verstehen, aber es gab in dem Prozess diverse Zeugen, deren Angaben dazu führten, dass an dieser Version der Angeklagten erheblich gezweifelt werden musste. Denn mit der Aussage der Zeugen kristallisierte sich nach und nach heraus, wie die Vorgeschichte für das Verbrechen war und was dann am Tatabend und danach passiert ist.
Kennengelernt hatten sich das spätere Opfer und die drei Männer in einer Kneipe, von der es ein offenes Geheimnis war, dass dort in den Kellerräumen Drogen konsumiert wurden? Ja, ich will jetzt nicht zu weit ausholen. Bettina, das ist natürlich überhaupt nicht gut. Und auch wenn das den meisten bekannt sein sollte eigentlich, ich möchte noch einmal ausdrücklich warnen, Drogenkonsum ist in jedem Fall schädlich für die Gesundheit.
Über 2000 Drogentote allein in Deutschland jährlich, zum Beispiel im letzten Jahr, die sprechen eine sehr deutliche Sprache. Drogen sind ehemalig. Echt lebensgefährlich. Also das kann glaube ich gar nicht deutlich genug gesagt werden. Im Fall von Martin R., also dem später Getöteten, wurde aber nicht primär der Drogenkonsum in dieser Kneipe zum Verhängnis.
Es war vielmehr so, wie wir vorhin ja schon angedeutet haben, dass der 39-Jährige in seinem Bekanntenkreis in Hamburg-Stahlsrupp die Legende verbreitet hatte, er sei ein vermögender Mann. Und das weckte dann bei den anderen vermutlich Begehrlichkeiten, sprich sie wollten etwas von dem Vermögen des 39-Jährigen für sich abhaben.
Genauso war es, zumindest laut Ermittlungen und von diesem angeblichen Reichtum erfuhren dann eben diese drei Bekannten des Hamburgers und sie fassten nur den Plan ihn auszunehmen. Erst ging das wohl mit einer Art sanften Druck. Also die Männer überredeten den 39-Jährigen dazu, dass er ihnen Geld überweist. Und eine Weile funktionierte ihr Vorhaben gut. Also er hat immer dann wieder Überweisungsträger ausgefüllt mit ihnen als Begünstigten, aber eines Tages wollte er das nicht mehr.
Vielleicht fürchtelte er allmählich Pleite zu gehen, wenn er immer weiter sein Geld an die anderen abgibt, aber vielleicht hatte er es auch einfach satt, dass die anderen sich auf seine Kosten ein schönes Leben machen. Also dieser Martin R. entwickelte jetzt eine Strategie, wie er die Zahlungen an seine fordernden Bekannten umgehen konnte.
Beim Ausfüllen der Überweisungen, die er dann den Freunden auch gegeben hat, gab er absichtlich falsche PIN-Nummern ein, damit die Zahlungen scheitern sollten. Doch die falschen Freunde wollten ihre bequeme Einnahmequelle nicht so einfach aufgeben. Die Staatsanwaltschaft ging im Prozess davon aus, dass sie also beschlossen, den 39-Jährigen mit Methadon ruhigzustellen. Um dann in seinem Namen weitere Überweisungen tätigen zu können.
Sie mischten ihm, als sie in der Wohnung eines der Angeklagten zusammensaßen, heimlich die Ersatzdroge in das Getränk. Das war also sozusagen jetzt einmal ein richtiger K.O.-Drink. Also davon ging zumindest die Staatsanwaltschaft in der Anklage aus. Also zu bedenken möchte ich geben, dass es natürlich rein theoretisch denkbar wäre, dass Martin R. Das Methadon gar nicht untergejubelt wurde, sondern dass der 39-Jährige selber freiwillig und bewusst den Trink mit der Ersatzdroge konsumiert hat.
Aber Leute aus dem Umfeld des Verstorbenen, die im Prozess als Zeugen ausgesagt haben, waren da ganz eindeutig. Sie sagten, Martin R. Habe selber gelegentlich Kokain konsumiert, sei aber sonst eher ängstlich gewesen und Freunde des Opfers und vor allem dessen Freundin versicherten dem Gericht, dass Martin R. Niemals freiwillig Mithadon genommen hätte. Ganz offensichtlich waren diese Aussagen überzeugend und glaubhaft.
Und dafür spricht ja unter anderem, wenn mehrere Zeugen unabhängig voneinander Aussagen mit ähnlichem Tenor machen. Ich darf auch noch einmal auf die chemisch-toxikologischen Untersuchungsergebnisse hinweisen. Die waren insofern auch ganz klar. Also in den Haaren von Martin R. War kein vorangegangener Methadonkonsum nachweisbar. Er hat also jetzt tatsächlich erstmals das Methadon, Eingenommen und zwar nicht freiwillig.
Und wenn das tatsächlich so war, dann haben ihn seine Bekannten tatsächlich vergiftet. Ja und das Ganze heimtückisch, heimlich. Also war es Mord. Genau so hat das dann auch das zuständige Gericht letztlich beurteilt. Die Kammer verhängte am Ende des Prozesses gegen die drei Angeklagten jeweils eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes und wegen Raubes mit Todesfolge. Bettina, das ist wirklich ein hartes Urteil, aber letztlich finde ich unter dem Ergebnis der Beweisaufnahme ja konsequent.
Also das Gericht saß nach der Beweisaufnahme als erwiesen an, dass die drei Angeklagten am Abend dieses 13. April 2023 in der Wohnung eines dieser Männer gemeinsam mit dem 39er zunächst Alkohol getrunken und Kokain konsumiert haben. Ja und dann kam eben dieses heimliche Verabreichen des Methadons, indem sie das eben in ein Getränk gemischt haben und er dann einer Überdosis starb.
Die Vorsitzende Richterin sagte in der Urteilsbegründung, mit dem heimlichen Untermischen von Methadon in das Getränk des 39-Jährigen hätten die Männer die Arg- und Wehrlosigkeit des Hamburgers ausgenutzt. Das ist wiederum ein Mordmerkmal. Und ja, das ahnungslose Opfer hatte demnach keine Chance, sich gegen diese tückische Tat zur Wehr zu setzen. Und dann eben der Tod durch Methadonintoxikation. Nach der Tat breiteten die Täter noch eine Decke über den Mann aus.
Bis über den Kopf ragte der Stoff, sodass von dem Leichnam kaum noch etwas zu sehen war. Man könnte dies eventuell als eine pietätvolle Geste verstehen. Doch irgendwelche ethischen oder mitfühlenden Regungen hatten seine Bekannten mitnichten. Ich glaube, sie wollten eher die Ärzte und die Polizei bei der Auffindung des Leichnams auf eine falsche Spur bringen. Also so wurde das ja dann letztlich auch gewertet und interpretiert.
Es ging den drei Männern offenbar, als sie die Decke über den Toten legen, eher darum, die wahren Gründe für den Tod des Mannes zu verschleiern, nämlich, dass es Mord war und dass sie die Täter waren. Wie hat das Gericht die Aussagen der Angeklagten, die ja was ganz anderes behaupteten, denn letztlich so eingeordnet? Also das Gericht sagte, die Einlassung der Angeklagten und das, was sie erzählt hatten, seien Schutzbehauptungen, die unplausibel seien.
Nach Überzeugung der Kammer war es so, die späteren Täter haben den als stabil geltenden 39 hin dazu gebracht, die Überweisung zu ihren Gunsten zu tätigen. Das ging eben eine ganze Weile gut. Später hätten sie seine Geldkarten an sich bringen und damit auch sich Bargeld verschaffen wollen.
Und dann haben sie doch auch noch die Wohnungsschlüssel des Hamburgers an sich gebracht und in seiner Wohnung entwendeten sie unter anderem das Handy sowie weitere elektronische Wertgegenstände und sie verfielen auch noch auf einen weiteren Trick, um sich zu bereichern. Allerdings, um an zusätzliches Bargeld zu kommen, orderten die Männer nach Überzeugung des Gerichts mehrere Gutscheine über 5.000 beziehungsweise 10.000 Euro.
Diese Bestellungen schlugen aber fehl. Sie haben also dann letztlich nicht das Geld bekommen. Auch ihr Versuch, eine Rolex zu bestellen, klappte nicht. Aber das Gericht sagte zu diesen unterschiedlichen Einzelheiten der Tat, dass die Angeklagten mit, ich zitiere, Unverfrorenheit und Skrupellosigkeit gehandelt hätten. So hat es die Richterin in der Urteilsbegründung formuliert. Und die Kammer kam zu der Überzeugung, dass die Täter an jenem 13.
April 2023 dem Opfer das Methadon eben untergejubelt hatten. Und zwar im Wissen, dass das Verabreichen von Methadon an einen Menschen, der diese Droge nicht gewohnt ist, zum Tode führen kann, sagte die Vorsitzende Richterin weiter in der Urteilsbegründung. Und jetzt wieder Zitat, sie wussten um die Gefahren und kannten das Risiko. Ja, Methadon ist eben ein sehr stark wirksames Schmerzmittel, mehrfach wirksamer als Morphin.
Das ist auch bekannt in der Drogenszene, deswegen muss man ja bei der Substitution mit sehr geringen Dosierungen anfangen, ehe man sich dann auf die übliche tägliche Substitutionsdosis hochdosiert. Also das ist wirklich gut bekannt in der Szene. Das bedeutet, dass die Angeklagten den Tod des 39-Jährigen zumindest billigend in Kauf genommen haben. Und das reicht ja für eine Verurteilung wegen Totschlags, beziehungsweise in diesem Fall sogar wegen Mordes aus.
Denn die Tat wurde nach Überzeugung des Gerichts heimtückisch begangen. Richtig, die Richterin sagte auch, eigentlich hätten die Angeklagten es so aussehen lassen wollen, als ob das spätere Opfer selber versehentlich das Methadon konsumiert habe.
Die Richterin bilanzierte dann aber, wieder Zitat, der Plan wäre auch um ein Haar aufgegangen, doch tatsächlich werde der Tod des 39-Jährigen jetzt eben nicht als tragischer Unglücksfall zu den Atten gelegt, sondern als heimtückischer Mord entlarvt und die Täter würden entsprechend verurteilt. Die Angeklagten sind dann übrigens noch in Revision gegen dieses Urteil gegangen, aber der Bundesgerichtshof hat die Revision der Angeklagten verworfen.
Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig. Ja, aus meiner Sicht noch einmal zu betonen, die Polizei hat hier sehr gründlich die Hintergründe des Geschehens ermittelt. Das Gericht hat eine sehr sorgfältige Beweisaufnahme durchgeführt. Und die Staatsanwaltschaft hat sehr kritisch angeklagt und die Ermittlungen konsequent zu Ende geführt. Also, was ich noch einmal zu Methadon sagen möchte in diesem Zusammenhang, das ist lebensgefährlich, wenn man es nicht gewohnt ist.
Und die Tatsache, dass es so breit eingesetzt wird als Substitutionsmittel in der Drogenszene, ändert nichts daran, dass für denjenigen, der diese Substanz nicht gewohnt ist, schon eine vergleichsweise geringe Dosis, gering also im Hinblick auf einen Opiatgewöhnten, dass die dann zum Tode führen kann. Also der Tod durch Methadon ist ja ein wirklich dramatisches Phänomen, das in Hamburg schon einmal lange vor diesem Fall, über den wir heute gesprochen haben, bekannt geworden ist.
Und zwar durch den Fall der elfjährigen Chantal. Dadurch hat das Problem Methadon eine besondere und tragische Aufmerksamkeit erlangt. Und Chantal, die elfjährige Schülerin, starb am 16. Januar 2012, nachdem sie in der Wohnung ihrer Pflegeeltern eine Tablette Methadon eingenommen hatte.
Jetzt nochmal zur Erinnerung, wir haben über diesen Fall schon mal gesprochen in einem anderen Podcast, aber wenn wir jetzt gerade so länglich über Methadon gesprochen haben, würde ich da gerne nochmal dran erinnern. Richtig, das war wirklich ein sehr dramatischer Fall. Da kann ich mich auch noch sehr gut dran erinnern. Da war ich selbst auch in vielerlei Hinsicht beteiligt.
Diese Schülerin, die ja bei Pflegeeltern lebte, die hatte geglaubt, bei der Tablette handele es sich um ein Medikament gegen Übelkeit. Dann hat das Mädchen über viele Stunden in seinem Bett dahin gedämmert, Er war dann in eine tiefe Bewusstlosigkeit gefallen und schließlich gestorben.
Die Pflegeeltern, ein Paar mit eigener jahrelanger Drogenerfahrung, die eben auch zur Substitution des Methadoneinnahmen, die wurden dann später in einem Prozess vor dem Landgericht wegen fahrlässiger Tötung zu Bewährungsstrafen. Verurteilt, ja, ich sag mal nur von acht beziehungsweise zwölf Monaten. Laut Gericht hatten sie das als Ersatzdroge bekannte Methadon nicht sicher verwahrt, sodass Chantal ungehindert Zugang zu den gefährlichen Tabletten hatte.
Bettina, lass mich noch eins sagen. Methadon hat auch schon insofern eine wirklich traurige Berühmtheit, weil es für vergleichsweise viele Rauschgift-Todesfälle in Hamburg verantwortlich ist, alleine oder auch nach Mischkonsum zu anderen oder mit anderen Drogen zusammen. Das finde ich ist ein sehr, sehr wichtiges Thema heute gewesen. Vielleicht denken viele, dass es eben wirklich ein sehr wichtiges Präparat ist, dass Menschen dabei helfen kann, möglicherweise von ihrer Heroinsucht loszukommen.
Dann hat das sicherlich auch seine Berechtigung. Aber ich finde es wirklich wichtig, dass wir heute ausdrücklich und mehrfach auf die Gefahren hingewiesen haben. Ja, und in diesem Sinne danke ich dir nochmal, Klaus, dass du da deine rechtsmedizinische Erfahrung mit eingebracht hast. Und ansonsten sage ich, ich freue mich auf ein nächstes Mal, wenn es wieder heißt, dem Tod auf der Spur. Ja, Regina, aber jetzt kommt noch was hinterher.
Noch einmal, ich muss das schon so sagen, also dass nach Verabreichung einer Droge dann drei Täter wegen Mordes zu lebenslänglich verurteilt werden, das ist extrem ungewöhnlich. Und ja, man kann das ja im weitesten Sinne auch zu den Giftmorden rechnen, also Giftmorde in Hamburg sind sehr selten. Ich finde, wir hatten heute hier für unsere Zuhörer einen wirklich extrem ungewöhnlichen, spannenden Fall bereit. Danke. Danke dir und bis zum nächsten Mal. Tschüss.